Das Teehaus am Ende der Straße von Seelenfinsternis ================================================================================ Kapitel 28: ein regnerischer Tag im November (Teil 2) ----------------------------------------------------- „Und wenn ich dir jetzt in die Augen sehe, denke ich, dass es dir nicht anders ergangen ist. Es ist lustig, ihr Menschen seid immer wie ein offenes Buch zu lesen, ihr verbergt eure Gefühle nie“, beendete er seine Erklärung und rührte beiläufig in seinem Kaffee. „Was siehst du denn?“, wisperte Kagome mit zitternden Lippen. „Dieselben verleugneten Gefühle, unterdrückte Liebe.“ Kagome blinzelte einmal, blinzelte noch einmal, aber der Moment löste sich nicht in bunten Wolken auf. Es war also kein Traum, auch wenn sie sich fern der Wirklichkeit fühlte. „Das heißt“, begann sie mit zitternder Stimme zu stottern, „Du hast… Du bist…“ Das Adrenalin und die vielen Schmetterlinge in ihrem Bauch verhinderten gerade jeden auch nur einigermaßen klaren Gedanken. Sie atmete einmal tief durch, versuchte so ihre überbordende Aufregung niederzuringen und nahm dann all ihren Mut und ihre Entschlossenheit zusammen: „Hast du mir wirklich gerade gesagt, dass du die ganze Zeit wie ich gefühlt hast?“ Sesshoumarus Augenbraue bewegte sich langsam wieder nach oben und offenbarte einen nicht zu deutenden, fragenden Blick. „Du hast wirklich nichts bemerkt? Für gewöhnlich bin ich kein liebeskranker Trottel, der sich von seinen Gefühlen beherrschen lässt, oder?“ „Dann hast du das aber gut versteckt“, entgegnete Kagome nun etwas gefasster. „Du hast keine Gelegenheit ausgelassen mir zu sagen, wie sehr ich dich nerve, was für ein dummer, schwacher Mensch ich sei und das ich bitte für immer verschwinden soll. Ich war bis vor zwei Minuten der festen Überzeugung, dass du mich nicht leiden kannst.“ Nachdenklich sah Sesshoumaru durch das Fenster in den Regen und schwieg. Er schien über die Worte der jungen Frau nachzudenken, denn er wirkte abwesend. Schließlich brach er sein Schweigen: „Ich dachte es auch, aber hinter meinem kalten Ich hast du etwas berührt. Es hat lange gedauert, bis ich es verstanden habe und glaub mir, ich habe mich damit nicht leicht getan.“ „Habe ich das jetzt richtig verstanden, dass du mich nicht verachtest?“, hakte Kagome nochmals nach. Dieser Mann war einfach kompliziert und es schien ihm gerade unmöglich sich frei heraus klar auszudrücken. Offenbar tat er sich wirklich schwer mit allem, was hinter seinem Stolz verborgen lag. „Gefühle können sich ändern“, sagte er ruhig. Dann sah er ihr wieder direkt ins Gesicht und fixierte ihren Blick. Ernst fügte er hinzu: „Das solltest du ebenso gut wissen wie ich.“ Kagome errötete beschämt; sie verstand genau, was er meinte. Bis sie den Daiyoukai wieder getroffen hatte, gehörte ihr Herz Inuyasha und zerbrach beinahe durch die unfreiwillige Trennung. Je besser sie aber Sesshoumaru kennenlernte und je mehr Zeit verging, desto mehr schlich sich ihre Zuneigung von dem vorlauten Hanyou weg und langsam, aber stetig, nahm Sesshoumaru den Platz seines Bruders in ihrem Herzen ein. Jetzt, da es so deutlich ausgesprochen war, fühlte es sich immer noch ein wenig wie Verrat an. „Wieso schämst du dich dafür? Du hast dein Leben weitergelebt, in die Zukunft gesehen und hast nicht an Vergangenem festgekrallt“, fragte er irritiert über ihre Scham nach. „Wie eine Kerze im Wind“, flüsterte Kagome mit hängendem Kopf. „Dreht der Wind, folgt die Flamme. Aber so sollte es nicht sein…“  Behutsam umfasste Sesshoumaru ihr Kinn und richtete ihren Blick so zum Fenster hinaus. Es war später Nachmittag und die Dämmerung zog auf. Im Halbdunkel tanzte das Laub durch die Luft, immer wieder vom Wind und Regen geschüttelt. „Es ist ein Wunder, dass dein Licht nicht erloschen ist. Es ist schwierig für eine Flamme dem Herbstwind zu trotzen. Das, was du erlebt hast, war mehr als das, ein Sturm. Meinst du nicht auch?“ „Trotzdem sollte ich nicht“, setzte Kagome zu einer Antwort an, aber sie kam nicht dazu. Sesshoumaru fiel ihr sofort ins Wort: „Sollen, müssen, hätte… Das haben wir solange mitgemacht, dieses Spiel und es hat uns nur unglücklich gemacht.“ Stumm nickte Kagome. „Was wir miteinander erlebt haben, das war einfach nur der Versuch diesen Schmerz und diese Schuld zu betäuben und zu verdrängen. Aber warum sollten wir uns das aufbürden?“ „Liebe kommt und Liebe geht wieder, das ist der Lauf der Welt“, pflichtete Kagome ihm schüchtern bei. „Es hat noch nicht einmal jemand Schuld daran, es passierte einfach.“ „Ich will das nicht mehr“, eröffnete Sesshoumaru ihr plötzlich. „Vorher habe ich es nicht mehr gespürt, aber diese Trostlosigkeit frisst mich auf. Seit du weg bist, merke ich, wie sie mich immer weiter zu verschlingen droht. Rückblickend war deine Anwesenheit...“ Er zögerte einen Augenblick den Satz zu beenden, das Geständnis verlangte ihm wohl einiges ab. „…angenehm.“ Er atmete schwer aus, aber er wirkte nicht aufrichtig in dem, was er sagte. Es klang hohl und aufgesetzt, aber Kagome ahnte, dass dieses förmliche Wort als Platzhalter für die vielen verworrenen Gefühlte diente, die in ihm verborgen waren. „Was willst du denn?“, stellte Kagome die Gegenfrage. Äußerlich wirkte sie ruhig, aber ihr Inneres war in Aufruhr. Dieses Gespräch war seltsam: auf der einen Seite offenbarte der Dämon seine Gefühle, auf der anderen sprach er es so förmlich und nüchtern aus, als wären seine Empfindungen nur das Resultat einer logischen Überlegung, bar jeden zärtlichen Gefühls. „Klarheit.“ Ein Lächeln huschte für einen Moment über sein Gesicht, das bei jedem anderen als schüchterne Aufforderung gegolten hätte. „Deshalb habe ich dem Treffen zugestimmt.“ Angespannt starrte Kagome ihn an, ihr Herz schlug ihr bis zum Hals und verdrängte die Luft zum Atmen aus ihren Lungen. Das konnte nun wieder alles heißen… Klarheit. In Gedanken schrie sie ihn an, er solle sich nun endlich entscheiden, ob er sie wollte oder nicht. Stattdessen sagte sie: „Klarheit worüber?“ „Ob du mir nochmal die Ruhe und den Frieden gewährst, den du mir in jener Nacht geschenkt hast.“ Wieder erschlich er sich etwas Zeit, in dem er verschwenderisch langsam einen Schluck seines Kaffees trank. Schließlich sah er sie wieder ernst an. Zum ersten Mal breitete sich ein Hauch Wärme in dem kalten Gold seiner Augen aus. „Mein Leben ist seit Jahrhunderten in Aufruhr und ich verbringe es allein. Gib mir wieder diesen inneren Frieden und bleib bei mir, sei mein.“ Jetzt, da er es ausgesprochen hatte, wirkte er erleichtert. Die Anspannung verschwand aus seinem Körper und er sah ihr prüfend ins Gesicht. „Wenn du wirklich Gefühle für mich hegst, dann halte dich nicht länger zurück. Wenn du mich nicht willst, stehe ich auf und verschwinde in der regnerischen Nacht. Für immer“. Die Welt schien den Atem anzuhalten. Kein Geräusch drang mehr an Kagomes Ohr, sie hörte nur das Rauschen ihres eigenen Bluts und das wilde Pochen ihres Herzens. War das wirklich real? Geschah das tatsächlich, hatte Sesshoumaru sie gerade wirklich darum gebeten bei ihm zu bleiben? Nein, das konnte nicht sein. Wenn der Geist sich nach innen richtete, ließ er das Gesicht leer zurück, so auch jetzt gerade bei Kagome. Jeder Ausdruck war aus ihren Augen verschwunden, nicht einmal der Daiyoukai konnte erahnen, was in ihr vorging. Er zog seine eigenen Schlüsse aus ihrem Schweigen und stürzte hastig seinen Kaffee herunter. Im letzten Moment erwachte Kagome wieder aus ihrer Trance und hielt ihn vom Gehen ab. „Warte!“ Er hatte sich schon etwas erhoben und ließ sich nun nach ihrer Intervention wieder auf der Sitzbank nieder. Ungeduldig starrte er sie an. „Das ist alles so plötzlich“, erklärte sie hastig ihr Schweigen. „Ich war in dem festen Glauben, dass du allein sein willst und deine Ruhe vor mir möchtest. Dass es dir besser geht, wenn du Zeit für dich hast.“ „Ich habe mehr als genug Zeit allein verbracht“, murrte Sesshoumaru. Kagome seufzte mit einem Lächeln. Es schien ihm tatsächlich ernst zu sein, sonst hätte er ihr Schweigen nicht gleich als eine Zurückweisung interpretiert. „Du hast, seit ich dich kenne, den Eindruck gemacht, dass du jemand bist, der lieber mit sich allein ist. Der die Ruhe und Ordnung schätzt. Ich habe so viel in deinem Leben durcheinander gebracht, nur wegen mir ist dein Geheimnis gelüftet worden. Deswegen überfordert es mich gerade, dass du ausgerechnet bei mir dich selbst wieder gefunden hast.“ Er antwortete mit einem ungewohnt milden Lächeln auf den Lippen. „Mir fällt niemand ein, der mich besser aus diesem Tief hätte reißen können.“ Sehr skeptisch suchten Kagomes Augen sein Gesicht ab nach einem Hinweis darauf, ob er das tatsächlich ernst meinte oder ihm der Schalk im Nacken saß. „Wer bist du und was hast du mit Sesshoumaru gemacht?“, hakte sie kritisch nach und kräuselte nachdenklich ihre Stirn. „Niemand außer dir kann so warmherzig sein, obwohl das eigene Herz gebrochen ist; sich um andere Sorgen machen, während man selbst von nahestehenden Freunden immer wieder verletzt wird. Nur eine geborene Miko hat diese innere Stärke und so hatte ich Glück, dass ich von dir gefunden worden bin.“ „Das beantwortet nicht meine Frage“, entgegnete die so Gepriesene misstrauisch. Provozierend hob der Daiyoukai zum wiederholten Male die Augenbraue. „Wäre es dir lieber, wenn ich wie immer dir erkläre, wie unwürdig du meiner bist und meine Gedanken hinter der Wand aus Eis verberge?“ „Nein… Aber…“ Kagome kam gar nicht dazu ihr Unbehagen weiter zu erklären. „Eben. Menschen… was man macht, macht man verkehrt“, seufzte er und schüttelte übertrieben enttäuscht den Kopf. „Es ist einfach so ungewohnt“, rechtfertigte sich Kagome kleinlaut weiter. „Ich kenne dich nur als kaltherzigen, arroganten Kotzbrocken.“ „Hn. Lenk nicht vom Thema ab“, antwortete er auf den Vorwurf. „Wäre es nicht mal an Zeit an dein eigenes Glück zu denken, nachdem du so viele gebrochene Seelen geheilt hast?“ Nachdenklich sah Kagome auf ihre wieder einmal nervös in ihren Rock gekrallten Hände. Ein wenig hatte er recht, sie stellte immer die anderen über ihr eigenes Wohlergehen. Früher schon hatte sie all ihre Kraft aufgebracht Inuyasha zu stützen, obwohl er immer wieder Kikyou hinterher geeilt war und ihr damit immer wieder das Herz gebrochen hatte. Niemals hatte sie sich gestattet an sich zu denken, sie hatte nicht einmal einen Gedanken daran verschwendet. Es erschien ihr immer selbstsüchtig. Auch für alle anderen war sie da, sie konnte es einfach nicht ertragen jemanden unglücklich zu sehen. Auch als sie sich wieder in ihrem alten Leben in der Neuzeit zurechtfinden musste, schlüpfte sie wieder wie selbstverständlich in ihre Rolle als Helferin in der Not und versuchte so das Gefühl der Leere aus sich zu vertreiben. So war sie nun einmal, auch obwohl sie sich so einsam und verzweifelt fühlte. Kagome, die bedingungslos jedem beistand, gestattete sich selbst nicht auch einmal um Hilfe zu bitten. Konnte es wirklich so einfach sein? Sie konnte es einfach nicht glauben, dass sich so plötzlich ihre Sehnsüchte erfüllen sollten, dass, nachdem sie jede Hoffnung aufgegeben hatte das mit Sesshoumaru noch einmal zu retten, er nun plötzlich hier mit ihr in diesem bezaubernden Kaffeehaus saß und ihr eröffnete, dass er sich nach ihrer Nähe sehnte. „Ich weiß doch gar nicht, wie das geht… mein eigenes Glück zu finden“, flüsterte Kagome schüchtern und umfasst unsicher mit ihren Händen ihre Schultern. Es spendete etwas Trost sich selbst zu umarmen. Zum zweiten Male an diesem Tag legte Sesshoumaru seine Finger unter ihr Kinn und hob ihren niedergeschlagenen Blick. So zwang er sie in seine Augen zu sehen, als er mit tiefer, ruhiger Stimme sprach: „Für den Anfang könntest du ehrlich zu dir sein.“ Schwer seufzte Kagome. War es wirklich so einfach? Durfte sie einfach ihrem Herzen folgen? Und dann sollte sich alles in Wohlgefallen auflösen… aber was hatte sie schon zu verlieren? „Jemand wie du könnte jemanden wie mich lieben? Auch wenn der Schatten der Vergangenheit nicht mehr so schwer auf uns liegt?“, dachte Kagome laut nach. „Was sollte dagegen sprechen?“, fragte Sesshoumaru ruhig nach. Er schien nun zu verstehen, dass ihre Zweifel nichts mit seiner Person zu tun hatten und so rebellierte auch sein Stolz nicht. Kagome überwand langsam ihre Unsicherheit und ihre übliche Vorwitzigkeit kam wieder zum Vorschein. „Naja, wenn du niemandem mehr die Schuld geben kannst dafür, dass du verweichlichst und doch so etwas ähnliches wie ein Herz hast, das zu Gefühlen fähig ist, dann könnte das tatsächlich was werden mit uns.“ Der so Bezichtigte verzog aus Reflex das Gesicht, denn er war es nicht gewohnt, dass jemand so mit ihm sprach, geschweige denn ihm zärtliche Empfindungen unterstellte. Doch genau das schätzte er an ihr und es hatte ihn betrübt sie eben noch so niedergeschlagen zu sehen. Nie würde er das aber gestehen, das war eins seiner vielen Geheimnisse. „Außerdem habe ich dich eh für alle Zeiten für Männer versaut“, bemerkte Sesshoumaru trocken. „Einmal Dämon, immer Dämon.“ Verträumt sah Kagome in den immer weiter aufziehenden Sturm nach draußen. Da Sesshoumaru die ganze Zeit schon direkt neben ihr saß, packte sie kühn die Gelegenheit beim Schopfe und lehnte ihren Kopf vertraut an seine Schulter. „Mhmmm, da geb ich dir recht.“ Es war schön ihm wieder so nah sein zu dürfen. Beinahe hätte sie vergessen, welche Geborgenheit er ausstrahlte und wie gut sich der Körper des Daiyoukai anfühlte. Ein zarter Rotschimmer machte sich um ihre Nase herum breit, da ihre Gedanken von ganz allein zu anderen Aspekten des Körpers des Dämons wanderten. Sesshoumaru schien es tatsächlich ernst zu sein mit dem, was er sagte. Für gewöhnlich vermied er jeden Körperkontakt penibel, aber nun gestattete er es. Er ging sogar noch einen Schritt weiter und legte lose seinen Arm über den Rücken der jungen Frau an seiner Seite. Kagome bemerkte durch die Nähe, wie sich sein Körper entspannte; seine Atmung wurde tiefer und ruhiger, die Spannung wich aus seiner Muskulatur. Hatte sie tatsächlich solch eine Wirkung auf ihn? Sie gestattete sich aber nur kurz abzuschweifen, denn ihr kam ein ernsterer Gedanke in den Sinn. „Was wird das jetzt eigentlich zwischen uns?“ „Naja, du wirst mich nicht mehr los, musst meine Launen ertragen und wir leben glücklich in unserer kleinen Welt und halten die Reste der Youkai davon ab sich gegenseitig auszurotten. Vielleicht reiße ich auch die Weltherrschaft an mich, wenn mir langweilig ist und du wirst die Königin der Welt“, erwiderte Sesshoumaru weltmännisch auf ihre Frage. Kagome konnte sich ein Kichern nicht verkneifen. „Oh, du bist wirklich eine ausgezeichnete Partie!“ Aber schnell wich die Ausgelassenheit aus ihrer Stimme und ernst schob sie eine weitere Frage hinterher: „Aber eine Sache lässt mich nicht los… Du bist ein Youkai, ich nur ein Mensch.“ „Ach was?“, stieß der Daiyoukai übertrieben erstaunt aus. „Bitte zieh das nicht ins Lächerliche, es ist mir ernst. Ich werde irgendwann anfangen zu altern, mein Körper wird welken und eines Tages werde ich sterben. Du nicht. Du wirst keinen Tag älter aussehen als heute und mich irgendwann zu Grabe tragen müssen.“ Untypische Wärme strahlte das Gold seiner Augen aus, die sahen, wie sich Kagome wieder bekümmert enger an ihn lehnte. Warum machte sie sich so viele Gedanken darum, er wäre doch eigentlich derjenige, der sich darum Sorgen machen müsste. „Ja, du wirst eines Tages nicht mehr bei mir sein können. Es wird mich schwer mitnehmen, mir das Herz brechen und ich werde trauern. Die Erinnerung an dich wird mich mein ganzes Leben weiter begleiten und du wirst nicht vergessen werden wie all die anderen Menschen. Aber vergiss nicht, davor werden wunderbare Jahre liegen.“ Um seine Worte zu unterstreichen, hauchte er einen federleichten Kuss auf ihre Stirn. Diese ganze Gefühlsduselei war ihm eigentlich zuwider und er fühlte sich sehr unbeholfen, aber selbst er spürte, dass in diesem Moment Worte allein nicht genügten. Genießerisch schloss Kagome die Augen und gab sich der seltenen Zärtlichkeit des Dämons hin. Sie spürte die Wärme, die hinter seinen Worten lag und auch die Aufrichtigkeit. Es verfehlte auch nicht seine Wirkung, schnell wurde ihr wieder leicht ums Herz und die dunklen Gedanken wichen endlich und trübten nicht mehr das Gefühl des Glücks. Offenbar konnte es doch so einfach sein und irgendjemand da oben meinte es heute wohl gut mit ihr, indem er ihr das Glück, das sie sich heimlich seit einiger Zeit gewünscht hatte, in den Schoß legte. Wie hatte Sesshoumaru es ihr eben noch geraten? Sie sollte anfangen öfter an sich zu denken, ihre Wünsche nicht verleugnen und sie sich erfüllen. Dieser Moment erschien ihr als genau der Richtige, um damit anzufangen. Immer noch an seine Seite geschmiegt hob sie den Kopf und suchte seine Aufmerksamkeit. Als sie sich dieser sicher war, streckte sie unendlich langsam ihre zierliche Hand aus, um ihm dann endlich über die Wange zu streichen. Seine Geburtsmale fehlten ihr, sein Gesicht wirkte so unvollständig. Gespannt verfolgte Sesshoumaru ihr Tun und harrte der Dinge, die nun folgen mochten. Es schien ihm zu gefallen, das verlieh Kagome nun den nötigen Übermut. Beherzt legte sie ihre Hand an seinen Hinterkopf, zog ihn zu sich herab und gab endlich ihrem drängendsten Verlangen nach und küsste ihn. Der Kuss war anders als das, was sie zuvor miteinander geteilt hatten. Ihm fehlte das wilde Verlangen, das lodernde Feuer der Leidenschaft und auch die Tatsache, dass sie beide einen klaren Kopf hatten, veränderte die Wahrnehmung. All die Gedanken und Empfindungen, sie sie nicht aussprechen konnten, fanden nun einen Weg den anderen doch noch zu erreichen; Das unausgesprochene Versprechen die Einsamkeit für immer zu beenden. Sesshoumarus Worte kitzelten an ihrem Ohr, als er flüsterte: „Ich fürchte, unser kleines Treffen ist nicht unbemerkt geblieben.“ Hektisch sah Kagome auf und entdeckte drei erstaunte Gesichter, die sich an die Glasscheibe ihnen gegenüber drückten. Was hatten die Drei hier zu suchen? Die Spione zuckten ertappt zusammen, als der wütende Blick ihrer Freundin sie traf und lösten sich von der Scheibe. Kurz verschwanden sie in der Dunkelheit des regnerischen Novembertages, aber nur Sekunden später kündigte das Klingeln einer kleinen Glocke an, dass jemand durch die Tür der Terrasse hereinkam. „Keine Angst, ich werde sie nicht fressen, ich bin noch viel zu satt vom Kuchen“, bedeutete ihr Sesshoumaru belustigt. Sekunden später bauten sich Eri, Yuka und Ayumi vor dem Paar auf. „Lass sofort die Finger von unserer Freundin, sie ist kein Freiwild!“, ereiferte sich Yuka sofort. Eri sprang ihr zur Seite: „Wir werden nicht zulassen, dass du mit ihren Gefühlen spielst!“ Oh Gott, war das peinlich! Kagome wünschte sich sehnsüchtig ein großes Loch im Boden, in dem sie versinken konnte. Oder besser, das die drei Störenfriede verschlingen würde. „Mädels, ganz ruhig“, versuchte sie beschämt die Situation zu entschärfen, doch Yuka überging einfach diesen Versuch. „Kagome, weißt du denn nicht, was solche Kerle im Sinn haben? Ich weiß nicht, was er dir erzählt hat, aber diese Typen schmieren dir doch nur Honig ums Maul, um dich gefügig zu machen. Die machen sich einen Sport daraus arme, unschuldige Schulmädchen zu verführen.“ „Wir haben uns doch nur Sorgen gemacht“, murmelte Ayumi schüchtern entschuldigend. Diese Unverfrorenheit hatte für einen Moment Kagome die Sprache verschlagen, doch langsam entließ die Überraschung sie aus ihrem Bann. „Sagt mal, wie kommt ihr denn auf diese bescheuerte Idee? Geht’s euch noch ganz gut?“ Sesshoumaru verfolgte das ganze amüsiert und hielt sich im Hintergrund. „Kagome, der Kerl ist mindestens zehn Jahre älter als du. Was glaubst du, was der von dir will?“, wies sie nun wieder Yuka zurecht. „Das ist ja wohl meine Sache!“, keifte Kagome sie aufgebracht an. „Hört gefälligst auf euch in mein Leben einzumischen!“ Yuka und Eri waren sofort beleidigt. Eingeschnappt entgegnete Eri: „Wenn du meinst. Aber komm bloß nicht angekrochen, wenn dir das Herz gebrochen wurde.“ Ayumi beschlich das ungute Gefühl, dass sie sich in einen Irrtum verrannt hatten. Taten sie Kagomes Begleitung vielleicht gerade fürchterlich unrecht? „Kagome, wer ist das denn eigentlich?“, fragte sie zaghaft und versuchte so die Wogen etwas zu glätten. Kurz sah Kagome zu Sesshoumaru, der immer noch entspannt das Geschehen verfolgte und versicherte sich stumm seiner Zustimmung. Entschlossen ergriff sie seine Hand, bevor sie sagte: „Das ist Sesshoumaru, ihm gehört das Teehaus am Ende der Straße und ist mein Liebster.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)