Das Herz der Mantis von Skampi835 ================================================================================ Kapitel 8: 07 - Prüfung neuer Pfade -----------------------------------   Der Nachtelf lag auf dem Bauch und spähte durch das Unterholz auf die Fundamente der Herrschaftsfeste, als sich eine geduckte Gestalt zu ihm gesellte. Nohlanie kauerte sich neben ihn, ohne den Blick von der Feste zu nehmen, an der die Peons mit den Aufbauarbeiten beschäftigt waren. Ein sicheres, gefährliches Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie eine gnomische Apparatur aus einem kleinen Leinenbeutel zog und diesen dann auf dem Boden fallen ließ. Weramor vermutete, dass es ein Auslöser sein musste. »Die Show kann beginnen.«, murmelte Nohlanie gefährlich ruhig und drücke den kleinen, roten Knopf der Apparatur.   Weramor hörte sofort den lauten Knall der Explosion und schreie von der Herrschaftsfeste aufsteigen. Rauch und Qualm stiegen von dem Feuer auf, das sich zwischen den Zelten rasch ausbreiten konnte. Die zur Hälfte errichtete Herrschaftsfeste hatte durch Nohlanies Aktion schwere Schäden davongetragen und es würde mehrere Tage dauern, bis dieser Schaden behoben war. Die Arbeit der Horde würde möglicherweise für eine Woche im Rückstand liegen, so hätten sie ausreichend Zeit um genügend Informationen zu sammeln, ohne dass ihnen die Grünhäute im Nacken saßen. Die Augen der Schurkin leuchteten: »Die Herrschaftsfeste dürfte an der Nordseite ein großes Loch haben, wenn der Teil überhaupt noch steht. Es wird viel Zeit kosten das wieder zu reparieren. Außerdem habe ich mit den Mienen ihre medizinische Versorgung und einen Teil ihrer Nahrungsvorräte in die Luft gehen lassen. Von denen werden wir für ein paar Tage bestimmt nichts mehr hören.«   »Immer für einen großen Knall zu haben, unsere kleinen, gnomischen Freunde.«, murmelte Weramor sarkastisch, während er Nohlanie dabei beobachtete, wie sie aufstand, den Auslöser auf den Boden fallen ließ und mit dem Stiefel kraftvoll darauf trat um ihn zu zerstören. »Wir sollten von hier verschwinden, Weramor. Die Grünhäute sind vielleicht zu beschäftigt, aber die Sin'dorei werden Augen und Ohren offen halten und das Gelände absuchen.«   Der Jäger nickte matt und schulterte seinen Bogen, als er geduckt in die Wildnis von Krasarang eintauchte. Nymeria folgte ihm auf den Fuß. sie hatte die Ohren zurückgelegt, vermutlich wegen dem Lärm und blieb dicht bei Weramor. Er seufzte leise, denn Nohlanie war so schweigsam wie schon immer. Sie verlor selten ein Wort über ihre Aufträge oder ihre Auftraggeber, doch seine frühere Geliebte hatte ihm Antworten zugestanden. Noch immer wusste er nicht, welchen Plan sie eigentlich verfolgte und dabei hatte er ihr bereits bei der Sabotage geholfen. Weramor merkte, dass Nohlanie ihn tiefer in den Dschungel führte. »Wohin gehen wir?«, fragte er, als sie den endlosen Strand im Süden erreicht hatten. Seine Laune hatte einen neuen Tiefpunkt erreicht, von dem er überzeugt gewesen war, dass er nicht existieren würde.   Anstatt hier in der Krasarangwildnis Hordenfestungen explodieren zu lassen, hätte er weitere Informationen in der Schreckensöde suchen sollen - oder anders gesagt, müssen. Sein Bericht war knapp, auch wenn es nicht sehr viel über diese verseuchte Landschaft zu sagen gab. Aber er musste der Mondsucht immerhin glaubhaft machen, dass er wirklich fünf Tage dort unterwegs gewesen war.   Nohlanie drehte sich um und hob eine ihrer langen Augenbrauen, während sie Weramor beobachtete. Kein Wort verließ ihre Lippen und doch konnte sie nicht die Unsicherheit in ihren Augen verbergen. »Ja, ich bin immer noch da, Nohlanie. Und ich warte immer noch auf eine Erklärung dafür, warum du dich so sehr in diesen Krieg einmischst. Es passt nicht zu dir, dich auf eine Seite zu schlagen.«   Die Nachtelfe verdrehte ihre silbernen Augen. »Wir gehen zur Löwenlandung und berichten von unserem 'Erfolg'.«, erwiderte sie knapp und ging weiter durch die Wildnis.   »Erfolg?«, der Jäger runzelte seine Stirn. »Wir haben ziellos ein paar Mienen in der Herrschaftsfeste hochgehen lassen. Ich nenne das nicht unbedingt einen Erfolg, sondern planlos.«   »Nenn es wie du willst.«, knirschte Nohlanie. »Ich nenne es einen erfolgreichen Angriff auf das Lager der Horde. Irgendwie müssen wir das Vertrauen der Löwenlandung erlangen. Es ist die schnellste Methode.« Sie wischte sich den Scheitel ihrer silbernen Haarsträhnen aus dem Gesicht und beobachtete den Jäger ernst. »Irgendwo müssen wir schließlich anfangen.«   Weramor biss sich auf die Unterlippe. »Müssen wir?«, fragte er gereizt und blieb stehen. Sie drehte sich zu ihm um und sah ihn herausfordernd an. Er betrachtete eine Zeit lang ihr hübsches Gesicht, die filigranen Tätowierungen um ihre Augen und die kleine Falte an ihrer Stirn, zwischen ihren Augenbrauen. »Ich glaube nicht, dass ich mich schon dazu bereit erklärt habe dir zu helfen, Nohlanie.«   »Und doch hast du es getan.«, sprach sie zuckersüß und funkelte ihn überlegen an. Weramor schüttelte seinen Kopf: »Ich folgte dir - vorerst. Aber ich möchte noch immer Antworten.«   Nohlanie verzog ihr hübsches Gesicht. »Du wirst deine Antworten bekommen, aber es ist eine lange Gesichte.« »Dann erzählt sie mir jetzt. Ich habe Zeit.« Weramor sah Nohlanie tief in die Augen, als er zu ihr aufholte. Mit einem merkwürdigen Gefühl in der Brust glaubte er für einen kurzen Augenblick sie vermisst zu haben, doch diese Gedanken versuchte er demonstrativ wieder abzuschütteln.   »Auf dem Weg zur Löwenlandung.«, murmelte Nohlanie bissig und drehte sich wieder um. Weramor seufzte und holte zu ihr auf, bis sie wieder auf der gleichen Höhe waren. »Das ganze beginnt vielmehr mit einer Legende, deswegen wird sie dir absurd vorkommen.«, begann sie, während Nohlanie über eine große Wurzel wieder in die Schatten der Krasarangwildnis eintauchte. Sie ging langsam, behielt aber konstant ein gleichbleibendes Tempo. »Dir ist die Geschichte über Todesschwinge bekannt? Dem ehemaligen Aspekten der Erde? Und auch, dass er von den Einflüsterungen der Alten Götter wahnsinnig wurde?«   Weramor nickte langsam, was Nohlanie nicht sehen konnte, da sie nicht zu ihm sah. Doch sie begann nach einigen Herzschlägen mit dieser Legende. »Es begann im Ödland zu der Zeit des Kataklysmus. Die roten Drachen der Lebensbinderin experimentierten mit den Eiern des schwarzen Drachenschwarms. Ihr Ziel war es einen schwarzen Drachen zu erschaffen, der nicht unter dem Einfluss der Alten Götter stand. Aber ihre Bemühungen waren umsonst, bis man die Technologien der Titanen nutze und es brachte schließlich den Erfolg, ein einziges, schwarzes Drachenei zu läutern.«   Der Nachtelf runzelte seine Stirn. »Nur Legenden und Erzählungen?«, murmelte er, doch Nohlanie ließ sich nicht beirren und fuhr fort: »Ein geläuterter, schwarzer Drache, frei von dem Einfluss der Alten Götter. Das war ein unglaublicher Erfolg für den roten Drachenschwarm und durch einen Trick konnten sie sogar Todesschwinge austricksen und das Drachenei ins Schattenhochland bringen, wo die Roten über es wachen konnten. Es sollte dort sicher sein.« Nohlanie hielt kurz inne und blieb stehen. Sie hob ihren Blick von dem Weg ab und spähte zu den Lichtpunkten, die durch das Blätterdach einen Weg auf den unebenen Boden gefunden hatten. Sie tanzten, wenn sich die Blätter sanft im Wind bewegten.   »Irgendetwas hatte der rote Drachenschwarm mit dem Ei vor, doch was genau weiß niemand und wenn man sie danach frägt antworten sie nicht. Das Drachenei wurde aber von den Assassinen aus Rabenhold von den Roten geraubt. Der rote Drachenschwarm versuchte das Ei zurückzuholen, aber anstatt des Dracheneis, fanden sie einen bereits ausgeschlüpften, schwarzen Drachen. Auch wenn er noch jung war, war er bereits unglaublich intelligent und unglaublich stark. Bedenkt man, dass es ein direkter Nachfahre von Todesschwinge ist, kann man sich wage vorstellen, welche wirkliche Kraft in ihm schlummert. Der Schwarze Prinz - wie er sich später nannte - kürte einen Assassinen zu seinem Champion und beauftragte ihn, seine verdorbenen Brüder und Schwestern des schwarzen Drachenschwarms zu töten, die noch immer auf Azeroth ihr Unwesen trieben.«   Weramor runzelte die Stirn, als Nohlanie eine Pause machte. »Du weißt ziemlich viel über diese 'Legende', Nohlanie.«, raunte er und sah sie für einige Augenblicke lang an, die sich in die Länge zogen. »Woher hast du sie?«   Die Nachtelfe sah ihn über die Schulter lange an. »Weil ich damals das schwarze Drachenei aus Rabenhold stehlen sollte. Doch stattdessen fand ich den Schwarzen Prinzen und wurde zu seinem Champion.«   Der Nachtelf zog seine Augenbrauen zusammen und schnaufte laut die Luft aus. »Mal ehrlich, und das soll ich dir glauben?« fragte er unbeeindruckt und verärgert. »Vor gestern Abend hast du mich einen Monat lang in dem Glauben gelassen ich hätte ein Kind mit dir. Und jetzt kommst du mit dieser Geschichte die völlig an den Haaren herbeigezogen ist.«   Nohlanie schmunzelte leicht. »Ach weißt du, Weramor. Glaub es oder nicht. Ich kann ihn dir auch vorstellen, aber zunächst müssen wir zur Löwenlandung, solange die Explosion an der Herrschaftsfeste noch frisch ist. Entweder du folgst mir, oder ich werde das Schicksal der Allianz alleine beeinflussen. Es ist deine Entscheidung.«, sprach sie und wollte sich bereits trotzig abwenden, doch dann hielt sie inne und hob ihren entschlossenen Blick wieder zu ihm. »Ich habe meine Bestimmung gefunden und du die deine. Es ist nur dein gekränkter Stolz der zwischen dir und dem größeren steht, was ich mit dir teilen kann. Ich für meinen Teil, möchte die Vergangenheit gerne auf sich beruhen lassen und neu beginnen. Oder siehst du das nicht so?«   Sie sah ihn forschend an, während sein Mund trocken wurde. Die Vergangenheit auf sich beruhen lassen und neu beginnen? Diese Worte klangen so leicht, so einfach, doch war er dazu in der Lage? »Ich werde mich nicht entscheiden, bis ich ihn getroffen habe.«, murrte er leise. »Wie ich sagte, diese Geschichte ist haarsträubend und ich glaube kein Wort davon, bis ich mich von dessen Wahrheitsgehalt überzeugt habe.«   »Tu was du nicht lassen kannst.«, seufzte Nohlanie und drehte sich wieder um. »Nachdem wir bei der Löwenlandung waren, werden wir wohl etwas Zeit finden um ihm einen Besuch abzustatten.«   Weramor nickte langsam, während er ihr weiter folgte. Sie schien so unbeschwert zu sein, als wäre sie von dem Überzeugt wovon sie sprach. Ebenso was diese Macht anging. Es war unglaublich sich vorzustellen, dass es einen schwarzen Drachen geben sollte, der nicht von dem Einflüsterungen der Alten Götter betroffen war. Und dann auch noch ein Nachkomme Todesschwinges. Er erkannte den Strand, der sich vor ihnen ausbreitete und an das Meer grenzte. Die Löwenlandung war eine Burg, die sich an der östlichsten Spitze der Küste erhob. Die Allianz war ebenfalls noch mit den Bauten beschäftigt, aber sie hatten bisher keine Rückschläge erlitten, im Gegensatz zu der Horde. Bodentruppen patrouillierten über den Strand und Greifen flogen weite Kreise über die Burg.   Es dauerte nicht lange bis sie gesichtet wurden, nachdem sie aus den Schatten der Wälder herausgetreten waren und auf dem Strand entlanggingen. Ein Mann in goldener Rüstung, dunkelblondem Haar und einer selbstsicheren Ausstrahlung ritt ihnen auf einem Apfelschimmel entgegen. »Dies hier ist Kriegsgebiet.«, rief er ihnen entgegen und zog die Zügel seines Pferdes, als er direkt vor ihnen stand. Das Ross wirbelte Sand auf, als es zum stehen kam. »Ihr solltet in das Tal der vier Winde gehen. Reisende sind vor den Angriffen der Horde nicht sicher. Habt ihr den Heldenaufruf nicht vernommen?«   Ungläubig sah der Mann auf die beiden herab. Sein Pferd scharrte im Sand als könnte es die Spannung wittern. »Natürlich haben wir das.«, ergriff Nohlanie das Wort und trat einen Schritt zu dem berittenen Mann vor. »Wenn ich uns vorstellen darf, dies ist ein geüber Jäger, Weramor und mich nennt man Nohlanie. Wir haben den Ruf vernommen und möchten ihm nachkommen um der Allianz in der Zeit des Krieges zu dienen.« Nohlanie machte einen kleinen Knicks und hob ihren Blick wieder zu dem Mann. »Herr...«   »Admiral Taylor.«, unterbrach sie der Mann grob, allerdings mit einer neugierig gehobenen Augenbraue. »Herr Admiral Taylor, Ihr habt bestimmt die Explosion gehört, die von der Herrschaftsfeste herrührt, oder?« Nohlanie ließ sich nicht beeindrucken und sah freundlich zu dem Mann auf.   Taylor fuhr sich mit der Hand durch den gestutzten Bart und zog seine Augenbrauen zusammen. »Ja, wir waren die zweiten nach der Horde, die davon hörten.«   »Das ist fast korrekt, Admiral.« Die Nachtelfe neigte respektvoll ihren Kopf. »Wir waren die ersten, die davon wussten. Denn wir haben die Mienen in der Herrschaftsfeste verteilt und gezündet. Medizinische Versorgungen und Nahrung wurde dabei zerstört.«   Der Mann hob verwundert beide Augenbrauen und schien für einen Moment sprachlos zu sein, während er dem Bericht der Nachtelfe lauschte. »Und Ihr beiden lebt noch? Ihr müsst exzellente Späher sein. Garrosh selbst ist in der Herrschaftsfeste.« Taylor blickte zurück zur Löwenlandung und dann wieder zu den Nachtelfen. »Nun gut, Nohlanie und Weramor. Wenn ihr euch uns im Kampf anschließen wollt, dann seid ihr willkommen. Ich begleite euch zurück zur Löwenlandung.«   »Sehr freundlich.«, sprach Nohlanie entzückt und folgte dem Admiral, der sein Pferd wendete und zum langsamen Schritt antrieb. Weramor folgte den beiden stumm und beobachtete Nohlanie dabei, wie sie sich einen Überblick über die derzeitige Lage in der Löwenlandung machte. Ein einfacher Blick, nichts was als wichtig aufgefasst oder auffällig gewirkt wäre. Der Jäger war fast schon begeistert von ihrer Kunst, anderen etwas vorzumachen, doch schließlich fiel er selbst immer wieder auf sie herein. Je weiter sie sich der Löwenlandung näherten, desto mehr Völker der Allianz konnte Weramor erkennen. Nachtelfische Bogenschützen hielten ein einfaches Schusstraining auf Bäume ab, während Worgen mit Draenei die Schwerter kreuzten. Mehrere Arbeiter waren auf den Docks beschäftigt oder mit dem Aufbau der Festung. Andere schafften Rohstoffe heran, fegten den Platz oder kochten um die Krieger und Arbeiter zu versorgen.   Auf dem Platz vor der Löwenlandung konnte der Jäger noch jemanden erkennen, den jeder der Fraktion nur zu gut kannte. König Varian Wrynn beobachtete persönlich die Arbeiten der Löwenlandung und schien zufrieden damit zu sein. Er drehte sich um und Weramor erkannte die Narbe, die sich quer über seinem Gesicht abzeichnete. Admiral Taylor stieg von seinem Pferd und überreichte die Zügel einem Knappen, der herbeigeeilt war. Mit einem festen Schritt trat er zu dem König und salutierte vor ihm, während dieser über die Docks blickte. »Exzellente Arbeit bei den Hafenbefestigungen.«, sprach Varian Wrynn zufrieden und wand sich nun auch Weramor und Nohlanie zu, als würde er die beiden erst jetzt bemerken. »Und wer ist das, Admiral?«   Taylor deutete auf die beiden. »Dies sind zwei begnadete Späher, Euer Hoheit. Sie haben die Explosion in der Herrschaftsfeste verursacht und möchten sich der Operation Schildwall anschließen.«   »Diese beiden?« König Wrynn betrachtete zunächst Weramor und dann Nohlanie genau, ehe er ihnen ernst zunickte. »Eure Hilfe wird natürlich sehr gerne in Anspruch genommen werden. Wenn ihr Späher seid, denke ich wird man genau die perfekte Aufgabe für euch finden.«   Der Jäger wurde unruhig bei diesen Worten und erinnerte sich an seine eigentliche Aufgabe und an den Befehl seines Gildenleiters, sich aus dem Konflikt zwischen Horde und Allianz herauszuhalten. Und jetzt stand er vor dem König von Sturmwind und würde Aufgaben übertragen bekommen, die direkt mit diesem Krieg im Zusammenhang standen. Weramor fragte sich, wann er das letzte Mal wirklich loyal gegenüber der Mondsucht gewesen war. Alles hatte sich geändert, seitdem sich Nohlanie bei ihm gemeldet hatte.   Die Nachtelfe neigte ihren Kopf vor dem König. »Wir werden tun, was immer Ihr für richtig haltet.« Weramor tat es ihr gleich und verbeugte sich, wenn auch etwas zögernd.   König Wrynn nickte zufrieden. »Admiral.«, mit diesen Worten wandte er sich wieder Taylor zu. »Sobald die Docks fertig sind, wird unsere nächste Priorität-«   »Vater!«   Varian Wrynn hielt inne und sah sich suchend um. Weramor und Nohlanie sahen ebenfalls in die Richtung, aus der die Stimme erklungen war und entdeckten den jugendlichen Prinzen, der geradewegs über den Hauptplatz rannte.   »Anduin!«, rief König Wrynn überrascht und erleichtert zugleich und rannte seinem Sohn entgegen. Er schloss ihn in seine kräftigen Arme, als er ihn erreichte. »Es geht dir gut! Ich dachte...« Er hielt inne und senkte seinen Kopf zu Anduin, der seinerseits seine Arme um seinen Vater schloss.   Weramor warf Nohlanie einen Seitenblick zu, die interessiert das Geschehen verfolgte. Anduin war vor vier Monaten auf dem Schiff gewesen, welches auf Pandaria verunglückte. Einigen Berichten zufolge, hatte man ihn ab und zu gesehen, doch er war immer wieder verschwunden. Dass König Varian Wrynn seinen Sohn unbeschadet wiedersah, so kurz nachdem er selbst einen Fuß auf Pandaria gesetzt hatte, musste für ihn ein Wunder sein.   Der junge Prinz löste sich schließlich aus der Umarmung seines Vaters und hob seinen Kopf. Weramor fiel auf, dass seine Kleidung merkwürdigerweise gepflegt und sauber war, was ihn nachdenklich stimmte. Immerhin hatte der junge Prinz als verschollen gegolten. »Vater, du kannst das nicht tun. All der Hass und Zorn, den dieser Krieg bringen wird vergiftet diesen Ort.«   Varian runzelte seine Stirn, doch ein Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab. »Immer langsam, mein Junge. Dieser Krieg ist anders. Hier geht es nicht um den Hass auf die Horde. Es geht um die Liebe zur Gerechtigkeit. Darum, dass zu tun, was getan werden muss.«   »Dieses Land ist... anders als unseres.« Anduin schüttelte seinen Kopf. »Es ist ein Schatz.« »Dann werden wir es mit unserem Leben beschützen, mein Sohn. Wir müssen das hier gemeinsam erledigen.« König Wrynn erhob sich und legte seine Hand auf die Schulter seines Sohnes. Voller Tatendrang sah er ihn an, wobei der Prinz ein leises: »Gemeinsam.«, erleichtert hauchte.   Eine Zwergin näherte sich schnellen Schrittes der Gruppe und ihre orangenen, geflochtenen Zöpfe wippten als sie in Rufreichweite kam: »Eure Majestät! Die Horde hat sich in eine Tempel westlich von hier verkrochen! Waldläufer der Nachtelfen haben den Ort umstellt!« Die Zwergin, welche eine einfache Lederhose und ein kariertes Hemd trug keuchte leise, was erahnen ließ, dass sie einen weiten Weg gerannt sein musste.   »Waldläufer?«, fragte der König und sein Gesicht wurde nachdenklich. »... Tyrande.«   Der junge Prinz drehte sich seinem Vater zu. »Vater! Du darfst sie aus dem Tempel des Roten Kranichs kein Schlachtfeld machen lassen! Er erholt sich gerade erst vom Sha.«   Weramor musste dem zustimmen. Es war noch nich tlange her, als sie das Sha der Verzweiflung aus dem Tempel von Chi-Ji vertreiben konnten und diesen schließlich geläutert hatten. Der Rote Kranich konnte sich noch nicht nach so kurzer Zeit von der Übernahme erholt haben. Doch noch etwas anderes beschäftigte ihn, denn eine Gilde die Veoran kannte musste ebenfalls ganz in der Nähe sein.   »Dieser Tempel ist eine Schatzkammer der Geschichte, Euer Majestät.«, stimmte die Zwergin zu, die mittlerweile wieder normal atmen konnte.   »Beruhigt euch. Das hört sich nach einer von Garroshs Fallen an. Er versucht uns vom Strand wegzulocken.«, mutmaßte der König und hob seinen Blick. »Trottmann! Stellt ein paar Arbeiter und einen Mörsertrupp zusammen und bleibt achtsam.«   »Aber Vater-«, wollte Anduin wiedersprechen, wurde aber von seinem Vater unterbrochen: »Ich nehme nur eine kleine Gruppe Krieger mit mir und werde selbst mit Tyrande sprechen, Anduin. Ich werde das erledigen. Du musst mir vertrauen, dass ich hier das Richtige tue.«   Der Prinz nickte langsam, sah seinen Vater aber entschlossen an. »Ich vertraue dir, Vater.«   Während der König von Sturmwind wegging um zu den Reittieren zu gelangen, trat die Zwergin vor den jungen Prinzen. »Hilde Hornsturz, zu Euren Diensten, mein Prinz.«, sprach sie und verbeugte sich tief. »Ihr müsst völlig erschöpft sein und hungrig! Ich bringe Euch in die Gemächer - die noch nicht ganz fertig sind - aber das wird schon Dann könnt Ihr erst mal etwas Essen und Euch ausruhen.« Anduin sah anscheinend nicht sehr begeistert aus, dennoch folgte er Hilda die voran ging. Sein Blick blieb kurz bei Nohlanie hängen, ehe er ebenfalls fortging.   Weramor ging an ihre Seite und verschränkte die Arme vor seiner Brust. Die merkwürdigen Ereignisse verblüfften ihn, er hatte den König von Sturmwind anders in Erinnerung. Nohlanie drehte sich ihm zu und wollte gerade etwas sagen, doch Admiral Taylor näherte sich den beiden wieder. »Wir haben bereits eine Aufgabe für euch beide.«   Nohlanie drehte ihren Kopf und nickte entschlossen. »Wie können wir helfen?«   Der Mann betrachtete den Jäger etwas skeptisch, als er weitersprach: »Wir müssen herausfinden, was Garrosh in Pandaria vorhat. Ich denke an jemand bestimmten, der uns dabei helfen wird, aber es wird nicht leicht sein ihn zu überzeugen.«   Nohlanie hob eine ihrer langen Augenbrauen. Weramor wusste, dass sie nicht begeistert war erst noch jemanden rekrutieren zu müssen, denn er selbst empfand diese Aufgabe fast schon als Beleidigung. Er war ein ausgezeichneter Später und Überlebenskünstler - der Beste der Mondsucht. Das selbe galt für Nohlanie, auch wenn er sich fast sicher war, dass sie ihn inzwischen übertraf. Und diese beiden sollten jemand anderen ausfindig machen, der ihre Arbeit übernehmen würde? In seinen Augen eine pure Zeitverschwendung. Doch Nohlanie trat vor, mit einem charmanten Lächeln welches ihre Gefühle nicht verriet und fragte: »An wen habt Ihr gedacht?«   »An Agent Connelly. Er ist zwar im Ruhestand, aber ein Geheimagent folgt ihm seit Monaten. Er tarnt sich als ein Profiglücksspieler. Anscheinend hat es irgendetwas mit dem Begleichen einer alten Rechnung zu tun. Auf jeden Fall ist er noch sehr aktiv.« Admiral Taylor runzelte seine Stirn, sah allerdings zuversichtlich aus, dass die beiden Kal'dorei diese Aufgabe zufriedenstellend ausführen würden. »Er hält sich zur Zeit öfters in Bizmos Boxbar auf. Ihr solltet Euch mit unserem Geheimagenten in der Kampfgilde treffen um dort mehr zu erfahren.«   »Wir sollen Connelly also davon überzeugen hierher zu kommen?«, fragte Nohlanie betont ruhig. Bizmos Boxbar und die Kampfgilde waren in Sturmwind und so würden sie erst wieder zum Schrein der Sieben Sterne reisen müssen um dann durch eines der magischen Portale zu treten.   »Das trifft sich gut.«, warf Weramor erfreut ein und linste kurz zu Nohlanie die verwundert eine Augenbraue hob. Er legte einen Arm um ihre Schulter und nickte begeistert. »Wir hatten ohnehin noch etwas in der Hauptstadt zu erledigen.«   »Oh?« Admiral Taylor betrachtete die beiden verwundert, doch dann nickte er nur ernst. Sein Blick haftete auf den beiden Kal'dorei. Vielleicht war dieser Auftrag auch nur eine Art Test, da sie nicht von Beginn an bei dieser Mission mitgewirkt hatten? »Bringt Agent Connelly hierher, wann und wie ist euch überlassen. Und nun müsst Ihr mich entschuldigen, aber die Arbeit wartet.« Taylor salutierte vor den beiden Nachtelfen und drehte sich dann um, um zu ein paar Bodentruppeneinheiten zu gehen.   »Wir haben noch etwas in der Hauptstadt zu erledigen?«, fragte Nohlanie, als der Mann außer Hörreichweite war und schlang sich aus seiner halbherzigen Umarmung. Sie sah ihn skeptisch an, während er seine frühere Geliebte überlegen ansah: »In ein paar Tagen ist die Gildenversammlung und du wolltest mir deinen kleinen schwarzen Drachenfreund vorstellen, wenn ich mich recht erinnere.« Nohlanie sah ihn genervt an, als er fortfuhr: »Außerdem bist du ohnehin besser darin, dich in einer stinkenden Bar herumzutreiben und bestimmte Personen ausfindig zu machen.«   »Wo du Recht hast...«, seufzte Nohlanie langgezogen und stemmte ihre Hände in ihre Hüften. »Nun gut, du wirst ihn kennen lernen.« Ein unscheinbares Lächeln huschte über ihre Lippen. »Wir können sofort morgen aufbrechen.«   »Warum erst morgen?«, fragte Weramor argwöhnisch und verengte seine goldenen Augen. Die Schurkin fuhr mit ihrem Finger an seiner Wange und der Seite seines Halses entlang und er ließ es zu, ohne zurückzuweichen. »Wir sollten uns hier etwas ausruhen. Vertrau mir.«, hauchte sie ihm entgegen und drehte sich von ihm weg. Leichtfüßig ging sie den Pfad zu den Lagern hinab, während Weramor seufzte. Er ärgerte sich über Nohlanie. Er hatte besseres zu tun, als erfundenen Geschichten zu lauschen, die Horde zu jagen, oder einer verflossenen Liebe hinterherzutrauen. Dennoch kam er nicht umhin sich an ihrer Anwesenheit zu erfreuen.     *****     Während der Totenzeremonie, welche die Klaxxi für den Todesrufer abgehalten hatten, hielt sich Struana bedeckt am Rand von Klaxxi'vess auf. Zwar war es ihr untersagt die heilige Stätte zu verlassen, aber - zu ihrer eigenen Verwunderung - verspürte sie nicht das Bedürfnis, alleine in der Schreckensöde herumzulaufen. Die Worgen säuberte mit höchster Konzentration und penibler Feinarbeit ihre Bernwaffe. Im Grunde genommen war sie bereits sauber, doch sie konnte nicht aufhören. Es war für sie so unrelistisch, dass die Klaxxi für den gefallenen Getreuen so viel Aufwand betrieben, wo doch die Schwarmgeborenen noch nicht einmal Teil ihrer Gesellschaft waren. Doch die Getreuen hatten sich einen Namen unter ihnen gemacht, sie waren so etwas wie Kriegshelden unter der Allianz. Immer mehr sah sie die Mantis als ein Volk und weniger als ihre Feinde an, wofür sie sich selbst verabscheute. Gerade in diesem Augenblick kämpften vielleicht Tensho und die anderen ihres Trupps auf dem Schlangenrücken gegen die einfallenden Mantis und sie saß inmitten ihrer Feinde und konnte sie nicht mehr als solche sehen. Die kurze Zeit, die sie jetzt schon mit Kil'ruk, Malik und den anderen Mantis verbracht hatte, zwang sie eine andere Denkweise den Kreaturen gegenüber anzunehmen. Und auch wenn sie versuchte ihre Gedanken abzulegen, konnte sie es nicht verhindern. Gerade der Tod des Todesrufers hatte sie erschüttert. Das Sha war gerade hier in der Schreckensöde sehr mächtig.   Dazu kam diese Vision, die Struana in diesem Denken noch zusätzlich bestärkte. Konnte es ihr nicht egal sein, was mit den Mantis geschah? Doch was wäre, wenn das Schicksal der Mantis unwiderruflich mit der Zukunft der Pandaren und dem Tal der Ewigen Blüten in Zusammenhang stand? Wenn das Sha es wirklich schaffte, nicht nur Macht über die Kaiserin, sondern auch sogar über die Klaxxi auszuüben, was würde dann passieren? Hatten die Mantis wirklich dem Sha gedient, oder war das eine erfundene Lüge um ihren Verstand während der Vision jeder Hoffnung zu berauben? Struana wollte es nicht glauben und sie würde wohl oder hier bleiben müssen, bis die Klaxxi ihr Schlamassel mit der durchgedrehten Kaiserin unter Kontrolle gebracht hatten. Sie musste einfach sicher gehen, dass sich die Macht des Shas nicht noch weiter ausbreitete und noch etwas schlimmeres geschah.   Struana blickte auf, als sie aus den Augenwinkeln jemanden näherkommen sah. Es war der Windschnitter, der sich schweigend neben sie kauerte, während sie so tat, als wäre sie mit ihrer Waffe viel zu beschäftigt. Er schwieg, während sie ihre Waffe weiter säuberte, obwohl es schon lange nicht mehr nötig war. »Ist die Zeremonie vorüber?«, fragte sie schließlich, bevor die Stille unangenehm werden konnte. Es widerstrebte der Kriegerin zwar mit Kil'ruk über den Todesrufer zu reden, aber es würde sich wohl nicht vermeiden lassen. Immerhin versuchte sie so zu klingen, als würde sie über etwas belangloses sprechen. Der Windschnitter schwieg, mehrere Momente, ehe er leise krächzte: »Es ist nicht so, dass ich meine Gefährten im Stich lassen möchte, Erweckerin. Aber ich weiß, wann ein Kampf verloren ist.«   Die Worgen seufzte leise, und legte die Waffe bei Seite. Sie drehte das Tuch in ihren Pranken und faltete es langsam und beinahe penibel sorgfältig zusammen. »Ich anscheinend nicht.«, gab sie zu und warf Kil'ruk einen Seitenblick zu. »Ich habe nicht gelernt nachzugeben.«   Der Windschnitter regte sich nicht, als er seine Kieferzangen sanft gegeneinander schlug. »Ihr reagiert merkwürdig für eine Niedere Kreatur, Erweckerin. Normalerweise kämpft niemand an unserer Seite, außer wir selbst.« Struana hob ihren Kopf und bemerkte, dass Kil'ruk sie direkt aus seinen jadegrünen Augen hinter seinem Kopfschutz ansah. In ihnen konnte sie immer noch Abscheu lesen, doch auch Neugierde. »Ihr erkennt, dass wir einen gemeinsamen Feind haben, richtig?«   »Ja, das ist mir klar.«, erwiderte Struana und nickte ernst. Sie wusste, dass die Klaxxi ihre Hilfe als Erweckerin weiterhin benötigten und das sehr dringend. Wieder entstand eine unangenehme Stille, denn sie wusste nicht, wie sie ihre Worte formulieren sollte. Schließlich war sie in der Gesellschaft der Mantis ein Nichts - außer der Erweckerin natürlich. Aber was hieß das denn schon?   »Ich verstehe Euch nicht, Erweckerin.«, murmelte Kil'ruk krächzend und Struana sah wieder zu ihm auf. »Warum wollt Ihr Anteil haben an meiner Kultur? Warum hat Euch der Tod des Todesrufers mitgenommen? Ich sehe es an Eurer Haltung, etwas hat sich verändert. Ich verstehe nicht warum.«   Die Worgen legte ihre Ohren flach an und verengte ihre Augen, während sie über die Plattform blickte. Einige Vesswachen lösten ihre Patrouillen ab, während Kor'ik in der Mitte an dem Signalgeber arbeitete. Warum sprach Kil'ruk überhaupt mit ihr? Sollte er sie nicht weiterhin hassen? Im Augenblick wäre ihr das wirklich lieber, so machte sie sich nun weiterhin Gedanken. Sie wusste nicht, warum sie sich das Opfer des Todesrufers so zu Herzen nahm. Vielleicht hing es mit dem Schwarm zusammen, der gegen den Schlangenrücken strömt. Zumindest bildete sie sich das ein aufgrund der Vision die sie hatte. »Die Kaiserin darf nicht siegreich sein.«, murmelte sie leise, sodass nur Kil'ruk sie hören konnte. »Solange sie vom Sha besessen ist, sind ihre Handlungen unberechenbar. Der nächste Schritt könnte zu weit gehen und den kompletten Schlangenrücken vernichten.«   »Ihr seid sehr leichtgläubig, Niedere.«, krächzte Kil'ruk. »Ihr versteht den Zyklus nicht.«   Struana verengte ihre Augen und sah Kil'ruk genervt an. »Wenn Ihr nur hier seid um mich wieder zu beleidigen, dann solltet Ihr besser gehen.«, knurrte sie beinahe.   Der Windschnitter war für einige Momente ruhig, ehe er »Wie Ihr meint«, krächzte und auf den großen Signalgeber in die Mitte von Klaxxi'Vess starrte. »Ich dachte Ihr wolltet etwas lernen, doch da lag ich falsch.«   Die Kriegerin legte ihre Ohren an und starrte ebenfalls stur auf den Signalgeber. Auf einmal wollte der Windschnitter ihr Lehrstunden geben? Was für eine Ironie, dabei hatte er sie etwas gefragt! Legte er die Frage nun absichtlich so aus? Arroganter Käfer. Aber sie wollte sich nicht bei ihm entschuldigen um nun etwas herauszufinden. Früher oder später würde sie schon noch Gelegenheit dazu bekommen. Sie wollte sich nicht ständig vor ihm Rechtfertigen. Es war ohnehin Schwachsinn, er war ein Mantis.   »Ich hätte eine Bitte.«, hob Struana ihre Stimme an und sah nun doch zu Kil'ruk. »Ich brauche mehr Informationen über die nächsten Schritte, wenn ich als Erweckerin ohnehin in die Vorkommnisse involviert werde. Ich muss im Vorfeld eingeweiht werden, damit ich weiß, was mich erwartet. Ich möchte nicht mehr unvorbereitet in einen Kampf gehen.«   Kil'ruk sah sie für einen Wimpernschlag erstaunt an, dann hob er seinen Kopf und stand auf, als wäre die Unterhaltung beendet. Struana sprang ebenfalls auf und runzelte ihre Stirn. »Kil'ruk!«, knurrte sie und er hielt tatsächlich inne. Der Windschnitter sah sie ruhig, aber entschlossen über seine Schulter an. »Alles kann man Euch nicht anvertrauen, Erweckerin. Aber Ihr habt Recht. In einige Informationen über die nächsten Schritte müsst Ihr eingewiesen werden.« Er hielt inne und blickte über Klaxxi'vess zu den Ratsmitgliedern der Klaxxi. »Ich werde sehen, was ich machen kann, Erweckerin. Aber ich verspreche nichts.«   Struana blickte Kil'ruk verwundert und nachdenklich nach, als sich seine Flügel summend in Bewegung setzten und er langsam in die Luft stieg. Er würde sehen, was er machen könnte. Er blockte nicht sofort ab, oder beleidigte sie aufgrund ihrer Spezies. Konnte es tatsächlich sein, dass er sie möglicherweise ein kleines bisschen akzeptierte? Immerhin nannte er sie auch nicht mehr so oft eine Niedere Kreatur. Aber allgemein war diese Unterhaltung mit Kil'ruk wohl die produktivste gewesen, die sie je hatten.   Die Kriegerin hob ihre Waffe vom Boden auf und befestigte sie an der Halterung an ihrem Rücken, als Malik auf sie zugestampft kam. Er wirkte merkwürdig müde und Struana fragte sich, ob ihn die Beisetzung des Todesrufers so sehr mitgenommen hatte. Er suchte mit seinem Blick den ihren und seine Vorderbeine zuckten vor um sachte gegeneinander zu reiben. »Mitkommen.«, sprach er rau und drehte sich wieder um. Der Getreue wartete noch nicht einmal auf Struana, als sie ihm hinterherlief. »Was ist denn?«, fragte sie verwirrt, als sie zu ihm aufgeholt hatte.   Malik antwortete zunächst nicht, erst als sie bereits die Hälfte des Platzes von Klaxxi'vess hinter sich gebracht hatten, sprach er: »Ich möchte, dass Eure natürlichen Waffen verstärkt werden. Eine Waffe könnt Ihr verlieren, deswegen sollten Eure Zähne und Klauen Eure stärksten Waffen im Kampf sein.«   Die Worgen runzelte ihre Stirn. »Wie kommt Ihr darauf, dass ich meine Waffe fallen lassen würde?«, fragte sie und Malik warf ihr einen scharfen Blick zu, als wüsste sie die Antwort bereits selbst. Hielt er sie etwa für so unfähig? Wenn sie genauer über die ganze Sache nachdachte, konnte sie es gar nicht erwarten endlich ihre Pflichten als Erweckerin zu erfüllen und das Mantisnest verlassen zu können. Doch vorerst half sie den Klaxxi um den Schwarm aufzuhalten, weiterhin die Mauer anzugreifen und mehr über das Sha zu erfahren. Das Gefühl, dass das Sha noch mehr Schaden anrichten würde, ließ sie nicht los. Struana widerholte den Gedanken, bis sie glaubte davon überzeugt zu sein. Wenn die Probleme der Klaxxi beseitigt wurden, würden ihre Dienste als Erweckerin nicht mehr gebraucht werden.   Der Unversehrte stoppte, als sie den Bernschmied erreichten. Zikk sah nicht sehr begeistert aus - um genau zu sein, sah er ziemlich unbeeindruckt aus - während er bereits Kyparit in dem Gusskessel zum erhitzen brachte. Als Struana näher kam, ging er auf sie zu und griff nach ihrem Kinn und zog sie auf seine Augenhöhe, sodass sie gezwungen war sich unter seinem Griff vorzubeugen. »Hmm, ja. Das sollte ich hinbekommen. Wär ja auch erbärmlich wenn nicht.«, krächzte er und ließ wieder von ihr ab. Struana schüttelte ihren Kopf und funkelte dem mürrischen Bernschmied nach. »Ich werde das Kyparit direkt an Euch anpassen.«   Zikk beugte sich wieder über seinen Gusskessel in dem das Kyparit schmolz und eine flüssige Substanz annahm. Struana legte ihre Ohren zurück. Er konnte das unmöglich ernst meinen. Das Metall war viel zu heiß, als dass es ihre Haut - von ihrem Fell mal abgesehen - überstehen würde. Die Worgen stemmte ihre Pranken in ihre Hüften und beobachtete den Bernschmied bei seinen Vorbereitungen, als sie die harte Wölbung in ihrer Gürteltasche bemerkte. Verwundert blinzelte sie. Wie hatte sie das nur vergessen können? »Ich habe da etwas, das Ihr Euch ansehen solltet, Zikk.« Sie öffnete ihre Gürteltasche und zog die kleine Scherbe heraus, die sie nach dem Kampf mit dem Todesrufer an sich genommen hatte. Sie war überzeugt davon, dass die vor Sha-Energie pulsierende Scherbe nur Unheil anrichten würde, wenn man sie einfach herumliegen ließe. Eigentlich wollte sie schon früher zu dem Bernschmied, um ihm den Splitter zu zeigen, aber sie hatte es tatsächlich vor lauter Gedankengrüblerei vergessen.   Der Bernschmied drehte sich genervt zu ihr um doch dann zischte er plötzlich laut, als er die Scherbe erblickte. »Wisst Ihr eigentlich was das ist?!«, blaffte er sie an, als er auf den Amboss deutete. »Hierhin legen!«   Sichtlich verwirrt tat Struana wie ihr geheißen. Malik beobachtete den Bernschmied interessiert, während sich Zikk vorbeugte um den Splitter gründlich in Augenschein zu nehmen. »Was ist es denn?«, fragte Struana halbherzig, während Zikk angespannt mit seinen Kieferzangen gegeneinander schlug.   Der Bernschmied sah sie giftig an. »Es war klar das Ihr keine Ahnung habt, Fleischling! Das ist Amber! Und er ist mit Angst verseucht!«   Struana runzelte ihre Stirn. Amber war vergleichbar mit Bernstein, der nur von den Kypari geerntet werden konnte, soweit Malik ihr erzählt hatte. Er wird verwendet, um die Getreuen zu konservieren, doch wie genau sie Jahrhunderte überleben konnten, war ihr immer noch schleierhaft. »Mit Angst verseucht?«, fragte die Worgen zögerlich und zuckte unruhig mit ihren Ohren. »Meint Ihr das Sha?«   »Nennt es wie Ihr wollt, Niedere! Es ist Angst!«, blaffte Zikk sie ungehalten an und griff in einen Ständer neben der Schmiede um eine großen Eisenzange herauszuholen. Für gewöhnlich war sie wohl dafür gedacht, glühendes Metall festzuhalten, doch stattdessen hob er damit die Scherbe vom Amboss und legte ihn in einen leeren Gusskessel. Seine Augen waren verengt, als er das Behältnis mit einem Deckel verschloss.   »Das sind schlechte Neuigkeiten.«, raunte Malik und Struana sah ihn verständnislos an. Was war hier los? Warum war das so ein Drama, angesichts der Tatsache, dass die komplette Schreckensöde mit dem Sha verseucht war? »Warum?«, fragte sie.   Prompt zischte Zikk ungehalten, ehe der Unversehrte etwas hätte erwidern können: »Von einer dreckigen Außenseiterin wie Euch erwartet man nicht, dass Ihr die daraus wachsenden Folgen versteht!«   »Aber, was ist denn los?«, fragte Struana, während sich ihr Rückenfell aufstellte. Sie hatte das Gefühl, als hätte sie irgendetwas verpasst. »Was ist daran so schlimm, dass Amber vom Sha befallen ist?«   »Amber ernährt uns. Er schützt uns Getreuen, während wir in unseren Schlummer Fallen, um zu einer anderen Zeit erweckt zu werden um zu dienen. Wir bauen unsere Gebäude mit Bern, schmieden damit unsere Waffen und Rüstungen. Amber ist Leben.«, antwortete Malik rau und schlicht.   Der Bernschmied zischte verächtlich: »Ich frage mich was passieren würde, wenn der Fleischling die Scherbe essen würde.« Zikk klickte wütend mit seinen Kieferzangen gegeneinander. »Was würde er wohl mit Eurem weichen, rosaroten Inneren anstellen?«   »Es reicht, Bernschmied. Beruhigt Euch und beginnt mit Eurer Arbeit.«, raunte Malik entschlossen, sodass keine Widerworte möglich waren. Er drehte sich um, während Struana ihm nachsah, während er genau auf die Klaxxi zuging. Vermutlich würde er ihnen berichten, was es mit dem verseuchten Splitter auf sich hatte. Sha-verseuchter Amber, doch warum sagte Zikk, er sei von Angst erfüllt? Die Worgen wusste, dass es mit dem Sha zu tun haben musste. Das Sha verkörperte negative Emotionen und Gefühle und verstärkte diese. Sie selbst stand unter seinem Bann, bevor sie gereinigt wurde. Doch Angst? Struana hörte, wie der Bernschmied gerade übelgelaunt vor sich hinmurrend weitere Kyparitbrocken in den Gusskessel warf und sie konnte seinen Zorn sogar nachvollziehen. Sie hätte wissen müssen, dass Amber ein wichtiger Bestandteil ihrer Gesellschaft war, immerhin lebte sie sozusagen in einem heiligen Ort der Mantis. Dass nun selbst diese Lebensquelle vom Sha verderbt werden konnte, musste sie sehr beunruhigen.   »Verzeiht meine Unwissenheit, Zikk.«, formulierte Struana leise, während dieser einen Metallblock vorbereitete. »Ich war mir der Bedeutung für Eure Rasse nicht bewusst.«   »Nichts für ungut, Erweckerin. Aber Ihr wisst wirklich wenig. Ich frage mich, wie es Eure Art geschafft hat überhaupt so lange zu existieren.«, murrte der Bernschmied und blinzelte Struana ungleichmäßig mit seinen Augen an. »Ich hoffe Ihr seid nicht schmerzempfindlich, denn es wird sehr schmerzhaft werden.«   Struana verzog ihr Gesicht und zog sich die Lederkapuze nach hinten vom Kopf. »Werde ich Probleme mit meiner Wandlung bekommen?«, fragte sie und dachte an ihre menschliche Gestalt. Eine Seite in ihr, zu der sie kaum noch Bezug hatte, doch die einzige Seite an sich, an die sie sich nach ihrem Gedächtnisverlust noch wage erinnern konnte. Zikk sah sie merkwürdig an. »In was wandelt Ihr Euch denn? In ein anderes Tier? Einen Wurm? Eine Made?«   »In einen Menschen.«, setzte Struana monoton nach und verkniff es sich zu knurren oder ihre Augen zu verdrehen. Der Bernschmied betrachtete sie für mehrere Augenblicke als wäre sie nicht ganz dicht. »Ich schätze, das müssen wir ausprobieren. Da Kyparit kein wirkliches Metall ist, sollte es sich anpassen können. Allerdings wäre es sehr interessant herauszufinden, ob Ihr Euch die Verstärkungen bei einer Wandlung in den Unterkiefer rammen würdet.«   Struana biss sich auf die Zunge um nichts bissiges zu erwidern. Sie hatte wenig Lust ein Testobjekt dieses kleinen, verrückten Schmiedes zu sein. Welche Art von Tests glaubte er mit ihr machen zu können? Zikk stellte einen großen Kessel mit Wasser neben den großen Block. »Steht nicht so rum. Setzt Euch, es wird nämlich sehr unangenehm. Und ich ermahne Euch nur einmal. Beißt mich und ich schütte den kompletten Inhalt des Kyparits auf Euch. Es wäre eine unglaubliche Verschwendung, aber in diesem Fall würde es sich fast lohnen.«   Die Worgen legte ihre Ohren unbehaglich zurück, während Zikk den Gusskessel neben dem Wasserkessel aufbaute. Er goss es in eine kleine Form um es vorsorglich zu formen und zu bearbeiten, dennoch fühlte sie sich nicht wohl bei dem Gedanken, dass der Bernschmied ihre Schmerzen genießen würde.     *****     Es war ein wunderbares und herrliches Gefühl gewesen. Über die Straße der Urahnen und den festlichen Basar zu gehen, während jeder ihr hinterhersah. Die hochragenden Zinnen und wundervoll verzierten Bauten Silbermonds erinnerten sie immer daran, dass sie den Untergang überlebt hatte und dass ihr Volk es geschafft hatte, diese Stadt wieder aufzubauen. Immer wenn sie in diese wundervolle Stadt zurückkehren konnte, freute sie sich, denn nach ihren Verpflichtungen könnte sie für den Rest des Tages ihren liebsten Tropfen Immersangwein genießen, könnte in ihrer Lieblingsbar sitzen und den Magistern bei ihren Lehren und Studien zuhören. Auch wenn sie sich nicht sonderlich für derlei langweiliges Geschwätz interessierte, war es für sie bisher immer amüsant gewesen.   Doch was sie nicht konnte, war ihren Wappenrock abzulegen. Nicht dass sie es gewollt hätte - im Gegenteil. Elyaana genoss regelrecht die Aufmerksamkeit der Stadtwachen oder Magistern und vor allem - und im Besonderen - die der Waldläufer die ihr hinterherstarrten, wenn sie an ihnen vorbeiging. Ihre unverwechselbare Ritterrüstung sollte schon eindeutig sein, doch wenn sie das Wappen der Blutritter sahen wussten sie alle, dass sie nicht dem Licht diente, sondern dass das Licht ihr dient. So vieles war einfacher für sie, wenn sie erkannten, dass Elyaana eine Blutritterin war.   Aber bevor sich die Sin'dorei amüsieren könnte, sollte sie noch den Bericht von Lady Liadrin an den Abgesandten - irgendeinem namenlosen, ersetzbaren Blutelfen - von Lor'themar Theron überliefern. Eine gleichermaßen uninteressante und belästigende Verpflichtung, die doch seit Jahren immer den selben Rythmus von dreißig Tagen gehalten hatte. Dennoch - da war sich Elyaana sicher - konnte dieser lächerliche Bericht nicht ansatzweise die glorreichen Fortschritte beschreiben, die sie in Quel'Danas und dem Sonnenbrunnen erreichten. Doch diese Übergabe von verschwendetem Papier sollte auch ihrem eigenen Volk zeigen - und vielleicht der Horde - dass die Blutritter zu ihren Wurzeln, Silbermond, ihrer geliebten, wunderschönen Heimat, zurückgefunden hatten.   Elyaana hatte eine Stadtwache gegrüßt und einen amüsierten Blick einigen Rekruten der Waldläufern zugeworfen, als sie über die Straßen der Weltenwanderer gegangen war. Zumindest die Stadtwache hatte respektvoll seinen Kopf geneigt, von den Dreckkriechern hatte sie auch nichts anderes als Ignoranz erwartet. Gemächlich war sie die Treppen zum Sonnenturm emporgestiegen, wo sie nicht wie üblich von dem unwichtigen Blutelfen empfangen wurde. Stattdessen hat man ihr verwunderte Blicke zugeworfen und sie gebeten in einem der großen Konferenzräume zu warten.   Dies war nun bereits zwei Stunden her.   Elyaana blinzelte, als sie ihre Augen öffnete und feststellte, dass sich sogar jetzt noch immer niemand zu ihr bequemt hatte. Gelangweilt und unruhig, weil sich ihre freie Zeit, bevor sie wieder nach Quel'Danas zurückkehren musste immer weiter verkürzte, pustete sich die Sin'dorei eine ihrer weißblonden Strähnen aus dem Gesicht. Verärgert hatte sie sogar allen Respekt fallen gelassen, die Füße über dem kreisrunden Tisch gekreuzt und starrte stumm zu der Wandmalerei an der Decke. Über ihr, an den Kreisrunden Wänden waren stapelweise Bücher eingereiht. Bücher über große Schlachten, Bücher über Diplomatie, Bücher über Kriegsführung, Bücher über die Geschichte der Blut- und Hochelfen, Bücher über Orks und Tauren und bestimmt auch Bücher über Politik türmten sich in den geneigten Regalen über dem kreisrunden Raum und erdrückten sie beinahe. Kurz spielte die Blutritterin mit dem Gedanken die Bücher zu zählen um herauszufinden, wie viele, sinnlose Blätter verschwendet worden waren, um staubtrockenes Wissen festzuhalten. Doch dafür war ihre Zeit zu kostbar. Elyaana stand auf, indem sie sich geräuschvoll mit ihren Plattenstulpen vom Tisch abstützte. Sie war nicht hier um ihre Zeit in diesem langweiligen Konferenzraum zu verschwenden. Sie hatte besseres zu tun.   Entschlossen schritt sie auf die Tür zu und umfasste die Klinke, als sich diese plötzlich bewegte und nach unten gedrückt wurde. Sie zuckte einen Schritt zurück, damit die Tür sie beim aufschwingen nicht treffen würde. »Na endlich!«, knurrte sie schon fast, aber laut genug dass derjenige der hinter der Tür stand ihren Unmut in jedem Fall hören konnte. »Wird ja auch Zei-«   Kaum dass die Tür komplett aufgeschwungen war stand sie stramm und salutierte verkrampft, als hätte man Elyaana einen Stromschlag versetzt. Lor'themar Theron höchstpersönlich stand im Türrahmen, die Klinke noch immer umfasst und sah sie enttäuscht an. Hinter ihm konnte sie sogar Großmagister Rommath erkennen, der eine skeptische Augenbraue hochgezogen hatte, während er über die Schulter des Lordregenten zu ihr spähte.   Elyaana wirkte wie versteinert und sie versuchte nicht daran zu denken, was sie noch vor wenigen Herzschlägen von sich gegeben hatte. Wie unhöflich! Hoffentlich würde der Lordregent Lady Liadrin nichts hiervon erzählen. Das würde ihre komplette Laufbahn ruinieren und sie dürfte in den nächsten Monaten nicht mehr nach Silbermond! Oder noch schlimmer, sie würde zum Putzdienst verdonnert werden! Der Blick Lor'themar Therons war ernst und er sah skeptisch auf das Wappen, welches sie trug, ehe er fast schon gepresst sprach: »Verzeiht, es war wohl unhöflich Euch so lange warten zu lassen.« Seine nahezu seidige Stimme passte nicht zu dem fast schon ablehnenden Unterton.   Die Röte stieg Elyaana ins Gesicht und ihr wurde heiß. »Ich- äh- ... Lordregent, ich hatte keine Ahnung,«, stammelte sie und ihr wurde fast noch heißer. Unbeholfen fingerte sie den versiegelten Brief aus einer Tasche an ihrem Gürtel und hielt ihn ihm entgegen. »dass Ihr höchstpersönlich den Bericht von Lady Liadrin in Empfang nehmen würdet.«   Lor'themar Theron starrte für einen Moment ernst auf die Botschaft auf dem das Siegel der Zerschmetterten Sonne prangerte. Dann suchten seine grünen Augen wieder ihre, als wollten sie etwas bestimmtes sehen, was allerdings nicht da war. »Ich hatte Lady Liadrin erwartet.« Seine Stimme klang schneidend und Elyaana war verwirrt und ihr Gehirn raste. Seit dem Kataklysmus hatte sie die Aufgabe übernommen, den Bericht alle dreißig Tage in Silbermond abzugeben, und das ohne den Lordregenten selbst zu treffen! Lady Liadrin war dieser Aufgabe müde geworden, sie hatte Elyaana eingewiesen aber es bedarf nicht stets etwas zu erwähnen, bevor sie nach Silbermond aufbrach. Sie war Pflicht- und Verantwortungsbewusst, weswegen diese Botengänge schnell zu ihrer Routine - und ein kleines bisschen auch Vergnügen - geworden waren.   Sie überlegte schnell, doch Lady Liadrin hatte nichts dergleichen erwähnt, dass sie erwarten werden würde. »Lady Liadrin ist eine viel beschäftigte Person, ich denke-«   »Ich weiß, dass sie eine viel beschäftigte Person ist, Blutritter.«, unterbrach sie der Lordregent knapp und nahm ihr mit gerunzelter Stirn die Nachricht ab. »Doch ich hatte erwartet, dass sie meiner Bitte nachkommen würde.«   Elyaana wurde noch heißer - sofern das überhaupt noch möglich war - und biss sich in die Innenseite ihrer Wange. Verzweifelt versuchte sie sich an eine Unterredung mit Lady Liadrin zu erinnern, die sie in irgendeiner Form auf das hätte vorbereiten sollen - doch da war nichts. Es war alles so normal gewesen wie immer, mit der einzigen Ausnahme, dass Lady Liadrin eine angenehme Heimreise gewünscht hatte. Elyaana war sich bewusst, dass egal was sie sagen würde, sie vermutlich alles noch schlimmer machen würde, als es ohnehin schon war. Deswegen war es wohl das Beste, wenn sie vorerst schwieg, auch wenn das nicht unbedingt eine ihrer Stärken war.   Der Lordregent brach das Siegel der Nachricht und trat zur Seite um seinen - zweifelsfreien - hohen Besuch in den Konferenzraum zu bitten. Die Blutritterin neigte ihren Kopf vor dem Großmagister und auch der kleineren Gestalt, die hinter ihm eintrat. Sie erkannte ihr Gesicht nicht, da sie eine breite Kapuze trug, erkannte aber das Wappen der Sonnenhäscher, welches auf ihrer Robe eingestickt war, die ihrer weiblichen Figur schmeichelte. Aus welchen Gründen auch immer - vermutlich aber wegen der unglaublich, peinlichen Situation einige Momente zuvor - glaubte Elyaana, dass ihr die Bewegungen und die Erscheinung dieser Sin'dorei bekannt vorkamen. Das jemand der sie kannte ihre Blamage miterlebt hatte, ließ in der Blutritterin den Wunsch aufsteigen, dass sich ein schwarzes Loch unter ihr öffnen möge.   Lor'themar Theron gab ein missfallendes Raunen von sich. »... Aus diesen Gründen sende ich Euch mit meiner Besten Empfehlung eine meiner bflichtbewusstesten Blutritter, Elyaana Blutfalke. Ich habe das Größte Vertrauen in sie, dass sie in meinem Namen Entscheidungen treffen wird, die Ihr auch von mir erwarten würdet, Lordregent.« Er sah nicht auf, denn es schienen noch einige Zeilen zu folgen, die er stumm las.   Verunsichert hob Elyaana ihren Blick wieder zu Lor'themar Theron. Sie glaubte nicht was er da eben gesagt hatte. Hatte er das wirklich aus diesem Brief gelesen? Das musste ein übler Scherz sein. Er sah sie wieder an und musterte sie eingehend. »Dann werdet Ihr wohl reichen müssen, Blutritterin Blutfalke.«, murmelte er und faltete die Nachricht langsam und scheinbar nachdenklich wieder zusammen. »Steht angenehm und setzt Euch.«   Sie war so baff über die Worte, welche unverwechselbar in dieser Nachricht gestanden haben mussten, dass sie für einige Sekunden seinen Befehl missachtete. Erst dann versuchte sich Elyaana zu entspannen, was ihr nicht so recht gelingen wollte. Sie hoffte, dass sie die Anwesenden überzeugen konnte - und sich selbst - als sie sich entschlossen umdrehte und zurück zu dem kreisrunden Tisch ging. Elyaana hatte keine Ahnung, was sie erwarten würde und erst Recht nicht von Lady Liadrins Anordnung, sie solle sie vertreten! Es war einfach undenkbar, dass diese Situation schon unwirklich für sie erschien. Mit ihrer behandschuhten Hand fuhr sie über das Holz eines Stuhles direkt neben der Blutelfe der Sonnenhäscher und erkannte in den Augen von Erzmagister Rommath, dass er ihre Unsicherheit durchschaute.   Die Blutritterin atmete tief ein, ehe sie sich langsam auf den Stuhl setzte. Niemals hätte sie damit gerechnet Lady Liadrin in einer Konferenz - um was es sich auch immer handeln sollte - zu vertreten und sie wünschte sich fast, sie hätte Silbermond heute nicht betreten. Warum hatte sie sich nicht einfach ein Bein brechen können, bevor sie aufgebrochen war?   Die Sin'dorei neben ihr zog sich ihre breite Kapuze zurück und entblößte langes, orangenes Haar, welches sich gewellt über ihre Schultern legte. Die vollen Lippen und der eindringliche, aber liebevolle Blick den sie Elyaana zuwarf war unverwechselbar und der Blutritterin wurde noch heißer als sie erkannte, wer die Sonnenhäscherin war und dass sie diese tatsächlich kannte. Unweigerlich musste sich Elyaana fragen, wie lange sie gerade diese Blutelfe schon nicht mehr gesehen hatte, als diese sich etwas zu ihr beugte und leise flüsterte. »Es überrascht mich dich hier zu sehen, Elyaana. Aber ich hätte mir keine bessere Vertretung für die Blutritter als meine kleine Schwester wünschen können.«   Elyaana war bereits erstarrt, als sie Lerinn, ihrer älteren Schwester, schwach zunickte. Konnte dieser Tag eigentlich noch furchtbarer werden? Sie konnte ihr nicht in die Augen sehen, weshalb ihr Blick auf dem Lordregenten ruhte, der die Türe geschlossen hatte und mit großen Schritten an den Tisch trat. Ernst und erwartungsvoll blickte er über sie. »Da Lady Liadrin - gegen allen Erwartungen - nicht selbst erscheinen konnte, werdet also Ihr ihre Meinung zu diesem Thema vertreten.«, begann er, während sein Blick auf Elyaana ruhte. Sie schluckte, nickte aber entschlossen. Auch wenn sie keine Ahnung hatte worum es ging, wollte - oder müsste wohl eher - sie den Eindruck vermitteln, dass sie eingeweiht wurde. Lor'thema Theron nickte knapp. »Dann lasst Euch von Erzmagister Rommath in das Thema einweisen.«   Die Blutritterin hätte am liebsten erleichtert geseufzt, dass sie zunächst in den Grund unterrichtet wurde, warum sie überhaupt hier war. Der Erzmagister erhob sich gebieterisch langsam. Seine roten und goldenen Roben fielen an ihm herab, während seine hellen Augen auf die Blutritterin gerichtet waren. »Dieses Thema ist sehr vertraulich. Ihr dürft unter keinen Umständen an irgendjemanden ein Wort darüber verlieren, was hier besprochen wird.« Ernst sah er auf Elyaana herab, die einfach nur erneut nickte. Ihr kam alles immer merkwürdiger vor. Wenn es so etwas ernstes war, warum war Lady Liadrin nicht selbst hier? Sie hätte sich gewiss für einen Tag von ihren Pflichten entbinden lassen können um an dieser Besprechung teilzunehmen. Der Erzmagister fuhr fort: »Die Vertreter unserer größten militärischen Einheiten sind hier anwesend. Lordregent Lor'themar Theron repräsentiert die Waldläufer. Magistrix Lerinn Blutfalke,«, er deutete auf Lerinn neben sich, »wurde als würdige Vertreterin für Aethas Sonnenhäscher entsandt um die Meinung der Sonnenhäscher zu vertreten. Aethas entschuldigt sich, da er in Dalaran ein offenes Auge behalten möchte wegen der erneuten Auseinandersetzung zwischen der Horde und der Allianz. Das zerbrechliche Bündnis in Dalaran scheint trotz der Vorfälle in Theramore bisweilen noch unangetastet.« Seine Hand sank. »Ich werde für die Magister Silbermonds sprechen und Ihr,«, er deutete auf Elyaana, »habt die ehrenvolle Aufgabe übertragen bekommen die Blutritter zu vertreten.«   Elyaana runzelte ihre Stirn, während sich Rommath wieder setzte und das Wort an den Lordregenten weitergab. Lor'themar Theron schwieg zunächst und die Stille in dem kreisrunden Raum zog sich unangenehm in die Länge. Elyaana atmete nur flach, um sie nicht zu unterbrechen. Abermals fragte sie sich, warum alle militärischen Streitmächte der Sin'dorei versammelt wurden? Warum beim Nether hatte Lady Liadrin sie nur nicht darüber in Kenntnis gesetzt? Stattdessen hatte sie ihr eine angenehme Heimreise gewünscht - tse. Dann erhob der Lordregent wieder das Wort: »Da Garrosh sich dazu entschieden hat den alten Rassismus uns gegenüber wieder aufleben zu lassen und uns als Volk auszubeuten, hege ich schon etwas länger diesen Gedanken. Die Blutelfen dienen gezwungenermaßen dem Erfolg der Horde und ihre Opfer werden am wenigsten zur Kenntnis genommen.«   Er legte eine Pause ein und ging mit großen Schritten und den Händen auf seinem Rücken verschränkt auf und ab. »Ich bin nicht mehr mit diesem Bündnis einverstanden, welches wir vor Jahren notgedrungen mit der Horde eingegangen sind. Garroshs Führungsqualitäten... ich lasse sie im Raum stehen. Aber ich möchte nicht akzeptieren, dass er unser Volk als Kanonenfutter für diesen Krieg missbraucht. Die Waldläufer werden Silbermond beschützen, wie sie es schon Jahrtausende lang getan haben. Die Angehörigkeit mit einem großen Bündnis spielt hierbei keine Rolle. Die Waldläufer dienen Silbermond, nicht der Horde.«   Wieder breitete sich die Stille aus. Elyaana wusste wie perplex und ungeniert sie den Lordregenten anstarrte, aber sie konnte es nicht verhindern. Wurde hier ernsthaft über einen Austritt der Horde diskutiert? Lerinn erhob sich, ihren strahlenden, grünen Blick auf Lor'themar Theron gerichtet. »Nur damit ich Euch nicht missverstehe, Lordregent.«, ergriff sie mit nahezu seidiger Stimme das Wort. »Ihr habt vor, die Zukunft Silbermonds gravierend zu beeinflussen, wenn wir die Horde verlassen. Wir werden es schwer haben - so wie es die Sin'dorei nie anders gewohnt waren. Doch warum sind wir hier?« Sie neigte respektvoll ihren Kopf und sah dabei Erzmagister Rommath an, der nach Elyaanas Wissen ein enger Berater des Lordregenten war. »Mit allem gebührenden Respekt. Aber ich zweifle nicht daran, dass die Sin'dorei Euch folgen würden - egal in welche Zukunft uns dies auch führen mag, Lordregent.«   Lor'themar Theron nickte Magistrix Blutfalke zu, als sie sich langsam wieder auf den Stuhl setzte. Elyaana empfand, dass er bemerkenswert ruhig blieb, ebenso wie der Erzmagister. Immerhin waren sie dabei den Gedanken zu hegen wieder ein Bündnis mit der Allianz zu schmieden. Sie konnte sich nur allzu leicht vorstellen, wie viele Probleme sie bekommen würden. Vor allem mit Sylvanas, die den Sin'dorei erst ermöglicht hatte einen Platz in der Horde zu gelangen. »Ich bezweifle dies ebenso wenig, Magistrix Blutfalke. Aber wie Ihr wissen solltet, wird es nicht dabei bleiben, dass die Blutelfen der Horde den Rücken kehren. Ich gehe davon aus, dass sie uns angreifen werden, vor allem da Sylvanas mit ihren Verlassenen so gut wie vor unserer Türe sitzt. Wir werden Bündnisse brauchen, starke Bündnisse.« Er sah ernst in die Runde und es hatte den Anschein als würde er die folgenden Worte genau abwiegen, bevor er sie sprach. »Alte Bündnisse werden uns hilfreicher sein, als die neuen. Ein Bündnis mit den Menschen und der Allianz.«   »Was?!« Erzmagister Rommath sprang von seinem Stuhl auf und knallte die Hände auf den Tisch. Elyaana zuckte zusammen, einerseits wegen dieser Offenbarung, andererseits wegen dem Lärm. Ungläubig starrte Rommath auf den Lordregenten, seine Augen funkensprühend vor Unglauben und Zorn. »Die Menschen haben uns verraten, Theron!«, rief er. Vor lauter Aufregung musste er den Titel des Lordregenten vergessen haben. »Sie haben uns fallen lassen, als wir sie am meisten gebraucht hätten! Unser Prinz selbst, hat sich von diesen alten Bündnissen losgesagt!«   »Und es war unser ehrenvoller Prinz, Kael'thas Sonnenwanderer selbst, der sein Volk verriet und es ausgeblutet zurückließ.«, sprach Lor'themar Theron ruhig und fast schon bedauernd. Der Erzmagister biss sich auf seine Unterlippe und starrte ihn noch einige Herzschläge lang an. »Die Magister Silbermonds werden eine solche Entscheidung nicht gutheißen, Lordregent.«, begann er zu sprechen. »Die Gefahr wieder verraten zu werden ist zu groß. Sich von der Horde abzuwenden ist eine Sache, aber wieder zu den Verrätern angekrochen zu kommen, eine andere!« Seine Stimme war wieder laut geworden, aber er setzte sich wieder. Seinen scharfen Blick noch immer auf den Lordregenten gerichtet. Lor'themar Theron hatte seine Augen verengt und hielt dem Blick des Erzmagisters stand. »Glaubt nicht, dass die Waldläufer, oder ich vergessen haben, wie uns das menschliche Volk einst behandelte. Jeden Tag wird mir bewusster, dass sich unser Volk gerade jetzt unter Garrosh's Herrschaft in der selben Situation befindet.«, sprach er ruhig und ernst.   Eine gefährliche und fast schon knisternde Atmosphäre breitete sich in dem kreisrunden Raum aus, in dem sich Elyaana noch vor mehreren Augenblicken zu Tode gelangweilt hatte. Zwei Meinungen waren gesprochen worden, doch welches Gewicht hatten die Stimmen der Sonnenhäscher und der Blutritter? Ihre Schwester hatte die richtige Frage gestellt, warum waren sie eigentlich hier? Das zukünftige Schicksal - ein überaus empfindliches - wurde gerade besprochen und sie war mittendrin. Wie würden sich die Sonnenhäscher entscheiden? War es vorteilhaft sich mehr Feinde zu machen als nötig? Mal davon abgesehen, dass die Horde momentan ohnehin wie eine lauernde Schlange war, die nur auf einen Fehltritt wartete. Elyaana biss sich auf die Lippen und wünschte sich insgeheim, dass Lerinn ihr die Aufgabe ersparen würde, in der Mitte der Stühle zu stehen. Doch es fiel ihr schwer ihre ältere Schwester einzuschätzen, die sie so lange schon nicht mehr gesehen hatte. Die beiden hatten sich das letzte Mal bestimmt vor dreißig Jahren gesehen, sie war sich nicht mehr genau sicher. Zu viel war zu dieser Zeit geschehen. Und selbst davor hatten sie nicht den harmonischen Familienkontakt gepflegt, wie andere.   »Magistrix Blutfalke, wie stehen die Sonnenhäscher zu einer solchen Entscheidung? Was würde es der Fraktion für Vorteile bieten?«, wurde Elyaana wieder in die Gegenwart gerufen und sie folgte mit ihren Augen Lerinn, die sich erhob. Die langen, roten und grünen Roben hingen fließend um ihren Körper, während sie ruhig aber entschlossen in die Runde blickte. Elyaana hielt den Atem an, als sie zu sprechen begann: »Die Sonnenhäscher sehen keinen Verlust in dem Austritt der Horde. Die Kirin Thror heißen jedes Volk in Dalaran willkommen, ganz egal welcher Rasse und Fraktion sie angehören. Ein Gewinn durch die Verbindung mit der Allianz ist - leider - ausgeschlossen, weshalb wir keine Vorteile daraus schöpfen könnten. Der Silberbund akzeptiert uns, das ist aber auch schon alles. Die Alten Bande sind zu beschädigt, als das eine andere Gesinnung diese in kurzer Zeit wiederherstellen könnte.«   Elyaana atmete langsam wieder aus und starrte ihre Schwester kühl an. Sie war so vorbildlich, was ihre Position anging, so diplomatisch, so neutral. Es war eine nichtssagende Aussage gewesen und doch entsprach sie vollkommen der Tatsache. Die Sonnenhäscher würden weiterhin ihren Platz in Dalaran behalten, würden weiterhin die Magie in Nordend studieren und notfalls in die Geschehnisse mit der Geißel eingreifen, sollten sie müssen. Alles dank der Kirin Tor. Was Silbermond anging, würden sie sich auch weiterhin nicht in der Stadt blicken lassen, bis man sie brauchen würde. Und selbst dann würden sie nur so lange in Silbermond verweilen, wie sie gebraucht wurden, nur um dann wieder nach Dalaran zurückkehren zu können.   »Ich verstehe.« Der Lordregent neigte nach einigen Momenten seinen Kopf und Lerinn setzte sich wieder sachte auf den Stuhl. Es kam Elyaana fast schon so vor, als wäre sie eine Feder, so lautlos schien jede Bewegung zu sein, die ihre Schwester machte. »Wie sehen die Blutritter dies?«   Elyaana versteifte sich, als sämtliche Augenpaare auf sie gerichtet wurden. Rommath biss sich auf die Lippen, sodass sie nur noch einen Strich bildeten. Ihre Kehle fühlte sich mit einem Schlag so trocken an, als hätte sie eine Schaufel voll Sand aus Tanaris gegessen. Langsam stand sie von ihrem Stuhl auf, ihre Plattenrüstung klirrte leise, während sie sich aufrichtete. Elyaana wusste, dass sie diese Entscheidung über Silbermonds Zukunft gravierend beeinflussen würde, nach Lerinns eher schwachen Aussage. Doch sie musste im Sinne von Lady Liadrin handeln. Doch wie würde sich die Lady der Blutritter in einer solchen Lage entscheiden? Sie atmete tief ein, und langsam wieder aus, um ihr klopfendes Herz zu beruhigen, ehe sie sprach: »Die Blutritter kennen noch das Bündnis der Menschen, ebenso wie ihren Verrat. Wir waren bei unserem Prinzen, während sie uns fälschlicherweise des Verrats bezichtigten und in Ketten legen ließen. Doch durch unsere eigenen Handlungen lernten wir, dass wir nicht immer Recht haben.« Elyaana schloss kurz ihre Augen und dachte an die Naaru, die sie gefangen und gequält hatten. Nur wegen M'uru's Opfer, waren die Blutritter wieder zu dem geworden, was sie ursprünglich waren. Eine Einheit, die den Sonnenbrunnen und Silbermond verteidigte. »Aus Fehlentscheidungen folgten Resultate und weitere Fehlentscheidungen. Ein einfacher Mann verurteilte uns, möglicherweise war auch dies nur eine Fehlentscheidung, die sich nicht mehr nachvollziehen lässt. Die Blutritter kämpften gemeinsam unter dem Banner der Zerschmetterten Sonne mit Draenei der Sha'thar um den Sonnenbrunnen zurückzuerobern. Sogar jetzt heißen wir noch immer ihre Kämpfer in Quel'Danas willkommen und vertreiben sie nicht.«   Die Sin'dorei hielt kurz inne und dachte an die Draenei mit ihren merkwürdigen Lehren und Weisheiten. Merkwürdige Kreaturen, fähige Kämpfer, sanfte Wesen. Sie schüttelte ihren Kopf, als sie fortfuhr: »Die Blutritter werden Silbermond in einem Kampf gegen die Horde beschützen - sollte es soweit kommen. Auch wenn wir bei vielen Völkern der Allianz unseren Respekt verloren haben, ist es nie zu spät sie wieder aufzubauen, denn dort liegen unsere Wurzeln.«   Der Lordregent neigte seinen Kopf und Elyaana setzte sich zurück auf ihren Stuhl. Sie fühlte sich merkwürdig befreit und das obwohl sie für das Licht nicht betete. Doch sie glaubte einen Hauch des Sonnenbrunnens gerade jetzt in sich zu fühlen, wie er sie durchflutete und durch ihre Venen floss. Lor'themar Theron ging langsam wieder am Tisch auf und ab. »Es hört sich demnach für ein Bündnis an.«, begann er und sah Rommath nachdenklich an. »Wir werden uns noch weiter beraten, Erzmagister.«   Rommath erwiderte nichts, sondern nickte nur matt. Es war ihm anzusehen, dass er etwas in sich zurückhielt. »Wir dürfen den Militärischen Punkt und die Sicherheit Silbermonds nicht aus den Augen verlieren. Die Verteidigung muss gegen die Horde gestärkt werden. Ich erwarte Vorschläge, wie wir dies am besten lösen werden.« Lor'themar Theron schritt langsam zu der Türe und hielt kurz inne. Dann schüttelte er seinen Kopf und öffnete sie. »Ihr seid vorerst entlassen, Magistrix Blutfalke und Blutritterin Blutfalke. Ich erwarte Euch morgen Vormittag wieder hier, um weitere Beratungen abzuschließen.«   Elyaana fühlte sich wie ein Kind, welches das Zimmer einer Schandtat verlassen musste, als sie Lerinn aus dem Raum folgte und die Tür hinter ihr verschlossen wurde. Sie musste sich fragen, wie sich ihre Schwester nach dieser Verhandlung fühlte, doch sie schüttelte diesen Gedanken ab. Stattdessen folgte sie ihr in die hohen Gänge, wo Lerinn plötzlich stehen blieb. »Was ist?«, fragte sie und runzelte ihre Stirn.   Lerinn drehte sich zu ihr um und sah sie warm an. »Du hast dich sehr verändert, Elyaana.«, sprach sie und lächelte sanft. Elyaana runzelte noch mehr ihre Stirn. Nach einer solchen Besprechung war es ihrer Meinung nach nicht die Zeit, noch der richtige Ort inmitten der großen Hallen für einen geschwisterlichen Plausch. »Nun, es ist ja auch schon lange her.«, murmelte sie.   Ihre ältere Schwester nickte, wobei ihre langen Haare wieder wippten. »Ja, zu lange. Wir sollten uns in der Schenke unterhalten.« Elyaana seufzte innerlich, doch sie stimmte nickend zu. »Gut, aber wir gehen in die Bar in der Gasse. Die haben den guten Immersangtropfen. Und ich meine den wirklich guten.«   Lerinn nickte fast schon begeistert, während Elyaana an ihr vorbei ging. Sie spürte wie ihre Schwester ihr folgte. Es war irgendwie lästig, doch auch eine merkwürdig, angenehme Überraschung, dass sie so stimmig mit sich selbst über diese Begegnung war.   Als die beiden ungleichen Schwestern durch den Park vor dem Sonnenzornturm gingen, brach Lerinn das Schweigen: »Hast du etwas von unserer jüngsten gehört?«   Elyaana lachte humorlos und schüttelte ihren Kopf. »Wie denn? Blutritter haben nichts mit Waldläufern zu schaffen.«, raunte sie und sah weiterhin zu Boden. Sie hatte ihre beiden Schwestern wirklich nicht vermisst. In ihrer Laufbahn, sah sie diese eher als Klotz am Bein und diese Beziehung hatte sich im Laufe der Jahre nie verändert. »Das ist sehr schade.«, sprach Lerinn sanft. »Ich hätte sie auch gerne wieder gesehen.«   Die Blutritterin seufzte theatralisch und sprach süffisant. »Ja, es wäre schön gewesen, aber wir haben zu verschiedene Wege eingeschlagen. Du bist eine Magisterin, ich eine Blutritterin und Zyraphen eine Waldläuferin. Sei ehrlich, Lerinn. Es ist kaum vorstellbar, dass wir drei miteinander Verwandt sind.«   Lerinn lächelte sanft und nickte langsam, während die abendlichen Sonnenstrahlen über Silbermond verschwanden und der Schleier der Nacht über die Straßen Silbermonds ausgebreitet wurden.     *****     »Wacht auf!«, zischte jemand leise zu ihr während sie blinzelnd ihre Augen aufschlug und versuchte etwas in der Dunkelheit zu erkennen. Hatte diese Ruhe, dieser Frieden nicht etwas länger anhalten können? Struana hatte das Gefühl, dass kaum Zeit vergangen war als sie sich hingelegt hatte. Sie gab ein müdes grummeln von sich. Ihre Muskeln fühlten sich schwer an, vermutlich immer noch vom Training. Zusätzlich kamen die fast tauben Stellen an ihren Klauen und im Maul hinzu. Konnte Kil'ruk sie nicht wenigstens noch etwas länger schlafen lassen, wenn sie ohnehin kaum gebraucht wurde? Schließlich war sie - zu ihrem eigenen Leidwesen - die Erweckerin und hatte im Grunde genommen ziemlich wenig zu tun. Doch wenn der Windschnitter ihr mehr Informationen geben würde - wollte er ihr etwa genau jetzt Informationen geben? Aber es war mitten in der Nacht und-   Ein tritt in ihren Rücken rüttelte sie schließlich wach und sie richtete sich mit gefletschten Zähnen auf. Kil'ruk brauchte nicht glauben, dass er mit ihr umspringen konnte wie er es wollte. Sie sah über die Schulter und sofort schwand ihr Ausdruck. »Kor'ik?«, fragte sie ungläubig und blinzelte durch die Dunkelheit den kleinen Mantiden an. Die goldenen Nebel vor ihren Augen leuchteten förmlich durch die Schwärze der Nacht, während die bernsteinfarbenen Augen dahinter den Ingenieur anstarrten. »Was-«   »Ein Auftrag.«, unterbrach sie der kleine Mantis mit gedämpfter Stimme, ehe sie ihre Frage geformt hatte. »Ein stillgelegter Signalgeber muss aktiviert werden, damit die Klaxxi ihre Reichweite ausbauen können.«   Struana konnte ihm nicht so recht folgen. Ihr Kopf fühlte sich durcheinander an und sie konnte ihre Gedanken nicht wirklich ordnen. »Es ist mitten in der Nacht Kor'ik. Was wollt Ihr von mir?« Sie gähnte, wobei sie ihre Maul weit aufriss und sich hinsetzte. Ihr Blick fiel auf ihre Krallen und erst jetzt bemerkte sie auch den Fremdkörper in ihrem Maul. Zikk hatte nicht untertrieben als er sagte, dass sie erst einmal ausprobieren müssten welches Material am geeignetsten wäre. Natürlich war das nicht ganz schmerzfrei verlaufen - ebenfalls wie angekündigt - und hatte der Worgen auch einiges an Fell und Geduld gekostet. Ihre Klauen waren nun mit Kyparit verstärkt. Wie eine zweite Schicht lag sie über ihren Klauen, wie auch an ihren Reißzähnen und das Beste - und auch beruhigende - war, dass sie sich problemlos damit in einen Menschen wandeln konnte. Getestet hatte sie die neuen Instrumente noch nicht, auch wenn sie es vorgehabt hatte. Aber der Bernschmied hatte sie davor gewarnt, dass dann das Material beschädigt werden könnte, da es so kurz davor noch flüssig gewesen war. Es musste erst erhärten. Ansonsten dürfte sie die Prozedur noch einmal über sich ergehen lassen.   »Seid Ihr schwer von Begriff, oder taub? Das sagte ich doch bereits.«, schnaubte der kleine Mantis vor ihr, doch Struana entwich nur ein weiteres Gähnen. Er sprach mit gedämpfter Stimme, sodass sie sich ansträngen musste ihn zu verstehen. »Die Reichweite der Klaxxi muss ausgebaut werden. Der Signalgeber muss für sie singen.«   »Warum wurde er überhaupt stillgelegt?«, fragte die Worgen und stand auf um die Steifheit aus ihren Gliedern zu schütteln. Dabei fegte sie ein Blatt von ihrer Schulter, welches von ihrem Nestmaterial stammte.   »Die Kaiserin.«, krächzte Kor'ik leise, während seine runden Augen sie anstierten. »Diese Aufgabe dürfte wohl nicht allzu schwer für Euch sein. Schließlich habt Ihr das schon einmal gemacht.«   »Ja, ja. Was auch immer.«, murrte Struana unwirsch als Kor'ik ungeduldig mit den Fühlern zuckte. Er streckte seine klauenartige Hand aus und hielt ihr den Resonanzkristall entgegen. Die Worgen sah den Mantis fragend an. »Ihr kommt nicht mit?«   »Doch. Ich werde vorausfliegen.«, flüsterte er krächzend.   »Warum nehmt Ihr den Kristall dann nicht? Schließlich seid Ihr der Ingenieur.«   »Ihr dient den Klaxxi, also dient Ihr auch mir.«   Struana seufzte aus ihren Nüstern heraus. »Dieser Spruch wird nie alt, wie?«, fragte sie gereizt und nahm den Resonanzkristall aus den kleinen Klauen des Mantiden. »Nun gut. Wo ist dieser Signalgeber?«   »Weit im Süden, fast am Meer.«, antwortete Korik und begann mit den Flügeln zu schlagen. Er hob langsam ab, nicht wie der Windschnitter es für gewöhnlich tat. Kil'ruk war schnell - er konnte ja immerhin sogar sie auf seinem Rücken tragen. Die summenden Geräusche passten zu dem kleinen Mantiden, während er langsam durch die Luft glitt.   »Kommen Kil'ruk oder Malik nicht mit?«, fragte sie erstaunt als Kor'ik ihr nachsah und sie ungeduldig anstarrte. Er blinzelte ungleichmäßig mit seinen grünen Käferaugen und zischte leise. »Die Getreuen sind nicht in Klaxxi'Vess. Ihr werdet auf sie verzichten.«   Struana stellte ihre Ohren auf und sah den Mantis, der vor ihr in der Luft schwebte an. Merkwürdig, für gewöhnlich war es ihr doch verboten Klaxxi'Vess überhaupt zu verlassen. Dass sie nun mit Kor'ik gehen durfte war wohl eine neue Regelung von der sie nichts mitbekommen hatte. Soviel zu den Informationen. Struana hob ihre Lefzen und sprang über die Wurzel des Kyparis. Ihr konnte es nur Recht sein, es war eine wunderbare - und willkommene - Abwechslung nicht mit Kil'ruk unterwegs sein zu müssen.   Die Worgen behielt den Mantis im Auge und folgte ihm auf allen Vieren, während er durch die Luft glitt. Sie folgte dem Pfad südlich von Klaxxi'Vess und musste die steilen Hänge entlanglaufen, ehe sie die unfruchtbare Narbe passieren konnte, die sich durch die Landschaft zog.   Seit der Totenzeremonie hatte sie kein Wort mehr mit dem Windschnitter gesprochen. Sie biss sich in die Innenseite ihrer Wange, als sie über den Sha verpesteten Boden trat. Der Todesrufer war ein Getreuer gewesen, dem nicht mehr zu helfen gewesen war. Auch wenn sie alles versucht hatte, es hätte nicht gereicht. Seine Verderbnis war zu weit fortgeschritten gewesen. Dieser Fehler - dass sie zu spät zu einer Erweckung kommen würde - und machtlos war, würde ihr nicht noch einmal passieren.   Auch wenn sie es sich selbst nie eingestanden hätte, hatte Kil'ruk erkannt, dass es sie mitnahm, dass der Todesrufer einen so sinnlosen Tod hatte sterben müssen. Durch die Hand seiner eigenen musste er in die Knie gezwungen werden, da er wegen dem Sha völlig durchgedreht war. Dieses Ungeheuer - Struana stellte sich das Rückenfell auf als sie den Hang auf der anderen Seite hochkletterte und weiterlief - würde die Mantis unter seine Kontrolle bringen, wenn sie nicht ihre Rolle als Erweckerin beibehalten würde. Und danach? Danach stünde nicht nur der Schlangenrücken einer Belagerung entgegen.   Es wäre ein einfaches gewesen jetzt einfach davonzulaufen. Kil'ruk war nicht in der Nähe und Kor'ik entfernte sich immer weiter von ihr, obwohl sie versuchte mit ihm Schritt zu halten. Die Stimmgabel könnte sie unterwegs irgendwo loswerden und den Resonanzkristall ebenso. Doch nein, die Worgen wollte nicht klein bei geben. Auch wenn sie es hasste von den Klaxxi und Kil'ruk herum geschubst zu werden als wäre sie selbst die Stimmgabel und nichts weiter, hatte sie nicht vor den Mantis den Rücken zu kehren.   Sie wusste um die Opfer auf dem Schlangenrücken und dass dieser immer wiederkehrende Zyklus und der Angriff irgendwann wieder eintreten würde. Doch irgendetwas sagte ihr, dass sie das richtige tat, wenn sie den Mantis jetzt zur Seite stand. War es Instinkt oder der innere Wille der sie weiter vorantrieb, sie wollte den Mantis helfen um schlimmeres zu verhindern. Um zu verhindern, dass ein weiterer Getreue einen sinnlosen Tod sterben musste.   Struana verlor Kor'ik kurz aus den Augen als er um einen großen, gewundenen Kypari glitt und die Worgen beeilte sich ihm nachzukommen. Sie hastete über die Hügel, die spärlich mit Gras bewachsen waren, ehe sie eine steinerne Treppe hinab lief. Sie verschwendete keinen Gedanken daran, warum hier eine Treppe war, denn sie führten direkt zur Südseite der Schreckensöde.   Struana roch bereits den Morgen, während sie an den Klippen, welche zum Meer geneigt waren hinab lief. Die Dämmerung brach langsam an, doch die Dunkelheit wich nicht - was hatte sie auch anderes erwartet? Schließlich war dies hier die Schreckensöde. Sie seufzte. Wie lange war sie jetzt schon unterwegs? Eine Stunde? Zwei?   Struana fühlte sich - trotz des langen Laufes - noch relativ fit, während sie den kleinen Mantiden betrachtete, der viel zu weit entfernt von ihr landete und in den Rand der Klippen verschwand. Die Kriegerin folgte ihm und erkannte, dass sich dort wo der Ingenieur verschwunden war eine Höhle befand. Unweigerlich musste sie wieder an Kil'ruk denken. Vielleicht würde sie sich durch ihre Unterstützung, den Signalgeber wieder zu aktivieren keinen Namen machen, aber möglicherweise könnte sie den Klaxxi beweisen, dass sie nicht vor hatte zu fliehen.   Struana hielt vor der Höhle inne und schnüffelte. Es roch nach Erde und Dreck, was nicht ungewöhnlich war. Auch konnte sie den frischen Geruch von Kor'ik riechen und noch etwas anderes. Der Geruch war schal, also machte sie sich keine Gedanken darüber. Möglicherweise war hier jemand gewesen und hatte die Höhle als Unterschlupf gegen das Wetter genutzt.   Sie richtete sich auf und betrat die Höhle. Nach wenigen Schritten erkannte sie eine Treppe vor ihren Pfoten, die tiefer in das Erdinnere hineinführte. Matt leuchteten ein paar Saftfliegen von der Decke, die sich hier eingenistet hatten und erhellten ihren Weg. Struana stieg die Treppen hinab, sie konnte sogar bereits das Ende sehen. Der Raum musste durch irgendetwas beleuchtet werden, vielleicht war Kor'ik dafür verantwortlich. Sie wollte gerade die letzten Stufen hinter sich bringen als Lärm von dem Raum hinter dem Treppengang an ihre Ohren drang.   Ein gequälter, krächzender Schrei hallte zu ihr und ein dumpfer Aufschlag von einer Masse. »Wo ist er?«, brüllte eine hohe, rasselnde Stimme.   Die Worgen legte ihre Ohren zurück und schlich die letzten Stufen leise hinunter. Sie drückte sich an die kalte, erdige Wand und spähte durch die Öffnung in den nächsten Raum.   Ein riesiger Tropfen gehärtetes Amber wurde von den Wurzeln eines Kyparits an der Decke gehalten, während auf dem Boden direkt über diesem der Signalgeber stand. Kor'ik lag auf dem Boden und versuchte sich aufzurichten, während ein größerer, roter Mantis zu ihm stampfte. Er trug keine Waffen - soweit Struana erkennen konnte - hatte allerdings kunstvoll geschmiedete Schulterplatten aus gehärtetem Chitin. Der Ingenieur versagte bei dem Versuch sich davonzustehlen als der große Mantid mit einem Bein und seinem Gewicht ihn gegen den Boden drückte.   Ein weiterer, gequälter Laut von Kor'ik, während sich der Mantis vorbeugte. Kurz konnte Struana nicht verstehen was gesprochen wurde, doch dann wurde die Stimme des Roten wieder lauter. »Ausreden! Dann gebt mir den Resonanzkristall, Ihr mickriger kleiner Rindenfresser!« Er hob sein Bein um sich ein weiteres Mal mit seinem Gewicht gegen Kor'ik zu stemmen.   Die Kriegerin hob ihre Lefzen und schlich sich leise in den Raum. Gebeugt bewegte sie sich vorwärts, während der Mantid noch immer damit beschäftigt war Kor'ik auf dem Boden festzunageln. »Ihr habt versagt, ein Schandfleck, ein-«   Mit einem wütenden aufheulen sprang Struana direkt auf den Rücken des Mantiden und biss mit ihren Zähnen in seinen Nacken. Mit steigender Zufriedenheit stellte sie fest, dass die Verstärkungen sehr nützlich waren, während sie mit ihren Krallen durch den Chitin des Angreifers grub. Der Mantid wirbelte herum und versuchte die Kriegerin zu packen, während sie sich auf seinem Rücken festkrallte und mit ihren Klauen über alles riss, was sie ertasten konnte. Gequält schrie er auf als sich Struana weiter an seinem Rücken hochkämpfte und ihre Zähne in die Seite seines Halses bohrte. Der Mantid drehte sich wild und holte mit seiner klauenartigen Hand aus um über ihren Kopf zu kratzen. Sie spürte wie sich seine Krallen durch ihre Haut fraßen, doch sie ließ nicht nach. Mit wilder Wut biss sie ein weiteres Mal zu und zog kräftig mit ihrem Kiefer. Blut floss aus dem Hals des roten Mantiden, als Struana von seinem Rücken sprang, nicht ohne ihm mit den Klauen noch einmal über den Rücken zu kratzen und seinen Panzer aufzureißen.   Der rote Mantid starrte sie an, doch er röchelte bereits und hielt sich die offene Wunde an seinem Hals, während der rote Lebenssaft auf dem Boden verteilt wurde. »So-... war es nicht-«, versuchte er zu keuchen doch Struana sprang ein weiteres Mal hoch um den Mantiden mit ihrem Gewicht und Schwung umzuwerfen. Sie erwischte ihn an seinen Schultern, als er mit dem Rücken auf dem Boden aufschlug. »Es ist noch nicht vorbei...«, zischte er verächtlich. Die Worgen bäumte sich noch einmal auf um mit ihrem Gewicht gegen den Brustkorb der Mantis zu zielen. Ihre Klauen gruben sich in den Panzer als dieser mit einem Knacken brach und der Rote noch mehr Blut verlor.   Er röchelte, doch das Leben verließ seine Augen mit einem letzten Atemzug. Struana richtete sich auf und eilte zu Kor'ik der sich inzwischen aufgerappelt hatte.   Stöhnend hielt er sich seinen Arm, aus dem der Mantis Blut verlor. »Ist es vorbei?«, fragte er krächzend und sah zu dem Leib des roten Mantiden der sich nicht mehr bewegte.   »Er ist tot.«, erwiderte Struana. »Und wenn nicht wird er es bald sein.« Sie blickte auf ihre Klauen hinab an denen noch das Blut des Mantiden haftete. Sie hätte nicht geglaubt dass die Verstärkungen so viel bringen würden, doch es war gut, dass sie sich der Prozedur unterzogen hatte. Die Kriegerin war ohne ihre Waffe losgezogen. Jetzt könnte sie sich dafür selbst eine Ohrfeige verpassen, so naiv gewesen zu sein. Diese Verstärkungen hatten sich bereits nach kurzer Zeit als eine gute Errungenschaft erwiesen.   Der Ingenieur nickte matt. »Es ist gut, dass Ihr so schnell gekommen seid. Vielleicht seid Ihr ja doch nicht so nutzlos wie ich gedacht habe...-«   »Ich habe Euch gerade Euer lächerliches Leben gerettet. Etwas mehr Begeisterung würde nicht schaden.«, murrte die Worgen und verengte ihre Augen.   »Verstehe.«, krächzte Kor'ik. »Wie ist es mit 'Ihr habt Euch als nützlicher herausgestellt als ich angenommen hatte'?«   »Das klingt nicht unbedingt besser.«, seufzte Struana, doch Kor'ik hatte bereits seine Schultern gestrafft und sich dem Signalgeber in der Mitte zugewandt. »Gebt mir den Resonanzkristall.«   Die Worgen verdrehte die Augen, doch griff ohne weiter zu murren in ihre Gürteltasche um ihm den Kristall zu geben. Er nahm ihn entgegen und untersuchte den Signalgeber. »Was hat der Mantis hier überhaupt gemacht?«, fragte sie und zuckte mit ihren Ohren. Sie hätte ihn doch riechen müssen?   Kor'ik zischte kurz ehe er den Resonanzkristall in eine Einkerbung einsetzte. »Der dreckige Diener der Kaiserin muss mir wohl aufgelauert sein. Vielleicht hat er mich bereits gesehen als ich geflogen bin.«   Der Signalgeber glühte kurz auf und tauchte den Raum kurz in ein helleres, orangefarbenes Licht, ehe es wieder erstarb. Die Worgen blinzelte als sie die angenehmen Schwingungen, die von ihm ausgingen praktisch spüren konnte. Eine Stimme bohrte sich wieder in ihre Gedanken, als die Schwingungen sie trafen. 'Dieser Signalgeber singt nun für die Klaxxi.'   Struana blinzelte als die Stimme wieder verhallte und blickte erstaunt auf Kor'ik. Es war exakt die selbe Stimme die sie damals auch bei den Gelegen der Kaiserin gehört hatte.   »Kor'ik?«, fragte sie leise um den Mantiden auf sich aufmerksam zu machen. Der Ingenieur warf der Worgen einen genervten Blick über die Schulter zu. »Was ist denn?«   »Das wart Ihr vor wenigen Tagen, oder?«, fragte sie und ging einen Schritt auf ihn zu.   »Was?« Kor'ik sah sie zutiefst irritiert an. »Was meint Ihr?«   Er war es definitiv gewesen. Daran bestand kein Zweifel. 'Der Kristall singt nun für die Klaxxi. Ein Getreuer hält sich in den kaiserlichen Gelegen auf.' Struana würde diese merkwürdige Stimme in ihrem Kopf nicht vergessen. Und jetzt da sie sie ein weiteres Mal gehört hatte, war sie sich sicher. »Ihr habt auch schon durch den ersten Signalgeber zu mir gesprochen. Ihr sagtet mir, dass sich ein Getreue in den kaiserlichen Gelegen aufhalten würde. So sind Kil'ruk und ich überhaupt erst auf Malik gestoßen.«   Kor'ik blinzelte Struana ungleichmäßig an. »Ach ja? Nun-«   »Das war wirklich sehr hilfreich. Doch wie habt Ihr es geschafft, dass gerade ich Euch hören konnte? Und woher habt Ihr von Malik gewusst?«   Der Ingenieur zuckte mit seinen Fühlern. »Die Klaxxi hatten es gewusst. Ihr konntet mich tatsächlich hören?« Struana nickte und der kleine Mantis blinzelte erneut. »Vielleicht liegt es daran, dass Ihr so nahe am Signalgeber standet, wie jetzt auch. Die ersten Schwingungen sind die stärksten.«   »Nun, es hat den Klaxxi auf jeden Fall sehr geholfen.«, sprach Struana lächelnd und entblößte dabei ihre Reißzähne die mit Kyparit beschichtet waren.   Kor'ik drehte ihr wieder den Rücken zu und hob seine klauenartigen Hände um etwas an dem Signalgeber zu machen. »Ich brauche einen Moment.«, murmelte er beschäftigt, während sich bernsteinfarbene Energien um seine Hände bildeten, ähnlich die, welche die Klaxxi'va in den großen Signalgeber in der Mitte der Plattform pumpten.   Struana nickte nur und sah dem Mantiden dabei zu. Sie konnte es kaum erwarten diesen Ort zu verlassen. Sie stellte sich Kil'ruks Gesicht vor wenn er hörte, dass sie einmal mehr den Klaxxi - auch wenn es nur Kor'ik war - geholfen hatte. Die Worgen runzelte ihre Stirn als sie an den Windschnitter dachte. Der Getreue war damals nicht sehr viel weiter weg gestanden als sie jetzt auch. Warum hatte er das Signal nicht gehört? Stand er etwa doch zu weit weg und sie konnte sich nicht mehr genau erinnern?   »Die Klaxxi'va haben zu mir gesprochen.«, krächzte Kor'ik und riss sie aus ihren Gedanken. »Sind sie zufrieden mit dem neuen Signalgeber?«, fragte sie und hob eine Augenbraue.   Zu ihrer Verwunderung gab der kleine Mantis ein rasselndes Seufzen von sich. »Es hat viele Jahr gedauert, bis sie mich überhaupt zur Kenntnis genommen haben. Und jetzt reden sie sogar durch mich.«, murmelte er leise und schüttelte seinen Kopf. Die Worgen sah ihn verwundert an, doch er ignorierte ihren Blick. »Die Klaxxi hören einen Getreuen. Seine Schreie sind schwach und verlieren sich in der Dunkelheit. Er hält sich im Salzigen Schlick verborgen doch inzwischen hat seine Tarnung versagt.«   Struana zuckte unwohl mit ihren Ohren. »Was bedeutet das?«   Kor'ik rasselte geräuschvoll beim einatmen. »Das bedeutet, dass die Echsenmänner ihn umstellt haben.« Die Worgen verengte ihre Augen. Saurok? Natürlich würde sie hier in der Schreckensöde auch auf Saurok stoßen. Auf ihrer Reise mit Sevias war sie nur einmal auf diese Kreaturen gestoßen, doch sie haben sie umgangen um nicht mit ihnen konfrontiert zu werden. »Ihr müsst-«   »Benachrichtigt Kil'ruk.«, schnitt sie ihm das Wort ab. Er musste nicht extra erwähnen, dass sie sich beeilen musste um ihn zu erwecken. Zuerst das Problem mit den verdorbenen Gefäßen der Kaiserin und jetzt auch noch Saurok. Welchen Grund könnten sie haben es auf die Getreuen abzusehen? »Der Windschnitter soll herkommen. Ich werde vorausgehen um sicherzustellen, dass dem Getreuen nichts geschieht.«   Kor'ik nickte. »Ich werde den Windschnitter durch den Signalgeber erreichen.«, krächzte er.   »Das hoffe ich.«, murrte Struana während sie sich umdrehte und hastig zu den Stufen eilte. Sie hoffte dass der Windschnitter inzwischen wieder in Klaxxi'Vess war und wenn nicht, dass Kor'ik ihn trotzdem irgendwie benachrichtigen konnte.   Was hatten die Saurok mit einem Getreuen vor? Und was noch wichtiger war, konnten sie den Getreuen in seinem Bernschlummer etwas anhaben? Sie wusste zu wenig über die Saurok um diese Fragen zu beantworten die in ihrem Kopf herumschwirrten. Doch was sie sicher wusste war, dass sie nicht zulassen würde, dass sie auch diesen Getreuen verlieren. Die Worgen erreichte das Ende der Stufen und rannte die Höhle hinaus in das offene Gelände, während ihre Umgebung langsam heller wurde.     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)