Das Herz der Mantis von Skampi835 ================================================================================ Kapitel 6: 05 - Vorbereitungen ------------------------------   Die Sonne neigte sich bereits hinter den weißen Berggipfeln des Kun-Lai, als Ryfang seinen Kopf über die karge Steppe des Flachlandes hob. Seine Ohren zuckten erfreut, denn endlich konnte er den Tempel des Weißen Tigers erkennen, der auf einem Berg erbaut war. Er, Emiress und Fogon hatten den ganzen Weg zu Fuß hinter sich gebracht, weil der eigensinnige Druide nicht auf einem der pandarischen Flughilfsmittel fliegen wollte. Sie hatten sich an der alten Ruine der Mogu, Mogujia vorbeigeschlichen und konnten so Konfrontationen mit Räubern der Relikte vermeiden. Am Yaungonvorstoß und dem Streitlager von Ruquin konnten sie sich unentdeckt vorbeistehlen und auch, wenn Fogon einen großen Teil dazu beigetragen hatte, konnte Ryfang ihn nicht besonders gut leiden. Vielleicht lag es daran, dass er den Druiden bisher ausschließlich in seiner Raubtiergestalt angetroffen hatte und weder sprach, noch anderweitig kommunizierte. Er konnte mit ihm einfach nicht sehr viel anfangen. Auch wenn Ryfang in einigen Dingen sehr geduldig war, war dies doch zu viel für den jungen Worgen.   Die langen Locken der schwarzhaarigen Frau wurden von einer kalten Briese aufgewirbelt, als Emiress zu dem graumähnigen, jungen Worgen aufholte. Sie zog sich ihren schweren Umhang fester um ihre Schultern, während ihr wachsamer Blick zu dem Tempel hinaufschweifte. Neben ihr schälte sich der geschmeidige Leib der muskulösen Raubkatze aus den Steppengräsern und verweilte neben ihr. Die Fangzähne des Druiden funkelten im schwächer werdenden Sonnenlicht, doch auch er reckte seinen Hals, um nachdenklich zum Tempel aufzublicken.   Ryfang wusste genau, was die beiden dachten - oder zumindest, was sie erwartet hatten. Einen Befall des Shas, oder zumindest einen kleinen Schrecken, den sie heldenhaft vertreiben konnten. Doch der Tempel des Weißen Tigers lag immer noch so ruhig da, wie an dem Tag, als der Krieger ihn das letzte Mal verlassen hatte. »Wir sollten weiter.«, sprach Emiress und deutete auf einen kleinen Stützpunkt unterhalb des Tempels. »Dort sind einige Grummel. Vielleicht haben sie etwas von einer größeren Ansammlung des Shas mitbekommen.«   Ryfang schmunzelte, was man unter dem massiven Plattenschutz oberhalb seines Halses nicht erkennen konnte. Bei jedem Schritt klapperte seine rostrote und schwarze Plattenrüstung, als er der kleinen Priesterin folgte. Ihre zart lilafarbene Robe flatterte unter dem schweren Umhang, während sie über die hügelige Steppe zu dem eingetrampelten Pfad hinunterstieg, der sich durch das Kun-Lai Gebirge schlängelte. Die schlanke Raubkatzengestalt von Fogon folgte ihr. Das weiße Fell des Druiden schimmerte matt, während sich die letzten Sonnenstrahlen über seinem Pelz ergossen.   Die Gedanken des Kriegers kreisten merkwürdig dumpf um seinen Kopf, als er ihnen folgte. Auf der Reise hierher, hatte er keine auffälligen Veränderungen des Shas bemerken können. Die Dörfer, die sie sahen, waren bereits davor schon von dem Sha des Zorns befallen gewesen und auch die Yaungol, das große, taurenartige Volk, war nicht von den Einflüssen verschont geblieben. Doch auch dies war schon seit mehr als drei Monaten bekannt. Das Sha des Zorns hatte sich zu einer alptraumhaften Monstrosität verformt, als die Völker von Azeroth Pandaria betreten hatten, ebenso wie die anderen Manifestationen. Doch die Shado-Pan hatten sich dem Problem des Zornes angenommen, unterstützten die Dörfer und vertrieben das Sha immer mehr aus dem Kun-Lai Gebirge. Sie würden keine Probleme haben, auch noch die letzten Reste und Schergen zu vertreiben.   Als die ungleiche Gruppe den Stützpunkt am Fuß des Tempels erreichte, stellte Ryfang fest, dass sich an diesem bizarren Basar ebenfalls seit seinem letzten Besuch nichts verändert hatte. Auf dem Grummelbasar liefen die kleinwüchsigen, haarigen Wesen mit kleinen Knopfaugen und viel zu schwerem Gepäck herum und versuchten ihre Waren an die Völker Azeroths zu verkaufen. Besonders bei der weiblichen Bevölkerung schienen die merkwürdigen Glücksbringer des sonderbaren Wandervolkes sehr beliebt zu sein. Mehrere, langhaarige Yaks standen in einem eingezäunten Bereich und kauten - vermutlich schon seit Stunden - auf irgendetwas essbarem herum.   Plötzlich ging Emiress mit sanften Schritten voraus, als würde sie jemand lenken. Sie sah sich aufmerksam um und fing Ryfangs fragenden Blick auf. Doch sie erwiderte ihn nur knapp und lächelte sanft, ehe sie am Rande eines großen Hauses entlangging, das der Form eines Bierfasses sehr ähnlich war. Sie hielt an einem kleinen Zelt inne, an dessen Spitze eine magere Fahne wehte und beugte sich zu dem haarigen Grummel herab, der auf einer Trage lag. Es sah aus als würde er schlafen, doch die Priesterin legte behutsam eine ihrer Hände auf seine Stirn. Lautlos bewegten sich ihre Lippen und tauchte ihre Hand in goldenes Licht, welches auf den Grummel überging.   Der Grummel - ein besonders behaarter - schniefte laut und blinzelte die Frau unter seiner pelzigen Mütze an. Er richtete sich nach ein paar Herzschlägen auf, nachdem sich das Licht gelegt hatte und blinzelte sie mit seinen Knopfaugen verwundert an. Emiress legte ihren Kopf sanft zur Seite und lächelte ihn herzlich an. »Geht es Euch nun besser?«, fragte sie, während sich Ryfang und Fogon ihnen näherten.   »Ja, Schleifstein geht es nun viel besser.«, sprach der Grummel in einer euphorischen und hohen Stimme. »Ich weiß zwar nicht, woher Ihr wusstet, dass ich Fieber habe, aber es geht mir wieder besser. Und deswegen dankt Schleifstein der großen, rosa Frau. Möchtet Ihr einen Glücksbringer haben?«   Ryfang rollte mit seinen giftgrünen Augen, während Emiress mit einem sanften Lächeln den zusammengebauten Glücksbringer - ein dünnes Kettchen an dem geschnitzte Holzfiguren baumelten - entgegennahm um ihn in ihrer Tasche zu verstauen. »Ich werde ihn in Ehren wahren, Herr Schleifstein.«, lächelte sie und suchte mit ihren Augen wieder die des Grummels. »Sagt, hat es hier in den letzten Tagen vermehrte Aktivitäten des Shas gegeben?«   Schleifstein richtete sich auf und zog den riesigen Rucksack unter sich heraus. Ryfang war verwundert, denn er hatte diesen Rucksack für eine Trage gehalten. Der Grummel schulterte das Gepäcksstück, das doppelt so groß war wie er selbst und schniefte laut, während er Emiress mit seinen schwarzen Knopfaugen noch immer ehrfürchtig anblinzelte. »Schleifstein hat nichts gesehen. Die Shado-Pan laufen oft hier herum, kaufen aber nichts, weil wir ihnen die Waren direkt zum Kloster bringen.«, antwortete er und kratzte sich an seinem beharrten Gesicht. »Das Sha des Zorns ist immer noch groß und ich meine richtig groß. Nicht einfach nur groß. Aber es streift nur durch die Ho-zen Region zwischen den Gebirgen herum. Wir Grummel gehen über den Kun-Lai. Ist zwar anstrengender, aber dafür müssen wir nicht kämpfen. Mit was auch kämpfen? Mit Pfannen?«   Der Grummel lachte leise über seinen eigenen Scherz. »Ihr sprecht weise, kleiner Freund.«, sprach Emiress sanft. »Für was kämpfen?« Sie nickte ihm knapp zu. »Wann werdet Ihr zum Shado-Pan Kloster aufbrechen um eine neue Lieferung abzuliefern?«, fragte sie und neigte ihren Kopf leicht zur anderen Seite.   Schleifstein grinste breit und mit sehr vielen Zahnlücken: »Wir wollten schon unsere Reise verschieben, weil ich krank wurde. Doch dank Euch, kann ich nun doch reisen, große, rosa Frau. Wir werden noch heute Nacht aufbrechen, wenn die Ho-zen schlafen.«   »Ich verstehe. Dann wünsche ich Euch sichere Pfade. Vielleicht sehen wir uns wieder, Schleifstein.«, sprach Emiress und erhob sich wieder zu ihrer vollen Größe. Der vollbepackte Rucksack, an dessen Seite zwei Pfannen gegeneinander schlugen, neigte sich, während sich der Grummel verbeugte. Dann wackelte der schwere Rucksack an ihr vorbei, um zu einer kleinen Gruppe weiterer Grummel zu kommen, die ebenfalls mit riesigen Rucksäcken bepackt um ein mageres Lagerfeuer standen.   Der junge Worgen sah dem behaarten Wesen nach, das nun nur noch als ein riesiger Rucksack mit kleinen Füßen erkennbar war und scheppernde Geräusche von Pfannen - oder anderem Plunder - bei jedem Schritt verursachte. Er ging zu Emiress' Seite und sprach gedämpft zu ihr herab: »Es wäre nützlich gewesen mit ihnen zusammen reisen zu können, aber wir müssen uns zunächst am Tempel umsehen.«   »Ich weiß, Ryfang. Aber es ist dennoch gut zu wissen, welche Route sie nehmen. Wenn es nicht schneit, können wir ihnen Spuren durch das Gebirge folgen.« Die Priesterin sah ihn mit ihren dunkelblauen Augen an und lächelte gutherzig. »Außerdem scheint es wirklich keine Veränderung des Sha-Befalls in der Umgebung zu geben. Ich denke, dass es im Tempel nicht anders sein wird, dennoch sollten wir uns jetzt dort umsehen gehen.«   Ryfang grinste vielzahnig, während sich sein nachdenklicher Blick wieder auf den Tempel des Weißen Tigers legte. Die majestätischen, weißen Marmorfiguren, welche fauchende Tiger darstellten, waren am Fußende des Pfades platziert und flankierten den Weg, der den Berg hinaufführte. Unter seinem Fell prickelte es vor Anspannung, doch nicht vor Aufregung, sondern vor Freude und Gelassenheit. Er konnte mit sich zufrieden sein, denn immerhin hatte er die Prüfung der Stärke bereits in der Vergangenheit abgelegt. Seitdem fühlte er sich seltsam befreit und immer, wenn er nur an den Tempel des Weißen Tigers dachte, kam das Gefühl erneut.   Der Blick des Kriegers wanderte in die Weiten des dunkler werdenden Himmels über sich. »Wir werden die Nacht über auf jeden Fall im Tempel bleiben. Xuen ist ein respektvoller Gastgeber.«, murmelte Ryfang und ging voraus den Hügel hinab, um wieder auf dem Pfad zum Tempel zu wandern.   Seine Schritte fühlten sich leichter an, während er den Weg hinaufstieg. Die Kirschbäume blühten sogar in dieser kalten Gegend und ein Hauch von rosafarbenen und weißen Blüten wehte um Ryfang, Emiress und Fogon herum, als der Wind kräftiger blies. Er brachte sogar Schnee mit, weswegen Fogon mit seinem Ohr schnippte um einige Schneeflocken und Blütenblätter abzuschütteln.   Die Nacht brach über die Reisenden, als sie den ersten Pavillon erreichten. Die Kohlebecken brannten und strahlten Wärme aus, während Ryfang die Gruppe weiter nach oben führte. Der junge Krieger nickte auf seinem Weg einigen der Tempelmönche zu, die sich ihrerseits respektabel vor ihm verbeugten. Je höher sie stiegen, desto kälter wurde die Luft um sie herum, obwohl der Tempel von seinem Fuß aus betrachtet nicht so hoch schien. Emiress hauchte plötzlich: »Beeindruckend.«, als sie auf ihren Weg zurückblickte. »Ich hätte nicht angenommen, dass wir bereits so hoch gestiegen sind.«   »Dann seht mal zu den Kun-Lai Gipfeln hinauf.«, schmunzelte Ryfang. Die Priesterin hob ihren Kopf und runzelte ihre Stirn, ehe sie ihn wieder fragend ansah. »Wir sind immer noch nicht hoch genug.«, lachte Ryfang fast und Emiress schenkte ihm einen feixenden Blick, als sie den nächsten Pavillon durchquerten. Weitere Tigertempelmönche sahen sie neugierig an, hielten sie aber nicht auf. Einige verbeugten sich, andere nahmen sie nicht wahr, da sie meditierten, oder zu sehr in leise Gespräche vertieft waren.   Der graumähnige Worgen erreichte die schwere Brücke, die von zwei massiven Eisenketten gehalten wurde. Fogon blieb zunächst stehen, während der Krieger geräuschvoll darüber schritt und starrte in die schwindelnde Tiefe unter sich. Ein breiter Fluss zog sich unter ihm durch die Felsspalte und er ging erst weiter, nachdem Emiress den Druiden sanft anstieß. Sie lächelte ihm zu, ehe sie der Raubkatze folgte, die nun auch mit gesträubtem Fell über die Brücke stakste.   Ryfang war wieder überwältigt von den großen Treppenstufen des Tempels. Zwei riesige, marmorisierte Steinfiguren von fauchenden Tigern standen je auf einer Seite des Eingangs. Fahnen aus edlem Stoff umrandeten die großen Tore, die geöffnet waren und wurden durch den aufsteigenden, beißend kalten Wind in eine Richtung gerissen. Im Herzen des jungen Worgen stieg das Gefühl von großem Respekt und Gelassenheit an, als er durch den Eingang trat und die inzwischen eisige Luft tief einsog.   Der Himmlische Erhabene Xuen, hob seinen Blick von seinem Besuch auf und blickte mit seinen tiefblauen Augen geradewegs zu Ryfang, als dieser mit seinen Kameraden die Schwelle des Eingangs überschritten hatte. Die Muskeln des Weißen Tigers spielten unter seinem schimmernden, spektralähnlichem Pelz. Sein Besuch, ein stattlicher Pandaren in der traditionellen Tracht der Shado-Pan drehte sich ebenfalls zu ihnen um. Seine goldenen Augen funkelten die Neuankömmlinge argwöhnisch an, ehe er sich wieder von ihnen abwandte. Er schien nicht begeistert von der Unterbrechung zu sein und Ryfang legte seine Ohren leicht an. Nun war es zu spät, als dass sie den Tempel wieder verlassen könnten, um später wieder zu kommen. Doch gerade diesen Pandaren hätte er am allerwenigsten verärgern wollen.   Taran Zhu kehrte ihnen wieder den Rücken zu, um die Aufmerksamkeit des Erhabenen erneut zu erhalten. »Das halbe Tal ist verwüstet und die Krasarangwildnis wird ausgebeutet! Diese Fremdlinge haben mehr zerstört als die Mogu und die Mantis zusammen!« Nach dem wütenden Ausbruch des Shado-Pan Meisters legten sich die Augen des Weißen Tigers wieder auf ihn.   »Wir haben nicht nur schlechtes gebracht.«, sprach - zu Ryfangs eigenem Erstaunen - Emiress. Die kleine Priesterin überquerte mit sanften, anmutigen Schritten den Tempel, bis sie vor Xuen und Taran Zhu stand. »Der Handel hier auf Pandaria wurde durch uns angekurbelt. Ich denke nicht, dass die Ackerbauern dies hinterfragen. Außerdem bieten wir unsere Hilfe an, wo es nur möglich ist.«   Taran Zhu schnaubte verächtlich: »Wir wurden Zeugen Eurer Hilfe im Jadewald. Ihr hinterlasst nur Elend!« Ryfang verengte seine Augen, als er an den Riss dachte, der noch heute das Schlangenherz im Jadewald heimsuchte. Doch die Entstehung der Essenz lag auch bereits einige Monate zurück und sie hatten den Tempel sogar aus den Fängen des Shas zurückerobern können. Sie waren es gewesen und nicht die edlen Shado-Pan.   »Großer Tiger, wenn wir die Fraktionen in der Krasarangwildnis weiter gewähren lassen, wird sich der Befall in der Schreckensöde weiter ausbreiten. Die Krasarangwildnis wird nur das erste Gebiet sein, welches einem Schlachtfeld aus Hass und Gewalt gleichen wird. Doch was ist mit der Tonlong-Steppe? Dem Tal der Vier Winde? Wir können nicht zulassen, dass sie unsere Heimat zerstören!« Taran Zhu warf Emiress einen abwertenden Blick seiner funkensprühenden Augen zu. »Ihr gehört nicht hierher!«   Emiress nickte dem Pandaren langsam zu: »Ihr habt Recht, Taran Zhu, das tun wir nicht.« Sie hob ihren Kopf zu dem Weißen Tiger, dessen riesige, astralkörperliche Gestalt sie um das dreifache überragte. Er betrachtete sie und den Meister der Shado-Pan mit einem ruhigen Blick. »Auch wenn die Schlachtschiffe der Allianz nachgerückt sind, haben viele, die hier vor ihnen einen Fuß auf Pandaria gesetzt haben neue Möglichkeiten gefunden. Neue Chancen ihr Leben zu gestalten. Sie haben eine neue Heimat und eine neue Bestimmung auf diesem Kontinenten gefunden.« Ihr Blick wanderte wieder zu Taran Zhu, welcher die Frau nach wie vor skeptisch anstarrte. »Und auch wir werden für diese neue Heimat kämpfen. Nicht um sie zu erobern, oder zu vernichten. Wir werden für diese Existenzen kämpfen, die ansonsten alles verlieren würden. Doch anstatt uns gegenseitig ein Bein stellen zu wollen, sollten wir nicht zusammenarbeiten um dieses Ziel zu verwirklichen, Taran Zhu?«   Ehe der Shado-Pan Meister etwas erwidern konnte, erhob sich die tiefe, nachhallende Stimme des Himmlischen Erhabenen. Seine dunkelblauen Augen funkelten Emiress amüsiert an. »Ihr beweist Stärke mit einer scharfen Zunge, Sterbliche. Ihr sprecht nicht die Unwahrheit.« Xuan hob seinen breiten, großen Kopf in die Höhe und starrte für einige Sekunden zur Decke des Tempels. »Genau wie damals, die selbe Diskussion, Taran Zhu. Erinnert Ihr Euch noch daran? Damals hat mich auch ein junger Mann überzeugen können die Tore zum Tal der Ewigen Blüten zu öffnen.« Der Weiße Tiger senkte seinen Kopf wieder und sah auf seine Besucher herab. »Die jungen Völker besitzen viele Formen der Stärke. Sie werden sie benötigen, um die Schattenseite Pandarias zu überwinden. Ich vertraue ihnen nach wie vor.«   Taran Zhu verengte seine Augen, als er dem Weißen Tiger trotzig entgegenstarrte. Er erzitterte kaum merklich und ballte seine Pfoten zu Fäusten. »Und ich sage erneut: Ihr begeht einen großen Fehler.«, zischte er und wandte sich ab. Im vorbeigehen warf er Ryfang einen wütenden Blick zu, doch er drehte sich nicht mehr um, als er den Tempel des Weißen Tigers verließ.   Emiress seufzte leise, als sie ihm leidig nachsah. »Es wäre einfacher, wenn wir zusammenarbeiten würden.«, murmelte sie leise. Xuen erhob sich auf seine mächtigen Tatzen und schlich um die Reisegruppe herum. »Er wird sich wieder beruhigen, Fremde von jenseits der Nebel.«, sprach er kühn, während er Ryfang betrachtete. »Aber Ihr solltet ihm Zeit geben, um über Euer Angebot nachzudenken.«   »Das Shado-Pan Kloster liegt auf der gegenüberliegenden Seite der Kun-Lai Gebirge.«, murmelte Ryfang und hielt dem Blick des Erhabenen stand. »In einigen Tagen ist die nächste Versammlung der Mondsucht. Erst dann wird man uns zurückerwarten.« Seine giftgrünen Augen legte sich auf Emiress, die langsam nickte. Ryfang musste unwillkürlich schmunzeln. Sie verstand ihn auch ohne, dass er sie vorher einweihen musste. »Mit Eurer Erlaubnis, Xuen, werden wir hier zwei Nächte rasten und uns dann auf dem Weg zu den Shado-Pan machen um noch einmal mit Taran Zhu in Ruhe zu reden.«   Xuens Augen funkelten belustigt. In seinen Augen lag ein wissender Blick. Fast so, als würde er ahnen, dass die Shado-Pan nicht der einzige Grund waren, weshalb sie ursprünglich hier her gekommen waren. Natürlich, sie hatten den Auftrag, den Tempel des Weißen Tigers nach Sha-Verderbnis zu untersuchen. Doch selbst wenn er dies ahnte, er schien sich nicht sonderlich daran zu stören, dass sich Sterbliche anmaßten zu glauben, ein Himmlischer Erhabener würde mit der Bekämpfung des Shas nicht fertig werden. Im Gegenteil, seine Haltung war entspannt und sein Blick sehr ruhig. »Die Erlaubnis sei Euch gewährt.«   »Habt Dank.«, sagte Emiress und verbeugte sich mit einem leichten Knicks. Xuen neigte ebenso seinen großen Kopf erhaben. Dann spannte er seine Muskeln an und sprang auf den Balkon hinter sich, ehe er dahinter aus der Sicht von Ryfang verschwand.   Emiress gesellte sich neben ihn, nachdem er und Fogon den Tempel verlassen hatten und auf den Pavillon zuschritten, in dem die Mönche des Tempels vor wenigen Augenblicken noch meditiert hatten. Der kalte Wind zerrte an Ryfangs Fell und wehte einige Schneeflocken über die Dächer der Pagoden, doch er spürte die Kälte nicht. »Ich hoffe, dass wir in zwei Tagen mehr Erfolg bei Taran Zhu haben werden.«, hauchte Emiress leise, während sie ihren Mantel etwas fester um ihren Körper zog.   Ryfang nickte matt, wobei seine Rüstung leise klapperte. »Das hoffe ich auch.«, murmelte er leise.     *****     »Diese Narren! Sie sind selbst an ihrem Schicksal schuld!«, keifte Shek'zeer wütend, nachdem sie eine große Vase aus gehärteten Kunchongflügeln und Amber gegen eine steinerne Wand ihres Thronsaals geworfen hatte. Das feine Gefäß zerschellte und krachte klimpernd zu Boden, wo es in vielen, kleinen Scherben liegen blieb. Mit verengten Augen starrte die Kaiserin des Reiches auf die Bruchstücke herab. »Diese Verräter! Sie stecken mit den Klaxxi im Bude! Sich einen Getreuen direkt unter der Nase stehlen zu lassen-... Inakzeptabel!«   Der Großwesir schluckte seinen eigenen Ärger über diese schlechte Nachricht, die ihm selbst vor wenigen Augenblicken überbracht wurde, herunter. Er kniete noch immer vor seiner Kaiserin, auch wenn sie gerade tobte und sogar mit Gegenständen um sich warf. Doch er rührte sich nicht und versuchte, ihren emotionalen Ausrutscher zu ignorieren. Schließlich lasteten alle Probleme des Reiches auf ihren Schultern und diese wurden zunehmend schwerer. Außerdem würde er niemanden von ihrem Wutausbruch erzählen. Dieses Vertrauen genoss er, ebenso wie viele andere Privilegien, als ihr nächster Berater. Zor'lok wagte es, seinen Blick zu seiner geliebten Kaiserin zu heben. Er erkannte, wie sich die Schatten tiefer durch ihren Körper fraßen und die Nebelschleier über ihren Leib huschten. Ihr Gesicht war wutverzerrt, während er noch etwas in ihren hellen Augen lesen konnte. Paranoide Angst.   »Die Mantis.«, begann Shek'zeer mit bebender Stimme und starrte nach wie vor wütend auf die Scherben der Vase, die auf dem Boden verstreut lagen. »Mein Volk benötigt nur eine Kaiserin, um jemanden zu haben, den sie hassen können! Ich wollte dieses Urteil nicht aussprechen. Doch sie-... Sie haben mich dazu gezwungen!«   Der Großwesir neigte seinen Kopf wieder herab und seine Fühler zuckten kaum merklich. Es war kaum eine Stunde her, als sie alle überlebenden Hüter der kaiserlichen Gelege hinrichten ließ. Ihre Leiber lagen inzwischen aufgespießt um die Gelege herum und die neuen Schwarmgeborenen labten sich bestimmt bereits an ihnen. Diese Narren hätten die Botschaft, dass sie einen Getreuen gefunden hatten, weitergeben müssen. Dann wäre es nicht dazu gekommen. Doch stattdessen hatten sie geschwiegen und den Getreuen versteckt gehalten. Warum hatten sie das getan? Oder hatten die Gelegehüter womöglich gar nicht erkannt, dass es sich um den Bernkokon eines Getreuen gehandelt hatte? Doch was auch immer sie dazu veranlasst hatte, er würde es nicht mehr herausfinden. Keiner könnte es, denn sie alle lebten nun nicht mehr. Der Windfürst selbst hatte die Befehle der Kaiserin ausgeführt und nach der langen Zeit, in der die beiden bereits der Kaiserin dienten, konnte der Großwesir einschätzen, wie barbarisch Mel'jarak bei der Ausführung ihres Befehls vorgegangen war.   »Meine Kaiserin.«, hob Zor'lok beschwichtigend seine Stimme an, als Shek'zeer ihren Blick auf ihn legte. »Euer Volk liebt und achtet Euch mit jedem Atemzug, den es tätigt. Euer Volk verehrt Euch.« Shek'zeer ließ ein verächtliches, langes Zischen von sich hören. Ihr Misstrauen in ihr eigenes Volk wuchs mit jedem Herzschlag weiter an. Zor'lok wusste genau, dass sie nur aus Angst diesen Befehl ausgesprochen hatte. Angst vor ihrem eigenen Volk, dass es sie verraten oder sich gegen sie wenden könnte. »Es gibt auch erfreuliche Neuigkeiten, die ich Euch mitteilen darf, geschätzte Kaiserin.«   Shek'zeer murmelte etwas Unverständliches vor sich hin, ehe sie den Großwesir scharf in ihren Blick fasste. »Sprecht!«, verlangte sie, während sie unruhig ihre Klauen ineinander faltete.   »Die ausgesandten Palastwachen haben den Getreuen im Herzen der Narbe gefunden. Er hält sich bei Kypari'Vor auf.« Zor'lok wagte es wieder seinen Blick zu heben und sah sie mit seinen azurblauen Augen an. »Sie sind nicht fehlgeschlagen.«   »Ausgezeichnet!«, rief Shek'zeer und senkte ihren Blick. »Wir müssen nur-... Wir müssen nur sichergehen, dass er mir dienen wird und nicht diesem Abschaum-... diesen Verrätern!«       Die Kaiserin sah sich in der Leere in ihrem Thronsaal um, doch sie konnte leises Wispern um sich herum in der Stille vernehmen. Als würde etwas durch ihren Geist dringen, während sie die Stimme dumpf in ihrem Kopf hallen hörte. Diese Stimme war ihr nur allzu vertraut. Oft hatte sie ihr gelauscht, jedoch bis jetzt nur während sie schlief. Die Stimme hatte sie stets in ihren Alpträumen begleitet. Hatte ihr zugeflüstert, wie sie die Dinge wenden konnte um zu überleben, um ihr Volk in ihrer Kontrolle zu halten. Würde sie ihr diesmal ebenfalls helfen? Oder wurde sie jetzt wirklich verrückt? Das Flüstern war leise und Shek'zeer musste sich anstrengen, um überhaupt etwas zu hören.   »Meine Majestät, soweit wir wissen, gibt es keine Möglichkeit, dass ein erweckter Getreue Eure Stimme vernehmen kann-«, begann Zor'lok, doch die Kaiserin brachte ihn mit einem aufgebrachten Zischen zum Schweigen. Angestrengt lauschte sie weiter, während der Großwesir ihrem Wunsch nachkam und schwieg. Dann konnte sie die Worte klar vernehmen. Dumpf hallten sie in ihrem Unterbewusstsein nach, ähnlich dem Klang eines tiefen Glockenschlages, während sich die Stimme wie Donnergrollen in ihrem Kopf erhob.   'Meine treue Kaiserin, Euer Großwesir irrt sich - wie so oft. Es gibt eine Möglichkeit, dass der Getreue nicht den Klaxxi dienen wird.'   Shek'zeer verengte ihre Augen, doch sie wartete gespannt auf die nächsten Worte, welches die Stimme aus ihren Träumen ihr zuflüstern würde. Welche Möglichkeit sollte es sein, die ihr erlauben würde, die Getreuen zu kontrollieren? Nachdem ein Getreuer in den Reihen der Klaxxi aufgenommen wurde, war es unmöglich für eine Kaiserin sie zu erreichen. Wie also, sollte es ihr möglich sein?   'Jeder Mantiskrieger, egal, welche Bande er einmal einging, kann kontrolliert werden. Durch Euer Vertrauen mir gegenüber, werde ich Euch ein Geschenk geben. Mit meiner Magie werdet Ihr in der Lage sein, den Getreuen zu kontrollieren.'   »Wie?«, fragte sie in die Stille hinein, wobei Zor'lok beunruhigt mit seinen Fühlern zuckte. Sie wusste, dass auch er glaubte, dass sie verrückt war. Jeder glaubte es. Doch Zor'lok nahm dies anders auf als ihr restliches Volk. Sie würden es nicht verstehen. Ihr Volk würde sie verurteilen. Doch ihr Großwesir konnte schweigen. Ihm konnte sie noch vertrauen.   'Nähert Euch den Scherben der Vase, die Ihr vor wenigen Atemzügen zerstört habt. Sie werden die Instrumente sein, in denen meine Macht innewohnen kann. Die Scherben müssen neu geformt werden, doch meine Stärke fließt gerade in diesem Atemzug durch sie hindurch. Wenn sie fertiggestellt sind, müssen sie in die Nähe des Getreuen gebracht werden. Meine Macht wird den Getreuen in seinem Schlaf unterwerfen, noch ehe er den Klaxxi antworten kann.'   Langsam und wie hypnotisiert schritt Shek'zeer zu den Scherben, welche auf dem Chtitinboden verstreut lagen. Ihr Meister, der letzte Atemzug ihres Meisters, gab ihr ein Geschenk der Macht. Wie konnte sie sein Angebot abschlagen? Die Schatten, welche über den Leib der Kaiserin huschten, reagierten auf das zerstörte Gefäß und benetzten die Scherben. Schwere weiße und schwarze Schatten durchdrangen die einzelnen Splitter und blieben an ihnen haften. Ein siegessicheres Funkeln huschte über Shek'zeers Augen, als sie auf die mit dunkler Energie durchtränkten Scherben blickte. Mit dieser Macht würde niemand mehr ihre Herrschaft in Frage stellen. Die Klaxxi würden vernichtet werden, ihr Ende war unausweichlich, mit den Getreuen oder ohne sie. Aber hiermit, konnte sie die Hoffnung der Klaxxi zerstören. Welch süße, überwältigende Macht durch die einzelnen Splitter drangen.   Sie drehte sich zu Zor'lok um, der immer noch mit gesenktem Kopf vor ihr kniete. »Ich möchte meinen Hofalchemisten sprechen.«, verlangte sie und auf ihrem Gesicht zeichneten sich fanatische Züge ab. Sie konnte die Macht förmlich spüren, die pulsierend von den Scherben ausgingen. Es erregte sie, diese Macht, sie war unverwechselbar die ihres Meisters. »Er soll aus den Scherben mehrere Gefäße herstellen. Anschließend möchte ich, dass der Klingenfürst mit einem dieser Gefäße zu Kypari'Vor fliegt, um den Getreuen zu erwecken.«   Die Kaiserin spürte den fragenden Blick, den ihr Großwesir ihr zuwarf, doch sie konnte nicht mehr sprechen. Diese Macht, die ihr geschenkt wurde, es war nun ihre Macht. Sie konnte nicht erklärt, sondern musste demonstriert werden. »Der Getreue wird seiner Kaiserin dienen, so wie es schon immer hätte sein sollen.«     *****     Der ältere Druide atmete die frische, morgendliche Luft tief durch seine Nüstern ein, als er seine beiden Gefährten hinter sich hören konnte. Sie stiegen gerade von ihren Gleitern, mit denen sie ohne größere Probleme in die Tonlong-Steppe gelangt waren. Die Sonne ging gerade auf und kletterte über die Berge der fernen Kun-Lai Gipfel, während das Land langsam in das Licht getaucht wurde. Gilean, Holora und Ace hätten für gewöhnlich direkt zum Niuzaotempel fliegen können, doch durch die stetigen Angriffe der Mantis wurde ihnen das verwehrt. Nun trennten sie nur noch zweihundert Fuß und die riesige, eisenbeschlagene Brücke von dem Tempel.   Die Schamanin ging in die Hocke und spähte den grasbewachsenen Hügel hinab, auf dem sie standen. »Der Weg scheint zumindest frei zu sein.«, murmelte sie leise, während der kühle Wind über ihre Haare blies. »Ich frage mich, wie die Shado-Pan auf uns reagieren werden. Schließlich stellen wir mit unserer Recherche nach dem Sha ihre Kompetenz in Frage, oder?«   Ace zuckte fast gleichgültig mit seinen Schultern und verschränkte seine Arme vor der Brust. »Vermutlich werden sie froh sein und das sollten sie auch.«, raunte er leise, während sich die Draenei wieder aufrichtete. Sie seufzte leise, doch auch sie verstand, was der Hexenmeister sagen wollte, denn sie sahen es direkt vor sich.   Der Niuzaotempel wurde gerade jetzt in diesem Augenblick von einem Mantisschwarm belagert. Sie konnten sogar in den Innenhof des Tempels blicken, in dem die Shado-Pan gegen die Angreifer kämpften und sie zurückschlugen. Sie würden ihre Hilfe vermutlich nicht einmal brauchen, doch wenn sie ohnehin schon auf dem Weg zum Tempel waren, konnten sie auch einen guten Eindruck bei den Shado-Pan hinterlassen. Möglicherweise würden sie ihnen gegenüber nicht so misstrauisch sein wie gewöhnlich. Denn schließlich waren die Völker von Azeroth, die Allianz und die Horde, für die riesenhaften Manifestationen des Shas verantwortlich. Gilean kniff seine Augen zusammen und nickte sachte. »Wir sollten uns beeilen. Vielleicht können wir sie unterstützen.«   Holora schnaubte ungehalten, ehe sie Gilean und Ace folgte. Die beiden eilten bereits in einem schnellen Tempo den Hügel hinab. Von der eisenbeschlagenen Brücke aus schwerem, massiven Stein und prunkvollen Verzierungen hallten ihre Schritte wieder, als sie diese erreichten. Die Brücke trennte die beiden Klippenabschnitte und war der einzige Zugang zum Niuzaotempel. Der Kampfeslärm wurde vor ihnen immer lauter und Gilean konnte genau das Kreischen der Mantis hören, ebenso wie das Brüllen mehrerer Feuerwaffen.   Sie rannten über die Brücke, dessen Balustraden mit langen Hörnern geziert waren. Als sie das Ende erreichten, erkannte er die Gruppe der Mantis, welche den Weg zum Tempel des Schwarzen Ochsen vom Brückenzugang versperrten. Holora preschte weiter vor, während um ihre knöchernen Schulterstücke Blitze zuckten. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen, während ihr Blick gerissen auf den Mantistrupp gerichtet war. Sie hob beide Arme um die Elemente anzurufen, um ihre Hilfe bei diesem Gefecht zu erbitten. Ihr Ruf wurde umgehend erhört, als mehrere Blitze fauchend zwischen ihren Fingern leuchteten. Mit einem lauten Donnerknall warf sie ihn auf den nächstbesten Mantis. Der Blitz traf den Insektoiden und sprang umgehend weiter zu den nächsten in der Nähe. Sie wussten noch nicht einmal, was genau geschah, als der Kettenblitzschlag drei Mantis niederstreckte.   In kürzester Zeit hatte es die Schamanin geschafft die Aufmerksamkeit von drei Mantistruppen auf sich zu lenken. Die insektenähnlichen Wesen kreischten, teilweise verwirrt, teilweise wild auf, als sie sich zu ihr umdrehten. »Kommt nur her, Mistviecher!«, rief Holora ihnen kühn entgegen, während sich die kleinen Blitzkanäle über ihrer Rüstung entluden. Gilean und Ace stellten sich an ihre Seite. Der Hexenmeister murmelte leise Formeln vor sich hin und eröffnete ebenfalls das Feuer auf die Angreifer. Meteore so groß wie der Rumpf eines ausgewachsenen Mannes stießen aus dem Himmel herab und schlugen mit Wucht in den Boden oder direkt auf die Mantis ein. Wenn sie nicht sofort erschlagen wurden, stürzten sie dort, wo die Meteore aufschlugen während Holora weiterhin Blitze auf sie schleuderte.   Gilean hob ebenfalls seine Pranken und wob einen Zauber. Mit den Geistern der Natur erzeugte er eine Windhose, die durch die Reihen der Mantis peitschte und sie aus ihrem Gleichgewicht brachte. Die Angreifer riefen sich unverständliche, klackernde Befehle zu, ehe sich einige flugfähige Mantis in die Luft begaben. Sie versuchten zu flüchten, während sich die anderen Mantis weiterhin auf die drei stürzten, doch es gelang ihnen nicht, sie zu erreichen. Gilean hatte schnell dicke Ranken aus dem Boden wachsen lassen, um die Mantis an Ort und Stelle festzuwurzeln.   Die Schamanin keuchte hörbar aus, als es ein paar Mantis tatsächlich schaffen durch den Wirbel aus Feuer und Donner zu entkommen. Sie warf ihnen einen Kettenblitzschlag hinterher und fegte zwei Mantiden aus der Luft, doch drei weiteren gelang die Flucht in den Süden. Gilean zuckte mit seinen Ohren. Vermutlich würden sie Bericht erstatten - wo auch immer das sein mochte.   Während Ace sein dämonisches Höllenfeuer auf die verbliebenen Mantis konzentrierte, stieg vom Platz vor dem Tempel das triumphierende Brüllen der Pandaren auf. Die Shado-Pan stürmten die noch lebenden Mantis und streckten sie mit ihren Waffen nieder. Die einheitlichen Uniformen und der einzigartige Kampfstiel der Shado-Pan wirkte nach wie vor einzigartig auf Gilean. Eine Pandarin stieß gerade ihre Dolche in einen der letzten Angreifer und riss eine tiefe Wunde in den Rumpf, während der Mantis kreischend zu Boden ging.   Ihre grünen Augen trafen die von Gilean, während sie sich aufrichtete und sich eine schwarze Haarsträhne aus dem pelzigen Gesicht wischte. Sie befestigte ihre Dolche an ihrem Gürtel, ehe sie sich zu dem Verteidigungstrupp umdrehte. »Die Südseite ist gesichert! Helft Yalia ihrem Trupp auf der Nordseite, dann ist der Sieg unser!«   Die Shado-Pan verbeugten sich, als sie ihren Befehl entgegennahmen und eilten zum Tempelhof. Die Pandarin sah unterdessen über ihre Schulter zu Gilean, Holora und Ace zurück. Nach ein paar Herzschlägen, drehte sie sich zu ihnen um. »Fremde hätte ich hier auf dem Schlachtfeld am wenigsten erwartet.«, sprach sie, als sie einige Schritte auf die drei zuging. »Wir hätten die Mantis auch selbst vertreiben können, aber eure Unterstützung hätte zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können.«   Die scharfen Augen der Pandarin waren tief und forschend. Ihr schwarzer und weißer Pelz schimmerte vor Schweiß und der Druide konnte mehrere frische Wunden erkennen. Auch wenn sie schon lange gekämpft haben musste vermittelte sie den Eindruck, einer autoritären Persönlichkeit. »Sie werden einige Zeit brauchen um einen erneuten Angriff zu formieren.«, begann sie und verbeugte sich schließlich, die Augen weiterhin auf ihn gerichtet. »Mein Name ist Taoshi und ich heiße Euch beim Niuzaotempel willkommen.«   Gilean neigte ebenfalls seinen Kopf, wobei er die Pandarin ebenfalls nicht aus den Augen ließ. »Wir hätten nicht vorbeiziehen können, ohne unsere Hilfe anzubieten, Taoshi.«, sagte er gelassen und deutete auf die Draenei zu seiner Seite. »Dies ist Holora, und das«, er deutete nun auf seine andere Seite, zu dem Hexenmeister, »ist Ace. Wir sind in der Tonlong-Steppe um die Sha Ausbreitung zu untersuchen.«   Taoshi legte ihren Kopf leicht schief und für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Gilean darin Trauer zu erkennen. »Eine Ausbreitung des Shas. Ich verstehe.«, murmelte sie leise vor sich hin, ehe sie ihren Kopf leicht schüttelte, als würde sie einen schmerzlichen Gedanken vertreiben wollen. »Das Sha des Hasses war kürzlich in der Tonlong-Steppe präsent. Doch wir konnten eine weitere Ausbreitung verhindern, indem wir es vertrieben. Es wird sich nicht mehr in der Tonlong-Steppe niederlassen.«   Holora warf der Shado-Pan einen zweifelnden Blick zu, während Gilean antwortete: »Das sind gute Neuigkeiten. Wir würden gerne noch etwas länger am Tempel bleiben und unsere Hilfe gegen die Mantis anbieten.«   »Das ist sehr zuvorkommend, doch sie wird nicht benötigt.«, sprach Taoshi mit einem milden Lächeln. »Die Shado-Pan werden den Rest der Angreifer vertreiben und dann werden wir unsere Wunden versorgen und die derzeitige Verwüstung im Tempel beseitigen. Derzeit ist der Niuzaotempel leider kein sehr friedlicher Ort.«   Gilean nickte zustimmend. »Dann würde ich meine und Holoras Dienste als Heiler mit Freuden anbieten um Eure Verwundeten zu untersuchen, Taoshi.« Er konnte Holoras vernichtenden Blick förmlich auf sich spüren, den sie ihm zuwarf. Und auch, wenn sich die Schamanin mit den Elementen der Luft und des Feuers weitaus besser verstand als mit den heilenden Eigenschaften des Wassers wusste er, dass sie durchaus in der Lage war, sie einzusetzen.   Taoshi schien über das Angebot nachzudenken, schließlich nickte sie. »Dieses großzügige Angebot werde ich nicht ausschlagen, Gilean. Die Lager der Verletzten befinden sich im Tempel auf dem Rechten Flügel. Ich werde Euch später Kräuter und Verbandsmaterial zukommen lassen.«, Sie warf einen letzten Blick auf Ace, doch dieser hatte bis jetzt geschwiegen und schien es auch nicht brechen zu wollen. Seine dunkle Robe ließ ausschließen, dass er ein Heiler war, aber er gehörte zu der Gruppe die so bereitwillig ihre Hilfe anbot. Gewiss würde Taoshi ihn nicht in Frage stellen. »Folgt mir.«, sprach sie schließlich und drehte sich um.   Holora warf Gilean einen zweifelnden Blick zu, als sie zusammen mit Ace und dem Druiden, der Shado-Pan folgte. Sie durchquerten das Tor und traten in den Tempelhof, wo Taoshi sie in die Mitte führte und schließlich die steinernen Treppen zum Tempel hinaufdeutete. »Haltet Euch rechts. Unsere Heiler werden erleichtert sein, wenn sie Unterstützung erhalten. Ich werde zur Nordseite gehen. Inzwischen sollten unsere Truppen die letzten Angreifer vertrieben haben.« Geschäftig verbeugte sie sich noch einmal rasch und eilte über den Innenhof zur Nordseite.   Der ältere Druide wandte sich zur Treppe und stieg diese hinauf, wobei Ace zu ihm aufholte. Er stellte sich ihm in den Weg. »Was soll das? Wir können unsere Zeit hier nicht mit irgendwelchem Zeug verschwenden.«, zischte er ihm entgegen. Die grünen Schleier der Fehlmagie vor seinen Augen glühten matt.   Gilean hob seinen Kopf und sah ihn ruhig mit seinen blauen Augen an. »Es sind die Shado-Pan und soweit ich aus Veorans Befehl herausgehört habe, sollen wir auch unsere Bindung zu ihnen festigen, Ace. Es kann uns nur zu Gute kommen. Außerdem können wir uns so länger im und um den Tempel herum umsehen, ohne dass die Shado-Pan davon mitbekommen. Holora hat Recht, wir würden ihre Kompetenzen in Frage stellen, wenn wir nach dem Sha Ausschau halten, wo uns Taoshi doch gerade sagte, sie hätten es vertrieben.« Der Worgen schnippte beifällig mit einem Ohr.   Holora tippte ihm sanft auf die Schulter. »Da Ihr es gerade erwähnt,«, begann sie und beide sahen zu ihr die Treppenstufen herab. Die Draenei wirkte unruhig, fast so als würden Ameisen unter ihrer Rüstung herumhuschen. »Ich spüre etwas Dunkles, seitdem wir den Tempel betreten haben. Auch wenn Taoshi sagte, dass sie das Sha des Hasses vertrieben hätten, glaube ich, dass seine Schergen noch immer ganz in der Nähe sind. Es fühlt sich an als würden die negativen Emotionen über uns schweben.«   Der graumähnige Worgen sah Holora tief in ihre silbernen Augen. Als Draenei war sie dem Licht viel näher als er selbst, da sie dem Glauben der Naaru folgte, auch wenn sie den Weg des Schamanen beschritt. In Gilneas gab es auch Lichtgläubige, doch der Glaube war nicht sehr ernst und wurde nicht unter der Bevölkerung gestreut wie es in Sturmwind der Fall war. Möglicherweise konnte sie so auch die Schattenseite besser wahrnehmen, als er. »Seid Ihr Euch sicher?«, fragte er leise nach.   »Ich bin mir ziemlich sicher.«, antwortete Holora und hielt seinem prüfendem Blick stand. »Das Sha befindet sich entweder direkt im Tempel oder ganz in seiner Nähe.«   Gilean drehte seinen Kopf zu Ace, der Holora zweifelnd beobachtet hatte. Vermutlich dachte der Mann das selbe wie er. Dass, wenn sich das Sha im Tempel befinden sollte, die Shado-Pan es bestimmt bereits gefunden hätten. »Ich schätze, dann werde ich mich etwas umsehen.«, murmelte er und seine Gesichtszüge hoben sich scherzhaft. »Schließlich müsst ihr beide unsere Tarnung aufrecht erhalten und so tun, als könntet ihr beide heilen.«   Holora sah Ace an, als würde sie ihm am liebsten einer ihrer Blitze entgegenschleudern wollen. Sie wirkte in keinster Weise zufrieden auf die Aussicht, ihre heilenden Fähigkeiten anwenden zu müssen.   »Tut das, Ace.«, stimmte der ältere Druide zu. »Aber erregt nicht zu viel Aufmerksamkeit. Schließlich wollen wir die Shado-Pan und ihre Gastfreundschaft nicht verärgern.«   »Keine Sorge.« Ace winkte beifällig ab, während er sich in Bewegung setzte und die Treppen weiter nach oben stieg. Holora und Gilean folgten ihm. »Wenn jemand die Schatten ausfindig machen kann, dann ein Dämon.«     *****     »Eure Taktik ist interessant, Erweckerin.«, bemerkte der Getreue, als er den Schlag der Worgen parierte. Struana keuchte und ging wieder auf Abstand. Dass ihr Training hart werden würde, hatte sie geahnt, aber inzwischen fühlte sie sich mit ihrer ersten Herausforderung bereits ziemlich überfordert. Sie kam sich sogar stellenweise albern und unfähig vor. Dass Kil'ruk sie beobachtete und wie versprochen 'sie im Auge behielt' half ihr leider auch nicht, um sie zu motivieren. Der Unversehrte hatte ihr am Vorabend eine Waffe aus Amber anfertigen lassen, die ihrer ehemaligen Stangenwaffe sehr ähnlich war. Sie war schwer und massiv, doch recht gut ausbalanciert. Zwei große Blätter aus Kyparit funkelten im matten Licht des Tages an der Spitze des langen Schaftes. Die Kriegerin war Malik sehr dankbar für die Waffe gewesen und für ihr gemeinsames Training waren sie aus Klaxxi'vess herausgegangen, um die Klaxxi bei ihrer Arbeit nicht zu stören.   Die Worgen schnaubte abfällig, während sie ein weiteres Mal mit der Stangenwaffe ausholte und  versuchte den Getreuen zu treffen. Doch er wehrte abermals ihren Schlag mit Leichtigkeit ab, als er seine Hellbarde in den Händen drehte. Scheinbar belustigt funkelten seine Augen hinter dem bernsteinfarbenen Helm auf, während er sie beobachtete. »Euer Ehrgeiz ist bemerkenswert.«   Struana schnaubte unwirsch. Je frustrierter sie zu werden schien, desto amüsierter wirkte Malik. »Ihr werdet ihn doch ohnehin nie treffen!«, blaffte die Stimme des Windschnitters sichtlich gereizt. Sie hatte versucht ihn zu ignorieren, doch jetzt drehte sie sich zu dem Windschnitter um und sah ihn zornig an. Unbeeindruckt hockte Kil'ruk auf einem Findling und zischte leise. Schweiß verklebte das Fell der Worgen und ihr verletzter Stolz ließ sie fast erzittern, denn sie schaffte es einfach nicht, Malik erfolgreich anzugreifen. Er parierte jeden verdammten Angriff, den sie ausführte, selbst wenn sie antäuschte, es funktionierte nicht. Selbst ihre Muskeln fühlten sich bereits schwer und müde an. Dass sie nicht im Stande war Malik zu treffen frustrierte sie sehr und dass Kil'ruk immer mal wieder dazwischen rief, ärgerte sie.   »Worauf wartet Ihr, Erweckerin? Die Beute fängt sich nicht von selbst.«, tadelte Malik sie. Struana lenkte ihren Blick wieder auf ihn. Verbissen hielt sie ihre Waffe umklammert, die mit jedem weiteren Schlag schwerer geworden war. Erneut griff sie an und diesmal war sie fest entschlossen, ihn mit ihrer Waffe zu treffen, oder zumindest zu streifen. Wild stieß sie mehrere Male hintereinander auf ihn ein, doch der Getreue lenkte jeden ihrer Angriffe um, als könnte er sie voraussehen. Mitten in einem Schlag, zog er die Hellbarde nach oben und stieß sie mit seinem Fuß zurück. Struana fiel auf den Boden und rappelte sich schnell wieder auf, doch ihre Waffe lag in einiger Entfernung im Gras, während Malik seine Hellbarde auf ihrer Brusthöhe hielt.   »Den Ehrgeiz und das Durchhaltevermögen habt Ihr auf jeden Fall. Aber Eure Konzentration ist erbärmlich.«, stellte der Getreue klar und zog seine Hellbarde zurück um sie zu schultern. »Ihr müsst Eure Angriffe fokussieren, Erweckerin. Selbst ein Schwarmgeborener könnte sie abwehren.«   "Gegen die Schwarmgeborenen hat es immer ausgezeichnet geklappt!" Die Worgen schnippte ungehalten mit ihren Ohren und knurrte leise und frustriert. »Seit Morgengrauen versuche ich schon, Euch zu treffen. Mittlerweile dürfte die verdammte Sonne den höchsten Punkt sogar überschritten haben, auch wenn ich sie nicht sehen kann.«, murrte sie ungehalten. »Ich habe mehrere Taktiken ausprobiert und doch kann ich Euch nicht treffen! Warum?! Ist das Magie?!«   Der Ausdruck in den Augen des Getreuen wirkte belustigt, während die Kriegerin immer wütender wurde. »Habt Ihr Euch nicht gefragt, warum man mich 'den Unversehrten' nennt, Erweckerin?«, fragte er und betrachtete sie amüsiert. Struana zuckte ungeduldig mit ihren Armen, als er fortfuhr: »Kein Hieb hat mich je treffen können, aber ich habe zahllose Widersacher mit meiner Hellbarde niedergestreckt. Und zahllose weitere werden noch folgen.«   Die Kriegerin schnaubte leise die Luft aus ihren Nüstern. »Also ist es Magie? Eine besondere Fähigkeit, so wie die, dass der Luftikuss hinter mir, für einen normalen Mantis viel zu schnell fliegt?«, fragte sie verächtlich und spöttisch, während der Windschnitter hinter ihr ungehalten zischte. Sie ignorierte es, doch sie konnte sich ein kurzes, belustigtes Grinsen nicht verkneifen. Sie genoss es sichtlich Kil'ruk zu reizen. Immerhin diese kleinen Erfolge gehörten ihr.   Malik schüttelte seinen Kopf bedenklich langsam. »Es ist keine Magie und es ist keine Fähigkeit, Erweckerin. Die Getreuen haben ihre Bestimmung gefunden, indem sie hart trainierten.« Er hob seinen Kopf und warf Kil'ruk einen nachdenklichen Blick zu. Stumm wurde er erwidert. »Wie es um den Windschnitter steht, vermag ich nicht zu beurteilen. Doch was den Sinn unseres Trainings angeht, ist es lediglich Konzentration.«   Die Worgen schüttelte den Kopf und schnaubte. Sie verstand nicht, was Malik ihr damit sagen wollte.   »Der Tick besteht darin, so zu sein wie Wasser. Stemmt Euch der Stärke Eures Feindes nicht entgegen, geht einfach mit ihr mit. Lasst die Hiebe an Euch vorbeifließen und dann schlagt Ihr zurück.« Der Getreue deutete mit einem Kopfnicken auf Strauanas Stangenwaffe die nach wie vor im Gras lag. »Ihr müsst Eure Konzentration trainieren, damit Ihr die Schwachstellen Eures Feindes ergründen könnt. Mit Konzentration könnt Ihr seine nächste Handlung möglicherweise deuten und gegen sie vorgehen. Ihr müsst auf die unscheinbarsten Dinge achten.«   Die Kriegerin runzelte nachdenklich ihre Stirn. »Warum kämpft Ihr, wenn Ihr nicht getroffen werden könnt? Ihr müsst doch auch damals - irgendwann - erkannt haben, dass Ihr diese Art von Konzentration gut beherrscht. Warum habt Ihr den Schlangenrücken angegriffen, wenn Ihr nicht verletzt werden könnt?« Aufmerksam ruhten ihre bernsteinfarbenen Augen auf dem Unversehrten, während dieser seinen breiten Kopf in den dunklen Himmel hob.   »Das liegt daran, weil wir Mantis es nicht anders kennen, schätze ich.«, begann er ruhig und rau, ehe er seinen Blick wieder auf Struana legte. »Einen Mantis erfüllt von Geburt an vor allem die Lust am Kampf. Die Teilnahme an einem Schwarm ist nicht nur ein kultureller Initationsritus, es ist der Auslöser für unsere körperliche Reifung. Dadurch lernen wir uns selbst erst wirklich kennen.« Malik schwieg für ein paar Augenblicke, während Struana hinter sich das summende Geräusch von Flügeln hören konnte. Einige Vesswachen zogen ihre Kreise etwas weiter um Klaxxi'vess, ehe sie wieder abdrehten um zu der heiligen Stätte zurückzukehren. Selbst Kil'ruk hatte seinen Kopf erwartungsvoll gehoben, doch der Ausdruck in seinen Augen war sofort verschwunden, als sie hinter dem großen Kypari wieder verschwanden. Nachdenklich spähte der Windschnitter ihnen hinterher.   »Nur wer aus dem Kampf zurückkehrt, kann von einem Schwarmgeborenen zu einem voll bewussten, individuellen Bürger werden.«, beendete Malik seinen Satz und schulterte seine Hellbarde. Struana betrachtete ihn lange, während sie über seine Worte nachdachte. Die Schwarmgeborenen waren die Mantis, die jung schlüpften und den Schlangenrücken angriffen. Erst, wenn sie als Überlebende aus diesem Kampf herausgingen, könnten sie also einen Platz in der Gesellschaft der Mantis finden. Warum schickte man seine Jüngsten in einen Kampf, bei dem sie nur den Tod finden konnten? Möglicherweise verliefen diese Schwärme für gewöhnlich anders, wenn sie den Zeiten des Zyklus folgten. Aber das was sie am Schlangenrücken gesehen hatte, war ein reines Blutbad in ihren Augen.   Doch andererseits, welcher Mantis sich als besonders herausragend im Kampf behaupten konnte, wurde in den Stand eines Getreuen gehoben und würde den Klaxxi dienen. Soweit hatte sie folgen können. Und die Klaxxi schritten ein, wenn der Zyklus nicht so verlief, wie er verlaufen sollte. Immer noch nicht sehr von dieser Vorgehensweise überzeugt, musste die Worgen doch zugeben, dass die Rolle der Klaxxi in der Gesellschaft der Mantis sie faszinierte. Auch wenn Struana immer noch sehr wenig über die Klaxxi wusste, verstand sie inzwischen etwas besser, warum es sie gab und welchen politischen, lebenserhaltenden Einfluss sie ausübten. Zumindest lebenserhaltend in den Augen der Klaxxi, alles im Sinne des Zyklus. Aus einem ihr unbekannten Grund hatte sie aber Mitgefühl für die Kaiserin. Die Worgen selbst war selbst von den Mächten des Shas heimgesucht worden, doch sie konnte geheilt werden. Sie fragte sich, ob es nicht eine Möglichkeit gab, die Kaiserin ebenfalls zu läutern.   »Wo seid Ihr mit Euren Gedanken?«, fragte Malik interessiert und Struana sah ihn an. »Ich habe mich nur gefragt, wozu das Training dienen soll, wenn ich Euch ohnehin nicht treffen kann.«, log sie. Die Getreuen und die Klaxxi waren der Überzeugung, dass die Kaiserin gestürzt werden musste. Sie würde ihre Gedanken über eine mögliche Läuterung nicht offenlegen, zumindest jetzt nicht. Struana wollte sich zunächst selbst von dem Zustand der Kaiserin überzeugen und sie hoffte, dass sie Gelegenheit dazu bekommen würde. Gezwungenermaßen diente sie den Klaxxi und ihr Wille war - wie jeder Mantis in Klaxxi'vess mehr als einmal bestätigen würde - ewig. Doch noch war sie nicht überzeugt von der Vorgehensweise der Klaxxi. Aber wer war sie schon um dies in Frage zu stellen? Eine dumme, niedere Kreatur, wie Kil'ruk sie gerne bezeichnete.   Der Unversehrte klickte amüsiert mit seinen Kieferzangen. »Ein Krafttraining für Euch, eine Ersteinschätzung für mich. Ich muss wissen, wo ich bei Euch ansetzen muss, und ob sich ein Training überhaupt lohnt.« Malik deutete mit dem Kopf auf die am Boden liegende Waffe. »Und nun ist es an der Zeit herauszufinden, ob Ihr wachsen könnt, Erweckerin. Verteidigt Euch, ich werde mich nicht zurückhalten.«   Struana funkelte Malik an und beugte sich vor um ihre Stangenwaffe aufzuheben. Ihre Muskeln rebellierten, nachdem sie für längere Zeit kein Gewicht getragen hatten, doch sie zwang sich ihre Waffe vor sich auf Brusthöhe zu heben. Wenn sich der Unversehrte wirklich nicht zurückhalten würde, sah sie endlich seine wahre Kraft. Doch irgendwie musste sich die Kriegerin eingestehen, dass sie bezweifelte, dass er dies tun würde. Auch wenn Malik sie besser behandelte als Kil'ruk - oder die anderen Mantis in Klaxxi'vess - stand sie immer noch unter ihm.   Malik schnellte vor und hob seine Hellbarde über sich. Struana hob ihrerseits die Stangenwaffe und parierte den Angriff von oben. Ihre Knie erzitterten unter dem Schlag des Getreuen, doch die Worgen zwang sich standzuhalten. Der Unversehrte drehte seine massive Waffe und versuchte einen Angriff von der Seite, doch die Kriegerin erinnerte sich an diese Bewegung. Sie selbst hatte diese Taktik angewandt und sie erinnerte sich an seinen Konter. Sie wich zurück und schützte ihre Seite, doch der Angriff war nur angetäuscht. Aber auch den anderen Schlag konnte sie abwehren, indem sie die Waffe nach oben zog und von sich wegstieß. Danach drehte sie schnell ihre Waffe und versuchte, mit dem Schaft nach ihm auszuholen, doch der Getreue parierte sie - natürlich.   Mit gekreuzten Waffen standen sie sich gegenüber und Maliks Augen funkelten erfreut hinter dem Gitterschutz seines Helmes. »Seht Ihr, Erweckerin? Jede Kreatur lernt im Kampf.«, raunte er und griff ihre Seite an. Doch die Kriegerin schlug die Waffe zu Boden und schlang sich aus der Reichweite seiner Hellbarde.   Mit amüsierten blickte der Unversehrte zu ihr auf. »Scheinbar besitzt Ihr doch genügend Konzentration um Euch immerhin Kampfzüge anzueignen, die Ihr noch nie angewandt habt. Und das auch ohne, dass Euer Leben in Gefahr ist.« Der Unversehrte klang überaus erfreut, als er seine Hellbarde erneut über seinen Schultern schwang und sich die Waffen abermals kreuzten, als die Kriegerin den Schlag abfing.   »Ich beginne zu verstehen was Ihr meintet, als Ihr sagtet, nur im Kampf würde man wachsen, Malik.«, murmelte die Worgen und schnippte erfreut mit ihren Ohren.     *****     Nahe der Küste glaubte er, dass die Schreckensöde fast schon einladend wirkte. Am Rand der Klippen brachen sogar die letzten, abendlichen Sonnenstrahlen durch, ehe sie die Nacht einläuten würden. Die Wellen glitzerten, während der Wind den Geruch von Salz mit sich trug. Dennoch schien kein Sonnenstrahl auf die Erde der Schreckensöde. Die kleine, dunkelbraune Füchsin kletterte schwanzwedelnd über die Geröllmauern des Schlangenrückens der am südlichsten Punkt völlig zerstört war. Sie kauerte sich auf die obersten Mauerblöcke und spähte mit ihren eisblauen Augen und gespitzten Ohren auf die gegenüberliegende Seite.   Weramor schlich geräuschlos über die Steine hinweg und kauerte sich neben seine Gefährtin, die er ruhig zwischen den Ohren kraulte. Die sperrige, große Stangenwaffe hatte er auf seinem Rücken befestigt und trug den Langbogen in der rechten Hand. Sein goldener Blick glitt über die breite Küste der Krasarangwildnis und den Strand, die er anders in Erinnerung hatte. Der Wechsel des Klimas, von der kalten Schreckensöde zu den fast schon tropischen Temperaturen des Dschungels war bereits an der Grenze spürbar. Schweiß legte sich wie ein Film über seine Haut und er wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn, während er weiterhin in geduckter Stellung spähte. Vor ihm bauten sich bereits die ersten Grundmauern einer Festung auf, die nicht von Menschenhand erbaut worden war. Mehrere Bäume mussten weichen und waren sauber abgeholzt worden. Manche der riesigen Stämme lagen noch mit den Baumkronen um den großen Platz herum, welches wohl das Lager sein musste. Blutelfische Späher patrouillierten über den Stützpunkt, während Weramor am Rand einige Orks beisammensitzen sehen konnte. Goblins wuselten herum, um wohl den Bau der Festung zu überwachen, die in ein paar Tagen hier komplett stehen würde.   Vor der Küste schwammen drei riesige Schlachtschiffe auf dem Meer, während zwischen ihnen und der Küste mehrere, kleine Boote ruderten. Sie waren mit Kisten und Kriegern beladen, die bald alle auf Pandaria Fuß fassen würden. Die Horde hatte genau hier, am westlichsten Punkt der Krasarangwildnis ihren Anker geworfen und errichtete ihren Stützpunkt. Der Jäger unterdrückte ein leises Seufzen in Anbetracht seines unfassbaren Glückes. Wenn die Späher der Horde unachtsam waren und er sehr geschickt, könnte er an dem Lager vorbeischleichen, aber danach wieder in die Schreckensöde zu kommen könnte schwierig werden. Wenn der Bau weiter voranschritt - was er zweifelsfrei würde - könnte die Festung aus Eisen und Rauch in einigen Tagen beendet sein und dann würden sie keine Lücke mehr in ihrem Lager übersehen. Sein Blick verdüsterte sich, doch es ging ihn nichts an, was die Horde hier auf Pandaria genau suchte. Vielmehr ärgerte er sich über die Tatsache, dass er nicht mehr so einfach wieder in die Schreckensöde kommen konnte, wie er sich vorgestellt hatte.   Weramor wartete mehrere Momente, ehe er seiner Füchsin ein stilles Zeichen gab und die beiden den Schutt des Schlangenrückens nach unten sprangen. Weich landete er in dem Gras unter sich und schnell fand er Deckung in einem Gebüsch. Eine Blutelfe, gekleidet in roten und goldenen Farben des Wappens von Silbermond patrouillierte gerade die Umgebung ab. Eigentlich war sie mit diesem Bereich bereits fertig gewesen, dennoch hielt sie inne und sah über die Schulter zurück. Die Kapuze ihres Umhangs bedeckte ihren Kopf, dennoch hingen ihr einige schwarze Haarsträhnen im Gesicht, als ihre grünen Augen direkt in die Richtung des Gebüsches funkelten. Weramor hielt die Luft an, während sich die Sin'dorei misstrauisch dem Busch näherte und sich mit gerunzelter Stirn umsah, einen Pfeil in die Sehne ihres Bogens gelegt. Mit ihren von Felmagie besetzten Augen spähend, lauschte sie und hielt inne, doch sie vermochte keinen verräterischen Laut mehr zu vernehmen. Einige weitere Herzschläge später wandte sie sich ab und ging bedenklich langsam weiter, die Umgebung immer noch argwöhnisch absuchend.   Erleichterung entfaltete sich in dem Nachtelfen, als er sie auch nach weiteren Augenblicken, die ihm wie endlose Stunden vorkamen, nicht wieder sah. Geduckt richtete er sich auf und schlich am Rand des Lagers entlang des Schlangenrückens davon.   Dunkelheit legte sich über die Krasarangwildnis, als die Sonne untergegangen war und hüllte den Dschungel in einen nächtlichen Schleier. Weramor tauchte immer weiter in das Unterholz hinein und legte auch noch an Tempo zu. Er hatte nicht mehr viel Zeit um der Bitte in dem Brief nachzukommen. Die Mondsucht war bereits weit hinter ihm und seine Gedanken drehten sich nur noch um sie. Nie hatte er geglaubt wieder von ihr zu hören. Die Vergangenen Zeiten nagten noch an ihm und hatten seine Konzentration möglicherweise auch in den vergangenen Wochen stark eingegrenzt - das musste sich sogar er eingestehen. Doch wenn diese Sache erst einmal geklärt war, würde ohnehin nichts mehr so sein wie es nun war. Im schlimmsten Fall, wäre dies die letzte Mission, die er im Namen der Mondsucht ausführen konnte.   »Halt!«, rief eine Stimme in den Schatten und Weramor blieb augenblicklich stehen. Er hob seinen Blick in die Höhe, aus der die Worte gerufen worden waren und erkannte eine Nachtelfe in der Tracht der Schildwachen. Sie hatte die Augen verengt und ein Pfeil schimmerte in der zurückgespannten Sehne des Bogens, den sie hielt. »Ihr-«, sie unterbrach sich selbst, als sie den Bogen senkte und ungläubig auf ihn herabstarrte. »Ihr kommt geradewegs aus dem Lager der Grünhäute und Ihr lebt noch?«, fragte sie etwas ungläubig. Ihre violetten Haare rahmten ihr schmales Gesicht ein, als sie zu ihm blinzelte.   Weramor lächelte leicht, als er ihre Unsicherheit wahrnahm. »Ich bin aus Zufall in die Nähe des Lagers gekommen.«, log er ohne sich zu verraten. Nymeria wedelte mit ihrem buschigen Schweif und schlich um ihn herum, während die Nachtelfe ihren Kopf schüttelte.   Sie schnaubte gereizt. »Bei Elune, Ihr solltet wachsamer sein, wenn Ihr in Krasarang unterwegs seid. Wisst Ihr denn nicht, dass dies bald alles Kriegsgebiet sein wird?«, fragte sie tadelnd. »Geht erst einmal zum Posten der Silberschwingen, von hier aus immer Richtung Norden. Wenn Ihr sie erreicht habt könnt Ihr an den Klippen entlang zum Tal der Vier Winde gehen, was ich Euch nur empfehlen kann, wenn Ihr einen schwachen Orientierungssinn besitzt.«   Der Jäger nickte matt und ging an dem großen, moosbewachsenen Baum vorbei, auf dem die Nachtelfe Stellung bezogen hatte. Er spürte noch ihren genervten Blick auf sich, als sie ihm nachsah. Weramor nahm sich vor, ihre scharfe Zunge nicht ernst zu nehmen, denn schließlich war es wirklich eine angespannte Situation derzeit in der Krasarangwildnis. Der Posten der Silberschwingen war sehr nahe an der Festung der Horde und sie mussten wohl jeden Augenblick mit einem Angriff rechnen. Notgedrungen musste er nun also nach Norden, doch es wäre auch nur ein kleiner Umweg, den er in Kauf nehmen musste. Außerdem hatte er die Möglichkeit die sperrige Waffe der Worgen loszuwerden.   Der Nachtelf erreichte nach wenigen Schritten den Posten der Silberschwingen, welcher wirklich mager aussah und einem größeren Angriff wohl keinen Stand halten würde. Die Bäume lichteten sich etwas und das Licht des kleinen Lagerfeuers erhellte den Platz auf dem zwei große Zelte und ein kleineres aufgeschlagen stand. Hinter dem Platz ragte bereits die riesige Klippe, auf dessen schwindelnden Höhen das Tal der Vier Winde lag. Fünf weibliche Nachtelfen - alle in der Kleidung der Schildwachen - saßen um das Lagerfeuer und hoben ihre Köpfe skeptisch, als Weramor durch die Bäume in das Lager trat. Unruhig wechselten sie einen Blick miteinander, während er sich ihnen näherte.   Als Weramor vor ihnen stand neigte er seinen Kopf: »Guten Abend, ich-«   »Sucht Ihr etwas?«, fragte eine raue Stimme und eine Decke das über einem der größeren Zelte gespannt war wurde zurückgezogen. Eine große Nachtelfe in kriegerischer Rüstung trat zu seiner Seite heraus und funkelte ihn forsch an. Ihre Augen leuchteten befremdend blau und ihre Haut sah ungesund und blass aus. Lange, grüne Haare legten sich um die Schulterstücke ihrer Rüstung und wirkten borstig und stumpf. Weramor war von ihrem herrischen Auftritt verwirrt und drehte sich ihr zu. »Habt Ihr Euch verlaufen und findet den Weg nicht mehr, oder habt Ihr einfach nur Wespen im Kopf Euch hier herumzutreiben?« Ihre Stimme klang wie splitterndes Eis, welches in der Sonne taute und ihre Anfeindung wirkte auf den Jäger grober als nötig gewesen wäre. Dennoch erkannte er, dass sie bereits tot war.   »Schwester, beruhigt Euch.«, murmelte eine der Schildwachen die am Feuer saß matt. Weramor fiel auf wie müde sie klang und erkannte nun die dunklen Schleier unter ihren Augen. Die Todesritterin schüttelte ihren Kopf. »Ich werde mich nicht entschuldigen, Schwester. Es gibt keinen Grund dazu.«   Weramor sah sie herausfordernd an. »Ich möchte in das Tal der Vier Winde reisen. Es ist nicht meine Absicht Euch zu belästigen.«, sprach er ruhig. »Ich wollte fragen, ob dieser Posten Verpflegung erhält und ob er von einem Boten besucht wird.«   Die Todesritterin nickte unwirsch. »In zwei Tagen bekommen wir eine neue Ladung mit den nötigsten Dingen, die uns die Allianz stellen möchte.«, knurrte sie leise und verengte ihre Augen.   Der Jäger blinzelte erstaunt. Die nötigsten Vorräte? Es war ungewöhnlich, aber normalerweise wurden die Stützpunkte der Allianz gut verpflegt, vor allem so nahe in einer Kriegszone. Er nahm die Stangenwaffe von seinem Rücken. »Ich möchte Euch dann bitten, diese Waffe mit dieser Nachricht entgegenzunehmen.«, begann er und zog auf einen Brief aus seiner Gürteltasche. Weramor hatte ihn noch in der Schreckensöde vorgeschrieben. Es war eine kurze Nachricht für Tensho und er hoffte, dass der Pandare nicht zu sehr enttäuscht sein würde, dass er die Worgen nicht gefunden hatte. »Bitte übergebt sie dem Boten, damit er sie zum Schlangenrücken bringen kann.«   Die Nachtelfe verengte ihre blauen Augen und ein kaltes Lächeln lag auf ihren Lippen. Sie öffnete gerade ihren Mund, aber eine andere Wächterin mit hellblauen Locken stand auf und nahm die Waffe des Jägers entgegen. »Wir werden sie dem Boten mitgeben, Bruder.«, versprach sie. Die Todesritterin warf ihr einen missfallenden Blick zu, doch dann seufzte sie. »Von mir aus.«, raunte sie und sah ihn wieder an. »Haltet Euch an den Klippen und Ihr gelangt in das Tal der Vier Winde. Ich hoffe Ihr verlauft Euch nicht.«   Weramor nickte der Schildwache, die die Waffe und die Nachricht entgegengenommen hatte freundlich zu. »Ich danke Euch.«, sagte er und richtete seine nächsten Worte an alle Anwesenden: »Ich wünsche Euch Elunes Segen für die Schlacht.«   Die Nachtelfen nickten ihm zu, nur die Todesritterin verschränkte ihre Arme. Der Jäger drehte sich um, pfiff nach Nymeria und ging aus dem Lager heraus. Der Druck des heraufziehenden Sturmes vor dem Krieg war deutlich auf den Schildwachen spürbar gewesen. Dennoch fragte er sich, was eine Todesritterin unter ihnen verloren hatte? Und warum es so schien, als hätte sie das Kommando über diesen Posten? Seit dem erfolgreichen Schlachtzug gegen die Geißel und Arthas, hatte er kaum noch Todesritter gesehen. Er hatte Gerüchte gehört, dass viele von ihnen immer noch in Nordend waren, doch aus welchem Grund- ... Das wussten vermutlich nur Todesritter.   Die Nacht hüllte ihn wieder in die Dunkelheit der Wildnis, als sein Weg ihn über stämmige Wurzeln und unebenen Boden führte. Seine Umgebung wurde matt von wenigen Glühwürmchen erhellt, die langsam zwischen den Wurzeln oder unter dem Blätterdach der Bäume herumflogen. Weramor würde nicht mehr lange brauchen, um den vereinbarten Treffpunkt zu erreichen, doch er hatte sich bereits verspätet, als er in das Lager der Silberschwingen getreten war. Er konnte nur hoffen, dass sie noch immer auf ihn wartete und wenn nicht-   Er schüttelte den Gedanken weg. Er wollte nicht darüber nachdenken was passieren würde, wenn sie nicht gewartet hatte. Sie hatte einfach warten müssen, immerhin betraf es sie beide, auch wenn der Schmerz der Vergangenheit in ihm noch fest saß. Weramor hatte nicht das Gefühl gehabt, dass er noch so sehr an ihr hing, bis sie sich wieder gemeldet hatte. Die Klippe zum Tal der Vier Winde neigte sich, während der Jäger den Treffpunkt erreichte und sich suchend umsah. Er sah sie nicht sofort, da sie auf einem Felsen in der Klippe saß, doch sie hatte ihn die ganze Zeit beobachtet, ohne sich zu erkennen zu geben.   Das Mondlicht, das durch die Lichtung der Bäume nun stärker war, enthüllte ihre Gestalt und Weramor erkannte, dass die Zeit an ihr spurlos vorbeigezogen war, seitdem er sie das letzte Mal gesehen hatte. Ihr silbernes Haar war zu einem lockeren Zopf zusammengebunden, nur einige Haarsträhnen lagen seidig im Seitenscheitel. Ihre helle, fliederfarbene Haut war makellos und wurde nur von den dunklen Tätowierungen um ihre Augen in Form von Ahornblättern überschattet. Ihr schlanker Körper steckte in einer dunklen Lederrüstung an dessen Gürtel mehrere Dolche hingen. Sie neigte ihren Kopf zu ihm herab und sah ihn mit ihren silbernen Augen an. »Ich hätte nicht geglaubt, dass du wirklich kommen würdest, Weramor.«, sprach sie leise und ein süffisantes Schmunzeln umspielte ihre Lippen. »Selbst nach dreißig Jahren hast du dich nicht verändert.«   Nymeria schlich um die Beine des Jägers herum, als dieser tief einatmete. »Es geht um etwas wichtiges, das ich schon viel früher hätte erfahren sollen, Nohlanie. Warum hast du es so lange geheim gehalten?«   Die Nachtelfe hob ihre langen Augenbrauen und sah amüsiert auf ihn herab. »Was? Dass ich dich wegen einer Schwangerschaft verlassen habe? Wegen unserem Sohn?«, fragte sie fast beiläufig und richtete sich auf.   Sie sprang leichtfüßig von dem Felsen herab und sah ihn zweifelnd an. Weramor runzelte seine Stirn. Ihre Bewegungen waren schleichend, fast wie von einem Raubtier. Nohlanie war schon vorher eine gute Zweischwertkämpferin gewesen, aber jetzt wirkte sie eher wie ein Schleicher. Jemand, der verdeckt arbeitete und meistens die Drecksarbeit für eine Gegenleistung erledigte. Ein Schurke. »Ich bin hier, weil er mich kennen lernen möchte. Ich hätte schon früher von ihm erfahren sollen.« Er biss sich auf die Lippen und schluckte einen Kloß herunter. »Warum bist du ohne ein Wort fortgegangen, wenn du ein Kind von mir erwartet hast?«   Der Frust in dem Jäger wuchs und er bebte innerlich. Seine Liebe zu Nohlanie hatte so plötzlich geendet, wie sie begonnen hatte und nun stiegen die vergrabenen Gefühle der Enttäuschung stärker denn je in ihm hoch. Jetzt, da er wusste warum sie ihn verlassen hatte, konnte er es noch weniger nachvollziehen. In ihrem Brief hatte sie geschrieben, dass ihr gemeinsamer Sohn ihn kennenlernen wollte - seinen Vater. Am liebsten wäre Weramor sofort aufgebrochen, nachdem er die Nachricht erhalten hatte, doch stattdessen hatte sie ihn fast einen Monat lang warten lassen. Zuerst wollte sie sich mit ihm hier treffen, bevor er ihn - seinen Sohn - sehen konnte.   Nohlanie sah den Jäger leidig aber kühl an, als sie auf ihn zuging. »Mein lieber Weramor...«, seufzte sie leise. Erst als sie direkt vor ihm stand und in seine Augen blickte sprach sie weiter: »Kommt es dir nicht etwas seltsam vor, dass ich mich nach all den Jahren wieder melde und dann auch noch behaupte, ich wäre wegen einer simplen Schwangerschaft gegangen?« Weramor starrte sie verständnislos an, zu verwirrt um etwas zu sagen. »Hast du wirklich geglaubt, ich hätte es dir nicht einfach sagen können? Ich schätze, du hast mich nie wirklich gekannt, mein Liebster.«   Der Jäger wich einen Schritt von ihr zurück und sein Gesicht verdüsterte sich. »Willst du mir damit ernsthaft sagen, dass das alles eine Lüge war?« Seine Gesichtszüge verhärteten sich und in seinem Inneren spürte er eine Hitze aufsteigen, die er nicht zuordnen konnte. War es Wut, oder Erleichterung? Er konnte es nicht zuordnen.   »Ich würde es vielmehr einen Vorwand nennen. Ich musste sichergehen, dass du auch wirklich kommen würdest.«, entgegnete Nohlanie und nickte sehr sachlich.   Weramor schluckte und atmete tief durch, ehe er gequält lächelte. »Du hast dich kein bisschen verändert, Nohlanie.«, sprach er bemerkenswert ruhig aus. Die Nachtelfe hob eine Augenbraue, womöglich aus Irritation, dass er sich ein Lächeln abrang. »Die Langlebigkeit der Nachtelfen verhindert, dass wir uns zu stark verändern in so kurzer Zeit.«, erwiderte sie knapp.   »Warum dieses Theater?« Weramor verschränkte seine Arme vor der Brust und sah sie argwöhnisch an. »Hättest du mir nicht einen normalen Brief schreiben können, wenn du dich mit mir treffen willst?«   Nohlanie lächelte verschleiert und sah etwas verletzt aus. »Wärst du denn gekommen?«, fragte sie leichthin. Weramor wollte antworten, doch schloss er seinen Mund wieder. Er konnte es nicht beantworten, denn der aufgewühlte Schmerz über ihr plötzliches Verschwinden saß zu tief. Es wäre so einfach gewesen 'Ja' zu antworten, doch er hätte sich vermutlich selbst nicht geglaubt. »Was willst du also?«, fragte er stattdessen.   Nohlanie schmunzelte amüsiert. »Ich habe einen Auftrag erhalten und ich brauche Verbündete.«, sprach sie und sah ihn herausfordernd an. »Jemand mit sehr viel Macht möchte, dass wir sichergehen, dass die Allianz diesen Krieg gewinnt. Er hat mehr Macht als Varian und Garrosh zusammen.«   Ihr aufmerksamer Blick ruhte auf Weramor, der sie skeptisch ansah. Er verlagerte sein Gewicht von einem Bein auf das andere. »Du solltest doch keine Probleme mit deinen Aufträgen haben, Nohlanie.«, sprach er knapp und abweisend. »Schon damals hast du die Züge eines Schurken gezeigt und wie ich sehe, hast du sie perfektioniert.«   Die Nachtelfe sah ihn ernst an. »Wenn ich hierbei erfolgreich bin, könnte dies den Krieg in der Krasarangwildnis - nein, nicht nur den - die gesamte Auseinandersetzung zwischen Horde und Allianz gravierend beeinflussen.« Ihre Worte klangen drängend, doch Weramor schüttelte seinen Kopf. »Ich kenne dich Nohlanie. Dich interessiert dieser Krieg genauso wenig wie mich. Nichts an dir ist so fragwürdig wie deine Loyalität.«   Nohlanie sah ihn weiterhin ruhig an. »Es geht mir nicht um den Krieg, sondern darum, die Horde nicht gewinnen zu lassen. Früher oder später werden sie im Stande sein, die Allianz auszulöschen und dass dies nicht geschieht, dürfte auch in deinem Interesse liegen.«   »Die Allianz auslöschen?«, fragte Weramor und drehte seinen Kopf wieder zu Nohlanie. Kurzzeitig war sein Interesse geweckt worden, auch wenn sein Pflichtbewusstsein für die Mondsucht wieder in ihm aufgekommen war. »Was weißt du?«, fragte er ruhig.   Nohlanie lächelte leicht, jetzt da sie seine Aufmerksamkeit hatte. »Vieles. Ich sagte doch, dass mein Auftraggeber sehr viel Macht besitzt und er lässt mich an den Visionen dieser Welt teilhaben.« Sicher ging sie an Weramor vorbei und blieb knapp hinter ihm stehen, ehe sie ihren Kopf an sein Ohr drehte. Ihre Lippen hätten ihn berühren können, wenn sie es gewollt hätte und er zuckte nicht zurück. »Wenn du auch Teil dieser Macht werden willst komm mit mir. Du wirst alles erfahren, alles verstehen, alles wissen. Über das Schicksal Azeroths.«, flüsterte sie leise.   Weramor schnaubte leise, während sie ihren Blick wieder nach vorne richtete und sehr langsam zurück in die Schatten der Krasarangwildnis ging. Für einige Herzschläge hörte er nur ihre Schritte und er blickte gedankenverloren über die ruhige Landschaft des Tals der Vier Winde. Was war das für eine Macht, von der Nohlanie sprach? War sie vertrauenswürdig? Konnte man sie für etwas Gutes einsetzen? Was war dieses Schicksal, das Azeroth erwartete? Wer war dieser Auftragsgeber?   Sein Herz wurde schwer, als er sich von dem Tal der Vier Winde abwandte und Nohlanie nachsah, die dabei war, in den Schatten zwischen den Bäumen des Dschungels zu verschwinden. Er könnte es herausfinden, sichergehen, dass Nohlanie keine Dummheiten machte. Jetzt konnte er ohnehin nicht mehr so einfach in die Schreckensöde zurückkehren und vielleicht war es gut, etwas mehr zu erfahren. Vielleicht könnte diese Macht auch der Mondsucht gegen das Sha helfen.   Mit einem leisen Pfiff über die Schulter folgte er Nohlanie. Nymeria nah ihrem Herren an, ehe sie ihm schwanzwedelnd in das Unterholz hinterherlief.     *****     Sie rümpfte ihre Nase, als ihr der Gestank von Qualm und Rauch entgegenschlug der von den Schmieden herrührte. Die kleinen grünen Plagegeister waren damit beschäftigt Holz- und Eisenschichten miteinander zu verschmelzen und der Gestank missfiel der Sin'dorei sehr. Sie hielt sich am Rand des Lagers auf um nicht von den Peons oder Goblins belästigt zu werden. Jedoch war sie fast der Überzeugung, dass die sie ohnehin nicht belästigen würden. Die Waldläuferin lehnte sich gegen einen der riesigen Bäume, der gefällt worden waren. Eine Schade, doch sie konnte sich den eher harmlosen Befehlen nicht jetzt schon widersetzen. Zumindest für den Augenblick hatte sie ihre Ruhe vor den Kor'kron und konnte sich Gedanken über diese hässliche Festung machen, die hier entstand.   Zunächst war Zyraphen unschlüssig gewesen, ob sie die Geisterlande wirklich verlassen sollte, doch sie wurde von Halduron Wolkenglanz, dem Weltenläufer und Oberbefehlshaber aller Waldläufer selbst, zurückgerufen. Der Kampf in den dunkleren Ländereien ihrer Heimat waren zwar nicht mehr so brutal wie einst, doch immer noch Gefährlich. Mit ihrem Trupp hatte sie die Trolle der Amani an den Rand der Auslöschung getrieben und der Kult der Verdammten konnte sich einen anderen Platz suchen um ihre Schwarze Magie zu praktizieren. Es war ein raues Leben unter den Waldläufern, während viele Bewohner Silbermonds noch nicht einmal mehr an die Schrecken dachten, die direkt vor der goldenen Stadt lauerten. Doch Zyraphen hatte dieses Leben gemocht, auch wenn sie als Waldläufer nicht mehr die Anerkennung bekam wie vor vielen Jahren.   Nicht begeistert von der Nachricht hatte sie sofort den Weltenwanderer aufgesucht und ihn zur Rede gestellt, was denn so wichtig wäre. Mit teilweise verfilzten Haaren und Dreck im Gesicht und auf ihrer Kleidung hatte sie ihn in den Hallen des Herzes von Silbermond herausgefordert. Der Weltenwanderer konnte ruhig sehen, dass sie inmitten eines Einsatzes gewesen war, aus dem sein Bote sie herausgezogen hatte. Glücklicherweise kannte Halduron sie sehr gut und sah ihr auch ihre gelegentlichen Wutausbrüche nach. Doch er hatte sie auch gut genug kennen sollen, dass sie sich einen Dreck um ihre äußere Erscheinung scherte, als sie ihn aufgesucht hatte. Auch wenn - oder eben genau weil - es Silbermond war, hätte sie sich nie die Mühe gemacht, sich vorher in den Spiegel zu sehen. Die edlen Magier und Paladine sollten ruhig sehen, dass ihre Stadt den Schutz brauchte, nicht fremde, gefrorene Ländereien.   Er hatte ihr nicht viel erklärt, doch dann hatte der Lordregent, Lor'themar Theron selbst, den Konferenzraum betreten. Es war für die Waldläuferin eine solche Ehre gewesen und sie würde diesen Moment nie vergessen wie überrascht er von ihrer Erscheinung gewesen war. Ihr Umhang war notdürftig an sehr vielen Stellen geflickt worden, ihre Kettenrüstung teilweise abgerissen, ihr Gesicht mit Dreck und ihre Kleidung mit Schlamm bespritzt. Nicht einmal ihre Kapuze hatte sie sich abgesetzt und so wurde sie dem Lordregenten vorgeführt. Das erste Mal in ihrem Leben als Waldläuferin hatte sie sich für ihre äußere Erscheinung geschämt. Der gesamte Hofadel hätte anwesend sein können und es hätte sie nicht geschert. Doch bei dem Lordregenten von Silbermond selbst, sah die Sache anders aus. Damals war sie erstarrt. Sie hätte sich zumindest kämmen können.   Aber ihr Aussehen hatte sehr schnell keine Rolle mehr gespielt, sondern ihr bevorstehender Auftrag. In diesem Konferenzraum hatte sich ihre Starre sehr schnell in Unmut verwandelt. Zyraphen sollte mit der Archäologischen Akademie nach Pandaria reisen. Die Sin'dorei hatte bisher nicht sehr viel von dem neuen Kontinenten hinter den Nebeln gehalten und diese Einstellung hatte sich auch jetzt noch nicht geändert, nachdem sie einen Fuß darauf gesetzt hatte. Doch ihr sollte die Ehre zuteilwerden, als Stellvertreter ihres Volkes aufzutreten und die Ausgrabungen zu leiten. Zumindest war dies die Fassade die sie aufgrund der Geheimhaltung aufrecht erhalten musste.   Ihre wirkliche Mission bestand darin - neben der Leitung der Ausgrabungen - ein wachsames Auge auf Garrosh zu haben. Sie sollte seine Vorgehensweise, seine Befehle, jeden Schritt, den er auf Pandaria tätigte, überprüfen und dem Lordregenten sofortigen Bericht erstatten, sollte ihr etwas merkwürdig vorkommen. Allerdings hatte man ihr nicht gesagt, was in diese Kategorie komisch fiel. Denn schließlich war sie eine Waldläuferin, sozusagen das eigentliche Gegenteil ihrer von Magie geformten Kultur. Vermutlich war sie selbst für den Größtteil ihrer Rasse 'komisch'. Zyraphen würde wohl einfach die Augen offenhalten und wachsam sein. Es war merkwürdig, sich auf ihre neue Rolle als Leiter einer langweiligen Ausgrabungsoperation einzulassen, wo sie doch lieber bedächt spähte, sich im Hintergrund aufhielt und dafür sogar lieber im Dreck robbte, aber sie würde diese Rolle auch meistern.   Doch es war nicht nur ihre verdeckte Mission die ihr Sorgen bereitete. Es war auch das Wissen, welches der Lordregent mit ihr geteilt hatte. Wissen über die Zukunft von Silbermond und der Sin'dorei. Lor'themar Theron spielte mit den Gedanken Verhandlungen mit dem König von Sturmwind, Varian, zu führen. Er war sich noch unschlüssig, ob die Sin'dorei wieder der Allianz angehören sollten, Fakt war, dass er Garrosh als hetzerischen Kriegshäuptling nicht weiter akzeptieren wollte. Doch war es die richtige Entscheidung, wieder die Seiten zu wechseln, wie damals zu den Zeiten ihres Prinzen? Würde ihr Volk für immer zwischen den Stühlen stehen und von einer Fraktion zur nächsten gedrängt werden, aufgrund ihrer Herkunft? Sie hatten es auch geschafft mit ihren größten Feinden, den Trollen und Orks in der Horde ein Bündnis zu finden, auch wenn es mehr auf Nutzen als auf Vertrauen basierte. In Zyraphens Augen gehörten sie nicht wirklich zur Horde, aber gehörten sie zur Allianz?   Die Waldläuferin spähte gedankenverloren über das Lager und die Flottenschiffe, in denen die Mitglieder der archäologischen Akademie noch untergebracht waren, bis die Umgebung gesichert war. Wie Ratten war ihr Volk eingesperrt, doch sie hatte darauf bestehen können, bereits an Land zu gehen, um sich ein Bild von dem neuen Land zu machen. Bewusst hatte sie so den Unmut der Kor'kron auf sich gezogen, doch als Stellvertretende Repräsentantin der Sin'dorei war ihr das herzlich egal gewesen. Laute Schreie richteten ihren Blick wieder auf das Lager, in dem zwei Blutwachen der Kor'kron gerade einen Goblin anbrüllten. Sie drohten ihm, das wusste sie auch wenn sie nicht genau verstand, was sie sagten. Die kleinen, grünen Plagegeister sollten ihre Arbeiten an der Festung so schnell wie möglich erledigen. Grizzle Radflutsch ließ seine großen Fledermausohren hängen, während sich der kleine Körper des Goblins anspannte. Doch dann nickte er nur, er hatte nachgegeben. Die Goblins würden weiterarbeiten, bis die gesamte Festung stehen würde, und wenn sie Tage und Nächte keinen Schlaf bekommen würden. War ihre Ehrfurcht vor Garrosh so groß?   Zyraphen streckte sich und ging ihre Patrouille noch einmal zurück. Sie musste in Bewegung bleiben, ansonsten konnte sie sich nicht konzentrieren und gerade jetzt, wo sehr viel Verantwortung auf ihren Schultern lastete, musste sie sich zusammenreißen. Für den Sonnenbrunnen und das höhere Wohl der Blutelfen, würde die Waldläuferin diese Reise, diese Mission und diese - in ihren Augen - Verschwendung von Energie und Zeit in Kauf nehmen. Außerdem hatte sie schon sehr viel von Garrosh' Herrschaft gehört und sie wusste auch, dass es dumm wäre, ihn unbeobachtet herumlaufen  zu lassen.   Die Waldläuferin erreichte den zusammengebrochenen Teil des Walles am Rande zum Meer. Angeblich soll sich diese Mauer durch ganz Pandaria ziehen und trennte so das dahinterliegende Gebiet von den anderen ab. Für einige Herzschläge hielt sie inne, ehe sie das Gebüsch genauer untersuchte. Zyraphen beugte sich darüber und erkannte selbst in der Dunkelheit die abgebrochenen Zweige und einige frische Blätter die auf dem Boden verstreut lagen. Ein kleines Büschel braunes Fell hing zwischen den Zweigen und sie hob ihre Augenbrauen kurz, ehe sie sich wieder erhob und weiter ging.   Die Blutelfe hatte die goldenen Augen des Nachtelfen zwischen den Blättern gesehen. Es hieß, dass die männlichen Kal'dorei mit besonders goldenen Augen die Gabe der Natur besaßen - die eines Druiden. Vielleicht war wirklich ein Nachtelf auf die Idee gekommen hier herumzuschnüffeln, oder es war ein blöder Zufall gewesen. Aber wie dem auch sei, sie hatte keinen Grund gehabt ihn zu stellen, schließlich war ihre Aufgabe den kriegssüchtigen Ork zu observieren. In Gedanken versunken zog sie sich die rote Kapuze ihres roten Mantels tiefer in ihr Gesicht, während sie dem sachten Rauschen der Wellen lauschte und weiter ihren Weg ging.     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)