Odd Jobs von DarkSnow (Sie müsses nicht an das glauben, was ich tue. Nur das Ergebnis zählt) ================================================================================ Kapitel 1: First Job -------------------- Ich saß gerade vor meinem Computer und surfte im Netz, da ich keinen aktuellen Auftrag hatte. Das Leben als Auftragsarbeiter für schwierige oder ungewöhnliche Fälle, war kein besonders ertragsreiches Geschäft. Ich konnte jeden Monat froh sein, wenn ich mir die Miete für meine Einzimmerwohnung und das Büro leisten konnte und dabei nicht verhungerte. Das lag aber nicht daran, dass es so viel Konkurrenz gab! Nein, die meisten Leute wussten schlicht und ergreifend nichts von meiner Branche und sahen mich daher meistens nur als einen Pfennigfuchser, Betrüger, Hochstabler oder Scharlatan. Es gibt noch weitere äußerst nette Bezeichnungen, doch die muss ich hier wohl kaum alle auflisten. Als Gründer und einziger Angestellter von Odd Jobs - Sie müsses nicht an das glauben, was ich tue. Nur das Ergebnis zählt. war ich der Mann für die Fälle, in denen es nicht mit rechten Dingen zu ging. Oder besser gesagt bei denen sich das Übernatürliche zeigte. Und wenn es zu Beginn eines Auftrags nichts damit zu tun hatte, so spätestens, nachdem ich ihn angenommen hatte. Mein Büro bestand aus einer Topfpflanze, die den Raum angeblich freundlicher wirken lies, einem billigen Schreibtisch von IKEA samt Stühlen und einem Computer, mit dem ich Dinge wie Recherchen machen konnte, samt einem Drucker für Verträge und ähnliches. An der Wand hinter mir hing eine teure Spiegelreflexkamera, die der wohl teuerste Teil meiner Inneneinrichtung war und dem üblichen Bürokram auf dem Tisch, wie Papier, Stifte und Marker. So spartanisch, wie der Raum insgesamt ausgestattet war, hätte man mich wirklich für einen Betrüger halten können, da das professionellste die Aufschrift draußen an der Tür war, die meinen Geschäfftsnamen samt Slogen trug. Sowohl ich selbst, als auch gelegentlich vorbeikommende Freunde, warfen immer wieder den Gedanken in den Raum, ob eine üppigere Innenausstattung und Werbung, wie beispielsweise in Zeitungen mir nicht mehr Klienten beschaffen würde, doch das verwarf ich immer mit der Aussage, dass ich mir selbst dann noch mehr wie ein Betrüger vor käme. Nicht, dass ich einer war! Ich erledigte meine Arbeit so professionell, wie es für einen Amateuren wie mich möglich war, doch allein das Image meiner Brache brachte kaum Glaubwürdigkeit mit sich. Ich hielt gerade meine Bevölkerung bei Die Siedler Online auf Trab, als es zaghaft klopfte, bevor eine schlanke hochgewachsene junge Frau mit blondem langem Haar, Babie-Gesicht und blauen Augen, in einem ihrer Figur schmeichelnden schwarzen Kostüm samt Handtäschchen eintrat. Sofort loggte ich mich aus und schloss das Fenster meines Firefox. Die junge Frau roch gerade zu nach Geld und strahlte die Aroganz einer Frau aus, die in ihrem Leben noch nie auf etwas hatte verzichten müssen. Persönlich konnte ich solche Tussen nicht ausstehen, doch Geschäft war eben Geschäft. Ganz automatisch korrigierte ich meine Haltung, strich mir die schwarzen Strähnen aus dem Gesicht und setzte ein Lächeln auf. Mit einer einladenden Handbewegung bot ich ihr den Stuhl mir gegenüber an und immernoch verunsichert trat sie näher. Ich hatte ihr noch nichtmal zur Begrüßung die Hand gereicht, da erkannte ich in ihren Augen bereits, die Ablehnung gegenüber meinem Tattoo auf dem linken Augenlid. Sofort ließ ich wieder ein paar Strähnen in mein Gesicht fallen, sodass meine linke Gesichtshälfte fast völlig verdeckt wurde. Die Geste half nur wenig, doch immerhin rannte sie nicht gleich wieder schreiend davon und schüttelte mir sogar die Hand. Letzteres hätte sie, so wie ich sie einschätzte, wohl nie getan, hätte ich nicht einen schwarzen Handschuh mit freien Fingern getragen, der ein weiteres Tattoo auf meiner rechten Handfläche verbrag. "Herzlich willkommen! Nur zu, setzen Sie sich. Darf ich ihnen einen kaffe oder ein Glas Wasser anbieten?" Unsicher sah sie zu dem Waschbecken auf ihrer linken Seite und der daneben stehenden Kommode mit der Kaffemaschine, schüttelte dann den Kopf und setzte sich widerwillig hin. "Herr..." An dieser Stelle unterbrach ich sie. "Jonathan. Jonathan reicht völlig. Ich habe es sogar als Künstlernamen angegeben, wenn sie also unbedingt wollen, können sie mich auch Mister Jonathan nennen." Noch verunsicherter setzte sie erneut an. "Mister Jonathan. Wie ich hörte, übernehmen Sie Fälle, die mit..." Da sie sichtlich um Worte rang, unterbrach ich sie erneut. "Paranormalen?" Mit einem Lächeln zeigte sie, dass sie sich dieses Mal nicht an der Unterbrechung störte und schien mir sogar etwas erleichtert. "Ja, genau. Eine Kollegin von ihnen hat mir ihre Karte gegeben und mich zu ihnen geschickt." Mit einer kurzen Pause suchte sie in ihrer kleinen Lederhandtasche und zog schließlich meine Visitenkarte hervor, von denen nicht viele Leute ein oder gar mehrere Exemplare besaßen. Als sie mir sie reichte, sah ich sie mir kurz an, nickte und gab sie ihr zurück. "Darf ich fragen, wer die Kollegin war?" "Madame Nacht. Sie war sich sicher, dass Sie mir helfen könnten." Madame Nacht war eine meiner Lehrmeisterinnen gewesen und verstand ihr Handwerk. Während viele da draußen nur so taten, als könnten sie hellsehen oder behaupten, dass sie ein Medium seien, so trafen diese Bezeichnungen auf Madame Nacht tatsächlich zu. Zwar beherrschte sie noch weitere Fähigkeiten, wie die Hypnose und Seelenrückführung, doch die meisten ihrer Kunden kamen nur zur Belustigung. Dass sie jedoch ihrer örtlichen Polizei mehrfach geholfen hatte, hatte ihr einen guten Ruf beschert, der auch mich damals zu ihr geführt hatte. Schnell kehrte ich mit meinen Gedanken in das Hier-und-jetzt zurück und wand mich an meine potenzielle Kundin. "Dann erzählen Sie mir doch, was ich für Sie tun kann." "Nun, mein Vater ist kürzlich verstorben und hat in seinen letzten Jahren ein starkes Mistrauen gegenüber der Familie an den Tag gelegt. So hat er uns zwar einige Immobielen vermacht, doch sein eigentliches finanzielles Vermögen, vor seinem Tod, sich bar auszahlen lassen und versteckt. Madame Nacht hat für mich bereits mit seinem Geist Kontakt aufgenommen, mir jedoch mitgeteilt, dass er nicht wünscht, dass ich oder ein anderes Familienmitglied das Geld finden." "Und nun soll ich genau das tun, richtig? Das Geld finden." "Wenn Sie meinen, dass Sie es schaffen? Meine Mittel sind sehr beschränkt, aber wenn sie mir helfen, kann ich Sie auf jeden Fall bezahlen." Ich lächelte. Das war wiedermal typisch. Der Wille ihres Vaters war ihr egal und wenn ich das Geld gefunden hatte, so war ich mirsicher, dass sie dies vor ihrer Familie geheim halten würde, wenn sie konnte. Anstatt sich oder durch Madame Nacht ihren Vater zu fragen, warum er es versteckt hatte, interessierte sie sich nur für sich selbst. Das bestätigte mir nur den Eindruck, den ich bereits bei ihrem Eintreten von ihr gewonnen hatte und hätte sie deshalb am liebsten sofort wieder weggeschickt. Leider erlaubten meine Finanzen dies nicht. "Ich versichere ihnen, dass ich das Geld für Sie beschaffen werde. Allerdings müssen wir vorher die Formalitäten klären. Von was für einer Summe sprechen wir hier ungefähr und in welcher Form wurde sie versteckt? Geldscheine, Goldbarren oder Schmuck zum Beispiel." "Vater hat es unseres Wissens nach in Scheinen versteckt und es dürften wohl gut drei Millionen Euro sein." Mit der Maus öffnete ich einen Ordner mit Muster-Formularen und wählte die entsprechende Datei aus. Nach einem kurzen Blick auf meine Kundin trug ich die Daten ein und veränderte die 30 Prozent Gewinnbeteiligung basierend auf dem Fund, zu 50 Prozent. "Nun fehlt mir nur noch ihr Name. Hätten Sie einen Ausweis dabei?" "Natürlich." Erneut durchstöberte sie ihre winzige Handtasche, zog ein cremeweißes Naturleder-Portemonai hervor und reichte mir ihren Personalausweiß. Mit einem schnellen Blick prüfte ich ihr Gesicht und übernahm danach den Namen, bevor ich auf drucken klickte. Während wir auf meinen Drucker warteten, gab ich ihr ihren Ausweis zurück und knallte ihr schließlich lauter als beabsichtigt den Vertrag vor dir Nase. "Lesen Sie ihn sich ruhig in Ruhe durch. Das ist ein Standartwerk und Abweichungen sind nicht verhandelbar!" Mit einem Nicken begann sie zu lesen und zog schon kurz darauf die Augenbrauen nach oben. "Sie verlangen 50 Prozent des Fundes?" "Ja und dass vor Steuern oder sonstigem. Ich bekomme genau 50 Prozent von dem, was ich finde. Ich verlange und nehme keinen Cent mehr, jedoch auch keinen weniger. Wenn Sie außerdem weiterlesen, stellen Sie fest, dass dies nur bei Erfolg in Kraft tritt. Sollte ich nichts finden, so schulden Sie mir nur die Fahrtkosten und weitere etwaige Spesen, die ich ihnen dann mit Quittungen belege." "Sie arbeiten also ohne Lohn, wenn Sie versagen?" Ich verblüfftes und ungläubiges Gesicht brachte mich zum Lächeln. "Ja. Doch bevor Sie sich falschen Illusionen hingeben, ich habe noch nie versagt!" Ein kurzer Augenblick der Stille trat ein. "M-mein Anwalt wird darauf bestehen, dieses Dokument zu prüfen, bevor ich es unterschreibe." "Nur zu. Er wird feststellen, dass er absolut rechtskräftig ist. Allerdings, ist das dann der falsche Vertrag. Da Sie einen Auftrag mit Zeitkooponente stellen und eine Versögerung durch eine anwaltliche Prüfung fordern, sinkt meine Erfolgswahrscheinlichkeit. Damit würden 55 Prozent des Fundes an mich, bei Erfolg gehen. Wie Sie sich entscheiden, ist natürlich ihre Sache. Doch wie gesagt, die Uhr tickt." Die junge Frau schluckte sichtbar, zögerte noch einen Moment und unterschrieb dann mit einem der Kugelschreiber, die in einem Becher links von ihr standen. Ich unterschrieb selbst noch und aktivierte die Kopierfunktion des Druckers. Das Original verstaute ich in einem Ordner in der Komode und gab die Kopie an meine neue Klientin. "Hier. Wenn Sie geld sparen wollen und einen Wagen haben, können wir gerne sofort zum Zielgebiet aufbrechen." Meine Klientin war einverstanden und nachdem wir den Aufzug ins Erdgeschoss genommen hatten, erwatete uns auf der Straße eine verspiegelte Limousine. Die Frau erfüllte wirklich alle möglichen Klischees und ich war mir sicher, dass wir auf eine ganze Gruppe von weiteren romanfigurhaften Geiern an unserem Ziel finden würden. Nach einer anderthalbstündigen Fahrt wurde ich zu meinem Leidwesen nicht enttäuscht. Wir hatten die Stadt verlassen und fuhren gerade auf ein Anwesen zu, dass vermutlich noch aus dem Mittelalter stammte. Zugegeben, dass schmiedeeiserne Tor öffnete sich automatisch, doch ansonsten wirkte es edel und protzig. Auf der Rückbank der Limousine saß ich neben meiner Klientin und sah mit gemischten Gefühlen aus dem Fenster. Hinter dem Tor und dem dazugehörigen Zaun lag eine gepflegte Grünfläche mit mit vereinzelten Springbrunnen und Steinfiguren. Das Gelände wirkte weitläufig und als der Wagen schwenkte und ich die Villa erblickte, wirkte diese kaum kleiner. Nur Sekunden nach dem Schwenker hielt der Wagen und wir stiegen aus. Meine Auftragsgeberin wartete, bis ihr der Fahrer öffnete, während ich mir diesen Luxus weder erlaubte noch wünschte. Meine gesamte Erscheinung machte deutlich, dass ich nicht hier her gehörte. Das beschränkte sich nicht auf die leicht krumme Haltung und die Diskounter-Kleidung, nein, alles an mir verriet, dass ich weder hier täglich arbeitete, noch hier wohnte. Die letzten Beiden Punkte stimmten mich etwas fröhlicher und während meine Augen die Umgebung zu erkunden begannen, folgte ich der jungen Frau ins Haus. "Gibt es hier einen Raum, an dem ich ungestört mit der Arbeit beginnen kann?" "Im Arbeitszimmer meines Vaters dürfte niemand sein. Folgen Sie mir Mister Jonathan, ich bringe Sie hin." Das innere der Villa war genauso beeindruckend und pompös, wie ihr Äußeres. Wir befanden uns in einer Art Empfangshalle, mit Türen und Gängen in alle Richtungen, sowie einer steinernen Wendeltreppe nach oben. Goldene Tapaten mit einem Blättermuster bedeckten die Wände, wo keine Gemälde von Lanschaften in ebenfalls goldenen Rahmen hingen, und an der Decke hing tatsächlich ein großer Kristallkronleuchter. Ermüdet von diesem einzigen Klischee atmete ich erschöpft aus und wie aufs Stichwort, kam ein älterer Butler im Anzug auf uns zu. "Fräulein Weinberg, willkommen zurück. Darf ich ihnen und ihrem Gast eine Erfrischung reichen?" "Nein danke, Siegfried." Stumm wartete ich darauf dass es weiter ging und nachdem der Butler dies ebenfalls registriert hatte, verabschiedete er sich wieder mit einer leichten Verbeugung und der Bitte ihn zu rufen, wenn wir etwas benötigten. Danach ging es die Treppe hinauf und über einen mit Pakett verlegten Boden nach links. Erst die dritte Tür öffnete sie und mit dem dringenden Wunsch diesen Ort so schnell wie möglich zu verlassen, folgte ich ihr. Im inneren Befand sich ein großer Schreibtisch, mehrere Regale mit Büchern, ein Sessel und alles mögliche, was man zum Arbeiten gebrauchen konnte, samt einer Kristallflasche mit bernsteinfarbenem Cognac, wie ich vermutete. Auch dieser Raum hätte aus so manchem altmodischen Film über die Oberschicht stammen können. Meiner Ansicht nach, schienen die Weinbergs sehr darum bemüht wirklich alle diese Klischees zu erfüllen. Doch so geräumig das Arbeitszimmer auch war, so waren wir nicht allein in ihm. Ein junger Mann von gut 1,80 in Jeans und einem weißen T-Shird und muskulösem Körper stand vor einem der Regale und glitt mit seinem Finger über die Titel. Als sich die Tür hinter uns schloss, drehte er sich um und ich konnte sein Gesicht sehen. Sein Haar war kurz und blond, genau wie sein Bart, der sich um den Mund herum und über sein Kinn erstreckte. Seine Züge wirkten hart, doch ich erkannte eine entfernte Ähnlichkeit zu der jungen Frau vor mir. Mit einem angedeuteten Lächeln sah er sie an und sprach mit tiefer Stimme. "Hallo Schwesterchen. Auch auf der Suche nach Papas Schatz?" "Steven! Dich hätte ich hier als Letzten erwartet." "Ja, der verlorene Sohn ist heimgekehrt und will eben auch sein Stück vom Kuchen haben. Ich weiß, ich bin für euch nur das schwarze Schaf der Familie, doch meine Kinder würden sich freuen, wenn ihr Papa ihnen mal etwas größeres schenken könnte." "Jetzt drück' hier nicht auf die Tränendrüse. Du bist doch selbst Schuld, dass du sie damals geschwängert und Vaters Angebot in der Firma zu arbeiten abge!ehnt hast!" "Wir alle wussten, dass das nichts für mich gewesen wäre. Ich bin eben kein Anzugträger und halte Schweiß auf meiner Haut auch nicht für eine Krankheit." "Wärst du damals klüger gewesen, wäre es nie soweit gekommen, das weißt du." "Genug von den ollen Kamellen. Willst du mir deinen Gast nicht vorstellen? Oder bin ich dir selbst dafür nicht gut genug?" "Das ist Mister Jonathan. Er ist..." "Ein neuer Angestellter ihrer Schwester." Freundlich machte ich einen Schritt auf ihn zu und reichte ihm die Hand, welche er mit kräftigem Druck ergriff. "Freut mich. Obwohl ich mich frage, wofür meine Schwester jemanden wie Sie anstellt. Nehmen Sie es bitte nicht persönlich, aber Sie wirken eher wie jemanden, den meine Familie mit mir in Verbindung bringen würde, als mit ihr." "Der Schein trügt die Leute öfter, als sie es sich eingestehen wollen. Ich mache nur meine Arbeit und solange ich bezahlt werde, ist es mir egal, ob man hinter oder vor meinem Rücken über mich schlecht spricht." "Ihre Einstellung gefällt mir. Ich habe auch nie viel darauf gegeben, was andere von mir hielten. Entschuldigen Sie bitte die direkte Frage, aber ist das ein Tattoo auf ihrem Auge?" "Ja." "Ich kenne niemanden, der sich an so einer Stelle hat tätowieren lassen. Hat das ein besondere Bedeutung?" "Ja, eine religiöse, wenn man so will." Mit einem Nicken ließ er meine Hand wieder los. "Ich würde ja fragen, was Sie für meine kleine Schwester machen, aber ich vermute, dass ihr das nicht recht wäre. Ich lasse euch Beide dann mal allein. Wir sehen uns spätestens auf der Beerdigung Kleines." Damit ging er an mir vorbei und auf direktem Wege zur Tür. Sie hatte sich auch schon fast hinter ihm geschlossen, als man seine Stimme nocheinmal kurz vernahm. "Eine Einladung wäre übrigens schön gewesen. Es ist nicht gerade angenehm aus der Zeitung von dem Tod seines Vaters zu erfahren." Nachdem die Tür dann zu war, wand sich meine Klientin entschuldigend an mich. "Verzeihen Sie diesen kleinen Zwischenfall. Geschwisterzwist, Sie verstehen. Ist dieser Raum für Sie in Ordnung?" "Ja, bestens. Wann ist die Beerdigung, wenn ich fragen darf?" "In vier Tagen. Wollen Sie mit seinem Geist sprechen?" "Nachdem, was Sie mir über ihren Termin bei Madame Nacht erzählt haben, bezweifle ich, dass dies etwas brignen würde. Ich brauche nur etwas Zeit allein und ungehinderten Zugang zu dem gesamten Gelände." "Ich werde es den Angestellten mitteilen. Sagen Sie ihnen einfach Bescheid, wenn Sie etwas brauchen." "Nur keine Umstände. Ich schätze, dass ich bis spätestens zur Beerdingung habe, was Sie wollen." "Ist das ihr Ernst?! Die Angestellten und wir haben das Gesamte Haus bereits durchsucht und nichts gefunden." "Keine Sorge. Lassen Sie mich einfach allein und Sie werden zufrieden sein. Oh, und keine Sorge, Sie können mich gerne durchsuchen, bevor ich gehe, falls Sie sich sorgen machen, dass ich Sie bestehelen könnte." Mein letzter Kommentar ließ sie etwas rot werden und so wand sie sich schnell zum Gehen. Sie hatte die Tür bereits erreicht, als ich sie nocheinmal kurz aufhielt. "Eine Frage noch, bevor ich anfange. Wem im Haus hat ihr verstorbener Vater am meisten Vertraut?" "Wie meinen Sie das?" "Hat er mit jemandem besonders viel Zeit verbracht und über seine Sorgen und Probleme gesprochen? Vielleicht ja speziell vor seinem Ableben? Ihre Mutter oder einer der Angestellten vielleicht?" "Normalerweise würde ich meine Mutter behaupten, doch seinen letzten Handlungen nach zu schließen, muss ich das wohl bezweifeln. Siegfried kannte meinen Vater am längsten. Er hat schon für ihn gearbeitet, bevor meine Eltern geheiratet haben. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er mit ihm eine solche Beziehung unterhalten hat." Mit einem Danke verabschiedete ich sie und wartete, bis ich das Klicken des Schlosses hörte. Allein im Raum schloss ich mein tätowiertes Auge. Es dauerte einen Moment, bis sich der Zauber aktivierte, doch dann sah ich hindurch, als wäre mein Auge offen gewesen. Der einzige Unterschied war, dass ich nun sehen konnte, was meinen menschlichen Augen sonst verschlossen war. Aufmerksam sah ich mir meine Umgebung erneut an, konnte jedoch nichts übernatürliches finden. Damit hatte ich auch nicht gerechnet, doch ich wollte keine negativen Überraschugnen provozieren und so setzte ich mich in den Sessel, bevor ich zum nächsten Schritt überging. Mit geübtem Griff streifte ich den Handschuh von meiner linken Hand ab und zum Vorschein kam meine tätowierte Handfläche. Allerdings befand sich die Magie, die ich nun brauchte nicht in meiner Handfläche. Ruhig spreizte ich meine Finger und begann mich auf den Kleinen zu konzentrieren. Unbewusst begannen sich meine Lippen leicht zu bewegen, als ich die simple Beschwörungsformel herunterbetete und an den Dämon dachte, den ich rufen wollte. als ein leises Zischen ertönte, wustte ich, dass ich es geschafft hatte. Ein gut drei Zentimeter langer Abstand hatte sich zwischen dem letzten Gelenk vor dem Nagel und dem Übrigen Finger geöffnet. es war, als hätte ich den Knochen, der die Spitze meines kleinen Fingers darstellte vom Rest getrennt und nur durch mein Tattoo auf dem Auge hindurch konnte ich den röhrenförmigen violetten Lichtschein sehen, der die Körperteile verband. Als die Röhre ihre drei Zentimeter erreicht hatte, gab es eine Art schwarzen Blitz aus dem Violett, der sich von mir weg beweigte und dann zu einer grauen Wolke anschwall, bevor der Dämon seine Form annahm. Keine fünf Sekunden dauerte das Spektakel und dann schwebte mein Alp vor mir. "Hi Süßer! Ist schon ne weile her. Ich hab mich schon gefragt, wie lange ich noch da drin warten soll?" "Keine Zeit für Smaltalk. Wir haben Arbeit." "Wir? Warum habe ich das Gefühl, dass du mit wir mich meinst?" "Jetzt tue aber mal nicht so, als wäre ich so ein Sklaventreiber. Außerdem hatten mir mehr als nur eine schöne gemeinsame Zeit, oder?" "Okay, Okay, Okay. Also, was soll ich machen?" "Hier im Haus oder irgendwo draußen auf dem Gelände befindet sich eine große Menge verstecktes Bargeld. Versuche sie zu finden und berichte mir, dann. Befrage die Bewohner und Arbeiter des Hauses um Hinweise zu erhalten und nimm dir speziell den alten Butler Siegfried vor. Solltest du nichts konkretes finden, berichte mir eben, was du hast. Du hast zwei Stunden Zeit." "Alles klar, Detektivin spielen also. Bin unterwegs!" Als Dämonin für Jonathan tätig zu sein, hatte seine Vor- und Nachteile. Ich lebte zwar in seiner Gefangenschaft, doch hatte auch so manches Abenteuer mit ihm erlebt. Außerdem konnte ich nicht von der Hand weisen, dass ich unter ihm gewachsen und stärker geworden war. Unsichtbar für die Menschen schwebte ich durch das Gebäude und erkannte schnell, dass es in zwei Stunden, für mich allein, unmöglich war, alles abzusuchen. Die Einrichtung der Villa entstammte einer Zeit, zu der es mich noch nicht gegeben hatte und sagte mir so überhaupt nicht zu. Bei so alten Möbeln hätte man andere Dämonen erwarten können, die sich hier heimisch fühlten und schon mehrere Menschenleben hier verbrachten, doch um mich herum traf ich nur vereinzelt Menschen. Nachdem ich ihre Gedanken gelesen hatte, bildete ich mir langsam ein eigenes Bild von den Beziehungen in diesem Haus und fand auch den Butler von dem Jonathan gesprochen hatte. Die Mehrheit des Hauses dachte nur über das Geld nach und nicht über den Verstorbenen. Mir als Dämonin war dies natürlich egal, doch ich wusste, dass dieses Verhalten unter Menschen als kalt und moralisch verwerflich galt. Dass diese Leute gleichzeitig nach Außen hin die trauernde und bestürzte Familie spielten, amüsierte mich. Dennoch vergaß ich meinen Auftrag nicht und begann nun die Gedanken des Butlers Siegfried zu lesen. '...Sir Weinberg hat richtig gehandelt, indem er sein Geld versteckt hat. Seine Familie sind die reinsten Blutsauger! Lediglich dem armen Willhelm würde ich etwas von dem Geld wünschen. Er mag auch nicht um den Verstorbenen angemessen trauern, aber ihm hat Sir Weinberg unrecht getan. Ich würde ihm ja einen Hinweis geben, aber ich will nicht gegen den letzten Willen des Verstorbenen handeln....' Mit einem breiten Grinsen im Gesicht, dass all die Menschen um mich herum natürlich nicht sehen konnten, schwebte ich zufrieden zu Jonathan zurück. Ich mochte das Versteck nicht kennen, doch ich konnte ihm nach weniger als einer Stunde bereits sagen, wer ihm helfen würde. Bevor ich die Tür zu Jonathan öffnete, sah ich mich kurz um. Mich mochte niemand sehen können, eine sich öffnende Tür jedoch schon. Mit meiner Fähigkeit mich durch enge Öffnungen zwängen zu können, brauchte ich die Tür nur einen Spalt zu öffnen und schlüpfte schon hinein. Mit einem leisen klicken schloss sich die Tür wieder hinter mir und Jonathan sah mich vom Sessel mit seinem einen geschlossenen Auge an. "Schon zurück?" "Dieser Butler, Siegfried weiß etwas." "Und verrätst du mir auch was?" "Du weißt, dass ich nur die aktuellen Gedanken einer Person lesen kann. Er scheint zu wissen, wo das Geld ist, will es aber niemandem verraten." "Oh, er wird es uns verraten!" Seine Worte ließen mich erneut grinsen. "Ich werde ihn dann mal etwas ausfragen und du begleitest mich. So sollten wir an die gewünschten Informationen kommen." Während ich nickte, erhob sich mein Meister und begab sich zur Tür. Nachdem mein Alp sich meterialisiert hatte, war die Lücke an meinem Finger auch wieder verschwunden. Geduldig wartete ich auf ihre Rückkehr und als sie mir schon nach kurzer Zeit berichtete. erhaob ich mich und ging zur Tür. Der Alp schwebte die ganze Zeit hinter mir her, während ich mich auf den Weg nach unten machte. Dort wechselten mein Alp und ich unsere Positionen und sie führte mich zu Siegfried. Um keine unnötige Aufmerksamkeit auf mein geschlossenes Auge zu lenken, vergarb ich es erneut hinter meiner Haarpracht, durch die ich, dank dem Zauber, ebenfalls broblemlos sehen konnte. Als ich den Butler erreichte, war er gerade dabei Silberbesteck zu polieren und reagierte auf mich, mit einer aufgesetzten freundlichen Mine. Dass er mir gegenüber Mistrauisch war und ich ihn zusätzlich bei der Arbeit störte, war verständlich, weshalb ich ihn auch nicht auf das aufgesetzte Gesicht ansprach. Während ich das Gespräch begann, begab sich meine Dämonin in Position und wir starteten unseren Angriff. "Entschuldigen Sie die Störung, doch ich müsste ihnen ein paar Fragen stellen." "Natürlich Sir! Was kann ich für Sie tun?" "Man sagte mir, dass Sie den Verstorbenen am längsten kannten, ist das richtig?" "Das ist korrekt. Ich bin am Längsten angestellt, von allen Mitarbeitern und habe auch schon für ihn gearbeitet, bevor er seine werte Gattin kennengelernt hat." "Sie scheinen mir ein loyaler Mann zu sein. Stimmt es auch, dass Sie zu dem Verstorbenen ein Verhältnis hatten, dass über ihre professionelle Anstellung hinaus ging?" "Ich fürchte, ich kann ihnen nicht folgen?" "Bitte verstehen Sie mich nicht falsch! Ich möchte wissen, ob man sagen könnte, dass Sie mit ihrem ehemaligen Arbeitgeber eine Freundschaft unterhalten haben?" "Soweit würde ich nicht gehen. Es stimmt jedoch, dass mich der verstorbene Herr von Zeit zu Zeit ins Vertrauen gezogen hat." "Hat er das auch bezüglich seines Geldes getan? Dem versteckten Erbe meine ich." "Es tut mir Leid, aber dazu werde ich mich nicht äußern." "Schon in Ordnung. Doch wenn ich davon ausginge, dass Sie wüssten, wo das Geld ist, so würden Sie mir gewiss keinen Hinweis geben, oder?" "Wenn mich der Verstorbene darum gebeten hätte nicht. Ich muss jetzt in die Küche un nachsehen, wie es um die Vorbereitungen mit dem Abendessen bestellt ist."   Damit wollte er sich auf den Weg machen, doch ich packte ihn am Arm. "Eine Frage nur noch! Wo sollte man ihrer Meinung nach, nach dem geld suchen? Draußen oder hier drinnen? Oder vielleicht überhaupt nicht auf dem Gelände?" "Was tun Sie noch gleich für Fräulen Weinberg?" "Ich helfe ihr. Aber das dürfte für heute genügen. Wenn Sie noch die Güte besäßen, mir ein Taxi zu rufen, so sind Sie mich schon bald wieder los." "Wie Sie wünschen. Ich werde mich auf dem Weg in die Küche darum kümmern, muss nun aber wirklich los!" "Danke und richten Sie Fräulein Weinberg aus, dass ich morgen wiederkomme." "Sehr wohl." Mit einer kleinen Verbeugung ging er und ich blieb mit meiner Dämonin zurück. Wie immer, wenn ich mit meinen Dämonen sprach und riskierte von anderen Menschen gehört zu werden, flüsterte ich ihr zu. "Und? Weißt du, wo das Geld ist?" "Nicht genau, doch ich kann dir die ungefähre Richtung weisen." "Das sollte reichen. Dann geht es morgen auf Schatzsuche!" Am nächsten Tag kehrte ich wie verprochen zurück. Schon auf meiner Fahrt im Taxi war ich in Begleitung zweier Dämonen. Es waren die Alp vom Vortag und meinen Poltergeist. Die Dämonin schwebte zu meiner Rechten und der Dämon zu meiner Linken, bis wir die Villa erreichten. Am Tor wurde ich vom Taxi abgesetzt und nachdem ich mich angemeldet hatte eingelassen. Bis ich den Eingang des Gebäudes erreicht hatte, erwartete mich bereits meine Klientin ungeduldig. "Da sind Sie ja! Haben Sie bereits erste Ergebnisse?" "Ja, ich schätze, dass ich ihnen heute oder morgen das Geld übergeben kann." "Wirklich? Wie haben Sie..." "Ich habe es ihnen doch gesagt, Sie müssen nicht an das glauben, was ich tue. Nur das Ergebnis zählt!" Damit wand ich mich von ihr ab und folgte meinem Alp. Diese führte mich um die Villa herum und zu dem dahinter liegenden Garten. Als wir diesen erreicht hatten, senkte sie ihre Geschwindigkeit, worüber ich froh war. Ich war bei weitem kein Athlet, doch dank meinen Dämonen war dies auch nur selten notwendig. Das wusste auch die Alp und hatte deshalb am Anfang ein höheres Temo vorgelegt als nötig. Ich hätte ihr zwar befehlen können langsam zu machen, doch ab und an gönnte ich meinen Dämonen ihre kleinen Eigen- und Gemeinheiten. Als es nun langsamer wurde, konnte ich mich etwas erholen und meine Alp nutzte die Zeit, um sich umzuschauen und nach dem zu suchen, was sie in den Gedanken des Butlers Siegfried gefunden hatte. Wir liefen knapp eine halbe Stunde, bis die Dämonen in dem weiten Gelände die erste Kurskorrektur vornahm. Insgesamt verstrichen gut anderthalb Stunden, bis die Alp glaubte am Ziel zu sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)