Die Herren der Winde von Katzenelch ================================================================================ Kapitel 2: Aller Anfang ist schwer ---------------------------------- "Weißt du... Eigentlich kann ich Kinder echt nicht ausstehen", murrte Kankuro. Er und Taiga liefen alleine durch das Dorf. Die Sonne brannte heiß. Die Luft schnitt trocken in der Lunge. Es war einfach zu warm. "Hätte Temari nicht die ganze Nacht Wache gehalten, hätte sie dir deine Wohnung zeigen können." Taiga lief stumm hinter ihm her. Es war kein angenehmes Gefühl, derart offenkundig als Last angesehen zu werden. Vor einem der Sandsteinhäuser machten sie Halt. Für das Mädchen sahen sie alle gleich aus. Sie kniff die Augen zusammen, da es für sie ungewohnt hell für diese Tageszeit war und warf einen Blick auf die Hausnummer. 13. Na super, ihre Glückszahl, dachte Taiga ironisch. Sie begaben sich in den zweiten Stock. Kankuro öffnete die Tür zur Wohnung, welche sie daraufhin betraten. Diese war in Dunkelheit getaucht. Taiga konnte durch Fensterlamellen ein wenig Licht vernehmen. Ihr Begleiter ging weiter und öffnete die Fenster. Die warmen Sonnenstrahlen von draussen erleuchteten nun ihr staubiges Heim. Dieses Bestand aus nur einem etwa 10m² großen Raum mit anschliessendem Bad. Die Einrichtung war sehr spartanisch. Ein Bett mit Kommode, ein Schreibtisch mit Stuhl und eine kleine Küchenzeile. Dennoch war dies mehr als sich Taiga erhofft hatte. "Und ich darf wirklich hier wohnen?", fragte sie hoffnungsvoll. Kankuro nickte. "Aber klar. Doch freu dich nicht zu früh. Wenn du deine Ausbildung abgeschlossen hast und dein erstes Geld verdienst, darfst du die Miete wieder abarbeiten – mit Zinsen! Also beeil dich besser mit dem Lernen." Er zwinkerte ihr schlemisch grinsend zu, bevor er die Fenster wieder schloss und sich wieder in Richtung Tür begab. "Nun lass uns aber wieder nach draußen gehen. Ich muss dir noch das Dorf zeigen." Sie schlenderten sie über die sandigen Wege Sunagakures. Er zeigte ihr die wichtigsten Gebäude wie der Sitz des Rates und des Kazekages, das Krankenhaus mit anschliessendem Gewächshaus und die Akademie. Er zeigte ihr aber auch den Marktplatz und einige schöne Ecken zum Trainieren. Als er dabei war, ihr zu erklären, wie hervorragend die Klippen um das Dorf als Festung dienten, wurde er durch ein Knurren unterbrochen. Dieses Knurren stammte von Taigas Magen. Ihr war es sichtlich peinlich, denn ihre Wangen nahmen einen leichten Rotstich an. Kankuro seufszte und verschränkte die Arme. "Gute Idee, ich habe auch Hunger. Komm, ich lad' dich zu 'nem Hamburger ein." Im Imbiss verspeißten sie schweigsam ihr Mittagessen. Das Schweigen kam Taiga etwas unangenehm vor. Ihr brannte eine Frage auf der Zunge, aber zögerte diese zu stellen. Dann entschied sie sich doch die Stille zu durchbrechen. "Kann ich dir eine Frage stellen?" "Klar, immer raus damit.", antwortete er fast ausdruckslos. Ihn schien das Schweigen nicht sonderlich gestört zu haben. "Dieser Junge... Gaara hieß er glaube ich. Warum ist er so ablehnend mir gegenüber?" Kankuro überlegte kurz, bevor er antwortete. "Er wird ehrlich gesagt mit niemandem wirklich warm. Vor kurzem ist er aber zum ersten mal besiegt worden. Seitdem wirkt er sehr durcheinander, aber auch nachdenklich." Er atmete tief durch und schloss die Augen, öffnete diese kurz darauf wieder und sah das Mädchen mit ernstem Blick an. "Geh' meinem Bruder besser aus dem Weg. Ich bin selbst noch nicht wirklich schlau aus ihm geworden." "Bruder?!", fragte Taiga erstaunt. "Ihr seht euch gar nicht ähnlich." Kankuro musste lachen. Es sah etwas verkrampft aus, scheinbar wollte er dieses unterdrücken. "Das höre ich oft. Tja, er sieht Mutter nun mal ähnlicher als ich." "Dann war euer Vater also der Wer-Tiger?" "Wer-Was?!", er zog eine Augenbraue nach oben, um zu zeigen, dass er nicht ganz verstand. "Na Wer-Tiger." Sie deutete auf die zwei Ecken seiner Kappe, unter denen man mit viel Fantasie, Katzenohren vermuten konnte. Kankuro war es nicht mehr möglich, sich zusammenzureissen und brach in schallendes Gelächter aus. Nur langsam beruhigte er sich wieder. "Ich bin ein normaler Mensch, falls du das meinst.", japste er und zeigte eines seiner eindeutig Menschlichen Ohren unter seiner Kopfbedeckung hervor. "Du bist also ein Wer-Tiger? Heißt das, du verwandelst dich bei Vollmond oder so?". Seine Stimme klang fast neckend, aber Taiga schüttelte enttäuscht den Kopf. "Jene Fähigkeiten sind seit Generationen verloren gegangen." "Schade. Aber auf der Akademie wirst du schon noch herausfinden, wie du am besten kämpfen kannst." "Und wie kämpfst du?", fragte sie neugierig. "Ich bin ein Marionettenspieler.", antwortete Kankuro stolz. Als er dann den verwirrten Gesichtsausdruck von dem Mädchen erblickte, schien er eine Idee bekommen zu haben. "Ich komm morgen nach deinem Unterricht zu dir und zeige dir, was ich meine." Taiga war verblüfft. "Du willst dich morgen wieder mit mir treffen?" Er zuckte mit den Schultern. "Ich muss ohnehin nach dir sehen, weißt du? Schließlich traut der Rat dir noch nicht." Sie verabschiedeten sich und Taiga lief wie in Trance nach Hause. Die Hitze der Sonne nahm sie nur noch am Rande wahr. Dass man ihr hier nicht traute versetzte ihr einen Stich. Sie hatte so schreckliche Angst, wieder fortgejagt zu werden. Aber man beschattete sie. Was sollte sie davon halten. Und der einzige, der mit ihr sprach tat dies nur, weil das sein Job war. Diese Nacht weinte sie sich in den Schlaf. Sie träumte schlecht. Der Traum beförderte sie zurück an den Tag, an dem die Fremden in ihr Haus brachen. Erneut musste sie vor ihrem inneren Auge mit ansehen, wie ihre Mutter in kleine Stücke gehackt wurde, bis sie endlich starb. Ihre Schreie hallten noch immer in ihren Ohren. Ihren Vater verschleppten sie zur Hinrichtung. Eine Stimme flüsterte ihr ins Ohr, aber sie wusste nicht mehr, was sie sagte. Ein Grinsen, das nichts Gutes verhieß. Aus ihrer Kehle tropfte es warm. Eine Hand packte ihren Oberarm, fast schon besitzergreifend. Dann war es dunkel. Der nächste Morgen war angebrochen. Die Sonne schien Taiga in die Augen, wodurch sie schließlich wach wurde. Sie hatte unglaublich schlecht geschlafen. Hätte sie mal nicht über Nacht das Fenster offen gelassen. Im Tran warf sie einen Blick auf die Uhr. Nur noch fünf Minuten bis neun!? Mit einem mal war sie hellwach, denn sie hatte nur noch fünf Minuten, um zur Akademie zu kommen. In Windeseile wusch sie sich kurz, zog sich um und rannte aus ihrer Wohnung. Ein Glück, dass sie dank Kankuro wusste wo sie lang musste. Wenn sie in dem Moment noch hätte suchen müssen... Undenkbar. Gänzlich außer Atem stand sie vor der Tür des Klassenzimmers. Der Unterricht hatte offensichtlich schon begonnen. Taiga schluckte, setzte ihre Kapuze über ihre Ohren und öffnete dann vorsichtig die Türe. Zu ihrem Ärgernis quietschte diese verräterisch laut. Der Lehrer, der gerade einen Vortrag hielt, bemerkte das Geräusch von der Tür und hielt inne. Als er das verspätete Mädchen erblickte, wurde sein Gesichtsausdruck streng, als hätte er auf etwas bitterem gekaut. "Taiga Terra?" "Uhm, ja...", antwortete sie unsicher. Der Lehrer winkte sie zu sich nach vorne. "Auch wenn du neu bist, bitte ich dich darum in Zukunft Pünktlichkeit zu achten!", sein Tonfall ließ keine Widerrede zu. Dann wand er sich an die Klasse. "Das ist eure neue Mitschülerin. Sie kommt aus einem fremden Dorf und ist Asylantin in Sunagakure. Seid also nett zueinander." Er deutete auf einen Platz neben einem schüchtern aussehenden Mädchen mit hellbraunem Haar. "Setz' dich und pass gut auf.", befahl er nach wie vor mit einem Blick, der an Abscheu erinnerte. Taiga nickte nur und setzte sich wie angewiesen auf ihren Platz. Ihre Sitznachberin lächelte sie freundlich an. Na wenigstens etwas was heute gut lief. An diesem Tag unterrichtete der Lehrer seine Schüler zum Thema Chakra. Er beschrieb, wie man jenes schmiedete und konzentrierte. Um das Erklärte zu demonstrieren, nahm er einen von mehreren Steinen, die auf seinem Pult lagen, hielt ihn auf der Handfläche und nach kurzer Zeit leuchtete der Stein in Türkis. "Dieser Stein leuchtet, wenn ihr Chakra erfolgreich in eurer Hand konzentriert. Das dürfte jeder hinkriegen, es muss nicht mal gleichmäßig sein." Er verteilte diese Steine unter den Schülern. Es kam Taiga merkwürdig vor. Für alle anderen Anwesenden war dieses Chakra was ganz bekanntes, vielleicht alltägliches. Doch sie hörte zum ersten Mal davon. Die Theorie klang ja ganz verständlich, aber wie sollte sie geistige und köperliche Energie miteinander verbinden, wie kam man da dran und wie konnte man das beeinflussen? Während sie sich ihre Gedanken machte, hatten die Ersten schon ihren Stein zum leuchten gebracht. Ihre Sitznachberin hatte es auch recht schnell geschafft. Taiga nahm nun auch ihren Stein in die Hand. Die Oberfläche war angenehm kalt und glatt. Sie konzentrierte sich, aber es wollte einfach nicht klappen. Sie wusste nicht wie... Am Ende war sie die einzige, die es noch nicht geschafft hatte. Der Lehrer sah sich das Spektakel an. Ein leichtes Grinsen umspielte seine Lippen. "Du musst schon etwas Chakra schmieden, bevor du es in die Hand lenkst." Die Klasse fing an zu lachen. Taigas Gesichtsfarbe nahm mehr und mehr rötliche Farbe an. Sie schaffte es einfach nicht. "Dabei hat dich Baki persönlich als äußerst talentiert gelobt.", sagte der Lehrer mit gespielter Enttäuschung. Nun hallte nicht nur das Gelächter sondern auch noch Getuschel von den Wänden wider. "DIE und talentiert." "Kapiert die das echt nicht!?" "Was hat die überhaupt mit Baki zu tun." "Erst zu spät und dann nichts checken!" Es war wirklich ein grausam schlechter Schulanfang. Unglaublich deprimiert schlenderte sie nach dem Unterricht nach Hause. Es war genau so wie sie es befürchtet hatte. Sie konnte nichts und ihre Mitschüler akzeptierten sie nicht. Außer vielleicht das Mädchen, dass neben ihr saß. Sie hieß Matsuri und war wirklich nett zu ihr gewesen, auch wenn es vielleicht aus Mitleid war. Genervt bemerkt sie, dass sie Sand in den Schuhen hatte. Ob sie Kankuro fragen sollte, wie dieses Chakra funktionierte? Sicher würde er sie ebenfalls auslachen. Aber es schien ein grundlegendes Element zu sein, welches sie einfach beherrschen musste. Zu Hause angekommen, setzte sie sich auf 's Bett und sah sich um. Es war kein Wunder, dass sie diese Nacht schlecht geschlafen hatte, denn sie hatte sich noch nicht um den Staub gekümmert, der nahezu jeden Zentimeter Fläche in Anspruch nahm. Sie wühlte in den Schränken und fand tatsächlich etwas, dass sie als Lappen benutzen konnte. Bis Kankuro sie besuchen käme, konnte sie sich ja mit Staubwischen beschäftigen. Es klopfte an der Tür. Taiga schmiss vor Schreck den Lappen in eine Ecke und öffnete ihrem Besuch. "Na Kleine, wie war dein erster Schultag?", begrüßte sie ihr Besucher mit einem selbstgefälligen Grinsen. Kleine!? So hatte er sie jetzt nicht wirklich genannt!? "Frag nicht!", antwortete sie angespannt. Ihre Ohren waren aufgrund der Erinnerung schon wieder angelegt. "Es war grauenhaft!" Er kam in die Wohnung und stellte eine Holzkiste auf dem Schreibtisch ab. "Hm? Was ist denn passiert?" Seine Frage klang sogar halbwegs interessiert. "Ich habe mich total blamiert, weil ich nicht wusste wie dieses Schakka funktioniert.", murrte sie genervt. "Du meinst Chakra?", fragte Kankuro. "Jaaa, genau!" Er setzte sich auf den Schreibtischstuhl. "Du musst deine physische und psychische Energie konzentrieren und diese miteinander verbinden, um..." "Das weiß ich ja!", unterbrach Taiga und gestikulierte wild mit ihren Händen. "Die Theorie ist nicht das Problem, aber ich krieg es einfach nicht hin!" Wie sollte er ihr dann helfen, fragte sich der Junge und kratzte sich am Kopf. Wieso bekam sie es denn nicht hin? Taiga hatte eine Idee. "Darf ich dich um etwas bitten?", fragte sie nun vorsichtig. "Kommt ganz drauf an. Was denn?" Er klang wieder misstrauischer und kniff die Augen zusammen. "Ich möchte dich darum bitten eine Technik anzuwenden, die nur ganz wenig von diesem Schakka..." "Chakra." "...verbraucht. Denke genau daran, was du machst. Tu' nichts rein intuitiv und schau mir dabei die ganze Zeit in die Augen." "Das ist eine komische Bitte...", gab Kankuro zu bedenken, aber er war einverstanden. Er blickte ihr in die Augen und hob seine Hände zur Seite. Er bemerkte, dass Taigas Augen wieder so seltsam schwarz wurden und sie ahmte seine Handbewegung exakt nach. Nun dachte er genau daran, wie er das Chakra schmiedete und in seine Fingerspitzen lenkte. So stellte er Chakrafäden her, welche zu seiner rechten Seite an der Wand hafteten. Er sah, dass das Mädchen erfreut lächelte. Dann wand er seinen Blick von ihren Augen ab, zu ihren Händen. Kankuro stockte kurz der Atem, als er mit aufgerissenen Augen ihre Hände betrachtete. Sie hatte die Technik mit den Chakrafäden perfekt nachgemacht. Woher wusste sie denn was er machte? Irritiert sah er wieder Taiga an. "Wie zum Teufel hast du das gemacht!?" "Du hast mir gezeigt, wie es geht.", sie grinste zufrieden. "Vielen Dank." "Hast du etwa so was wie meine Gedanken gelesen?" Diese Vorstellung war absurd und gefiel Kankuro gar nicht. Aber wie sonst, sollte sie das angestellt haben? Taigas Zufriedenheit wich Sorge, als sie sah, dass ihr Gegenüber alles andere als erfreut wirkte. "Bitte erzähle es keinem, ja? Die Menschen mögen es nicht, wenn ich das mache und eigentlich mache ich es auch nicht. Bitte, bitte behalt es für dich, ich werde es auch bestimmt nicht noch mal machen, bitte..." "Jetzt komm mal wieder runter.", unterbrach er sie in etwas ruppigen Ton. Für einen Moment war es still. Bis Kankuro wieder sprach. "Ich bekomme so langsam eine Vorstellung, warum man dich los werden wollte. Mir ist es auch nicht ganz geheuer, was du da machst, aber offensichtlich musst du dabei Augenkontakt halten.", stellte er konzentriert fest. Taiga nickte zögerlich. Sie hatte es schon wieder vermasselt. "Ich werde nichts sagen, aber nur wenn du mir versprichst, es nie wieder anzuwenden. Das bleibt vorerst unser Geheimnis, ja?" Im Nachhinein fragte er sich, warum er fast schon Mitleid mit ihr hatte. Er wusste, dass er sich mit diesem Angebot noch in Teufels Küche bringen würde und knirschte mit den Zähnen. "Oh vielen, vielen Dank!" Taiga war so glücklich, dass sie sich ihm glatt in die Arme schmiss. Dabei verhedderte sie die beiden in die Chakrafäden, die sie eben noch gesponnen hatten. Das nervte Kankuro dann doch wieder. "Du Tollpatsch!" Er zupfte die Fäden ruppig wieder auseinander. So konnten sie sich wieder frei bewegen. "Deswegen mag ich Kinder nicht, sie sind immer so emotional und stürmisch." Irgendwie musste Taiga lachen. So langsam fand sie es gar nicht mehr schlimm, wenn er sich über sie beschwerte. "Lach' nicht! Weißt du was?" Nun war er es der grinste. "Ich werde dich unterrichten." "Unterrichten?" "Richtig! Ich weiß ja nun über deine Fähigkeiten bescheid. Wer sonst sollte also in einer besseren Position sein, dich zu schulen, als der Mann, der dich beschattet? Sieh es als eine Art Nachhilfe." Er zwinkerte und schien etwas im Schilde zu führen, was Taiga allerdings nicht bemerkte. Sie ärgerte sich darüber, dass er sie an ihre Beschattung erinnern musste, denn sie hasste es. Kankuro stand auf und ging zum Schreibtisch, zu der Holzkiste, die er mitgebracht hatte. Er öffnete diese und kramte darin rum. "Es ist ein glücklicher Zufall, dass du nun die Chakrafäden schmieden kannst. Eigentlich ist das eines der komplizierteren Techniken, aber sie verbrauchen halt nicht viel Chakra." Er holte zwei kleine Gelenkpuppen aus der Kiste und legte diese auf den Boden. Er bewegte seine Hände und eine der beiden Puppen erwachte zum Leben. Zumindest sah dies für Taiga so aus, denn diese Stand auf und lief vor ihr auf und ab. Taiga bekam große Augen, holte mit der Hand aus, bekam die Puppe aber nicht zu fassen, weil Kankuro sie schnell wieder zurückzog. "Warum haust du denn danach?", fragte er verwirrt. "Keine Ahnung.", sagte Taiga. Sie war selbst verdutzt darüber. "Es hatte sich so bewegt und ich musste es einfach fangen." Ihr Katzenschwanz wedelte aufgeregt hin und her. Dem Jungen ging ein Licht auf. "Du bist also so katzenhaft, wie du aussiehst, hm? Jetzt konzentrier dich aber bitte mal." Er deutete auf die noch liegende Puppe. "Wende noch einmal die Chakrafäden an und befestige sie an den Gelenken. Dann versuch sie damit zu bewegen. Probier's mal aus." Sie versuchte es. Sie strengte sich auch wirklich an, aber ihren Fingern entsprangen nur zwei lächerliche Fäden, mit denen sie die Arme der Puppe zumindest an den Handgelenken rudern lassen konnte. "Was soll das denn werden?", fragte Kankuro, das Gesicht ungläubig verzogen. "Warum hast du nur zwei Fäden gemacht?" "Ich habe kein Chakra mehr..." "Das ist nicht dein Ernst!?" Er starrte sie entsetzt an. Sie konnte doch wohl nicht derart wenig Chakra haben. Kinder die nur halb so alt waren wie sie, hatten fünf mal mehr Vorräte. Taiga zuckte mit den Schultern. "Vielleicht muss ich das noch durch Training verbessern? Immerhin komme ich aus einer Gegend, in der das gar nicht verwendet wird." Das konnte eine Erklärung sein. Also würde die Nachhilfe anstrengender werden, als er befürchtet hatte. "Wir kriegen das schon hin.", meinte er aufmunternd. "Übe täglich und du wirst schon stärker werden." Zumindest hoffte er das. Sie dachte einige Sekunden nach, dann schien ihr etwas einzufallen. "Du kämpfst mit Puppen?" Er wusste nicht, wieso sie ausgerechnet jetzt darauf gekommen war, aber er war schon etwas erfreut darüber, dass sie sich darüber Gedanken gemacht hatte. "Richtig, aber das sagte ich dir gestern schon. Das ist das Kugutsu no Jutsu, die Kunst des Marionettenspielens. Meine Marionetten haben Menschengröße und sind mit Waffen und Gift bestückt." Es fiel auf, dass er immer voller Stolz war, wenn er von seinen Techniken erzählte. "Und du glaubst, dass ich das lernen kann?", fragte Taiga ehrfurchtsvoll. Kankuro grinste frech. "Nur wenn du die Puppen nicht wieder jagst." "Ich werde mich bemühen!" Sie lauschte seinen Erklärungen, bis die Nacht hereinbrach. Als sie bemerkten, dass es bereits dunkel geworden war, verabschiedete sich Kankuro. Taiga lag wach im Bett. Sie konnte nicht schlafen. Ihre Gedanken kreisten um das, was sie diesen Abend gelernt hatte und es ließ sie dieses eine Mal ihre Vergangenheit vergessen. Ob der Marionettenspieler sie nur unterrichtete, weil ihm das aufgetragen wurde? Oder machte er das von sich aus. Sein Lachen wirkte so echt und freundlich. Ob er ihre Geheimnisse für sich behielt? Oder ob er sie nur aushorchte? Jedenfalls machte ihr das Puppenspiel großen Spaß. Alles andere war ihr erstmal egal. Schlafen konnte sie dennoch nicht. Das Katzenmädchen stand aus dem Bett wieder auf und begab sich nach draußen. Sie kletterte auf das Hausdach, um sich die Sterne anzusehen. Vielleicht wurde sie ja irgendwann müde genug, um sich wieder hinlegen zu können. Einige Zeit verbrachte sie nur damit, sich den Sternenhimmel anzusehen. Er sah gänzlich anders aus, als in ihrer Heimat. Ein lauer Wind umspielte ihre Nackenhaare. Sie ließ den Blick über die Dächer aus Sandstein wandern. Nicht weit von ihr sah sie noch jemanden, der auf einem Hausdach saß. Seltsam. Hier gab es also auch welche mit diesem Tick? Taiga stand auf und lief auf die Person zu. Hier und da musste sie von einem Dach zum anderen springen. Ihre Schritte schallten leise durch die Nacht. Als sie nah genug dran war, zu erkennen, wer dort saß, blieb sie abrupt stehen. Der hatte ihr gerade noch gefehlt. Dort saß Gaara. Ihr Atem stockte. Die Angst vor ihm saß ihr noch immer im Nacken. Hoffentlich hatte er sie noch nicht bemerkt. Sie erinnerte sich an Kankuros Worte, ihm lieber aus dem Weg zu gehen. Langsam wandt sie sich schon ab, als sie in ihrer Bewegung inne hielt. Es sollte ihr doch nicht in den Sinn kommen, wegzulaufen. Sollte sie für immer Angst vor diesen Jungen haben? Nein, sie wollte sich mit ihm vertragen und dazu musste sie auf ihn zugehen. Ihre Beine trugen sie langsam Schritt für Schritt auf ihn zu. Diese kamen ihr auf einmal so unwirklich laut vor. So musste er sie letzendlich bemerken, aber er rührte sich nicht. Als sie direkt hinter ihm Stand, rührte er noch immer keinen Muskel. Taiga sprach sich noch einmal Mut zu. "Hallo.", ihre Stimme klang trocken. Er sah sie nicht an. "Was willst du?" Sie ließ sich neben ihm nieder und blickte nach oben. "Sterne gucken." Er schwieg, sah sie immer noch nicht an. Ein ein weiterer Wind zog an ihnen vorbei, ohne dass etwas geschah. "Das wollte ich erst, aber dann habe ich dich hier alleine sitzen sehen und dachte mir... Vielleicht könnten wir uns vertragen und von vorne anfangen?" Endlich wand Gaara seinen Kopf zu ihr. Doch sein Blick war nach wie vor kalt und sein Gesicht ausdruckslos. "Beantworte mir eine Frage. Wie konntest du meinen Angriff überleben?" "Habe ich nicht.", antwortete sie wahrheitsgemäß, doch er glaubte ihr nicht. "Solange du mich anlügst, werden wir uns nicht vertragen." Er sagte diesen Satz ganz ruhig, aber getroffen hatte er. Was wollte er nur von ihr hören, sie hatte doch die Wahrheit gesagt. Wieder schwiegen sie eine ganze Weile lang, sich gegenseitig nicht ansehend. Taiga wurde es leid. Sie stand auf und ging wieder nach Hause. Ohne zu bemerken, dass der Junge ihr misstrauisch nachsah. Sie schlief erst spät ein. Ihre Träume waren erneut nicht angenehm und handelten vom Ertrinken. Immer wieder schreckte sie aus dem Schlaf und immer wieder hatte sie denselben Albtraum. Bis der nächste Morgen hereinbrach. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)