Die Legende von Shikon No Yosei von Ami_Mercury (Das Schicksal einer Elementarmagierin) ================================================================================ Kapitel 28: Buch 10: Die Legenden am Rande des Himmels ------------------------------------------------------ Erinnerungen an Tyria Tamriel – eine Welt Tyria gar nicht so unähnlich … Ein Kontinent unterteilt in verschiedene Provinzen, in deren Zentrum das Kaiserreich Cyrodiil thront. Nordöstlich davon liegt das bergige Terrain Mirrowind, Heimstätte der Dunkelelfen oder auch Dunmer genannt. Darunter im Sumpfgebiet Schwarzmarsch lebt das echsenartige Volk der Argonier. Die katzengleichen Khajiit haben sich die Wüste des Landes Elswery als Jagdgebiet auserkoren. In ihrer unmittelbaren Nachbarschaft, in den undurchdringlichen Wäldern von Valewald verstecken sich die Bosmer, diese Waldelfen sind meisterliche Bogenschützen. Die kriegerischen Rothwardonen dagegen haben sich Hammerfell und die Wüste Alik´r zu eigen gemacht. In ihrem Schatten ruht Hochfels, das mit von den Elfen abstammenden Bretonen bevölkert wird und von dem sich zudem noch Orsinium abspaltet, das den Orks Untertan ist. Bitter kalt herrschen die tapferen und stolzen Nord in Himmelsrand. Und dann gibt es noch die Sommersend-Inseln, die Heimat der Hochelfen, der Altmer. Eine von ihnen wurde mit auffallend flammend rotem Haar und tiefbraunen Augen geboren. Ihr Name war Shikon. Als Tochter zweier talentierter Magier sollte es nicht weiter verwunderlich sein, dass auch sie dem Pfad der Magie folgte. Zeit ihres Lebens bewunderte Shikon die wundersame Umgebung, in der sie aufwuchs, doch etwas in ihr … ein stummer Ruf ließ sie unstet werden, so als müsste sie nach etwas suchen. Fast einhundert Jahre lang, in denen sie jedes Fleckchen auf Sommersend erkundetet hatte, gab es keine Erlösung für sie. Erst als sie wie durch Zufall bei ihrem Studium im Kristallturm auf ein Buch über eine andere Welt stieß, wurden ihr sprichwörtlich die Augen geöffnet. Sie, Shikon hatte einst in einem – genau genommen in zwei – vorherigen Leben in Tyria gelebt! Darum war sie ständig auf der Suche – denn nicht nur die lebende Legende, wie sie damals genannt wurde, ward in den ewigen Zyklus eingetreten. Durch das Versprechen der Sechs Götter Balthasar, Dwayna, Melandru, Grenth, Lyssa und Kormir war sie sicher, dass ihre Gefährten ebenfalls irgendwo auf Tamriel leben mussten. Ohtah … der Mann, den sie über den Tod und die Nebel hinaus liebte; Seiketsu … ihre Seelen-Schwester und deren auserwählter Liebster Klerus, mit dem ihr, soweit sie wusste, noch kein gemeinsames Glück vergönnt gewesen war. Aber wohl gehörten sie nicht zu den Altmer, sonst hätten sie einander sicher erkannt. Nein, Shikon musste fort – weg von Sommersend. Niemals zuvor wäre es ihr in den Sinn gekommen, ihre Heimat zu verlassen. Und wenn sie sich das alles nur einbildete? Oder es war die Erinnerung an einen fernen Traum … Shikon lachte auf. Eine Hochelfe stellte sich der Wahrheit! Ihr Volk verabscheute lügen – nicht, dass sie nicht in der Lage wären, sie zu »umschreiben« oder etwas »auszuschmücken«, doch am Kern konnten sie nicht rütteln. In den folgenden Wochen wurden aus den anfänglichen Erinnerungsfetzen zusammenhängende Bilder und Ereignisse. Zwar fiel es Shikon weiterhin schwer diese Elementarmagierin als ihr früheres Selbst zu betrachten – es fühlte sich eher an, wie die Gedanken eines anderen, eingepflanzt in ihren Kopf – und gleichzeitig spürte sie die Verbundenheit mit unzähligen Kleinigkeiten. Von der Gewohnheit eine Blume im Haar zu tragen, über unbewusste Kopf- oder Handbewegungen bis hin zum Sprachgebrauch. Alles Dinge, die sie bereits getan hatte, bevor ihr »Das Reich der Sechs Götter« in die Hände gefallen war, das sie inzwischen übrigens mehr als einmal komplett durchgelesen hatte und wie einen Schatz unentwegt bei sich trug. »Schatz« … dieses Wort löste unglaubliche Sehnsucht in ihr aus. Für Ohtah war sie der größte Schatz auf der Welt gewesen. Er hatte sie angebetet, war ihretwegen ein Held geworden und wäre beinahe unzählige Male gestorben, um sie zu retten … Und nun wusste sie nicht einmal, wo sie mit ihrer Suche nach ihm beginnen sollte. Von Schwarzmarsch, Elsweyr und Orsinium einmal abgesehen – und Sommersend hatte sie ja auch schon von der Liste gestrichen – könnte er sonst wo in Tamriel leben, sechs Provinzen mit zahlreichen Siedlungen und noch mehr geheimen Unterschlüpfen. Gut, wenn man davon ausging, dass ihnen ein gemeinsames Schicksal bestimmt war, lag der Verdacht nahe, dass er ebenfalls als Elf geboren war oder zumindest als Bretone. Damit läge ihre Priorität auf Valewald, Mirrowind und Hochfels. Es bestand allerdings natürlich auch die Möglichkeit, dass er ebenfalls nach ihr suchte. Was sie zu einer weiteren Frage führte … Warum konnte sie sich eigentlich an ihre Leben als Shikon No Yosei und Shikon Feenseele erinnern? Nach ihrer ersten Wiedergeburt in Tyria war ihr dies nicht möglich gewesen. Und ihren Schutzgeist Teinai hatte diese Entscheidung der Götter nicht gewundert. Was war diesmal anders? Lag es an dieser Welt? So sehr sich Shikon auch den Kopf darüber zerbrach, es würde zu keinem Ergebnis führen – nicht hier in ihrer kleinen Welt. Die Lebenszeit eines Elf übersteigt die der Menschen um Jahrhunderte … Umso ungewöhnlicher erschien es, dass die Königin der Hochelfen den Thron mit gerade einmal einem Viertel Jahrhundert bestiegen hatte. Doch war sie bereits seit frühester Kindheit mit der Weisheit ihres Vaters, dem nach Aetherius aufgestiegenen König Hidellith gesegnet und hatte beinahe ganz Tamriel bereist. Obwohl ihre Eltern bei Hofe dienten, sollte es sich als äußerst schwierig erweisen, bei der Königin eine Audienz zu bekommen – aber noch weniger wollte Shikon als Verräterin geächtet werden, wenn sie ohne Erlaubnis fort ging. Zwei Wochen nachdem sie ihr Gesuch eingereicht hatte, bekam sie endlich Einlass ins Schloss. Shikon hatte es nie zuvor betreten und bewunderte auf dem Weg zum Thronsaal die filigranen Verzierungen der Fassaden und Säulen, die vor allem durch Magie ihre Form bekommen hatten. Das Herzstück des Palastes schien mit Licht geflutet, als sei ein Tropfen des Sonnenscheins selbst mit hineingearbeitet worden. Ihr Augenmerk richtete sich auf das Podest mit den beiden Thronen – Ayrenn hatte nicht zugelassen, dass man einen von ihnen versetzte oder gar wegnahm –, deren hohe Rückenlehnen jeweils in einem Stern endete. Die Königin wirkte mit ihrem silbernen Haar und der bläulich schimmernden Rüstung eher wie vom Mond geküsst und zog damit sämtliche Aufmerksamkeit auf sich; sobald man sie erblickte, war sämtliches Gold vergessen. Mit einer knappen Handbewegung bedeutete die Altmer Shikon näherzutreten. „Ich grüße Euch, Königin Ayrenn Arana Aldmeri, Kind der Prophezeiung, Herrscherin der Sommersend-Inseln und Anführerin des zweiten Aldmeri-Bundes.“, sprach die Rothaarige in tiefer Verbeugung, „Mein Name lautet Shikon und ich erbitte Euer Gnaden, meinem Wunsch, dieses Land verlassen zu dürfen, stattzugeben.“ Ayrenn´s Gesicht war eine perfekte Maske – eine Fähigkeit, die den meisten Elfen zuteil war – und sie entgegnete mit ruhiger Stimme: „Warum bittet Ihr mich darum, mein Kind?“ „Während meines Studiums im Kristallturm wurde meine Neugier geweckt … Ich möchte etwas finden, das diese nagende Sehnsucht in mir befriedigt.“, antwortete Shikon in der typisch elfischen Art mit der Wahrheit umzugehen. Die Königin schenkte ihr ein kleines Lächeln, als sie meinte: „Natürlich wisst Ihr, dass auch ich dieses Gefühl kenne … So sagt mir, habt Ihr die Absicht eines Tages nach Sommersend zurückzukehren?“ „Majestät können sicher verstehen, dass ich darauf nicht antworten kann. Ich kann nicht voraussagen, welche Wege ich gehen und wohin diese mich führen werden … Doch möchte ich eine Tochter der Inseln bleiben und nach Euren Gesetzen leben.“, erklärte Shikon. Sie spielte mit dem Feuer – wenn sie an ihre Vergangenheit dachte, war das nichts neues für sie und dennoch nicht ungefährlich. „Als Königin sehe ich mich in der Pflicht, die Wünsche meines Volkes nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen … Jedoch leben wir in gefährlichen Zeiten. Ihr sprecht wahr … niemand weiß, was mit euch geschehen möge.“, erwiderte sie und Shikon kniff die Augen zusammen, „So bete ich zu den Göttlichen, damit wenigstens sie in der fernen, fremden Weite Tamriel´s über Euch wachen.“ Erleichterung und Freude pumpte durch Shikon´s Körper und sie sagte: „Habt meinen ergebensten Dank, meine Königin. Seid versichert, ich werde meiner Heimat keine Schande bereiten.“ „Ihr habt gut gesprochen, Tochter.“, lobte sie eine ihr bekannte Stimme. Shikon war gerade erst wieder aus dem Thronsaal getreten und noch gänzlich außer Atem von der Begegnung mit der Herrscherin. Überrascht wirbelte sie herum, das Gesicht ihres Vater zeigte ein stolzes Lächeln. So sehr war sie auf ihr Vorhaben fixiert gewesen, dass sie ihn während der Audienz nicht bemerkt hatte. „Verzeiht mir, Vater, dass ich Euch und Mutter nicht vorher eingeweiht habe. Ich befürchtete, Ihr würdet es untersagen …“, gestand Shikon kleinlaut. Eine weitere Person trat hinzu und bestätigte: „Recht so. Ich verstehe es auch nicht.“ „Mutter!“, entfuhr es ihr erschrocken, „Ich … ich verstehe es selbst nicht vollkommen. Und dennoch – ich muss hinaus in die Welt! So sehr ich unsere Inseln liebe, kann ich hier nicht glücklich sein.“ Shikon´s Mutter schüttelte kaum merklich den Kopf. Shikon hatte schon immer ihren eigenen Kopf gehabt … und im Grunde war ihr immer klar gewesen, dass dieser Tag irgendwann einmal kommen würde. Wahrscheinlich hätte sie dankbar sein sollen, weil ihre Tochter wenigstens das Handwerk der Magie ordentlich gelernt hatte, um den Gefahren trotzen zu können. „Ihr seid mein einziges Kind …“, hauchte sie mit feuchten Augen. Shikon´s Mundwinkel hoben sich, als sie zur Antwort gab: „Und Ihr meine Mutter ... Ich bin Euch beiden unglaublich dankbar.“ Ihr Vater legte ihr die Hand auf die Schulter und ihre Mutter umarmte sie. Shikon versuchte ihre Tränen zu unterdrücken, aber es gelang ihr nicht. Als Shikon No Yosei war sie von ihrer Tante aufgezogen worden – ihre damalige Mutter war bei ihrer Geburt gestorben und ihren Vater hatte sie nur als ihren Lehrmeister kennengelernt. Und für ihr zweites Leben hatten die Sechs Götter sie als Säugling nach Tyria geschickt, das als Findelkind aufgezogen worden war. So schön diese Zeiten auch gewesen waren und trotz aller Liebe, die sie erfahren hatte, war dies hier ein ganz anderes Gefühl. Es tat unglaublich weh, ihre Eltern zu verlassen – von sich aus zu gehen, sie selbst hatte die Entscheidung getroffen. „Lebt wohl ... Ich werde Euch nicht vergessen.“, flüsterte Shikon und löste sich von ihnen. Ein letztes Mal suchte sie das Haus auf, in dem sie bislang gewohnt hatte. Außer Proviant und dem Buch über Tyria gab es nicht viel, das sie mitnehmen wollte – die Robe, die sie zum Abschluss ihrer Grundausbildung geschenkt bekommen hatte, und einige Zauberartikel wie etwa verschiedene Tränke, eine Schriftrolle für Elementarmagie und ein paar Zutaten, die sie sonst schwer gefunden hätte. Shikon´s Blick fiel auf ihre restlichen Habseligkeiten. Nichts davon würde ihr auf ihrer Reise weiterhelfen … und kein Gegenstand könnte ihr die Erinnerungen an ihre Eltern stärker ins Gedächtnis rufen, als ihr eigener Wille. „Ich bin die Fee der vier Elemente!“, rezitierte sie ihren selbst erwählten Titel, während sie hinaus schritt. Ein Ziel? Shikon wählte ein Schiff nach Anvil an der Goldküste, einer Stadt in der Provinz Cyrodiil. Viel weiter ging ihr Plan allerdings nicht – von hier aus konnte sie überallhin gelangen. Zunächst wollte sie sich ein wenig umhören und vielleicht stieß sie ja auf irgendwelche Geschichten, die mit Ohtah, Seiketsu oder Tyria in Verbindung standen, über Klerus wusste sie selbst zu wenig. Ihre erste Anlaufstelle wurde die örtliche Bibliothek, doch dort kannte man nicht einmal ihr Buch. Als es bereits anfing zu dämmern und ihre Gespräche auf dem Marktplatz mit den Einheimischen ebenfalls erfolglos geblieben waren, begab sich Shikon auf die Suche nach einem Nachtquartier. In einer der Gastschenken akzeptierte man ihr elfisches Gold und Shikon bekam obendrein noch eine Schüssel Suppe mit gutem Brot serviert. „Hochelfen sieht man zumeist nur zu Handelszwecken, aber Ihr macht nicht den Eindruck, als würdet Ihr einkaufen.“, meinte der Schankwirt. Die Rothaarige nickte zur Bestätigung: „So ist es, mein Herr. Ich bin auf der Suche nach … Abenteuern.“ „Davon hat die Welt reichlich zu bieten!“, lachte er laut und wurde plötzlich schlagartig ernst, „Es sind beunruhigende Zeiten … Von den Khajiit und den Argonier hat man ja noch nie etwas gutes gehört – von den Orks oder Riesen ganz zu schweigen –, doch nun soll in Himmelsrand ein Bürgerkrieg ausgebrochen sein. Man munkelt, eine Gruppe Radikaler will sich vom Kaiserreich lösen, stellt Euch diesen Verrat vor! Aber … es gibt noch viel schlimmere Gerüchte über das Reich der Nord – Leute dort behaupten doch tatsächlich, sie hätten … Drachen gesehen.“ Die letzten Worte waren nicht mehr als ein Flüstern. Shikon lief es eiskalt den Rücken runter. Vor ihrem inneren Auge leuchtete das furchterregende Antlitz der fünf Alt-Drachen Tyria´s auf, die von ihr und ihren Kameraden zur Strecke gebracht wurden – der Feuerdrache Primordus, der Erddrache Kralkatorik, der Luftdrache Jormag, der Wasserdrache Mélyten und natürlich Zhaitan, der Drache des Todes. Zwar war sie auch freundlich gesinnten Drachen begegnet wie etwa Kuunavang oder Glint und – auch wenn sie seine Bekanntschaft nicht in Person gemacht hatte – Morthremorth, aber sie wusste, dass diese Drachen, von denen der Wirt sprach, vor Jahrhunderten nur Zerstörung über Tamriel gebracht hatten … „Himmelsrand sagtet Ihr, nicht wahr?“, hakte Shikon nach, „Wie komme ich am schnellsten dorthin?“ Schockiert ließ ihr Gegenüber den Holzkrug fallen, den er gerade abgetrocknet hatte, und starrte sie mit offenem Mund an. Diese Elfe musste verrückt geworden sein! Welches Lebewesen, das noch bei Verstand war, wollte denn in eine Gegend, in der Krieg und möglicherweise sogar Drachen herrschten? „Ha, Ihr beliebt zu scherzen!“, winkte der Mann ab und lachte schallend. Doch Shikon´s Augen verengten sich. Von ihm würde sie keine vernünftige Antwort mehr bekommen. Wie es aussah, mussten ihre Liebsten noch etwas warten. Sie hatte den Schrecken der Drachen einmal erlebt … kein zweites Mal wollte sie es soweit kommen lassen, nicht wenn sie es verhindern konnte! Von Anvil nahm Shikon eine Kutsche nach Bruma, der Stadt Cyrodiil´s, die Himmelsrand am nächsten und wesentlich höher über dem Meeresspiegel lag. Dort herrschte bereits ein raueres Klima, der Boden war mit Schnee bedeckt. Anders als damals in den Fernen Zittergipfeln musste sie hier allerdings nicht ihre Feuermagie zum Einsatz bringen – Elfen waren wesentlich robuster als Menschen. Shikon fiel sofort auf, dass die Stadt in erster Linie von Nord oder Nord-stämmiger bewohnt wurde. Nachdem ihr Ziel klar gewesen war, hatte sie geistesgegenwärtig daran gedacht, ihr Geld in Septime umzutauschen. So war es ein leichtes, ein Zimmer zu mieten und ihre Vorräte aufzufüllen. Zusätzlich kaufte sie noch eine Karte und versuchte weitere Informationen zu sammeln – zwar nichts neues über Tyria & Co., dafür über die Situation, in der sich Himmelsrand befand. Die Sturmmantel-Rebellion wurde durch das sogenannte »Weißgoldkonkordat« ausgelöst, dem Friedensvertrag mit dem zweiten Aldmeri-Bund, dessen Vorsitz Königin Ayrenn inne hatte. Doch in den Augen des Anführers, des Jarls von Windheim und seiner Anhänger ward Himmelsrand dadurch verraten worden und kämpfte nun für die Abspaltung vom restlichen Kaiserreich. Zunächst hatte die Kaiserliche Legion ihren Aufstand nicht ernst genommen – bis Ulfric Sturmmantel Torygg, den Großkönig und Jarl von Einsamkeit durch einen Drachenschrei tötete. Es wunderte Shikon, welche dramatischen Auswirkungen dieses Schriftstück mit sich brachte. In Sommersend hatte es so geklungen, als wäre ganz Tamriel wohlwollend der Allianz und dem Bündnis nach dem Großen Krieg eingestellt. Allerdings verstand sie auch die Sturmmäntel in einem Punkt – eine der Bedingungen des Vertrages lautete, dass der Gott Talos nicht mehr angebetet werden durfte und Gläubige sogar verfolgt wurden. Seit ihre Erinnerungen erwacht waren, herrschte in Shikon ebenfalls ein Glaubenskonflikt, daher konnte sie den Nord schon auf gewisse Weise nachfühlen. Auch wenn sie Mord und vor allem Krieg verabscheute, denn die Leidtragenden waren stets das Volk. Unwillkürlich fragte sich die Hochelfe, ob sie genauso gejagt werde würde, wenn sie von den Sechs Göttern erzählen beziehungsweise öffentlich zu ihnen beten würde … Das Drama von Helgen Das bergige Terrain, das Himmelsrand vom Rest des Königreichs unterschied, sollte sie, laut Shikon´s Karte, den größten Teil ihrer Reise über begleiten. Mehrere Gebirge und vereinzelte Berge sowie mehrere Plateaus prägten das Landschaftsbild. Grünflächen und Ackerland traten nur vereinzelt auf. Leichtfüßig und trittsicher erklomm Shikon einen Kamm, der zum südlichsten Fürstentum Falkenring gehörte. Um sie herum tobten Wind und Schnee, doch noch immer spürte sie den beißenden Frost nicht. Es war faszinierend und irgendwie erschreckend, dass die Nord ganz gewöhnliche Menschen waren. Ein mächtiges Volk, welches sich dieses harte Land zu eigen gemacht hatte … „Kein Wunder, dass der Bürgerkrieg kein Ende findet.“, dachte Shikon laut. Kaum eine Sekunde später erstarrte ihr Körper. Nicht vor Kälte, nicht aus Schock – nein, ein Zauber hielt sie gefangen. „Da wäre uns fast einer dieser verfluchten Sturmmäntel durch die Lappen gegangen.“, hörte Shikon eine fremde Stimme sagen und wollte schon protestieren, da bekam sie einen dumpfen Schlag auf den Kopf. Ihr Blickfeld wurde schwarz und ihre Beine, die nicht länger von Magie gehalten wurden, knickten ein. In weiße Umhänge gehüllte und somit getarnt, trat ein Trupp Soldaten auf sie zu. Nachdem man sie gefesselt hatte, trugen sie mehrere Männer zu einem in der Nähe wartenden Kutscherwagen, auf den bereits mehrere Gefangene verladet waren. Der Hauptmann der Unternehmung gab das Kommando zur Abfahrt und die Karawane setzte sich in Bewegung. Ein schaukelnder Untergrund war das erste, was sie in ihrem benommenen Zustand wieder wahrnahm. Langsam klärte sich das Bild vor ihren Augen – Schnee und Holz. Shikon blinzelte ein paar Mal. Sie lag auf dem hölzernen Boden der Kutsche und sah das schneeweiße Gelände zwischen den schmalen Spalten der Bretter. Ihre Hände waren gefesselt, doch wenigstens steckte in ihrem Mund kein Knebel. Für einen kurzen Moment war sie versucht, das Seil einfach durchzubrennen und zu fliehen … aber dann musste sie Himmelsrand verlassen – wenn das überhaupt genügte –, um nicht von jedem einzelnen Soldaten, Söldner, Kopfgeldjäger oder ähnlichem verfolgt zu werden. Nun gut, vielleicht verwarf sie diesen Gedanken eher deshalb, weil die Fesseln ihre Magie blockierten. „Ah … Ihr seid wach.“, sagte jemand über ihr. Innerlich ging Shikon sofort in Habachtstellung. Ein Mann fasste sie am Arm und half ihr sich aufzusetzen. Seine Kleidung war zerrissen, sein Gesicht eingefallen. „Ich schätze, Ihr wart ebenfalls zur falschen Zeit am falschen Ort … Typisch für die Armee einfach alles einzusacken – lieber einen Unschuldigen mehr verhaften, als zu riskieren einen Rebellen zu übersehen.“, meinte er kopfschüttelnd. Shikon fand schließlich ihre Stimme: „Sprecht Ihr von den Sturmmänteln?“ Der Mann deutete auf einen weiteren Gefangenen, der sogar noch verschnürter war als die rothaarige Hochelfe. Und sogar geknebelt … „Das ist Ulfric Sturmmantel.“, erklärte ein anderer zu Shikon´s Überraschung, „Sie haben ihn in einen Hinterhalt gelockt und wir hatten leider das Pech in der Nähe zu sein.“ Sie beäugte den Anführer kritisch. Er hatte seine Heimat in einen Krieg gestürzt … Egal wie richtig – oder auch falsch – die Überzeugungen sein mochten, für die Konsequenzen seines Handelns konnte sie ihm gegenüber nur Hass empfinden. Keine Erklärung der Welt konnte dieses Leid rechtfertigen! Und wenn es den Gott Talos, für den sie unter anderem kämpften, wirklich gab, sollte er solche Taten in seinem Namen keineswegs tolerieren. Sie hatte ebenfalls getötet … für Shing Jea, Cantha, die Bewohner von Tyria und Elona, die Völker der Fernen Zittergipfel, der Befleckten Küste und der Charr-Heimat, in Gedenken an die Geister der Nebel und der Sechs Götter. Ja, unter ihnen Opfern waren auch zahlreiche Menschen gewesen, die lediglich Befehle ausgeführt hatten. Mit diesen Dämonen musste sie leben … Aber wie konnte jemand mit sich klarkommen, der diese Befehle gegeben hatte? Shiro Tagachi und der Untote Lich, von Abaddon, dem Großen Zerstörer und den Alt-Drachen einmal abgesehen – sie alle waren keine Menschen gewesen, selbst Varesh Ossa war im Grunde lediglich kontrolliert worden. Rien hätte sie möglicherweise noch mit Ulfric vergleichen können … „Das ist Helgen!“, entfuhr es dem Mann, der als zweites gesprochen hatte, „Was bei den Göttlichen sollen wir hier?“ Die Kolonne fuhr durch das Stadttor und hielt einige Meter weiter auf einem großen Platz, der frei geräumt worden war … oder eher beinahe, denn dort inmitten der Soldaten stand ein Richtblock mit einem Korb. Noch bevor der Hauptmann sein Schreiben verlas, kannte Shikon dessen Inhalt – sämtliche Gefangenen wurden als Sturmmantel-Rebellen betrachtet … und sollten durch Enthauptung hingerichtet werden. Die einstige Legende senkte die Lider und murmelte lautlos: „Ohtah … Seiketsu … auf dass die Sechs Götter uns im nächsten Leben gnädiger sein mögen.“ „Nächster!“, rief der Hauptmann und Shikon trat vor ihn, „Hochelf, selbst Ihr kooperiert mit diesen Verbrechern? Ich kann es kaum fassen … Dennoch seid versichert, wir werden dafür sorgen, dass Eure Überreste Sommersend überstellt werden.“ Sie nickte kaum merklich. Es interessierte sie nicht, was mit ihren Überresten geschehen sollte, einzig ihre Seele zählte und die würde zurück in die Nebel finden. Einen Schritt nach dem anderen setzte sie nach vorn, kniete nieder … doch bevor ihr Hals den Richtblock berührte, erfüllte ein furchterregendes Brüllen die Luft, als würde der Himmel selbst erzittern. Sämtliche Soldaten zogen blank und sahen hinauf, suchten nach der Ursache. Noch einmal dieser unsäglich grauenhafte Laut, dann krachte ein Turm in sich zusammen – weil auf ihm ein gigantischer, schwarzer Drache mit langen, gebogenen Hörnern gelandet war! Wie aus einem Reflex heraus, warf sich Shikon zu Boden. Keine Sekunde später spürte sie die gewaltige Hitzewelle über sich hinweg rollen und hörte die verzerrten Schreie derer, die dem Zorn der feurigen Kreatur nicht entkommen waren. Um nicht doch noch dazuzugehören, kroch sie zur Mauer und versuchte sich zumindest einen kleinen Überblick zu verschaffen. Der Soldat, der sie verurteilt hatte, war der letzte Überlebende … Der Drache machte sich bereit für seinen nächsten Angriff. Ihr Blick huschte in Sekundenbruchteilen zwischen ihm und einem möglichen Fluchtweg hin und her – Shikon rief die Macht des Windes, der Feuerstrahl traf ins Leere … Sie hatte den jungen Mann hinter ein Trümmerteil gestoßen, außerhalb des Sichtfeld des Drachens. „Ihr … Ihr habt mich gerettet. Warum? Ich wollte Euch gerade noch köpfen lassen.“, hauchte er atemlos. Shikon presste ihm eine Hand auf den Mund, um ihn zum Schweigen zu bringen. Mit einem letzten Brüllen erhob sich die geschuppte Bestie zurück in die Lüfte. Quälend langsam kroch die Zeit dahin, bis er ganz sicher fort war und Shikon ihre Umklammerung löste. „Ihr habt Eure Befehle. Deshalb lasse ich nicht einfach jemanden sterben … und solange Ihr mir keinen weiteren Grund gebt, habe ich keine Veranlassung Euch zu töten.“, entgegnete sie, als hätten sie nicht minutenlang geschwiegen, „Viel wichtiger – die Drachen sind wirklich nach Himmelsrand zurückgekehrt! Und wenn wir nicht dafür sorgen, dass sich ein jeder darauf vorbereitet, wird bald der gesamte Norden untergehen.“ Ein Schauer lief ihm über den Rücken, dennoch überprüfte er den Sitz seiner Waffe und bestätigte: „Ihr habt recht. Mein Name ist Hadvar, ich bin Soldat der Kaiserlichen Legion. Folgt mir, ich führe Euch nach Flusswald! Wir müssen unverzüglich Bericht erstatten.“ Shikon rieb sich zum wiederholten Male die Handgelenke, seit sie mit Hadvar aus Helgen geflohen war – die Magie blockende Wirkung der Fesseln wirkte noch immer nach. Wenigstens hatte er die Güte gefunden, sie ihr anzunehmen ... nachdem sie ihm versichert hatte, nicht den Sturmmänteln anzugehören. Was allein deshalb eigentlich hätte logisch erscheinen müssen, da sie nicht nur eine Abneigung gegen die Kaiserlichen hatten, sondern gegen jeden Nicht-Nord. „Hm, ich denke, Ihr solltet Euch der Kaiserlichen Legion anschließen. Jemanden mit Eurem Kampfgeist können wir immer gut gebrauchen.“, meinte Hadvar, der plötzlich stehen geblieben war und sie ernst ansah. Für einen kurzen Moment schlug ihr Herz schneller, dann war Shikon jedoch wieder Herrin ihrer Sinne und sie antwortete: „Dieses Angebot ehrt mich ... doch ich lehne ab. Ich bin keine Soldatin – ich bin eine Heldin!“ Ihm klappte wortwörtlich die Kinnlade runter. Eine solche Abfuhr hatte er nun wirklich nicht erwartet. Hastig wandte er sich wieder um und auf seinem Gesicht erschien die Spur eines Lächelns. Nicht unweit von ihnen konnten sie bereits das Stadttor und die Dächer der Häuser erspähen. „Mein Onkel lebt in Flusswald. Bei ihm können wir uns heute Nacht ausruhen und sicher auch unsere Vorräte aufstocken, bevor wir weiterziehen. Ich muss den General in Einsamkeit von den Vorgängen in Kenntnis setzen.“, sagte Hadvar erleichtert. Shikon nickte. Eine Pause konnte sie gut vertragen ... doch eine Gruppe Sturmmäntel wollte es ihr nicht so einfach machen. Von einem Felsvorsprung aus zielten sie mit Bögen auf den Rücken der Hochelfe, ohne dass diese etwas davon bemerkte. Hadvar´s Schwert zerteilte die Holzschafte der Pfeile gerade noch rechtzeitig – Shikon starrte seine Haltung geschockt an. Konnte es möglich sein, dass er es war? Bereits vorhin hatte sie sich diese Frage schon einmal kurz gestellt … Die nächste Salve ging auf die beiden nieder. Und Shikon´s Kampfgeist erwachte! Ihre Flammen schlugen auf, verbrannten die Geschosse. Nun war es an dem Soldaten zu staunen. Niemand konnte ihrer Zerstörungsmagie entgehen, wenn sie einmal deren feurigen Zorn entfesselt hatte. Das Feuer war ein Teil von ihr, ihrer Seele … Es vernichtete stets alles, was sich ihm entgegenstellte und genauso erging es Shikon´s Feinden – mit ihnen verfuhr sie gnadenlos. Manchmal erschien es ihr, als wäre sie der Dunkelheit viel näher, als Ohtah es jemals in seinen Leben gewesen war. Vielleicht hatte sie ihre Erinnerungen deshalb zurückerhalten, um ihre zahlreichen Sünden zu erkennen … „Ihr seid wahrlich keine Sturmmantel.“, meinte Hadvar anerkennend. Shikon blinzelte ein paar Mal überrumpelt, bevor sie entgegnete: „Das hattet Ihr mir immer noch nicht geglaubt?“ Er kratzte sich verlegen am Kopf und wandte sich anschließend wieder der Straße zu. Hadvar´s Onkel war vom Besuch seines Neffen sehr überrascht. Besonders als er dessen Begleitung erblickte … eine Mer war kein besonders häufiger Anblick. Dennoch bewirtete er beide und gewährte ihnen Quartier sowie Vorräte, genauso wie von Hadvar vorausgesagt. Shikon strich über das grobe Laken. Ihre Gedanken wanderten zu ihrem kurzzeitigen Kampfgefährten. Warum nur ging er ihr nicht aus dem Kopf, brachte ihr Herz zum Rasen? Es stimmte, zeitweise sah sie in ihm Parallelen zu Ohtah … aber war das alles? Oder ähnelte ihre Verbindung eher der Geschichte zwischen Seiketsu Lichtsegen und Logan Thackeray? Auch ihre Seele hatte eigentlich einen anderen geliebt und trotzdem neue Gefühle entwickelt … Ja, möglicherweise wäre Shikon dasselbe passiert – jedoch nicht mit den Schwüren ihres wahren Liebsten im Ohr. Tränen sammelten sich in ihren Augen, benetzten ihre Wange. Mit jedem weiteren Tag wurde die Sehnsucht nach ihm immer größer – und dabei folgte sie derzeit einer gänzlich anderen Mission. So fiel Shikon in einen gnädigen, traumlosen Schlaf … Am nächsten Morgen ging sie früh hinunter. Ihre Ledertasche hatte sie bereits gepackt. „Oh, Ihr seid bereits wach.“, begrüßte sie Hadvar, „Ihr wollt schon aufbrechen?“ Sie nickte zur Bestätigung: „Die Zeit drängt, ich muss den Widerstand gegen die Drachen organisieren. Weißlauf ist die nächst größere Stadt.“ „Ich möchte Euch danken – Ihr habt mir nicht nur mein Leben gerettet, nun helft Ihr mir sogar das von Hundert weiteren zu schützen.“, sagte er. Ein sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen bei den Worten: „Das ist meine Bestimmung.“ Hastig erhob sich Hadvar von seinem Stuhl und wollte wissen: „Wie meint Ihr das? Wer … wer seid Ihr?“ „Mein Name ist Shikon.“, erklärte die Rothaarige, „Nein … nennt mich >Shiko<. Ich werde für die Sicherheit dieser Welt kämpfen!“ Mit einem Lächeln verbeugte er sich vor ihr, während er erwiderte: „Nun denn, ich hoffe, wir sehen uns wieder, Lady Shiko.“ Ohne sich noch einmal umzudrehen, verließ Shikon die Hütte. Ein winziger Stich bohrte durch ihr Herz – für einen kurzen Moment hatte sie sich gewünscht, sie hätte wirklich Ohtah in ihm wiedererkannt. Und noch eine Prophezeiung Weißlauf erschien ihr als eine offene, freundliche Stadt, die vor allem durch Pferdewirtschaft existierte. Auf dem Marktplatz herrschte ein geschäftiges Treiben und die Händler priesen lautstark ihre Waren an. In Götterfels hatte Shikon oft das Händlerviertel aufgesucht, um sich an der Lebensfreude der Bevölkerung zu erfreuen … In diesem Moment stimmte ein Barde ein Lied an, um die Schaulustigen zu unterhalten: „Ein Held, ein Held nach Kriegerherz´n fragt. Wahrlich, wahrlich das Drachenblut naht. Mit machtvoller Stimme nach alter Nord-Art. Glaubt mir, glaubt mir, das Drachenblut naht. Die Feinde von Himmelsrand finden ihr Ende. Weh´ euch, weh´ euch, das Drachenblut naht. Zum Licht ward das Dunkel, es lebt die Legende. Fürwahr, fürwahr, das Drachenblut ist da!“ Drachenblut? Was hatte das denn schon wieder zu bedeuten? Hastig schüttelte Shikon den Kopf – für solche Grübelei war nun wirklich keine Zeit! Sie fragte eine der Frauen nach dem Weg und diese zeigte auf ein großes Gebäude, das auf einem Hügel errichtet worden war und damit über der Stadt thronte. Innerlich schlug sich Shikon gegen die Stirn – darauf hätte sie auch selbst kommen sollen. Als sie die Stufen, die zum Eingangsportal führten, erklommen hatte, kreuzten die Wachen ihre Speere, um ihr den Weg zu versperren, und einer wollte mit strenger Tonlage wissen: „Was begehrt ihr in Drachenfeste?“ „Ich muss den Jarl sprechen – ich komme mit dringender Botschaft aus Helgen.“, erklärte die Magierin. Ihr Gegenüber wollte schon widersprechen, da hielt ihn sein Kamerad zurück: „Vielleicht stimmt das ja … Es gibt Gerüchte, die Stadt sei vollkommen zerstört.“ „Den Flammen zum Opfer gefallen …“, sagte sie schwach und verdrängte die Erinnerung an den Schrecken, „Bitte, ich wurde von der Kaiserlichen Legion geschickt.“ Wie zur Untermauerung, dass ihre Worte der Wahrheit entsprachen, schlug Shikon ihre Kapuze zurück, sodass die Wachen sie als Hochelfe erkannten. „Folgt mir.“, entschied derjenige, der zuletzt gesprochen hatte. Er führte sie vor den Sitz des Jarl und berichtete ihm in tiefer Verneigung von ihrem Anliegen. Jarl Balgruuf erteilte ihr schließlich das Wort: „Danke, dass Ihr mir Euer Gehör schenkt … Ich war während der Tragödie in Helgen. Ein Soldat der Kaiserlichen Legion und ich sind die einzigen Überlebenden; er ist auf dem Weg nach Einsamkeit. Wir haben die Ursache des Feuers gesehen – ein Drache hat die Stadt angegriffen!“ Eisiges Schweigen herrschte im Thronsaal – nicht nur der Jarl und seine beiden Berater, auch sämtliche Wachen waren wie erstarrt. „Flusswald und Weißlauf könnten ebenfalls Ziele werden – möglicherweise schwebt ganz Himmelsrand in Gefahr!“, fuhr Shikon eindringlich fort, „Ich bitte Euch, ruft Eure Männer zu den Waffen und organisiert die Verteidigung!“ Sein Vogt fand als erster seine Stimme wieder: „Es gab in letzter Zeit viele Augenzeugen, die Drachen gesehen haben wollen … Wir sollten diese Geschichte ernst nehmen, mein Herr – und sollte es sich letztendlich doch als Irrtum herausstellen, so ist das immer noch besser, als von einer fliegenden Echse überrascht zu werden.“ „Dem stimme ich zu.“, pflichtete ihm des Jarl´s Hascarl bei, eine Dunkelelfe, „Ein Mer kann zwar nicht lügen … aber sich durchaus etwas einbilden. Dennoch die Verantwortung für das Volk überwiegt hierbei.“ Shikon sah Balgruuf an, der noch die verschiedenen Möglichkeiten abwog, bevor er schließlich sprach: „Ich vertraue dem Rat von Proventus und Irileth – der Schutz von Weißlauf's Bürger ist meine oberste Priorität! So denn mein Befehl … Die Wachen und Patrouillen werden verdoppelt; die Wachtürme sollen sich auch auf den Himmel konzentrieren und ich will, dass ein Kurier auf meinem schnellsten Pferd ebenfalls nach Einsamkeit eilt.“ Shikon verbeugte sich dankbar vor dem Jarl. Damit war der erste Schritt getan … „Ach, und Euch hätte ich gerne weiterhin in der Nähe.“, sagte er an die Rothaarige gewandt, „Ihr seid eine Magierin, nicht wahr? Wenn ich mich recht entsinne, hat mein Hofzauberer vor kurzem davon gesprochen, dass er Hilfe bei einer Expedition bräuchte … Auch er erwähnte dies in Zusammenhang mit den Gerüchten über die Drachen.“ Noch einmal verneigte sich Shikon, bevor sie Farengar in seinen Räumlichkeiten aufsuchte. Auf dem kleinen Gebirgszug zwischen Weißlauf und Flusswald stand ein antiker Tempel, ein Heiligtum für das darunterliegende Hügelgrab. Dorthin hatte Farengar Shikon mit dem Auftrag entsandt den sogenannten »Drachenstein« zu finden, eine Steinplatte mit Inschriften und hoffentlich auch Informationen über die Drachen. Kaum dass sie den Grabhügel betreten hatte, spürte sie dessen Instabilität. Hier in Tamriel war ihre Macht über die Erde viel schwächer, trotzdem – sie war die Fee der vier Elemente! Einen Teil ihrer Magie ließ sie ins Gestein fließen, um ihm mehr Halt zu geben; mit der restlichen Energie konzentrierte sie ihre Flammen für mögliche Kämpfe. Gut, nicht nur »möglich«, vielmehr »sicher« … Schon nach ein paar Metern erhoben sich einige der Skelette, die in die Wände gehauenen Nischen geruht hatten. Ihre Augenhöhlen waren erfüllt von einem unheimlichen, roten Leuchten ... Shikon schluckte. Noch einmal wurde ihr schmerzlich bewusst, dass sie auf sich allein gestellt war – hier würde Seiketsu nicht einfach so aus einem Versteck treten oder Ohtah sich aus den Schatten lösen. Hier musste sie sich selbst beweisen … In einem Aufschrei streckte Shikon ihre Hände aus und verbrannte die widerlichen Knochen zu einem Häufchen Asche. Ähnlich erging es den restlichen wandelnden Untoten, die sich in den zahlreichen Gängen und Hallen mit ihr anlegen wollten. Schlussendlich gab es nur noch einen einzigen Weg, den sie noch nicht überprüft hatte und der sich zu einem weiten Raum ausdehnte, in dessen Mitte ein einzelner Lichtstrahl auf einen Altar fiel … genau auf eine dargebotene Steintafel. Shikon hatte in Brume stundenlang über ihrer Karte von Himmelsrand gepostet – sie kannte sie praktisch auswendig –, daher erkannte sie die eingeritzten Linien als Darstellung der nördlichsten Provinz Tamriel´s. Vorsichtig nahm sie die Platte von ihrem Podest und spürte sofort die Veränderung in der Luft … der Hügel bebte, er würde einstürzen! Der Ausgang war viel zu weit weg, um genauso wieder zurückzugehen … Ihre Gedanken rasten. Was hatte sie für Möglichkeiten, um nicht lebendig begraben zu werden? Ein Schutzzauber kam nicht infrage, da der Tempel ja ebenfalls mit zusammenbrechen würde … Blieb eigentlich nur noch die Suche nach einem anderen Weg hinaus – beziehungsweise sich einen zu schaffen, denn es führte nur ein Zugang hier hinein. Wäre sie noch in Tyria hätte ein Wink gereicht und die Felswand hätte sich geteilt, doch in dieser Welt funktionierte das leider nicht. Demnach gab es nur die Chance für sie, sich Stück für Stück voran zuarbeiten und zu hoffen, nicht vorher erschlagen zu werden. Mit einem Tuch band sich Shikon den Drachenstein auf den Rücken, um beide Hände frei zu haben … dann begann sie den Zauber zu weben. Es war bereits schwärzeste Nacht, als Shikon auf schneebedecktem Boden und zwischen ein paar Gesteinsbrocken erwachte. Es dauerte einige Minuten bis sie sich wieder vollständig bewegen konnte – selbst ein Elf konnte ein paar Stunden in eisiger Kälte nicht so ohne weiteres einfach abschütteln. Plötzlich fiel ihr wieder ein, warum sie hier gelegen hatte und überprüfte den Zustand des Drachensteins, der noch immer in den Stoff eingeschlagen, jedoch ebenfalls auf der Erde gelandet war – zum Glück unversehrt. Erst jetzt bemerkte Shikon, dass auf der Rückseite eine Art Inschrift eingraviert war. Zuerst fuhr sie nur mit den Fingerspitzen über die seltsamen Linien und Punkte, dann formten ihre Lippen die dazugehörenden Laute: „Het not un mahlaan Erei Suleyk se Alduin vokrii!“ Vor Schreck hätte sie die Steinplatte beinahe fallen gelassen – denn sie hatte jedes einzelne Wort verstanden! Farengar war darüber nicht minder fassungslos, als sie ihm davon berichtete: „Ihr … Ihr könnt das lesen? Es ist in der Sprache der Drachen geschrieben. Ich kenne niemanden, der diese Zeichen so einfach entziffern könnte …“ „>Hier liegen unsere gefallenen Anführer, bis sich die Macht von Alduin erhebt!<“, übersetzte die Altmer es für ihn. Ein eiskalter Schauer überkam den Hofzauberer und er meinte: „Dann steht es weit schlimmer um Himmelsrand, als bislang befürchtet. Alduin … der Weltenfresser. Er ist einer der Göttlichen, ein Drache der Zerstörung. Wenn die Zeit seiner Rückkehr gekommen ist, wird die Welt, wie wir sie kennen, aufhören zu existieren!“ „Oh nein, das darf nicht geschehen!“, entgegnete sie entschieden, „Gibt es eine Möglichkeit, ihn aufzuhalten?“ Es dauerte eine Weile, bis Farengar antwortete: „Ich kenne nicht die ganze Prophezeiung … Es gibt zahlreiche Schriftrollen der Alten, die die Geschichte Tamriel´s bewahren – jedoch verliert derjenige, der nach ihrem Wissen greift, sein Augenlicht, heißt es in der Sage. Wir müssten ins Kaiserreich reisen, um einen Ahnenmottenpriester nach dem genauen Wortlaut zu fragen … Aber in Anbetracht des Bürgerkriegs scheint dies schier unmöglich. Ich werde mich mit den anderen Hofzauberern in Verbindung setzen – wenn ich etwas in Erfahrung bringe, lasse ich es Euch wissen.“ Und wieder dieselbe, alte Leier – die Richtung hatte man ihr gegeben, doch wie sie die Strecke zum Ziel bewältigte, lag an ihr. Dovahkiin Der Jarl von Weißlauf war überaus zufrieden mit Shikon´s Erfolg bei der Ausführung des Auftrags seines Hofzauberers und ließ ihr weitere Aufgaben übertragen. So lernte sie die Stadt sowie dessen Bewohner näher kennen. Auch dem Lied des Barden lauschte sie des ein ums andere Mal. Es sprach von einer ganz besonderen Hoffnung – deshalb wollte sich so viele der Nord noch nicht der Verzweiflung hingeben, weil sie noch glaubten. Doch wer und wo war dieser Held? „Haben mich jemals so viele Fragen und Rätsel auf einmal gequält?!“, murmelte sie vor sich hin. Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, erklang ein ohrenbetäubendes Dröhnen und eine starke Böe fuhr durch die Stadt, gefolgt von einem Schatten und einem weiteren Brüllen. Shikon schluckte schwer. Die Anzeichen waren kaum zu leugnen … Aber sie war nicht die einzige, die die Gefahr erkannt hatte – die Wachen schlugen Alarm, die Menschen auf der Straße hasteten zurück in ihre Häuser. Und schon glitt ein mächtiger Schatten über sie hinweg. Die Bilder vom zerstörten Helgen drangen in Shikon´s Kopf. Brennende Gebäude, verkohlte Leichen … Ihre Füße setzten sich in Bewegung, noch bevor sie den Gedanken zu Ende gedacht hatte. Raus aus der Stadt, vorbei an den Ställen, bis sie auf einem weiten Feld zum Stehen kam. Mit hoch erhobenen Händen schickte sie einen Feuerball los, der den Flügel des Drachens streifte und ihr seine Aufmerksamkeit einbrachte – er wandte sich in ihre Richtung! „Bei den Sechs Göttern, den Geistern der Nebel … und den Göttlichen Tamriel´s …", hauchte Shikon, um ihre Magie zu kanalisieren. Als er nur noch wenige Meter von ihr entfernt war und ihr seinen feurigen Atem entgegenschleudern wollte, ging ein Regen aus Flammen auf den Drachen nieder, welcher ihn zu Boden zwang. „Do-Dovahkiin …“, grollte er noch, dann erlag er seinen Wunden. Ein donnerndes Pulsieren fuhr durch Shikon´s Körper und in einem weißen Wirbel löste sich der tote Körper auf. „Ihr … seid ein Drachenblut!“, sagte einer der Wachen ehrfürchtig, die herbeigeeilt waren, als der Drache abgestürzte, „Heißt das, Ihr könnt Drachenschreie verwenden? Bitte, zeigt es uns.“ Shikon hatte keine Ahnung, ob sie es konnte – geschweige denn, was gerade eigentlich überhaupt mit ihr passiert war. Erneut schrie die Macht in ihr auf, diesmal streckte die Rothaarige die Hand danach aus und aus ihrem Mund erklang das Wort FUS (Kraft) als Druckwelle. „Unglaublich … Es hat seit Jahrhunderten keinen mehr von Eurer Art gegeben.“, staunte ein anderer Wachmann. Und ein dritter rief: „Der Jarl muss unbedingt davon erfahren!“ „Ihr seid also unser prophezeiter Held! Natürlich … Ihr kamt in der Stunde größter Not nach Himmelsrand und habt bereits Euer Leben für das Volk der Nord riskiert. Lady Shikon, bitte, nehmt meinen herzlichsten Dank und tiefe Verehrung an – was immer Ihr jemals benötigt, Weißlauf wird es Euch geben.“, erklärte Jarl Balgruuf. Shikon verbeugte sich leicht und erwiderte: „Eure Worte ehren mich ... Doch habe ich noch einen langen Weg vor mir, bis ich mich der Legende als würdig erweise. Der Drache, den ich heute getötet habe, war nur der Anfang – Alduin ist mein wahrer Gegner in diesem Kampf! Doch … noch vor ein paar Stunden war ich eine einfache Magierin, ausgebildet in den Hallen des Kristallturms von Sommersend – ein Drachenblut zu sein … muss ich dagegen noch lernen.“ „So ist es.“, bestätigte ihr Gegenüber zu ihrer Überraschung, „Ihr müsst die siebenhundert Stufen bis zum Gipfel des >Hals der Welt< erklimmen und von den Meistern der Stimme lernen … Die Graubärte nehmen für gewöhnlich nur sehr selten Schüler in ihrem Kloster auf – doch Euch, ein Drachenblut auszubilden … ist ihre wahre Aufgabe.“ Er beschrieb ihr den Pfad, dem sie von Ivarstatt aus folgen musste und der sie zur Spitze des höchsten Berges in ganz Himmelsrand, ja sogar Tamriel´s führen würde. Mit jeder Stufe wurde die Luft dünner und kälter. Sie konnte sich gut vorstellen, warum der Jarl diesen … Trip als »Pilgerreise« beschrieben hatte. Viele mussten hier bereits an ihre Grenzen gestoßen sein – umso erstaunlicher, dass der Anführer der Sturmmäntel nicht nur der Berg erklommen, sondern auch von den Graubärten aufgenommen worden war; Balgruuf hatten sie ihre Lehren verweigert. Doch trug ein Meister überhaupt Schuld an den Taten seines Schülers? Sie beschloss ihnen zumindest nicht blind zu vertrauen … Die Stufen bogen um eine Kurve und gaben den Blick auf den letzten Treppenabsatz frei, der zum Eingang des Klosters führte. Shikon sprintete hinauf. Ihr Blick glitt zurück – Himmelsrand lag verborgen unter einer Decke aus Wolken und Schnee in vollkommenem Weiß … Diese Reinheit durfte nicht zerstört werden! Deshalb hatte sie diesen Aufstieg bewältigt. Sie drehte sich wieder zu dem fein gearbeiteten Tor um. Einen Türklopfer oder eine Glocke gab es nicht. Vorsichtig legte sie ihre Handflächen auf das vereiste Holz und stemmte sich dagegen. Mit einem klirrenden Geräusch öffnete sich das Eingangsportal. Fackeln an den Wänden beleuchteten den steinernen Saal, der dahinter lag. Fast hätte Shikon die vier Gestalten übersehen, die mit ihrem grauen Gewändern beinahe in der Umgebung untergingen. Unwillkürlich musste sie an Ohtah´s Schattenverschmelzung denken. Einer von ihnen trat einen Schritt nach vorne und sprach: „Siehe da, ein Dovahkiin erscheint … am Wendepunkt der Zeit.“ „Mein Name ist Shiko. Ich bin hierher gekommen, um herausfinden, was es bedeutet ein >Drachenblut< zu sein …“, erklärte die Hochelfe, während sie ihre Kapuze zurückschlug. Er nickte zum Verständnis: „Natürlich, wir werden Euch lehren. Die Worte … und die damit verbundene Verantwortung. Ich bin Arngeir – das sind Einarth, Wulfgar und Borri. Verzeiht ihnen, dass sie nicht selbst das Wort an Euch richten … ihre Stimmen sind im Laufe der Jahre zu mächtig geworden, um sie gefahrlos einsetzen zu können. Wir sind die letzten Meister von Hoch-Hrothgar.“ Arngeir wies bei der Vorstellung auf den jeweiligen Namensträger. „Kann mir das denn auch passieren … dass meine Kraft außer Kontrolle gerät?“, fragte Shikon besorgt, wollte sie nach der Rettung Himmelsrand's doch weiter nach ihren Liebsten suchen. Das Gesicht des Graubartes blieb ernst, als er antwortete: „Ein Risiko besteht immer … doch für Euch, Dovahkiin, ist es eine angeborene Fähigkeit und damit viel einfacher zu händeln. Nun aber würden wir gerne sehen, wie ausgeprägt die Gabe bei Euch schon ist – demonstriert uns bitte Euren Thu´um." Shikon griff nach der Macht in ihrem Inneren und richtet den Schrei gegen ein paar aufeinander gestapelte Körbe, die daraufhin umgeworfen werden. „Oh, der Schrei der unerbittlichen Macht … Ihr seid wahrlich eine kämpferische Natur!“, lobte Arngeir sie, „Um das volle Potenzial eines Thu´um auszuschöpfen, müsst ihr drei Worte aneinanderreihen, die aufeinander aufbauen und harmonisieren. Meister Einarth, unterweist sie bitte im zweiten Teil.“ Einarth platzierte sich neben Shikon, sodass sie ihn ungehindert beobachten konnte. Ebenso wie sie zielte auch er auf die Körbe und kombinierte FUS mit RO (Gleichgewicht), diesmal wurden die Körbe auseinander gerissen. „Der vollständige Schrei würde nicht nur die Körbe zerstören, sondern wahrscheinlich noch einen Teil der Wand. Daher werden wir die praktischen Übungen ab morgen im Freien durchführen.“, erklärte der erste Meister und klatschte in die Hände, „Für heute ist es genug – Ihr habt gerade erst Euren ersten Drachen getötet und die Gabe in Euch entdeckt … von dem Aufstieg des Monahven (Hals der Welt) ganz zu schweigen. Ich zeige Euch Euer Quartier. Meister Borri wird Euch gleich noch eine Mahlzeit bringen.“ Shikon verbeugte sich zum Abschied vor den dreien, anschließend folgte sie Arngeir in den Wohntrakt des Tempels. Der Anzahl der Zimmer nach zu urteilen, hatten hier einst viele Lehrlinge gelebt … Das erste, was Shikon am nächsten Morgen wahrnahm, war ein köstlicher Duft. Erst als sie die Augen öffnete, war sie für einige Momente verwirrt – dies war kein Gasthaus und vor allem nicht ihr Haus auf Sommersend … nein, sie befand sich im Heiligtum der Graubärte, ihrer neuen Lehrmeister. Lächelnd nahm sie die Schale mit Suppe vom Holztablett und spürte deren wohlige Wärme. Nach dem Frühstück ging sie wieder hinunter in die Eingangshalle, dort fand sie Arngeir in schwebender Meditationshaltung. Als Shikon sich ihm näherte, öffnete er die Augen und sie entschuldigte sich hastig: „Verzeiht, Meister, ich wollte Euch nicht stören.“ „Das habt Ihr nicht, Dovahkiin. Ich habe ohnehin nur auf Euch gewartet.“, sagte er und gab ihr einen Wink, ihm zu folgen – auf dem Trainingsgelände warteten bereits die anderen Graubärte, „Nun ist es an Euch Kraft und Gleichgewicht in einem Thu´um zu vereinen.“ Etwas nervös ging Shikon in Position und holte tief Luft. Ein Schauer fuhr ihr durch den Körper, als sie nach der Kraft der Stimme griff. Sie schleuderte FUS, RO gegen einen Schneehaufen, der sich daraufhin in sanften Pulverschnee verwandelte. „Es ist unglaublich, wie schnell Ihr lernt. Die Gabe ist sehr mächtig in Euch … Der Weg der Stimme wird Euch leiten.“, gratulierte ihr der Meister. Shikon wurde etwas verlegen und meinte: „Habt Dank. Wisst Ihr, eigentlich weiß ich gar nicht so recht, wie die Macht der Drachen in mir wirkt.“ Stolz lag in seinem Blick, als er berichtete: „Es ist ein Teil der Seele eines Drachen in Euch und der Segen der Göttlichen. Ihr seid der Auserwählte, der Himmelsrand vor ihrer Schreckensherrschaft retten wird! Dafür leben wir und haben all das Wissen bewahrt – um Euch auf diese Aufgabe vorzubereiten.“ „Seid versichert, ich werde kämpfen … und ich werde nicht versagen!“, versprach die Rothaarige, dann jedoch wandte sie den Blick ab und ihre Stimme klang mit einem Mal unglaublich betrübt, „Eine Frage habe ich noch, Meister Arngeir … Passiert das alles meinetwegen, sind die Drachen deshalb zurückgekehrt?“ Der Graubart kam nicht umhin, Bewunderung für sie zu empfinden. Er hatte schon mehrere Nord unterrichtet, doch noch nie war ihm jemand wie Shikon begegnet, die das Schicksal Himmelsrand´s zu tragen einfach angenommen hatte und sich darüber hinaus auch noch Sorgen über eine mögliche Mitschuld machte. Wie nur konnte jemand, der bislang erst ein Menschenleben auf Tamriel verbracht hatte, einen solchen Mut gepaart mit Weisheit an den Tag legen und gleichzeitig so … verloren wirken? „Es ist genau andersherum – Ihr seid wegen ihnen auf die Welt gekommen.“, ermunterte der Meister sie mit einem Lächeln, „Und dafür sind wir Euch auf ewig dankbar.“ Shikon nickte. Obwohl sie dem ewigen Zyklus folgend zig Leben leben würde, glaubte sie fest daran an, dass jedes einzelne davon einen Sinn und eine Aufgabe haben würde. Sie durfte nur niemals vergessen, wofür sie kämpfte … Hilferuf Von da an trainierte Shikon jeden Tag bis weit in dem Nachmittag hinein auf dem Trainingsgelände die Schreie. Nach dem Abendessen widmete sie sich die restliche Zeit dem Studium der zahlreichen Schriften, welche die Graubärte über die Drachen und Shikon´s Vorgänger gesammelt hatten. Eines der Bücher handelte vom ersten Drachenblut. Er war einst ein Drachenpriester gewesen, der sie verehrte und ihnen auf der Insel Solstheim diente, lange vor der Ersten Ära ihrer Zeitrechnung, als die Drachen noch über die Sterblichen regierten. Das Wissen darüber, warum er sich von seinen Meistern abwandte und seine Macht nutzte, um sie zu töten, war mit den Jahrhunderten verloren gegangen ... Es hätte Shikon brennend interessiert, wie ihre Kraft entstanden war. Das wenige an freier Zeit, die sich gönnte, wanderte sie durch den Tempel oder genoss die Aussicht vom Hals der Welt und ging den Graubärten beim Zubereiten der Mahlzeiten zur Hand. Als Shikon schließlich einen neuen, dreistufigen Thu´um erlernt hatte, fragte sie an Arngeir gewandt: „All die Schreie, die Ihr mich lehrt, wurden in diesem Tempel überliefert … Aber wie sind sie entstanden und ist möglich neue Wirkungsweisen zu entwickeln?“ „Sicher, Dovahkiin. Jeder Thu´um war zu Beginn nur ein einzelnes Wort ... Mit der Zeit werdet Ihr ein Gefühl dafür bekommen, welche Worte Ihr zusammenfügen müsst, um individuelle Ergebnisse zu erzielen.“, erklärte der Meister zuversichtlich. Angespornt übte Shikon unerbittlich weiter. Ein Thu´um war einem Zauber auf gewisse Weise ähnlich … und gleichzeitig ganz anders. Meister Arngeir hatte es ihr den Unterschied so erklärt: „Bei einem Zauber stellt Ihr Euch die Wirkung vor – Ihr seht vor Eurem geistigen Auge, was das Feuer tun soll. Bei einem Drachenschrei ist das etwas anders … das Wort ist die Essenz dessen, wofür es steht. Yol (Feuer) heißt nicht nur Feuer, Yol ist das Feuer. Beherrscht Ihr das Wort, müsst Ihr es nur noch mit der Macht eines Thu´um aussprechen." Die Kontrolle über die Elemente hatte sie sich im Kristallturm in vielen Jahre angeeignet – die Kraft eines Drachen dagegen lag in ihrer Seele. Nur die Nutzungsweise war sie nicht gewohnt; in einem Kampf würde sie eher noch zu Magie greifen, doch gegen einen Thu´um konnte sie sich damit nicht verteidigen … Es hieß ja nicht ohne Grund »Feuer mit Feuer bekämpfen«. Und so übte Shikon, eine der besten Magierinnen von Sommersend, sich nicht mehr auf die Magie zu konzentrieren, sondern wie ein Drachenblut zu handeln! Einige Wochen später hatte Shikon bereits große Fortschritte gemacht, dank einer ganz … speziellen Trainingsmethode – wann immer sich die Gelegenheit bot, griffen die Meister sie mit einem schwachen Thu´um an, so lernte sie einen Schrei kommen zu sehen und zu kontern oder ihm gegebenenfalls auszuweichen. Hinzu kamen offiziell deklarierte Zweierkämpfe. Zu diesem Zeitpunkt erreichte ein Kurier den Tempel mit einer dringenden Botschaft aus Einsamkeit. Arngeir empfing ihn und da es sich um Nachricht für Shikon handelte, holte er sie ebenfalls dazu. Der Bote übergab ihr ein Schreiben der Jarl und Gemahlin des ermordeten Großkönigs Torygg, Königin Elisif. Es solle einen vernichtenden Angriff der Sturmmäntel geben, von dem sie durch ihre Spione erfahren hatte und an dem auch Ulfric würde teilnehmen. Sie war in Sorge, was mit ihrem Volk geschehen könnte, sollte ein Attentat auf sie gelingen und die Hauptstadt damit an die Rebellen fallen … Man hatte ihr von Gerüchten über das Erscheinen des Drachenblutes berichtet, daher bat sie Shikon inständig um ihre Hilfe in dieser Schlacht – hatte der Tod ihres Mannes doch deutlich gezeigt, dass wohl nur eine Zunge einem Drachenschrei Widerstand leisten könne. Shikon schickte den Nord hinaus, um sich mit ihrem Meister zu beraten: „Was glaubt Ihr, bin ich schon bereit dafür, mich einer anderen Zunge unter realen Bedingungen zu stellen?“ „Das ist nicht die Frage, die Euch beschäftigen sollte …“, entgegnete er ernst, „Was passiert, wenn Ihr hier bleibt? Könnt Ihr mit den Folgen dieser Auseinandersetzung ohne Euer Einschreiten leben?“ Überrascht von dieser Gegenfrage, erwiderte die Rothaarige: „Ihr … Ihr wollt es mir also nicht ausreden, weil ich noch so vieles zu lernen habe?“ „So sehr wir es uns auch wünschen mögen, für einen Auftrag wie den Euren wird es nie die richtige Zeit … oder gar eine perfekte Vorbereitung geben. Selbst wenn Ihr hundert Jahre in diesem Tempel lebt und lernt, könntet Ihr dennoch am Ende verlieren.“, antwortete Arngeir und ließ sie mit ihren Gedanken allein. Sie verstand, was er ihr mit seinen letzten Worte hatte sagen wollen … Als Shikon No Yosei war sie im Kampf gegen Shiro Tagachi gerade einmal fünfzehn gewesen, nun zählte sie als Altmer beinahe einhundert Lebensjahre und es machte absolut keinen Unterschied. Es ging nicht nur darum, was sie lernte, sondern vielmehr darum das Gelernte anwenden zu können. Von Intuition und im Kampf einen klaren Kopf behalten zu können mal ganz zu schweigen. Sie hätte ihre sämtlichen Erfolge niemals allein unter ihrem Können zugeschrieben – es waren ihre Freunde und Verbündeten gewesen, die ihr die Kraft gegeben hatte, zu siegen. Nachdem sie dem Boten ihre schriftliche Zusage übergeben hatte, begab sie sich auf ihr Zimmer und bereitete ihre Abreise vor. Arngeir beobachtete sie aus einiger Entfernung mit einem stolzen Lächeln. Am nächsten Morgen, noch vor Sonnenaufgang weckte Arngeir Shikon und sagte: „Bevor Ihr geht, möchte unser Großmeister noch das Wort an Euch richten.“ „Großmeister? Aber sagtet Ihr nicht, Ihr, Einach, Wulfgar und Borri währet die letzten Meister?“, hakte sie sichtlich verwundert nach. Arngeir nickte: „Ja, aber es gibt einen, der bereits den Gründer dieses Ordens die Thu´um und das Wissen um die Dovahkiin gelehrt hat …“ Trotz dieser noch verwirrenderen Antwort folgte Shikon dem Meister hinaus vor den Tempel zu einem Portal, in dem ein Schneesturm tobte, den er mit dem Schrei der »Wolkenlosen Himmel« verschwinden ließ und damit den Weg zum Gipfel freigab. „Geht … mit Mut und Weisheit.“, trug Arngeir ihr auf. Sie nickte und straffte die Schulter. Eisiger Wind peitschte ihr ins Gesicht, den nicht einmal Elfenkörper ignorieren konnte, daher webte sie wärmenden Schutzzauber. „Ah, eine Magierin – interessant.“, schallte es in Dovahzul durch die Luft, doch Shikon konnte den Sprecher nicht ausfindig machen. Nur Sekunden später erblickte sie im Glühen der Morgenröte einen schwarzen Schatten, der sich ihr gegenüber auf einem Felsvorsprung niederließ. Sofort ging Shikon in Angriffsstellung, Flammen wirbelten um sie herum. „Arngeir hat Euch sicher gewarnt. Wobei … wahrscheinlich hat er eher wieder in Rätseln gesprochen, nicht wahr?“, meinte der beinahe schneeweiße Drache und seufzte skeptisch. Verblüfft beruhigte Shikon ihre Kampfreflexe und antwortete ebenfalls in seiner Sprache: „Ich solle mutig und weise sein … Der Großmeister von Hoch-Hrothgar wollte mich sprechen, wo ist er?“ „Direkt vor Euch, Dovahkiin … Ich bin Paarthurnax.“, erklärte er erhaben, „Ich will Euch von einer Prophezeiung aus einer Schriftrolle der Alten erzählen.“ Ihr Kopf versuchte zwanghaft die nicht zueinander passenden Informationen in eine logische Reihenfolge zu bekommen – die Drachen waren nach Himmelsrand zurückgekehrt und griffen unentwegt die Bewohner an; der Drahtzieher dahinter war Alduin, der Weltenfresser … ihn musste sie besiegen. Doch nun saß vor ihr einer der seinen und wollte ihr weismachen, er sei der Großmeister der Graubärte, die sie ausbildeten, um eben jenen Anführer der Drachen auszuschalten. „Ich spüre, Ihr seid verwirrt – manchmal vergesse ich, dass außer meinen Gefährten niemand den kampflosen Umgang mit meiner Rasse gewohnt ist … Wenn Ihr erlaubt, werde ich Euch die Kurzversion meiner Geschichte darlegen, da Eure Zeit ja begrenzt ist.“, bemerkte Paarthurnax. Shikon nickte kaum merklich. Sie senkte zwar die Arme, doch die tanzenden Flammen blieben. Im Zweifelsfall konnte ihre Magie ihr wenigstens etwas Schutz verschaffen … So lauschte sie der Erzählung, wie er einst im Drachenkrieg an Alduin´s Seite gestanden hatte, bis der Wille seines Vaters Akatosh, der wie der Weltenfresser ein Fragment des Drachengottes war, auf ihn überging und er die Menschen die Kraft der Thu´um lehrte. Aus diesen Nord waren die ersten Zungen geworden, die mit Hilfe eines eigens entwickelten Schreis und einer Schriftrolle der Alten Alduin durch die Zeit geschickt hatten … Sie erinnerte sich daran, dass Farengar ebenfalls davon gesprochen hatte und von dem Risiko, das diese Wissenserlangung darstellte. „Was war das für ein Schrei?“, wollte sie wissen. Paarthurnax wirkte etwas eingeschüchtert – so sehr das einem Drachen überhaupt möglich war –: „Diese Frage kann ich Euch nicht beantworten … Es heißt, er würde einen Drachen zwingen, das Konzept der Sterblichkeit zu begreifen – unglaublich für schier unsterbliche Wesen … Er ist einzig dafür geschaffen, meinesgleichen zu besiegen, daher kann keiner von uns ihn erlernen. Drachen können einander nämlich nicht töten – deshalb konnte ich Alduin nicht selbst herausfordern. Doch vielleicht könnten die Helden von Sovengarde ihn Euch lehren …“ Diese Information fand Shikon besonders interessant. So wie ein Mer keine – aus seiner Sicht – Unwahrheit sprechen konnte, war es Dovah (Drachen) also unmöglich einander umzubringen … „Ich glaube, ich verstehe … mehr oder weniger.“, meine Shikon und straffte die Schultern, „Sei es, wie es sei – zuerst muss ich mich um diesen Bürgerkrieg kümmern … Es fällt mir schwer, einem Drachen gegenüber Dankbarkeit zu empfinden. Trotzdem – Euch schulde ich es.“ „Sorgt Euch nicht, Drachenblut.“, sagte Paarthurnax und erhob sich mit einem Flügelschlag in die Luft, „Wenn Ihr nach Hoch-Hrothgar zurückgekehrt seid, würde ich dieses Gespräch gerne weiterführen.“ Damit flog er davon. Shikon sah ihm noch eine ganze Weile nach. Nun begriff sie umso besser, wie ihr Team sich bei der ersten Begegnung mit Mordremoth gefühlt haben musste … Das Duell der Zungen Beim Abstieg vom Hals der Welt hatte Shikon beinahe das Gefühl, als könne sie fliegen – als wären ihr selbst Drachenflügel gewachsen. Doch so war es leider nicht und Einsamkeit lag am anderen Ende von Himmelsrand … Sie erinnerte sich an das Versprechen des Jarl´s von Weißlauf, wonach sie jede notwendige Unterstützung von ihm bekäme. Und das Pferd war nicht grundlos das Wappentier seiner Stadt. Natürlich befahl Balgruuf seinem Stallmeister ihr sofort das ausdauerndste Tier zu übergeben – einen prächtigen, schwarzen Hengst. „Schattenmähne …“, flüsterte Shikon zärtlich und streichelte ihn am Kopf, „Das wird von nun an dein Name sein.“ Wie zur Zustimmung stieß er seine Nüstern sanft gegen ihre Brust. Für einen kurzen Moment erlaubte es sich Shikon an Ohtah zu denken … Schmerz wallte in ihrer Brust und Tränen wollten ihr in die Augen steigen, da riss sie jedoch ein lautes Wiehern aus der Traurigkeit. Ein Schmunzeln schlich sich auf Shikon´s Gesicht und sie schwang sich mit Schwung in den Sattel. Eilig gab sie Schattenmähne die Sporen, das Tier galoppierte davon und sollte erst Tage später vor den Toren von Einsamkeit wieder wirklich zur Ruhe kommen, wo Shikon ihn im königlichen Stall unterbrachte – das Siegel auf dem Brief hatte genügt, um sie als Elisif´s Gast auszuzeichnen und so erhielt sie auch Einlass in den Blauen Palast. Im Thronsaal erwartete die Jarl sie zusammen mit ihrem Vogt, ihrer Hofzauberin und einem ihrer Leibgarde. „Ihr seid Shikon … eine Altmer, wenn ich recht sehe, nicht wahr?“, sprach Elisif sie an. Shikon verneigte sich kurz, dann antwortete sie: „So ist es, Majestät. Ihr habt mich um Hilfe gegen die Sturmmäntel gebeten … und gerne möchte ich dem nachkommen, doch ich werde keine Befehle entgegennehmen.“ Der Vogt wollte sie schon schelten, da begann die Jarl zu lachen: „Ihr seid die erste, die mir seit dem Tod meines Mannes nicht jeden Wunsch von den Augen ablesen möchte. Ich hörte schon, dass Ihr Eure eigene Vorgehensweise schätzt, aber dass Ihr es so deutlich aussprecht … Ich bewundere Euren Mut. Keine Sorge, ich habe nicht vor, Euch befehlen zu wollen – Ihr seid unser Retter, danke für Euer Kommen.“ Sprachlosigkeit herrschte bei den Umstehenden. Shikon lächelte. Sie mochte die Königin – trotz des Leids, das ihr widerfahren war, bewahrte sie sich ihren Stolz und stellte das Wohl ihres Volk über ihre eigenen Bedürfnisse. „Falk, geleitet sie bitte zum Schloss Elend. General Tullius soll sie über die Verteidigung besprechen und ihr vollkommen freie Hand lassen.“, wies Elisif ihren Vogt an. Er verbeugte sich tief vor seiner Herrscherin, dann gab er Shikon einen Wink ihm zu folgen. Er führte sie zurück Richtung Stadtmitte, bog dann aber ab und sie betraten einen weiten Innenhof, auf dem Wachen mit Schwertern oder Pfeil und Bogen trainierten. Falk Feuerstein öffnete das hölzerne Tor zum Palast und dahinter konnte man bereits das hinter dem Gang liegenden Zimmer des Kriegsrates erkennen. Der Vogt ging voran und setzte einen älteren Mann in Rüstung über die Absicht der Jarl in Kenntnis. Dann verabschiedete sich Falk Feuerstein auch schon. Tullius wirkte im ersten Moment verdutzt, doch seine Jahrzehnte lange Erfahrung als Soldat ließ ihn Fassung bewahren. „Dieses einfältige Weibsstück glaubt also allen Ernstes das Märchen vom sagenumwobenen Drachenblut …“, murmelte er, sodass Shikon ihn nur Dank ihrer Elfenohren hören konnte, bevor er die Stimme erhob, „Ihr könnt die Angelegenheit ganz der Kaiserlichen Legion überlassen – wir wissen schon, wie wir mit diesen Radikalen umzugehen haben.“ Eine Welle von Wut spülte durch Shikon´s Körper und sie gab schnippischer als gewollt zurück: „Und gegen Ulfric´s Drachenschreie? Der Tod des Großkönigs ist ja leider kein Märchen.“ „HADVAR!“, schrie der General. Der Soldat erschien unverzüglich und betrachtete den Besuch mit großen Augen. Shikon erging es nicht anders – sie hätte nicht gedacht, ihn so schnell wiederzusehen. Er verbeugte sich galant vor ihr und meinte: „Es ist mir eine Ehre, Euch erneut zu begegnen, Lady Shiko … Wenn der General gestattet, führe ich Euch gerne ein wenig herum.“ Mit knirschenden Zähne nickte Tullius, war er doch heilfroh, sie los zu sein. Draußen unterhielten sich Shikon und Hadvar derweil bereits. „Eigentlich hatte ich ja gehofft, Euch unter besseren Bedingungen wiederzusehen.“, gestand der Soldat und kratzte sich leicht verlegen an der Wange. Shikon lachte leicht: „Vergesst nicht, Ulfric möchte sich auch noch dazu gesellen. Fehlt eigentlich nur noch ein Richtblock.“ „Und ein Drache …“, stimmte Hadvar zu, „Kleiner Scherz.“ Keiner der beiden ahnte in diesem Moment, wie recht Hadvar damit behalten sollte … Zur Nachtruhe zog sich Shikon ins Gasthaus zurück. Sie hatte Hadvar´s Angebot, in der Kaserne zu übernachten, abgelehnt – nicht zuletzt, um dem General aus dem Weg zu gehen. Im Grunde ging sie die Politik von Himmelsrand ja nichts an, doch sie nahm sich fest vor, Elisif eine Warnung bezüglich Tullius zukommen zu lassen. Kaum dass sie diesen Gedanken gefasst hatte, ertönte das laute Hallen der Alarmglocke – ein Angriff! Shikon sprang regelrecht in ihre Stiefel und legte beim Treppen hinabrennen ihren Umgang an. Auf der Straße herrschte hektisches Treiben, aus allen und in alle Richtungen liefen Wachen mit gezogenem Waffen und herunter geklappten Visieren. Die Rothaarige konnte nicht sagen, ob es die Windböen, das durchdringende Brüllen oder ein Gefühl, wie ein sechster Sinn war, dass sie die größte Bedrohung aufmerksam machte – ihr Blick wanderte zum Himmel. Der Drache zog Kreise über der Stadt. Aber etwas an seiner Silhouette war merkwürdig … Shikon konzertierte sich auf die Stelle, die aus der Ferne wie ein Buckel wirkte. Doch die Augen der Mer ließen sich nicht so leicht täuschen – auf dem Rücken des Mannes saß ein Mann … genauer gesagt Ulfric Sturmmantel! Sie hatte in einem der Bücher von Hoch-Hrothgar bereits gelesen, dass einst einer ihrer Drachenblut es geschafft hatte mit seinem Schrei einen Drachen zu zähmen. „Lady Shiko!“, wurde sie von Hadvar´s Stimme gerufen. Sie drehte sich zu ihm um und erklärte: „Ich stelle mich dem Drachen – die Kaiserliche Legion soll sich um die Sturmmäntel kümmern!“ Er salutierte vor ihr und eilte anschließend zum Schloss Elend. Shikon selbst positionierte sich auf einer der Stadtmauern und zielte mit einem Thu´um auf Ulfric: „FUS, RO, DAH (drücken)!" Unvorbereitet traf die »Unerbittliche Macht«, Ulfric stürzte zu Boden. Aber da auch er die Kräfte eines Drachenschreis beherrschte, konnte er sich damit vor dem sehr harten Aufprall bewahren. Teils wütend, teils verwundert hielt er nach dem Schuldigen dieser Tat Ausschau und nur wenig später erschien Shikon an der Absturzstelle. „Ich kenne Euch aus Helgen.“, stellte er überrascht fest. Die Altmer nickte knapp: „Ja … ich bin Drachenblut Shikon.“ „Dovahkiin … Ich verstehe. Kein Wunder, dass Eure Stimme so mächtig ist. Das wird ein sehr interessantes Duell der Zungen …“, meinte der Nord hämisch, „LIZ (Eis), SHEL (Körper), NUS (Statue)!" Shikon´s Körper reagierte schneller als ihr Kopf übersetzen konnte – zum Glück, denn der Eiswelle entkam sie gerade noch um Haaresbreite. Meister Arngeir hatte sie gewarnt … zwar traten die Graubärte grundsätzlich neutral auf, doch hatte er Ulfric als den talentiertesten Schüler, der sogar ihr gefährlich werden konnte. Doch das bedeutete keineswegs, dass sie ihm unterlegen war – sie holte tief Luft und schrie ihm entgegen: „YOL, TOOR (Inferno), SHOL (Sonne)!“ Da das Feuer ihr affines Element war, entfaltete dieser Schrei besonders viel Kraft und überzog das Gebiet mit einem regelrechten Flammenmeer. Während Shikon unbeschadet hindurch schreiten konnte, wich Ulfric einige Schritte vor der gewaltigen Hitze zurück. „VEN (Wind), GAAR (entfesseln), NOS (Stoß)!“, versuchte er das Feuer mit einem Zyklon zu ersticken. Shikon´s linker Arm beschrieb einen Bogen in der Luft, der die Windrichtung veränderte, sodass er nicht gegen die Flammen arbeitete, sondern sogar noch nährte. „Ich habe gelernt, ein Drachenblut zu sein und meine Magie hinten anzustellen … doch bin und bleibe ich in erster Linie die Fee der vier Elemente!“, erklärte Shikon bestimmt und mit einem Handwink schloss das Feuer die beiden Zungen wie in einem Ring ein, der dem Sturmmantel jedweden Fluchtweg abschnitt. Geschlagen sank Ulfric auf die Knie und erklärte: „Ich weiß, wann ich geschlagen bin … Also los, bringt es zu Ende!“ „Nein, es ist nicht meine Aufgabe Euch zu töten.“, sagte sie mit ruhiger Stimme, „Aber ich kann Euch auch nicht weiter Blut vergießen lassen … daher stelle ich Euch vor die Wahl – schließt mit der Kaiserlichen Legion einen Friedensvertrag oder unterwerft Euch dem Urteil der Königin!“ Abwertend verzog er das Gesicht, als er wissen wollte: „Und warum sollte ich ausgerechnet mit diesen Verrätern verwandeln?“ „Genau wegen dieser Wortwahl – als ich Euch das erste Mal sah, habe ich Euch so sehr gehasst, dass ich Euch am liebsten an Ort und Stelle umgebracht hätte, wäre ich nicht gefesselt gewesen … Doch so sehr ich Euch im Namen der unschuldigen Opfer verabscheue, ich weiß auch, Ihr liebt dieses Land – so könnt Ihr es beweisen, denn es gibt eine weitaus größere Bedrohung und ich kann nicht weiterhin an zwei Fronten kämpfen.“, meinte die Rothaarige und ließ die Flammen erlöschen. Noch immer blieb Ulfric stur: „Ich werde mich nicht mit diesen … Untergebenen der Thalmor an einen Tisch setzen!“ „Haltet Ihr mich etwa für derart naiv – oder gar dumm?“, konterte sie mit hochgezogener Augenbraue, „Ich werde die Bedingungen mit Hilfe der Graubärte formulieren. Ihnen zollt Ihr bekanntlich zumindest auf gewisse Weise noch immer Respekt.“ Diese Tatsache konnte er nicht bestreiten – dennoch würde er nur gemeinsam mit seinem Huscarl, dem persönlichen Leibwächter eines Jarls beziehungsweise Thanes erscheinen … Shikon akzeptierte. Sie hätte es auch eher für Selbstüberschätzung gehalten, würde er allein an dem Treffen teilnehmen. Ulfric zu überzeugen, war bereits mühevoll gewesen – General Tullius stellte eine nicht mindere Schwierigkeit dar. Nachdem Shikon geendet hatte, zog er innerhalb eines Sekundenbruchteils blank und wollte sie an Ort und Stelle köpfen. Einzig Hadvar´s Klinge schützte sie vor diesem Attentat, der ebenso schnell reagiert hatte. Noch einmal konnte Shikon nur über seine Ähnlichkeit zu Ohtah staunen … und zweifelte beinahe schon an ihrer Überzeugung, sie würde seine Seele erkennen. „Wie könnt Ihr es wagen, Soldat!“, brüllte er zornig. Hadvar gab keinen Zoll nach und antwortete: „Verzeiht mir, General, aber ich verdanke ihr mein Leben – Lady Shiko war es, die mich in Helgen gerettet hat. Ihr wisst so gut wie ich, dass man eine Blutschuld nicht unbezahlt lassen kann.“ „General Tullius.“, erhob Shikon die Stimme und legte ihre Hand beschwichtigend auf die Schulter ihres Retters, bis der schließlich die Waffe sinken ließ, „Ich weiß, Ihr habt den Kampf gegen die Drachen nicht gesucht … er ist zu Euch gekommen und zu Euren Männern. Ich verlange nicht von Euch, dass Ihr mit mir gegen Alduin zieht, aber die Bürger von Himmelsrand bedürfen Eures Schutzes! Und wenigstens in diesem einen Punkt solltet Ihr Euch mit Ulfric einigen können.“ Endlich steckte auch er seine Klinge zurück in die Scheide, bevor er nüchtern erwiderte: „Ihr sprecht wie ein Anführer … Ich fange langsam an zu verstehen, warum Euch viele so gewogen sind. Auch wenn ich nicht zu ihnen gehöre – der Kaiser würde es wohl nicht gutheißen, wenn eine Provinz seines Reiches Drachen zum Opfer fällt. Nun gut, ich werde Euch begleiten – aber nur, wenn ich nicht gemeinsam mit diesem Königsmörder reisen muss! Und Legat Rikke wird mich begleiten. Hadvar, Ihr seid für den Schutz von Einsamkeit und Ihrer Majestät verantwortlich.“ „Wie es Euch beliebt. Ich werde vorausgehen und Euch zusammen mit den Graubärten empfangen.“, bestätigte Shikon und warf einen letzten Blick auf Hadvar. Diesmal trieb sie Schattenmähne nicht ganz so hart an, aber trödeln durfte sie auch nicht. So brauchten sie für den Rückweg nach Weißlauf zwar doppelt so lange, aber waren damit immer noch schneller, als so mancher Kurier. So schwer es ihr auch fiel, ihren Hengst in den Ställen zurückzulassen und ihm ansonsten gebirgiges Gelände nicht viel ausmachte … den Aufstieg des Hals der Welt würde er nicht schaffen. Sie kaufte in der Stadt eine Kiste Karotten, einen großen Sack roter Äpfel und mehrere Ballen Heu, die sie dem Stallmeister übergab. Dieser versprach ihr, den Kaltblüter weiterhin bestens zu versorgen und regelmäßig zu bewegen, sodass er jederzeit für einen weiteren Trip bereit wäre. „Ich komme zurück …“, versprach sie Schattenmähne. Der zweite Aufstieg zum Kloster kam Shikon einerseits leichter vor … auf der anderen Seite graute es ihr mehr vor den Verhandlungen, als zu lernen ein Drachenblut zu sein. Meister Arngeir´s erste Reaktion machte es ihr nicht gerade einfacher: „Ihr habt fremde in den Tempel geladen? Seit jeher entscheidet unser Großmeister, wer Hoch-Hrothgar betreten darf! Davon abgesehen haben sich die Graubärte stets aus der Politik herausgehalten und waren unparteiisch.“ „Es tut mir leid, Meister – aber genau das ist der ausschlaggebende Punkt … Dieser Ort ist der einzig neutrale Boden in ganz Himmelsrand.“, erklärte Shikon, „Und genau genommen hat mich Paarthurnax auf die Idee gebracht – Alduin nährt sich von den Folgen des Bürgerkriegs und wird dadurch stärker. Wenn es aufhört, vielleicht wird er dann sogar wieder schwächer … oder zumindest nicht noch stärker." Arngeir schlug die Hände über dem Kopf zusammen und lenkte schließlich ein: „Na schön. Ihr müsst jede Chance nutzen, die sich Euch bietet … Aber Ihr sorgt dafür, dass unser Tempel nicht durch irgendwelche Eskalationen entweiht wird! Ich werde mein Möglichstes tun, um Euch zu unterstützen.“ Dankbar lächelte Shikon ihn an und gemeinsam mit den anderen Mönchen verwandelten sie den großen Saal in einen Konferenzraum. Nach einigem hin und her hatten sie sich für einen ovalen Tisch entschieden. Ulric und sein Hascarl hatten auf der linken Seite Platz genommen, welche in Türnähe lag; General Tullius und Legat Rikke war es gerade recht, als Soldaten hatten sie lieber eine feste Wand hinter sich; Meister Arngeir und Shikon saßen an den Kopfenden; Einach, Wulfgar und Borri standen im Raum verteilt. Als Ruhe eingekehrt war, verkündete die Rothaarige das Abkommen: „Wir haben uns aufgrund der Drachenkrise hier zusammengefunden, um einen Waffenstillstand zwischen der Kaiserlichen Legion und den Sturmmänteln zu erwirken. Ich kenne den Grund für die Auseinandersetzung und die damit verbundenen Streitigkeiten um einzelne Fürstentümer. Hier also mein Vorschlag … Bis die Bedrohung durch Alduin ausgelöscht ist, sollen sämtliche Regierungsgeschäfte allein von den derzeit amtierenden Jarls geführt werden und sämtliche Kämpfen – offiziell und inoffiziell – werden ebenso strafrechtlich geahndet, wie jedes andere Verbrechen. Ich selbst bin eine Untergebene von Königin Ayrenn und befürworte die Verbündung der verschiedenen Völker, doch bereitet es auch mir Kummer, jemanden zur Aufgabe seines Glaubens zu zwingen … Daher werde ich ein Schreiben an den zweiten Altmeri-Bund verfassen, um diese Bedingung des Weißgoldkonkordat noch einmal zu verhandeln.“ Tullius knallte die Hände auf den Tisch und rief: „Wie könnt Ihr-“ „Das Drachenblut kommt damit uns allen entgegen.“, unterbrach ihn Ulfric. Bevor die Situation eskalieren konnte, sagte der Graubart: „Bedenkt, dies ist ein weitaus besserer Weg, als die Erde unserer geliebten Heimat mit Blut zu tränken.“ „Der alte Zausel hat recht, General … zumindest vorläufig. So hätten wir Zeit, unsere Reihen neu zu formieren.“, flüsterte die Legat nahe am Ohr ihres ihres Vorgesetzten. „So sei es denn.“, stimmte dieser immer noch widerwillig zu. Nun meldete sich der zweite Sturmmantel zu Wort: „Um bestimmten … Problemen aus dem Weg zu gehen, sollte jeder auch möglichst in seinem Territorium bleiben.“ Shikon nickte zustimmend: „Das ist sicher ein guter Rat, um den vorläufigen Frieden halten zu können. Ich danke den Anwesenden für ihre Kooperation und schwöre, dass ich Alduin aufhalten werde!“ „Gut gesprochen, Dovahkiin.“, meinte ihr Meister stolz. Im Anschluss wurde noch eine Weile darüber diskutiert, ob und was für Ausnahmen wie etwa den Hals der Welt gäbe sowie das Maß und die Einhaltung der Strafen. Alles in allem hielten sich die Beteiligten an den feinen Gesprächston – fünf anwesende Zungen zu reizen wäre wohl auch nicht gerade ratsam gewesen. Die Schriftrolle der Alten Kaum dass die »Gäste« Hoch-Hrothgar wieder verlassen haben, nahm Shikon erneut den Pfad, der vom Tempel hinauf zum Gipfel des Monahven führte. Der alte Drache rührte sich und empfing sie mit den Worten: „Seid mir gegrüßt, Drachenblut … Wart Ihr erfolgreich bei Eurem Unterfangen?“ „Für den Moment – wenn ich Alduin besiegt habe, werde ich mich wahrscheinlich noch einmal damit befassen müssen.“, berichtete sie, „Beim letzten Mal sagtet Ihr, ich solle mit denjenigen sprechen, die diesen Schrei entwickelt haben – aber wie nur?“ Paarthurnax breitete die Schwingen aus, während er antwortete: „Habt Ihr Euch gefragt, warum ich mich ausgerechnet hierher zurückgezogen habe? Dies ist der Ort, an dem Alduin von den alten Zungen besiegt wurde … vor so langer Zeit, dass wahrscheinlich nur noch ich mich daran erinnere. Nein … er wurde nur vertrieben. Mit der Schriftrolle der Alten aus dem Strom der Zeit verbannt – in der Hoffnung, er würde für immer zwischen den Dimensionen verloren sein … Ich wusste es besser. Auch wenn ich nicht den genauen Wortlaut der Prophezeiung kenne – er ist ein Teil eines Göttlichen. Und wir Drachen sind mehr als jedes andere Volk durch Aka mit der Zeit verbunden … Deshalb habe ich hier ausgeharrt, um über die Bruchstelle zu wachen, an der Alduin´s Zeit zerschmettert wurde. Als mein Bruder fiel, war ich weit fort, doch alle Drachen haben die Störung vernommen … Wenn Ihr die Schriftrolle zu diesem Ort bringt, könnt Ihr zum Ursprung der Störung im Raum-Zeit-Kontinuum zurückkehren und von meinen Freunden lernen.“ „Euren Freunden?“, unterbrach sie verwirrt seine Ausführungen. Ein Laut, vom dem Shikon erst einmal begreifen musste, dass es sich um ein Lachen handelte, hallte über den Pass: „Hakon, Gormlaith und Felldir … sie waren die ersten Sterblichen, die ich die Worte der Drachensprache lehrte.“ Die Zungen der Nord, die gegen Alduin gekämpft hatten, um seine Schreckensherrschaft über Himmelsrand zu unterbinden. Trotz der Friedensverhandlungen hatte Shikon beinahe ununterbrochen darüber nachgedacht … „Ich habe nun schon so viel darüber gehört und gleichzeitig überhaupt keine Ahnung – sagt mir, Paarthurnax, was genau sind die Schriftrollen der Alten ...“, stellte die Rothaarige eine ihrer brennendsten Fragen, „Und wo kann ich sie finden?“ Er senkte den Kopf etwas und sprach gedämpft: „Es sind Artefakte der Zeit, in denen sich Reflexionen aller möglichen Vergangenheit, Gegenwärte und Zukünfte spiegeln … Instrumente des Wissens; ein Fragment der Schöpfung, das gleichzeitig ein Teil von Tamriel ist und sich dennoch außerhalb dieser Welt befindet. Ich kann Euch nicht sagen, wo Ihr danach suchen sollt … geschweige denn etwas über ihre wahre Wesensart und Substanz – Euer Seele wird Euch leiten.“ Shikon blinzelte ein paar Mal, dann entfuhr es ihr: „Ist das Euer Ernst?“ „Nutzt die Schwingungen des Hals der Welt zur Meditation. Ihr seid ein Drachenblut und damit ebenfalls ein Kind von Akatosh … Vertraut auf Euer Schicksal.“, antwortete der Drache. Akatosh, der von Menschen verehrte Teil des ursprünglichen Drachen- und Zeitgottes Aka … Für sie als Altmer waren die Lehren von seines Bruders Auriel geläufiger. Dennoch … sie musste die Schriftrolle unter allen Umständen finden – egal, was es sie auch kosten würde. Shikon folgte also Paarthurnax´ Rat, sich in Meditation zu üben, um ihre Gedanken zu klären und mit all den Ereignissen der vergangenen Wochen klarzukommen. In ihrem Kopf wirbelten die Worte der Macht … Mühsam versuchte sie zunächst ihren Atem unter Kontrolle zu bekommen – ein und aus, ein und aus. Ganz langsam, ganz gemächlich. Ohne Hektik, ohne Stress. Nun gut, die ganze Welt hing von ihrem Erfolg ab … Stopp! Dies war nicht das, woran sie denken sollte. Nicht, wenn sie Erfolg haben wollen würde. Um sich zu beruhigen, beschwor Shikon die Erinnerung an Shing Jea vor ihrem inneren Auge herauf. Sie sah die leuchtenden Kirschblüten, hörte das Plätschern der Wasserfälle, roch das frische Gras und erinnerte sich an all die glücklichen Stunden. Ein Lächeln zeichnete sich um ihre Lippen ab. Gedanklich reiste sie weiter nach Kaineng – dort hatte viel Leid geherrscht, doch hier war sie Ohtah begegnet und zur Verteidigerin von Cantha geworden. Sie dachte auch an die versteckten Wunder des Echowaldes und den atemberaubenden Anblick des Jademeeres. Apropos Meer – die Überfahrten nach Tyria und Elona waren ebenfalls unglaubliche Abenteuer gewesen. Im hohen Norden hatte es daran ebenfalls nicht gemangelt. Sie hätte nicht sagen können, welche Region ihr am ehesten zusagte. Die Fernen Zittergipfeln hatten viel mit Himmelsrand gemein und beide Landschaften fand sie wunderschön. Das blühende Leben der Charr-Heimat ähnelte ihrer geliebten Insel – mit den Errungenschaften der Asura ließ sich allerdings nicht vergleichen. Selbst die prächtigsten Bauten Sommersend´s sprachen mit einem ganz anderen Charme. Auf was sie hätte verzichten können, waren dagegen die Feuerring-Insel, das Reich der Qual und im Grunde die Tiefen von Tyria. „Wäre Tamriel nur Tyria …“, murmelte Shikon und ein Schreck durchfuhr sie, „Tamriel ist nicht Tyria … aber vielleicht wie Tyria.“ Und mit einem Mal spürte sie die stumme Bestätigung ihrer Vermutung in sich – sie musste in die Tiefen von Tamriel! Die Tiefen von Tamriel „Gleichzeitig ein Teil von Tamriel und dennoch außerhalb dieser Welt …“, wiederholte sie Paarthurnax´ Beschreibung, während sie ihren rechten Zeigefinger mit geschlossenen Augen über die Karte fahren ließ. Plötzlich durchfuhr sie ein Pulsieren. Shikon verharrte an der Stelle und betrachtete die geographische Lage, denn dort war weder eine Stadt, Sehenswürdigkeit oder sonst etwas eingezeichnet. Ihr Ziel lag nordöstlich von Hoch-Hrothgar hinter einem Gebirgsstreifen … Schattenmähne spürte die Unruhe seiner Herrin, während sie im Galopp über das Land fegten. Erst als der Weg steiler wurde, drosselte Shikon sein Tempo. Sie hatte ihren Hengst etwas um das felsige Gelände herum geführt. Als sie aus dem dicht bewachsenen Teil heraustraten, ragte vor ihnen bereits ein vergoldeter Turm auf. „Die Dwemer waren wahre Künstler …“, hauchte sie ehrfürchtig. Im Kristallturm hatte sich die Rothaarige zu ihrer Schande nur wenig mit diesem verschollenen Volk auseinandergesetzt … Im Grunde wusste sie nur um ihre Fingerfertigkeit was den Bau technischer Gerätschaften anging und ihre Vorliebe vor entsprechend konstruierte Fallen, was die Unternehmung nicht gerade einfacher machte. Das Tor aus goldenen Gitterstäben fand Shikon fest verschlossen vor. Und dennoch – dies war der richtige Ort. Hier musste sie mit ihrer Suche beginnen … Mit ihrer Feuermagie konnte sie sich schon mal keinen Zugang verschaffen, das Metall war verzaubert. Aber selbst wenn es das nicht gewesen wäre, hätte sie so nicht vorgehen wollen. Es musste einen Trick geben … Zwerge waren listig, in allen Welten. Baumeister, Schmiedekünstler, Geheimniskrämer … und Rätselfanatiker. Shikon betrachtete das Tor von nahem. Es gab kein Schlüsselloch,also auch keinen materiellen Schlüssel. Ihr Blick wanderte über die Fassade, welche kunstvolle Gravuren zeigte. Direkt über dem Tor entdeckte Shikon verschieden große Gestalten. Die größeren Wesen wirkten grobschlächtig und waren mit Steinhammern bewaffnet – die anderen trugen eine Vielzahl verschiedener Waffen und eine Rüstung. „Tamriel ist nicht Tyria … aber vielleicht wie Tyria.“, rezitierte sie auch diese Worte und da wusste die Rothaarige plötzlich, was für einen Kampf sie dort vor sich hatte, „Sie haben nur gegen Riesen gekämpft. Aufgrund solcher Darstellungen hat sich ein Irrglaube gebildet … Die Dwemer waren gar keine Zwerge, wie in Tyria – sondern Elfen!" Mit einem metallischen Surren senkten sich die Gitterstäbe langsam. Die Drachenblut staunte nicht schlecht – es war ein Rätsel gewesen! Unwillkürlich fragte sie sich, ob es bereits zu ihren Lebzeiten ähnliche Gerüchte gegeben hatte … Der Innenraum des Turm war spärlich. Nackte Steinwände ohne Verzierungen, das komplette Gegenteil von eben. Lediglich ein Sockel mit einem Hebel befand sich in der Mitte. Für einen kurzen Augenblick wurde ihr bewusst, dass es nicht die Ungewissheit, was sie erwarten würde, war, die sie fürchtete … nein, nur dass dem allein entgegentreten musste. Wobei so ganz stimmte das auch wieder nicht – sie war immer mit ihren Liebsten verbunden und die Sechs Götter sowie Tenai wachten über sie, da war sich Shikon sicher. Entschlossen legte sie ihre Hand um den Griff und zog daran. Langsam senkte sich die steinerne Platte hinunter. Minuten lang fuhr Shikon in die Tiefen hinab, wahrscheinlich mehrere hundert Meter. Schließlich stoppte der Aufzug abrupt und gab den Zugang zu einem dunklen Gang frei, an dessen Ende sie ein kühles Licht schimmern sah. Mit einem Fingerschnippen erschienen drei Flämmchen, die um sie herum tanzten und die Umgebung erhellten. Doch als sie hinaustrat, traute sie ihren Augen kaum – sie hatte felsiges Gestein und Lavaseen erwartet … Stattdessen lag vor ihr eine fantastische Welt! Das seltsam türkisfarbene Leuchten kam von riesigen Quallen ähnliche Pilze, die über die ganze Weite verteilt waren. Insgesamt war es jedoch zu düster, um das Gelände überblicken zu können. Shikon´s Blick schweifte umher und sie entdeckte mehrere kleinere Dwemer-Bauten; in einiger Entfernung schien sogar eine Stadt mit einer künstlichen Lichtquelle zu stehen. Aber am beeindruckendsten war die Höhlendecke – es sah aus wie ein Himmel voller unzähliger Sterne! Es musste irgendeine Gesteinsform mit fluoreszierende Eigenschaft sein … Sie hatte Stunden damit zubringen können, einfach nur dort hinauf zu sehen. Eine einzelne Träne rollte über ihre Wangen. Beinahe hätte Shikon vergessen, warum sie hierher gekommen war – die Zukunft von Himmelsrand ruhte auf ihren Schultern! Weiterhin ihrem Gespür vertrauend steuerte die Heldin die kleine Stadt an. Außer dem sanften Plätschern des unterirdischen Flusses herrschte absolute Stille … Sie fragte sich, wann das letzte Mal ein Lebewesen diese Wundern gesehen hatte. Die Altmer jedenfalls schienen keine Ahnung von der Existenz dieser Welt zu haben – zumindest gab es in der allgemein zugänglichen Bibliothek des Kristallturms keine Aufzeichnung darüber. Eine hohe Mauer umgab die Dwemer-Baute, die aus der Nähe mehr einer Burg mit mehreren Türmen und Hallen ähnelte – sie war allerdings größer als Königin Ayrenn´s Schloss. Nachdem Shikon sie fast halb umrundet hatte, entdeckte sie eine Pforte. Nun konnte sie auch die gewaltige, schwebende Kugel in Augenschein nehmen, welche das einzige Lichtquelle gelb leuchtete. Es überkam sie eine feste Überzeugung, dass sie ihr Ziel erreicht hatte – nur wie bekam sie die Schriftrolle der Alten von dort oben herunter? Es war eindeutig, dass Magie sie dort oben festhielt … Shikon holte tief Luft und schrie: „FUS, RO, DAH!“ Die Unerbittliche Macht schlug dagegen. Im ersten Augenblick rührte sich nichts, dann bebte der Boden unter ihren Füßen und ein glockenheller Klang hallte durch die Höhle. „Wer stört meine Ruhe?“, fragte Sekunden später eine machtvolle Stimme auf Dovahzul und aus der Kugel erhob sich ein rot geschuppter Drache – auch er beherrschte das Feuer! Shikon schluckte. Noch etwas, womit sie nicht gerechnet hatte – hastig ging sie hinter einer Wand in Deckung. „Zu´ul Dovahkiin.“, antwortete sie, „Ich suche die Schriftrolle der Alten.“ Der Drache, dessen Name Vulthuryol lautete, landete unweit von ihr entfernt – er wusste genau, wo sie sich versteckt hielt – und meinte spöttisch: „Nach all der Zeit ist mein Besucher ausgerechnet ein Drachenblut … Und wenn sich meine Nase nicht täuscht, eine Elfe noch dazu – ich habe schon lange keine mehr von euch verspeist. Seit die Dwemer mich hier unten eingesperrt haben.“ Kein Wunder – konnte es einen besseren Wächter für ein solch wichtiges Artefakt geben? Shikon´s Körper war fast bis zum Bersten angespannt, ihre Augen hielt sie geschlossen. Ihr Gegner bereitete seinen Angriff vor … Gerade als er mit weit geöffneten Maul um die Ecke schnappte, sprang sie beflügelt durch Magie in die Luft. Sofort sammelte sie Luft in ihrem Lungen für einen Thu´um – doch war es diesmal der Drachenschrei des Frostatems: „FO (Frost), KRAH (Kälte), DIIN (erstarren)!" Eine winterliche Woge ging auf Vulthuryol nieder und verwandelte seinen Körper in eine schillernde Eisskulptur. Die Rothaarige löste den Zauber, der sie in der Luft hielt, – mit einem gewaltigen Klirren zerbarst der Drache durch ihren Aufprall und Shikon nahm seine Seele in sich auf. Da senkte sich auf einmal die goldene Kugel herab und öffnete sich wie eine erblühende Blume. Im Innern war ein merkwürdiger Apparat mit drei Greifarm ähnlichen Gebilden einem dazu passenden Tastenpool verborgen gewesen. Eingefasst wurde das ganze von einem kreisrunden Rahmen, an dem an der höchsten Stelle ein türkisfarbener, spitz zulaufender Zylinder befestigt zu sein schien. Sie streckte ihre Hand aus, doch konnte sie die Vorrichtung nicht erreichen. Ihr Blick wanderte über die ausgeklappten Teile, welche zuvor die Hülle gebildet hatte – auf drei von ihnen eigenartige Symbole eingeritzt, die sie nicht entschlüsseln konnte. Hastig lief Shikon zu den Knöpfen und drückte probehalber auf den in der Mitte. Einer der Metallarme bewegte sich. So arbeitete sie sich voran, bis jeder von ihnen an einer Markierung angelangt war. Ein leises Klicken erklang und der Behälter fuhr hinunter, er teilte sich und gab den Blick auf einen zirka ein Meter langen mit violetten Edelsteinen verzierten Gegenstand frei … Vorsicht nahm Shikon ihn aus seiner Halterung heraus. „Die Schriftrolle der Alten …“, hauchte Shikon ergriffen. Sie hatte es tatsächlich geschafft! Drachenfall Ein Glücksgefühl beflügelte Shikon´s Rückweg zum Gipfel vom Hals der Welt – das Gewicht des Artefakts ruhte beruhigend auf ihrem Rücken. „Ihr habt sie … Die Zeit erschaudert bei ihrer Berührung.“, hauchte Paarthurnax ehrfürchtig, „So geht denn – erfüllt Euer Schicksal, bringt sie zur Zeitwunde!“ Für einen kurzen Moment umspielte ein Lächeln ihre Lippen, als sie seinem ausgestreckten Flügelwink folgte. Die mystische Verschiebung von Zeit und Raum war deutlich zu erkennen – ein weiß leuchtender Riss am Boden verströmte eine unbeständige Energie und zog die Schneeflocken kontinuierlich in sich hinein. Shikon´s Herz klopfte ihr bis zum Hals und ihre Hand zitterte, als sie langsam die Schriftrolle öffnete – sie vertraute Paarthurnax, schätzte ihn sogar … und dennoch hatte sie Angst. Nach dem Kampf gegen die untoten Tengu war ihre Magie der Preis für die Rettung ihrer Heimat gewesen – würde es diesmal ihr Augenlicht sein? Anstelle von einem erwarteten Text erblickte sie allerdings eher so etwas wie eine Karte auf dem zerschlissenen Pergament. Mehrere Kreise waren darauf gezeichnet, die sich wie Wellen zur Mitte hin verjüngten; Striche unterteilten sie waagerecht und horizontal; hinzu kamen Sterne und merkwürdige Zeichen, die Shikon nicht deuten konnte … ein Glühen ging von den feinen Linien aus, welches sie in seinen Bann schlug. Mit einem Mal ging ein Ruck durch ihren Kopf, ihr Körper versteifte sich und das Schriftstück wurde fast vollkommen durchsichtig … Es war als würde sie durch ein Fenster schauen; erst nur in einen Strudel aus weiß, dann rot und schließlich erkannte sie ein klares Bild – es war jene Stelle, an der sie selbst gerade stand und die sie auch sonst gesehen hätte … nur das vor ihr nun ein Kampf tobte. Eine Kriegerin, ein Nord mittleren Alters und ein älterer Mann in einer Kutte standen da und unterhielten sich. Shikon wusste sofort, um wen es sich dabei handelte – die drei alten Zungen Gormlaith Golden-Griff, Hakon Ein-Auge und Felldir. „Die Zeit wird knapp … Der Kampf dort unten sieht schlecht aus. Aber warum nur hält Alduin sich zurück? Wenn er auf unsere Herausforderung nicht eingeht, dann ist alles verloren!“, sagte Hakon besorgt, während sein Blick den Himmel absuchte. Felldir legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter und antwortete: „Alduin wird kommen … Er kann uns nicht ignorieren, nachdem wir so viele seiner Brüder und Schwestern getötet. Nur … fürchten wird er uns deshalb noch lange nicht.“ „Aber auch wir haben zahlreiche Verluste zu beklagen … Galto, Sorri, Birky.“, entgegnete er. Nun mischte sich auch Gormlaith ein: „Ha! Sie waren schwach und geboten nicht über die Macht von Drachenfall! Ich werde mir seinen Kopf holen, das schwöre ich!“ „Könnt Ihr nicht an noch etwas anderes denken, als Eure Klinge in Blut zu tränken?“, gab Hakon mit verärgertem Unterton zurück. Doch sie ließ sich davon keineswegs beeindrucken: „Was gibt es denn sonst noch?“ „Genug jetzt! Wir müssen konzentriert bleiben …“, unterbrach Felldir den aufkommenden Streit und zog einen Shikon sehr vertrauten Gegenstand unter seinem Gewand hervor, „Alduin ist mächtiger als jeder andere Drache. Darum habe ich die Schriftrolle der Alten mitgebracht.“ „Felldir, wir hatten uns doch geeinigt, sie nicht zu benutzen!“, stieß Hakon leicht erbost aus. Der alte Mann wirkte grimmig, als er antwortete: „Ihr habt das beschlossen – und falls Ihr im Kampf Erfolg habt, muss ich sie ja auch nicht benutzen. Doch wenn nicht, werde ich nicht zögern!“ „Wir werden ja sehen.“, meinte Gormlaith und zog blank, „Aufgepasst, Alduin nähert sich!“ Ihre beiden Kampfgefährten taten es ihr gleich und sie gingen in Kampfstellung. Alduin schwebte über ihnen – mächtig, bedrohlich. Die schwarzen Zacken, mit denen sein Körper übersät war, leuchteten vom Rot der untergehenden Sonne. „Diejenigen, die uns von Sovengarde aus zusehen, sollen uns um den heutigen Tag beneiden!“, rief die Kriegerin aus voller Überzeugung. Gemeinsam wandten alle drei den Thu´um des Drachenfalls an, der sich wie Fesseln um den Weltenfresser legte und ihn zu Boden stürzen ließ. Er kreischte und versuchte um sich zu schlagen, doch seine Flügel verweigern ihm den Dienst. In seiner Wut verfluchte Alduin den Verräter Paarthurnax. Da ging Gormlaith zum Frontalangriff über – doch ihre Hiebe prallen wirkungslos an seinen Schuppen ab. Der Drache schnappte nach ihr, mehrmals konnte sie ihm haarscharf ausweichen. Da kamen ihr endlich ihre Freunde zu Hilfe, sie nahmen sich die Flügel und seinen Schwanz vor – jedoch ebenfalls vergeblich. „Zum ersten Mal verspürt Ihr Angst – ich sehe es in Euren Augen!“, provozierte sie ihn. Aber der wunde Punkt, den sie damit getroffen hatte, erweckte neue Kraft in Alduin und er schüttelte die bindende Kraft ab! In einer einzigen schnellen Bewegung schoss sein Kopf nach vorne, packte die Nord mit seinen kraftvollen Kiefern und schleuderte sie gegen einen hoch gewachsen Felsen, sodass sämtliche Knochen brachen. Sie war sofort tot. „Gormlaith!“, schrie Hakon entsetzt, „Seid verdammt, Alduin!“ In blindem Zorn stürzte er auf seinen Feind zu. Felldir zog sich indessen einige Schritte zurück. Er hatte es von Anfang an befürchtet … Alduin waren sie nicht gewachsen. Schweren Herzens zog er die goldene Schriftrolle unter seiner Kutte hervor und entrollte sie. „Höret, Alduin … Weltenfresser und Sohn von Akatosh, in seinem Namen und Magnus, Gott der Magie, dessen Opus ich hier in Händen halte, bringe ich Euch diesen Vertrag zu Gehör – wir verbannen Euch aus diesem Zeitalter!“, sprach Felldir den Zauber. In einer türkis leuchtenden Energiekugel, die in sich zusammen schrumpfte, verschwand Alduin aus dem Fluss der Zeit. „Ihr habt es geschafft ...“, flüsterte Hakon schwach und sank in die Knie. Auch Felldir verließen die Kräfte und bestätigte: „Ja, er ist fort. Mögen die Göttlichen unseren Seelen gnädig sein … auf das wir Shor´s Halle mit offenen Toren vorfinden.“ Und so folgte die beiden Zungen ihrer Gefährtin nach Sovengarde. Die Vision endete ebenso, wie sie begonnen hatte und Shikon brach zitternd in die Knie, das Schriftstück entglitt ihrem Griff. „Ist es geglückt?“, wollte Paarthurnax drängend wissen. Langsam nickte sie. Die Worte hallten durch ihren Geist, unterrichteten sie in ihrer Bedeutung … seine Wirkungsweise war genau so, wie der weiße Drache ihn ihr erklärt hatte. Kein Wunder, dass die Drachen ihm unterlagen – selbst für sie war etwas unmögliches schier unbegreiflich. „Das ist gut.“, meinte er gemächlichen Tons, „Dann gibt es nur noch eines, worum ich Euch bitte, bevor Ihr den Kampf mit Alduin sucht … Tötet mich!“ Erschrocken schlug sich die Rothaarige die Hände vor den Mund und stotterte: „Wa-was soll ich? Ihr … Ihr seid der Großmeister der Graubärte! Ohne Euch hätten sie niemals den Weg der Stimme gemeistert und mich nicht unterweisen können. Warum … warum verlangt Ihr solch eine … Grausamkeit von mir?" Der Anflug eines freudlosen Lachen erklang aus seiner Kehle: „Einst habe ich mich von meinem Anführer abgewandt, weil ich das Leid der Menschen nicht mehr mit ansehen konnte … Lange habe ich mich versteckt und durch Meditation gelernt, mein zerstörerisches Selbst im Zaun zu halten. Doch … ich bin und bleibe ein Drache. Wir tragen den Willen zu herrschen tief in uns – Ihr spürt es ebenfalls in Euch, nicht wahr? Ich fürchte mich vor dem Tag, an dem meine Selbstbeherrschung aufgebraucht sein mag … oder ich der Versuchung, zu meinem wahren Ich zurückzukehren, erliege. Deshalb möchte ich sterben … durch Eure Hand. Wenn Ihr meine Seele in Euch aufgenommen habt, werdet Ihr auch stark genug sein, um Alduin zu vernichten.“ „Und trotzdem fällt es mir unglaublich schwer, Eurer Bitte nachzukommen …“, entgegnete sie und kämpfte sich zurück auf die Füße. „Aber dennoch werdet Ihr es tun, nicht wahr, Drachenblut Shikon?“, hakte Paarthurnax nach, wobei es mehr eine Aussage denn Frage war. Eine einzelne Träne stahl sich aus ihren Augen, als Shikon antwortete: „Shiko … Meine Freunde nennen mich >Shiko<.“ „Shiko ... danke.“, sprach er seine letzten Worte, bevor er sich ihrem Thu´um des Feueratems hingab. Als seine Seele ein Teil von ihr wurde, kamen auch die restlichen Tränen. Mit einem Mal hörte sie Schritte hinter sich – sie riss den verschleierten Blick von den gewaltigen Gebeinen los und starrte direkt in das versteinerte Antlitz von Arngeir. „Meister, ich-“, wollte sie erklären, wurde jedoch von einer barschen Handbewegung unterbrochen. „Nichts, was Ihr sagt, kann etwas an dem Geschehenen ändern. Diese Tat können die Graubärte selbst Euch, Dovahkiin, niemals verzeihen … Und auch wenn es sein Wille war – ich verlange, dass Ihr den Monahven verlasst, für immer!“, befahl er mit eisiger Stimme. Shikon konnte seinen Zorn nur allzu gut verstehen und verbeugte sich zum Abschied, während sie sagte: „Habt Dank für alles, was Ihr mich gelehrt habt. Seid versichert, mein Wort bleibt bestehen!“ Gesenkten Hauptes ging sie an ihm vorbei, doch hörte sie ihn noch hinzufügen: „Geht nach Flusswald und sprecht mit der Wirtin der Taverne. Sagt ihr, ihr bedarft dem Schutz der Klingen …“ Obwohl die Hochelfe nicht ganz verstand, was er ihr damit sagen wollte, nickte sie und kehrte Hoch-Hrothgar den Rücken. Wiedervereinigung und Wiedererweckung Das Dorf stimmte sie leicht nostalgisch – so vieles war seit ihrem letzten Besuch schon geschehen und ein unglaublich langer Weg lag noch vor ihr. Shikon war mit Hadvar nach ihrer Flucht aus Helgen an der Taverne »Schlafender Riese« vorbeigekommen. Der gut besuchte Schankraum wurde von einer großen, mit Stein eingefassten Feuerstelle dominiert. Zu beiden Seiten standen Tische mit Bänken und vereinzelte Stühle, besonders um den Barden herum, gab es ebenfalls. Im hinteren Drittel des Raumes erspähte Shikon die Theke, hinter der ein Mann stand. Sie ging zu ihm und mietete ein Zimmer für die Nacht. Außerdem hinterließ sie eine schriftliche Nachricht für die Besitzerin. Shikon streckte sich auf dem mit Fellen ausgelegten Bett aus und schloss die Augen. Sie wollte nicht schon wieder weinen, doch der Verlust von Paarthurnax schmerzte sehr – wie mussten sich da erst die Graubärte fühlen … In diesem Moment hörte sie erst das Öffnen, dann das Schließen ihrer Zimmertür und jemand sagte mit leiser Stimme: „Ihr seid also das Drachenblut …“ Bereit sich gegebenenfalls zu verteidigen, setzte sie sich auf und erstarrte. Wie Shikon in diesem Leben lediglich ihre Haarfarbe mit ihrem alten Ich gemein hatte, besaß sie noch immer dieses einzigartige Blau. „Sei …“, kam es ihr flüsternd über die Lippen und warf sich ihr in die Arme. Die Bretone drückte sie fest an sich, konnte es kaum glauben. Um ungestört reden zu können, zogen sich die beiden in Seiketsu´s geheimen Raum zurück, der hinter einer Schrankwand unterhalb der Taverne verborgen lag. In den folgenden Stunden waren die Drachen vergessen. Zu viel hatten die beiden Frauen in diesem Leben ohne einander erlebt. Bis sie schließlich zu einem schmerzlicheren Thema kamen … „Was ist eigentlich mit Ohtah? Warum ist er nicht bei dir?“, fragte Seiketsu etwas verwirrt, hatte sie bislang auch noch nichts von ihm gehört. Es kostete Shikon Mühe ihre Stimme zu beherrschen: „Ich weiß es nicht, Sei …“ Mehr brachte sie nicht heraus. Seiketsu verstand plötzlich und legte die Arme um sie. Shikon nahm die Wärme ihres Trostes dankbar an. Ein paar Minuten später wollte Shikon dann wissen: „Und du – hast du Klerus gefunden?“ Nun lief der Blauäugigen ein kalter Schauer über den Rücken, doch sie begann zu erzählen: „Lange bevor ich mich an unsere Leben auf Tyria erinnert habe, gehörte ich den >Klingen< an. Früher waren wir Drachentöter … und dienten dem Drachenblut. Es ist unsere Aufgabe auf seine Rückkehr zu warten – deshalb habe ich mich nicht auf die Suche nach dir gemacht.“ „Und ich habe damit aufgehört, als ich von der Drachenkrise in Himmelsrand hörte.“, entgegnete Shikon milde, „Anscheinend haben wir uns wirklich nicht geändert.“ Ein Schatten legte sich über Seiketsu´s Gesicht, als sie weitersprach: „Ja, ich mache immer wieder denselben Fehler … Klerus war ebenfalls ein Mitglied der Klingen. Er arbeitete im Archiv; ich dagegen bekam meist Außeneinsätze zugeteilt. Aber irgendwann landeten wir zeitgleich auf der Krankenstation – ich war bei einem Einsatz verletzt worden und Klerus war unter einem umgefallenen Bücherregal begraben. Kaum, dass er wieder wach war, erkundigte er sich zu aller erst nach den Schriften. Die Situation war so absurd … und gleichzeitig unglaublich bewundernswert. Von da an verbrauchte ich meine sämtliche Freizeit in der Bibliothek …“ „Aber … was ist dann passiert?“, hakte Shikon mit einer schlimmen Vorahnung nach. Und Seiketsu bestätigte diese: „Die Klingen standen seit Reman Cyrodiil III. auf Seiten des Kaiserreichs – aber die Sturmmäntel sind nicht der erste Feind. Eines Tages wurde unser Versteck angegriffen … Jemand aus unseren eigen Reihen hatte uns verraten. Klerus suchte mich in meinem Quartier auf und bat mich mit ihm zu fliehen … Doch ich weigerte mich, nannte ihn sogar einen >erbärmlichen Feigling<. Während des Kampfes wurde ich niedergeschlagen und wohl für tot gehalten. Als ich zu mir kam, lag ich zwischen den Leichen meiner Kameraden. Von Klerus keine Spur … Ich weiß nicht einmal, ob er noch lebt. Und so bin ich nun wahrscheinlich das letzte Mitglied der Klingen, das das wenige Wissen bewahrt, welches ich aus den Trümmern retten konnte.“ Shikon schwieg. Es schmerzte sie zu hören, dass Seiketsu erneut das Glück mit ihrem Geliebten verwehrt ward. Um sie und sich davon abzulenken, wechselte Shikon erneut das Thema: „Arngeir kann nicht von unserer Verbindung gewusst haben … und trotzdem hat er mich zu dir geschickt. Hast du einen Plan, wie es jetzt weitergeht?“ „Wir gehen auf die Jagd – Shiko, nur du kannst die Drachen für immer vernichten, indem du ihre Seelen in dich aufnimmst! Ich weiß, das mag verrückt klingen …“, meinte Seiketsu und zeigte ihr eine Karte von Himmelsrand, „Hier … ich habe die Orte markiert, an denen die Drachen erschienen sind. Ich habe die Grabhügel in der Nähe dieser Stellen überprüft … sie sind leer! In all der Zeit waren die Drachen nicht einfach an einem anderen Ort – sie waren tot, getötet von meinen Vorgängern. Aber nun kehren sie ins Leben zurück!“ Die Rothaarige schluckte schwer, während ihre Gegenüber fort fuhr: „Im Südosten hat es begonnen – es ist fast wie ein Muster, vielleicht können wir das nächste Drachengrab vorhersagen und sehen, was dort geschieht.“ „Woher sollen wir wissen-“, begann Shikon, stoppte aber sofort wieder – ihr Blick wanderte noch einmal über die Karte und mit einem Mal wusste sie, was ihr daran so bekannt vorgekommen war, „Sei … sag´ mir bitte, dass du nicht den Hofzauberer des Jarls von Weißlauf bestohlen hast.“ Wieder lachte Seiketsu, doch sie verneinte. Nur … war sie diejenige, die Farengar auf den Drachenstein sowie dessen Aufenthaltsort gestoßen hatte und um sich erkenntlich zu zeigen, hatte er ihn für sie abgezeichnet. Gemeinsam waren sie zu dem Schluss gekommen, dass die Ruhestätte nahe Kyneshain das nächste Ziel sein könnte. Seiketsu hatte zunächst vorgeschlagen, einen Kutscher anzuheuern, doch Shikon wollte keinen Unschuldigen in die Sache mit hineinziehen – und ihr Hengst konnte sie nun wirklich beide tragen. „Das ist Schattenmähne.“, stellte sie ihn der Blauäugigen am nächsten Tag vor. Diese wusste sofort, an wen dieser Name angelehnt war. Natürlich … es verfing keine Sekunde, in der Shikon nicht an ihn dachte. Schattenmähne zeigte sich von seiner besten Seite und noch bevor der Abend hereinbrach, erreichten sie die kleine Siedlung. Dennoch lag so etwas wie ein dunkler Schatten über dem Himmel, der nichts mit dem Schneefall zu tun hatte. „Ich hoffe, wir kommen nicht zu spät.“, flüsterte Seiketsu kaum hörbar und wandte sich dem Pfad zu, der den Hügel hinaufführte. Shikon tätschelte ihrem Hengst zum Abschied die Flanke, dann folgte sie ihrer Seelen-Schwester. In der Nähe Grabstätte versteckten sie sich zwischen einer Felsenformation. Nach einiger Zeit des Warten, in der beide befürchteten, sie hätten sich geirrt, flog ein gewaltiger Leib über sie hinweg. Shikon schnappte hörbar nach Luft – niemals hätte sie seinen Anblick vergessen … jenen Drachen, der Helgen zerstört hatte. „Sahloknir, Ziil gro dovah ulse (Eure Seele ist für Ewigkeiten an mich gebunden)! SLEN (Fleisch), TIID (Zeit), VOL (Grauen)!“, ertönte seine tief hallende Stimme, wobei die Drachenblut flüsternd übersetzte. Ein Ruck ging durch das Land – die Erde wurde aufgeworfen und die Gebeine eines Drachen krochen daraus hervor! „Alduin, thurri (mein Fürst)! Boaan tiid vokriiha suleyksejun kruziik (ist die Zeit gekommen, Eure einstige Herrschaft wieder herzustellen)?“, entgegnete der blanke Schädel unterwürfig. Seiketsu und Shikon sahen sich schockiert an. Nun wussten sie, mit wem sie es zu tun hatten … dem Weltenfresser. Nannte man so etwas nicht Ironie des Schicksals? Er hatte ihren Tod verhindert, um nun von ihr zur Strecke gebracht zu werden … Seiketsu packte ihren Arm, noch bevor Shikon sich bewegt hatte und sagte kaum hörbar: „Deshalb sind wir heute nicht gekommen.“ So etwas wie kehliges Lachen kam nun von Alduin: „Geh (ja), Sahloknir, kaali mir (mein treuer Kämpfer).“ Goldene Funken sammelten sich darum, ließen sein Fleisch neu entstehen … langsam nahm er erneut Gestalt an, bis schließlich das Glühen zurück in seine Augen trat. „Magie lässt ihre Körper neu entstehen …“, hauchte Seiketsu, deren Theorie sich so eben bestätigt hatte, „Genauso hat es damals die Klinge des Schicksals erklärt – nur dass sie die Energie nicht aus der Erde ziehen.“ Die Rothaarige nickte entschieden: „Deshalb wird es mit seinem Tod enden!“ „Sahloknir, krii daar joorre (vernichte diese Sterblichen).“, befahl Alduin, der endgültig genug von den ungebetenen Gästen hatte. „Thurri du hin sille ko Sovengarde (Mein Fürst wird sich an Euren Seelen in Sovengarde ergötzen)!“, rief er wütend. Da sie ihre Worte verstanden hatte, reagierte Shikon sofort und stieß Seiketsu zur Seite. Sahloknir stieß sich vom Boden ab und fuhr haarscharf über den Felsen vorbei. Dies war die Gelegenheit den Schrei der alten Nord-Zungen zu testen, bevor sie gegen Alduin antrat … Aus geduckter Haltung kletterte Shikon auf einen der Gesteinsbrocken und erinnerte sich an die Lektion – der Drachenfall konnte nur seine Wirkung entfalten, wenn ihr Wille den des Drachens bezwang. Sie verschloss sich gegen den verzweifelten Blick Seiketsu´s, als Sahloknir wendete und erneut auf sie zuraste. „JOOR (sterblich), ZAH (endlich), FRUL (temporär)!“, brüllte Shikon. Eine schimmernde Energiekugel verließ ihre Kehle und fuhr dem Drachen mitten durch das Herz – erst taumelte Sahloknir nur … doch auf einmal gehorchten ihm seine Flügel nicht mehr und ihn überkam zum ersten Mal das Gefühl der Angst, was ihn beinahe noch mehr schockierte, als dass er krachend auf dem Boden einschlug. Da sprang Seiketsu mit gezücktem Schwert hervor und schlug ihm den Kopf ab. Wie von selbst stieg seine Seele in silbernen Schwaden auf, die sich um Shikon sammelten und in sie eindrangen. Alduin´s Mauer Die Sonne war bereits untergegangen, als Shikon und Seiketsu auf Schattenmähne´s Rücken Flusswald erreichten. Dankbar drückte sich die Rothaarige an seine Flanke – ohne ihren Hengst wären sie viel zu spät gewesen. Die Göttlichen allein wussten, ob es noch einmal eine solche Gelegenheit für sie gegeben hätte, Alduin´s Vorgehensweise aufzudecken. „Ich weiß nicht, ob ich erleichtert oder verängstigt sein soll.“, gestand die Klinge leise. Ihre Seelen-Schwester fühlte ähnlich, versuchte aber dennoch sie aufzubauen: „Immerhin haben wir jetzt Gewissheit – ein Thu´um, der tote Drachen wieder zum Leben erweckt … und einer, der sie vom Himmel holt. Wir können Tamriel retten!“ „Wenn wir Alduin finden …“, gab Seiketsu zu bedenken. Das war das nächste Problem. Selbst Paarthurnax hatte darauf keine Antwort gehabt … Während sie zurück zur Taverne gingen, schwiegen die beiden. „Ich habe auf Euch gewartet, Drachenblut.“, erklang eine Stimme, kaum dass Shikon die Tür zu ihrer Kammer geöffnet hatte, „Mein Name ist-“ „Klerus!“, entfuhr es der Braunhaarigen, die bislang außerhalb seines Gesichtsfeldes gestanden hatte. Der Schrecken war ihm überdeutlich anzusehen und er stammelte: „Sei-Seiketsu, du lebst … Wie ist das möglich? Ich … ich habe deine Leiche gesehen.“ Da Shikon räusperte sich leise: „Also, ich glaube, ihr habt euch viel zu erzählen – ich schlafe nebenan.“ „Aber, Shiko, unsere Mission!“, widersprach ihr Seiketsu. Doch diese zwinkerte nur verschwörerisch und schloss die Tür hinter sich. Nach ein paar Minuten peinlichen Schweigens fand die ehemalige Mönchin endlich wieder ihre Stimme: „Klerus, ich … Es tut mir leid.“ „Wegen dem, was du im Versteck der Klingen gesagt hast … oder auf Shing Jea nicht gesagt hast?“, entgegnete er monoton. Nun sah sie überrascht aus – bei Ohtah ging sie davon, dass er sich ebenfalls an Tyria erinnern konnte … doch Klerus war kein Gesandter gewesen – und sagte: „Beides.“ „Bekomme ich dann jetzt meine Chance?“, fragte Klerus in Gedenken an seinen damaligen Wunsch und voller Angst, sie würde ihn erneut abweisen. Tränen traten über Seiketsu´s Augenränder – wenn sie ihm einst auf Shing Jea nur die Wahrheit gesagt hätte! Ihre Herzen wurden gleichsam gebrochen … aber sie hatte wenigstens um seine Gefühle gewusst. Sanft berührte er ihre Wangen, wischte die feuchte Trauerbekundung fort. Sein Blick suchte ihren und wanderte dann abwärts. Zoll um Zoll kamen sie einander näher und endlich berührten sich ihre Lippen zum ersten Mal, seit sie ihre Erinnerungen wiedererlangt hatten – das Gefühl war vertraut und gleichzeitig vollkommen neu, tiefer. Ihr Herz machte einen Satz, ihre Knie wurden weich und sie sank regelrecht in seine Arme. Wenigstens für ein paar Stunden war ihre Pflicht als Klingen vergessen … Es gab nur noch sie und ihn. So vieles war ihnen entgangen … Toki No Kibo hätte einen Vater und – von Ryukii No Mai und Yoso No Koshi mal abgesehen – Geschwister haben können. „Ich will dich nicht noch einmal verlieren ...“, hauchte Seiketsu nahe seinem Gesicht, „Ich liebe dich.“ Verlegene Röte legte sich auf seine Wangen. Natürlich … er hatte stets gehofft, dass sie sich eines Tages für ihn entscheiden würde und war dafür das Risiko des ewigen Zyklus eingegangen. Seine Seele hatte in den Nebeln keine Ruhe gefunden … Aus diesem Grund war ihm Seira, das Orakel der Nebel erschienen. Und sie hatte ihm diese Möglichkeit eröffnet – denn ihr war die Sehnsucht in Seiketsu´s Sein bewusst. Mit einem Lächeln küsste er seine Liebste noch einmal. Am nächsten Morgen fanden die Klingen Shikon im angrenzenden Stall der Taverne – wäre sie keine Mer gewesen, hätte man ihr wohl die schlaflose Nacht ansehen können und ihr schlechtes Gewissen … Es freute ihr Herz, dass Seiketsu und Klerus endlich zueinander gefunden hatte, gleichzeitig war sie ungemein eifersüchtig und sehnte sich nur noch mehr nach Ohtah; deshalb hatte sie Schattenmähne´s Gesellschaft gesucht, er konnte sie als einziger in dieser Angelegenheit trösten. Augenblicklich fiel Klerus vor ihr nieder und erklärte: „Drachenblut, verzeiht mir … bevor die Gerüchte um Euch laut wurden, habe ich mehr auf den Tod gewartet, als an Euer Erscheinen geglaubt.“ „Erhebe dich, Klerus. Ich bin Seiketsu´s Schwester – es besteht kein Grund, mich anzubeten … auch nicht als Mitglied der Klingen. Für meine Familie und Freunde bin ich einfach nur Shiko.“, antwortete Shikon erst lächelnd, dann ernst, „Und was die Sache mit der Vergebung angeht … glaube mir, ich verstehe nur zu gut, warum zu sterben für dich leichter gewesen wäre.“ Seiketsu biss sich auf die Unterlippe und sagte nach einer Weile: „Wie geht es jetzt weiter?“ Sie wussten, dass sie mehr Informationen benötigten … dringend. Paarthurnax und die Graubärte konnten ihnen nicht weiterhelfen, das Wissen der Altmer schien ebenfalls aus und wo oder ob sie noch mehr in den Dwemer-Ruinen finden würden, war fraglich. Doch Klerus hatte eine vielversprechendere Idee: „Ich habe so viel wie möglich aus dem Archiv gerettet, wie ich konnte und habe mich auf die Suche nach dem Tempel der Himmelszuflucht gemacht, dort wurde unser Orden einst gegründet. Allerdings ist von seinem alten Glanz nicht mehr viel übrig – im Grunde nur eine alte Steintafel mit der Abbildung des letzten Kampfes gegen Alduin, aber ich kann die Schriftzeichen nicht entschlüsseln.“ „Wie sehen sie denn aus?“, wollte seine Geliebte wissen. Klerus zog ein Stück Papier sowie einen Kohlestift aus seiner Tasche und zeichnete ein paar Linien mit Punkten darauf – Shikon erkannte sie sofort und rief: „Das ist Dovahzul … die Sprache der Drachen. Dieses Wort bedeutet >versteckt<. Ich muss den Rest lesen; vielleicht steht dort ja, wo wir Alduin´s Hort finden!“ Obwohl Klerus ihr angeboten hatte auf seinem Pferd mitzureiten, stieg Seiketsu wieder auf Schattenmähne´s Rücken auf. Die Strecke führte über viel ebenes Gelände und Shikon berichtete ihren Begleitern vom ersten Kampf gegen Alduin – davon, was Paarthurnax ihr erzählt und was sie durch die Schriftrolle der Alten in der Vergangenheit gesehen hatte. „Ich konnte mir die Aufzeichnung an jener Stelle zwar ansehen, doch konnte ich die Abbildung nicht verstehen – es waren mehrere kreisförmige Linien und Sterne, kein geschriebener Text.“, endete sie. „>Wenn Tumult seinen Platz in den acht Winkeln dieser Welt einnimmt … wenn der Messingturm wandert und die Zeit in Aka´s Namen neu geformt wird … wenn die dreifach Gesegneten scheitern und der Rote Turm erzittert … wenn der Drachenblut-Herrscher seinen Thron verliert und der Weiße Turm fällt … wenn der Schneeturm darniederliegt, zerstört, königslos, blutend … dann erwacht der Weltenfresser und das Rad dreht sich auf das letzte Drachenblut.<“, rezitierte Klerus, wofür er von beiden Frauen überraschte Blicke kassierte, „Was soll ich sagen – ich habe im Archiv nicht nur Bücher sortiert, dort gab es eine Abschrift der Drachenblut-Prophezeiung. Kaiser Uriel Septim VII. wurde einst von einem seiner Berater verraten, der den Stab des Chaos gestohlen und mit dessen Hilfe er den Platz deines Vorfahren, Shiko, eingenommen hat, indem er ihn in eine Oblivion-Ebene verbannte und dessen Gestalt annahm – um seine Tat zu verbergen, zerbrach er den Stab und verteilte die einzelnen Teile mit den acht Winden über ganz Tamriel; als diese zurückgebracht waren, wurde sein Verbrechen aufgedeckt. Als >Messingturm< wurde ein besonderer Dwemer-Golem genannt, den Tiber Septim zur Eroberung und Wiedervereinigung Tamriel´s nutzte. Der Rote Berg hat einst fast ganz Vvardenfell in Mirrowind durch seinen Ausbruch zerstört … und Auslöser dessen war der Absturz des Ministeriums des Wahrheit durch das Bezwingen des Tribunals der dreifach Gesegneten. Seit dem Tod von Martin Septim saß kein Drachenblut mehr auf dem kaiserlichen Thron von Cyrodiil – stattdessen wurde das Reich durch den Großen Krieg an den Rand der Vernichtung getrieben. Und was das Weißgoldkonkordat ausgelöst hat, wissen wir ja auch erster Hand …“ Noch immer verblüfft hakte Seiketsu nach: "Heißt das, all das ist geschehen, weil Alduin durch die Zeit geschickt wurde?“ „Richtig … dieses Ereignis hat großen Einfluss auf die Ereignisse in Tamriel genommen. Und gleichzeitig war es unumgänglich – die Schriftrollen der Alten irren sich nicht; sie prophezeien und dokumentieren gleichermaßen.“, bestätigte er. Und Shikon fügte murmelnd hinzu: „Weil sie außerhalb der Zeit existieren …“ In diesem Moment erklommen die Pferde den Hügelkamm, auf dem der Eingang zum Allerheiligsten der Klingen verborgen lag. Sie stiegen ab und befahlen ihren Reittieren auf ihre Rückkehr zu warten. Vor dem Tor aus weißem Stein krempelte Klerus seinen Ärmel hoch, sodass ein Mal mit zwei gekreuzten Schwertern sichtbar wurde. Als Seiketsu das Stirnrunzeln ihrer Seelen-Schwester sah, entblößte sie dasselbe Symbol auf ihrem Arm und erklärte: „Jedes vollwertige Mitglied unseres Ordens erhält diese magische Tätowierung, welche unsere Verstecke öffnen können.“ Klerus hielt das Zeichen vor eine identische Einkerbung im Stein. Krachend fuhr das Tor in den Boden und gab eine Treppe frei. Nachdem Shikon die Fackeln mit einem Fingerschnippen entzündet hatte, führte er seine beiden Begleiterinnen zu einem steinernen Abbild von Alduin, das mehrere Meter maß. Ehrfürchtig fuhr die Mer mit den Fingerspitzen die feinen Linien nach, welche seine Gegner darstellten – die alten Nord-Zungen. Der einstige Mönch hielt ihr die Fackel und Shikon las die Inschrift übersetzt vor: „Versteckt und dennoch sichtbar, Teil des Diesseits und gleichzeitig Jenseits … Folge dem Ursprung der Sonne zum Rande unseres Himmels, so findest du, Drachenblut, sein Versteck.“ „Konnten unsere Vorfahren das nicht noch kryptischer formulieren!?“, schimpfte Seiketsu verärgert. Shikon schwieg einige Minuten lang, während Klerus laut darüber nachdachte. Das Rätsel um die Schriftrolle der Alten ähnelte diesem auf gewisse Weise … ein Ort, der zu Tamriel gehörte und gleichzeitig auch wieder nicht. Nein, es ging nicht um ganz Tamriel … „Bei den Sechs, ich weiß es!“, rief sie aus, „Die Sonne geht es im Osten auf, dort liegt ihr Ursprung – erinnere dich, Sei, die Drachen erschienen zuerst im Südosten … Und das Gebirge von Ostmarsch bildet eine Grenze, den Rand dieses Landes! In diesem Gebiet liegt der Hort des Weltenfresser´s versteckt …“ Zwischen Freundschaft und Verrat Nun kannten die Helden jenen Ort, an dem sich Alduin vor den Augen der Welt verbarg … Doch wie sollten sie dorthin gelangen? Klerus war es gewesen, der diese Frage in den Raum geworfen hatte. Doch Shikon wusste die Antwort bereits: „Indem wir nach Windhelm gehen.“ Seiketsu starrte sie an, als hätte sie den Verstand verloren – hatte die Drachenblut gerade allen Ernstes vorgeschlagen zum Hauptsitz der Sturmmäntel zu gehen? „Warum?“, brachte sie nur mit Mühe sich zusammen zu reißen heraus. Knapp berichtete Shikon von dem Angriff auf Einsamkeit und fügte hinzu: „Bei den Graubärten existieren nur Aufzeichnungen über Gerüchte – ich bin sicher, Ulfric hat sie zu seiner Lehrzeit ebenfalls gelesen und so lange an dem Schrei gefeilt, bis er einen Drachen vollends kontrollieren konnte. Diese Zeit habe ich allerdings nicht … sehr wohl aber die Fähigkeit einen gelehrten Thu´um direkt anwenden zu können.“ „Und du glaubst wirklich, ausgerechnet Ulrich Sturmmantel würde uns helfen?“, hakte Klerus skeptisch nach. Sie hatte keine Ahnung, ob er es tun würde – aber sie hoffte es und wollte daran glauben. Wenn er zum Wohle Himmelsrands schon einen Waffenstillstand geschlossen hatte, konnte er sie genauso gut unterrichten … Davon abgesehen hatte sie ohnehin vorgehabt, ihn noch einmal aufzusuchen; im Grunde konnte sie das genauso jetzt noch vor dem Endkampf erledigen. Schattenmähne und Klerus´ weißer Stute namens Polarlicht verstanden sich offenbar wunderbar – waren sie schon fast ärgerlich, als ihre Herren sie aus dem Stall herausführten und Reisefertig machten. Diesmal bedeutete Shikon ihrer Seelen-Schwester unauffällig bei ihrem Liebsten aufzusteigen. Zunächst etwas unbeholfen umfasste sie seine Hüften, nachdem er sie hinaufgezogen hatte. Die Rothaarige gab ihrem schwarzen Hengst die Sporen und galoppierte regelrecht aus dem Dorf heraus. Sie war nervös und euphorisch, dass ihr Ziel beinahe in greifbare Nähe gerückt war … somit auch der Zeitpunkt, da sie weiter nach Ohtah suchen konnte. Die Hauptstadt des Fürstentums Ostmarsch gewann schon bald mit seinen hohen Türmen und Mauern in der Ferne Gestalt. Die Magierin zügelte ihr Reittier, um den Ausblick zu genießen. „>Das ist der Grund, warum wir Alduin aufhalten müssen …< Das denkst du, nicht wahr?“, sprach Seiketsu sie mit einem Lächeln an. Shikon nickte ernst. Wie Zhaitan erfreute sich der Weltenfresser nur an Zerstörung … und Tod. Es kostete die Helden ziemliche Überredungskunst am Tor Zugang zu erhalten. Erst als ein Bote zum Palast der Könige geeilt war und die Zustimmung des Jarls eingeholt hatte, durften sie ihm folgen. Einst hatte der Großkönig von hier aus regiert … Die einstige Pracht war vom Zahn der Zeit geschmälert worden, doch blieb es ein beeindruckendes Bauwerk. Der Saal wurde von einer langen, gedeckten Tafel dominiert. Doch Shikon´s Blick richtete sich so gleich auf den erhöhten Thron an der gegenüberliegenden Wand, auf dem in Pelze gehüllt und mit einem goldenen Stirnreif geschmückt Ulfric Sturmmantel saß und sie mit hartem Gesicht in Empfang nahm. „Was führt Euch zu mir, Dovahkiin?“, verlangte er ohne Milde in der Stimme zu erfahren. Festen Schrittes trat sie näher und sagte ernst: „Der Kampf gegen Alduin.“ Verwunderung legte sich auf seine Züge und Shikon schilderte ihm die Situation samt ihres Anliegens. „Ich kann Euch die Worte nennen … Doch gehört mehr dazu, einen Drachen zu beherrschen.“, erklärte der Nord, nachdem sie geendet hatte, „Es geht nicht darum, ihn zu töten – genau das wollt ihr ja vermeiden und könnt ihr problemlos. Ein Drache folgt stets demjenigen mit dem stärksten Thu´um. Mir habt Ihr die Überlegenheit Eures Feuers demonstriert … Ich kann Euch allerdings nicht sagen, ob dies in diesem Fall genügt." Das überraschte sie nicht. Feuer allein würde ihr nicht helfen … Aber sie hatte einen entschiedenen Vorteil – sie gebot über den Drachenfall, der den Willen eines Drachens zu brechen vermochte. „Bevor ich Windhelm wieder verlasse, würde ich Euch gerne noch in einer weiteren Angelegenheit sprechen …“, meinte Shikon entschieden, „Unter vier Augen.“ Seiketsu hätte am liebsten lauthals protestiert, doch da nahm Klerus sie bereits am Arm und verließ mit ihr den Thronsaal. Ulfric zögerte einen Moment, dann befahl er mit einem Handwink den übrigen Anwesenden ebenfalls zu gehen. Als sie allein waren, trat die Rothaarige noch näher an ihn heran: „Ich weiß inzwischen, warum Ihr selbst für eine Zunge so mächtig seid – Paarthurnax hat Euch unterrichtet. Und Ihr habt Euch ihm anvertraut … warum Ihr die Kraft des Thu'um begehrt.“ „Er hat geschworen, es niemanden zu verraten!“, schrie Ulfric sie an. Ein Schatten huschte über ihr Gesicht, als sie ihm von ihrem letzten Aufenthalt auf dem Gipfel des Hals der Welt berichtete. Paarthurnax hatte ein Wort nie gebrochen, das er einmal gegeben hatte – nicht einmal durch seinen Verrat an Alduin. Mit seiner Seele hatte sie ebenso seine Erinnerungen übernommen … „Großmeister, Ihr habt mich mal gefragt, warum ich ausgerechnet hierher gekommen bin, um zu lernen … Wenn die Zeit kommt, da Himmelsrand´s Feinde sich erneut erheben, werde ich nicht tatenlos zusehen. Der Joch des elenden Kaiserreichs ist bereits genug der Schande – nicht noch Unterwerfung durch geflügelte Bestien …“, sagte Ulric mit abgewandtem Blick, „Verzeiht meine Ausdrucksweise.“ Paarthurnax schnaubte nüchtern: „Ihr sprecht wahr. Woher wisst Ihr von der Prophezeiung?“ „Von meinem besten Freund … Großkönig Torygg. Er befürchtet, dass er selbst den Kampf nicht mehr erleben wird.“, erklärte der Nord mit belegter Stimme, „Er hat mich um einen Gefallen gebeten – doch wie … wie soll ich das tun, was im Grunde seine Bestimmung wäre? >Nimm´ meinen Platz ein, bevor die Krankheit mir den Zugang zu Shor´s Halle verwehrt! Kümmere dich um Himmelsrands … und um Elisif, sie wird es nicht verstehen.<“ Einige Minuten lang war nur das Heulen des Windes zu hören, dann sprach der Drache: „Diese Bitte verflucht und beschenkt Euch gleichermaßen – die Schwere der Bürde kann Euch brechen, doch sollte das tiefe Vertrauen Euch nicht ebenso stützen? Er weiß sicher, was er da von Euch verlangt … und gleichzeitig glaubt er, Ihr könntet es ertragen.“ Shikon blinzelte die Tränen weg, denn es war ihr fast so vorgekommen, als hätte Paarthurnax diese Worte über ihre Tat gesagt. „Ihr wolltet diesen Bürgerkrieg nicht … aber nachdem er losgebrochen war, habt ihr ihn auch nicht gestoppt. Torygg kannte Eure Ansichten und hat sie sich zu Herzen genommen, nicht wahr? Himmelsrand hat niemals aufgehört Talos zu verehren … Vielleicht hat das Eure Wut nur noch geschürt, doch es ist mein Volk, gegen das sich Euer Zorn richten sollte! Wie viel unschuldiges Blut hat dieser sinnlose Krieg gefordert? Wofür? Königin Ayrenn hält Euch so nur noch mehr für kleingeistig und engstirnig! Ich bin eine Hochelfe und verstehe Eure Gefühle – warum sollten andere das nicht auch? Wenn Alduin besiegt ist, werde ich wie versprochen das Schreiben an Sommersend verfassen … ob es von Erfolg gekrönt sein wird, hängt unter anderem von Euch ab.“, redete sie sich all das, was sie bei der Verhandlung nicht losgeworden war, von der Seele. Ulfric starrte sie an, als würde er sie zum ersten Mal ansehen und fand schließlich seine Stimme wieder: „Seid Ihr deswegen nach Windhelm gekommen?“ „Da ich Eure Hilfe brauche, bot es sich gerade an – aber gekommen wäre ich auf jeden Fall. Das war ich Paarthurnax schuldig … Er sah in Euch nicht nur einen Menschen, der durch Verzweiflung gekennzeichnet worden ist – sondern der noch viel mehr sein kann!“, meinte Shikon und lächelte, „Ihr habt die Wahl, ob Ihr darauf besteht, selbst Großkönig zu werden oder der Großkönigin als Berater und General zur Seite steht.“ „Wäre die Situation nicht so brenzlig, hätte ich Euch das gar nicht erst angeboten … Und vergesst nicht die Bedingung – Ihr bringt ihn mir unversehrt zurück!“, wiederholte der Anführer der Sturmmäntel zum gefühlt zehnten Mal, als er Shikon aus der Stadt hinaus und auf den dahinter liegenden Bergkamm führte, „Es liegt allerdings an Euch, ob Ohdaviing Euch akzeptieren wird.“ Vor einer Höhle blieben sie schließlich stehen. Gebeine und Knochensplitter säumten den Eingang. „Der Name eines jeden Drachen ist gleichsam ein Thu´um … Ruft ihn erst, wenn ich außer Sicht bin!“, wies Ulfric sie an. Ihr Herz schlug schneller, während er sich von ihr entfernte. Shikon wusste, dass der Drache sie riechen konnte und wahrscheinlich hatte er auch jedes Wort gehört, welches sie mit dem Jarl seit Beginn des Aufstiegs gewechselt hatte. Als sie Ulfric nicht mehr entdecken konnte, holte sie tief Luft und schrie: „O (geflügelt), DAH (Schnee), VIING (Jäger)!“ Ein Grollen antwortete ihr: „Ich kenne Euch … Ich habe Eure Kraft schon einmal vernommen.“ „In Einsamkeit.“, bestätigte sie in seiner Sprache, „Diesmal will ich jedoch nicht gegen Euch kämpfen – ich brauche Eure Hilfe.“ Wie ein Blitz schoss der massive Leib aus der tiefen Schwärze heraus, sodass seine stechenden Augen genau in ihre sahen. Sein Körper ward mit rot leuchtenden Schuppen übersät. „Ihr seid mutig, Drachenblut.“, bemerkte Ohdaviing mit so etwas wie Anerkennung. Shikon lachte auf, dann meinte sie: „Das muss ich – Mut oder Vernichtung. Was würdet Ihr da wählen?“ Plötzlich knurrte er und fletschte die Zähne: „Paarthurnax!“ Erst jetzt bemerkte Shikon, dass Ohdaviing ein ähnliches Gespräch bereits mit seinem Bruder geführt hatte … als dieser seinen Aufstand begonnen hatte. Der rot geflügelte Drache war ihm damals nicht gefolgt, sondern hatte dessen Platz an Alduin´s Seite einzunehmen. Doch auch Ohdaviing war der Wahnsinn ihres Anführers nicht verborgen geblieben … ebenso wenig wie seine Grausamkeit, die er fürchtete. Und mit einem Mal verwarf sie ihren Plan. „Ja, ich habe ihn auf seinen Wunsch hin getötet. Und jetzt begreife ich, warum er darauf bestand … >Wenn Ihr meine Seele in Euch aufgenommen habt, werdet Ihr auch stark genug sein, um Alduin zu töten.< Paarthurnax sprach von Euch. Er hat es Euch angekündigt … dass einst der Tag kommen wird, an dem Ihr Euch erneut entscheiden müsst – ob Ihr weiterhin blind folgen oder die Freiheit für Euch beanspruchen wollt.“, gab Shikon zurück und konnte seine Voraussicht beinahe nicht fassen. Ob Paarthurnax ohne es zu ahnen eine ähnliche Gabe, wie Glint besessen hatte? Ohdaviing betrachtete die Altmer lange, bevor er wieder das Wort ergriff: „Euer Schrei ist unglaublich mächtig … Vielleicht sogar mächtig genug, um gegen ihn zu bestehen. Beantwortet mir eine Frage, Drachenblut Shikon – Ihr seid mit anderer Absicht in Begleitung von Ulfric hierher gekommen … warum habt Ihr das Gespräch gewählt und nicht seinen Weg, um meinen Willen zu beugen? Wenn ich ablehne, ist Eure Chance vertan.“ „Ich hätte Euren Willen sogar mit dem Drachenfall brechen können … Aber ich will nicht glauben, dass alle Drachen so sein sollen wie Alduin – Paarthurnax hat sich aufgegeben, doch zuvor hat er Jahrhundertelang friedlich mit den Graubärten zusammengelebt. Es reicht mir mit dem Töten … ich bin das Drachenblut und habe die Macht Eure Rasse zu vernichten, dabei Ihr seid genauso die Kinder eines Göttlichen. Wir alle haben das Recht auf Tamriel zu leben … Himmelsrand gehört nicht nur den Nord!", erklärte sie leise. Drachenblut gegen Weltenfresser Mehrere Stunden waren bereits vergangen, seit Shikon sie fortgeschickt hatte. Unruhig wanderte Seiketsu zum über hundertsten Mal von einer Seite des Platzes zur anderen und wieder zurück, während ihr Geliebter sie auf dem Boden sitzend schweigend beobachtete. Die Klinge ertrug die Nähe der Sturmmäntel nicht … trotz des Waffenstillstandes; sie zweifelte an sich selbst, ob sie bei einer »falschen« Bewegung an sich halten konnte. Ein donnerndes Brüllen schreckte Seiketsu und Klerus auf. Erschrocken starrten sie zum Himmel und den gewaltigen Drachen an. Da winkte ihnen plötzlich eine Gestalt zu, welche hinter dessen Kopf saß und sich an seinen Hörnern festhielt – Shikon! „Shiko!“, rief die Braunhaarige erleichtert. Ohdahviing landete in einiger Entfernung. Die Drachenblut umarmte ihre Freunde zur Begrüßung und stellte ihnen ihren neuen Gefährten vor. Sie staunten nicht schlecht, als sie erfuhren, er hatte sich ihnen freiwillig angeschlossen – weder durch gebeugten Willen noch durch Drachenfall bezwungen. „Was machen wir eigentlich mit Polarlicht und Schattenmähne?“, warf der ehemalige Mönch auf einmal ein. Ein kurzer Stich traf Shikon´s Herz bei dem Gedanken, ihr geliebtes Reittier zurückzulassen – natürlich war ihr das bereits klar gewesen, als sie den Zielort herausgefunden hatten … und so sagte sie mit belegter Stimme: „Sie bleibe in Windhelm; ich habe Ulfric bereits darum gebeten, sie gut zu versorgen.“ Er nickte grimmig, gab es aber doch keine andere Lösung. „Nun gut, und du glaubst wirklich, dass er uns alle tragen kann, Shiko?“, wollte sich Seiketsu noch einmal versichern. Der Drache schlug mit den Flügeln aus und sprach, sodass alle ihn verstehen konnten: „So ist es, Sterblicher. Ihr könntet mehr als doppelt so viele sein und ich würde mich nicht anstrengen müssen. Allerdings kann ich keine Bequemlichkeit versprechen – wir müssen sehr hoch fliegen und Fürst Alduin wird uns sicher erwarten.“ Es kostete die Blauäugige jedes Quäntchen Selbstbeherrschung, um nicht ihrer Ausbildung entsprechend mit gezücktem Schwert auf ihn zu zustürmen und ihn zu erledigen. Allein Shikon´s Anwesenheit hielt sie im Zaum … Sie durfte die Mission nicht gefährden – selbst wenn sie dafür mit diesem unverschämten Ungeheuer so etwas wie zusammenarbeiten musste. Shikon war zu ihrem selbst gewählten Platz auf Odahviing´s Hals zurückgekehrt, Seiketsu und Klerus saßen knapp hinter seinem Nacken zwischen den Stacheln, die seine Wirbelsäule entlang aus dem Rücken herausstanden. Er legte die Arme um ihre Hüften und flüsterte seiner Geliebten ins Ohr: „Diesmal verlasse ich dich nicht ...“ Ihre Züge entspannten sich, sie lehnte sich gegen seine Brust. Endlich verstand sie, warum Shikon vor einem Kampf stets Ohtah´s Nähe gesucht hatte. Anders, als es ihr nun möglich war … Ihre Gedanken kreisten zwar um ihn und sie hörte seinen Schwur im Kopf, immer bei ihr zu sein, dennoch war es nicht dasselbe. Doch sobald diese Schlacht zu Ende gebracht wäre, konnte sie sich auf die Suche nach ihm begeben … Odahviing spannte die Muskeln an – im Grunde wollte er nur ein wenig angeben und ein bisschen seine aufkeimende Angst niederkämpfen. Einmal hatte sich davon niederringen lassen und den Laufburschen gegeben … es reichte! Er war ein stolzer Drache! Mit seinen kraftvollen Beinen stieß er sich vom Boden ab und stieg in die Lüfte. Seine Passagiere kreischten teils erschrocken. Doch schon bald stellte sich die unglaubliche Freude ein, die das Fliegen mit sich brachte … ein Gefühl der Freiheit. Und auch das sollte Alduin nicht länger trügen. Sie flogen durch Wolken, unter ihnen zog die bergige Landschaft nur so hinweg. Da erblickte Shikon in Ferne plötzlich eine Woge am Horizont. Erst begriff sie nicht, was sie sah … dann jedoch traf sie die Erkenntnis – die dunkle Energie des Weltenfressers hatte sich materialisiert! So gewaltig war sie inzwischen. Auch Odahviing wusste, worum es sich dabei handelte und sagte in Dovahzul: „Er hat das Ritual begonnen … Ihr müsst Euch beeilen – wenn er erst nach Sovengarde gelangt ist und die Geister der Helden verschlungen hat, kann ihn nichts mehr aufhalten!“ Ein Bild des Grauen erschien vor Shikon´s innerem Auge. Die Geister der Nebel in Qual und Pein gebunden, versklavt von Shiro Tagachi. Jetzt noch die Seelen von Sovengarde? Sie hatten bereits gekämpft und große Taten vollbracht … Friede in Shor´s Halle war ihre einzige Belohnung. „Niemals!“, rief Shikon entschlossen. Nach einer Weile ließ Odahviing sich auf einer Felsnadel nieder, welche direkt neben einem Pfad zu Alduin´s Hort in die Höhe ragte und die Kämpfer rutschten über seine Flügel hinab. Er versicherte ihnen, hier auf sie zu warten. „Nun gibt es kein Zurück mehr! Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft wir bereits an einem ähnlichen Punkt standen und wer weiß, wie oft wir es aufgrund unseres Schicksals noch tun werden. Das mag ernüchternd, vielleicht sogar demoralisierend klingen … aber es ist das, was wir gewählt haben. Jeder einzelne von uns … damit wir zusammen sein können und um für jene einzustehen, die es selbst nicht vermögen!“, erklärte Shikon in ihrer gezwungen Rolle als Anführerin, „Ich kann Euch nicht sagen, was uns erwarten wird – wie viele Feinde sich uns entgegenstellen oder welche Fallen auf uns warten werden. Bleibt zusammen, haltet die Augen offen und seid auf alles gefasst … Jetzt liegt es an uns!“ Der Weg schlängelte sich gebunden durch mehrere Torrahmen den Berg hinauf, auf dem die Festung thronte. Da ihr Feind sie inzwischen nicht mehr als harmlos einstufte, wunderte es natürlich keinen, dass alsbald zwei Wächterdrachen erschienen. Sofort zogen Seiketsu und Klerus blank. „Ihr seid es also, die unserem Fürst solche Unannehmlichkeiten bereiten … Wenn wir dieses kleine Problem aus der Welt schaffen, wird er uns sicher belohnen.“, meinte der bläuliche Frostdrache. Gemeinsam gingen er und der violett schimmernde Blutdrache zum Angriff über – die Klingen stürzten sich auf das kalte Wesen, Shikon übernahm das vampiristische. Seiketsu wich den messerscharfen Zähnen im letzten Moment aus, da nutzte Klerus bereits die Chance und hielt mit seinem Schwert auf den Hals der Bestie zu. Dieser lenkte den Schlag jedoch gerade noch mit einem Krallenhieb um. Shikon dagegen kämpfte vielmehr mit der Fähigkeit des Drachens, Energie absaugen zu können – er schwächte sie! „SU (Luft), GRAH (Kampf), DUN (Gnade)!“, schrie sie, um sich wieder mit Elementarmagie zu kräftigen, „STRUN (Sturm), BAH (Zorn), QO (Blitz)!“ Ein Sturm zog auf, horchte ihrem Ruf. Er schleuderte den Blutdrachen gegen einen Berghang, von dem er bewegungslos herunter glitt. Doch da seine Seele nicht in sie eindrang, musste er noch am Leben sein. Für die Drachentöter sah es allerdings nicht besonders gut aus – beide hatten ihre Schneiden verloren und waren der Kreatur wehrlos gegenüber. Zumindest glaubte er das … Er hätte sie bereits töten können, aber hatte er lieber spielen wollen und sich damit Shikon´s Thu´um ausgeliefert. So gesellte er sich zu seinem Kameraden. Nach einer kurzen Verschnaufpause erklommen sie den ersten Treppenstufen. Alles, an diesem Ort, wirkte … tot. Selbst die Pflanzen waren dem finsteren Einfluss zum Opfer gefallen. Apropos tot … man hätte grad meinen können, Alduin hätte sich bei Zhaitan Tipps geholt – ein Trupp Draugr war das nächste Hindernis, dem sie sich stellen mussten. Wenn das so weiterging, wären sie am Ende ihrer Kräfte, bevor sie dem Weltenfresser gegenüberstünden … „Es tut mir leid, Shiko, sieht so aus, als müsstest du allein weiter.“, meinte Seiketsu ungewohnt grimmig, „Ich mag keine ausgebildete Mönchin mehr sein, aber ich trage immer noch die heilige Macht einer Paladine in mir.“ Die Elementarmagierin sah ihre Seelen-Schwester einige Augenblicke lang an, bevor sie schließlich nickte. „Klerus, du gehst mit ihr. Wer weiß, was Alduin noch bereithält.“, fügte sie noch hinzu. Sein aufkeimender Protest wurde vom Ansturm der Untoten unterbrochen. Hastig packte Shikon ihn am Arm und beschwor die Geschwindigkeit des Windes in ihre Beine. Kaum noch sichtbar zischten sie an ihnen vorbei, den nächsten Absatz hinauf, der zu so etwas wie einem Innenhof führte. Dort schwebte Alduin über einem magischen Zirkel – das Portal nach Sovengarde! Der Weltenfresser lachte hämisch und flog im Sturzflug hinein. Kaum war er darin verschwunden, verjüngte sich der leuchtende Kreis. „Nein!“, schrie Shikon. Klerus stieß sie zur Seite, rannte auf das schwindende Licht zu und rezitierte kaum hörbar Worte der Macht. Langsam breitete es sich wieder aus. Wieder ein Beweis dafür, dass er die Werke in der Bibliothek der Klingen nicht nur nach dem Alphabet sortiert hatte – zum Glück. „Schnell, wir müssen uns beeilen!“, zischte er zwischen den Beschwörungsformeln. Sie biss sich auf die Unterlippe und sagte: „Ich werde ihm folgen – halte du das Portal für meinen Rückweg unter allen Umständen geöffnet!“ „So sehr liebst du ihn, dass du lieber allein gegen Alduin antrittst?“, fragte Klerus, denn er hatte sich lange mit Seiketsu über Ohtah unterhalten, da er selbst ihn ja nicht kannte. Ein trauriger Ausdruck lag auf ihrem Gesicht, als sie antwortete: „Und noch viel mehr … Genauso wie Sei dich liebt – sie will es manchmal nicht zugeben, aber auch sie braucht ihren Geliebten. Es ist nicht ihre Bestimmung, allein für mich zu leben. Deshalb können wir nicht beide gehen.“ Damit nahm sie Anlauf und sprang in das Portal. Die Energie wirbelte sie herum, bis sie schließlich hart auf dem Boden aufschlug. Shikon wollte sich schon beschweren, dass Alduin sich in Sachen Portalmagie ruhig eine große Scheibe von Ganda hätte abschneiden können, doch der Anblick raubte ihr beinahe die Sinne – über ihr spannte sich ein blau-violettes Firmament übersät mit unzähligen Sternen. Sie kannte die alten Sagen … jedes dieser Himmelskörper stand für eine ehrenhafte Seele, die in Sovengarde eingegangen war. Und genau die hieß es nun zu retten! Ein tiefes Grollen erschütterte die Umgebung – Alduin´s Gebrüll! Hastig rappelte Shikon sich auf; beflügelt durch den Schrei des Wirbelwindsprints, da ihre Magie in dieser Dimension nicht funktionierte, folgte sie ihm zu dessen Ursprung. Der schwarze Drache hatte die Knochen-Brücke, den Zugang zu Shor´s Halle bereits erreicht. „JOOR, ZAH, FRUL!“, warf Shikon ihm den Thu´um des Drachenfalls entgegen. Die Kraft brachte Alduin ins Taumeln, lenkte seine Aufmerksamkeit auf sie: „Ihr seid stark geworden, Drachenblut – doch ich bin Alduin, erstgeborener Sohn von Aka!“ Wie bereits in ihrer Vision aus der Schriftrolle der Alten schüttelte er den Bann einfach ab und griff nun seinerseits Shikon an, in dem er Meteoriten vom Himmel regnen ließ. Schwerlich konnte die Rothaarige den tödlichen Geschossen ausweichen, teilweise verteidigte sie sich per Drachenschrei gegen sie. Doch der Schauer nahm kein Ende und sie begriff, dass Alduin nicht einmal den Bruchteil seiner vollen Stärke einsetzte. Sie hatte ihn hemmungslos unterschätzt … selbst wenn Seiketsu und Klerus bei ihr gewesen wären, hätten sie keine Chance gehabt. „JOOR, ZAH, FRUL!“, schallte es da plötzlich durch das Tal. Von drei Seiten traf der Thu´um Alduin´s Herz und brachte ihn zu Fall. Verwundert sah Shikon sich um. Drei geisterhafte Gestalten waren ihr zu Hilfe gekommen – Gormlaith Golden-Griff, Hakon Ein-Auge und Felldir! „Wir haben lange auf eine Revanche gewartet!“, knurrte die Kriegerin mit dem vernarbten Gesicht und sandte erneut die bannenden Worte. Ihre Gefährten taten es ihr gleich und der Alte fügte hinzu: „Beeilt Euch, Dovahkiin!“ Dankbar nickte sie ihnen zu. Es gab nur ein Element, dem Shikon ihr bedingungsloses Vertrauen schenkte … dem Feuer und so sprach sie: „YOL, TOOR, SHUL!“ Sie legte all ihre Liebe in den Atem, um ihn noch weiter anzufachen und zum ersten Mal seit Anbeginn der Zeit musste sich ein göttliches Wesen einem Sterblichen geschlagen geben … Sein Körper verging und seine Seele schwebte auf Shikon zu. „Halt! Alduin ist ein Fragment unserer Selbst – es würde Euch zerstören.“, verlangte eine vielschichtige Stimme in Ihrem Kopf. Verwirrt wollte sie daher wissen: „Wer seid Ihr?“ „Wir sind Aka, der Drachengott der Zeit – wie sie sind wir in verschiedene Formen geteilt, die zusammen ein Ganzes ergeben. Alduin erlangte einst durch den starken Glauben der Nord an ihn die Macht, sich vollständig von uns abzuspalten.“, erzählte der Göttliche und rief die Seele Alduin´s zu sich, „Seitdem will er die Sterblichen regieren, deshalb erwählte Akatosh, der die Menschen am meisten liebende Teil von uns, einen Drachenpriester, der sich gegen seine Meister und den Schrecken von Alduin auflehnte – aus ihm wurde das erste Drachenblut … Doch er verriet seine Bestimmung und verfiel dem Einfluss einem unserer Widersacher, dem Deadra-Prinzen des Wissens und des Gedächtnisses, der Gezeiten, des Schicksals von Vergangenheit und Zukunft sowie des Lesens der Sterne und des Himmels. Die Sterblichen, deren Geister Euch in Eurem letzten Kampf unterstützt haben, fanden, wie Ihr sicher wisst, im Drachenkrieg mit der Schriftrolle der Alten einen Weg, Alduin für Jahrhunderte aus dem Fluss der Zeit nehmen und somit von seiner Energiequelle zu trennen, bis Ihr, laat Dovahkiin, erscheinen und gegen ihn antreten würdet. Nun, da Alduin wieder zu uns zurückgekehrt ist, wird er nicht wieder als gestaltlicher Drache auf Nirn erscheinen können.“ Deshalb hatte er sie »laat Dovahkiin« genannt … das letzte Drachenblut, aber eine Frage brannte Shikon noch auf der Zunge: „Was ist aus demjenigen geworden, den Akatosh erwählt hat?“ „Unsere nächste Bitte an Euch ...“, antwortete Aka geheimnisvoll, „Als er zu gefährlich wurde, haben wir ihn in den Schatten der Insel Solstheim verbannt, auf der der Drachenkult einst praktiziert wurde. Jedoch … spüren wir seit geraumer Zeit seine finsteren Absichten wieder aufkeimen. Er versucht erneut die Herrschaft Tamriel´s für sich zu beanspruchen! Shikon, wir bitten Euch, bringt den Weg der Drachenblute vollends zu Ende und vernichtet Ohtah!“ Dieses letzte Wort riss Shikon nicht nur buchstäblich, sondern wortwörtlich den Boden unter den Füßen weg. Ohdaviing stieß vor Freude einen Feuerstrahl aus – jeder Drache in ganz Himmelsrand konnte spüren, was geschehen war … der Bann, der sie beherrscht und zum Bösen verführt hatte, war gebrochen! Die Armee der Untoten war längst unter Seiketsu´s Magie und Schwert gefallen. Sie hatte zu Klerus aufgeschlossen, der unermüdlich die Worte der Macht sprach, um die Verbindung nach Sovengarde aufrecht zu erhalten. Da ging ein gewaltiges Beben durch den Berghang von Ostmarsch. Klerus und Seiketsu strauchelten. Der Zauber ward unterbrochen und der magische Kreis schloss sich. „Shiko!“, schrie die Klinge erschrocken. Weit entfernt, in einer anderen Dimension spürten die Sechs, was mit ihren Schützlingen geschah … so öffnete Kormir gemeinsam mit Lyssa eine Passage nach Tamriel und Melandru schickte der Erde Frieden; Grenth riss durch seine Verbindung zum Reich der Toten das Portal nach Sovengarde wieder auf, sodass Dwayna – geführt von Balthasar, der Shikon´s Feuer gewahr war – sie zurück in die Welt der Lebenden holen konnte. Doch weder Seiketsu noch Klerus oder gar Shikon selbst würden je ahnen, dass die Götter Tyrias ihnen zu Hilfe geeilt waren … Als Shikon schließlich wieder zu sich kommt, schwebt Seiketsu´s Gesicht über ihr und ihre Seelen-Schwester fragte besorgt: „Geht es dir gut?“ Körperlich hätte sie bejahen können … aber seelisch und emotional fühlte sie sich wie ein Spiegel, der in Tausend Scherben zersprungen war. Ohtah … ihr Geliebter war ihr nächster Gegner, eine neue Bedrohung für Himmelsrand. Er, der sie stets beschützt und mit ihr gegen das Böse gekämpft hatte, war nun selbst auf jene Seite gewechselt. Wie nur konnte das sein? Er hatte die Am Fah verlassen, weil er ihre grausamen Absichten nicht teilen wollte! „Ich weiß, wo Ohtah ist.“, kam es ihr monoton über die Lippen, dann umfing sie erneut Schwärze. Solstheim In den folgenden Tagen schwamm Shikon zwischen träumen und wachen, doch keines von beidem hielt Erlösung bereit. Sie sprach nicht, sie aß nicht und hatte nur am Rande mitbekommen, wie Odahviing sie zunächst zurück nach Windhelm gebracht hatte. Sie fühlte sich, als würde sie alles wie von einer Zuschauertribüne aus beobachten, während ihr Inneres immer weiter zersplitterte. Die Schmerzen waren längst verstumpft, sie fühlte nur noch Leere … nicht einmal mehr Verzweiflung. „Ich mache mir solche Sorgen!“, sagte Seiketsu schließlich an Klerus gewandt, „Irgendetwas ist mit ihr geschehen, nachdem sie Alduin in Sovengarde besiegt hat … Und dass sie plötzlich wissen will, wo Ohtah sich befindet – ihrem Zustand nach, ist er an einem schrecklichen Ort.“ Im Gegensatz zu ihr sprach er den schrecklichsten Gedanken aus: „Vielleicht hat Alduin ihn umgebracht …“ „Hat er nicht … aber ich werde es tun!“, meinte da Shikon, die urplötzlich in der Tür stand. Ihre Freunde schreckten zusammen, wurden bleich. Die Elementarmagierin setzte sich auf einen der Stühle und berichtete ihnen von ihrem Gespräch mit Aka. „A-aber das … das war vor der Ersten Ära. Glaubst du wirklich, dass er >Ohtah< ist?“, hakte die Klinge ungläubig nach. Mit einem Seufzen antwortete Shikon mitgenommen: „Aufgrund seines Schwurs werden wir uns in jedem Leben treffen und lieben … Fart (erstes) und laat Dovahkiin – das ist die Verbindung unseres Schicksals. Vielleicht besitzen wir auch deshalb unsere Erinnerungen …“ Sie schwiegen eine Weile, dann meinte der ehemalige Mönch: „Jetzt müssen wir und wohl die Beschützer des letztes Drachenbluts nennen.“ „Nein, denn ich werde alleine gehen.“, widersprach Shikon ihm energisch und richtete das Wort an die geschockte Seiketsu, „Vor dem Kampf gegen Zhaitan hast du gewusst, dass ich nicht zurückkommen würde … Diesmal ist es nicht anders. Ich kann nicht ohne ihn weiterleben … nicht einmal für dich, Sei. Erinnerst du dich, was du ihm nach meinem Tod sagtest? >Wenn sie an deiner Stelle wäre, wenn sie dich verloren hätte … Sie wäre innerlich zerbrochen, hätte nicht weitermachen können.< Genau das ist mit mir geschehen … Aber du hast zum ersten Mal die Möglichkeit mit dem Mann zu leben, den du liebst! Genauso wie Schattenmähne und Polarlicht … Ohtah und ich waren bereits ein Leben lang glücklich miteinander – jetzt seid ihr dran. Und im nächsten Leben können wir vielleicht alle vier dieses Glück teilen.“ Seiketsu sah sie an und weinte wortlos. Davor hatte sie sich gefürchtet, seit Shikon ihr erzählt hatte, dass sie keine Ahnung hätte, wo sich Ohtah aufhielt. Damals in Tyria war er nicht der einzige gewesen, der sie verloren hatte … Shikon wusste, was in ihrer Seelen-Schwester vor sich ging. Es stand ihr zudem mehr als überdeutlich ins Gesicht geschrieben. Sie wandte sich zur Tür, hielt allerdings noch einmal inne und sagte: „Alduin´s Fluch über Himmelsrand ist gebrochen … doch Helgen zeugt noch immer von seiner Zerstörungswut. Bitte, baut die Stadt wieder auf. Ach und ich habe meinen Teil der Bedingungen des Waffenstillstandes zwischen den Kaiserlichen und den Sturmmänteln erfüllt – sorgt dafür, dass der Brief den Königshof von Sommersend erreicht. Er liegt auf dem Nachttisch.“ Ihre Hand schloss sich um den Knauf, da legte Seiketsu von hinten die Arme um sie. „Wir sehen uns in den Nebeln …“, hauchte die Braunhaarige schluchzend. Um den Zugang zu ihrer Schattenseite zu finden, musste Shikon erst einmal die Insel an sich erreichen. Solstheim lag nordöstlich des Fürstentums Winterfeste und damit ihr Wissensschatz auch schon wieder. Am Hafen fragte sie sich bei mehreren Personen durch, bis sie irgendwann beim Kapitän der »Nordmaid« landete, der eigentlich dorthin übersetzte. „Seid Ihr des Wahnsinns?!“, entgegnete er auf ihre Anfrage hin, „In jenen Landen jedenfalls herrscht der blanke Wahnsinn - ich wäre verrückt noch einmal diese Gewässer aufzusuchen.“ Es kostete Shikon einiges an Überwindung ihren weiblichen Charme spielen zu lassen: „Tja, das bedeutet wohl das, was dort vor sich geht, macht Euch ziemlich das Geschäft kaputt … Das bedeutet ich habe eine einen Grund mehr, es zu beenden.“ Er verstand zunächst nicht, dann erinnerte er sich an die Geschichten und hauchte: „Ihr seid das Drachenblut, das den Weltenfresser bezwungen hat … Verzeiht meine Unhöflichkeit, willkommen an Bord – wir können selbstverständlich jederzeit ablegen!“ Und das taten sie. Die Überfahrt verbrachte Shikon im Krähennest; es war der einzige Ort auf dem Schiff, an dem sie allein sein konnte. Schon nach einem Tag auf See kamen die Auswüchse der Insel in Sichtweite. „Warte auf mich …“, murmelte sie kaum hörbar. Kaum dass die »Nordmaid« am Hafen der Stadt Rabenfels angelegt hatte, sprang Shikon auf den Steg. Sofort bemerkte sie eine ihr überaus bekannte Aura ... Ihr Gefühl zog sie ins Landesinnere. So langsam begriff sie, warum der Nord gezögert hatte – die meisten Menschen, denen sie begegnete, wirkten wie unter Hypnose. Als sie das erste Mal auf eine Gruppe Arbeiter gestoßen war, die ihre Anwesenheit nicht wahrzunehmen schienen, hatte sie ihrem chorischen Flüstern gelauscht: „Einst waren unsere Augen geblendet … doch nun sehen wir durch ihn. Unsere Hände untätig … doch nun wirkt er durch sie. Und wenn die Welt von seiner Rückkehr hört, dann ist es um sie gescheh´n. Weit von uns entfernt und doch so nah …“ Eine eiskalter Schauer war ihr über den Rücken gelaufen. Dafür sollte allen Ernstes Ohtah verantwortlich sein? Wie aus dem Nichts schossen mehrere Pfeile auf Shikon zu. Fast reflexartig riss sie eine Feuerwand zur Verteidigung hoch. Eine Frau trat aus dem Gebüsch heraus und meinte verblüfft: „Ihr … Ihr seid nicht willenlos.“ „Ihr sprecht von diesen merkwürdigen Arbeitern?“, entgegnete Shikon weiterhin skeptisch. Die Bogenschützin senkte ihre Waffe, während sie erklärte: „So ist es. Sie werden kontrolliert … Mein Stamm besitzt einige wenige Amulette, die uns vor seiner Macht schützen. Wenn Ihr dem Fluch ebenfalls nicht anheimgefallen seid, müsst Ihr über sehr große Macht verfügen.“ Ein melancholisches Lächeln umspielte ihre Lippen – gerne hätte sie geantwortet, dass er sie schon vor Jahrhunderten verzaubert hatte … stattdessen sagte sie aber: „Ich bin ein Drachenblut und suche nach Ohtah. Wisst Ihr etwas über ihn?“ „Wow, die Schamanen hatten also recht … Es ward geweissagt, dass jemand käme, der über dieselbe Kraft wie Ohtah verfüge.“, staunte sie, „Mein Name ist Frea. Bitte, folgt mir zu meinem Lager.“ Shikon tat wie vorgeschlagen und setzte sich neben Frea ans Lagerfeuer, die wie versprochen zu erzählen anfing: „Einst nahm der Drachenkult auf dieser Insel seinen Anfang. Die Bewohner verehrten die geflügelten Bestien und dreizehn von ihnen wurden zu Drachenpriestern erhoben. Doch schon bald wurden die Drachen und ihre Priester machthungrig, tyrannisch – zumindest die meisten … Ohtah widersprach seinen Herrn. Es heißt, er hätte die Macht erlangt, sie zu vernichten. Aber er wurde besiegt – so dachten wir. Vor einigen Monaten begannen einige seinen Tempel wiederaufzubauen … Von Tag zu Tag werden es mehr, die unter seinen Einfluss geraten und wenn es getan ist, wird er … zurückkehren. So haben es unsere Schamanen prophezeit.“ Das meiste davon kannte Shikon bereits. Aber nun wusste sie, wo der Schlüssel zu ihrer Suche lag – in Ohtah´s Tempel! Liebe - ein zweischneidiges Schwert Der Tempel war ein beeindruckendes Bauwerk und gleichsam das Zentrum der Hypnose. Unzählige Arbeiter werkelten an den Säulen, Altären und Bildnissen. Hätte Shikon nicht bereits gewusst, dass es sich bei der Gestalt um Ohtah gehandelt hätte, wären ihr nur die Dolche an seinen Hüften als Parallele aufgefallen. Sein Gesicht war von einer Drachenpriester-Maske verdeckt. Sie nahmen keinerlei Notiz von ihr, als sie den Pfad ins Heiligtum einschlug. Über dem Tor war ein Symbol eingeritzt … zwei gekreuzte Klingen. „Sogar jetzt … ist er noch derselbe.“, hauchte Shikon. Ihre Hand berührte das Tor, welches lautlos aufglitt; Treppen führten in eine schier endlose Schwärze. Als sie eintrat, erschuf Shikon einige ihrer typischen, tänzelnden Flämmchen, um den Weg zu erhellen. Die Mauer um sie herum waren mehrere Tausend Jahre alt … in Verehrung von Menschenhand gebaut und von Drachenzorn beinahe vollständig zerstört. Hier im Innern des Tempels war davon allerdings kaum etwas zu sehen. Wandmalereien erzählten die Geschichte vom Aufstieg der Drachen … dem Drachenkult und Ohtah´s Taten. Wenn sie diesen Bildern trauen konnte, war er anfangs ein weisen und treuer Priester gewesen … bis Alduin´s Einfluss seine Brüder vergiftet hatte. Von da an fühlte sich Ohtah dem Volk stärker verbunden; er vernachlässigte seinen Dienst bei ihnen und betete zu den Göttlichen, sie mögen etwas gegen die geflügelten Ungetüme unternehmen. Eines Tages ward ihm schließlich Akatosh – wohl im Traum – erschienen, um ihm die Kraft eines Drachenbluts zu verleihen … die Gabe des Thu´um. Ohtah hatte sogar eine Schlacht gegen seine ehemaligen Meister ausgetragen. Damit endete die Darstellung … denn Hermaeus Mora war auf ihn aufmerksam geworden. „Genauso wie auf Euch …“, erklang eine Stimme, die alles andere als menschlich klang. Wie aus dem Nichts erschien ein Wesen, welches aus wabernder schwarz-gelber Materie und unzähligen Klubschaugen bestand. Shikon musste einen Würgereiz unterdrücken. „Ihr habt eine lange Suche hinter Euch … nach meinem Schützling.“, fuhr die Kreatur fort, während sie langsam näher kam, „Ich kann Euch zu ihm führen … wenn Ihr wollt.“ Die goldenen Iriden nahm sie wie gefangen. Ohtah … Sie könnte ihn endlich sehen, von ihm gehalten werden. Nicht in ihrer Erinnerung … sondern in der Realität. Er würde sie als Altmer kennenlernen und sie könnte ihm von all ihren Erlebnissen erzählen, die sie ohne ihn hatte überstehen müssen. Je dichter er an sie heranrückte und ihr seine schmeichelnden Worte einflüsterte, desto matter wurde das Braun ihrer Iris. „So ist es gut … diese Welt verdient Eure Hilfe nicht. Ihr habt genug getan … es wird Zeit, dass Ihr an Euch denkt. Ohtah erwartet Euch bereits …“, sagte der Daedra und sein Körper formte einen Ring um Shikon. Gerade als er sie berühren wollte, wallte ein grelles Licht auf und hüllte die Drachenblut schützend ein. Schlagartig fiel sein Einfluss von Shikon ab und sie erkannte diese Wärme sofort, die sie gerettet hatte – ein Zauber von Seiketsu! „Du dachtest, du hättest leichtes Spiel mit mir … Aber ich bin nicht allein! Ohtah konntest du zum Bösen verführen, weil ich durch einen Streich der Zeit noch nicht bei ihm sein konnte – hat er es dir nicht gesagt? Ich habe ihn schon einmal aus der Dunkelheit geholt!“, warf sie ihm entgegen und rief die Magie der vier Elemente an, „Falls es dich interessiert, du bist nicht der erste Gott, den ich eliminiere!“ Der Wind drängte Hermaeus Mora's »Körper« dichter zusammen, die Erde nahm ihn gefangen, das Wasser verschloss das Gefängnis und das Feuer – beflügeltet von ihrem unbändigen Zorn – erledigten den Rest; in einer Explosion reinster Energie wurde der Daedra aus der Welt der Sterblichen zurück in dessen Oblivion-Ebene verbannt! Entkräftet sank Shikon in die Knie, ihr Atem ging stoßweise. Sie hatte zu viel Magie auf einmal ausgestoßen … das Gefühl war ihr nur zu vertraut. Im Stillen dachte sie an Seiketsu und welchen Fehler sie ohne ihre Hilfe begannen hätte … Der Gedanke an ihre Seelen-Schwester stärkte sie wieder. Erst jetzt bemerkte sie ein angestrahltes Podest, von dem ein merkwürdiges Glühen ausging. Darauf wurde ein Buch präsentiert. Dasselbe Symbol wie am Angang prangte auf dem schwarzen Ledereinband … Entschlossen löste sie den goldenen Verschluss und schlug es auf. Ein Sog ergriff Shikon, riss sie von den Füßen. Blinzelnd sah die Rothaarige sich um. Die Energie sprach buchstäblich Bände – dies war nicht mehr Himmelsrand oder überhaupt Tamriel. Das Gebiet des Schattens von Solstheim war von einem seltsamen Nebel durchzogen. Shikon konnte kaum den Weg vor sich erkennen, doch sie spürte, wohin sie gehen musste … es war beinahe wie eine unsichtbare Hand, die sie voran zog, so viel stärker war hier der Drang, ihn zu sehen. Je weiter sie ging, desto seichter wurde der Nebel und gab stetig mehr Blick auf das unkartige Gelände preis. Die Felsen liefen zumeist spitz zu, wirkten grausam ... und zeugten damit vom finsteren Einfluss des Daedra. Hinter einer Gesteinsformation versteckt spähte Shikon in den kreisförmigen Abgrund hinunter. Eigentlich hätte sie das Wissen um seinen Aufenthaltsort und Taten vorbereiten müssen … doch dem war nicht so. Ihn so aus der Entfernung zu betrachten, ließ ihr Herz höher schlagen. In jeder Bewegung erkannte sie ihren Geliebten … Einst, bevor er zum Drachenpriester und Drachenblut geworden war, war er ein Nord gewesen. Shikon erkannte den charakteristischen Körperbau – kräftiger als Kaiserliche, hellhäutiger als Rothwardonen. Und gleichzeitig einfach Ohtah … nun da sie sein Antlitz ohne Maske erblickte; das dunkle Haar hing ihm wie immer fransig über die Stirn. Wie seine Götzenbildnis trug er zu beiden Seiten seiner Hüfte Dolche. Hätte sie sich nicht mittels eines Zaubers geschützt, hätte er sie wahrscheinlich schon längst entdeckt. Ein Drache spürte für gewöhnlich stets wenn seinesgleichen in der Nähe war … Und er schien ohnehin stets gewusst zu haben, wo sie sich befand. Ihr Retter in der Not … Ein Schaudern überkam Shikon. Am Schlund der Qual hatte er kurzzeitig die Absicht gehabt, sie zu töten – doch es war ihm letztendlich nicht möglich gewesen. Sie selbst hatte sich lediglich mit dem Gedanken auseinandersetzen müssen, was geschehen würde, wäre er vom Gift der Befallenen ergriffen worden. Und nun stand sie hier in der festen Absicht, ihn zu ermorden … dabei hatten sich die drei lebenden Legenden bei ihrem Dienstantritt als Gesandte so sehr gewünscht, sie kämen niemals wieder in eine solche Situation. Mit der Kraft des Windes schwebte Shikon den Hügelkamm hinab, ohne ein Geräusch zu verursachen. Gleichsam mit ihrer Landung legte sie den Schutz ab. Ohtah hielt ihr weiterhin den Rücken zugedreht und hantierte mit verschiedenen Gegenstände auf einem steinernen Altartisch. „Wer stört mich?“, fragte er mit einem bedrohlichen Unterton in der Stimme. Die Rothaarige ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken und entgegnete entschieden: „Zu´ul laat Dovahkiin to … Faliil faal voor Evgar (Ich bin das letzte Drachenblut und … die Fee der vier Elemente)!" „Shiko ...“, hauchte er und wirbelte auf dem Absatz herum, sodass sie das leblose Braun seiner Augen erblicken konnte – ein weiterer Hinweis auf die Kontrolle des et´Ada, „Ich hätte niemals gedacht, dass du es wärst … dass du überhaupt noch in diese Welt geboren würdest. Kein Wunder, dass Alduin versagt hat – Götter und Drachen haben dich ja noch nie aufgehalten, nicht wahr?“ Als Antwort erhielt er ein freudloses Lachen: „Eigentlich hättest du mich ja erwarten müssen … nach allem, was du getan hast, Ohtah. Wie konntest du dich nur so vom Bösen manipulieren lassen? Ich weiß inzwischen, was geschehen ist … Du hast die Göttlichen um Rettung für die Sterblichen angefleht und wurdest zum Drachenblut – aber anstatt deine Aufgabe zu erfüllen …“ Sie brach ab. Tränen rollten über ihre Wangen. „Lachhaft! Meine Seele kennt, wie du sehr genau weißt, nur eine wahre Bestimmung, nicht wahr? >Die Sechs Götter seien meine Zeugen. Hiermit erhebe ich einen neuen Schwur, da ich aus jenem anderen entlassen wurde … Ich, Ohtah Ryutaiyo, schwöre am heutigen Tag bei meinem Leben, meiner Seele und meinem Geist, dass ich auf ewig Shikon No Yosei´s getreuer Schatten sein werde, der sie vor allem Schaden bewahren wird! Niemals wieder soll mein Herz von Zweifel ergriffen werden … sei es durch eine Situation, eine Gefahr oder gar eine andere Frau. Ich unterstelle mich ihr mit allem, was ich war, was ich bin, was ich sein werde!< Hermaeus Mora hat meine Erinnerungen erweckt, kaum dass Akatosh mich … erhört hatte. Von da an wusste ich, wie sinnlos die Verehrung der Drachen wirklich gewesen war – und die Sterblichen … warum sollte mich der Rest von Nirn interessieren?“, erzählte er und sah ihr dann direkt in die Augen, „Sag´ es mir, Shiko, wie alt bist du?“ Es war, als hätte sie einen gewaltigen Kloß im Hals, der ihr das Sprechen beinahe unmöglich machte – mit Mühe brachte sie heraus: „Einhundertundeines.“ „Das heißt, du wurdest sogar noch in dieser Ära geboren … und lebst seit gut einem Jahr mit den Erinnerungen.“, quittierte der Braunhaarige barsch, während er einige Schritte näher kam, „Wenn du die Geschichte so genau studierst hast, kannst du dir sicher ausrechnen, wie lang ich bereits in diesem Leben wandle, nicht wahr? Ich … das erste Drachenblut und einstiger Drachenpriester, der im legendären Drachenkrieg der Merethischen Ära gehen Ysgramor gekämpft hat, habe die ganze Zeit auf dich gewartet!“ Shikon kniff die Augen zusammen, biss sich auf die Unterlippe. Über viertausendfünfhundert Jahre lang … Nicht einmal im Ansatz konnte sie sich dieses Grauen vorstellen. Für sie waren es wie gesagt im Grunde nur wenige Monate, in denen sie vor Sehnsucht nach ihm schier hätte vergehen können. Mit den Fingerspitzen strich er über die Linien ihres Gesichtes, was ihr eine Gänsehaut bescherte, und fuhr in diesem ungewohnt finsteren Tonfall fort: „Für gewöhnlich sollte wohl kein Lebewesen so lange leben – wobei Drachen können schon mal Jahrtausende zählen … also warum nicht auch wir. Aber selbst ohne meine Verbindung zu den Dovah, hätte ich nicht sterben können, nicht wahr? Nicht bevor ich dir begegnet wäre … Weißt du, ich habe nicht nur auf diesem Kontinent nach dir gesucht – Akavir und Atmora, die versunkenen Teile von Yokuda und selbst, ob Aldmeris auch wirklich nicht mehr existiert, habe ich überprüft. Anfangs war es nur ein schleichendes Gefühl … negative Emotionen wie Trauer, Wut und Verzweiflung. Irgendwann kam der Wahnsinn wie ein Ausweg aus diesem Irrgarten, in dem ich dich einfach nicht finden konnte – vielleicht, ja, vielleicht, wenn ich zu dem werden würde, was du mit jeder Faser deines Seins so leidenschaftlich bekämpft hast, vielleicht würdest du dann ja zu mir kommen. Es war mir egal, was das >Goldene Auge< bis dahin von mir verlangte … Und siehe da – der große Tag ist gekommen, nicht wahr? Meine geliebte Shiko hat den Weg zu mir gefunden!“ Die Rothaarige schlug seine Hand weg. Ihr Innerstes schrie auf und um ein Haar hätte sie ebenfalls den Verstand verloren. „Ohtah … du weißt, warum ich gekommen bin.“, sprach sie gequält. Er klatschte begeistert und tanzte auf der Stelle. Ihn so zu erleben war für Shikon wesentlich schmerzhafter, als der Gedanke an ihr Vorhaben – Ohtah war tatsächlich dem Wahnsinn einhergefallen. Und sie trug Schuld daran! Vielleicht hätte sie ihn noch retten können, wenn sie Himmelsrand sich selbst überlassen hätte … Aber hätte sie ihn dann überhaupt jemals gefunden? Er war das erste und sie das letzte Drachenblut – ihr Schicksal war miteinander verbunden, auch in dieser Welt. „Aber natürlich! Es ist ungewöhnlich, dass sich zwei Liebende im Kampf gegenüber stehen, nicht wahr?“, trällerte er, bis sich seine Stimmung wieder ins Gegenteil verkehrte und er sie in Richtung des Steinbrockens drängte, „Wobei … wir waren schon einmal kurz davor, uns gegenseitig zu töten, nicht wahr? Allerdings warst du damals auf der dunklen Seite. Witzig, was ein Perspektivenwechsel alles ändert – am Schlund der Qual habe ich mich nicht gefragt, welchen meiner Dolche ich dir ins Herz rammen soll.“ Innerhalb eines Wimpernschlages hielt er ihr die gewetzten Klingen an Brust und Hals. Shikon rührte sich nicht. Sie hatte keine Angst vor dem Tod … im Gegenteil, er würde sie beide erlösen. „Oder … soll ich dir vielleicht lieber etwas anders in den Leib rammen, um dich zum Schreien zu bringen?“, hauchte er nah an ihrem Ohr. Sein Blick wanderte zu ihren Lippen, Gier wallte in ihm auf. Zoll um Zoll begann er die Schnürung ihrer Robe aufzuschneiden. Shikon konnte nicht anders, als seine Lippen fest auf seine zu pressen und sich der leidenschaftlichen Sehnsucht hinzugeben … Klirrend fielen die Klingen zu Boden, als Ohtah ihr den Stoff auf einmal wieder ganz behutsam vom Körper schob und hauchzarte Küsse über die nun nackte Haut verteilte. Ein Schauer durchlief die einstige Legende … Seine Finger fuhren ihre Konturen nach, berührten sie an ihren empfindlichsten Stellen. Shikon legte ihre Hände auf seine Wangen, zog ihn erneut an ihre Lippen heran und ließ sich nach hinten auf den Altar gleiten. Anschließend begab er sich in tiefer liegende Regionen … Ohtah´s Finger tanzten über ihre Brüste, gleichzeitig brannte er sich mit seiner Zunge in ihren Verstand. Die Kälte des Steins spürte Shikon nicht – und das lag nicht an ihrem elfischen Blut. Er leckte den Honig von ihrem rosigen Fleisch und genoss ihr zunehmend lauter werdendes Stöhnen. „Ich will dich …“, keuchte sie atemlos, was in einen Schrei seines Namens überging. Ohtah grinste zufrieden. Er befreite sich von seinem Priestergewand und brachte sich in Position. „Ich liebe dich …“, flüsterte Shikon, als er mit einem harten Stoß in sie eindrang. Seine typische Vorsicht war dahin. Er war wild, ungezügelt. Es gefiel ihr ohne Zweifel, nahm sie ein und gleichzeitig war diese Seite an ihm ungewohnt. Sein Name kam ihr stöhnend über die Lippen, während er sich immer schneller in ihr versenkte. Ihr Höhepunkt kam, seiner folgte. Doch er zügelte sich nicht, die Enge und Hitze steigerten seine Lust fast unermesslich. Er hob ihr rechtes Bein an, sodass er noch tiefer in sie drängen konnte. Ihre Finger krallten sich seinen Rücken, als sie in einem Feuerwerk von Empfindungen ein weiteres Mal kam. Auch Ohtah fand seinen Abschluss in dem Bewusstsein, dass sie sich ebenso nach ihm verzehrte wie umgekehrt … Langsam, um den letzte Stückchen köstlicher Befriedigung zu genießen, glitt er aus ihr heraus und legte sich neben sie. Seine Arme umschlossen sie, betteten ihren Kopf auf seine Brust. Shikon, die noch um Atem rang, lauschte seinem aufgeregten Herzschlag. „Weißt du, Shiko, so sehr ich hier weg will … es hat etwas Gutes, das du hier bist, nicht wahr? Denn ich kann diese Welt ganz nach meinen Wünschen gestalten.“, sagte Ohtah mit dem schiefen Lächeln, welches sie so sehr an ihm liebte. Er schnippte mit den Fingern und da breiteten sich plötzlich rote Wände um sie herum aus, prunkvolle Verzierungen und ein gigantisches Bett unter ihr. Überwältigt schlug sich Shikon die Hand vor den Mund – dies war ein Zimmer im Kaiserlichen Refugium in Kaineng. Hier hatten sie ihre erste Nacht miteinander verbracht, nachdem Abaddon besiegt war … „Noch nicht ganz, nicht wahr?“, meinte das erste Drachenblut und wiederholte die Geste. Diesmal spannte sich ein hellblaues Himmelszelt mit weißen Wölkchen über ihnen, Vögel zwitscherten und Wellen brandeten an einem nahen Wasserfall. Die Grashalme piksten sie am Rücken, als sie sich aufrichtete, um die zahlreichen Kirschbäume zu bewundern. Die leuchtend rosafarbenen Blüten raschelten im Wind. Nun ließen sich die Tränen wahrlich nicht zurückhalten – sie war zu Hause … auf Shing Jea! „Ohtah … danke!“, hauchte sie schwach. Obwohl sie wusste, dass dies eine Illusion geschaffen aus dunkler Magie war, machte ihr Herz Freudensprünge. „Ich habe dir einst geschworen, dir jeden deiner Wünsche zu erfüllen … Jetzt endlich habe ich die Macht dazu! Ein Wort von dir, Shiko – und wenn ich über Nirn herrsche, wirst du meine Königin sein, nicht wahr? Die ganze Welt wird dir zu Füßen liegen, dich anbeten!“, phantasierte Ohtah von seinen Plänen. Da kam Shikon schlagartig wieder zu sich. Dieser Mann war ihr Liebster und gleichzeitig nichts anderes als eine Marionette, vergiftet. Obwohl sie Hermaeus Mora besiegt hatte, blieb sein Einfluss auf Ohtah bestehen – oder waren dies ebenfalls Züge des Wahnsinns? Neue Tränen füllten Shikon´s Augen. Aka hatte es ihr bereits angekündigt … dennoch wollte sie die Hoffnung nicht aufgeben, ihn retten zu können. Bis jetzt … Sie schlug die Hand weg, die an ihrer Hüfte ruhte und sprang auf die Füße. „Hast du deine Erinnerungen wirklich zurückerlangt? Ich kann nicht glauben, was du da sagst – wir waren niemals diejenigen, die geherrscht haben. Ob man als Legende, Gesandte oder Drachenblut bezeichnet, spielt keine Rolle … ich bin eine Heldin! Und du bist mein Beschützer …“, schluchzte sie und plötzlich war die Umgebung nicht einfach nur eine Illusion. Es war ... ein lebendiges Bilderbuch, Ausschnitte ihres gemeinsamen Lebens. Ihn umfingen Freude, Leid, Abenteuer und Liebe … alles, was sie miteinander geteilt hatten. Und Shikon sah, wie der matte Ausdruck aus seinen Augen verschwand. Der Mann, in den sie sich einst in der Unterstadt verliebt hatte, war zurück … „Shiko …“, kam es ihm überwältigt über die Lippen, „Verzeih' mir … Ich liebe dich – in jedem vorangegangenen und in jedem weiteren Leben!“ Voller Glück warf sich Shikon in seine Arme. Was zuvor zwischen ihnen geschehen war, wirkte dagegen bedeutungslos – dies war echt! Minuten- oder gar stundenlang standen sie da und hielten sich aneinander fest, während der Schatten Solstheim´s um sie herum wieder Gestalt annahm. „Bitte, Shiko … beende diese Qual. Ich will dieses Leben nicht mehr!“, flehte er schon beinahe. Lächelnd nickte Shikon: „Ja, lass´ uns gehen … gemeinsam. Die Nebel erwarten uns.“ Die Elemente von Feuer, Luft, Wasser und Erde vereinten sich zu reiner Energie und die beiden Drachenblute senkten die Lider. In Flusswald erwachte Seiketsu von einem unglaublich stechenden Schmerz im Herzen aus ihrem Schlaf und sagte in die Dunkelheit: „Sie sind tot …“ „Ich habe es auch gespürt.“, bestätigte Klerus. Er legte den Arm um ihre Schultern und zog sie an sich. Ihre Tränen waren versiegt – sie konnte nicht mal richtig traurig sein. Shikon´s innigster Wunsch war in Erfüllung gegangen … sie hatte Ohtah gefunden und von dessen Fluch befreit. Eine Zukunft Die Sonne weckte die beiden Kindern, die sofort aus ihren Betten sprangen und aufgeregt in das Zimmer ihrer Eltern rannten. „Mama, Papa, aufstehen! Es ist soweit, es ist soweit!“, rief das blonde Mädchen mit den grünen Augen. Die blauen Iriden ihres braunhaarigen Bruders leuchteten auf und er fügte hinzu: „Heute ist der große Tag! Wir müssen uns beeilen – die Königin kommt!“ Genau so war es. An diesem Tag sollte der Wiederaufbau des Dorfes Helgen gefeiert werden, dem selbstverständlich auch Großkönigin Elisif beiwohnen würde. Vor drei Jahren hatten die Jarls entschieden, dass sie ihrem Ehemann auf den Thron Tamriel´s folgen sollte … Ihr lautester Fürsprecher und seitdem engster Berater war Ulfric Sturmmantel, der – wovon die neue Generation der Nord nichts wusste – einmal Krieg gegen sie und das Kaiserreich geführt hatte. Doch bei ihrem Amtsantritt hatte Elisif verfügt, diese schreckliche Zeit vor den Kindern zu verbergen, um nicht den wiedererlangten Glauben an die Neun Göttlichen zu schmälern. Denn inzwischen ward das Weißgoldkonkordat verändert worden … der Frieden auf Nirn blieb bestehen, jedoch ohne einer anderen Partei eine Schmach zuzufügen. „Dürfen wir Tante´s Rose und Onkel´s Dolch nachher mitnehmen?“, fragte das Mädchen plötzlich an ihre Mutter gewandt, „Dann ist es, als wären sie auch dabei.“ Er wusste, dass seine Frau zu gerührt zum Sprechen war, darum antwortete er an ihrer Stelle: „Das ist eine sehr gute Idee. Und jetzt ab mit euch – meinte nicht eben noch jemand, wir müssten uns beeilen? Mit leerem Magen lässt es sich nicht gut feiern.“ Lachend eilten die Kinder in die Küche und richteten den Frühstückstisch. Sie lehnte sich für einen kurzen Moment an ihren Mann, um sich zu sammeln. Dann folgten die beiden ihren Sprösslingen. Was es mit der Rose und dem Dolch auf sich hatte? Im Keller ihres Häuschens gab es drei verschiedene Altäre … einer davon war der Göttlichen von Tamriel gewidmet – Akatosh, Fragment des Drachengotts der Zeit; Arkay, Herr über Leben und Tod; Julianos, Bewacher von Weisheit und Wahrheit; Dibella, Göttin der Liebe und Schönheit; Stendarr, Gebieter der Gerechtigkeit und Flüchen; Talos, Gott gewordener Mensch des Krieges; Mara, ebenfalls der Liebe verschrieben, dem Mitgefühl und der Ehe; Kynareth, Erschaffer des Himmels und der Elemente … ein weiterer galt den Sechs Göttern von Tyria – Balthasar, dem Gott des Krieges und des Feuers; Dwayna, Gebieterin des Lebens und der Luft; Grenth, Hüter des Todes und des Wassers; Melandru, Wächterin der Natur und der Erde; Lyssa, Ebenbild der Schönheit und reiner Energie … der letzte stand symbolisch für zwei Helden, die einst in Tyria und Tamriel gelebt hatten – Shikon und Ohtah. „Bist du bereit?“, fragte er sie zum wiederholten Mal. Die Braunhaarige nickte, doch der Griff um ihre Laute verstärkte sich. Ihre Kinder hatten unter den übrigen Zuschauern Platz genommen. Da erklang endlich die Stimme der Königin: „Heute ist ein denkwürdiger Tag – seit Jahrhunderten schwebte drohendes Unheil über Himmelsrand. Einst unsere Feinde, inzwischen leben wir Seite an Seite … Und diesen Umstand verdanken wir einzig Drachenblut Shiko! Ihr zu Ehren und im Gedenken an sie haben wir uns hier versammelt, wo ihre Heldengeschichte den Anfang nahm. Begrüßt nun ihre Freunde und Barde Seiketsu und Klerus!“ Der Vorhang vor der aufgebauten Bühne, die früher einmal der Richtplatz gewesen war, wurde gelüftet. Sanfte Flötenklänge drängen aus Klerus´ Instrument, Seiketsu spielte die ersten Akkorde und begann zu singen: „Dunkel der Himmel von Alduin´s Schwingen … >Feuersturm<, brüllt er, den Tod wollt´ er bringen. Heiß tobt´ die Schlacht und rot floss das Blut, die Kämpfer verbrannten mit Schreien in Glut. Wer tritt nur an gegen Alduin´s Wut? Wo sind die Retter mit Herzen voll Mut? Mit Alduin´s Sieg kommt das Ende der Welt und alles rings um uns in Trümmer dann fällt. Fast hatte der Drache den Sieg schon errungen, da kam mit dem Sturmwind die Stärkste der Zungen. Sie kämpfte und bald schon sang alles mit Ruhm von der Urkraft der Stimme, die Lieder vom Thu´um. Die Gabe der Stimmen hat alle befreit, geebnet den Weg in die glanzvolle Zeit. Was lehrt uns das Liedchen? Nun höret mein Wort – das Lied ist zu Ende … und der Drache ist fort!“ Was sollte aus Seiketsu werden, nachdem sie ihre Seelen-Schwester verloren hatte? Natürlich sie hatte Klerus an ihrer Seite. Es wäre nicht in deren Sinn, würde sie sich in Verzweiflung stürzen … doch ohne Shikon fehlte ihr etwas im Leben und auch ihre Aufgabe als Klinge war beendet; die übrigen Drachen stellten keinerlei Bedrohung mehr da, ein Drachenblut würde es nicht mehr geben. Mit dem Erlös aus dem Verkauf der Taverne bezogen Seiketsu und Klerus ein kleines Häuschen nahe der Hauptstadt. Von ihrem Balkon aus hatten sie einen unglaublichen Blick auf das Meer, welches bis zum Horizont reichte … Genauso wie der canthanische Ozean. Da erinnerte sich Seiketsu an ihre Aufgabe als Älteste von Shing Jea … Sie ward die Archivarin gewesen, hatte all ihre Abenteuer in einem Buch zusammen gefasst. In Himmelsrand wurden unzählige Geschichten erzählt, denn viele der Bauern und einfachen Leute können weder lesen noch schreiben – deshalb gab es die Barden, fahrende Sänger und Musikanten. Die berühmte Akademie ganz Tamriel´s für diesen Berufszweig stand ganz zufälligerweise in Einsamkeit und erhielt prompt ein persönliches Empfehlungsschreiben der Großkönigin, um Seiketsu und Klerus einen der begehrten Studienplätze zu sichern. Von da an sang sie allein Lieder, in denen es um Shikon ging – die Fee der vier Elemente, die Verteidigerin von Cantha und Shing Jea, die Retterin von Tyria und Elona, die Vertraute der Asura und Vernichterin der Zerstörer, die lebende Legende, die Gesandte der Nebel, die Bezwingerin der Alt-Drachen Tyria´s, das Drachenblut und die Heldin von Himmelsrand. Noch kann und darf sie Shikon nicht folgen – nun da sie zwei Kinder zur Welt gebracht hat und das dritte bereits unter dem Herzen trägt … denn auf Seiketsu und Klerus wartet eine Zukunft! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)