Ich hasse ihn...glaube ich von Julianama ================================================================================ Kapitel 6: 6 ------------ Wenn ich ehrlich sein soll, ich war irgendwie froh, dass wir heute diese Nachtwanderung unternahmen. Den restlichen Abend neben Ethan wäre der Horror gewesen. Ich frage mich, wie ich auf diese Aussage überhaupt gekommen bin? Aber Ethans Gesicht war einmalig. Er hat geschaut wie ein Ufo oder zumindest wie ein Mensch, der gerade eines erblickt hatte. Mit den „grünen Männchen“ war ich leider nicht verwandt und kann somit mein Verhalten nicht jemand anderem in die Schuhe schieben. Wenn ich darauf zurückblicke ist es eigentlich ganz gut verlaufen: „Das soll jetzt nicht heißen, dass ich dich mag oder so etwas, nur mein Eindruck von dir hat sich ein „klein wenig“ verändert und nicht mehr.“ „Wie du meinst „Hesse“.“ Moment mal, „Hesse“, was war denn bei dem kaputt? Warum nannte er mich beim Nachnamen? Ist das eine seiner Maschen um mich auf die Palme zu bringen? Will er mich aus der Reserve locken? Da kann er lange warten, ich werde einfach nicht darauf reagieren, ihn einfach ignorieren! Zum besseren Verständnis, ich stehe mit einer Gruppe von Schülern vorm Brandenburger Tor und genieße die kühle Nachtluft. Wir warten auf den Rest der Truppe, der mal wieder auf die Toilette verschwunden war. Keine zehn Pferde bekommen mich noch mal so schnell auf eine öffentliche Toilette und das war noch eine der Sauberen. Da hatte ich schon schlimmeres gesehen. Bei diesem Gedanke schüttelt es mich heute noch. Seufzend blickte ich mich um und wen erblickte ich da, den lieben Alex. Ja ich weiß, wir sind Freunde und da sollte man sich wieder vertragen, aber ich bin nun einmal stur. Alex leider auch. Somit ist wohl damit bewiesen, dass eine baldige Versöhnung so gut wie unmöglich ist. Als wir in der siebten Klasse waren hatte unser Streit einmal zwei Wochen gedauert, in denen wir uns keines Blickes gewürdigt hatten. Sahra musste uns dann wieder versöhnen. Ihrer Aussage nach, konnte sie unser Schweigen nicht mehr ertragen und verfluchte unsere Sturköpfe. „Neben zwei Freunden zu stehen, die sich gegenseitig anschweigen ist es echt schwierig eine gescheite Konversation zu führen“, hatte sie damals gesagt. Sie hatte ja recht, aber aufgeben war nun einmal unter Jungs, zumindest bei uns beiden, ein Zeichen von Schwäche. Ich konnte mich wirklich glücklich schätzen eine so gute Freundin zu haben. Was machte sie eigentlich gerade? Unsere Gruppe hatte es seit der Busfahrt in alle Richtungen verstreut. Irgendwie schade, aber es war klar, dass wir uns in Zweiergrüppchen spalten würden. Sahra zumindest konnte nun endlich mal wieder mit „ihren Mädels“ abhängen, ohne dass ihr Jungs dazwischenfunkten. Ich will sie auch nicht stören, aber zu wem sollte ich mich sonst stellen, alleine war langweilig. Gelangweilt betrachtete ich das Tor und ich musste zugeben, bei Nacht mit der Beleuchtung der Scheinwerfer sah es beeindruckend aus. Die vielen Verzierungen und Figuren kamen dadurch gut zur Geltung. Viel mehr gab es aber auch nicht zu entdecken und mein Blick schweifte weiter über die kleine Gruppe und blieb prompt an Ethan und seinen Schlägern hängen. Dieser hatte mich wohl auch entdeckt und winkte mich zu sich herüber. Ich überlegte angestrengt: soll ich, soll ich nicht, aber was blieb mir anderes übrig, bis die anderen wieder zurück waren, konnte ich noch lange warten. Mir würde schon nichts passieren, hier waren noch genügend Lehrer anwesend, um ein größeres Massaker zu verhindern, hoffe ich zumindest. Im gemütlichen Tempo ging ich also auf Ethans kleine Gruppe zu und versuchte, so unauffällig wie möglich, meine aufkommende Panik und Verunsicherung zu verstecken. „Yo Mike, was geht denn bei dir ab? Hängste nich mit deinen Freaks ab? Hab dich noch nie ohne deine Anhängsel gesehn. Ist ja mal ganz was Neues.“ Roger, Ethans Schoßhund machte natürlich wieder als erster die Klappe auf. Ich konnte diesen Typen einfach nicht ausstehen. Roger ist außerdem derjenige, der heute Morgen das Nasenbluten mit beinahem Nasenbruch hatte. Nicht zu beneiden der Kerl, nicht zu beneiden. Seine laute Art ist das eigentliche Problem, an sich war er harmlos, aber wenn er einmal den Mund aufmachte, konnte es die halbe Nachbarschaft mithören und unsere Nachbarn waren sehr neugierig, was unser Privatleben anging. Roger wohnt direkt neben uns und sein Schlafzimmer befindet sich direkt neben meinem. Woher ich das weiß? Seine Freundinnen und vor allem sein Sexleben kenne ich auf jeden Fall sehr gut. Er wechselt die Partnerinnen so oft wie ein normaler Mensch seine Unterwäsche. Auch wieder ein Grund, warum ich mit Ohrenstöpseln schlafe. Bemüht, ihm nicht gleich eine rein zu hauen antwortete ich etwas sterch: „Nein, heute mal zur Ausnahme nicht.“ Mehr brauchte er auch nicht zu wissen, ging ihn nichts an. „Woho, ganz ruhig alter, immer mit der Ruhe, war nur ne Frage.“ Ok, wenn Ethan mit mir reden wollte, sollte er jetzt mal langsam anfangen, so wohl fühlte ich mich hier nun auch wieder nicht. Ethan schien jedoch die Lust nach Reden vergangen zu sein, denn er lehnte sich an die Mauer hinter sich und fing an mich zu beobachten. Was sollte das nun schon wieder? „Also Mike, was macht deine Schwester zur Zeit? Ist sie Single?“ Ach du große Scheiße! Ich wusste ja, dass Roger meine Schwester ab und zu anmachte, dass er aber so heiß auf sie war, hatte ich nun auch nicht wieder gedacht. Ich fühlte mich gerade richtig unwohl. Roger, der lechzend mir gegenüberstand und etwas von meiner Schwester und ihrem Hintern brabbelte und Ethan, der mich anblickte, wie eine Beute, die kurz vor dem Gnadenstoß stand. Er sollte sich lieber um seine Köter kümmern. Warum bezeichne ich Ethans Freunde als Köter, weil ich mir gerade wie ein schwarzes Schaf vorkomme, dass als Opferlamm in eine Höhle voller gefräßiger Wölfe geworfen wurde. Und ihr Anführer schaut nur prüfend zu. Hilfe!!! Plötzlich packte mich etwas an meiner Schulter und ich schreckte zurück. „Hey man, ich bins nur, der liebe Roger. Brauchst keine Angst vor mir haben, ich beiß schon nich.“ Als ob ich das glauben würde. „Komm mal kurz mit, ich will mit dir was besprechen.“ Missmutig stimmte ich zu und schritt mit ihm einige Meter weiter weg von den anderen. Natürlich folgte Ethans prüfender Blick jeden meiner Schritte und schien mich sogar um die Ecke noch zu durchbohren. Der Kerl hatte echt Probleme. „Haste eigentlich auch bemerkt, dass Ethan in letzter Zeit so komisch is?“ In letzter Zeit? Eigentlich immer, aber das sagte ich lieber doch nicht und nickte nur. „Weißt du, warum er dich zu uns herübergewunken hat? Er wollte dich prüfen, ob du mit uns klar kommst oder kneifst. Du scheinst sein neues Lieblingsopfer zu sein, das heiß, er wird dich erst wieder in Ruhe lassen, wenn du ihm zu langweilig geworden bist. Mit Spielen meine ich natürlich ärgern. Er will alles über seine Opfer wissen und geht dann erst in die Offensive, aber du scheinst ihm die ganze Mühe wert zu sein. Pass bloß auf dich auf. Ethan kann… manchmal ein klein wenig seltsam und vor allem… besitzergreifend sein und seine Rache ist grausam, wenn man ihm sein Spielzeug wegnimmt.“ Den Rest des Satzes flüsterte er nur noch und ich bekam eine Gänsehaut. „Was meinst du mit „spielen“ und „Spielzeug“. „Das Mike, wirst du schon bald genug erfahren.“ Mit einem geheimnisvollen Gesicht drehte sich Roger um und ließ mich stehen, während mir heiße und kalte Schauer über den Rücken liefen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)