Misfits: Kreuzdame von Hushpuppy ({ boy x boy }) ================================================================================ Kapitel 14: Gaara - Beste Freunde lässt man nicht im Stich Pt. 1 ---------------------------------------------------------------- Wenn man vor der Entscheidung stand, ob man sich einem Problem stellen oder davor davon laufen sollte, dann gehörte ich zu denjenigen, die sich als Angsthasen outeten. Bei der Aussicht Lukas nach diesem Desaster wieder gegenüber zu treten, hatte ich mich also dazu entschieden den Schwanz einzuziehen und die ersten paar Tage lieber Zuhause zu bleiben als zur Schule zu gehen. Eltern, die mich dafür tadelten, hatte ich keine... Beziehungsweise, würde ich sehr wohl Ärger für das Schwänzen bekommen, wenn sie davon wüssten, doch da sie sich schon immer mehr für ihre Arbeit als für mich interessiert hatten, bekamen sie nichts davon mit. Am ersten Tag bekam ich Besuch von einer immer noch wütenden Samantha, die meine Ausreden, dass ich „krank“ wäre, gar nicht erst hören wollte. Genauer gesagt hatte sie mir eine Ohrfeige verpasst als ich damit anfing, danach hatten wir uns gestritten und nun ließ sie nichts mehr von sich hören. Es war ja nicht so als würde der Streit mit Lukas nicht vollkommen ausreichen, um meine Nerven blank liegen zu lassen, jetzt war auch noch eine meiner besten Freundinnen wütend auf mich. Am zweiten Tag schneite dann zu meiner Überraschung Noah herein, der ein wenig blass um die Nase aussah, mir aber versicherte, dass er sich schon viel besser fühlen würde als in den Herbstferien. Groß und breit erzählte er mir, dass Lukas glaubte, ich würde nur mit ihm spielen und, dass er nicht noch mehr verletzt werden wollte. Dass ich ihn verletzt hatte, schmerzte auf der einen Seite, ließ mich auf der anderen Seite jedoch auch hoffen, dass Lukas tatsächlich mehr für mich empfunden hatte. Die Betonung lag auf 'hatte', denn jetzt wollte er ganz offiziell nichts mehr mit mir zu tun haben. Noah ging davon aus, dass noch nicht alles verloren war, außerdem machte er mir klar, dass meine 'Ich will ihm nicht mehr hinterher laufen'-Ausrede ab sofort nicht mehr zog. Und am dritten Tag stattete mir dann Kaito einen Besuch ab. Zum Glück verzichtete er darauf mir eine Standpauke zu halten oder irgendetwas von Lukas zu erzählen, sondern berichtete mir davon, dass er sich zehn Gramm Hasch für wenig Geld besorgt hatte. „Wenn du willst, können wir das am Wochenende einbacken“, meinte er, während wir draußen im Hintergarten saßen und gemeinsam eine rauchten. Da es mittlerweile recht kalt geworden war, trugen wir beide unsere Jacken. „Sky würde mitmachen und wir könnten noch ein paar Leute einladen... Larissa und Samantha zum Beispiel... wenn Sam sich bis dahin ein wenig beruhigt und du dich bei ihr entschuldigt hast.“ „Ich denke, Larissa ist auch sauer auf mich“, sagte ich. „Ich habe seit über einer Woche nichts mehr von ihr gehört, aber Annalina wird ihr wohl mittlerweile berichtet haben, was zwischen uns vorgefallen ist.“ „Du bist auch so ein Held“, seufzte Kaito schwermütig. „Wie kann man mit einem einzigen Fehler so viele Leute verärgern?“ „In so etwas war ich schon immer gut“, murmelte ich niedergeschlagen. „Um wie viel Uhr willst du das Samstag machen? Ich bin tagsüber in der Musikschule. Der alte Knacker zwingt mich dazu den Kinderchor zu leiten.“ „Ach, wie niedlich“, spöttelte Kaito mit einem frechen Grinsen auf den Lippen. „Dann schlage ich danach bei dir auf... so gegen 19 Uhr?“ „Einverstanden.“ Wie verbrachten den Tag ziemlich entspannt bis Kaito dann um fünf Uhr zu seine Freundin wollte und er da fiel mir ein, dass wir doch eigentlich Schule hatten... „Warum bist du heute nicht in der Schule?“, fragte ich ihn verwirrt, als er schon halb zur Tür raus war. Bevor er mir eine Antwort gab, bekam er einen Lachflash. „Das fällt dir echt früh auf!“ „Lass mich in Ruhe!“ Ich konnte nicht anders als das Lachen zu erwidern. „Ich hab meine Gedanken nicht richtig beisammen.“ „Ich hatte keine Lust auf den Nachmittagsunterricht“, antwortete Kaito Schulterzuckend. „Und ich musste dich doch besuchen gehen, Morgen kommst du aber wieder, oder? Sonst wollen die ein ärztliches Attest haben.“ „Ja, morgen komme ich wieder“, grummelte ich unglücklich. In dieser Nacht schlief ich nicht gut. Als ich dann am nächsten Morgen aufstand, hatte ich Kopfschmerzen und war vollkommen übermüdet. Mit halb geschlossenen Augen zog ich mich um, gönnte mir einen Energy Drink und verließ ohne Frühstück das Haus. Ich steckte mir die Kopfhörer in meine Ohren und schlenderte auf die Musik von Imagine Dragons zur Straßenbahn. Normalerweise stieg ich in dieselbe Bahn mit der auch Kaito zur Schule fuhr, doch heute konnte ich ihn nirgends finden. Nicht in dem Abteil, in dem wir jeden Tag saßen und auch nicht in einem der Anderen. Also setzte ich mich einfach zu Schifti, der mit der Stirn gegen die Fensterscheibe gelehnt am Schlafen war. Bis wir bei der Schulstation ankamen, wachte er nicht mehr auf, weshalb ich unsanft an ihm rütteln musste. „Scheiße!“, rief er aus und schreckte aus dem Schlaf hoch. Seine Augen waren rot und halb geschlossen und seine Lippen aufgesprungen. Scheinbar hatte er gestern Abend gefeiert – an einem Mittwoch. So was konnte auch nur Schifti. „Mann, Gaara...“, stöhnte er als er mich erkannte. „Steigst du mit aus?“ Ich klopfte ihm auf die Schulter und er quälte sich vom Stuhl hoch. Langsam schleppte er sich mir hinterher auf den Bahnsteig, wo er erst einmal die Arme in die Luft reckte und lauthals gähnte. „Gestern war echt hart“, ließ er mich wissen. Gemeinsam gingen wir mit dem Strom der Schülermassen in Richtung Schulgebäude. Eine kalte Brise riss an meinen Klamotten, während ich die Kopfhörer in meiner Jackentasche verstaute. „Warum warst du eigentlich nicht dabei? Kaito meinte, dir ginge es momentan scheiße.“ „Wo dabei?“, fragte ich verwirrt. „Hä? Na, bei dem Treffen gestern. Hat dir Kaito nichts davon erzählt?“ „Nein.“ Mir wurde seltsam zumute. Ein ungutes Gefühl machte sich in mir breit, gemeinsam mit dieser schrecklichen Hitze, die in meinen Kopf kroch. Ich wurde nicht rot, diese Hitze fühlte sich an wie eine kochende Flüssigkeit, ein Vorbote von schlechten oder schockierenden Nachrichten. Warum sollte mir Kaito nichts von einem Treffen erzählen? Er war mein bester Freund. Solange wir nicht darauf aus waren mit jemanden Sex zu haben, machten wir alles gemeinsam. „Echt komisch“, stellte Schifti fest und verzog seinen Mund. „Bin ich jetzt Schuld, wenn ihr euch streitet? Du rastet doch nicht aus, nur weil er dir nichts davon erzählt hat, oder?“ „Nein, ich frag mich nur wieso“, sagte ich und zog die Augenbrauen zusammen. „Was habt ihr bei dem Treffen denn gemacht?“ Gerade fiel mir nur eine Sache ein, wegen der Kaito mich nicht dabei haben wollte, doch diese Sache wollte ich nicht wahr haben. Es musste eine andere Erklärung geben. Er hatte sich doch so gut geschlagen, war diszipliniert geworden und hatte mir noch immer von Rückfällen erzählt, damit ich ihm beim Haare rasieren helfen und ihn wieder aufbauen konnte. Ich war seine Stütze, das hatte er mir selbst einmal gesagt. Deswegen musste es eine andere Erklärung geben... „Wir haben uns ein bisschen was gegönnt“, sagte Schifti und rieb sich über die Augen. „Irgendjemand hatte so Pilze dabei und irgendjemand anderes Ecstasy und wir haben uns dazu entschieden beides zu nehmen. Anfangs der Hammer, das Runterkommen ist schon mies, aber der nächste Tag ist zerstörerisch. Ich wollte Zuhause bleiben, aber dann hätte mein Vater spitz gekriegt, dass ich gestern feiern war... oder so etwas in der Richtung und den Stress will ich mir echt sparen.“ „Ihr habt Drogen genommen“, stellte ich mir hohler Stimme fest. Schifti bemerkte erst jetzt, dass ich stehen geblieben war. Verwirrt wandte er sich zu mir um. Als er meinen Gesichtsausdruck sah, begann er plötzlich zu grinsen. „Alter, Gaara. Du willst mir jetzt keine Predigt über Drogen geben, du bist der schlimmste Kiffer, den ich kenne. Und auf deinen Partys gibt es immer Ecstasy, Kokain, LSD und was weiß ich nicht alles. Deswegen dachte ich auch, dass du mitkommen würdest.“ „Nein.“ Tatsächlich wäre ich nicht mitgekommen, wenn mich jemand auf das Treffen eingeladen hätte. Unter der Woche irgendwelche Drogen nehmen. Außerdem verzichtete ich auf alles außer auf Marihuana und Alkohol, andere Drogen hatte ich schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr genommen. Was mich jedoch wirklich so schockierte war, dass Kaito zu diesem Treffen gegangen war. „Er hat mir erzählt er wollte zu Sky“, sagte ich und schloss zu Schifti auf. „Was meinst du, wo wir uns getroffen haben?“ „Ich wusste nicht, dass sie so offen mit Drogen ist!“ „Du siehst doch, wie die immer guckt.“ Schifti machte Skys schläfrigen Blick nach, bei dem ihre Augen nur halb offen waren und lachte. „Die ist dauerdrauf, glaub mir.“ Verdammt noch mal, Kaito! Ich biss mir auf die Unterlippe und wusste nicht, was ich denken oder tun sollte. Dass er mir solche Sachen verheimlichte, war etwas vollkommen Neues für mich. Eigentlich erzählten wir uns alles. Ich musste sofort mit ihm reden... doch wenn ich jetzt ging, würde ich einen ärztlichen Attest für die Schule brauchen und den bekam man nicht mehr so leicht wie früher. Mittlerweile wollten die Ärzte tatsächlich eine Untersuchung durchführen und schrieben ihre Atteste nicht mehr einfach so aus. Früher war das mal anders gewesen. Vielleicht war Kaito doch heute in der Schule oder kam nach, weil er verschlafen hatte oder Ähnliches. Ich ging also mit Schifti mit zur Schule, konnte jedoch keine ruhige Minute mehr finden. Ständig zerbrach ich mir den Kopf über Kaito und malte mir die schlimmsten Szenarien aus, in denen Sky ihn dazu brachte Chrystal Meth und Heroin zu probieren, was irgendwann mit dem goldenen Schuss endete. Nein, Kaito würde nicht ein solches Drogenopfer wie seine Mutter werden, davor hatte er immer Angst gehabt. Deswegen wollte er auch eigentlich keine Drogen mehr nehmen, allerhöchstens nur noch an den Wochenenden auf einer meiner Partys, sodass ich dabei war und auf ihn aufpassen konnte. Das war unser Deal gewesen – Nein, unser Versprechen! Kaito hatte es mir versprochen und eigentlich dachte ich, dass ich mich auf der Versprechen meines besten Freundes verlassen könnte. Ich war in Gedanken so mit ihm beschäftigt, dass ich nur die Hälfte des Unterrichts mitbekam. Kaito tauchte den ganzen Vormittag nicht in der Schule auf, Sam warf mit ständig wütende Blicke zu und Lukas hielt so viel Abstand zu mir wie nur möglich. Seltsamerweise konnte ich mich nicht wirklich damit beschäftigen. Nicht mit der wütenden Sam und auch nicht mit Lukas. Meine Nervosität konnte ich kaum verbergen, denn mein Bein zuckte unablässig und ich kaute mit die Unterlippe halb durch. In der Mittagspause war es dann Noah, der mich darauf ansprach. „Du bist heute so durcheinander“, stellte er besorgt fest. Ich saß auf dem Boden in der Raucherecke mit einer Zigarette ihm Mund, Noah kniete sich vor mich und auch Sam ließ sich bei uns nieder und sah nicht mehr ganz so wütend aus. Am Ende konnte sie keinem von uns Dreien (Kaito, Noah und mir) lange wütend sein, dafür bauten wir zu häufig Scheiße und machten ihr zu viele Sorgen. „Ja, tut mir Leid“, sagte ich, während ich mein Handy auspackte. Keine neue Nachrichten. Ich öffnete Kaito in den Kontakten und begann eine SMS zu tippen. Erst einmal wollte ich so tun als wüsste ich nichts von dem Treffen und Skys Drogenproblemen, sondern fragte bloß, warum er nicht in der Schule war. „Ist was passiert?“, fragte Noah. „Hmm, die Sache mit Lukas macht mir zu schaffen.“ „Als ich vorgestern bei dir gewesen war, warst du aber nicht so durcheinander“, merkte Noah an und Sam seufzte schwer. „Gaara, wie lange kennen wir uns jetzt schon? Glaubst du, wir würden es nicht merken, wenn du etwas zu verbergen hast?“ Ich blickte die Beiden an. Schon seit Jahren waren wir eine Clique, wir Vier gemeinsam, die besten Freunde, die gemeinsam durch Dick und Dünn gingen. Auch wenn wir uns manchmal stritten, auch wenn Sam häufiger mal sauer auf uns war, auch wenn wir uns gegenseitig schon das ein oder andere Mal ziemlichen Ärger eingehandelt hatten. Am Ende hielten wir immer zusammen, deswegen könnte ich ihnen doch von Kaito erzählen... obwohl wir in letzter Zeit keine richtige Clique mehr waren. Noah verbrachte mehr Zeit mit Hannah und Lukas und Sam war beinahe nur noch bei ihrem Freund, ebenso wie Kaito ständig mit seiner Freundin unterwegs war. Mich hatte man dabei so ein bisschen vergessen. Außerdem würde Sam Kaito direkt eine Standpauke halten, wofür er mir wahrscheinlich dann sauer war und Noah hatte schon genug eigene Probleme, da musste ich ihm nicht noch die von Kaito und mir aufladen. „Es ist nicht Wichtiges“, winkte ich ab. „Ich glaube, ich bin so nervös, weil ich schon wieder was zum Kiffen brauche.“ „Ach Gaara!“ Und Sam hielt mir eine Standpauke. Am Nachmittag, als die Schule dann endlich vorbei war, bekam ich eine Antwort von Kaito. Alles, was er schrieb, war, dass er bis eben geschlafen hatte und scheinbar fand er das auch noch lustig, denn er hatte einen Lachsmiley dahinter gesetzt. Wäre es ihm einfach so passiert, ohne die Drogengeschichte, wäre es auch eine witzige Situation, aber da nun einmal die Drogen daran Schuld waren, dass er so lange geschlafen hatte, konnte ich es nicht lustig finden. Ich fragte ihn, ob wir uns treffen könnten und er schrieb zurück, dass er schon mit Sky verabredet war. „Wir treffen uns doch Samstag“, stand in der SMS. „Könntest du dann etwas früher als die Anderen kommen?“, schrieb ich zurück und Kaito antwortete: „Klar!“ Gut, dann würde ich also am Samstag mit ihm darüber reden... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)