Grimmige Märchen von Inzestprodukt (Ein Märchen-Crossover) ================================================================================ Kapitel 1: Rotkämpfchen ----------------------- „Ich seh das ja gar nicht ein.“ „Darum geht es aber nicht, zieh dich um ich will hier noch mal weiterkommen.“ „Wieso? Du hast Scheiße gebaut und ich leg deswegen nicht meinen letzten funken Männlichkeit ab.“ Daraufhin ein kurzes Schweigen, was größten Teils darauf zurückging, dass Raphael für ein paar wenige Sekunden tatsächlich seine Sprache verloren hatte, als er den Verursacher dieses Satzes von Kopf bis Fuß musterte. Nicht, dass ihm Michaels Kleidungsstil nie aufgefallen wäre, aber… „Du trägst kniehohe Stiefel! Wenn du das als männlich abspeicherst… ich will es gar nicht ausführen müssen.“ „Du kannst mich mal, Mister in-meinem-Kleiderschrank-hat-sich-eine-Safari-verlaufen!“ „Jetzt sei ein Mann und zieh das verdammte Kleid an!“ Besagter Stofffetzen wurde wieder in Richtung des bockigen Rothaarigen geworfen, der ein mittelschweres Schnaufen erübrigte und die Arme vor der Brust verschränkte. Natürlich könnte er es niederbrutzeln und in einen unbedeutenden Aschehaufen verwandeln, aber Geschichten wollten erzählt werden. Sprich wer mit seinen Astralkräften rumpfuschte und sie in eine Art Paradoxon schickte, musste eben statt des von einer riesigen Merkaba erschlagenen Rotkäppchens den Weg auf sich nehmen und Großmutter ihren scheiß Wein bringen. Aus einem für Michael vollkommen unerklärlichen Grund hatte die Geschichte – sprich Kleidergröße – ihn für diese leidvolle Aufgabe auserkoren. Zurück auf Anfang hieß das eigentlich nur, dass sich die zwei Herrschaften nicht einig wurden, wer nun der Schuldige an diesem Schlamassel war und bis eben genau diese Frage geklärt war, war Michael ja sowas von überhaupt nicht arbeitswillig, sollte Raphael sich doch in den Fetzen pressen und dann durch den verkackten Wald stiefeln. Dass der hier in aller Seelenruhe auf ihn warten durfte, setzte dem Ganzen nur noch die Krone auf. Das und die Textphrase unten links in der Ecke, die mit einem verheißungsvollen „Es war einmal…“ anklagend auf ein Umblättern der Seite wartete. Nicht mit ihm. Nicht in einem Kleid! „Ich hasse verschissene Märchen“, ließ seine Bockigkeit verlauten und schielte misstrauisch zu einem Gebüsch, hinter dem er singende Kaninchen vermutete – wobei er „Märchen“ hier mit dem Großkonzern unter Diktatur einer Maus verwechselte. „Die ursprüngliche Idee dahinter war eigentlich ganz nett für die rückständigen Möglichkeiten der Menschen, Erotik zu verbreiten.“ Raphael trat in der Hoffnung näher, dass Michael sich an ihre seit Äonen andauernde Freundschaft erinnerte und ihn nicht in ein Stück Presskohle verwandeln würde, dabei den roten Stoff mit weißer Schürze in der Armbeuge eingeklemmt. Wenn er es schaffen könnte, ihn zu überrumpeln und in den Fetzen zu stopfen… Beäugter Busch ging gerade in Flammen auf und überzeugte Raphael, sein Vorhaben doch noch einmal zu überdenken. „Komm schon ich will heute noch nach Hause.“ „Dann hättest du mich fahren lassen sollen du scheiß Stümper!“ Loderte da eine Stichflamme empor? Raphael könnte schwören, dass ihm gerade der Tod zugewunken und dabei mit einem Feuerzeug gespielt hatte. Trotzig – da Selbsterhaltungstrieb ziemlich gering – schnalzte der Blonde mit der Zunge, bückte sich dann nach dem Korb und inspizierte dessen Inhalt. „Wir könnten warten und uns den Wein genehmigen. Mit etwas Glück kommt immer wieder eine neue Flasche, das Kleid konntest du ja auch nicht zerpulvern.“ Konnte er schon, es kam nur eben immer wieder. Ein genervter Laut, irgendwo angesiedelt zwischen Fauchen und Knurren, entstieg Michaels gereizter Kehle, dann riss er dem Blonden den Korb aus den Händen und zog etwas Kuchen und die besagte Flasche Wein hervor, trat das Flechtwerk in eine Ecke und stapfte dann in bekannter Laune Richtung Wald. „Den scheiß Fuchs oder so brat ich und fress ihn auf“, knurrte er dem innerlich triumphierenden Raphael noch zu, ehe dieser leise summend den Weg zurück zu ihrer kaputten Maschinerie einschlug. Rotkäppchen heilen oder gar wiederbeleben? Wer war er denn, die Wohlfahrt? - Michael hatte sich für die drastische Maßnahme entschieden oder eher dazu genötigt gesehen; zwar wehrte er sich gegen alles Lebende mit einem ordentlichen Stoß Feuer, doch nun waren seine Hände voll und sein angeborener Verteidigungsreflex war: Werfen. Erst flog der Kuchen und erschlug so auf zarte Weise einen Vogel, dann zerschellte die Weinflasche an einem Baumstamm und wurde schnell zur praktischen Waffe umfunktioniert; Geraschel bedeutete entweder Gefahr oder etwas zu essen. Im Idealfall beides. Enttäuschender Weise war es wieder nicht mehr als ein übertrieben flauschiges Nagetier, das er daraufhin in etwas Eingeschmolzenes verwandelte. Er könnte nun zuhause sein und Dämonen aufspießen, stattdessen lief er – nicht einmal zusammen! – mit Raphael durch eine Art Märchenbuch und fühlte sich tödlichst schlecht gelaunt. Und wieder irgendein Vieh, man sollte meinen im Wald herrscht mehr Ruhe. „Wo is die scheiß Hütte“, stöhnte er nach einigen hundert Metern und ließ die zerbrochene Flasche locker am Hals zwischen den Fingern baumeln. Vielleicht konnte er das ganze Ding einfach anstecken, diese Märchensache hatte in seinen Augen schon immer zu wenig Pepp gehabt. Mal etwas Spannung in die Sache reinbringen, konnte sich Arthrose gegen eine Feuerwalze zur Wehr setzen? Ou, man bringe ihm Popcorn! Genervt trat der Feuerengel gegen einige Farngräser und kleine Sträucher, schob sich dann aus reinem Pragmatismus den langen Zopf unter sein Shirt, da er jetzt zum zwölften Mal einen Ast davon entfernt hatte; wieso liefen diese Uschis in der Werbung immer mit Kleidern durch den Wald? Keiner konnte ihm weißmachen, dass ihre Haare sich nicht darin verfingen! „Wenn du einmal in deinem Leben den vorgegebenen Weg laufen würdest, hättest du weniger Probleme mit dem Gestrüpp.“ Die schrecklich desinteressierte Stimme einer ganz bestimmten Person schlich sich in den Gehörgang des Hitzkopfes, der daraufhin erst einmal stehen blieb und dann sämtliche Verteidigungsmechanismen im Kopf durcharbeitete; Waldrodung stand an erster Stelle, der Bastard würde mit ihm verbrennen. „Wer hat dich eingeladen?“ Erst jetzt drehte er sich zu seinem Bruder herum, der an einem Baum lehnte und ganz unpassend in schwarz einen trostlosen Punkt in dieser viel zu farbenfrohen Welt bildete; an den Bäumen und Blumen wurde die Farbskala einfach auf dreihundert geschraubt und Michaels arme, an Wüstensand gewöhnte Augen waren gegen seinen Willen dankbar, Luzifer angucken zu können. „… was ist das da auf deinem Kopf?“ „Ohren aus Fell. Accessoire.“ Nun, er war nie sonderlich gesprächig gewesen aber diese Information verlangte eigentlich nach mehr… ja, Information. „Ich spiele den… Wolf“, sprach seine schwarze Eminenz und schaffte es, mit neutraler Miene Verachtung zu versprühen. Michael stöhnte wieder. „Du Enttäuschung, die ich Zeit deines armseligen Lebens „Bruder“ nennen muss… hättest du nicht einen echten skalpieren können?“ Ein Schulterzucken, dann löste er sich vom Baum und schritt langsam auf den Rotschopf zu, der die abgebrochene Flasche in einer geschmeidigen Bewegung fest in die Hand beförderte und notfalls bereit war, Luzifer zu filetieren. Doch er bekam nur ein Schulterklopfen von ihm und wurde dann einfach stehen gelassen, ehe der Herr der Unterwelt noch einmal stehen blieb und ihn eines Blickes würdigte. „Ich glaub du musst… Blumen pflücken oder so. Und ich geh jemanden… fressen.“ „Wieso machst du bei dieser Scheiße mit?!“ Keine Antwort, dafür bekam er ein demotiviertes Winken und wurde dann wieder alleine gelassen, was seinem ohnehin fragilem Gemüt nicht unbedingt helfen wollte – eine dreihundert Jahre alte Tanne ging in Flammen auf und brannte sich in ihren Tod, als Michael die Flasche zur Seite schleuderte und dann etwas an tempo zulegte; er würde Luzifer einholen, dessen Gesicht über einem Stein abreiben und dann zurück zu Raphael gehen, um genau diesem dann in seinen unverschämten Arsch zu treten. - „Es ist so total unlogisch, dass ich ihn nicht eingeholt habe!“, teilte Rotkäppchen (…) seiner ! Umwelt nun mit und betrachtete das Ziel seiner unterirdisch schlechten Laune; eine Holzhütte im Wald. Eine wahnsinnig kluge Idee, ihn in etwas aus Holz zu stecken. Kurz war Michael versucht zu applaudieren, dann entschied er sich aber fürs Anklopfen – und benutzte dafür seinen Fuß, trat die verdammte Tür mit lautem Krachen auf und hob sie an oberster Stelle aus den altertümlichen, eigentlich sehr robust wirkenden Angeln heraus. Die Augen nahmen den Raum flink wahr – als könnte er sich an den verdammten Text erinnern! Nebenbei fiel ihm auch auf, dass er eigentlich nichts mehr zum Abliefern hatte und mit leeren Händen, dafür aber einer mördermäßigen Wut im Türrahmen stand und nach einem potenziell unschuldigem Sündenbock suchte. „Alter… nicht mal Raphael traut sich so eine Einrichtung zu.“ Ein Rustikaler Stil war ihm nicht vertraut, Platzdeckchen grenzten schon an optische Beleidigung – und er kannte das Schlafzimmer des Pornodoktors! Besser, als ihm zeitweilig lieb war… „Luzifer komm her und lass dir in den Arsch treten ich will nach Hause!“ Beim genaueren Lauschen vernahm er immerhin zwei Stimmen, die es an dieser Stelle des Märchens eigentlich nicht geben sollte. So ging Rotkäppchen (…) anmutig wie ein Bulldozer durch die Wohnstube und befreite auch die Schlafzimmertür vom Umstand einer soliden Befestigung – um sich im nächsten Moment an dieser festzuhalten und in die Hocke zu sinken, da hier unten die Luft nicht so dünn war. Sein Lachen schallte durch den ganzen Raum und wurde nur vom panischen „ich bepiss mich, Hilfe!“ übertönt, als er Raphael im Nachthemd vor sich sah. Dieser katalysierte seine Wut direkt auf den Neuankömmling und warf einen plüschigen Hausschuh nach diesem, was zwar kurzweilig wieder Michaels Aufmerksamkeit, dann aber den nächsten Lachanfall hervorbrachte. „Du siehst so schwul aus, ich kann nicht mehr!“ Es war R O S A, verdammt nochmal! Mit Spitzenbesatz! Und der Rothaarige heulte schon vor Lachen, das war doch nicht wahr! Hatten sie den Blonden also in die Rolle der Großmutter gesteckt? Auch auf Luzifers – natüüürlich war er vor ihm eingetroffen, das war ja auch so logisch! – ansonsten so befreitem Gesicht zeigte sich der Ansatz eines verdrückten Schmunzelns, während der Heiler sich entrüstet den Stofffetzen vom Körper riss und nun in Boxershorts vor sich hindampfte. „Lach nicht so bescheuert!“ Zwecklos, Michael sank nun nach vorne und auf die Knie, klammerte seine Hände noch oben am Türgriff und bemühte sich um Sauerstoff, als der feste Griff des Heilers seinen Oberarm erreichtet und ihn wieder in die Höhe zerrten, ehe er ihn wie mit einer Schraubzange hinter sich herschleifte. „Ich bin eingeschlafen und dann in dem Bett aufgewacht!“, klagte der Windengel und tastete an sich herunter, wo folgerichtig keine Zigaretten zu finden waren und seine schlechte Laune nur noch weiter steigerte. Uncool! Wieder ein fast hysterisches Lachen von Seiten des Feuerengels, der sich das tränennasse Gesicht abwischte und immer wieder versuchte, einen ernsten Eindruck zurückzugewinnen, dann aber seinen Spaß über ihre Freundschaft stellte und erneut losbrach. „Man Mika-Chan halt die Klappe jetzt! ich will weiter und mir was anziehen, das scheiß Märchen kann mich mal!“ „Musstest du auch einen BH anziehen?“ Wieder dieses Losgackern, wofür Raphael ihm fast eine runterhaute und dann doch besinnend schmollte, wieder seine Hand um den Arm des Kleineren schraubte und ihn schweigend mit sich zog – im Wald nur noch das gelegentlich aufflammende Lachen des Feuerengels, der dann, nur um Raphael aufzumuntern, hin und wieder ein paar Bäume in Brand setzte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)