Fragmente der Finsternis von Naenia (Dragon Age / Mass Effect) ================================================================================ Kapitel 1: Solona ----------------- Die Nacht zerbrach in tausend kleine Stücke, verwandelte sich in ein Mosaik aus dunklen Schatten und leuchtendem Giftgrün, in einen Strudel aus entstellten Fratzen und dem Grollen schwarzer Schwingen. Unter ihren Füßen bebte die Erde und etwas wollte sie in die Tiefe reißen, zurück zu dem Ort, an dem das Verderben noch immer lauerte und ihren Namen rief. Das Blut pulsierte in ihren Adern, die Magie brannte unter ihrer Haut und drohte ihren Geist zu verschlingen – dann war der Spuk vorbei und das Zittern ihrer Fingerspitzen verlor sich in den endlos weiten Hallen des Schlosses, verstummte am schweren Stein seiner Mauern. An Schlaf war nicht mehr zu denken, doch der kühle Wind, der sich durch die verschlossenen Fensterläden stahl, schien ihr angenehm einladend. Einladender als das Bett, in dem Alistair vielleicht nicht auf sie warten würde. Teagans Blicke waren ihr nicht entgangen, sein stilles Urteil und das schlechte Gewissen, das ihn gleichzeitig plagte – sie konnte es deutlich in seinen Augen sehen und verstand seine Situation, sein Pflichtbewusstsein und den damit verbundenen Gedanken, das Wohl Fereldens über das einzelner Menschen zu stellen. Aedan war da anders; seine blauen Augen strahlten ihr ehrlich und offen entgegen. Er lächelte tapfer durch die Narben des Krieges hindurch und war ein ebenso deplatziertes Relikt schwärzerer Tage wie sie selbst. „Ich frage mich, was Lady Amell so spät noch durch die dunklen Gänge dieses Schlosses treibt… Vermisst Euch der König nicht?“ Zevrans Stimme war nicht mehr als ein Flüstern und jede Bewegung ein lautloser Schatten. Solona spürte sein Lächeln in ihrem Rücken, die Wärme, die von seiner Nähe ausging und nahm auch den feinen Geruch von Leder wahr, der ihn immer zu umgeben schien. „Ich sehe Euch oft allein in letzter Zeit.“ Sie drehte sich um und sein Lächeln war verschwunden, wich dem besorgten Blick eines Freundes, der die Wahrheit längst kennt. „Es ist die Nacht, und es sind die Bücher. Nichts weiter“, Nur eine Stimme, die mich ruft, Bilder, die mir den Schlaf rauben und das Herz, das bricht. „Und Ihr zieht die kalten Mauern der Wärme eines Bettes vor?“ Das Lachen kam ihr leicht über die Lippen. Es war angenehm mit Zevran zu sprechen, ohne die tadelnden Augen misstrauischer Adeliger auf sich zu wissen. „Was ist mit Euch? Störe ich vielleicht ein mitternächtliches Treffen?“ „Nein, heute Nacht treibt mich ein anderes Verlangen hierher. Es ist die Sehnsucht nach den Schatten, die mich hierher zieht. Ich gehöre nicht hierher, genauso wenig wie Ihr.“ Seine Stimme war ganz ruhig, doch die letzten Worte wie kleine Nadeln in ihrem Ohr. „Ich weiß“, hauchte sie noch, bevor sie selbst die Antwort wahrhaben wollte und dann, als diese Tür sich endlich geöffnet hatte, gab es kein Zurück mehr, „Zevran, es ist nicht vorbei. Das, was wir getötet haben – es war nicht genug.“ Sie sprach nicht von den Stimmen, die nach ihr riefen. Sie erzählte nur von den Träumen, von den Dingen, die jeder Graue Wächter mit einer starken Verbindung zur anderen Seite verstehen würde. Zevran fragte nicht einmal, warum sie die Einzige war, die all das auch jetzt noch sah und glaubte trotzdem jedes Wort. „Man spricht von Unruhen in Amaranthine. Vigils Wacht fordert einen neuen Kommandanten. Ich bin nicht sicher, ob das etwas mit der Verderbnis zu tun hat, aber es klang danach, als würde man Euch dorthin schicken.“ „Woher-?“ „Die Schatten“, unterbrach er die Frage, noch bevor sie sie ausgesprochen hatte, „Man kann alles hören, wenn man nur auf das Echo wartet.“ „Ich sollte gehen“, da war ein stummer Schmerz hinter ihren Augen, ein flaues Gefühl in ihrem Magen und etwas raubte ihr den Atem, „Zu Alistair und nach Amaranthine.“ Die Entscheidung zu gehen, war nicht neu. Es gab nur keinen Grund, der gut genug gewesen wäre, Alistair zu verlassen, denn Liebe war etwas Seltsames, – das hatte sie bereits gelernt – das versuchte gegen alle Hindernisse zu bestehen. Zevran nickte, sie drehte sich um und ließ ihn im Dunkel zurück.   •   Das zugige Schloss schickte Wellen kalten Windes, um ihren Schritt zu beschleunigen, als wollte es sie drängen, damit ihr keine Zeit blieb, ihre Entscheidung zu überdenken. Der Weg war viel zu kurz. Sie lief fast wie in Trance, näherte sich einem Abgrund, aus dem es kein Entrinnen gab, wenn man erst einmal gefallen war.   •   Solona fand Alistair im Bett liegend, er öffnete die Augen nicht bevor er ihr Gewicht neben sich auf dem Bett spürte. Das Knarren der Tür hatte ihn noch nie geweckt. Ihr rotbraunes Haar umrahmte ihrer beider Gesichter, als sie sich zu ihm hinabbeugte. Seine Lippen waren warm und schmeckten nach süßem Wein. Er blickte müde zu ihr herauf und sie bemerkte eine reuevolle Trauer in seinen Augen, die ihr verriet, dass Zevrans Schatten richtig gelegen hatte. „Es ist in Ordnung, ich muss nach Amaranthine. Kommandant der Grauen Wächter, ein Titel, den man sogar einer Magierin zugesteht“, das Lächeln kam ihr nicht leicht über die Lippen und er war im nächsten Moment vollkommen wach. „Du hast davon gehört?“ Seine Finger strichen ihr Haar zurück, kamen auf ihrem Rücken zur Ruhe und hielten sie fest. Solona nickte: „Es wird anders sein, ohne dich.“   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)