Lust'n'Needs von Anemia ================================================================================ Kapitel 28: Nothing Matters --------------------------- Nothing Matters     Es musste so kommen. Es lag bereits den ganzen Abend in der Luft. Dieses verheißungsvolle Knistern, diese beinahe greifbare Spannung. Da war etwas, für das die beiden keine Worte finden konnten. Und die brauchte es auch nicht. Die Musik sprach für sie. Der dröhnende Bass. Die rhythmischen Schläge auf das Schlagzeug, immer und immer wieder, schließlich gedämpft, aber nicht weniger eindringlich. Dieses Lied, das hatte ihren Geist schon vor vielen, vielen Worten ergriffen. Und nun schlug die Wonne auf ihre Körper über. Es war ihr Lied. Sie hatten diese Worte nie in den Mund genommen. Aber auch das war nicht vonnöten. Blicke genügten. Bloße Blicke, die mehr sagten als so manches Wort.   Dass die Situation eskalieren würde, damit hatte keiner der beiden gerechnet. Dies hier war nicht der richtige Ort, und irgendwie war er es doch. Obwohl Hunderte von Menschen ihnen Gesellschaft leisteten, ihre Helden auf der Bühne feierten und sie dadurch etwas miteinander verband, so fühlten sie sich mit einem Mal doch, als wären sie ganz allein. Da war niemand, der in diesem Moment das fühlte, was in ihnen aufwallte. Sie hatten nebeneinander gestanden, ihre Oberarme hatten sich berührt, die ganze Zeit, und jetzt, wo der Drummer die ersten Takte von ihrem Lied schlug, da trafen sich ihre Blicke. Grünes Licht flackerte wie ein Schatten über Caris Gesicht, als sie sich für einen viel zu langen Moment in die Augen schauten. Und durch Jamies Körper fuhr es wie ein Rausch. Eine Flut von Glücksgefühlen. Euphorie. In seinem Bauch. In seinen Armen. In seinen Kniekehlen. Alles in und an ihm war zum Reißen gespannt. Sie waren sich oft nahe gewesen, hatten oft Blickkontakt gehalten, natürlich, schließlich waren sie beste Kumpels. Aber das heute, das unterschied sich von all den Malen davor. Noch nie war die Nähe des anderen so intensiv spürbar gewesen, obwohl sich nur ihre Blicke festhielten. Da war etwas, das Jamie sich zu Cari hingezogen fühlen ließ. Da waren diese Gedanken, die alle auf einmal auf ihn niederprasselten. Er konnte sich schlichtweg nicht mehr sattsehen an dem Gesicht des anderen. Alles an ihm übte eine immense Faszination auf ihn aus. Seien es die leichten Falten auf seiner Stirn, als er den Kopf leicht neigte und Jamie von unten herauf so vielsagend und fragend musterte. Oder seine in tiefem schwarz geschminkten Augen. Immer wieder glitt Jamies bewundernder Blick über seine Züge. Nicht einmal in seinem Kopf fand er Worte, die auch nur annähernd beschrieben hätten, was er empfand. In seinem Hirn flackerten Satzfetzen umher, konfuse Wortgruppen, nackte Interjektionen. Als er tief Luft zu holen versuchte, um wieder etwas zur Beherrschung zu gelangen, da vibrierte der Atem in seiner Lunge.   In dieser Nacht gab es nur Cari für ihn. Er war in seinen verliebten Augen der schönste Mann auf der ganzen Welt.   Das Lied begann, dieses wunderschöne Liebeslied. Als der Sänger seine Stimme erhob, da zerriss das Band zwischen den beiden jäh, nur um sich noch fester um sie zu schlingen. Sie konnten sich nicht länger widerstehen. Das hier, das musste endlich zelebriert werden. Die Gefühle. Diese sich so intensivierte Anziehungskraft, die einen unaufhörlichen Strom von Glücksgefühlen durch ihre Venen pumpte. Denn nicht nur Jamie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Cari ging es nicht anders. Und das, das mussten sie sich nicht sagen. Das spürten sie. Dieser Blick, den sie getauscht hatten, der war anders als all die Blicke davor. Dieser ging tiefer. Er war voller Wünsche, Sehnsucht und sprach eine Einladung aus. Und Jamie war es schließlich, der ihr nachging. Er stürzte sich regelrecht auf seinen Freund, schlang einen Arm um dessen Hüften und griff mit der anderen Hand in sein Haar am Hinterkopf. Ihre Gesichter waren sich mit einem Mal so nah, dass Jamie das Gefühl hatte, überkochen zu müssen, wenn er seinem Verlangen nicht schon im nächsten Moment Luft machte. Gierig schnappte er nach Luft und presste dann seine Lippen ungehalten auf die des anderen. Das war der Augenblick, in dem Jamie körperlich spürte, dass sich auch in Cari die Glut zu lodernden Flammen gewandelt hatte. Er fühlte, wie der andere sich enger an ihn drückte, und keine einzige Berührung schien genug zu sein. Cari wollte Jamie überall fühlen, am liebsten zur gleichen Zeit. Er war so verrückt nach diesem schönen Mann. So sehr, dass er vergaß, dass sie nicht allein waren, sondern noch immer zwischen all den feiernden und jubelnden Menschen in der Menge standen. Als Jamie den anderen irgendwann recht unsanft gegen die Wand drückte, nur um sich dann wieder auf ihn zu stürzen, da gab es nur noch das prickelnde Gefühl ihrer unermüdlich miteinander spielenden Zungen und Caris Hände, die sich sehnsüchtig ihren Weg unter Jamies Shirt bahnten. Und in ihren Ohren, da pochte der sanfte Beat wie ein dritter Herzschlag, da säuselte die weiche Stimme des Sängers verliebte Worte in das Mikrophon. So ein zartes Lied, das solch eine brennende Leidenschaft ausgelöst hatte. Doch es war nicht nur das Lied, das dafür gesorgt hatte, dass sie sich fanden. Es war die Euphorie, die ihre Sinne vernebelt und sie zusammengeschweißt hatte. Eine gemeinsame Leidenschaft glich einem Zauber, mit dem allerdings nur die wenigsten gesegnet wurden. Und manchmal, da spielte es keine Rolle, wem oder was diese Leidenschaft galt. Es genügte, wenn zwei Herzen für dieselbe Sache schlugen. Meist schlugen sie dann auch füreinander.   Zwei Seelen, die sich fanden. Die sich am liebsten miteinander verbinden, verschmelzen wollten. Weil sie längst eins waren.   Und das war das Einzige, was in dieser Nacht von Bedeutung war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)