Gefährliche Leidenschaft von ZERITA ================================================================================ Kapitel 1: Everytime the same ----------------------------- Nachdenklich stand er auf seinem Balkon, zog genüsslich an seiner Zigarette und betrachtete die Leute auf der Straße. Verliebte Pärchen, hektische Anzugträger, Mütter mit ihren Kindern, sie alle zogen an ihm vorbei, schienen glücklich zu sein. Ob diese Menschen auch Probleme hatten? Vielleicht nicht solche wie er, aber ein paar andere? Zero schnippte die Zigarette fort und zog sich das Zopfgummi aus den Haaren, während er wieder in sein Zimmer ging. Er sollte einfach nicht daran denken, gleich würde er wieder für eine Weile glücklich sein. Schnell schälte er sich aus dem Anzug und legte alles ordentlich auf sein Bett. Heute würde er eh nicht hier schlafen. Bei dem Gedanken schob sich ein Lächeln auf seine Lippen. Gleich würde er wieder bei Karyu sein. Noch einmal betrachtete er sich im Spiegel. Durch die dunkel geschminkten Augen und die komplett andere Kleidung war wirklich nicht mehr viel von seinem eigentlichen Ich über. Dennoch zog er sich gerne so an, die enge Leggings die eher wie eine Strumpfhose wirkte, betonte seine schlanken Beine, der kurze Rock ließ seinen Po noch knackiger wirken. Während er gekonnt von seiner nicht vorhanden Oberweite ablenkte, indem er seinen Bauchnabel zeigte und der Cardigan seinen Körper umspielte. Abgerundet wurde das alles durch kniehohe Stiefel mit einer Kombination aus Schnallen und Schnürung, dazu eine aufgestylte Haarmähne. Er war spät dran. Schnell zog er sich einen langen Mantel über und schnappte sich seine Tasche. Damit niemand ihn sah, nahm er die Feuertreppe, die an seinen Balkon grenzte. Eilig lief Zero durch ein paar kleinere Gassen, überquerte eine Straße und war dann schon in der Nähe der Harajuku-Station. Bis zum Meiji-Schrein war es nicht mehr weit. Die neutrale Zone, genauso wie der Yoyogi-Park. Hier würde Karyu ihn abholen, wie immer. Kaum hatte er an seinen Liebsten gedacht, fuhr auch schon dessen dunkle Limousine vor. Der Wagen hielt und ein großgewachsener Mann in einem schwarzen Anzug stieg aus. Angespornt lief Zero zu dem Wagen, warf sich in die Arme des Größeren. „Nicht so stürmisch Michie!“, lachte Karyu und drückte ihn an sich. Dank seiner etwas höheren Stiefel war er fast auf Augenhöhe mit seinem Schatz und konnte diesem so einen Kuss auf die Lippen hauchen. „Schon gut, schon gut. Los rein mit dir!“ Er nickte und stieg in den Wagen, gefolgt von seinem Freund, welcher gleich mal die Trennscheibe zum Chauffeur mit einem Knopfdruck höher fahren ließ. „Gar nicht so einfach ‚die‘ Stumme zu spielen, wenn ich dich nach langer Zeit wiedersehe“, wisperte Zero und streichelte sich durch die Haare. „Aber der einzige Weg, damit nicht auffällt, dass du ein Kerl bist.“ „Du könntest auch einfach deinen Job an den Nagel hängen oder zu uns kommen, dann wäre es auch kein Problem mehr“, warf er beiläufig ein und lächelte den Größeren an. „Zero, du weißt, dass das nicht…“ „Du hast dir die Haare gefärbt oder? Sie sind heller als sonst“, unterbrach er seinen Freund, weil er einfach keine Lust auf irgendwelche Diskussionen hatte, die sie sowieso schon mehrfach geführt hatten. „Ja, ich hab es jetzt mal mit einem Ton versucht, der irgendwo zwischen blond und hellbraun liegt. Gefällt es dir?“ Nachdenklich betrachtete er seinen Freund, setzte sich auf dessen Schoß, um genauer sehen zu können. „Doch, ist ganz ansehnlich.“ Lachend blieb er auf Karyu sitzen, welcher ihm ein Geschenk reichte. „Ich hab mir gedacht, dass macht deine Maskerade komplett.“ Bei den Worten musste Zero eine Augenbraue heben und öffnete das Geschenk, welches wohl aus zwei Teilen bestand. Das eine war ein Schmuckset, bestehend aus einer Kette, einem Armband und Ring. Natürlich feminin gehalten. „Die Leute wissen, dass ich das für meine Freundin gekauft habe, damit zeigen wir also nur noch mehr, dass wir zueinander gehören“, erklärte der Größere und legte Zero den Schmuck an. „Dennoch ist es mir nicht ganz recht, wenn du mir so teure Dinge schenkst“, murmelte der Kleinere und packte nun den zweiten Teil aus. „Ein Videotelefon? Wozu das denn? Mein Handy funktioniert einwandfrei!“ „Ja, es funktioniert einwandfrei, aber jetzt stell dir vor du läufst so wie jetzt durch die Straßen mit deinem normalen Telefon und quatscht drauf los. Wenn dich jemand von mir sieht, glaubt der doch niemals, dass du stumm bist. Damit kannst du so tun als ob du nur gestikulierst oder so.“ „Das wird ja immer komplizierter“, seufzte er und kuschelte sich an Karyu. „Was tut man nicht alles für die Liebe“, fügte er noch hinzu. „Allerdings bekomme ich in letzter Zeit wirklich das Gefühl, dass dir die Verkleidung gefällt. Ständig schenkst du mir irgendetwas.“ Karyu zuckte mit den Schultern und streichelte durch die Wuschelmähne seines Liebsten. „Ich habe mich damit abgefunden, das ist alles. Das Kleid von letztens wirst du wohl aber nie tragen, oder?“ „Nein, das liegt an den falschen Stellen eng an und kaschiert nichts. Da fällt sofort auf, dass ich flach wie ein Brett bin und eine Beule im Schritt habe. Ich werde mich nämlich in keinen BH zwängen und mir unten rum auch nichts wegklemmen, kleben oder sonstiges. Allerhöchstens ziehe ich es mal an, wenn wir beide alleine sind, aber sonst nicht.“ Das Kleid war ja wirklich hübsch, das musste Zero ja einsehen, aber es war eben wirklich nur für Frauen geeignet. Beim nächsten Mal sollte Karyu eben einfach mit ihm zusammen so etwas kaufen gehen, dann könnten sie solche Probleme vorbeugen. Der Größere seufzte schwer, weswegen er ihn verlangend küsste, sich nun breitbeinig auf dessen Schoß setzte. Sie sollten ihr Wiedersehen feiern, anstatt über irgendwelche Dinge zu diskutieren die belanglos waren. Karyu schien dies ebenso zu sehen, dessen starke Hände krallten sich in seinen Hintern, pressten ihn noch näher an den Blonden. Der Wagen stoppte und es folgte ein Klopfen, dann ließ der Chauffeur die Trennscheibe wieder runterfahren. „Wir sind jetzt am Anwesen“, meldete dieser, weswegen Zero sich von den sündigen Lippen lösen musste. Er bekam noch einen Klaps auf den Allerwertesten, dann stieg er von dem Größeren runter. Schon routiniert zückte er einen Spiegel und Lippenstift, malte sich die Lippen nach, während der Größere versuchte den Lippenstift aus seinem Gesicht zu bekommen. Zero hatte daran Gefallen gefunden, vor allem dann, wenn sie auf eine Party gingen, wo alle Weiber seinen Freund anmachten. Da er ja die Stumme spielte, konnte er wohl kaum mit Worten die Bordsteinschwalben von seinem Eigentum fernhalten, aber so ging das auch ganz gut. „Kommst du, Michie?“, erkundigte sich Karyu und hielt ihm die Hand hin, welche er nickend annahm. Ja, wenn der Größere wollte, konnte er ganz der Gentlemen sein. Im Haus wurde sie wie gewohnt von dem gesamten Clan begrüßt, für den Kleineren war das immer noch unangenehm. Natürlich kannte er das auch, aber das hier war eine vollkommen andere Situation. Also beeilte sich Zero aus seinen Stiefeln herauszukommen und schlüpfte in, mittlerweile, seine eigenen Hausschuhe, um dann mit Karyu in dessen Zimmer zu gehen. Viel reden durfte er jetzt wirklich nicht mehr, sonst würde seine Maskerade zerfallen. Kaum das er im Zimmer seines Freundes war, schubste dieser ihn auch schon ins Bett. Leise glucksend rollte er sich auf den Rücken und räkelte sich für seinen Liebsten. „Du warst nur ungefähr 15 Stunden nicht bei mir und doch kann ich jetzt nur noch an das eine denken, danach können wir uns etwas für das Abendessen überlegen“, raunte Karyu und kam zu ihm ins Bett. ~*~ Ungeduldig klopfte er, aber sein Bruder reagierte nicht. Tsukasa ahnte schlimmes. Schnell trat er in das Zimmer. Chaotisch wie immer sah es dort aus, aber sein Bruder fehlte, während dessen Anzug noch immer hier war. „Jetzt ist der schon wieder ausgeflogen, irgendwann kette ich ihn fest! Der macht nur Ärger!“, grummelte er und stapfte aus dem Zimmer. Konnte sein Bruder nicht etwas Verantwortungsbewusstsein zeigen? Ausgerechnet mit einem von ihren ärgsten Feinden musste sich Zero einlassen. Tsukasa wusste schon jetzt, dass es sie in Teufelsküche bringen würde. „Don“, sprach ihn einer der Untergebenen an, welchen er nur mit einem kalten Blick anstarrte. Der Yakuza aus einer der unteren Gruppen schluckte etwas. „Der Wagen ist vorgefahren“, nuschelte dieser dann noch leise, ehe er sich eiligst entfernte. Er fuhr sich durch das lange Pony, verdeckte damit wieder sein linkes Auge. Eigentlich hatte er seinen Bruder mitnehmen wollen, aber nun würde er sich eben alleine amüsieren. Dann könnte er sich vielleicht auch mehr mit der niedlichen Bedienung beschäftigen. Bei diesem Gedanken schob sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen, ehe er sich diese befeuchtete. Ja, die Bedienung hatte es ihm angetan, warum auch immer. Noch immer in seinem Anzug setzte er sich auf die Rückbank des schwarzen Mercedes. Natürlich war es auffällig in einem solchen ausländischen Protzwagen herum zufahren, aber so waren die Yakuza eben. Er kannte keine Gruppe die dies nicht tat. Gelassen nannte er dem Fahrer die Adresse und lockerte seine Krawatte, wobei Tsukasa die Füße ausstreckte. Der Wagen war zwar noch weitentfernt von einer Stretch-Limousine, aber dennoch gab es wesentlich mehr Beinfreiheit als in einem herkömmlichen Auto. Es war eben der Luxus, den man hatte nachdem man in der Hierarchie aufgestiegen war. Lange hatte es gedauert und nicht selten waren Zero und er verzweifelt, dennoch hatten sie es jetzt geschafft. Während sein Bruder mit seinem jetzigen Status ganz zufrieden schien, diesen sogar aufs Spiel setzte mit seiner Liebschaft, wollte er höher hinaus. Tsukasa war ehrgeizig, wenn, dann wollte er nach ganz oben und die Chancen standen gut, sehr gut. Harte Arbeit, ein starker Wille und ein verdammter sturer Dickschädel machten es möglich. Mittlerweile stand er auf der Nachfolgerliste, sollte ihr momentaner Clanführer sich irgendwann zurückziehen, wäre er einer der Anwärter. Noch hatte dies aber Zeit, welche er nutzte um sich weiter verdient zu machen. Für heute hatte er aber erst einmal einen freien Abend eingeplant. Ganz so frei war dieser natürlich auch nicht, da er dabei ihre Host- und Hostessenclubs abklappern würde, um nach dem Rechten zu sehen. Eigentlich müsste Tsukasa das gar nicht tun, da er in seiner Position einfach ein paar niedere Yakuza beauftragen könnte, aber da war eben jemand, der das ganze reizvoll machte. Außerdem freuten sich die Hostessen immer wenn er da war, ebenso genoss er es von einer Schar hübscher Frauen umringt zu sein. Gelangweilt sah der Yakuza aus dem Fenster und betrachtete dann sein Spiegelbild in den getönten Scheiben. Wie er schon wieder aussah, so konnte er sich nicht blicken lassen. Mit wenigen Handgriffen zupfte er sich die Haare wieder in Form. Gerade rechtzeitig, denn der Wagen hielt schon vor dem ersten Club. Es war nur ein Host-Club, zwar einer für reichere Damen, aber in der Regel gab es hier keine Probleme. Elegant stieg er aus dem Wagen und wurde sofort vom Leiter empfangen, welcher fast schon vor ihm zu Kreuze kroch. Wenn Tsukasa ehrlich war, gefiel es ihm, dass fast alle Leute Angst hatten. Häufig mussten diese sogar nur seinen Namen hören. Gleichgültig lief er in den Club, beachtete den Betreiber nicht einmal wirklich. Auch drinnen begegnete man ihm mit Ehrfurcht. Nur einige wenige Hosts waren entspannt und begrüßten ihn eher normal als unterwürfig. Diese Hosts waren aber auch die, die am meisten Geld einbrachten, da durften diese sich ein paar kleinere Privilegien erlauben. Danach unterhielt er sich noch etwas mit ausgewählten Leuten, wollte die aktuelle Lage wissen, ob es Probleme gäbe. So verlief es auch in den weiteren Clubs. Beim letzten Club würde er jetzt etwas mehr Zeit haben. Unbewusst fing Tsukasa an zu grinsen, alleine der Gedanke beflügelte ihn. Höflich und zuvorkommend hießen ihn die Hostessen willkommen, scharrten sich um ihn. Mit einigen der Mädchen suchte er sich dann eine Ecke. Sein eigentliches Opfer hatte er auch schon erspäht. Der neue Kellner. Der Kurze schien noch nicht wirklich Ahnung zu haben, wer er, Tsukasa, war, da dieser ihn immer wieder anfauchte. Tsukasa ließ es sich nicht nehmen den Kleineren ständig zu ärgern, dazu machte das einfach zu viel Spaß. „Ey, Neuer, eine Flasche Don Perigon! Und zwar zackig!“, rief er diesem zu. Dass dieser Hizumi hieß, wusste er, aber deswegen musste er ihn ja nicht so rufen. Der Kleine drehte sich auch schon wieder garstig blickend nach ihm um. Tsukasa musste sich schon eingestehen, dass der Neue in der dunklen Stoffhose, dem hellblauen Hemd und der weißen Weste gut aussah. Sie hatten viele Kellner in dem Laden, einfach um den Frauen hier Sicherheit zu geben, wenn mal ein Gast ausfallend werden würde, aber keinem stand das Outfit so gut. Den Kleinen hatte er schon öfter mal in Akihabara gesehen, weshalb der Yakuza ganz erstaunt war, als ausgerechnet Hizumi hier zu kellnern anfing. Da fiel ihm auf, dass er schon eine Weile nicht mehr in dem kleinen Elektroparadies gewesen war. Das würde er mal auf seine To-do-Liste setzen. Tsukasa wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Hizumi die Flasche Champagner mit Nachdruck auf dem Tisch abstellte. „Bitteschön der Herr! Sonst noch Wünsche?“, patzte der Kleine ihn an, was dem Yakuza ein Lächeln entlockte. „Ach Kurzer, ich hab noch so einige Wünsche, aber bei deiner ruppigen Art bezweifele ich, dass du mir diese erfüllen könntest. Was aber nicht so schlimm ist, da die hübschen Mädels hier das sicher mit Freude übernehmen. Jetzt beweg deinen kleinen Hintern wieder an die Arbeit!“ Er konnte sehen, dass Hizumi noch etwas erwidern wollte, aber da die Hostessen nun mit einem „Tsukasa-sama“ um seine Aufmerksamkeit bettelten, unterließ der Kellner das. Während er sich mit seinen ausgewählten Hostessen beschäftigte, beobachtete er dennoch immer wieder den Kleineren unauffällig. Irgendetwas faszinierte ihn an dem Zwerg. Womöglich war es nur die Tatsache, dass dieser nicht vor Angst erzitterte, obwohl das daran liegen konnte, weil dieser nicht wusste, dass er sich mit einem Yakuza anlegte. Dennoch gefiel es ihm. Auch wenn der Laden ihrem Clan gehörte, bezahlte er den Getränketeil der Rechnung, schließlich wollte er nicht zu viele Vorteile durch seine Position herausschlagen. Außerdem war so eine Rechnung ohne den Teil für die weibliche Gesellschaft auch nicht wirklich teuer. Mit einem dreisten Grinsen wuschelte er Hizumi noch durch die Haare und gab diesem einen kräftigen Klaps auf den Hintern, so dass dieser leicht jammerte. Die Frauen, die ihn zur Tür begleiteten, glucksten nur. Wahrscheinlich glaubten sie noch immer, dass er das nur zu ihrer Belustigung tat. Aber es machte ihm durchaus auch Spaß, sehr viel sogar. Wieder im Auto zückte er sein Handy und durchforstete ob er etwas Wichtiges verpasst hatte. Doch es sah gut aus. Solche Abende liebte er und er genoss sie. Dennoch blieb immer ein kleiner Funken Besorgnis über, wenn sein Bruder bei diesem Karyu war. Von allen möglichen Leuten in die sich Zero hätte verlieben können, musste es ausgerechnet ein hoher Yakuza ihrer schlimmsten Feinde sein. Ausgerechnet Karyu, dieser lange Lulatsch. Von dem hatte er schon viel Schlechtes gehört, gerade in Bezug auf Beziehungen und ähnliches. Wenn dieser Fatzke seinem kleinen Bruder das Herz brechen würde, würde er persönlich für den nächsten Clan-Krieg sorgen. »Hey Zero, alles klar bei dir? Wenn was ist, sag Bescheid und ich hol dich ab! Pass auf dich auf! Kasa« Eine seiner Standardnachrichten, die er seinem Bruder schrieb, wenn dieser sich davon geschlichen hatte. In der Regel bekam er keine Antwort darauf, wodurch er wusste, dass alles in Ordnung war. Bisher war es nur einmal vorgekommen, dass Zero ihm geantwortet hatte. Da war dieser gerade auf dem Heimweg gewesen und wurde von irgendwelchen Typen verfolgt sowie angepöbelt. An sich konnte sich sein Bruder auch alleine wehren, scheinbar hatte dieser sich nur etwas zu sehr mit seinem Freund vergnügt gehabt, sodass er sich kaum bewegen konnte. Tsukasa war damals noch gerade rechtzeitig gekommen, andernfalls wäre wohl sonst was passiert. Gut Zero war ja selber schuld, wenn der sich so nuttig anziehen musste. Vielleicht war es für ihn so offensichtlich, weil er Zero kannte, aber das bei Karyu niemand erkannte, dass das keine Frau sondern ein Mann in den Klamotten war, verwunderte ihn immer noch. Das zeigte ihm nur wie dämlich der Yamato-Clan eigentlich war. Eigentlich hatte er auch schon daran gedacht, die Position von Zero auszunutzen, damit dieser ein paar Informationen einholen könnte, aber das war ihm dann doch zu gefährlich. Wer wusste schon, was die mit seinem Kleinen anstellen würden, wenn dieser aufflog. Kapitel 2: Fighting spirit -------------------------- Erschöpft war Zero nach dem ausgiebigen Bettsport eingeschlafen und wurde nun durch sein Handy wach, was sich erdreistete zu klingeln. Am Klingelton erkannte er, dass es Tsukasa gewesen sein musste. Die Standardnachricht sicherlich. Er musste schmunzeln, als er sah wie Karyu leicht mit der Nase wackelte. Viel zu selten hatte er die Gelegenheit seinen Freund beim Schlafen zu beobachten. Kurz sah er auf die Uhr, es war halb zwölf. Irgendwie hatte er glaubt, dass es später wäre. So blieb ihm wenigsten noch genug Zeit zum Kuscheln, was er auch gleich mal tat. „Michie?“, hörte er Karyu leise murmeln. „Ja, schon gut. Schlaf weiter“, wisperte Zero und schloss selber die Augen. Die starken Arme schlangen sich wieder enger um seinen Körper, pressten ihn fester an Karyu. Manchmal konnte man fast glauben, dass der Größere Angst hatte, er würde über Nacht einfach verschwinden. Als Karyus Wecker Stunden später klingelte, warf er sich murrend auf den Größeren und versuchte das nervige Teil auszuschalten. Sein Freund ächzte unter dem plötzlichen Gewicht, rollte sich dann aber mit ihm herum, noch bevor er den Wecker hatte abstellen können. Während dieser also fröhlich weiter Krach machte, fühlte er schon wieder die weichen Lippen auf seinen. Genießend schlang er die Arme um Karyus Hals und erwiderte den Kuss. Als jedoch schon wieder die langen Finger an ihm hinab glitten, löste er sich. „Na na, wenn gleich jemand reinkommt und das sieht“, gluckste er im Flüsterton, woraufhin der Blonde die Unterlippe schmollend vorschob. Zero hingegen rollte sich aus dem Bett und zog sich schnell seine Sachen an. Ihm wäre es lieber gewesen, wenn er einmal mit seinem Schatz hier hätte duschen können, aber die Gefahr, dass jemand ihn dann sah, war einfach zu groß. Routiniert nahm er ein kleines Schminktäschchen zu Hand und drückte seinem Liebsten noch einen Kuss auf, dann verschwand er, um sich auf zu hübschen. Es war noch früh, aber genau das musste so sein. Zero musste auch nach Hause, sich fertig machen und dann zusammen mit seinem Bruder arbeiten. Irgendwann würde er mit Karyu mal eine Reise machen, nur sie zwei, und dann würden sie all das nachholen. Gemeinsam duschen und frühstücken, spazieren gehen, eben was normale Paare so machten. Wieder im Zimmer sah er den Größeren verwirrt an, plötzlich schien dieser etwas zerknirscht zu sein. „Alles in Ordnung, Karyu?“, flüsterte er und schien den Blonden so aus seinen Gedanken zu holen. „Ja, ich denke schon. Es ist nur…“ Zero ging dichter zu seinem Freund und versuchte sich an diesen zu schmiegen, jedoch hielt dieser ihn auf Abstand. Das irritierte ihn. Es war das erste Mal, dass Karyu so etwas tat. „Sieh dich an, sieh uns an! Wir tun so viel dafür alles geheim zu halten, dass wir kaum eine Beziehung haben. Es ist anstrengend und ermüdend. Jedes Mal ist es ungewiss, ob wir uns abends sehen können oder nicht und dann musst du in aller Frühe schon wieder verschwinden. Ich weiß nicht, wie lange ich das noch durchhalte. Vielleicht sollten wir…“ Während Karyu sprach, wurden seine Augen größer. „Was sollten wir? Machst du gerade Schluss mit mir?“, nuschelte er und musste sich zwingen leise zu reden. Sein Kopf schwirrte und in seinem Inneren fing etwas an zu brodeln. Unwillkürlich musste er daran denken, dass Karyu sich bisher immer auf eine bestimmte Art und Weise von seinen Freundinnen getrennt hatte. Erst gab es Geschenke und dann die Abfuhr. Die Geschenke hatte er ebenfalls bekommen und jetzt wurde er wohl vor die Tür gesetzt. „Nein, das will ich damit nicht sagen… Ach, ich weiß auch nicht“, seufzte der Blonde und fuhr sich mit der rechten Hand über das Gesicht. Zero ballte die Hände zu Fäusten. „Du weißt nicht, ob du noch mit mir zusammen sein willst oder nicht? Ich hab mich für dich verkleidet, damit wir überhaupt Zeit miteinander verbringen können und was machst du? Du behandelst mich wie alle meine Vorgängerinnen. Fickst mich, bis dein Interesse nachlässt, beschenkst mich, um mich gütig zustimmen, dann eine letzte Nacht, ehe du mich wegwirfst. Ich habe nicht vergessen, dass du mir das erzählt hast. Allerdings habe ich gehofft, dass ich dir mehr Wert bin. Das du mich wirklich liebst… Ich war so dumm und naiv!“, zischte er und löste sich. Er hätte es wissen müssen. Er hätte auf Tsukasa hören sollen. Angewidert packte er seine Sachen zusammen. Er hasste sich gerade selber für seine Dummheit und dafür, dass er blind gewesen war. „Michie, du weißt genau das das nicht stimmt! Lass mich erklären!“, versuchte Karyu auf ihn einzureden. Der Größere versuchte ihn festzuhalten, sein Gesicht zu sich zu drehen. Doch die Wut war größer. Kurzerhand schlug er dem Blonden mit der Faust ins Gesicht. Er hörte, dass etwas unter seinen Fingerknochen knackte, wie Karyu aufstöhnte. Aber für ihn war das egal. Gleichgültig hetzte er aus dem Zimmer über den Flur zum Eingangsbereich. So schnell er konnte zog Zero sich die Stiefel an, schloss den Reißverschluss nur zur Hälfte und verließ das Anwesen. Noch immer konnte er nicht fassen, was da gerade passiert war. Dieser verdammte Hornochse hatte doch tatsächlich mit ihm Schluss gemacht wie mit allen anderen Tussis vor ihm. Wie dreist konnte man sein. Hoffentlich hatte er ihm die Nase gebrochen oder das Gesicht anderweitig entstellt. Selbst auf dem längeren Fußmarsch zum Shinagawa-Bahnhof kochte er noch. Es wollte ihm einfach nicht in den Schädel rein. Unbewusst hielt er sein Handy fest umklammert. Hätte Karyu ihn zurück gewollt, hätte dieser sicherlich schon versucht ihn zu erreichen, aber sein Handy blieb stumm. Dank seiner Suica hatte er die Ticketkontrolle schnell hinter sich gelassen und war in die erstbeste Linie gesprungen. Er musste sich beruhigen. In der Bahn zog er sich erst einmal die Stiefel ordentlich an und öffnete dann die Nachricht von seinem Bruder. »Bin schlecht drauf und auf dem Weg nach Yokohama. Brauch einen Moment Abstand. Zero« Wahrscheinlich würde Tsukasa mit der Nachricht schon im Dreieck springen. Sein Bruder hatte über all die Jahre immer sofort gewusst, wenn etwas mit ihm nicht stimmte. Dieses Mal sicherlich auch. Auf der Fahrt passierte nicht viel. Leute stiegen aus und andere ein. Er hatte seinen Platz für sich alleine und das war auch gut so. Also döste er etwas vor sich hin. „Der nächste Halt ist Sakuragichou. Die Türen auf der rechten Seite werden sich öffnen. Bitte achten Sie auf den Spalt zwischen der Tür und dem Bahnsteig!“, lauschte er der Ansage. Ja, hier würde er aussteigen. Jetzt war es nicht mehr weit zu seinem Lieblingsort. Zielsicher verließ Zero das Gleis, zog sich am Automaten noch schnell einen heißen Kaffee in der Dose und passierte dann die Fahrkartenkontrolle. Er schlenderte gemächlich über den Platz hinüber zu den Rolltreppen und den Laufbändern. Da es noch recht früh am Morgen war, war das Kaufhaus, welches er durchqueren musste so gut wie leer. Vorbei am Cup Noodle Museum und dem kleinen Vergnügungspark spazierte er auf die Überführung zu. Für einen kleinen Moment haderte er mit sich und nahm dann doch die Treppe anstatt den Aufzug. Jetzt sah er seinen Lieblingsort schon. Die Akai Renga. Viel weniger interessierten ihn da die zwei Gebäude aus roten Ziegeln, als der Platz am Wasser. Ein leichtes Lächeln legte sich dabei auf seine Lippen. Der Blick aufs Meer beruhigte ihn und er mochte die Yokohama Baybridge irgendwie. Unbewusste ging Zero etwas schneller, lief zwischen den beiden Ziegelgebäuden hindurch, direkt auf das glitzernde Wasser. Das leise Rauschen der Wellen beruhigte ihn ebenso wie der Blick in die Ferne. Seufzend schloss er die Augen und entspannte sich, während seine Hände das Geländer umklammerten. Ohne das Karyu es gewusst hatte, hatte er diesen damals hierher gelotzt, um von hier aus ihr erstes richtiges Date zu starten. Damals hatte er sich noch nicht als Frau verkleidet, weil sie beide nicht gewusst hatten, wer der jeweils andere eigentlich war. Am Ende ihres Dates waren sie sich insoweit näher gekommen, dass sie eigentlich schon ein Paar waren. Sie hatten ihr Date hier angefangen und beendet. Ganz kitschig und klassisch gab es dann noch einen Kuss, als die Sonne unterging. Er wünschte es hätte so bleiben können, vielleicht nicht ganz so kitschig, aber so im Großen und Ganzen schon. Natürlich hatte Karyu Recht, die Sache mit dem Verkleiden und die ständige Angst entdeckt zu werden, war alles andere als leicht, aber Zero hatte immer geglaubt, dass sie das schon irgendwie schaffen würden. Seufzend sah er auf seine Hände. Er trug noch immer den Schmuck, den er am Abend zuvor von Karyu erhalten hatte. Seine Finger zitterten leicht, als er das Armband, den Ring und die Kette löste. Wenn er es doch nur vorher gemerkt hätte. „Zero…“ Er zuckte zusammen, als er so überraschend seinen Namen hörte und ihm im gleichen Moment ein Mantel um die Schulter gelegt wurde. „Frierst du nicht in den Klamotten?“, erkundigte sich Tsukasa und trat neben ihn. „Nur ein bisschen… Hab ich dich geweckt?“ Sein Bruder zuckte mit den Schultern und winkte ab, allerdings sprachen die verwuschelten Haare und die noch müden Augen Bände. „Du weißt genau, dass ich nie gut schlafe, wenn du bei ihm warst. Habt ihr euch gestritten?“ Kurz sah Zero zu Boden, richtete seinen Blick dann aber wieder in die Ferne, während er den Mantel enger um seinen Körper schlang. „Du hattest Recht… Es war einfach nicht für die Ewigkeit gedacht…“, murmelte er nur und versuchte sich dann an einem Lächeln. „Ich schlag ihm den Schädel ein!“, knurrte Tsukasa aufgebracht, weshalb Zero sofort seine Hände auf die Oberarme seines Bruders legte. „Nein! Lass das! Ich will keinen Streit wegen so etwas. Wir haben wichtigeres zu tun, als uns um so etwas zu kümmern.“ Sein Bruder schien sich nicht wirklich mit dem Gedanken abfinden zu wollen und knurrte noch etwas vor sich hin. „Im Wagen hab ich andere Klamotten für dich und hier ist dein Zopfgummi, so kann ich dich ja nicht mit nach Hause nehmen“, murrte sein großer Bruder und reichte ihm das Haarband. Mit wenigen Griffen machte Zero sich einen Zopf und lächelte dann leicht. Vielleicht war es gut, wenn er das alles vergessen würde. Nicht mehr an Karyu zu denken. Zu hoher Wahrscheinlichkeit lachte dieser sich sicher gerade ins Fäustchen wie gut er doch mit ihm gespielt hatte. Ihn dazu gebracht hatte sich zu verkleiden, wieder und wieder. „Lass uns gehen“, murmelte er deswegen nur. Er wollte raus aus den Sachen, sich das Make-up aus dem Gesicht wischen und wieder der sein, der er eigentlich war. „Michie! Warte!“ Verwirrt drehte er sich um, als Karyus Stimme zu ihm drang. Was machte der hier? Wollte dieser ihn noch weiter demütigen? Hinter ihm hörte er seinen Bruder schnauben. Der Größere kam auf sie zu gelaufen und blieb etwas außer Atem vor ihnen stehen. „Du hast mich vollkommen falsch verstanden. Das heute Morgen war nicht geplant, es waren Gedanken die ich dir mitteilen wollte“, versuchte Karyu zu erklären und griff nach seiner Hand. Doch Tsukasa zog ihn zurück, schlug die Hand beiseite. „Pfoten weg! Oder es setzt was!“ „Was mischt du dich da ein Tsukasa? Das ist eine Sache zwischen mir und Zero!“ „Ich pass eben auf meinen kleinen Bruder auf und du bist mir schon eine Weile ein Dorn im Auge!“ Seufzend schüttelte Zero den Kopf. „Schluss damit!“, befahl er und stellte sich zwischen die beiden. „Es ist okay Karyu, wahrscheinlich ist es besser so. Hier das gehört dir.“ Er legte dem Größeren den Schmuck in die Hand und betrachtete noch einmal dessen Gesicht. Sein Schlag von vorhin, musste gesessen haben. Die Nase des Yakuza sah etwas schief aus, außerdem klebten noch ein paar Blutspritzer in dessen Gesicht. Es war so wohl wirklich das Beste. Kurz schenkte er seinem Exfreund noch ein Lächeln, ehe er sich abwandte und mit Tsukasa in die Richtung ihres Wagens ging. „Michiya, nicht! Lass das nicht so enden! Lass uns darüber reden!“, hörte er Karyu hinter sich rufen. Wenn er ehrlich war, hätte er sich gerne umgedreht, sich wieder in Karyus Arme geworfen, aber dieser Kreislauf hätte sich wiederholt. Wieder und wieder ohne einen Weg der Besserung. So schwer es ihm auch fiel, Zero sah nicht noch einmal zurück. Schweigend stieg er in den Wagen. Es war vorbei. Die stumme Geliebte Michie, die sich auf einen Yakuza eingelassen hatte, würde nun in Vergessenheit geraten. Zusammen mit Zero stieg Tsukasa aus dem Wagen. Sofort stürmte eine kleine Horde Hostessen auf sie zu. „Tsukasa-sama, Sie sind heute ja wieder da und Zero-sama haben Sie auch mit gebracht“, trällerten diese fröhlich und begleiteten sie hinein. „Und du bist dir sicher?“, erkundigte er sich bei Zero, welcher gleichgültig den Frauen folgte. „Ja, ich muss mich ablenken und mit so hübschen jungen Dingern geht das am besten.“ Tsukasa bemerkte das aufgesetzte Grinsen seines Bruders, der verzweifelt versuchte glücklich auszusehen. Oh wie er Karyu dafür hasste. Natürlich hatte er versucht herauszubekommen, was passiert war, aber der Jüngere schwieg. Einzig die Tatsache, dass sein Bruder diesem langen Lulatsch scheinbar die Nase gebrochen hatte, stimmte ihn versöhnlich. Ihm wäre es lieber gewesen, wenn sie Karyu jeden einzelnen Knochen gebrochen und dann mit einem Betonquarder am Bein ins Meer geworfen hätten. Vielleicht hätte er ja anderweitig einmal die Chance sich zu revanchieren. „Ah, mein Lieblingsopfer ist auch da~“, bemerkte er leise, als er Hizumi durch die Reihen gehen sah. „Dein Lieblingsopfer? Der Zwerg da? Ist der neu?“ „Man merkt du warst eine Weile schon nicht mehr hier, Zero. Ja, den Knirps mein ich.“ Sie ließen sich auf ein Sofa fallen. Während er gelassen die Beine übereinander schlug schnappte sein kleiner Bruder sich eine der Hostess, um diese auf seinen Schoß zu ziehen. So hatte er seinen Bruder in Erinnerung. Beliebt bei den Frauen und immer darauf bedacht, sich von diesen verwöhnen zu lassen. „Hey Hizu-chan, du Zwerg, bring uns eine Flasche Don Perignon für die Damen und zwei Whisky für uns“, befahl er seinem Lieblingskellner, welcher sich gleich kratzbürstig nach ihm umsah. „Sag mal, raffst du es nicht? Ich heiße Hizumi! Nicht Zwerg oder Kleiner und schon gar nicht Hizu-chan!“, patzte dieser dann aufgebracht zurück. Zero gluckste amüsiert neben ihm. „Ist der süß, wenn er sich aufregt. Gibt’s den auch in groß?“ Der Kellner lief rot an und Tsukasa war unsicher, ob das vor Wut oder Scham war. Aber niedlich war das schon. Mittlerweile war er sich sicher, dass Hizumi schon längst gekündigt hätte, wenn die Angestellten hier nicht immer Fesselverträge unterschreiben müssten. Vor sich hin brubbelnd erledigte der Zwerg die Bestellung und brachte die Getränke. Kurz bevor Hizumi alles sicher zu ihnen balanciert hatte, hob eine Hostess ihr Bein an, so dass der Kellner stolperte und der Länge nach auf den Boden fiel. Das Tablett mit den Getränken und Gläsern verwandelte sich in einen klirrenden Scherbenhaufen. Skeptisch betrachtete Tsukasa sein Hemd, welches nun überzogen von Whisky war. Der Kleinere starrte ihn aus großen, nun doch verängstigten Augen an, ehe dieser sich auf raffte und versuchte unter gestammelten Entschuldigungen das Hemd auf Knien mit Servierten wieder zu trocknen. Seufzend stand er auf und warf sich den Kleineren einfach so über die Schulter, welcher lauthals protestierte. „Ich bin kurz im Bad…“, erklärte er und machte sich schon auf den Weg, drehte sich dann aber noch einmal um. Zero grinste breit und winkte ihm. Für ihn war das nur nebensächlich. Der Yakuza sah zu der Hostess, die dafür gesorgt hatte, dass der Zwerg stolperte. „Ach Maya-Schatz, da du für den Dreck verantwortlich bist, machst du ihn auch wieder weg!“ Die Angesprochene schnappte nach Luft und wollte offensichtlich noch etwas erwidern, nickte dann aber unter seinem kühlen Blick. Im Badezimmer setzte er Hizumi auf die Marmorplatte, in die die Waschbecken eingelassen waren. Schmollend verschränkte dieser die Arme vor der Brust und sah zur Seite. Wie ein kleiner Rotzbengel, dachte sich Tsukasa und zog sich das Hemd aus. Dieses landete kurzerhand im Waschbecken, welches er mit Wasser füllte. „Deine Knie, tun die nicht weh?“, erkundigte er sich und nahm ein paar Papierhandtücher um über die feuchten Stellen, die sich dort abzeichneten zu streichen. Wissend sah er auf die Tücher, welche nun rote Flecken aufwiesen und auf denen Glassplitter klebten. „Zieh mal die Hose aus“, brubbelte er und sah den Zwerg an. Der hatte sich nämlich nicht mehr gerührt. Dessen Augen starrten ihn an und er konnte dessen Angst nahezu schon riechen. „Du bist ein … Yakuza…“, wisperte Hizumi und er rollte genervt die Augen. „Oh herzlichen Glückwunsch, der Kandidat erhält 100 Punkte und einen Autoreifen! So und jetzt Hose aus! Ich reiß dir schon nicht den Kopf ab, war ja nicht deine Schuld“, grummelte er und legte dann selber Hand an. Der Kleinere rührte sich einfach nicht. Also machte er das eben. Er war schon dabei dessen Hose zu öffnen, als Hizumi aus seiner Starre erwachte und sich anfing zu wehren. „Lass das, was willst du von mir?“, zeterte dieser und versuchte ihn wegzudrücken. „Ey Aniki, ich hab ein neues Hemd für dich…. Ach so ist das. Warum hast du das nicht gleich gesagt, dann wäre ich nicht gekommen. Bereite ihn gut vor, sonst hat er nachher Probleme beim Laufen“, flötete Zero, der gerade in das Bad gestürmt war und schon wieder im Begriff war zu gehen. „Alter! Zero! Hör auf mit dem Kram. Es ist nicht das wonach es aussieht! Bring lieber den Verbandskasten. Der Zwerg hat Glassplitter in den Knien“, erklärte er genervt und widmete sich jetzt wieder dem Giftzwerg. „So jetzt hör mir mal zu! Ob du es glaubst oder nicht, ich will dir gerade helfen. Also hör auf dich zu wehren und zieh die Hose aus!“, knurrte er angepisst, woraufhin Hizumi zusammenzuckte. Schweigend knabberte der Kleinere auf seiner Unterlippe und schubste Tsukasa dann von sich, um sich hinzustellen. „Seit wann helfen Yakuza jemanden? Ihr denkt doch immer nur an euch und was andere wollen ist euch egal. Hauptsache euch geht es gut. Alles was ihr wollt ist euren Reichtum zu erweitern. Erpressungen, Betrügereien und Schutzgelder, mehr wollt ihr doch gar nicht.“ Während Hizumi seinem Unmut Luft machte, zog er sich dennoch die Hose aus und setzte sich zurück auf die Platte. „Kennst dich ja gut aus“, meinte er kopfschüttelnd und sah sich die Knie an. „Schlägertypen wie euch gibt es überall. Durch eure großen Tattoos ist es einfach euch zu erkennen.“ „Dennoch hast du ganz schön lange dafür gebraucht… Aber dafür, dass ich ein Schlägertyp bin, hab ich dich wohl noch zu selten vermöbelt.“ „Was nicht ist kann ja noch werden, oder wie?“ „Wenn du willst, kann ich gleich damit anfangen!“, zischte er und starrte Hizumi aus kalten Augen an. „So löst du alles, nicht wahr? Mit Gewalt!“ Tsukasa war wirklich kurz davor seine Geduld zu verlieren, als Zero mit dem Erste-Hilfe-Kasten herein kam. „Ich hab noch frische Kleidung für den Zwerg besorgt, so dreckig wie die da sind, kann man den ja nicht wieder rauslassen.“ Er nahm den Verbandskasten und suchte eine Pinzette hervor, entfernte die letzten Splitter aus der aufgeschnittenen Haut. Dann kramte er nach dem Jod. „Das brennt jetzt etwas“, warnte er Hizumi und säuberte die Wunden, wobei der Kleinere hörbar die Luft einzog. Zum Schluss verband Tsukasa die Knie noch und drückte seinem Bruder den Kasten wieder in die Hand. „Du solltest dennoch zum Arzt. Es kann sein, dass ich nicht alle Splitter erwischt hab“, erklärte er und zog sich sein neues Hemd an, versteckte seine Tattoos wieder unter dem Stoff. „Warum bist du so nett? Warum bist du nicht ausgerastet, als ich dich bekleckert hab? Warum hast du mich nicht zusammen geschlagen, wie es sonst andere Yakuzas tun?“ Genervt verdrehte er die Augen. „Weil eben nicht alle gleich sind und jetzt zieh dich um!“ Für ihn war das Thema damit gegessen. Kurz wrang er noch sein altes Hemd aus und ging damit aus dem Bad, ließ den Kleineren alleine. Zero wartete schon am Ausgang auf ihn, die Kippe zwischen den Lippen. „Magst du ihn?“, erkundigte sich sein kleiner Bruder, weshalb er die Stirn in Falten legte. „Erzähl keinen Quatsch. Und jetzt ist gut damit, der Kleine war gerade nervig genug. Lass uns nach Hause!“ Kapitel 3: Blind and habits --------------------------- Gelangweilt saß er neben Tsukasa im Auto. Sie hatten für das Clanoberhaupt gerade eine wichtige Aufgabe erledigt und waren nun auf dem Weg zurück. Ihr Leben war irgendwie komisch geworden in der letzten Woche. Noch immer fehlte ihm etwas ohne Karyu. Natürlich versuchte er sich abzulenken, hatte sich die Zeit mit Sport oder Frauen vertrieben, aber zufrieden stellte ihn das nicht. Selbst in ihre Lieblingshostessenbar gingen sie nicht mehr, weil Tsukasa den Zwerg nicht sehen wollte. Angeblich weil dieser so nervig war, dabei hatte Zero eine ganz andere Vermutung. „Ich überlege, ob ich mir nicht mein Tattoo erweitern lasse…“, durchbrach er die Stille und sah zu dem Älteren. „Dein Rücken ist doch schon voll und noch eine Windung kann der Drache da nicht machen.“ „Es soll auch nicht auf dem Rücken weitergehen. Vielleicht über die Schultern zum Schlüsselbein oder aber ähnlich wie bei dir, dass es etwas an den Oberarmen entlang geht.“ Tsukasa lachte leicht. „Aber denk dran, am besten hört es dann bei der Hälfte auf, damit du noch kurze Ärmel tragen kannst. Nimm dir da ruhig ein Beispiel an deinem Bruder. Weißt du schon was?“ Er schüttelte leicht den Kopf und sah wieder aus dem Fenster. „Nein, da bin ich mir noch nicht so sicher. Vielleicht irgendwas mit Kirschblüten? Sind ja auch das Symbol unseres Clans…“ „Dir wird schon etwas einfallen, Zero. Und ich stehe dir gerne mit Rat und Tat zur Seite.“ „Den Rat nehme ich an, aber die Tat lass mal bleiben. Ich weiß noch, wie du in unserer Anfangszeit versucht hast Takeru ein Tattoo zu machen. Der Ärmste läuft noch immer entstellt damit rum, weil es keiner reparieren kann.“ Lachend ließ er sich von seinen Bruder gegen die Schulter boxen. Sie hatten damals eben versucht Geld zu sparen, konnte doch keiner ahnen, dass das Stechen von Tattoos so schwierig ist. „Da fällt mir ein, das hier war noch im Wagen. Du solltest es wegwerfen“, erklärte sein älterer Bruder und gab ihm eine Tüte. Ein kleiner Blick hinein verriet ihm, dass es noch die Sachen waren, die er für seine Besuche bei Karyu getragen hatte. „Die waren aber teuer…“ Die Klamotten hatten ihn wirklich einiges gekostet. Na ja, bis auf die Leggings, davon hatte er sich gleich mehrere geholt. Was ganz praktisch war, weil Karyu ihm doch die eine oder andere kaputt gemacht hatte. „Dann such dir eine Freundin, die das Zeug für dich trägt. Obwohl ich bezweifele, das auch nur irgendeine so was tragen will. Nuttiger kann man wirklich schwer aussehen.“ Zero grinste und sah seinen Bruder an. „Ach komm schon, selbst du musst zugeben, dass ich darin heiß aussah! Das hast du selber mal erwähnt.“ „Zero, du spinnst. Du bist mein Bruder und damit kann ich dich schon einmal gar nicht heiß finden!“ „Das eine hat mit dem anderen schon einmal gar nichts zu tun. … Ich weiß, was wir jetzt machen! Wir fahren nach Akihabara und besuchen dein Lieblingsmaidcafé! Kein Wunder das du so griesgrämig bist, du warst doch schon Ewigkeiten nicht mehr dort!“ Sein Bruder hob nur skeptisch eine Augenbraue, etwas was Zero so erwartet hatte. Wenn war sein Bruder bisher immer alleine in diesen Cafés gewesen, weil er diese Leidenschaft einfach nicht teilte. Noch immer fragte sich der Jüngere, was so toll daran war, wenn irgendwelche Mädchen in ein kurzes Kostüm schlüpften und einen dann als ihren Meister ansahen. So etwas hatte er doch Tag für Tag, gut die untergeordneten Yakuza waren nicht süß, aber ansonsten war es doch das gleiche. Da fand er diese Katzencafés besser, das beruhigte ihn, vorausgesetzt die Katzen kratzten und bissen ihn nicht. Dennoch würde er sich jetzt eben einfach mal opfern und mit seinem Bruder in dieses Maidcafé fahren. Schnell gab er dem Fahrer die Anweisung und stellte die Tüte mit seinen alten Klamotten beiseite. Was er nun damit anfangen würde, wusste er noch nicht, aber es gab schlimmeres. Hätte der Kleinere geahnt, worauf er sich da einließ, wäre er dem Café wohl fern geblieben. Diese nervigen quietschenden Stimmen und dieses gekünstelte Verhalten kotzten ihn einfach nur an. Tsukasa hingegen schien das irgendwie zu genießen, der schaltete richtig ab und entspannte. Wie das ging verstand Zero einfach nicht. Endlich saßen sie wieder im Auto, weshalb sich der Jüngere fix und alle in den Sitz warf. „Alter, mir brummt der Schädel! Wie hältst du das nur aus? Wir sollten lieber zu den Hostessen gehen, die quäken einen nicht so voll“, beschwerte er sich und schloss die Augen. „Ach daran gewöhnt man sich. Der Kaffee dort ist aber köstlich und die coolen Animefiguren, die sie auf den Schaum malen sind eben einfach einmalig. Die Hostessen wollen nur, dass du Geld ausgibst oder sie dich ins Bett bekommen, wenn es leichte Weiber sind. Die Maids gehen einem da nicht ganz so auf den Sack.“ „Ja, ja schon gut. Lass uns trotzdem zu den richtigen Weibern gehen!“ „Geh doch alleine!“ „Komm schon, Aniki! Ist doch nur halb so witzig ohne dich, außerdem vermisst der Zwerg dich sicher auch.“ Zero sah wie der Ältere mit sich haderte, dann aber doch genervt seufzte. „Wenn’s unbedingt sein muss“, grummelte sein Bruder, weshalb er innerlich jubelte. „Aber vorher wird noch gearbeitet! Kein Spaß ohne sich diesen vorher verdient zu haben, du ruhst dich eh schon auf den Lorbeeren aus“, legte Tsukasa fest und zerstörte somit seine ganze Freude. ~*~ „Was soll das heißen, Hizumi ist nicht da?“, erkundigte er sich etwas aufgebracht. Niemand von seinen Angestellten tauchte einfach so nicht auf zur Arbeit, so etwas gab es nicht. „Tsukasa-sama… könnte ich Euch kurz sprechen?“, meldete sich eine Hostess und sah etwas verlegen zu Boden. „Was ist denn Kumiko?“, erwiderte der Yakuza gereizt. Er wollte wissen, warum der Zwerg sich nicht mehr an den Vertrag hielt, andernfalls drohten diesem nämlich wirklich Schläge. „Hizu-chan ist krank… mehr oder weniger… Ich habe gesehen, wie er vor ein paar Tagen zusammen geschlagen und von einem Krankenwagen abgeholt wurde. Wenn er noch im Krankenhaus ist, kann er sich deswegen vielleicht nicht abmelden.“ Der Kleine wurde also zusammen geschlagen? Hatte der die Klappe wieder zu weit aufgerissen? „Komm mal mit da rüber Kumiko und dann erzählst du uns mehr“, hauchte Zero charmant und legte den Arm um die Hüfte der Hostess, bugsierte sie so in eine ruhige Ecke. Was sollte die noch großartig erzählen? Dennoch folgte Tsukasa seinem Bruder, obwohl er mehr als nur bezweifelte, dass das irgendetwas bringen würde. „War seit letztens irgendwas vorgefallen? Der Kleine wird doch nicht ohne Grund krankenhausreif geschlagen.“ Kumiko sah Zero aus großen Augen an und rückte diesem auf die Pelle. Scheinbar war sie fasziniert von dessen Freundlichkeit. Das musste er seinem kleinen Bruder ja lassen, der hatte bisher noch alles von Frauen bekommen, was er wollte. „Nachdem ihr das letzte Mal hier gewesen ward, hat Maya dem Kleinen das Leben zur Hölle gemacht. Sie hat ihn immer hin und her gescheucht, ihn vor den Kunden wirklich fertig gemacht und ihm wieder und wieder ein Bein gestellt. Vor ein paar Tagen hat Hizumi sie versucht zur Rede zu stellen, aber sie hat das ignoriert. Als sie ihn dann wieder vor den Gästen schikaniert hat, hat er sich das eben nicht mehr gefallen lassen. Ich weiß nicht, ob es von Maya ausging, dass Hizumi verprügelt wurde, aber ein paar der Typen haben Maya immer mal wieder abends abgeholt.“ Aufmerksam lauschten sie den Ausführungen von Kumiko und Zero streichelte dieser immer wieder über den Arm, die Hand oder den Oberschenkel. „Kumiko, was hältst du davon, wenn wir drei jetzt in den Wagen steigen. Dann fahren wir gemeinsam zu Hizumi und sehen nach wie es ihm geht?“, schlug sein kleiner Bruder vor, weshalb Tsukasa genervt mit den Augen rollte. „Du weißt doch, wir sind immer besorgt, um das Wohlergehen unserer Angestellten.“ Noch größer konnte die Schleimspur nicht werden, die Zero da gerade hinterließ. Natürlich war die Hostess von der Idee begeistert. Ganz gentlemenlike legte Zero ihr auch noch sein Jackett um und führte sie zum Wagen, während er selbst Anweisung gab Maya zu feuern. Auf dem Weg zum Auto rief er auch gleich noch ein paar Untergebene an, die von Maya die restlichen Schulden eintreiben sollten. Glücklich würde die so schnell nicht mehr werden. Maya hatte sich in den letzten Jahren eben einfach zu viel geleistet, als dass er das auch noch durchgehen lassen könnte. Im Wagen grummelte Tsukasa genervt, weil sein Bruder mehr als ihm lieb war mit der Hostess flirtete. Die beiden könnte er wohl nachher in ein Love Hotel schicken. Das war dann wohl die Belohnung dafür, dass die Kleine ihnen so geholfen hatte. Zu dritt standen sie jetzt nun vor Hizumis Wohnungstür und klopften. „Wer ist da?“, hörten sie dessen Stimme vorsichtig fragen. „Hizumi? Ich bin es Kumiko. Ich wollte dich besuchen kommen und fragen wie es dir geht. Darf ich reinkommen?“ Zero und er wartete lieber und sagten nichts, nicht das der Kleinere wegen ihnen nachher die Tür nicht aufmachte. „Du bist aber nicht alleine. Wer ist noch da? Ich hab Schritte von noch mindestens zwei Personen gehört“, kam die Stimme von der anderen Seite der Tür. Tsukasa seufzte nur. „Zero und ich, Tsukasa“, grummelte er. Wenn der Zwerg es eh wusste, musste er nichts verheimlichen. „Geht weg! Ich will so jemanden wie euch nicht in meiner Wohnung!“ Sofort pochten seine Schläfen, er war nahe dran Kopfschmerzen zu bekommen. Gelassen ging er näher an die Tür heran. „Jetzt hör mir mal zu, wenn ich dir etwas tun wollte, hätte ich diese Tür schon längst eingetreten oder Lärm gemacht, damit deine Nachbarn wissen, dass du kein guter Junge bist. Also öffne diese verdammte Dreckstür für den Krankenbesuch oder ich öffne sie!“, knurrte Tsukasa, weil er einfach keine Lust auf Geduldsspiele hatte. Einen Moment lang war es ruhig, dann hörten sie ein Klacken und sie konnten die Eingangstür öffnen. Die Wohnung war klein und nur spärlich eingerichtet, aber es war auch kalt. Einen Heizlüfter konnte Tsukasa nicht entdecken, auch die Klimaanlage war alt und ausgeschaltet. Fror der Zwerg denn nicht? Aber die Frage erübrigte sich, als er Hizumi sah. Der kleinere trug mehrere Schichten an Klamotten und kauerte auf dem Bett, eine leicht dampfende Teetasse umklammernd. Solche Bilder kannte er, bis auf den Verband über den Augen des Kleineren. Da auch sie noch ein paar gute Manieren hatten, zogen sie sich die Schuhe aus, ehe sie in richtig in die Wohnung traten. „Bist du blind?“, wollte Zero ganz nonchalant wissen, was Tsukasa sogar ein Schmunzeln entlockte. Sein Bruder konnte manchmal so schön direkt sein. „Nein, nicht direkt… Meine Augen wurden schwer verletzt und ich darf sie nicht wirklich anstrengen nach der Augenoperation. Mindestens zwei Wochen muss ich den Verband noch tragen“, erklärte Hizumi und suchte mit einer Hand nach der Tischplatte, ehe er die Tasse vorsichtig darauf abstellte. „Wollt ihr Tee? Kaffee? Oder etwas anderes Trinken?“ Während die beiden Yakuza verneinten, bat Kumiko um einen Tee, bot jedoch an sich diesen selber zu kochen. Hizumi lehnte dieses aber ab. Für Tsukasa war es interessant zu beobachten wie der Zwerg vorsichtig einen Fuß vor den anderen schob, mit seinen Händen alles abtastete. „Magst du mir erzählen, was passiert ist? Kumiko hat uns schon ein bisschen was erzählt, aber ich würde es gerne noch von dir hören.“ „Da gibt es nicht viel zu erzählen, Tsukasa. Ich hab mir das Gezicke von Maya nicht mehr gefallen lassen und sie auch etwas bloß gestellt. Tja, und abends warteten dann ihre Schläger auf mich. Ich bin ehrlich, zuerst habe ich gedacht sie kämen von dir, wegen der Hemdgeschichte, aber nach ein paar Beschimpfungen von ihnen, während sie auf mich eintraten, wusste ich von wem sie kamen. Ich hab Glück gehabt, bis auf die Augen waren es nur Prellungen oder Stauchungen. Vielleicht wäre es schlimmer gewesen, wenn die Polizei nicht dazwischen gegangen wäre. Es tut mir leid, dass ich mich nicht abgemeldet habe, aber durch die Krankenhausrechnung konnte ich meine Handyrechnung nicht bezahlen. Rausgehe ich nur selten. Ich habe Angst, dass die Schläger mir irgendwo auflauern. Die vorübergehende Blindheit ist gar nicht das Problem.“ Mit einem Lächeln stellte er Kumikos Tee auf den kleinen Tisch und suchte nach seiner eigenen Tasse. „Wie ist das so, wenn man nichts sehen kann?“, erkundigte sich die Hostess und nahm ihren Tee in die Hand. „Es ist ungewohnt, weil es immer schwarz ist durch den Verband. Ich achte jetzt aber auf andere Dinge. Ich höre besser und auch mein Geruchssinn ist besser. Dein Parfum, zum Beispiel, bisher habe ich nur die Apfelnote darin gerochen, jetzt rieche ich auch etwas Jasmin und Orange. Tsukasa hingegen trägt ein Frauenparfum wie ich vermute oder aber er ist in eine Bonbontüte gefallen. Zero hingegen trägt gerade nicht den Duft den er beim letzten Mal getragen hatte. Man könnte fast meinen er hat keines genutzt und das obwohl er bei unserem ersten Aufeinandertreffen in Parfumgeruch gebadet hatte.“ Tsukasa schnaubte leise. „Oh und jetzt runzelt der Oberboss Tsukasa die Stirn, weil ich gesagt hab er trägt ein Frauenparfum.“ Kumiko lachte auf und nahm dann einen Schluck von ihrem Tee. „Du musst dir keine Sorgen mehr machen wegen Maya, sie arbeitet nicht mehr im Club und wird dich nicht mehr belästigen. Du kannst also auch wieder weiterarbeiten, selbst wenn du nichts siehst, wir finden eine Lösung. Irgendwie musst du ja an Geld kommen“, grummelte Tsukasa und dachte nach. „Störe ich dann aber nicht nur?“ „Mach dir mal keine Sorgen Hizu-chan, wenn Tsukasa sagt das geht, geht das auch“, erklärte Kumiko und streichelte dem Blinden über den Rücken. Während Kumiko und Hizumi sich noch etwas unterhielten, fiel er in seine Gedanken. Ihm gefiel das nicht mit dem Zwerg, wenn dieser hier so alleine war. Aber da konnte auch er kaum etwas tun. Beim Abschied drückte er dem Kleineren noch etwas Geld in die Hand, damit dieser ordentlich einkaufen gehen könnte und seine Handyrechnung bezahlte. Gerade wenn man nichts sah, deswegen erhöhtem Risiko ausgesetzt war, sollte man ein funktionsfähiges Telefon haben. Wie erwartet ließ er Kumiko und Zero am nächstbesten Love Hotel raus, während er nach Hause fuhr. Abschalten konnte er aber nicht, die Sache mit dem Zwerg beschäftigte ihn. Ob dieser wirklich schon außer Gefahr war oder würden Mayas Schlägerfreunde diesem doch wieder auflauern. Er hasste so etwas. Hizumi gehörte nicht einmal zu ihrem Clan. Warum machte er sich solche Sorgen? Es sollte ihn gar nicht interessieren. ~*~ Mit einem Blick auf die, in die Decke gehüllte, nackte Kumiko zog er sich an. Er hatte wieder an sein altes Leben angeknüpft. Hier und da, wenn er wollte, schlief er mit hübschen Frauen, genoss deren Anwesenheit, aber es befriedigte ihn nicht mehr so wie früher. Etwas fehlte … jemand fehlte… Er hinterließ noch einen Zettel, dass er das Hotel bezahlen würde und sie sich dann bald im Club wieder sahen. Vor dem Stundenhotel zündete er sich dann eine Kippe an und zückte sein Handy, um sich einen Fahrer zu bestellen. Beim Durchsuchen seiner Kontakte stieß er über Karyus Nummer, er hatte sie noch nicht gelöscht. Wieso konnte er diesen Spargeltarzan nicht einfach vergessen? Aber anstatt er die Nummer nun löschte, ging er nur weiter in der Liste und rief einen der niederen Yakuza an, damit dieser ihn abholte, danach machte er sich auf den Weg zu dem vereinbarten Treffpunkt. Wieder in seinem eigenen Zimmer saß er auf dem Bett. Irgendwie konnte Zero heute nicht zur Ruhe kommen. In einer Ecke stand auch noch die Tüte mit den Klamotten, welche er nun ausbreitete. Zwar fühlte sich der Yakuza in seinem Anzug am wohlsten, aber auch in dem nuttigen Outfit hatte er sich gut gefühlt. Seufzend strich er über den Stoff und entschied sich diesen noch einmal anzuziehen. Nur für sich würde er so noch einmal draußen rumlaufen, vielleicht dem einen oder anderen Typen damit den Kopf verdrehen. Umgezogen, geschminkt und gestylt, kletterte er nun wieder auf die Feuerleiter und machte sich auf den Weg. Womöglich würde ihm das helfen, endlich damit abzuschließen. Ohne es zu registrieren, lief er automatisch denselben Weg wie sonst und fand sich schon bald am Bahnhof von Harajuku wieder, auf dem Vorplatz zum Meiji-Schrein. Es waren nur wenige Menschen hier, aber die schwarze Limousine auf dem Parkplatz machte ihn stutzig. Wann war er eigentlich das letzte Mal bei einem Tempel oder Schrein gewesen? Zero konnte sich schon nicht mehr daran erinnern. Lächelnd machte er sich auf den Weg durch den Wald. Es war nicht ganz so einfach auf dem Sandweg zu laufen, aber da musste er jetzt eben durch. Das liebte er so an diesem Schrein. Je länger man dem Pfad folgte umso ruhiger wurde es. Der Straßenlärm verstummte, die beleuchtete Stadt rückte in weite Ferne und das obwohl er noch immer mitten in Tokyo war. Dieser kleine Moment beruhigte und entspannte ihn. An der Gabelung bog er nach links, ging durch das große Tor, welches den Weg markierte. Hier zirpten die Zikaden noch laut und deutlich, dabei wurde es draußen schon kälter. Von Winter konnte man noch lange nicht sprechen, aber kühlere Herbsttage waren das schon. Jetzt bog er noch einmal nach rechts und dann konnte er ihn sehen. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen und verträumt wie ein kleiner Junge vor der Spielzeugeisenbahn betrachtete er den Meiji-Schrein. Links an der Seite führte er die kleine Reinigungszeremonie durch, auch wenn das Wasser eisig war und seine Hände nun ebenfalls kalt wurden. Für ihn gehörte das eben einfach dazu, dafür war er eben Japaner. „Michie?“ Erschrocken zuckte er zusammen und drehte sich um. Da stand wirklich Karyu. Warum jetzt? Er hatte alleine sein wollen, endgültig abschließen wollen. Womöglich hätte er die Klamotten hiernach weggeworfen, Karyus Nummer gelöscht, dessen ganze Existenz einfach verneint. Doch genau dieser Entschluss bröckelte nun in sich zusammen. Der Größere war auch nicht alleine, bei diesem waren das Oberhaupt des Yamato-Clans sowie mehrere Bodyguards. Sein Herz klopfte schnell. Wenn jetzt rauskommen würde, wer er in Wirklichkeit war, könnte das durchaus tödlich für ihn enden. „Ah, ist das nicht deine Freundin, Karyu?“, erkundigte sich das Oberhaupt und automatisch verbeugte sich Zero tief. Er hasste solch beklemmende Situationen. „Ja… aber wir haben zurzeit ein paar Differenzen…“ „Sag mir nicht, sie hat dir letztens die Nase gebrochen? Warst du nicht aufmerksam genug?“ Zero wurde nervös, als Karyus Boss näher auf ihn zutrat und ihm über die Wange streichelte. „Karyu, so ein hübsches Ding sollte man immer gut behandeln, vor allem wenn sie so einen Schlag drauf hat. Ich schaffe es alleine nach Hause und du bemühst dich, dich wieder mit ihr zu versöhnen.“ „Aber Chef… was ist mit dem Termin?“ „Das war ein Befehl, Karyu! Ich werde schon klar kommen, außerdem bin ich ja nicht alleine“, erklärte dieser nachdrücklich und sah dann noch einmal zu Zero. „Rechter oder linker Haken? Welcher war es?“ Kurz war er verwirrt über die Frage und zeigte dann auf seinen rechten Arm. „Guter rechter Haken, Kleines. Wenn er dir doof kommt, nutze ihn ruhig, aber brich ihm nicht wieder die Nase“, lachte Karyus Chef und ging dann fort. Verwirrt blinzelte er nur und verbeugte sich noch einmal. Länger wollte er sich dann aber nicht damit beschäftigen und ging zum Schrein. Es gab an sich nichts zu bereden. Sie waren nicht mehr zusammen. Kapitel 4: Returning to the old ------------------------------- „Hör auf mich zu ignorieren, Michie! So kommen wir auch nicht weiter!“ Doch genau das tat Zero, er ignorierte den Größeren. Schließlich war er auch nicht hierher gekommen, um sich mit diesem zu unterhalten. Unbewusst hatte er eigentlich dafür beten wollen, eben jenen Idioten zu vergessen. Und das so schnell wie möglich. Er warf etwas Geld in den dafür vorgesehenen Bereich und betete, nachdem er in die Hände geklatscht hatte. Als er sich umdrehte, stand Karyu dicht bei ihm. „Können wir jetzt reden?“, erkundigte sich dieser und sah etwas leidend aus. Zero kramte in seiner Tasche und fand wonach er gesucht hatte. Einen kleinen Block und Stift. Schnell kritzelte er etwas darauf und zeigte dies Karyu. „Ich bin stumm, schon vergessen? Also kann ich nicht reden!“, las dieser und rollte mit den Augen. „Michie, ich weiß genau, dass du reden kannst. Lass uns das klären. Ich hab mich falsch verhalten und du hast mich falsch verstanden, was sicher nahe lag. Meine Worte und mein Verhalten waren unter aller Sau… Michie, bleib stehen!“ Er hörte nicht auf das was der Größere sagte und lief an diesem vorbei. Doch der Größere überholte ihn und blockierte den Weg. „Mach Platz, ich war zum Beten hier und nichts anderes. Wenn du ‘nen Fick willst, dann such dir irgendeine Nutte oder eine Tusse, die du dann wieder verarschen kannst“, knurrte Zero und schob sich an dem Blonden vorbei. Scheinbar wollte Karyu aber nicht aufgeben und ergriff seinen rechten Arm, versuchte ihn festzuhalten und so am Gehen zu hindern. „Ich brech dir noch mal die Nase, dann aber mit der linken, wenn du nicht loslässt!“, drohte er, musste jetzt aber stehen bleiben, weil der Größere seinen Griff nicht lockerte. „Wo ist das Problem? Wieso können wir nicht miteinander reden?“ „Wozu Karyu? Es wurde alles gesagt! Dir war diese Scharade von Anfang an ein Klotz am Bein, also hast du mich weggeworfen! Du willst mich nicht und damit ist gut. Da muss man jetzt kein Drama draus machen.“ Ein heftiger Schmerz durchzuckte seine Wange und er brauchte einen Moment bis er realisierte, dass Karyu ihm gerade eine Ohrfeige verpasst hatte. Konfus starrte er diesen an, aber er spürte, wie die Wut in ihm nur noch mehr hoch kochte. „Alter, du benimmst dich gerade wie eine hysterische Gans!“ „Schön, dann benehme ich mich eben so, na und? Fick dich einfach und lass mich in Ruhe!“, blaffte er den Größeren an und riss sich los. Eilig versuchte er Abstand zwischen sich und Karyu zu bringen. Gegen diese langen Beine hatte er allerdings keine Chance, außerdem waren seine Boots nicht gerade leicht, was das Laufen zusätzlich erschwerte. Wieder packte der Größere ihn und versuchte ihn festzuhalten, aber er wehrte sich. Bei dem Versuch sich zu befreien, verhakten sich seine Schnallen an den Stiefeln und er strauchelte. Beim Fallen zog er Karyu mit sich, welcher geistesgegenwärtig Zeros Kopf mit einem Arm schützte, damit dieser nicht auf die Steinplatten aufschlug. Nun lag er auf dem Boden, bewegungsunfähig, unter Karyu, welcher auch keine Anzeichen machte aufzustehen. Ohne ein Wort des Dankes drehte er den Kopf zur Seite, um so zu signalisieren, dass der Andere auch keinen Dank bekäme. „So kannst du mir wenigstens nicht mehr weglaufen und musst mir zuhören! Ich wollte mich nicht von dir trennen. Wenn ich das gewollt hätte, würde ich dich jetzt nicht vermissen. Aber anstatt mir mal zu zuhören, machst du einen auf bockig und zickig. Krieg dich wieder ein! Beruhige dich und dann lass uns wie Erwachsene darüber sprechen. Wir können in ein Café hier in der Nähe gehen. … Also was ist? Kannst du dein angekratztes Ego kurz über Bord werfen und wir reden normal? Oder müssen wir uns erst richtig verdreschen, damit das was wird?“ Angekratztes Ego war noch untertrieben, aber vielleicht sollte er Karyu wenigstens einmal zu hören. Danach könnte er diesen immer noch zum Mond schicken. Der Blonde stand auch schon auf und half ihm auf die Beine. „Café… Aber du zahlst!“, grummelte er und stapfte nicht gerade sehr elegant voran. Der Größere schloss zu ihm auf und griff seine Hand. Der Impuls sich dagegen zu wehren war viel kleiner als der, der das einfach gut fand. Sein Verstand sagte ihm, dass er die Hand weg schlagen sollte, aber sein Gefühl sagte, dass es genau so richtig war. Innerlich mit sich hadernd ließ er es einfach zu und versuchte den Zwiespalt in sich zu ignorieren. Das Café war wirklich nicht weit weg von dem Vorplatz und sie suchten sich eine ruhige Ecke. „Dann erklär mal“, murmelte Zero leise, nachdem sie ihre Bestellung aufgegeben hatten. „An dem Morgen, als du zum Schminken gegangen bist, ist mir erst richtig bewusst geworden, wie umständlich das alles eigentlich für dich ist. Ich meine, du verkleidest dich immer, du kommst immer zu mir, begibst dich damit in die Höhle des Löwen. Sollte das auffliegen, würde man dich einen Kopf kürzer machen und nicht unbedingt mich. Du musst immer auf der Hut sein, musst dich mit Tsukasa rumschlagen und so weiter. Ich hab mich schlecht gefühlt, aber eine bessere Lösung ist mir nicht eingefallen. Ich kann mich mal nicht so einfach in Weiberklamotten werfen und alle damit täuschen. Zum einen sehe ich darin nur lächerlich aus mit meiner Größe und zum anderen kann ich mich nicht so sicher wie du darin bewegen. Die Geschenke an dem Abend zuvor habe ich dir gemacht, weil ich sie gesehen hab und dabei sofort an dich denken musste. Es war nicht, weil ich vorhatte mich von dir zu trennen. Ich will noch immer mit dir zusammen sein, genauso wie nach unserem ersten Date. Alles was ich will, ist das wir vielleicht nach einer anderen Lösung suchen. Einer die nicht die ganze Last auf deine Schultern lädt.“ Etwas peinlich berührt sah er auf den Tisch und sah erst auf, als er seinen Kaffee bekam. Dann hatte er die Situation wohl vollkommen falsch gedeutet, aber es hatte sich für ihn so angefühlt. Und ja, es hatte wirklich stark an seinem Ego gekratzt. Normalerweise servierte er jemanden ab und wurde nicht abserviert. „Du kannst ja viel sagen, wenn der Tag lang ist. Woher weiß ich denn, dass du dir das alles nicht nur ausdenkst? Wer weiß, womöglich willst du mich nur bloß stellen oder an Informationen über meinen Clan heran kommen.“ Er konnte einfach nicht so schnell nachgeben, obwohl seine Gefühle ihn gerade versuchten zu überrennen. Gefühle waren lästig, sie machten alles so irrational und kompliziert. „Wenn ich Informationen über deinen Clan wollte, hätte ich dich schon längst danach gefragt gehabt. Und warum zur Hölle sollte ich mir das ausdenken? Wenn du mir egal wärst, würde ich wohl kaum hier sitzen. Was hast du genommen, dass du gerade so bescheuert tust?“ Er seufzte schwer und starrte auf seinen Kaffee. „Ich möchte mich nur absichern. Das hat mich schon verletzt letztens, das will ich nicht noch einmal…. Außerdem, wenn ich nachgäbe und dir noch eine Chance gebe, muss ich das irgendwann auch Tsukasa beibringen, da brauch ich einige Argumente, andernfalls hat er zwei schlagende Argumente.“ „Zero, glaub mir, ich wollte mich nicht von dir trennen. Ich hab nicht nachgedacht bevor ich gesprochen hab und die falschen Worte gewählt. Lass uns nach einer anderen Lösung für die Situation suchen, sodass nicht alles auf deinen Schultern lastet. Obwohl mir dein Weiberoutfit schon gefällt, du siehst echt heiß darin aus.“ „Ich will auch nicht direkt eine andere Lösung…“, murmelte Zero und sah dann zu Karyu. „Ja, es ist gefährlich für mich, wenn ich bei dir bin und es ist verdammt anstrengend leise zu sein, wenn du mir gerade wieder das Gehirn rausfickst, aber so kann ich bei dir sein… Wir können so auf der Straße Sachen machen die alle anderen Paare auch machen. Du weißt genau, dass zwei Kerle in einer Beziehung in Japan nicht gerade gern gesehen sind. Natürlich würde es mir auch besser gefallen, wenn ich morgens nicht leise davon schleichen müsste, wenn wir uns häufiger sehen könnten, aber das sind Dinge die eben nicht zu verbessern gehen. … Ich kann nicht in deinen Clan einfach wechseln oder du in meinen. Wir können auch nicht einfach aufhören Yakuza zu sein. Uns bleibt eben nur das und daran hatte ich mich gewöhnt…Außerdem sagst du ja selber, dass ich so heiß aussehe.“ Karyu nahm seine Hand und drückte diese sanft, weshalb er nur schief lächelte. „Ich habe überlegt, ob es möglich wäre, wenn wir uns irgendwo in Tokyo sozusagen ein Liebesnest bauen. Eine Wohnung, die wir zusammen mieten und wenn wir uns treffen können, tun wir es da. Du müsstest nicht mehr mitkommen zum Haupthaus des Yamato-Clans, dein Bruder würde sich dann sicher auch wohler fühlen und vielleicht können wir dann sogar mal gemeinsam frühstücken…“ Nachdenklich sah er zur Seite, ließ sich diese Idee durch den Kopf gehen. „Wir sind aber nur in der Wohnung, wenn wir Zeit füreinander haben und sonst ist jeder in seinem normalen Zuhause?“, fragte er nach und knabberte unbewusst auf seiner Unterlippe, als Karyu nickte. „Wenn ich Tsukasa das irgendwann als gute Idee verkaufen kann, muss es aber in einem neutralen Stadtteil liegen und am besten mittig zu unseren Haupthäusern…“, fügte er dann noch hinzu und wieder nickte Karyu. „Was hältst du von Ueno?“ „Zu weit weg…“ „Otsuka?“ „Das liegt mehr bei mir als bei dir, Karyu.“ „Meguro?“ „Zu dicht bei dir…“ „Dann schlag du was vor, Michie!“ „Sakuradamon? Kasumigaseki?“ „Die Wohnungen da sind teuer“, bemerkte der Größere, aber er zuckte nur mit den Schultern. „Wir haben doch sonst kaum Ausgaben und du hast gesagt Liebesnest. Da will ich Luxus und nicht nur ein klappriges Bett. Sonst könnten wir gleich ins Love Hotel ziehen.“ „Schon gut, schon gut. Alles was du willst Prinzessin!“, lachte Karyu, während er ihn nur böse anfunkelte. Der Größere schmunzelte aber nur und zog ihn etwas über den Tisch, damit er ihm einen kleinen Kuss auf die Lippen hauchen konnte. „Was ist eigentlich mit deiner Nase?“ „Du hast sie gut gebrochen, nix verschoben oder so. Die Schwellung ist weg, aber der Bruch brauch noch etwas bis er komplett verheilt ist. Ich hab nicht gewusst, dass du so zuschlagen kannst.“ Zero grinste und lehnte sich mit seiner Tasse Kaffee zurück. „Sei nicht so ein Weichei, ich hab nicht mal richtig Kraft in den Schlag gelegt. Wenn du willst, mach ich es nachher gut.“ Karyu hob skeptisch eine Augenbraue. „Nachher?“ „Ja, nachher. Erst gibst du mir noch einen Crepé aus und dann suchen wir uns ein hübsches Love Hotel.“ Nicht unbedingt das, in welchem er vorhin mit Kumiko war, aber es gab ja auch noch ein paar andere. „Lass mich raten, das bezahl ich auch noch?“ „Das Angebot nehme ich doch dankend an.“ „Michie, du machst mich arm.“ „Ich hab dir schon immer gesagt, dass ich teuer bin. Aber es lohnt sich doch auch für dich“, meinte er zwinkernd, woraufhin Karyu dreckig grinste. „Welches Zimmer willst du? Mir wäre was Normales lieb“, erklärte Zero und sah auf die kleinen Bilder von den Zimmern. „Eigentlich müsste es das BDSM Zimmer werden, als Strafe für dein Gezicke müsste ich dich auspeitschen, aber wie wäre es mit der Nummer drei?“ „Traditionell? Nee, das ist öde. Wir nehmen die 20!“ „Warum fragst du dann erst? … Die 20 ist extrem verspiegelt…“ „Weil ich kann und ja das weiß ich. Du sollst mich doch aus allen Winkeln sehen können, Karyu.“ Der Größere schwieg dazu nur und ließ sich dann den Schlüssel geben. Mit dem Fahrstuhl ging es dann in den dritten Stock zu ihrem Zimmer. Zero warf seine Tasche gleich beiseite und sprang auf das gemachte Bett, versank in einem Meer aus Kissen. Es dauerte einen Moment, dann spürte er die starken Hände an seinen Beinen, wie diese langsam die Reißverschlüsse von seinen Stiefeln öffneten, um diese dann von seinen Füßen zu ziehen. „Du weißt gar nicht, wie sehr ich mich nach dir gesehnt habe. Nach deiner Wärme, deiner Stimme, deinem Gezicke.“ „Hör auf zu quatschen und küss mich!“, grummelte Zero ungeduldig und setzte sich auf, damit er den Größeren zu einem leidenschaftlichen Kuss heranziehen konnte. Dominant schob er seine Zunge in den frechen Mund, leckte über ihr passendes Gegenstück nur damit diese ihn dann zurückdrängen konnte. Für seinen Liebsten war er gerne mal devot, aber genauso gerne machte er es ihm ab und an schwer. Heute würde er sich aber nicht lange bitten lassen, dazu hatte er Karyu zu sehr vermisst. Geschickt hatte er sich mit dem Größeren gedreht und löste nun den Kuss. „Dann will ich mich mal für die gebrochene Nase entschuldigen.“ Mit einem Lächeln öffnete er ohne Umschweife die Hose seines Freundes und zog diese von den langen schlanken Beinen. Gleich darauf setzte er sich vor Karyu auf den Boden, zerrte nun an dessen schwarzer Unterhose. Zero schmunzelte leicht. „Hast du mich so sehr vermisst, dass dich der Kuss so sehr angemacht hat?“, erkundigte er sich und betrachtete, dass leicht erigierte Glied, ehe er einen kleinen Kuss darauf hauchte. „Ich war jetzt eine Woche ohne Sex und ja, ich habe dich vermisst; da kann das jawohl passieren.“ Für einen Moment sah er zu dem Größeren hinauf. Dann würde er dem Anderen mal lieber nicht sagen, dass er sich schon etwas vergnügt hatte. Nur eben auf anderem Territorium. Jedoch, war das nur ein Grund mehr, seinen Freund nicht warten zu lassen. Zero massierte die leichte Erregung bis sich das Glied vollständig aufstellte und leckte dann genüsslich darüber. Er wusste, dass Karyu ihn ansah, sich das nur zu gerne gefallen ließ und ihn genauso gerne dabei beobachtete. Stück für Stück nahm er die Härte in den Mund, bewegte seinen Kopf vor und zurück. Die schlanken Finger seines Freundes vergruben sich in seinen Haaren und er hörte dessen leises Keuchen. Im Gegensatz zu ihm wurde der Größere selten laut beim ihrem Sex. Leicht ließ er seine Zähne über den pulsierenden Schaft schaben und sah nach oben. Sein Blick traf den von Karyu, dessen nun doch schon leicht verschleierten Augen. Ausgiebig verwöhnte er seinen Liebsten, spürte wie dieser langsam seinem Höhepunkt näher kam und war bereit, diesen auch dazu zu bringen, aber das sah der Größere wohl anders. Sachte löste dieser Zero von seiner Körpermitte und zog ihn zu einem leidenschaftlichen Kuss heran. Nur zu gerne erwiderte er diesen und ließ seine Hand zu der pulsierenden Härte gleiten, damit er seinen Freund doch noch zum Höhepunkt bringen könnte. Doch Karyu sah das scheinbar anders. So schnell konnte der Kleinere gar nicht reagieren, wie er sich in den Kissen wieder fand und der Blonde über ihm kniete. Ungeduldig nestelte der Größere an Zeros Sachen, zerrte diese von seinem Körper, wobei er lieber still hielt, damit auch nichts kaputt ging. Die Sachen würde er jetzt noch behalten und brauchen. Während er nun schon nackt war, legte sich Karyu auf ihn. Er spürte dessen Erregung an seiner, wie diese gegeneinander rieben, was ihm ein angetanes Keuchen entlockte. Doch das Hemd und die Krawatte des Größeren störten ihn. In seinem Inneren schrie es verzweifelt nach mehr Körperkontakt, aber er schaffte es kaum die Knöpfe aufzubekommen. „Karyu! Zieh das Scheißhemd aus!“, knurrte er deswegen missbilligend. Sein Freund blieb jedoch gelassen und grinste ihn nur an. „Zieh du es doch aus“, war die Antwort, die Zero eindeutig nicht gefiel. Jetzt war es ihm egal, was aus den Klamotten des Größeren würde. Schnaubend krallte der Kleinere seine Hände in den eigentlich weichen Stoff, ehe er kräftig daran riss. Es war eine Genugtuung zu spüren wie die Fasern sich lösten und das reißende Geräusche durch den Raum flog. Während sein Schatz empört knurrte, warf er die Fetzen zu Boden und kratzte über die tätowierte Haut. Er liebte den Wolf, der Karyus Rücken zierte, der kalte Ausdruck in dessen Augen, die gefletschten Zähne und den gut ausgearbeiteten Körper. Auch war der Körper des Größeren stärker tätowiert als sein eigener. Seine Hände strichen über die Schultern zur Brust des Blonden, welche ebenfalls verziert war, genauso wie dessen Oberarme bis zu den Ellenbogen. „Sei nicht immer so fasziniert von meinem Körperschmuck, wenn du selber welchen hast“, wisperte sein Freund ihm ins Ohr und schob einen Finger tief in seinen versteckten Eingang. Überrumpelt bäumte er sich etwas auf und stöhnte, versuchte sich nicht zu verspannen. „Du weißt doch, du musst immer aufmerksam sein, sonst passiert so etwas, Michie.“ „Du hättest ihn wenigstens anfeuchten können“, grummelte Zero und spreizte seine Beine etwas mehr, so fühlte es sich für ihn etwas angenehmer an. „Dann hol mal das Gleitgel aus der Schublade“, befahl der Größere und bewegte den Finger dennoch in ihm. Etwas umständlich musste er den Arm verdrehen, um die Schublade zu öffnen, aber dort hatten die meisten Love Hotels die Sachen nun eben gebunkert. Er übergab die Tube an Karyu, welcher seinen Finger dann zurückzog. Die Tube flog irgendwo durchs Zimmer, während nun zwei angefeuchtete Finger in seinem Inneren versanken, ihn weiteten. Keuchend zog Zero den Größeren zu einem Kuss hinunter, presste seine Lippen auf die des Anderen und rieb sich gleichzeitig am Unterleib seines Freundes. Vorbereitung hasste er, obwohl sie eben dazu gehörte. Er wollte nicht die Finger in sich spüren, sondern Karyus Härte. Natürlich wusste das der Blonde und nutzte dies häufig schamlos aus, zog die Vorbereitung in die Länge, nur um ihn zu quälen. Aber heute beschränkte sich der Yakuza auf das Nötigste, sehr zu seiner Freude. „Jetzt kann ich dir wenigstens mal wieder ins Gesicht sehen, sonst muss ich dich ja immer von Hinten nehmen, damit du ins Kissen beißen kannst, um nicht das ganze Haus zusammen zu stöhnen“, raunte Karyu während er die Finger aus ihm zurück zog und seine Hüfte schon etwas anhob. „Ein hübscher Rücken kann doch auch entzücken!“, lachte er mit kratziger Stimme und legte ein Bein auf Karyus Schulter, welcher leicht an seinem Knöchel knabberte. „Dein Gesicht tut’s aber auch!“ Genießend flogen Zeros Augen zu, als die Erregung des Blonden sich in ihn schob, wobei seine Hände sich in das zerwühlte Laken krallten. Danach hatte er sich gesehnt. Der Größere war bisher der einzige Mann gewesen, mit welchem er Sex gehabt hatte und er hatte auch nicht vor das zu ändern. Keine Frau hatte ihn bisher so zufrieden gestellt, wie Karyu es konnte. Nur kurz verharrte sein Freund in ihm, beugte sich vor um an seinem Hals zu knabbern. Hart und schnell trieb sich der Blonde immer wieder in ihn, fachte das Feuer in ihm nur noch mehr an. Stöhnend drückte Zero den Kopf in den Nacken und krallte seine Finger in die starken Oberarme seines Freundes. Wieder und wieder keuchte er dessen Namen, bewegte sich den Stößen entgegen. Die Zeit war für ihn stehen geblieben, er war verschmolzen mit seinem Liebsten, während sich die harte Realität ohne sie weiterdrehte. Die unbändige Hitze in ihm stieg und stieg, vernebelte seine Gedanken und er ließ sich fallen. Seine Muskeln spannten sich immer wieder an und Sterne tanzten vor seinem inneren Auge. Er kratzte über Karyus Rücken, als dessen Hand anfing seine Härte zu massieren, ihn somit noch schneller auf seinen Höhepunkt zu trieb. Erbarmungslos stieß der Größere immer wieder in ihn, gab ihm keine Sekunde zum Erholen und dann konnte er sich nicht mehr gegen die Hitze wehren. Wie eine Explosion verbreitete sich diese über seinen Körper, betäubte ihn, während er die Kraft aus seinen verkrampften Muskeln schwinden spürte. Schwer keuchend sackte Zero auf das Laken, spürte eine heiße Flüssigkeit in seinem Inneren, weshalb er leicht lächelnd die Augen öffnete. Auch Karyu war zu seinem Höhepunkt gekommen und sah ihn ebenfalls aus zufriedenen Augen an. Ein träger Kuss, dann lagen sie nebeneinander, schweigend, einfach nur die Nähe des Anderen genießend. Karyus Finger glitten sanft über seine Haut, zeichneten seine Muskeln nach, weshalb er lächelte. „Wehe, du glaubst noch einmal, dass ich mich von dir trennen könnte“, brummte der Größere und biss Zero leicht in die Schulter. „Dann gib mir nicht solche Vorlagen du Depp… uhm…hng… Yoshi~“, murmelte er und keuchte leise, als wieder ein Finger in seinem Inneren verschwand, ihn reizte. „Ich hätte da noch Lust auf eine zweite Runde. Dann will ich aber mehr von den Spiegeln haben.“ „Zwing mich doch“, lachte er und drückte seinen Hintern dem Finger entgegen. Kapitel 5: Saving you --------------------- Tsukasa rieb sich über die Schläfe, versuchte sich etwas zu entspannen und kurz seinen Kopf wieder frei zu bekommen. Allerdings klappte das nicht so gut wie er erhofft hatte. Seufzend nahm er sich eine Zigarette und zündete diese an. Momentan war alles so suboptimal. Zwar hatte er dafür gesorgt, dass Maya sich nicht mehr im Club blicken ließ, jedoch bezweifelte er das diese wirklich schon klein bei gab. Frauen waren eben einfach unberechenbar und Maya wohl ganz besonders. Der Zwerg könnte zurzeit nicht einmal weglaufen, der sah ja nichts. Eigentlich sollte ihn das überhaupt nicht stören, eigentlich sollte er sich um ganz andere Dinge kümmern, aber eben nur eigentlich. Eine kleinere neue Yakuza-Gruppe versuchte gerade in Tokyo Fuß zu fassen und noch mehr Konkurrenz konnten sie einfach nicht gebrauchen. Dann war Zero gestern Abend auch wieder verschwunden, er wusste nicht einmal wohin sein kleiner Bruder entschwunden war. Tsukasa hoffte einfach nur, dass dieser sich nicht wieder mit Karyu eingelassen hatte. Das würden seine Nerven wohl doch nicht mehr mitmachen. Abrupt stand er auf und knallte dabei die Hände auf seinen Schreibtisch. Es half ja alles nichts und von der Grübelei würden nur Falten sein Gesicht zieren, darauf hatte er keine Lust. Er ging zu seinem Wagen, wo sein Fahrer schon wartete, der wusste auch schon wohin es gehen sollte. Am Ziel angekommen, der Hostessen-Club, wo auch Hizumi arbeitete, stieg er aus dem Wagen. Wie gewohnt wurde er begrüßt und hinein begleitet. Den Zwerg fand er in der Küche wieder, viel konnte der Blinde da auch nicht machen, aber ein bisschen was schon. Außerdem kamen hier häufig die Mädchen her, wenn sie angenervt waren von ihren Kunden. Soweit er wusste, heulten sich die Weiber gerne bei dem Kleinen aus, also konnte dieser gleich als psychischer Beistand arbeiten. Kurz klopfte er an die Tür. "Hey Kurzer, alles klar?", begrüßte er Hizumi, welcher sich nach kurzem Zögern zu ihm drehte. "Du hättest nicht klopfen brauchen, da du wie ein Elefant trampelst, hört man dich schon von weitem. Ich muss mich noch dran gewöhnen, wieder hier zu sein und die ganzen hübschen Mädchen nicht mehr sehen zu können", erklärte der Kleinere und lächelte frech. Tsukasa ließ ein leichtes abfälliges Schnauben hören, lächelte aber dabei. "Schön, dass du immer noch so sau frech bist, obwohl du blind bist. Ich hab noch etwas vor, aber du wirst heute Abend von mir nach Hause gefahren. Einer meiner Leute meinte nämlich, das die Schläger hier in der Nähe noch herumlaufen." "Von dir? Du sitzt doch sicher nicht am Steuer, sondern dein Chauffeur. Danke für das Angebot, aber ich werde die Bahn nehmen wie sonst auch." "Ja, ja Zwerg, dann eben der Chauffeur, aber du wirst von mir nach Hause geleitet, ob du willst oder nicht. Zur Not trag ich dich in das verfickte Auto!", knurrte der Yakuza und ging dann. Er ignorierte die Worte des Protestes, die Hizumi ihm hinterher rief. Eigentlich hatte er nur nach Hause gewollt und den Abend mit einem Glas Whisky ausklingen lassen, vorher müsste er aber den Zwerg noch zu Hause abliefern. Solange es für diesen scheinbar noch immer gefährlich war, würde er sich wohl um diesen kümmern müssen. Irgendwie fühlte er sich an dieser Situation sogar schuldig. Das war zumindest die Theorie gewesen, in der Praxis sah das ganz anders aus. Da zuckte seine Augenbraue gefährlich. Ihm wurde nämlich gerade berichtet, dass der Quälgeist vor fünf Minuten schon gegangen war. Tsukasa ballte eine Hand zur Faust und knurrte, dann nahm er sich sein Handy hervor und rief den Kleinen an. "Hallo?", hörte er Hizumis Stimme am anderen Ende der Leitung. "Sag mal, haben sie dir ins Gehirn geschissen? Wenn ich sage, ich hole dich ab, dann hole ich dich auch ab und du wartest dann gefälligst! Wo bist du jetzt? Ich komm dich holen", brüllte er ins Telefon und störte sich nicht daran, dass er dabei angestarrt wurde. "Brüll mich nicht so an! Ich komm alleine klar, du musst mich nicht Baby sitten!" Er hörte wie der Kleinere schnaubte und massierte mit der freien Hand seine Schläfe. So etwas bereitete ihm Kopfschmerzen, starke Kopfschmerzen. "Guckt mal da hinten ist der Zwerg von neulich, dann können wir ja noch zu Ende bringen, was wir angefangen haben." Tsukasa wurde hellhörig als er das hörte. "Hizumi? Alles in Ordnung?" "Ich weiß nicht, die Stimmen machen mir Angst." "Kannst du auf Videoanruf umstellen? Und versuch dich so schnell es geht vom Acker zu machen! Wo bist du? Ich hol dich ab!" Er war schon auf dem Weg nach draußen und er achtete auf sein Handy, hoffte das dort gleich ein Bild von der Umgebung auftauchte, in der Hizumi gerade war. Leise hörte er dessen Stimme, wie dieser die U-Bahn-Station nannte und dann tauchte auch wirklich das Bild auf. "Ich hab das Headset an...", erklärte der Kleine und er sah wie dieser sich langsam, eher wackelig auf den Weg machte. Dabei filmte dieser die Umgebung, damit er sehen konnte was los war. "Hizumi lauf nach rechts. Du steuerst gerade direkt auf die Typen zu!", sagte er hektisch. ~*~ Hizumi schluckte schwer. Er lief gerade also direkt auf diese Schläger zu? Er sollte nach rechts? Mit dem Blindenstock tastete er die Umgebung ab, da waren die Rillen zur Orientierung. Unsicher suchte er noch mit den Füßen danach, schon fast routiniert, klappte er nebenbei den Blindenstock zusammen und lief dann ungeschickt davon. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Er konnte sich jetzt wirklich nur an den Rillenfliesen im Boden orientieren, aber so konnte er besser laufen. „Du musst jetzt links abbiegen!“, hörte er Tsukasas Stimme eher wie aus der Ferne, obwohl die Kopfhörer in seinem Ohr waren. Selbst sein eigener Atem schien lauter zu sein. Zum Abbiegen musste er kurz stehen bleiben und nach den Rillen tasten. „Der Zwerg versucht wegzulaufen! Kommt, lasst uns noch ein bisschen mit der Beute spielen“, hörte er seine Verfolger lachen. Was hatte er denn nur getan, dass er so gestraft wurde? Er wollte einfach nur in Frieden leben! War denn das wirklich zu viel verlangt? Endlich hatte er die Rillen nach links gefunden und lief in die Richtung. „Ich hab Angst“, keuchte er leise. „Ich bin gleich da!“, versuchte Tsukasa ihn zu beruhigen, während er weiter lief. Hinter sich hörte er immer wieder die hämischen Rufe seiner Peiniger, die ihn gerade durch die Bahnhofsstation jagten. „Vorsicht Treppe!“ Doch die Warnung kam zu spät. Er stolperte und fiel auf die Treppe, begleitet von einem Knacken. Von seinen Kopfhörern kam kein Laut mehr. Dann war wohl sein Telefon kaputt. Unter Schmerzen versuchte er aufzustehen und die Treppe noch hoch zu krabbeln, aber plötzlich wurde er wieder zu Boden gedrückt. Sein Kopf schlug auf die Steine auf, weshalb er schmerzverzehrt stöhnte. „Genug gespielt, Kurzer. Wir waren beim letzten Mal noch nicht fertig und Maya hatte wegen dir auch schon wieder Ärger. Du verstehst doch sicherlich, dass wir das so nicht stehen lassen können.“ Panisch versuchte er sich hoch zu drücken, dem Ganzen irgendwie zu entgehen, aber etwas war auf seinem Rücken, hielt ihn so zu Boden gedrückt. Er vermutete, dass jemand ihn mit seinem Fuß am Boden hielt. „Hast du einen Wunsch, welche Knochen wir dir zuerst brechen? Die Beine? Die Arme? Sollen wir uns langsam vorarbeiten? Von den Fingern über die Arme, Oberkörper und dann die Beine?“ „Du solltest dir lieber Gedanken um deinen Körper machen! Nimm die Pfoten von meinem Eigentum! Der Zwerg steht unter meinem Schutz!“ War das gerade Tsukasas Stimme gewesen? „Und du bist wer?“ „Sieh mal, an seinem Kragen… die Manschette…“ „Der ist von der Yakuza!“ Hizumi hörte das leise Flüstern seiner Peiniger und spürte wie diese unruhig wurden, selbst der Druck auf seinem Rücken ließ nach. „Masahiko, lass uns gehen. Wir sollten uns wirklich nicht mit der Yakuza anlegen. Komm schon, der Krüppel da ist es nicht wert.“ „Aber der ist nur alleine, Hiroki. Fünf gegen einen, den machen wir platt!“ „Vergiss es, wir gehen. Entweder du kommst mit oder du legst dich alleine mit dem an!“, wisperte dieser Hiroki, der vorher schon versucht hatte seinen Kumpel zu überzeugen. „Wir sehen uns wieder, Kurzer“, schnaubte Masahiko und ging dann mit seinen Freunden weg. Noch immer im Schockzustand blieb er einfach liegen, erst als er Tsukasas Parfum roch und dann langsam hochgehoben wurde, löste sich die Starre. „Danke“, murmelte er leise und hielt sich an dem Größeren fest. „Ich hab dir ja gesagt, du solltest dich von mir nach Hause bringen lassen. Dein Handy scheint Schrott zu sein.“ Seufzend zuckte er mit den Schultern. „Ich treib schon irgendwo ein neues auf.“ Er hörte wie die Autotür geöffnet wurde und kurz darauf, wurde er auf die weiche Rückbank gesetzt. „Sollen wir ins Krankenhaus? Nicht das dir bei dem Sturz noch etwas passiert ist.“ „Schon okay, das wird höchstens ein paar blaue Flecken geben. Wenn du mich nach Hause bringst, ist das schon ausreichend.“ Am liebsten hätte er aus dem Fenster gesehen, aber das ging nicht. Das Auto vibrierte, als der Motor gestartet wurde und dann setzte sich der Wagen auch schon in Bewegung. Tsukasa schwieg, da auch er nicht wusste was er sagen sollte, ließ er es. Die Zeit im Auto sickerte vor sich hin. Kam ihm das gerade nur so vor oder brauchten sie sehr lange? Sie hielten endlich und der Motor wurde ausgemacht. „Komm ich helf dir“, meinte der Yakuza und Hizumi ließ sich gefügig aus dem Auto heben. „Tsukasa-sama, guten Abend!“, hörte er eine Frauenstimme und wunderte sich darüber. Dann folgten laute „Aniki“ und „Don“-Rufe. „Wo bin ich?“, knurrte Hizumi den Yakuza an, während er jetzt anfing in dessen Armen zu zappeln. Was zur Folge hatte, dass dieser ihn einfach über die Schulter warf. „Du bist bei mir Zuhause. Dich kann man ja nicht alleine lassen, also wirst du hier versorgt werden und wenn du unbedingt arbeiten willst, bekommst du eine Leibwache oder so. Theoretisch könnte man dich auch auf den Strich schicken, aber ein blinder Stricher hat es nicht einfach.“ Er hörte Tsukasa nur halb zu und trommelte auf dessen Rücken ein, aber dieser schien das nicht einmal zu merken. Eine Tür wurde aufgeschoben. „Du kannst mich nicht zwingen hier zu bleiben! Ich gehöre dir schließlich nicht!“, beschwerte er sich und keuchte leise, als er auf etwas Weiches geworfen wurde. „Du bist in meinem Hostessenclub angestellt und damit gehörst du mir! Jetzt gib Ruhe und erhol dich!“, polterte Tsukasa ihn an. „Wenn du nicht artig bist, kette ich dich ans Bett!“, knurrte dieser noch und dann hörte er wie die Tür wieder zugeschoben wurde. „Sag mal, Tsukasa… war das gerade der Zwerg aus dem Club? Was macht der denn hier?“, vernahm Hizumi die Stimme von Zero. „Frag lieber nicht. Lange Geschichte und so… Wo warst du eigentlich die letzte Nacht?“ „Aus… Party machen und so…“ ~*~ Zwar hatte Tsukasa noch keinen Beweis, aber er glaubte, dass Zero sich wieder mit Karyu treffen würde. Warum sonst sollte sein kleiner Bruder abends heimlich verschwinden? Hatte der denn gar nichts gelernt? Allerdings konnte er sich nicht wirklich um dieses Problem kümmern. Das größere Problem war nämlich neben seinem Zimmer, in Form eines zu klein geratenen Japaners mit viel zu großer Klappe. Hizumi nächtigte jetzt schon den dritten Abend bei ihnen und noch immer machte dieser Terror deswegen, dabei sollte dieser sich doch freuen. Die Yakuza war nett zu ihm und er wurde nicht verprügelt, sogar zum Arzt kutschierten sie ihn. Tsukasa würde drei Kreuze machen, wenn der Krümel endlich wieder sehen könnte. Eine Woche noch, eine verdammte lange Woche noch. Natürlich hatte er ihrem Clan-Oberhaupt von dem Besucher erzählt, der schien das sogar gut zu heißen. Manchmal verstand er die oberen Leute einfach nicht. War Hizumi nicht sogar eine Gefahr? Nicht wirklich, schließlich kam dieser nicht aus seinem Zimmer, außer er arbeitete im Club. Tsukasa schreckte hoch, als es neben seinem Zimmer laut rumpelte und er Hizumi fluchen hörte. Was hatte der Zwerg denn nun schon wieder angestellt? Mit einem schweren Seufzen erhob er sich und ging in das andere Zimmer. Hizumi lag am Boden, die Beine unter dem kleinen Nachttisch begraben. Der war ja schlimmer als manche Katze, die alles umwarf. „Machst du das eigentlich mit Absicht?“, erkundigte sich der Größere und stellte den Nachttisch wieder ordentlich hin, ehe er Hizumi aufs Bett hievte. „Natürlich! Deswegen bin ich ja auch blind und ich wollte schon immer mal bei der Mafia hausen, da fühlt man sich so sicher. Vor allem wenn einem gesagt wurde, dass man ihn ja vielleicht Zwangsprostituieren könnte!“, herrschte der Kleinere ihn an. „Jetzt krieg dich mal wieder ein. Du wirst schon nicht Zwangsprostituiert. Wer will so eine abgemagerte kleine Ratte wie dich überhaupt haben? Sei lieber froh, dass du hier bist. Hier bist du vor den Schlägertypen sicher. Als Zero letztens bei dir war, um Klamotten zu holen, hat der nämlich festgestellt, dass jemand deine Wohnung auf den Kopf gestellt hat. Da kannst du sowieso nicht zurück.“ Hizumi schien verwirrt zu sein, als Tsukasa das mit der Wohnung hörte. Für einen Moment war er ganz ruhig, bewegte sich nicht und im nächsten Augenblick sprang er auf. So schnell konnte der Yakuza gar nicht reagieren, weshalb sie mit den Köpfen gegeneinander stießen. „Alter, pass doch auf, du Dickschädel! Oder war das der erbärmliche Versuch mich auszuschalten?“, fluchte Tsukasa und drückte Hizumi wieder auf das Bett. Das war schlimmer als Flöhe hüten. „Ich muss meine Sachen holen!“, grummelte der Kleinere und versuchte sich gegen den starken Griff, der ihn auf das Bett drückte, zu wehren. „Es ist spät, du gehst heute nirgendwo mehr hin. Außerdem sind deine Sachen schon in einem unserer Lager untergebracht. Sobald du also gesund bist, suchst du dir eine neue Wohnung und dann bekommst du die aus dem Lager wieder! Also bleib jetzt liegen und schlaf verdammte Axt noch mal!“ „In eurem Lager? Versteckt ihr da jetzt Drogen und Waffen drin? Und jedes Mal, wenn ihr was braucht holt ihr es euch dann? Bekomm ich gar keine Ruhe mehr von euch?“ Genervt und nicht mehr willens zu diskutieren, gab er Hizumi eine Ohrfeige. „Krieg dich mal wieder ein. Du stellst uns als die kompletten Unmenschen dar, dabei sind wir nicht so schlimm wie du wahrscheinlich denkst. Wir helfen dir gerade OHNE, dass du Konsequenzen davon hast!“, erklärte er und bemühte sich dabei ruhig zu wirken. Scheinbar ohne Wirkung, denn der Kleinere versuchte sich auf ihn zu stürzen. „Helfen? Ihr wollt mir helfen? Ihr hättet mir helfen können, in dem ihr meine Eltern nicht ermordet! Ihr und eure Scheinheiligkeit. Ihr glaubt, ihr helft den Menschen, wenn ihr mal nett seid, aber eigentlich seid ihr doch nur genauso profitgeil wie jeder andere mit Macht. Warum sonst schickt ihr Frauen auf den Strich? Wollt Schutzgelder, betreibt Spielkasinos und vergebt Kredite mit horrenden Zinsen an verzweifelte, bei denen klar ist, dass sie das niemals zahlen können? Warum wohl? Geld und Macht ist alles was ihr wollt! Und wer nicht zahlen kann, wird bedroht, geschlagen und zur Not umgebracht, damit ihr dann die Zahlung der Lebensversicherung von den Hinterbliebenen erpressen könnt! Nein, ihr wollt mir nicht helfen!“, schrie Hizumi ihn an und versuchte auf ihn einzuschlagen. Tsukasa ließ es zu. Tränen rollten unter dem Augenverband des Kleineren hervor, während dieser sich immer mehr verausgabte. Als der Zwerg irgendwann nur noch weinte, legte er ihn ins Bett und verließ das Zimmer. Doch anstatt in sein Zimmer zu gehen, suchte er das eines niederen Yakuzas auf. Er hatte einen Auftrag für diesen. Zwei Tage nach Hizumis Ausbruch kam Takamatsu zu ihm, dieser sollte etwas in Hizumis Vergangenheit herum forschen. Die Recherche war detailliert und erklärte das Verhalten des Kleineren. Scheinbar hatten dessen Eltern in Miyazaki einen kleinen Laden gehabt. Das Geschäft lief wohl gut, bis regelmäßige Einbrüche stattfanden, die Versicherung weigerte sich zu zahlen und die Bank gewährte keine neuen Kredite mehr zur Wiederherstellung des Geschäftes. Die Eltern hatten dann wohl sicher in ihrer Verzweiflung Geld von einem Kredithai genommen ohne zu wissen, dass dieser zur Mafia gehörte. Nur wenige Leute konnten bisher solche Kredite wirklich zurückzahlen. Die Zinsen waren zu hoch. Es gab die wildesten Ideen, wie die Opfer dann das Restgeld auftrieben. Viele von ihnen endeten im Selbstmord. So war es wohl auch bei Hizumis Vater gewesen, als die Drohungen der Yakuza wohl langsam ernster wurden. Laut dem Bericht hatte die Mutter den Fund der Leiche nicht überstanden. Panisch war sie hinaus auf die Straße gelaufen, wo ein Auto sie erfasste. Mit schweren Verletzungen war sie in ein Krankenhaus gekommen und erlag dort ihren Verletzungen. Laut Bericht hatte Hizumi zu dem Zeitpunkt gerade die High School abgeschlossen. Das Geld aus der Lebensversicherung hat dieser dann wohl an die Yakuza abtreten müssen. Ja, er konnte verstehen, dass der Zwerg ihnen nicht mit Glücksgefühlen begegnete. Nachdenklich strich Tsukasa sich über das Gesicht. Miyazaki….? Wer war denn da an der Macht?... Der alte Harada! Plötzlich fiel ihm etwas ein. Bei einem Treffen der Yakuza-Clans zu den Hundewettkämpfen hatte dieser mal von so einem Vorfall erzählt. Der alte Harada plante immer alles durch, damit er auch ja an das käme, was er wollte. Es war gar nicht wirklich Geld, sondern das Grundstück gewesen, was dieser gewollt hatte. Harada hatte sich damit gebrüstet, dass die Einbrüche von seinen Leuten gemacht wurden, dass er die Versicherung und die Bank bestochen hatte, die Familie zu dem Kredit genötigt hatte. Als dann nur noch der Sohn übrig war, hatte dieser das Geld und das Grundstück an ihn abtreten müssen. Tsukasa vermutete, dass Hizumi danach nach Tokyo gekommen war, um ganz viel Abstand zu bekommen. Ausgerechnet der Zwerg landete dann bei der Yakuza. Er klappte die Mappe mit dem Bericht zu und verließ das Zimmer. Der Kleinere saß auf dem Holzboden im Gang, die Füße im Garten baumelnd, kraulte dieser einen der Hunde, während der andere neben ihm lag. „Du solltest die beiden nicht so verwöhnen, sonst sie nicht mehr für die Wettkämpfe geeignet. Da müssen sie kämpfen und dürfen keine Schwäche zeigen“, erklärte der Yakuza leise. „Nur weil sich mal jemand um ihre Bedürfnisse kümmert, werden sie nicht schwach. Wer weiß, vielleicht kämpfen sie ja besser, wenn sie wissen, dass sie gut behandelt werden?“ „Du magst Tiere, oder?“ „Ja, sie sind immer ehrlich und zeigen dir ob sie dich leiden können oder nicht. Nicht so wie Menschen, die dich anlächeln, um dich dann zu hintergehen.“ Hizumi seufzte schwer und lehnte seinen Kopf gegen den Hund, der neben ihn saß. „Es ist erstaunlich, dass sie dich so nah an sich ran lassen. Auch wenn sie nicht aggressiv sind, so halten sie Menschen eigentlich auf Abstand durch Knurren“, meinte Tsukasa und versuchte näher an die drei zu kommen. Sofort wurde er von einem der Hunde angeknurrt. „Siehst du!“ Hizumi lächelte nur und kraulte den Hund wieder stärker. „Na ja, würdest du jemanden an dich heranlassen, von dem du weißt, dass er dir bisher nie etwas Gutes getan hat?“ „Wohl kaum…Was hast du gerade für Bedürfnisse? Außer das du hier weg willst, was du kannst sobald du wieder sehen kannst.“ Der Kleinere sah zu ihm auf und Tsukasa hätte nur zu gerne gewusst, was sich in dessen Augen widerspiegelt. „Ich möchte spazieren gehen im Park. Das Haus engt mich ein“, erklärte der Blinde und schmuste wieder mit dem Hund. „Es engt dich ein? Es ist doch wesentlicher größer als deine Wohnung zuvor.“ „Tu nicht so, Tsukasa. Du weißt, dass ich mich hier nicht wohl fühle. Das ist es was mich einengt.“ Seufzend nickte er nur. „Schon gut. Komm wir gehen spazieren. Der Yoyogi-Park ist in der Nähe.“ „Danke!“ Kapitel 6: All this means nothing --------------------------------- Hizumi hatte darauf bestanden, einen der Hunde mitzunehmen, welcher nun brav neben dem Kleineren angeleint herlief. Hizumi selbst, hatte sich bei Tsukasa untergehakt. „Müssen deine Lakaien mitkommen?“, grummelte der Zwerg, während sie durch den Park gingen. „Deine Ohren sind zu gut. Keine Sorge, sie bleiben ein ganzes Stück hinter uns und sind nur zur Sicherheit da.“ „Stört dich das nicht, wenn du immer auf Schritt und Tritt verfolgt wirst?“ „Nein, eigentlich nicht. Wir sind ja eine Familie und sie sind meine jüngeren Brüder. Sie müssen noch viel lernen, also behalte ich sie auch lieber im Auge. Sie hingegen versuchen von mir zu lernen.“ „Familie…?“, wisperte Hizumi und versteifte sich unbewusst etwas. „Ich weiß, warum du die Yakuza so hasst. Ich kann es verstehen. Dir wurde alles genommen, aber du solltest dennoch nicht jeden Clan über einen Kamm scheren. Es gibt noch Unterschiede.“ Als Hizumi die kleine Atempause nutzen wollte, um zu protestieren, redete er schnell weiter. „Ich heiße nicht gut, was dir passiert ist, was deinen Eltern passiert ist. Nein, aber hier in der Großstadt läuft doch einiges anders ab als bei euch in Miyazaki. Die Yakuza dort hat andere Interessen und andere Methoden.“ „Dennoch kann ich euch nicht leiden“, grummelte der Kleinere leise. „Musst du auch nicht. Aber nimm die Hilfe von uns an, sieh es als eine minimale Entschädigung. Ich weiß, ich kann damit nicht ungeschehen machen, was passiert ist, aber ich kann dir das Leben hier etwas erleichtern.“ Ein schwaches Lächeln zierte das Gesicht des Kleineren. „Du lässt mir eigentlich sowieso keine Wahl. Danke, für dein Mitgefühl. Wer von deinen Leuten begleitet mich morgen eigentlich zum Arzt?“ „Morgen? War der Termin nicht erst in drei Tagen?“ Tsukasa war verwirrt. „Der Arzt hat mich vorhin angerufen und den Termin vorverlegt. Soll ich das Handy eigentlich wieder zurückgeben, wenn ich euch verlasse?“ „Nein, das kannst du behalten. Es ist nichts besonders, aber bestimmt ausreichend und wenn dir die Schlägertypen auflauern, kannst du mich auch anrufen. Meine Nummer ist eingespeichert. Wer dich morgen begleitet, weiß ich noch nicht. Ich schau nachher nach.“ Es dämmerte schon langsam, als sie wieder auf dem Heimweg waren. Gerade waren sie wieder auf dem Vorplatz zum Meiji-Schrein, als er eine schwarze Limousine sah. Aus der stieg auch noch Karyu aus. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihm breit und dann tauchte Zero auf. Wieder war sein kleiner Bruder verkleidet als billiges Flittchen und warf sich diesem Lulatsch auch noch an den Hals. „Was ist los, Tsukasa? Warum bleibst du stehen?“, erkundigte sich Hizumi, der ebenfalls stehen geblieben war. „Ich bring dich um, Zero. Komm du mir mal nach Hause!“, knurrte er leise und versuchte sich dann von dem Bild abzuwenden. Zero und Karyu küssten sich gerade sehr leidenschaftlich. „Huh, was hat er angestellt?“ „Nichts…“, meinte er schnell. „Vergiss es, du kennst nun schon viel von mir, hast einfach in meiner Vergangenheit herumgeschnüffelt, also wirst du mir das erzählen. Andernfalls hetze ich den Hund auf dich“, erklärte der Zwerg an seiner Seite und er seufzte nur. „Du bist echt nervig.“ „Das wusstest du doch vorher schon!“ „Ich erzähl es dir, wenn wir zurück sind, du Nervensäge! Aber das behältst du schön für dich, wenn nicht, werd ich wohl doch Gewalt anwenden.“ „Ja, ja schon gut.“ Sie saßen bei Hizumi im Zimmer und tranken Tee, während er dem Kleineren die Geschichte erzählte. Der verstand scheinbar auch, wo das Problem lag. Machen konnte man da leider nicht viel. Eigentlich hätte er Zero jetzt liebend gerne den Marsch geblasen, diesem Mal so richtig den Kopf gewaschen. Aber nein, anstatt seinem Bruder Vernunft einzutrichtern, saß er beim Arzt zusammen mit Hizumi. Der behandelnde Arzt nahm dem Kleineren die Augenbinde ab und untersuchte dann dessen Augen. Mit einem Lächeln erklärte er diesem, dass die Binde nicht mehr nötig wäre. Er warnte den Kleineren noch auch weiterhin vorsichtig zu sein, aber ansonsten, war wohl alles wieder in Ordnung. Dann würde er den Zwerg wohl endlich loswerden. Das mussten sie feiern. Also suchten sie sich ein Restaurant, wo sie erst einmal etwas aßen und danach ging es noch in eine Kneipe. Sie verstanden sich zwar schon besser, aber dennoch waren sie wohl beide froh darüber, dass sie bald wieder getrennte Wege gehen würden. Betrunken saßen sie im Wagen und spielten noch weitere Trinkspiele, als das Auto plötzlich anfing zu stottern. Dann hielten sie. Sofort stieg Tsukasa aus und fragte seinen Fahrer was denn los wäre. Der Motor wollte nicht mehr. Der Yakuza war sichtlich genervt davon und versuchte einen Abschleppdienst zu erreichen, aber da nahm niemand ab. Also musste sein Chauffeur zur nächsten Tankstelle laufen, welche um einige Kilometer zurücklag. Während dieser sich auf den Weg machte, trat Tsukasa gegen ein Vorderrad und fluchte. Hizumi hingegen setzte sich einfach auf die Motorhaube und kicherte. „Du findest das also witzig?“, zischte er diesen an. „Ja~, sehr sogar. Nimm es doch nicht so schwer, gibt schlimmeres“, flötete Hizumi fröhlich und nahm noch einen Schluck aus seiner Dose, in welcher sich ein Wodka-Calpis-Gemisch befand. Er baute sich vor dem Kleineren auf und sah diesen böse an, doch dieser gluckste nur. „Zeig mir mal dein Tattoo! Ich hab das damals gar nicht wirklich angesehen!“, trällerte der Zwerg und knöpfte, dreister Weise, einfach das Hemd des Größeren auf. Ohne sich stören zu lassen, schob er dieses von den starken Schultern. Hizumis Augen leuchteten voller Neugier und er streichelte über die kleinen tätowierten Stellen auf Tsukasas Brust. Der Yakuza wusste nicht warum, aber er drückte den Kleineren auf die Motorhaube und presste seine Lippen auf die des Kleineren, drängte seine Zunge in die heiße Mundhöhle. Gierig erforschte er das fremde Terrain und wurde noch mehr angestachelt, als Hizumi den Kuss erwiderte. Betäubt durch den Alkohol ließ er sich hinreißen. Schnell schob er das lästige Oberteil des Kleineren über dessen Kopf, auch wenn er sich dafür von den weichen Lippen lösen musste. Seine Hände streiften über den eher zierlichen Körper, während er Hizumi wieder küsste. Viel Zeit für sanfte Streicheleinheiten ließ er sich nicht und öffnete die Hose des unter ihm liegenden, da es auch keine Gegenwehr gab, fühlte er sich nur bestätigt in seinem tun. Zumal die frechen Hände über seinen Rücken oder durch seine Haare strichen. Ohne zu zögern, zerrte er dem Kleineren die Hose samt Unterwäsche vom Leib. Für ihn reichte das so und gerade war Romantik oder ähnliches ein Fremdwort für ihn. Drängend rieb er sich an Hizumis Unterleib, während er diesen seine Finger befeuchten ließ, jedoch stellte sich dieser nicht gerade geschickt dabei an. Ungeduldig zog Tsukasa seine Finger zurück und drückte den ersten auch gleich in den bebenden Körper des Kleineren. Das schmerzvolle Wimmern erstickte er mit einem weiteren Kuss. Er war erregt und da auch nicht sicher war, wie viel Zeit er hierfür hätte, beeilte er sich lieber. Hizumi würde das sicher verstehen. Also drängte er nach kurzer Zeit auch den zweiten Finger in die verlockende Enge des Kleineren. Er bemerkte wie sich der unter ihm Liegende anspannte, weshalb er ihn mit leichten Liebkosungen zum Entspannen brachte, auch wenn es unnötige Zeitverschwendung war. So geduldig wie nur möglich versuchte er den Kleineren vorzubereiten, spreizte seine Finger scherenartig und rieb über das kleine Nervenbündel, welches den Jüngeren immer zum Aufbäumen brachte. Tsukasa zog seine Finger zurück, gab Hizumi etwas Zeit, um wieder zu Atem zu kommen. Er nutzte die Chance und öffnete seine Hose, holte ein Kondom aus seinem Portemonnaie. Geübt zog er sich dieses über und griff dann nach den Beinen des Kleineren. Ein leicht verwirrtes Augenpaar sah ihn an, während er sich die schlanken Beine über die Schulter legte, so den bebenden Körper mehr zu sich zog. Ohne Vorwarnung versank er mit einer fließenden Bewegung in dem Zwerg, welches lautlos nach Luft japste und die Augen weit aufriss. Gierig verschloss er dessen Lippen mit seinen, plünderte die heiße Mundhöhle, während er sich hart in den zitternden Körper unter sich trieb. Fingernägel kratzten über seinen Rücken, krallten sich hier und da in sein Fleisch, dieser kleine Schmerz hielt ihn davon ab sich komplett zu verlieren und ungehalten in Hizumi zu stoßen, diesen aufzubrechen. Wieder und wieder stöhnte dieser erstickt in ihren Kuss, brach diesen, nur um dann erneut in einen verwickelt zu werden. Der Körper des Jüngeren spannte sich immer mehr an, kerkerte ihn noch stärker ein. Fest umfassten seine Hände den knackigen Hintern, massierten diesen und drückten Hizumi noch mehr auf seinen Schritt, sodass er noch etwas tiefer in diesem versank. Tsukasa schmunzelte innerlich, als er merkte, dass der Kleinere nur noch abgehakt atmete, sich noch stärker verspannte. Kurz darauf spürte er einzelne warme Tropfen auf seinem Bauch. Grinsend löste er den Kuss und trieb sich noch ein paar Mal in den erschöpften Körper bis auch er zu seinem Höhepunkt kam. Einen Moment verharrte er noch in Hizumi, betrachtete dessen rote Wangen, die schweißnassen Haare, die ihm ins Gesicht hingen. Die Brust des Kleineren hob und senkte sich schnell und auf dessen Bauch konnte er die milchige Samenflüssigkeit schimmern sehen. Eins musste er sich eingestehen, gerade sah der Zwerg richtig heiß aus und er wäre am liebsten noch ein zweites Mal über diesen hergefallen. Aber er beherrschte sich und löste sich. Das benutzte Kondom warf er irgendwo in die Ecke, um eine saubere Umwelt scherte er sich gerade überhaupt nicht. Schnell entfernte er die wenigen Spritzer von Hizumis Sperma die auf seinem eigenen Bauch prangten und zog sich an. „Mach dich sauber und zieh dich an“, meinte er nur zu dem Kleineren, welcher sich noch immer nicht wirklich gerührt hatte. Tsukasa holte aus dem Wagen noch Taschentücher und ließ den Jüngeren dann den Rest alleine machen. Es dauerte bis Hizumi sich wieder zu ihm in den Wagen setzte. Viel redete der Kleinere nicht mehr, schloss einfach nur die Augen und schlief ein. Ihm war das ganz recht. Am nächsten Morgen wurde Tsukasa langsam wach und zog sich die Decke über den Kopf. In seinem Schädel dröhnte es. Was hatte er denn gemacht, dass er solche Kopfschmerzen hatte? Er war mit dem Zwerg beim Arzt gewesen, dieser war soweit wieder gesund und das hatten sie gefeiert. Soweit so gut. Sie waren Essen gegangen und dann noch einen heben gewesen. Der Fahrer hatte sie später wieder abgeholt und jetzt war er im Bett. Er war also sicher Zuhause angekommen. „Hey Aniki! Kommst du zum Frühstück?“, polterte Zero fröhlich in sein Zimmer. Genervt verdrehte Tsukasa die Augen. Essen? Sein Magen drehte sich bei dem Gedanken alleine schon um. „Lass mal stecken. Bring mir eine Aspirin und Wasser, das reicht mir als Frühstück“, brummte er und überlegte. Irgendwas wollte er doch noch von seinem Bruder, aber gerade viel es ihm nicht ein. Es war aber etwas Wichtiges. Ob er langsam doch alt wurde? „Wieder zu viel gesoffen was? Kein Ding, bin gleich wieder da.“ Heiter und beschwingt tänzelte sein Bruder fast schon aus seinem Zimmer. Es machte ihm irgendwie Angst. Die letzten Tage war diese doch so niedergeschlagen gewesen, er hatte es bemerkt, selbst wenn sein kleiner Bruder versucht hatte das zu verstecken. Nun war dieser aber plötzlich so fröhlich. Da fiel es ihm wieder ein. Der olle Lulatsch hatte sich ja wieder in ihr Leben gedrängt. Als Zero wieder in seinem Zimmer war, bat er diesen die Tür zu schließen und nahm die Tablette entgegen. Nachdem er diese geschluckt hatte, betrachtete er seinen Bruder. „Ich hab dich gesehen… verkleidet… mit Karyu“, brummte er leise und es war fast schon eine Genugtuung, dass sein Bruder kreidebleich wurde. „Erkläre!“ „Na ja, Karyu und ich haben uns letzte Woche durch Zufall getroffen und das Problem aus der Welt geschafft. Wir arbeiten auch an einer Lösung, damit ich nicht immer dahin fahren muss. Er kann ja schlecht herkommen.“ „Was für eine Lösung?“, unterbrach er seinen Bruder. „Wir wollen uns eine Wohnung nehmen, die mittig liegt und wenn wir uns treffen dann da.“ Tsukasa schüttelte den Kopf. „Ich hab eine bessere Lösung: Trenn dich von ihm. Das alles ist viel zu unsicher. Früher oder später wird Karyu heiraten müssen und wenn es soweit ist, wirst das sicher nicht du sein. Was dann? Glaubst du, du wirst es als ausreichend empfinden, wenn du nur noch seine Affäre neben seiner Frau bist? Wenn er dir dann ganz stolz erzählen wird, dass er Vater wird? Was dann? Du machst dich nur unglücklicher je länger du es hinauszögerst. Lass es!“ „Das sind Spekulationen. Es kann auch ganz anders kommen. Ich bin glücklich mit Karyu und egal wie sehr du dich sträubst, ich werde mich nicht von ihm trennen.“ Ihm platzte bald der Kragen. Warum wollte Zero nicht auf ihn hören? „Sei lieber vorsichtig! Ich kenne das Geheimnis und wenn ich glaube, dass dir das nicht mehr gut tut, werde ich es unterbinden. Also reiz mich nicht zu sehr!“ Er drohte seinem Bruder nur ungern, aber gerade sah er einfach keine andere Möglichkeit. „Mach doch was du denkst“, patzte sein kleiner Bruder und stapfte davon. So ein Stress am Morgen und das bei seinen Kopfschmerzen. Die Decke wieder über den Kopf gezogen, wollte er gerade noch etwas schlafen, als seine Tür wieder aufgeschoben wurde. Genervt schlug er die Decke zurück und sah zu dem ungebetenen Gast, der sich als Hizumi herausstellte. Irgendwie bewegte sich dieser komisch. Der Gute ging auch ziemlich breitbeinig. „Was hast du denn angestellt?“, meinte er nur beiläufig und setzte sich auf. „Können wir über gestern reden?“ „Klar, worum geht es denn?“ „Die Sache während wir auf den Abschleppdienst gewartet haben…“ „Wir haben auf den Abschleppdienst gewartet? Was soll denn da passiert sein?“ Angestrengt dachte er nach, aber das schwarze Nichts wollte sich einfach nicht auflösen. „Sorry, aber ich kann mich daran nicht erinnern. Hab’n Filmriss. Vielleicht kann ich mich später erinnern.“ Verwirrt sah er Hizumi an, als dieser zu zittern anfing. Was war denn jetzt kaputt? Es schien sogar so, als würde dieser gleich weinen. „Du hast vergessen, dass du mich auf der Motorhaube gefickt hast? Und das ziemlich grob! Du warst der erste Mann mit dem ich Sex hatte und dann das!“, schniefte Hizumi und versuchte unbeholfen aus seinem Zimmer zu fliehen. Er hatte was? Er hatte wirklich den Zwerg da flach gelegt? Das konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Auf der anderen Seite war er voll gewesen und wenn das mit der Panne stimmte, wohl auch mit dem Kleineren alleine gewesen. Die letzte Zeit hatte er sich sowieso nicht vergnügt, da hatte sich sicher was angesammelt. Theoretisch wäre es also möglich, aber es war immer noch Hizumi über den er da nachdachte. Nein, da musste ein Irrtum vorliegen. Selbst wenn, was wollte der Zwerg da bereden? Es wäre eine einmalige Sache gewesen. Am besten dachte er darüber nach, wenn die Kopfschmerzen wieder weg waren. Er schlief noch ungefähr eine Stunde und war froh, als der Schmerz in seinem Kopf wirklich weg war. Auch der Filmriss hatte sich etwas gebessert und er konnte sich daran erinnern Hizumi auf der Motorhaube genommen zu haben. Wenn er so darüber nachdachte, war es wohl auch etwas mehr als nur grob gewesen. Aber er hätte auch nicht erwartet, dass der Zwerg noch nie mit einem Mann Sex gehabt hätte. So konnte man sich täuschen. Jetzt verschwand er erst einmal unter die Dusche. Sein Rücken brannte an manchen Stellen und im Spiegel sah er dann die roten Striemen auf seinem Tattoo. Die stammten dann wohl sicherlich von dem Kleineren. Er sollte sich wohl entschuldigen. Oh Gott, hoffentlich hatte er mit dem Fick Hizumi keine Hoffnung gemacht. Nicht das dieser jetzt glaubte, da könnte mehr zwischen ihnen laufen. Obwohl er ja zugeben musste, dass Hizumis Körper nackt schon verlockend ist. Womöglich könnte er sich zu einer Affäre hinreißen lassen, aber mehr auch nicht. Eigentlich war das aber auch schon wieder anstrengend. Auch Affären wollten meistens Dates und pfleglich behandelt werden. Ihm würde es ja reichen, wenn er jemanden hätte, den er besuchte, flach legte und dann bis zum nächsten Mal ignorierte. Vollkommen ausreichend. Theoretisch könnte Tsukasa dafür auch zu einer Prostituierten, aber viele von denen waren einfach zu dreckig. Er wollte sich schließlich versehentlich nicht noch was einfangen, weil das Kondom riss oder was auch immer. Geduscht und angezogen, ging er zu Hizumi ins Zimmer. Dieser war allerdings nicht da und auch dessen Sachen fehlten. Da ihn sein Gewissen doch etwas plagte, machte er sich auf die Suche. Weit könnte der Zwerg sicher nicht gekommen sein. Tsukasa hatte Glück. Hizumi hatte es gerade mal bis zur Bushaltestelle zwei Straßen weiter geschafft. Sah ja schon witzig aus, wie der Kleinere ging. Ein Stock im Arsch schien da noch geschmeichelt. Grinsend warf er sich den Jüngeren über die Schulter, welcher total überrumpelt war. „Lass mich los, du Fatzke! Ich bin gesund und kann endlich von euch weg!“, zeterte Hizumi und schlug mit der Faust auf seinen Rücken ein. Kurzerhand entschied er sich seiner ‚Beute‘ einen kräftigen Klaps auf den Hintern zu geben. Es folgte ein schmerzverzehrter Aufschrei und dann war es ruhig. Wieder in Hizumis Zimmer warf er diesen aufs Bett. „Liegen bleiben!“, knurrte er, weil der Zwerg sich doch ernsthaft erneut aus dem Staub machen wollte. „So, da ich mich jetzt an unseren Fick erinnern kann, können wir auch gerne darüber reden. Das wolltest du doch. Also leg los!“ Hizumi sah zur Seite, die Hände in die Bettdecke gekrallt. „Ich wollte wissen, was das zu bedeuten hatte…“, murmelte der Kleinere, weshalb er innerlich seufzte. Hoffentlich interpretierte der Zwerg da nicht zu viel rein. „Was hoffst du denn, dass es bedeutet?“, erkundigte er sich vorsichtig, damit er nicht sofort auf den Gefühlen des Kleineren herumhakte. „Ich bin mir selber nicht sicher. Du kannst schon nett sein, aber du bist immer noch ein Yakuza und die kann ich nicht leiden. Das gestern war verwirrend… Aber in dem Moment wollte ich es, auch wenn es höllisch weh tat und jetzt immer noch wehtut. Danach warst du aber so abweisend… Dir hat es nichts bedeutet, richtig?“ Von so etwas hatte er nicht so viel Ahnung, aber irgendwie vermutete er, dass Hizumi gerade auf dem besten Weg war, sich in ihn zu verlieben. „Ich bin nicht so der Romantiker und ich bin eigentlich auch kein Beziehungsmensch. Diese Situation hatte sich einfach so ergeben, extreme Gefühle waren bei mir nicht im Spiel. Tut mir leid, alles was ich dir noch sagen kann, ist das die Schmerzen vorbeigehen.“ Hizumi nickte nur. Er hatte die Wahrheit gesagt und das fand er fairer, als den Kleinen anzulügen. „Ruh dich aus und überstürze nichts.“ Langsam verließ er das Zimmer und traf sein Clanoberhaupt, welcher strahlte. „Tsukasa, der Junge, den du letztens mitgebracht hast, ist Gold wert. Er hat sich um die Hunde gekümmert und Takeru hat sie heute mit zu einem Wettkampf genommen. Sie waren viel besser als sonst. Frag unseren Gast doch bitte, ob er nicht für die Betreuung der Hunde zuständig sein will. Ein Zimmer hat er ja schon, da kann er dann wohnen bleiben und verpflegt wird er auch. Wenn er zustimmt, steht dem Sieg bei dem jährlichen Clantreffen nichts im Wege.“ Ziemlich perplex starrte er sein Oberhaupt an und verbeugte sich dann tief. Das war ja ganz großes Kino. Irgendwie musste er das Hizumi jetzt beibringen. Solch ein Angebot schlug man eben nicht aus. Kapitel 7: The past ------------------- Zeros Herz klopfte aufgeregt, als er aus der Bahnstation trat. Ausnahmsweise hatte er sich mal nicht ganz so nuttig angezogen, da er sich zusammen mit Karyu mit einem Immobilienmakler treffen würde. Die Auswahl an geeigneten Wohnungen war kleiner als erwartet, aber er war sich sicher, dass sie heute etwas finden würden. Außerdem musste er dem Größeren noch erzählen, dass Tsukasa Bescheid wusste. Das hatte Zeit, jetzt ging es um ihn, um seine Bedürfnisse. Karyu wartete schon am vereinbarten Treffpunkt. Erst wurde er mit einem Lächeln und dann mit einem Kuss begrüßt. „Du siehst gut aus. Nicht ganz so aufreizend wie sonst, hmm?“, erkundigte sich sein Freund und er nickte. Da seine Maskerade auch gegenüber dem Makler bestehen bleiben sollte, holte er einen Schreibblock hervor. „Der Makler soll mich schließlich für anständig halten, damit wir die Wohnung bekommen. Später kann ich dich dann wieder mit dem nuttigen Outfit verführen“, schrieb er und hielt es Karyu vor die Nase, welcher lachte. „Sollten wir die Wohnung bekommen und wir sind eingezogen, brauchst du gar nichts mehr tragen. Da kannst du die ganze Zeit nackt umherlaufen.“ Schnell kritzelte Zero wieder etwas auf seinen Block. „Geiler alter Bock!“ Der Größere schüttelte lachend den Kopf. „Geiler Bock ist ja in Ordnung, aber alt bin ich nicht!“, empörte sich der Blonde und wollte den Kleineren gerade in seine Arme ziehen, als der Immobilienhändler auf sie zukam. Höflich verbeugten sich alle zur Begrüßung. Zero lächelte nur und ging neben Karyu her, während dieser sich mit dem Händler unterhielt. Er mochte solche Art von Gesprächen sowieso nicht. Interessiert und neugierig betrachtete er die Wohnung, ging von einem Zimmer ins nächste. Es gab ein traditionelles Zimmer mit Tatami-Matten, während die anderen eher Holzfußboden hatten. Die Wohnung war nicht riesig, aber durchaus ausreichend für sie. Das Badezimmer gefiel ihm besonders, da es eine große Badewanne hatte, da könnten sie sogar zu zweit rein. In der Küche war schon alles eingebaut, wofür sie jedoch eine kleine Abschlagszahlung an den Vormieter zahlen müssten, falls sie die Küche übernehmen würden. Begeistert stürmte Zero auf den Balkon und grinste breit. Sie hatten sogar einen tollen Blick auf den Tokyo Tower. „Schatz, lass uns die Wohnung nehmen!“, schrieb er auf seinen Block und zeigte diesen dann Karyu, welcher wissend lächelte. Sie hatten schon ein paar Wohnungen gesehen, aber keine fand er so gut wie diese. Die restlichen Verhandlungen führte Karyu wieder alleine und da sie die ersten zwei Mieten sowie die Provision gleich bar bezahlen konnten, gab der Makler ihnen den Zuschlag. Zero konnte es kaum glauben, sie hatten ihre Wohnung, ihr kleines Liebesnest. Nachdem sie die Schlüssel bekommen hatten und der Immobilienhändler gegangen war, warf er sich seinem Freund an den Hals. „Ich liebe dich“, schnurrte Zero verführerisch und presste seine Lippen auf die von Karyu. „Haben wir noch Zeit? Wollen wir vielleicht schon mal wegen Möbeln gucken? Du bist doch mit dem Fahrer hier oder?“, erkundigte er sich und strahlte von einem Ohr zum anderen. „Immer ruhig. Ja, wir haben noch Zeit, es ging schneller als gedacht und ja wir können das Auto nehmen, aber ich fahre.“ „Du fährst? Dann nehm ich doch lieber die Öffentlichen…“ „Ey! Ich kann auch Auto fahren und du wirst brav als Beifahrer neben mir sitzen. Jetzt komm aber noch einmal her. Den Kuss gerade konnte ich gar nicht erwidern!“, echauffierte sich der Größere und zog den glucksenden Zero in seine Arme, um diesem einen leidenschaftlichen Kuss zu stehlen. Im Auto streckte sich Zero ausgiebig und entspannte sich. „Ich hab meinem Chef übrigens erzählt was wir vorhaben. Er war etwas überrascht und meinte dann aber, dass er es verstehen könnte. Da du ja nicht involviert bist in unseren Clan, glaubt er eben meine Freundin würde sich unwohl fühlen in einem Haus voller Mafiosi. Wenn ich also abends in der Wohnung bin ist es kein Problem. Ich soll aber erreichbar sein, falls mal Not am Mann ist.“ Es überraschte ihn eigentlich nicht, dass der Größere sein Clanoberhaupt informiert hatte. Er nickte lächelnd. „Schon okay. Das wird bei mir nicht anders sein und jetzt lass uns aufhören an so etwas zu denken. Wir sind jetzt gerade ein glückliches Paar, welches die erste eigene Wohnung einrichtet. Der Rest soll jetzt mal Nebensache sein.“ „Gerne. Wir sind auch gleich da. Guck, da vorne ist schon das Möbelhaus. Hast du besondere Wünsche?“ Er grinste und streichelte über Karyus Oberschenkel. „Ein großes Bett, als Spielwiese, ein stabiler Küchentisch, solche Dinge eben.“ Nun schlich sich auch ein breites Grinsen auf die Gesichtszüge des Größeren. „Ich verstehe. So etwas sollten wir durchaus finden.“ Gerade hatte er sich wieder in sein Zimmer geschlichen und sich umgezogen. Seine Verkleidung versteckte er in seinem Schrank und band sich die Haare wieder zum Zopf, als Tsukasa seinen Raum betrat. „Gehst du jetzt schon Tagsüber mit ihm aus? Reicht es dir nicht mehr nur ihm nachts zu Diensten zu sein?“, meinte sein Bruder abwertend, weshalb Zero leise knurrte. Bemüht sich nicht komplett aus der Fassung bringen zu lassen, reinigte er sein Gesicht. Mit Make-up konnte er ja schlecht rumlaufen. „Wir haben uns eine Wohnung angesehen“, erklärte er und richtete noch seine Krawatte. „Was ist eigentlich dein Problem, Kasa? Außer das du Karyu nicht leiden kannst. Die neue Lösung ist wesentlich ungefährlicher als es die bisherige war. Kannst du dich nicht einfach für mich freuen, weil ich glücklich bin?“ „Freuen? Du lässt dich zum Affen machen und ausnutzen. Deine rosarote Brille solltest du endlich einmal abnehmen, Zero. Bei der erstbesten Gelegenheit wird dich dieser zu groß geratene Fatzke wegwerfen und sich damit brüsken, was du alles für ihn getan hast, damit die ganze Yakuzawelt über dich und unsere Familie lacht. Herzlichen Glückwunsch!“ „Welcher Dreckselefant ist dir heute über die Leber gelaufen? Hat der Zwerg dich letztens nicht gut genug befriedigt? Oder hat er dich nicht mehr rangelassen, weil er jetzt ja sein sicheres Zuhause hat? Vielleicht sollte ich Karyu auch unter irgendeinem Vorwand hier einquartieren, damit er später ebenfalls hier wohnen kann. Das wäre dir dann wohl auch lieber, damit du mich weiter wie ein Kind behandeln kannst!“, antwortete er und wurde so langsam richtig böse. Was bildete sich Tsukasa eigentlich ein? „Hizumi hat damit überhaupt nichts zu tun! Das geht dich auch alles gar nichts an!“, schnarrte der Größere Zero an. „Das geht mich nichts an? Hast du mal überlegt, dass dich mein Liebesleben auch nichts angeht? Halt dich da raus!“, meinte er nun doch etwas aufbrausender. Tsukasa ballte die Fäuste. „Das geht mich sehr wohl etwas an! Du zerstörst damit deine Familie!“ „Familie? Eine Familie sollte sich unterstützen! Du weißt doch gar nicht, was das Wort Familie eigentlich bedeutet!“ Zero platzte der Kragen. Ohne darüber nachzudenken, schlug er seinem Bruder mit der Faust ins Gesicht. Der Größere taumelte kurz und schlug dann zurück. „Ich weiß, was das bedeutet. Du aber scheinbar nicht“, erwiderte Tsukasa und stürzte sich auf seinen Bruder. Auf dem Boden herumrollend, schlugen sie sich gegenseitig. Jeder von ihnen hatte schon Platzwunden im Gesicht. Im Flur hörte man Leute herbei rennen, welche in Zeros Zimmer stürmten, weil sie Lärm hörten. Mehrere Yakuzas waren nötig um die beiden zu trennen und voneinander fern zu halten. „Was ist hier los?“, donnerte eine dunkle Stimme und sofort kehrte Ruhe ein. Fast gleichzeitig verbeugten sich alle Yakuzas tief. „Kiyota-sama, es scheint, als hätten Tsukasa-san und Zero-san eine hitzige Auseinandersetzung gehabt“, erklärte einer der Untergebenen. Das Clanoberhaupt seufzte schwer. „Ich dachte, diese Zeit hätten wir endlich hinter uns gelassen. Es ist mir egal, wer von euch beiden damit angefangen hat. Der Streit ist beendet und ihr bekommt beide eine Strafe. Ich habe euch schon mehrfach gesagt, dass ich in meinem Haus solch ein Verhalten nicht dulde! Tsukasa, du kümmerst dich ab sofort bis auf weiteres nur noch um den Papierkram. Und du Zero darfst dich wieder darum kümmern die Schutzgelder der einzelnen kleinen Läden in Takada einzutreiben. Habt ihr verstanden?“ „Ja, Kiyota-sama“, riefen beide und verbeugten sich erneut, wenn auch Zähne knirschend. Alle verließen Zeros Zimmer, sodass dieser alleine zurück blieb. Kurz warf er sich aufs Bett. Am liebsten wäre er jetzt zu Karyu gegangen, hätte sich ein bisschen von dem Ganzen abgelenkt, aber er wusste, dass dieser heute keine Zeit hatte. Erst einmal ging er ins Badezimmer und versorgte seine Platzwunden. Ein blaues Auge würde er wohl auch davon tragen. Die meisten waren jetzt wohl beim Abendessen, ihm war das ganz Recht. Alles was er gerade wollte war Ruhe. Zero schlenderte zu den Hundezwingern. Hier war er schon immer gerne gewesen, die Tiere ignorierten ihn und er hatte seine Ruhe. An der Mauer setzte er sich auf den Boden und schloss die Augen. Da waren doch Schritte, dann eine quietschende Zwingertür. „Oh, hallo Zero!“, hörte er die Stimme von Hizumi. Eher unwillig öffnete er die Augen wieder und nickte dem Kleineren zu, welcher gerade dabei war die Hunde zu füttern. „Stimmt es, du hast dich mit Tsukasa gerauft? Ich hab’s vorhin gehört, als ich beim Essen war. Darf ich fragen warum?“ „Geht es dich was an, Zwerg?“ „Nein, ich denke nicht…“ „Dann frag auch nicht!“, patzte er Hizumi an. Er wollte Ruhe, mehr nicht. „Ich wette, es war wegen Karyu“, bemerkte der Kleinere beiläufig. Zeros Augen wurden groß und er grummelte leise. „Du weißt davon?“ Hizumi nickte, während er in den nächsten Zwinger ging. „Tsukasa hat es mir erzählt, nachdem wir euch letztens gesehen haben. Keine Sorge, ich werd’s niemandem verraten. Du weißt, dass er sich nur Sorgen macht, oder?“ „Pah, Sorgen. Um den Clan sorgt er sich, mehr nicht. Will hoch hinaus und wird es dennoch nie schaffen. Weiter als jetzt wird er nie aufsteigen, so langsam sollte er das wissen. Gossenkinder kommen nie weit.“ „Was meinst du damit? Also Gossenkinder?“ „Das, was es heißt. Tsukasa und ich hatten nie ein Zuhause, wir sind auf der Straße groß geworden. Die Yakuza war irgendwann unsere einzige Chance um noch zu überleben.“ „Was ist mit euren Eltern?“ „Kennen wir nicht. Waren Ewigkeiten in einem Heim, das wurde dann dicht gemacht. Wir kamen zwar zu einer Pflegefamilie, aber die waren dauerblau und haben uns auch nur verprügelt. Als ich 13 war sind wir weggelaufen und irgendwann hier gelandet.“ Hizumi kam näher und setzte sich zu Zero. „Magst du mir mehr über eure Vergangenheit erzählen?“ „Warum?“ „Tsukasa hat in meiner rumgewühlt, da will ich auch etwas über ihn wissen. Das ist doch nur fair.“ Zero seufzte und zuckte dann mit den Schultern. „Was willst du wissen?“ Etwas Besseres hatte er sowieso nicht vor. „Erzähl einfach von Anfang an.“ „Wie schon gesagt, wir waren als Kinder in einem Heim. Ob Tsukasa sich noch an unsere Eltern erinnern kann, weiß ich nicht. Aber ich denke nicht. Er war zwei, als sie uns ins Heim gaben. Während Tsukasa ein Wirbelwind war und nur Ärger gemacht hat, war ich eher ruhig. Aber keiner wollte uns. Dann wurde das Heim geschlossen und der Staat kümmerte sich darum, dass wir eine Pflegefamilie hatten. Da waren wir glaub ich acht und sieben. Der Pflegevater verlor aber kurz darauf seine Arbeit, weshalb er sich dem Alkohol hingab. Manchmal, wenn wir ihm zu anstrengend waren, mussten wir ebenfalls davon trinken. Alkohol und Kinder verträgt sich eben nicht. Unsere Pflegemutter hat zwar versucht genug Geld heranzubekommen und verschiedene Jobs angenommen, aber dadurch war sie wenig zu Hause. Tsukasa hat häufig versucht zu kochen, während ich geputzt habe und unseren Pflegevater bei der Stange hielt. Irgendwas hat den beiden aber immer wieder nicht gepasst, weshalb es Schläge hagelte. Sicher waren wir nur in der Schule.“ Zero holte kurz Luft und dachte nach. „Als ich dann dreizehn war, war ich einmal krank und blieb daheim. Ruhe bekam ich nicht, weil unser Pflegevater mich verprügelte oder losschickte, um seinen Alkohol zu besorgen. Die Leute im Laden kannten mich schon und gaben mir die Flaschen. Als ich wieder kam, war er komischer als sonst. Irgendwas hatte er damals noch gelallt. Im nächsten Moment drückte er mich zu Boden und versuchte mir die Hose auszuziehen. Ich hab mich zwar versucht zu wehren, aber durch die Krankheit war ich zu schwach. Kurz bevor der Arsch sich an mir vergehen konnte, kam Tsukasa nach Hause und hat ihn KO geschlagen. Das war der Moment, in dem wir abgehauen sind. Wir haben alles Geld mitgenommen, was wir fanden und ein paar Dinge, von denen wir wussten, dass man sie verkaufen könnte. Wir haben etwas weiter ländlich gewohnt, also sind wir mit dem Zug schwarzgefahren. Tja, dann waren wir in Tokyo. Die erste Zeit haben wir noch relativ gut leben können. Hatten ja Geld für Essen oder auch um unsere Sachen zu waschen. Als das Geld dann aber knapp wurde, haben wir eben gestohlen oder kleinen Schulkindern das Geld abgeknöpft. Allerdings kannten uns die Ladenbesitzer irgendwann und die Eltern brachten die Kinder immer zur Schule. Fast zwei Jahre haben wir so herumbekommen. In aller Verzweiflung und getrieben von Hunger hatte ich irgendwann den Entschluss gefasst mich zu prostituieren, Tsukasa war dagegen. Aber ich wusste, dass viele Frauen mir nachsahen und ich hatte sogar schon Angebote von der einen oder anderen bekommen. Die erste Frau, die ich ansprach, war die Frau vom Kiyota-Oberhaupt. Sie musterte mich nur skeptisch. Ihre Bodyguards habe ich erst wesentlich später bemerkt, da war es aber schon zu spät. Ich wurde zusammengeschlagen und in einen Kofferraum verfrachtet. Ich hatte auf ihrem Gebiet versucht Kunden anzuwerben. Normalerweise wäre ich da wohl lebend nicht mehr rausgekommen. Aber im Endeffekt hab ich von der Frau des Clanoberhauptes ein Jobangebot bekommen. Ich sollte ihr Gesellschaft leisten, Botengänge für sie erledigen etc., dafür dürfte ich dann hier wohnen und bekäme zusätzlich noch Gehalt. Ich wollte das nicht, weil ich meinen Bruder ja nicht alleine lassen konnte. Sie meinte, dass sie auch für ihn etwas finden würde und ich Zeit zum Nachdenken hätte. Komischerweise hat sie dann noch meine Wunden versorgt und mich dann Heim geschickt.“ Zero lächelte leicht, während er das erzählte. „Dann war sie der Grund, wie ihr zur Yakuza gekommen seid?“ Er nickte und steckte sich eine Zigarette an. „Ja, irgendwie schon. Es war keine Voraussetzung, aber irgendwann haben wir darum gebeten aufgenommen zu werden. Wir haben uns hier wohl gefühlt. Frau Kiyota war wirklich nett zu mir, es hat mir Spaß gemacht sie zu begleiten. Selbst als sie schwer krank wurde, war ich mit der einzige, den sie noch sehen wollte. Während ich mich um sie gekümmert habe, ging Tsukasa schon ganz in der Welt der Yakuza auf und als meine Herrin verstarb, bin ich in Tsukasas Gruppe gewechselt.“ Hizumi hustete leicht, weshalb Zero den Rauch der Zigarette in die andere Richtung blies. „Das hört sich aber eher so an, als würdest du das was du jetzt machst nicht mögen…“ „Du hast nicht ganz unrecht, Zwerg. Aber es gibt keine zweite Frau Kiyota und wenn, würde das nicht bedeuten, dass sie mich wieder als Gesellschaft will. Tja, und dank des Streits mit Tsukasa vorhin, darf ich auch wieder in das Anfängergebiet. Sprich, ich wurde degradiert. Daran merkst du, wer der Liebling ist. Mein Bruder hat eigentlich nur Hausarrest, während ich wieder im Dreck krauchen darf.“ „Wenn es dir nicht gefällt, warum gehst du dann nicht einfach?“ Zero lachte und wuschelte dem Kleineren durch die Haare. „Man kann die Familie nicht einfach so verlassen und wenn man es tut, dann meistens nicht lebend. Also überlege dir dreimal ob du ebenfalls in diese Familie willst oder dich doch nur um die Tiere kümmerst.“ Langsam stand Zero auf und sah noch einmal zu dem Anderen. „War nett mit dir zu plaudern. Beim nächsten Mal erzählst du mir etwas über dich. Einverstanden?“ Hizumi nickte lächelnd und blieb noch sitzen, beobachtete seine Pflegehunde. Zero hingegen ging zurück zu seinem Zimmer und warf sich auf sein Bett. »Hey Karyu, ich bin die nächste Zeit wieder in Takada eingesetzt. Wenn wir uns treffen können, dauert das immer etwas. Tut mir leid.« Er erwartete nicht, dass Karyu auf die SMS sofort antwortete, aber komischerweise klingelte sein Handy schon einen Moment später. »Du hast dich mit Tsukasa gestritten, richtig?« »Ja…« »Wegen uns beiden? Soll ich sonst einmal mit ihm sprechen?« Zeros Augenbrauen wanderten nach oben und er las die Nachricht ein paar Mal. Karyu wollte mit seinem Bruder reden? Das konnte doch nur nach hinten losgehen. »Er kann dich nicht leiden und da willst du mit ihm reden? Lebensmüde?« »Übertreib mal nicht so, Zero. Es wäre doch nur höflich und angebracht, dass ich mich mit ihm unterhalte und ihm meine ernsten Absichten zeige. Er ist dein Bruder und will dich nur beschützen. Also frag ihn bitte. In einer neutralen Gegend und dann nur wir drei, du allerdings in Verkleidung. ;)« Unbewusst knurrte er. In Verkleidung… War ja klar, damit sichergestellt war, dass er auch ja die Schnauze hielt. Dennoch erhob er sich wieder von seinem Bett und suchte seinen Bruder auf. Er klopfte an dessen Zimmertür und trat dann ein. Sein Bruder lag auf dem Bett mit einem Buch in der Hand. „Was willst du?“, zischte Tsukasa ihn an, aber er ignorierte es. Aus Sicherheitsgründen blieb Zero aber an der Tür stehen. „Karyu würde sich gerne mal mit dir treffen und sich mit dir unterhalten. … Nur wir drei…“ „Was will der Vollpfosten denn von mir? Ich wüsste nicht, was ich mit dem zu schaffen hätte.“ Er seufzte und rollte die Augen. „Du sollst ihn mal wirklich kennen lernen und er möchte dir zeigen, dass er es ernst mit mir meint. Geht das? Auch ohne, dass du ihn jedes Mal beschimpfst? Er weiß schließlich, dass ich dir wichtig bin und du nicht möchtest, dass ich verletzt werde.“ Etwas, was er persönlich immer noch bezweifelte. Seiner Meinung nach war er seinem Bruder scheißegal, dem war nur sein Ansehen in der Familie wichtig. Tsukasa legte sein Buch beiseite und musterte ihn. „Gut von mir aus! Wir gehen in Ueno in ein Café, allerdings will ich den Zwerg als neutrale Person mit dabei haben. Die Uhrzeit darf dein Loverboy gerne festlegen. Und jetzt raus, ich will meine Ruhe!“ Zwar wunderte er sich darüber, dass Hizumi mitkommen sollte, fragte aber nicht nach. Schweigend verließ er den Raum und kehrte in sein eigenes Zimmer zurück. »Tsukasa will sich in einem Café in Ueno treffen, allerdings soll Hizumi als neutrale Person mit. Über das Datum hat er nichts gesagt. Die Uhrzeit darfst du aussuchen.« »Hizumi? Ist das der Zwerg von dem du letztens erzählt hast?« »Genau der« »Okay… Wenn es deinem Bruder passt, treffen wir uns übermorgen um 16 Uhr an der Ueno-Station. Dann kann er uns zu dem Café führen. Bis dahin werd ich wohl aber ohne dich auskommen müssen.« »Ich frag ihn morgen. Du kannst ja bis dahin Handarbeit betreiben, wenn du mich so sehr vermisst« »Ganz so nötig habe ich es nicht, aber nach dem Treffen mit deinem Bruder, werde ich dir das Gehirn rausficken, solange bis du nicht mehr laufen kannst und um Gnade winselst.« »Das versprichst du jedes Mal aufs Neue und passieren tut es dennoch nicht. Mach also keine Versprechen, die du nicht halten kannst.« »Wenn ich dich in die Finger kriege!« »Bist du ganz brav und benimmst dich, weil mein Bruder dabei ist. So und jetzt arbeite! Ich hau mich aufs Ohr. Bis dann« » -.-‘ … Schlaf gut« Kapitel 8: Meeting, Zoo, Surprises ---------------------------------- In den letzten zwei Tagen hatte er sich regelmäßig mit Hizumi bei den Hundezwingern getroffen und mit diesem geplaudert. Auch heute wieder, obwohl ihm gar nicht so nach reden zu Mute war. Sie würden sich gleich mit Karyu treffen, weshalb er sich jetzt auch von Hizumi verabschiedete. So nervös wie heute war er schon eine Weile nicht mehr gewesen. Eigentlich hoffte er auch immer noch, dass das Treffen nicht stattfinden würde. Seufzend zog er sich in seinem Zimmer um und kletterte dann die Feuerleiter hinab. Hizumi und Tsukasa traf er an der Bahnstation. Während sein Bruder nur die Nase rümpfte und schnaubte, schien der Zwerg doch begeistert zu sein. „Ich sag es ja nur ungern Zero, weil du ja eigentlich ein Kerl bist, aber du siehst echt scharf aus“, murmelte dieser, weshalb er lächelte und ein ‚Danke‘ auf seinen Block schrieb. Stumm sein, war manchmal echt nicht einfach. Die Fahrt bis nach Ueno verlief eher ruhig. Tsukasa schwieg, während Zero und Hizumi Galgenmännchen auf dem Block spielten. Richtig konzentrieren konnte Zero sich jedoch nicht. Er grübelte darüber nach, wie er seinen Freund begrüßen könnte, ohne dass sein Bruder dies als unangenehm empfand. Wäre ein kleiner Kuss möglich? Oder sollte er Karyu doch lieber nur umarmen? Bevor er sich entscheiden konnte, waren sie auch schon da. Sein Herz klopfte aufgeregt, als er seinen Liebsten vor den Ticketkontrollen sah. Unbewusst wurde er etwas schneller und umarmte dann Karyu, drückte diesem einen kleinen Kuss auf die Lippen. Als Mädchen durfte er das. Der Größere nahm ihn ebenfalls in die Arme, löste sich dann aber. „Hallo Michie, ich freu mich auch dich wieder zu sehen. Lass mich jetzt aber die anderen beiden begrüßen.“ Zero nickte und trat etwas beiseite. Karyu stellte sich noch einmal höflich vor und verbeugte sich, vor allem vor Tsukasa tief. „Ja, ja schon gut! Heb dir das für das Café auf“, grummelte sein Bruder, weshalb er nur die Augen verdrehte. Tsukasa stapfte voran und sie folgten ihm. Lächelnd legte er seine Hand in Karyus. Ein bisschen Pärchenverhalten durften sie schließlich auch an den Tag legen. Für einen Moment hatte Zero befürchtet sein Bruder würde sie in ein Maidcafé zerren, aber das war überflüssig gewesen. Es war ein kleiner Laden, der eine bunte Mischung an alten westlichen Dekorationen erhielt, aber dennoch nicht schlecht wirkte. Es gab dem Laden irgendwie eine heimische Atmosphäre. Zero setzte sich neben Karyu und Hizumi saß ihm gegenüber. Von jetzt an lag alles bei Karyu. Sie bestellten noch ihre Getränke, wobei Karyu auch sein Melonsoda bestellte. Nervös legte er seine Hand auf den Oberschenkel seines Freundes. Ihm gefiel das immer noch nicht. Könnte das überhaupt gut gehen? „Ich hätte so ein Treffen viel früher vorschlagen sollen. Es tut mir leid, Tsukasa. Das du dir Sorgen um deinen Bruder machst, ist ganz normal und ich hätte sie dir von Anfang an nehmen müssen.“ „Überspring den höflichen Teil und komm zu deinem Hauptanliegen. Vielleicht können wir dann diese Farce abkürzen“, brummte Tsukasa und starrte böse zu Karyu hinüber, welcher nur lächelte. „Mein Hauptanliegen? Ich möchte dir beweisen, dass ich Zero wirklich Liebe und ihn sicherlich nicht in Gefahr bringen möchte. Ich bin mir durchaus bewusst, dass dein Bruder ein großes Risiko eingeht, wenn er zu mir kommt. Deswegen haben wir uns eine Wohnung gesucht. Dort muss er sich nicht mehr verkleiden und es kann ihn auch niemand entdecken. Yamato-san weiß durchaus Bescheid, dass es die Wohnung gibt, aber er hat mir versprochen mich nur anzurufen, wenn ich dort bin. Er findet Michie sympathisch und glaubt sie fühlt sich unwohl in der Nähe der Yakuza, weshalb er es akzeptiert und versteht. Es besteht also keine Gefahr mehr.“ Karyu pausierte, als die Bedienung mit ihren Getränken kam. „Bist du sicher, dass es wirklich diesen Grund für die Wohnung gibt? Oder willst du ihn nur weg von eurem Haupthaus schaffen, damit dort Platz für eine richtige Frau an deiner Seite ist? Ich kenne die Gerüchte, Karyu. Yamato will bald abtreten und du sollst sein Nachfolger werden, aber zu jedem Nachfolger gehört auch eine Frau. Diese Frau kann nicht durch meinen Bruder gespielt werden. Zumal eine Stumme schon mal gar nicht akzeptabel ist. Du sagst, du liebst ihn? Dann trenn dich von ihm. Mach Schluss mit dem Ganzen. Klar wird er trauern, aber er wird es überleben und anderweitig glücklich werden.“ Zero schüttelte den Kopf und schreib ein ‚NEIN‘ auf seinen Block. Das war für ihn einfach nicht möglich. „Benimm dich nicht wie ein Kind, Zero!“, ermahnte sein Bruder ihn. „Es mag egoistisch sein, aber ich kann mich nicht von ihm trennen. Vielleicht hast du Recht und er würde irgendwann glücklich werden, aber ich könnte ohne ihn nicht mehr glücklich sein. Aber ja, es ist durchaus wahr, dass ich der Nachfolger werden soll. Wenn ich jedoch nur Nachfolger werden kann, wenn ich mich von Zero trenne, werde ich die Position ablehnen. Ich würde mit keiner Frau an meiner Seite glücklich werden, selbst wenn ich nebenbei noch eine Affäre mit deinem Bruder hätte. Ich will ihn ganz und gar, sowie auch ich ihm ganz und gar gehören will. Da ist kein Platz für eine oder einen anderen“, erklärte der Blonde und lächelte dabei sicher. „Du spuckst große Töne, aber ich bezweifele, dass du diese halten kannst. Wer sagt mir, dass du über Zero nicht nur unseren Clan aushorchen willst. So könntest du an Vorteile kommen.“ „Wenn ich das wollte, hätte ich das schon längst getan. Wir haben eine Vereinbarung getroffen, wir reden nicht über die Arbeit. Allerhöchstens über die Orte, an denen wir uns gerade befinden oder befinden werden, um zu sehen, ob wir uns treffen können.“ Stumm seufzte Zero und nahm sich sein Melonsoda zur Hand, pustete leicht in den Strohhalm, sodass blasen entstanden. Das würde sicherlich noch eine Weile so weitergehen und für ihn war ein Ende noch nicht in Sicht. Er sah zu Hizumi, der ziemlich verwirrt schien. Der hatte wohl selber keine Ahnung, warum er jetzt hatte mit müssen. Während die beiden rumdiskutierten, fingen sie irgendwann an wieder Galgenmännchen oder andere Dinge auf dem Block zu spielen. Weg konnten sie gerade sowieso nicht. „Hizumi, was sagst du dazu?“ Der Kleinere schreckte hoch und starrte Tsukasa an. „Ähm, wozu jetzt genau?“ Tsukasa schnaubte. „Ob Karyu das nun alles ernst meint oder nicht?“ „Ach so, ja also… Sie sind beide erwachsen und sie sind sich ihrer Situation durchaus bewusst und für mich hat das alles durchaus durchdacht geklungen… Du allerdings wirkst wie eine Glucke. Natürlich machst du dir Sorgen um Zero, aber er ist nun einmal glücklich mit Karyu. Vielleicht sollte man solche Treffen häufiger machen, damit du Karyu auch mal von einer anderen Seite kennen lernst. Womöglich nimmt dir das die Sorgenfalten“, erklärte Hizumi und lächelte schief. Zero lehnte sich begeistert über den Tisch und klopfte dem Kleineren auf die Schulter, während er nickte. Er hätte nicht gedacht, dass der Zwerg auf seiner Seite war. „Wenn es für dich in Ordnung wäre, können wir uns gerne ab und an so zu viert treffen. Du bist der Bruder von Zero und ich fände es gut, wenn wir uns privat auch verstehen“, fügte Karyu hinzu und lächelte. Zero hielt seinen Block hoch und grinste. „Los Dicker, gib dir ‘nen Ruck. Lass uns Doppeldates haben!!“, las Tsukasa leise und schnappte sich dann den Block, um Zero damit eins auf den Deckel zu geben, weshalb Karyu und Hizumi lachten. „Benimm dich!“, grummelte Zeros Bruder und nickte dann ergeben. „Na gut, das heißt aber nicht, dass ich eure Beziehung billige oder ähnliches. Ich finde es noch immer nicht gut.“ Während Zero ganz wie ein Mädchen eine Schmollschnute zog, schüttelte Hizumi nur den Kopf. „Wir haben es verstanden! So Herr von und zu Tsukasa, wir beide lassen die zwei jetzt alleine. Hopp hopp steh auf, wenn du nicht gleich einen Giftzwerg haben willst!“ Sein Grinsen wurde breiter, während er seinen Bruder und Hizumi betrachtete. Der Kleine hielt seinen Bruder scheinbar ganz schön auf Trapp. Er selbst kuschelte sich an Karyu und winkte den anderen beiden zum Abschied. Als die beiden das Café verlassen hatten, sackte Karyu etwas zusammen. Verwirrt betrachtete er seinen Freund. „Ich hab echt geglaubt, dass er mich jeden Moment über den Tisch zieht und frisst. Dein Bruder hat echt einen fiesen Blick drauf. Wollen wir noch etwas für unsere Wohnung besorgen gehen?“, murmelte der Größere und betrachtete ihn. Schnell nickte er und tippte sich dann aber mit dem Zeigefinger auf die Lippen. Karyu kannte dieses Signal schon und sagte noch ein: „Aber natürlich!“, bevor sich ihre Münder zu einem leidenschaftlichen Kuss trafen. Sie bezahlten noch die Rechnung und machten sich dann daran einiges für ihre Wohnung zu besorgen. ~*~ „Und jetzt sind wir gegangen. Was nun, du Nervtöter?“, grummelte Tsukasa und steckte sich eine Zigarette an. „Nun gehen wir in den Zoo! Und mach die Kippe aus, das schadet deiner Gesundheit!“, frohlockte Hizumi, nahm dem Größeren die Zigarette aus dem Mund und zertrat diese am Boden. „Sag mal, hast du sie noch alle? Was bildest du dir ein?“, protestierte er und wollte sich schon den nächsten Glimmstängel nehmen, als der Zwerg ihm die Zigaretten stahl. „Stell dich nicht so an, wenn wir im Zoo sind bekommst du eine.“ „Wer bist du? Meine Mutter?“ Das war doch wohl die Höhe! Dann würde er sich eben eine neue Schachtel kaufen. Der nächste 24h-Supermarkt war ja gleich um die Ecke. Routiniert griff er sich in die Gesäßtasche und wollte sein Portemonnaie hervorholen, doch dieses war weg. Hatte er es im Café verloren? „Suchst du das?“, gluckste Hizumi und hielt seinen Geldbeutel hoch. „Woher?“ „Ein paar kleine Taschendiebtricks beherrsche ich auch und jetzt komm endlich!“, lachte der Kleinere und ging voran. Tsukasa knurrte missbilligend. Nach Hause laufen ging nicht, weil die Strecke zu weit war und sein Fahrer hatte zurzeit frei, weil er ja eigentlich nur Innendienst hatte. Seine Fahrkarte war natürlich in seinem Portemonnaie, welches dieser verfluchte Zwerg hatte. Unwillig folgte er Hizumi, welcher begeistert in Richtung Zoo lief. Was hatte er nur falsch gemacht in seinem vorherigen Leben, dass er jetzt so gestraft wurde? Der Kleinere erdreistete sich auch noch die Eintrittskarten von seinem Geld zu kaufen! Da lebte einer gerade wirklich gefährlich! Vor allem, warum war der so rotzfrech? Er wusste, dass Hizumi frech und nervig war, aber nicht so… „So wir sind im Zoo, bekomm ich jetzt mein Geld und meine Kippen wieder?“, grummelte er mit verschränkten Armen vor der Brust. Hizumi hielt ihm die Zigaretten hin. „Die kannst du wieder haben, den Rest behalte ich noch“, flötete der Zwerg. „Wie kommt es eigentlich, dass du heute so super nervtötend bist? Was gutes passiert?“ Warum Tsukasa sich seinem Schicksal ergab, verstand er selber nicht. „Woher hast du diesen Taschendiebtrick?“ „Nein, nichts passiert. … Von Zero.“ Seine Augenbraue hob sich kaum merklich an. Von seinem Bruder? „Du verstehst dich gut mit meinem Bruder in letzter Zeit… Ihr hockt auch nachmittags immer bei den Zwingern zusammen. Mach dir keine Hoffnungen, der hechelt zurzeit Karyu hinterher und sonst legt er Weiber flach“, meinte Tsukasa mürrisch, während er zu den Robben hinüber sah. „Hmm? So ein Verhältnis ist das nicht. Bist du eifersüchtig? Hast du Angst, ich klau dir deinen Bruder?“ Hizumi grinste schelmisch und das wurde noch breiter, da Tsukasa ertappt zusammen zuckte. „Nein, bin ich nicht. Der macht eh nur was er will!“ Irgendwie hatte er auch eher Angst, dass Zero ihm den Zwerg wegnahm… Verwirrt sah er zu Hizumi, der lachte. „Du lässt dich heute ganz schön aus der Reserve locken. Das ist die Rache dafür, dass du mich so brutal entjungfert hast und dann auch noch so abweisend warst!“ „Geht das wieder los!“, brummte der Größere genervt und rollte mit den Augen. „Ich war betrunken und du auch! Hättest ja die Klappe aufmachen können. Du hattest kein Schild um den Hals, wo ‚Arschjungfrau‘ drauf stand!“ „Man könnte von vornherein auch einfach sanfter sein! Da würdest du dir sicher keinen bei abbrechen!“, erwiderte Hizumi patzig und versuchte dem Yakuza einen harten Schlag gegen die Brust zu geben. Doch Tsukasa wehrte den Schlag ab und zog den Kleineren an sich heran. „Giftzwerg!“, knurrte er und legte dann seine Lippen auf die von Hizumi. Da war wieder so ein warmes Gefühl in seinem Bauch, wie in der Nacht, als er Hizumi auf der Motorhaube genagelt hatte. „Arsch mit Ohren“, zischte der Zwerg und löste sich von dem Größeren. Natürlich wurden sie komisch von den Leuten angestarrt, da zwei sich küssende Männer in Japan einfach auffielen. „Was sollte das eigentlich gerade?“, grummelte Hizumi, weshalb Tsukasa nur grinste und sein Portemonnaie hochhielt. „Du bist nicht der einzige mit Taschenspielertricks!“ Das schmollende Gesicht des Hundebetreuers war wirklich Gold wert. Tsukasa streckte sich, als sie endlich wieder im Haupthaus waren. Er hatte sich wirklich noch dazu breitschlagen lassen, Hizumi zum Essen einzuladen. „Tsukasa, kann ich dich was fragen?“ Verwirrt sah er zu dem Kleineren und zuckte mit den Schultern. „Würdest du mit mir gehen?“, murmelte Hizumi leise. „Wohin denn?“ Für einen Moment stutzte der Kleinere und schüttelte dann den Kopf. „Ich meine, ob du mein fester Freund sein würdest… Das wir so zusammen sind wie Zero und Karyu…“ Nun guckte er nicht schlecht. „Du willst eine Beziehung … mit mir?“ Da musste er jetzt noch einmal nachhaken. „Ja, uhm… schon.“ Der Zwerg musterte seine Schuhspitzen sehr gründlich. „Du kannst zwar ganz nett sein, aber ich bin nicht so der Beziehungstyp. Ich kann nicht ständig auf Dates mit dir gehen oder so ‘nen Kram. Romantisch bin ich auch schon mal gar nicht veranlagt.“ Tsukasa wollte ehrlich sein. Er konnte Hizumi nichts versprechen. „Musst du auch nicht unbedingt. Ich möchte mehr Zeit mit dir verbringen.“ „Hizumi, ich glaube, du weißt nicht worauf du dich einlässt. Ich bin ein Yakuza, Zeit mit mir zu verbringen bedeutet für dich, dass du dich in Gefahr begibst. Außerdem würde ich dich nur ausnutzen, weil ich hin und wieder nur etwas zum Ficken brauch. Früher waren es irgendwelche Weiber und wahrscheinlich würde ich dann einfach dich nehmen, weil’s einfacher wäre. Mehr wäre das nicht!“ Wieder war er ehrlich und vermutete, dass der Zwerg das nun verstand. „Das ist mir egal! Zur Not werde ich auch ein Yakuza!“, patzte der Kleinere ihn an und verschwand dann stampfend. Zurück blieb ein vollkommen irritierter Tsukasa, der nur noch den Kopf schüttelte. Den Zwerg sollte mal einer verstehen. Erst hasst der die Yakuza und nun will er selber einer werden, das auch noch ausgerechnet wegen ihm? Wo war er da nur reingeraten? Irgendwie musste er an seinen Bruder denken, als der ihm damals von Karyu erzählt hatte, von dem Dilemma. Zero war damals so verwirrt gewesen. „Ich weiß, dass es nicht gut ist, wenn ich ihn liebe. Es ist gefährlich, vor allem für mich und die Familie, aber ich kann auch nicht anders. Ich muss bei Karyu sein. Kasa, warst du jemals so verliebt, dass dir jedes deiner Prinzipien egal war und du nur noch für deine Liebe lebtest?“, erinnerte er sich an die Worte seines Bruders. War das bei Hizumi jetzt der Fall? Hatte dieser sich in ihn verliebt, so sehr, dass selbst der Hass auf die Yakuza unbedeutend wurde? Konnte Liebe so etwas bewirken? Wenn ja, dann wollte er nicht lieben. Das brachte die gesamte Grundordnung durcheinander. Hatte nicht irgendein Wissenschaftler mal behauptet, dass Liebe nur ein chemischer Prozess im Körper des Menschen wäre? Sollte der Zwerg doch machen was er wollte. Es war ihm egal und wenn er so an Sex kam ohne sich mit Flirten oder ähnlichem abzumühen. Bitte schön, würde er nicht sein sagen. Zwar bezweifelte er, dass das so im Sinn des Kleineren war, aber er brauchte sich nichts vorzuwerfen. Er hatte Hizumi vorgewarnt. Tsukasa erklärte die Welt einfach nur noch für verrückt und damit war die Sache erledigt. Was ihn aber wurmte, war die Tatsache, dass sein Bruder die Chance schon wieder nutzte, um bei Karyu zu sein. Dieses Treffen heute war nicht ganz so gedacht gewesen. Mit schweren Schritten ging er in sein Zimmer und warf sich auf das Bett, starrte an die Decke. Noch immer war er der Meinung, dass diese Beziehung alles andere als gut war für Zero. Aber mehr als das konnte er nicht sagen. Natürlich hatte er eingesehen, dass Karyu es wohl wirklich ernst mit seinem Bruder meinte, jedoch bezweifelte er, das alles so umsetzbar war wie die beiden dachten. Wenn seine Erinnerung ihn nicht trübte, dann würde der Yamato-Clan wohl in spätestens drei Monaten ein neues Oberhaupt haben. Also würde sich schon bald zeigen, ob das alles so klappte. Seufzend rollte er sich auf die Seite. Er wollte ja, dass sein Bruder glücklich wäre, aber so würde das nichts werden. Vielleicht wäre es einfacher, wenn alles aufflog oder Zero die Yakuza verließ. Beides würde aber nicht minder gefährlich sein, als das was zurzeit ablief. Eigentlich war er auch schon kurz davor seinen Bruder zum Überlaufen zu überreden. Sollte dieser doch in den anderen Clan, einen großen Unterschied machte es nicht, zumindest in der Theorie. In der Praxis sah das anders aus. Natürlich könnte man durchaus in einen anderen Clan, aber man würde immer schief angesehen werden, niemals könnte man vertrauen erlangen. Wenn einem die Familie misstraute, war das auch nicht so sonderlich erstrebenswert. Warum zerbrach er sich deswegen eigentlich schon wieder den Kopf? Egal, was er dazu sagte, sein Bruder hörte ihm sowieso nicht zu und eine wirkliche Lösung für dieses Problem gab es auch nicht. Er sollte es lassen. Kapitel 9: Inevitable fate -------------------------- Tsukasa entspannte gerade an seinem Schreibtisch mit einem kühlen Bier, welches ihm erfrischend die Kehle hinunter lief. Seit gut vier Monaten kümmerte sich Hizumi jetzt um die Tiere und trotz seiner Zweifel klappte es sogar mit der Fick-Beziehung. Wenn er wollte knallte er den Zwerg, dieser schien auch keine Erwartungen an ihn zu richten. Es war sogar ganz angenehm, manchmal, wenn er sehr gute Tage hatte, ging er mit Hizumi Essen, aber das war es auch schon. Der Kleinere hatte auch kein Wort mehr darüber verloren ein Yakuza werden zu wollen, was er ebenfalls als gut befand. Scheinbar schien auch das Liebesnest seines Bruders und Karyu gut zu funktionieren. Zwar schlich sich Zero deswegen immer noch aus dem Haus, aber er fühlte sich wohler. Zero war so wenigstens nicht mehr in der Höhle des Löwens. Sie hatten es sogar schon zweimal geschafft diese sogenannten ‚Doppeldates‘ durchzuführen. Trotzdem war Karyu jetzt nicht in seinem Ansehen großartig gestiegen. Irgendwie traute er diesem immer noch nicht. Dennoch schien zurzeit alles nahezu perfekt, zumindest privat. Der Clan hatte so einige Probleme. Ein paar kleinere Yakuza-Gruppen versuchten ausgerechnet in ihrem und im Gebiet des Yamato-Clans Fuß zu fassen. Ständig gab es Zoff. Nicht nur zwischen ihnen und den kleinen Gruppen, sondern eben auch mit dem Yamato-Clan. Viel zu schnell kam es zu Verwechslungen, weshalb man dann fast immer gleich einen Yakuzakrieg am Hals hatte. Tsukasa vermutete, dass das eigentlich die wahre Idee dieser komischen Gruppen war. Es wäre einfacher für sie, wenn die beiden großen Clans sich gegenseitig die Köpfe einschlagen und so weniger auf die Eindringlinge achteten. Glücklicherweise hatte das noch nicht funktioniert. Aber wer wusste schon, wie lange das noch anhielt? Es klopfte und gleich darauf trat Zero ein. „Na, was willst du?“, erkundigte sich der Ältere und ahnte eigentlich schon, dass Zero wieder zu Karyu wollte. „Ich will gleich zu Karyu, aber vorher wollte ich dich was fragen.“ Tsukasa musterte seinen Bruder skeptisch. Das war selten und erweckte sein Misstrauen. „Der Zwerg wird nun doch Yakuza? Hatte du nicht gesagt, dass du ihn davon abhalten wolltest?“, fragte sein Bruder und sofort zogen sich Tsukasas Augenbrauen zusammen. „Ich hatte mit ihm geredet. Er hatte der Fick-Beziehung zugestimmt und er meinte dann auch, dass er kein Yakuza werden würde. Wie kommst du also darauf, dass er einer wird?“ Nach dem Abend hatte er noch einmal mit Hizumi darüber gesprochen, dieser hatte auch Einsicht gezeigt. Es hatte ja auch keine gegenteiligen Verhaltensmuster gegeben. Außerdem passte das Yakuza-Dasein überhaupt nicht zu dem Erdnuckel. „Wie ich darauf komme? Er redet gerade mit Takamatsu über seinen Tattootermin und das Muster, welches er sich ausgesucht hat. Takamatsu sucht sogar schon im Terminkalender des Chefs nach einem Termin für die Einführungszeremonie. Worauf sollte das denn sonst hinauslaufen? Es geht sicherlich nicht darum, dass unser Boss der Sugardaddy des Zwergs wird. Der hat ja schließlich schon dich… Oder bist du nicht aufmerksam genug? Du weißt schon, dass du ihm ab und an mal was Gutes tun solltest. So wie sich euer Sex immer anhört, habe ich eh das Gefühl, dass du ziemlich egoistisch bist.“ Bei seinen letzten Worten grinste Zero mit einer Mischung aus Gehässigkeit und Frechheit. Sofort sprang er auf und grummelte. „Das werde ich unterbinden und dich geht mein Sexleben ‘nen feuchten Dreck an. Oder frag ich dich aus, wie Karyu dich flachlegt? So ganz normal wird das sicher auch nicht ablaufen“, meinte er murrend. „Mein Zimmer ist direkt neben deinem und die Wände sind sehr hellhörig. Da kann ich noch so gute Ohropax und ein Kissen über den Kopf haben, Hizumi ist einfach immer zu hören. Allen voran sein ‘Gott, bitte nicht so!‘ oder sein ‘Ah, nicht da!‘, dazukommt noch ‘Hng, bitte nicht so fest‘ sowie andere Winseleien dieser Art. Dabei bin ich nun wirklich nicht häufig da! Und wenn es dich interessiert, bei mir hört sich das eher so an: ‘Ah, genau da‘ oder ‘Mehr, mehr‘. So sollte sich das auch anhören“, belehrte sein jüngerer Bruder ihn, was er mit einem Zähneknirschen hinnahm. So lange sich Hizumi nicht beschwerte, würde er sicherlich nichts ändern, überdies hatte der Zwerg bisher noch immer seinen Orgasmus gehabt. „Verzieh dich zu dem Lulatsch und behalte deine unnötigen Tipps für dich!“, patzte er nur und ließ Zero in seinem Zimmer stehen. Jetzt musste er erst einmal zu Hizumi und diesem den Kopf wieder zu recht rücken. Der und Yakuza, nie im Leben. ~*~ Zwar bezweifelte Zero, dass Tsukasa noch etwas an Hizumis Entscheidung ändern könnte, aber er ließ es ihn versuchen. Seine Gedanken waren eh bei Karyu, weshalb er sich beim Umziehen beeilte. Wieder in Schale geworfen und mit ein paar Sachen dabei, machte er sich auf den Weg. Morgen hatte er frei und das würde er nutzen, zusammen mit Karyu. Mittlerweile hatte er sich auch daran gewöhnt, dass die Leute ihn in der Bahn anstarrten. Er sah eben gut aus und die Klamotten standen ihm. »Hey Großer, bin schon auf dem Weg. Bringst du etwas zu Essen mit, aber bitte nicht wieder nur Cup-Nudeln! Bis nachher!«, schrieb er Karyu eine SMS und stieg dann aus der Bahn aus, weil er in eine andere Linie umsteigen musste. Nach ungefähr fünf Minuten war er dann an der richtigen Haltestelle und machte sich auf den Weg zu ihrer Wohnung. Einige Leute die ihn schon kannten, begrüßten ihn und er lächelte diese an. Als er mit Karyu die klassischen Einzugsbesuche gemacht hatte, hatten sie gleich dafür gesorgt, dass auch diese glaubten er wäre stumm. Gut, die Leute kannten ihn ebenfalls nur als Frau. Endlich im Liebesnest angekommen, öffnete er die Fenster und räumte die Unordnung vom letzten Mal auf. Glücklicherweise hatten sie daran gedacht den Geschirrspüler anzumachen, sodass er diesen nur ausräumen musste. Es wurde schon dunkel und er lümmelte auf dem Sofa herum, während das Fernsehprogramm ihn berieselte. Karyu war spät dran und eine Nachricht hatte dieser bisher auch nicht geschickt. Hoffentlich war nichts passiert. Sofort sprang er auf, als er den Schlüssel im Schloss hörte. Die Tür öffnete sich und Karyu humpelte hinein. Ungeduldig wartete er bis die Tür sich hinter dem Größeren schloss. „Was ist passiert? Du hast dich doch nicht etwa prügeln müssen?“, erkundigte er sich und half seinem Freund ins Wohnzimmer, wo dieser sich ächzend niederließ. Zero würde es wirklich verwundern, wenn Karyu sich noch schlagen müsste, eigentlich war dieser doch aus so einer Position raus. „Nein, ich hab mich nicht geprügelt, ich wurde nur verprügelt…“, seufzte der Größere und ließ sich von Zero das Jackett und die Schuhe ausziehen. Er lief ins Badezimmer und holte einen Verbandskasten, damit er die Wunden des Anderen versorgen konnte. „Aber warum lässt du dich denn verprügeln? Das ergibt für mich so keinen Sinn.“ Als erstes kümmerte er sich um die kleinen Platzwunden in Karyus Gesicht, reinigte diese und klebte Pflaster darauf. Sein Liebster beobachtete ihn nur dabei. „Weil wir ein Problem haben oder vielmehr ich… ach keine Ahnung…“, grummelte Karyu und hielt Zero dann an den Handgelenken fest. Verwirrt sah er dem Größeren in die Augen. „Was ist los, Karyu?“ „Kannst du dich noch daran erinnern, dass Tsukasa meinte, ich würde der Nachfolger werden, dass ich den Yamato-Clan übernehmen soll?“ Zero nickte und er ahnte, dass ihm nicht gefallen würde, was er gleich zu hören bekäme. „Mir wurde genau das heute eröffnet und wie dein Bruder vermutet hat, soll ich dafür auch heiraten. Mein Chef hat mir verschiedene Heiratskandidatinnen vorgelegt. Als ich ihm sagte, dass ich nicht heiraten will und doch dich habe, ist er ausgerastet. Du sollst höchstens meine Affäre sein, aber nicht mehr und er akzeptiert kein ‘nein‘. Als ich auf meinen Standpunkt beharrte, hat er seine Wut an mir ausgelassen. Wobei seine Worte, als ich gehen durfte auch eindeutig waren. Ich bekomme etwas Bedenkzeit und sollte meine Antwort nicht die sein, die er will, dann werde ich wohl aus dem Weg geräumt“, erklärte Karyu und wurde dabei immer leiser. Zero war für einen Moment wie erstarrt und er merkte erst, dass er die Luft angehalten hatte, als diese ihm ausging. Er suchte nach den richtigen Worten, aber irgendwie wollten sie ihm nicht so wirklich einfallen. „Es war doch klar… jetzt wo wir endlich mal glücklich sind“, meinte er schief lächelnd und vergrub sein Gesicht an Karyus Halsbeuge. „Es ist okay, Karyu. Heirate und werde das Clanoberhaupt. Lieber sehe ich dich selten, als dass ich dich nie wieder sehen kann. Wer weiß, womöglich sollen wir vielleicht gar nicht so glücklich sein.“ „Ach Zero, sag das nicht. Wahrscheinlich könnte ich die Hochzeit noch hinaus zögern oder uns fällt noch eine andere Alternative ein.“ Er schüttelte den Kopf. „Ist schon in Ordnung, es ist wie es ist vorerst. Wir sollten versuchen, es zu akzeptieren. Aber bitte lass es uns jetzt aussperren, wenn ich hier mit dir bin, will ich glücklich sein. Am besten gehst du schnell duschen und ziehst dich um. Ich bestell uns was zu essen.“ Das Karyu mit dieser Idee nicht einverstanden war, sah er ihm an. Mit zusammengezogenen Augenbrauen und einem skeptischen Blick wurde er eindringlich gemustert, aber er versuchte nur zu lächeln. Er würde lernen müssen ohne den Größeren auszukommen, denn sobald dieser den Yakuza-Clan übernahm, würde Karyu weniger Zeit haben. Aber Karyu würde leben und das war die Hauptsache. Zero hätte nichts davon, wenn sein Freund auf seinem Standpunkt beharrte und dann in der Bucht von Tokyo versenkt wurde. „Gut ich geh duschen. Bestellst du etwas Italienisches?“, seufzte der Größere und stand langsam auf. „Mach ich. Willst du was Spezielles trinken?“ „Bier wäre ganz gut…“ „Bekommst du und jetzt ab mit dir!“, meinte er so fröhlich wie möglich, während er innerlich seine eigene Existenz verfluchte. „Du bist dir wirklich sicher, Zero? Noch können wir über eine andere Lösung nachdenken“, versuchte Karyu ihn zu überreden, doch er schüttelte nur den Kopf. „Karyu, die gibt es nicht. Es ist in Ordnung. Wir schaffen das schon. Jetzt muss ich ehrlich gehen!“, erwiderte er und drückte dem Größeren noch einen Kuss auf die Lippen. Geschickt zog er sich die Stiefel an und wollte die Tür gerade öffnen, als er sich noch einmal umdrehte. „Ich liebe dich! Vergiss das nie!“, meinte er schnell und huschte aus ihrer Wohnung. Er wollte schon jetzt wieder zurück, die Tür hinter sich verschließen und vergessen, was hier in der Realität auf sie wartete. Zero zwang sich nicht zurück zu sehen, wahrscheinlich würde er diese Wohnung so schnell nicht wieder betreten können. Was Karyu ihm gestern offenbart hatte, würde von nun an ihr Leben dominieren. Mehr denn je, spürte er eine unüberwindbare Mauer in ihrer Beziehung. Sie hatten nur noch diese eine Nacht gehabt. Zu wenig. Gerade hatte er das Haus verlassen als sein Handy vibrierte. Eine Nachricht von Tsukasa. »Es gibt Probleme! Beeil dich! Kasa« Sofort nahm er die Beine in die Hand und machte sich auf den Heimweg. So schnell er konnte, rannte er nach Hause und zog sich um, dennoch musste er gründlich sein. Im Anzug und mit Zopf stand er vor seinem Bruder, der über seinem Schreibtisch brütete. „Was ist passiert?“, keuchte er vollkommen außer Atem. „Gestern Abend kam es wieder zu einer Auseinandersetzung mit den Eindringlingen, dem Yamato-Clan und unseren. Durch eine Reihe von unglücklichen Zufällen, entstand Chaos und Hideo hat dabei einen Polizisten versehentlich erschossen, welcher mit hineingeraten ist. Gleichzeitig wurden auch zwei Leute vom Yamato-Clan angeschossen, auch unsere Leute haben einige Blessuren davon getragen“, erklärte sein Bruder. Das stank nahezu nach Ärger und nach Opfern. „Sind die genauen Umstände denn bisher geklärt?“, wollte Zero wissen, aber der Ältere schüttelte den Kopf. „Nein, keiner weiß so wirklich, wer wen angeschossen hat, aber es ist sicher, dass Hideo den Polizisten erschossen hat. Hideo ist aber definitiv noch nicht in dem Rang, dass er für das Wohl der Familie in den Knast gehen kann. Es wäre für ihn eher eine Auszeichnung, als eine Strafe, wenn er so früh geht. Alle anderen, die soweit wären in unserer Gruppe sind im Knast oder haben es schon hinter sich. Der Chef will aber eine Antwort.“ Tsukasa schüttelte den Kopf und steckte sich eine Zigarette an. „Das ist nicht das einzige Problem, Kasa. Wären nur diese dreisten neuen Clans verletzt wäre das alles kein Problem, aber bei dem Yamato-Clan muss eine Entschädigung kommen. Du bist der große Bruder von Hideo, es wird dein Fingerglied sein, welches den Yamatos geopfert werden muss. Natürlich wird auch Hideo eins verlieren müssen, aber der Wert davon ist gleich null.“ Bisher waren sie immer ohne so etwas durchgekommen. Keiner ihrer Finger war zu Schaden gekommen, doch jetzt war das wohl für Tsukasa vorbei. „Ich weiß, aber ich werde das auch nutzen, um Hizumi abzuschrecken. Ich habe gestern mit ihm geredet und er hat die Yakuza fast schon romantisiert wie in den Mangas und so. Auch wenn wir bei dem Ritual normalerweise alleine sein sollen, so werde ich ihn in eine Ecke setzen und dazu zwingen mir dabei zu zusehen.“ Tsukasa stand auf. „Es ist Zeit, ich muss zum Chef.“ „Tsukasa, ich komme mit!“, erklärte er und folgte seinem Bruder. Zero konnte ihn in dieser schweren Zeit einfach nicht alleine lassen. Ihrem Oberhaupt war die Anspannung anzusehen und egal was Tsukasa erklärte oder vorschlug nichts konnte diesen gütig stimmen. „Wir brauchen aber immer noch jemanden, der als Substitut in den Knast geht, Tsukasa. Du kannst mir nicht sagen, dass aus deinem Bereich niemand dazu geeignet wäre! Es wäre eine Schande für dich, wenn ich aus einem anderen Bereich jemanden wählen würde“, meinte das Kiyota-Oberhaupt zähneknirschend. „Entschuldigung, dass ich mich einmische, aber ich könnte das Substitut sein. Ich war noch nicht im Gefängnis“, meldete sich Zero zu Wort und sah ernst zu ihrem Chef. Er musste seinen Bruder nicht ansehen, um dessen überraschten Gesichtsausdruck zu sehen. „Zero, du? Lass mich überlegen… Eigentlich hättest du das schon längst hinter dir haben müssen, aber der letzte Wille meiner Frau hat dich verschont…“ „Ich bin dankbar für das, was Kiyota-sama für mich getan hat und ich hoffe, sie ist glücklich dort, wo sie jetzt ist. Wenn ich mich richtig entsinne, hieß es nur, dass ich nicht als Substitut bestimmt werden oder dazu gezwungen werden darf. Jetzt melde ich mich freiwillig und damit sollte es den letzten Wunsch von Kiyota-sama nicht verletzen“, erklärte er und wandte den Blick nicht von seinem Oberhaupt. Er war sich sicher, dass dieser zustimmen würde, es war sowieso die beste Lösung. „Von mir aus gerne. Lass dir die Tathergänge erklären, nimm die Waffe und dann stell dich der Polizei. Verabschiede dich aber vorher noch von allen die dir wichtig sind. Sobald du dich gestellt hast, wird es bis zu deiner Entlassung keinen Kontakt geben, aber das weißt du ja.“ Zero nickte. „Tsukasa, ich erwarte, dass du dich selbstständig bei dem Yamato-Clan entschuldigen gehst. Du kennst das Verfahren“, fügte Kiyota an Tsukasa hinzu und entließ sie dann. Sie hatten das Zimmer verlassen, da zog sein älterer Bruder ihn mit sich in sein Zimmer. „Sag mal spinnst du? Ich dachte du bist glücklich mit Karyu? Wieso willst du dann für ein paar Jahre in den Knast gehen? Ich hoffe, du unterschätzt das Leben dort nicht, das ist kein Zuckerschlecken“, sagte Tsukasa und war ziemlich aufgebracht. Er lächelte schief und setzte sich auf das Bett seines Bruders. „Wir waren auch glücklich! Aber…“, murmelte er leise und seufzte. „Was aber, Zero? Spuck es aus!“, blaffte sein Bruder ihn an. „Er soll den Yamato-Clan übernehmen und deswegen heiraten, wie du es schon vermutet hast. Und wie er es dir versprochen hat, wehrt er sich dagegen, allerdings hat der Yamato-Sack ihm die Pistole auf die Brust gesetzt. Entweder er sagt ja oder Karyu kann bald mit den Fischen schwimmen. Lieber mach ich Platz für so ‘ne hässliche Kuh, als das ich zulasse, dass er Fischfutter wird. Wenn ich im Gefängnis bin, ist das in Ordnung, dort werde ich ihn sicher vergessen.“ Wenn er es so betrachtete, schien es logisch zu sein und vor allem Sinn zu ergeben. Es war die beste Wahl, die er jetzt hatte. „Du musst das nicht tun, du musst nicht in den Knast. Ich finde jemand anderen und mit dem Karyu-Problem werden wir auch zu Recht kommen. Warte also noch, bevor du dich zur Polizei begibst. Könntest du mir Karyus Telefonnummer geben? Ich will einen Termin ausmachen, damit ich mich bei ihm für das Verhalten meiner Männer entschuldigen kann“, murmelte Tsukasa und streichelte seinem Bruder liebevoll über den Kopf. Zero nickte und gab seinem Bruder die Handynummer seines Freundes. „Ich geh in mein Zimmer, ich will etwas alleine sein.“ Der Ältere nickte nur. ~*~ Tsukasa versuchte Karyu auf dem Handy zu erreichen, jedoch erwischte er nur die Mailbox. Vorerst genügte ihm das und er erklärte sein Anliegen. Dann würde er schon einmal alles vorbereiten. Sie hatten sogar einen gesonderten Raum, für die Zeremonie des Fingerglied Abtrennens. Hizumi stand neben ihm und wusste noch nicht wirklich um was es ging. Es war schon alles da. Die Schachtel für seinen Finger stand auf dem kleinen Tisch, das kleine, aber überaus scharfe Katana lag daneben und neben dem Tisch waren Verbandszeug und Desinfektionsmittel platziert. „Normalerweise ist es nicht üblich, dass jemand dabei zusieht, aber ich glaube, dass du dir nicht ganz sicher bist, was es bedeutet ein Yakuza zu sein. Setzt dich da in die Ecke und da bleibst du! Hier mein Handy, falls Karyu anruft darfst du rangehen andernfalls drückst du alle Anrufe weg. Es ist auf Vibration gestellt. Wenn nicht gerade ein Anruf eingeht, will ich das du zusiehst was ich mache, ich will keinen Laut von dir hören!“, stellte er klar und schubste Hizumi in die Ecke. Der Zwerg nickte nur. Noch immer hatte er Hizumi nicht gesagt, warum sie hier waren und er würde es auch nicht tun. Erst als dieser seinen Platz eingenommen hatte und dieser sein Handy festhielt, ging er zu seinem Platz am Tisch. Kurz verbeugte er sich und griff dann sicher nach dem Katana, zog dieses aus der verzierten Scheide. Zu häufig war die Klinge schon mit Blut besudelt worden, doch kein Tropfen davon war zu sehen. In seine Gedanken vertieft, desinfizierte er die Klinge und dann den kleinen Finger seiner linken Hand. Auf dieses Glied konnte er am ehesten verzichten. Ruhig positionierte er seine Hand auf der Tischplatte, auf welcher schon die Kerben seiner Vorgänger wie eine Trophäe hervorsprangen. Nun würde er eine weitere hinzufügen und das mit Ehre. Hizumis Atmung ging schneller, er hörte es. In dieser Stille, kam ihm dies wie eine laute Trommel vor, die gleichmäßig seine Handlung begleitete und fast schon wie ein Trommelwirbel auf das Ergebnis hinauslief. Doch er musste es ausblenden, wichtig war nur die Tat die er vorhatte. Einen Moment betrachtete er noch die Klinge und setzte diese an. Hizumi wurde hektisch und dann hörte er diesen im Flüsterton reden. Tsukasa vermutete, dass Karyu zurückrief, dann war es höchste Zeit sein Vorhaben zu vollenden. Die Spitze des Katanas bohrte sich leicht in die Platte, als er Schwung holte, um dann so schnell wie möglich das Glied abtrennen zu können. „WARTE!“, schrie Hizumi panisch und erschreckte ihn damit so, dass er das Katana sogar losließ. „Sag mal, hab ich dir nicht gesagt, dass du die Klappe halten sollst?“, patzte er die Kleineren wütend an. „Ja, aber Karyu will mit dir sprechen und meint, du sollst das nicht tun…“, wisperte der Zwerg und reichte ihm das Telefon. Grummelnd nahm er dieses entgegen. „Ja?“, murrte er. „Tsukasa? Du musst dich nicht so entschuldigen, bring mir einfach den Finger des Schuldigen, das reicht. Es war schließlich ein Versehen und in dem Chaos hätte das auch unseren Leuten passieren können. Heute kann ich dich leider nicht mehr treffen. Hast du morgen Zeit? Gleich früh gegen neun Uhr?“ Irgendwie war er sich nicht sicher, ob er froh war, dass er seinen Finger behalten konnte, oder nicht… „Neun ist in Ordnung. Wir haben übrigens noch ein Problem… Zero will als Täter in den Knast gehen, wegen eurer Situation, um es dir einfacher zu machen. Ich hab ihm gesagt, er soll noch warten“, erklärte er und steckte das Katana zurück in die Scheide. „Was?... Ich wollte da eh noch etwas mit dir besprechen, was das betrifft. Versuche ihn davon zu überzeugen noch wenigstens zwei Tage zu warten, vielleicht ändert er seine Meinung bis dahin. Danke, wir sehen uns morgen.“ Karyu legte auf. Kapitel 10: Imprisoned ---------------------- Tsukasa hatte die letzte Nacht nicht sonderlich gut geschlafen. Die Angelegenheit bereitete ihm einfach Kopfschmerzen. Er wollte einfach nicht, dass sein kleiner Bruder in den Knast wandern musste. Zero wäre doch die neue Fickmatratze der anderen Insassen und so ein Alltag im Gefängnis war hart, da bezweifelte er einfach, dass der Jüngere das durchstehen würde. Natürlich hatte er noch einmal mit Kiyota darüber gesprochen, schon alleine deswegen, weil Karyu sozusagen sein Fingerglied als Entschuldigung als nicht nötig erachtete. Aber auch ihr Oberhaupt sorgte sich um Zero, es hatte nun mal einen Grund gegeben, warum dessen Frau dies in ihr Testament geschrieben hatte. Dabei war es sogar unüblich ein Testament aufzusetzen, da so etwas normalerweise mündliche weitergegeben wurde. Er hoffte ja inständig, dass er mit Karyu eine Lösung finden würde. Ihm war fast alles Recht, solange sein kleiner Bruder auf freiem Fuß bliebe. Seufzend quälte er sich aus dem Bett und kleidete sich an. Zum Frühstück gab es dann einen extra starken Kaffee. Bei einem guten Kaffee konnte man sowieso den Löffel reinstellen. Vorbereitet machte er sich auf den Weg zum Treffpunkt. Er war etwas zu früh dran, aber Karyu ließ ihn nicht lange warten. Erst als sie in einer ruhigen Café Ecke saßen, fingen sie an sich zu unterhalten. Zu aller erst entschuldigte sich Tsukasa für das Verhalten seiner Untergebenen und überreichte Karyu das Fingerglied in der Schachtel. Der Größere nahm es entgegen und sie verbeugten sich beide, wobei Tsukasa sich tiefer beugen musste. „So und jetzt genug davon, dieses Problem ist damit aus der Welt geschafft. Es geht um Zero. Er ist doch hoffentlich noch nicht zur Polizei gegangen?“, meinte Karyu dann und packte die Schachtel in eine kleine Tasche. „Noch ist er zu Hause, lässt sich aber schon den Tathergang erklären. Viel Zeit bleibt also nicht.“ Karyu nickte, für einen kurzen Moment sah er eine Unsicherheit im Gesicht des Yamato-Yakuzas, dann verschwand dies sofort. „Tsukasa, ich habe mir eine Lösung erdacht, die wohl nicht ganz so normal ist, aber sie würde wohl beide Probleme lösen.“ Während der Größere das sagte, wurde er neugierig. Was sollte das denn für eine Lösung sein? „Ich möchte, dass du mich in euren Clan überlaufen lässt. Zero würde sicherlich nicht ins Gefängnis wollen, wenn ich bei ihm bin und die erzwungene Trennung, die Yamato will, wäre auch nicht nötig. Er macht es sicher nur deswegen. Kannst du das einfädeln? Natürlich weiß ich, dass ich es nicht einfach haben werde bei euch und lange in Angst leben muss, weil mein Clan versuchen würde Rache zu verüben. Für Zero will ich das aber tun. Allerdings möchte ich keine Geheimnisse meines Clans preisgeben“, erklärte Karyu und musterte seinen Gegenüber. Über diese Idee war er sichtlich überrascht. Es bürgte eine große Gefahr mit sich. „Ich kann das leider nicht so entscheiden, aber ich will es versuchen. Dafür würde ich aber Kiyota die Wahrheit erzählen. Also den Hintergrund von dir und Zero, andernfalls würde er es sicherlich nicht nachvollziehen können. Wenn er zustimmt, dann werde ich dafür sorgen, dass du mit in meine Gruppe kommst. Dort sollte es dir nicht allzu schlecht gehen. Wenn es dir Recht ist, kann ich versuchen ihn anzurufen und ihm die Situation erklären. Dann wissen wir vielleicht, wie es weitergeht und können Zero davon abhalten.“ Das Karyu wirklich dazu bereit war, überraschte ihn. Mit vielem hatte er gerechnet, aber nicht damit und nun musste er einsehen, dass der Mann, der ihm gegenüber saß, wirklich seinen Bruder liebte. Karyu verbeugte sich und ließ ein „Das wäre sehr nett“ erklingen. Als brüderliche Geste klopfte Tsukasa dem Größeren auf die Schulter. Sie würden das schon hinbekommen. Also suchte er in seiner Tasche nach seinem Handy und war für einen Moment verwirrt, weil dieses just in dem Augenblick anfing zu vibrieren. Hizumis Name erschien auf dem Display. Was wollte denn der Zwerg? Nach einer kurzen Entschuldigung an Karyu ging er ran. „Was denn, du Knirps? Ich hoffe es ist wichtig!“, zischte er genervt. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass jede Minute zählte. „Zero… Zero ist gegangen, er ist zur Polizei. Er hat sich gerade verabschiedet und ist dann los. Ich konnte ihn nicht aufhalten. Er wollte nicht warten, bis du wieder da bist“, murmelte der Kleinere und Tsukasa schluckte. Die nächste kleine Polizeistation war von ihnen aus nicht weit. Wenn könnte er seinen Bruder nur noch aufhalten, wenn er mit Lichtgeschwindigkeit dahin fuhr und das war unmöglich. Perplex legte er auf und sah zu Karyu. „Es ist zu spät… Zero hat sich der Polizei gerade gestellt…“, murmelte er fassungslos. Sein kleiner Bruder war weg. Für einige Jahre würde er diesen nicht wiedersehen und er hatte sich nicht einmal mehr verabschieden können. Zum ersten Mal hatte er seinen Bruder nicht beschützen können und sofort durchzog sein Körper eine unglaubliche Leere. So etwas hatte er noch nie gefühlt. Auch Karyu war geschockt und wurde bleich. Ihre Lösung, die ihnen allen geholfen hätte, kam zu spät. Schweigend sahen sie sich nur an. ~*~ Bewusst hatte Zero gewartet, bis sein Bruder gegangen war. Er ahnte, dass dieser ihn zum Bleiben überreden wollte, aber es war seine Entscheidung. Er wollte gehen und Karyu damit die Entscheidung erleichtern. Lächelnd hatte er sich von allen verabschiedet und Hizumi noch zwei Briefe in die Hand gedrückt. Einer war für Tsukasa und der andere für Karyu. Zwar würden diese Briefe den beiden nicht viel bringen, aber zumindest könnte er sich so etwas verabschieden. Mit der Tatwaffe machte er sich auf den Weg zur nächsten Polizeiwache. Vor der Tür atmete er noch einmal tief durch. In dem Moment, in dem er dieses Gebäude betreten würde, würde sich sein Leben schlagartig verändern. Sein Körper reagierte von alleine, öffnete die Tür und trat ein, aber sein Geist stand noch immer vor der Tür, zögerte und wollte eigentlich nur kehrt machen. Doch es war zu spät. Er legte die Waffe auf den kleinen Empfangstresen und sagte, dass er am Mord des Polizisten schuld wäre. Die Polizisten zögerten nur eine Sekunde und nahmen ihn dann sofort fest. Ohne sich zu wehren oder sonstigen Widerstand zu leisten, ließ er sich durchsuchen und seine Sachen abnehmen. Dann ging es in einen Verhörraum, wo er den Tathergang erläuterte. Von Hideo hatte er sich alles so genau wie möglich erklären lassen, sodass er das nur noch erzählen musste. Natürlich hatten die Polizisten seinen Anstecker gesehen und schon gefragt, zu welcher Gruppe er gehörte. Wahrscheinlich ahnten sie auch schon, dass er nicht der wahre Täter war, aber auf der Waffe waren nun einmal seine Fingerabdrücke, selbst das Magazin hatte er gesäubert und dann wieder angefasst. Es sollte eben keinen Hinweis darauf geben, dass er nicht der Täter gewesen war. Nach dem Verhör wurde er in eine kleine Zelle gebracht, wo ein alter Mann saß. Womöglich einer dieser Grabscher aus der Bahn. „So einer wie du hat doch wohl nicht etwa ein hübsches Mädchen begrabschen müssen, du kommst doch sicher auch so zu deinem Spaß“, lachte der alte Mann. Genervt ignorierte er diesen ekelhaften Perversen und hockte sich in eine Ecke. Hoffentlich würde der Staatsanwalt sofort Anklage erheben, damit er in Untersuchungshaft käme und nicht noch länger mit so einem Abschaum zu tun haben musste. Irgendwie war das sogar beleidigend. Hatten die keine andere Zelle frei? Zu seinem Leidwesen musste Zero fast die kompletten 48 Stunden warten, ehe er dann einen Anwalt zu sehen bekam. Was bedeutete, dass die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben hatte. Eigentlich war dies nicht anders zu erwarten, schließe hatte er einen Staatsdiener erschossen und eine Waffe mit sich geführt. Sein Pflichtverteidiger war alles andere als motiviert, aber es war ihm egal. Er würde vor Gericht sowieso gestehen und Reue zeigen. Der Polizist war nicht das Ziel dieser Tat gewesen und es tat seinem Clan wirklich leid. Also erzählte er seinem Verteidiger nur noch einmal das was vorgefallen war und das er auch vor Gericht geständig sein würde. Das bedeutete natürlich wesentlich weniger Arbeit. Da dieses Gespräch vorbei war und die Tat jetzt angeklagt wurde, kam er von der Polizeihaftanstalt in die Untersuchungshaft. Den Perversen war er also los. Die Untersuchungshaft zog sich dafür in die Länge, so konnte er wenigstens schon einen Einblick in sein neues Leben für die nächsten Jahre gewinnen. Mit ihm waren noch ein paar Kleinkriminelle und Betrüger in Untersuchungshaft. Die Kleinkriminellen hielten sich für besonders toll, während die Betrüger eher darauf erpicht waren, eine Strategie zu finden, um einen Freispruch zu erlangen. Der Kontakt zu seinem Bruder und Hizumi fehlte ihm, aber vor allem Karyu. Doch es musste sein. Karyu würde heiraten und den Yamato-Clan übernehmen. Für ihn war einfach kein Platz im Leben des Größeren. Wenn er von der Höchststrafe ausging, würde er wohl um die 15 Jahre kriegen. In dieser Zeit würde Karyu ihn sicher vergessen und er ihn hoffentlich auch. Sein Prozess wurde für zwei Tage angesetzt und wahrscheinlich würde es auch nicht viel länger dauern. Er erläuterte die Tathergänge, verhielt sich ruhig und entschuldigte sich von ganzem Herzen bei der Familie. Allerdings bezweifelte er, dass die Richterin das alles mit einrechnen würde. Miyako Kimura war die erste Richterin im ach so hochmodernen Japan, und hatte sich wahrscheinlich bis zu dieser Position hochkämpfen müssen. Japan war eben doch eine Männergesellschaft, wenn es um die Karriere ging. Am ersten Tag hatte er Hizumi im Publikum gesehen, welcher ihn traurig angesehen hatte. Heute, am zweiten und letzten Tag, war Hizumi wieder da und mit diesem Tsukasa. Er schenkte ihnen ein kurzes Lächeln. Wenigstens hatte er sie noch einmal sehen können. Zwar war Tsukasa sein Bruder, aber dadurch, dass dieser ein Yakuza war, dürfte er ihn sicherlich nicht besuchen kommen. Die Richterin bat um Ruhe und verkündete dann das Urteil. Zehn Jahre mit Arbeitszwang im Gefängnis auf Kyûshû. Kurz schloss er die Augen und atmete durch. Ein komplettes Jahrzehnt. Weniger als er erwartet hatte, aber dennoch ein großer Einschnitt in sein Leben. Mechanisch erhob er sich, als die Richterin ging. Die Wachleute kamen, um ihn abzuführen. Schnell warf er noch einen Blick zu seinem Bruder. Für einen Moment glaubte er sogar Karyus Blondschopf gesehen zu haben, aber da hatten seine Augen ihm sicher einen Streich gespielt. Schon nach ein paar Tagen wurde er ins Gefängnis nach Kyûshû überführt. Der Aufnahmeprozess war sowieso überall derselbe. Fingerabdrücke und ein Foto, dann wurden seine persönlichen Sachen durchgesehen und in die Aufbewahrung gegeben. Schon in die einheitliche Gefängniskleidung, bestehend aus einer hellblauen Jacke und Hose, gekleidet, wurde ihm beim gefängniseigenen Friseur der Kopf kahl geschoren. Es hatte ewig gedauert, bis seine Haare diese Länge gehabt hatten und innerhalb von zehn Minuten war alles weg. Jetzt wurde er zum Gefängnisleiter gebracht, der ein kurzes Gespräch mit ihm führte. Ein paar persönliche Daten, einiges zur Familie, eben das was eine Personalkartei so brauchte, danach wurde ihm noch der Beginn und das Ende seiner Haftstrafe mitgeteilt sowie ein Heft mit den Verhaltensregeln gegeben. Die ersten zwei Tage verbrachte er in einer Einzelzelle und durfte diese auch nur zur Pflichterziehungsstunde verlassen. Manche nannten das Eingewöhnungszeit, da sie dazu da war die Verhaltensregeln zu verinnerlichen. Nach dieser Zeit wurde er in den allgemeinen Trakt gebracht, wo eine minimal größere Zelle und ein Mitbewohner auf ihn wartete. Giru, so hieß sein Zellenkollege, war ebenfalls ein Yakuza, allerdings aus der örtlichen Umgebung. Zero war froh, dass er wenigstens nicht wieder mit so einem Bahngrabscher in einer Zelle war. Giru kam gerade von der Arbeit zurück und gleich darauf gab es Essen, ehe wieder Pflichterziehungsstunde auf dem Plan stand. Viel Zeit zum Kennenlernen blieb ihnen da nicht wirklich. In der freien Stunde vor der Nachtruhe kamen sie dann endlich mal zum Reden. „Bist du eigentlich berechtigt hier, oder nur aus Karrieregründen?“, erkundigte sich Giru und sah zu ihm. „Ich bin zwar nicht berechtigt hier, aber auch nicht wirklich aus Karrieregründen. Ist etwas komplizierter. Und du? Wie lange bist’n schon da?“ „Bei mir ist es berechtigt. Bin beim Schulden eintreiben etwas zu grob geworden. Hab fünf Jahre bekommen, ich glaube die Hälfte hab ich jetzt hinter mir. Irgendwann hat man überhaupt kein Zeitgefühl mehr. Vor allem wenn die meisten Insassen einen meiden, nur weil man von der Yakuza kommt. Es gibt noch zwei weitere wie uns, alle anderen sind normal. Der Leiter nimmt aber eigentlich gerne Yakuza-Leute auf. Wir verhalten uns in der Regel immer so schön ruhig.“ Nachdenklich sah er an die Zellenwand. Ruhig verhalten? „Wegen den Vergünstigungen?“, fragte er dann murmelnd und Giru nickte. „Ja, ist zwar auch nicht so einfach zu bekommen, aber es ist angenehmer. Manchmal kommt man sogar etwas früher raus dadurch, aber da musste wirklich auf alles achten.“ Früher wieder rauskommen? Sein Leben hatte hier noch nicht einmal richtig angefangen, aber das war schon ein kleiner Anreiz. Tsukasa würde sich sicherlich freuen. Sein Tagesablauf war immer der gleiche. Morgens um 6:10 Uhr geweckt werden und zum Appell antreten, sich innerhalb von 20 Minuten waschen und die Zelle in Ordnung bringen, dann gab es Frühstück und die Arbeit rief. Vor der Arbeit durfte man sich noch einer Leibesvisitation unterziehen. Die Pinkelpausen waren vorgegeben und Mittag gab es um 12:40 Uhr. Einzig die drei Minuten für die Lockerungsübungen wurden variiert. Nach der Arbeit wurde man ein weiteres Mal durchsucht, dann gab es auf der Zelle wieder Essen, nur um dann zum Pflichterziehungsunterricht erscheinen zu müssen. Die freie Stunde danach nutzte er meistens um zu lesen. Er bekam keine Briefe, die er beantworten könnte. Was sollte er also sonst machen? Die zweieinhalb Jahre mit Giru in der Zelle verliefen ruhig und angenehm. Sie wurden sogar irgendwie Freunde. Doch danach wurde sein Gefängnisleben zur Hölle. Während er sich mit den Insassen noch immer relativ gut verstand, fingen die Wärter an ihn zu schikanieren. Sie versuchten ihn zu provozieren oder bestraften ihn für Dinge, die er nicht getan hatte. Natürlich fing es nur mit kleinen Sanktionen an, wie Leseverbot oder das er keine Briefe mehr bekommen dürfte, nicht das da je einer bisher gekommen wäre. Doch so langsam schien den Wärtern das nicht mehr zu reichen. Er bekam Einzelhaft in Zellen, wo wirklich nichts außer einem Bett und Toiletteneinrichtungen war. In der Zeit durfte er nicht Arbeiten und bekam dadurch auch eine geringere Menge an Essen. Schlimmer empfand er eher die Stille und dazu verdammt zu sein nur rumzusitzen. Was er den Wärtern getan hatte, dass deren Verhalten so umgeschlagen war, wusste er nicht. Er war nie länger als zwei Tage in Einzelhaft, aber auch das sollte nicht die letzte Methode zum Quälen bleiben. Natürlich war ihm aufgefallen, dass er als einziger hier einen eher zierlicheren Körperbau hatte, aber dass sich Wärter an ihm vergreifen würden, hätte er nicht erwartet. Kein einziger Mitgefangener hatte je versucht, ihn zu verführen oder zu vergewaltigen, dass übernahmen dafür jetzt die Wärter. Erst nur in der Einzelhaft und später kamen sie ihn auch des Nachts in seiner Zelle besuchen, da er noch keinen Mitgefangenen bekommen hatte. Selbst als er krank war und auf der Krankenstation lag, war er nicht sicher vor diesen Übergriffen. Zero kannte seine Rechte und versuchte Beschwerde beim Gefängnisleiter einzulegen, nutzte die Gremiumsbox, versuchte mit dem Gremium zu reden, aber seine Briefe schienen nicht weitergeleitet zu werden und auch das Gremium zur Wahrung der Menschenrechte schien nichts von seinen Versuchen zu bemerken. Er war gefangen in einem nicht enden wollenden Kreislauf. Wie lange das so ging, konnte er nicht mehr sagen. Lange genug auf alle Fälle. Als er endlich einen neuen Zellenmitbewohner bekam, hoffte er, dass diese Schikane aufhören würde. Es hörte auch auf, aber nur kurz, dann wurde er wieder vermehrt in Einzelhaft gesteckt. Alles war nur noch unerträglich, sodass er schon an einem Plan arbeitete, wie er dieser Pein für immer entgehen könnte. Viele Möglichkeiten hatte er nicht. Wahrscheinlich würde er einen Fluchtversuch starten und sich dann einfach von einer der Gefängnismauern stürzen. Der Aufprall würde ihn dann sicherlich umbringen, hoch genug waren die Mauern. Sein Plan wurde immer detaillierter und bald würde er diesen in die Tat umsetzen, als er an einem Sonntag plötzlich in ein Besucherzimmer gebracht wurde. Verwirrt wartete er und dann schob sich ein kleiner Wuschelkopf, samt Körper in das Zimmer. „Hizumi?“, sagte er erstaunt und starrte den Kleineren an. Hizumi sah gut aus. Die Kleidung war schlicht, aber es passte zu ihm und saß perfekt. Der Jüngere nickte und setzte sich ihm gegenüber. „Ich sag’s ja nur ungern, aber du sieht scheiße aus und selbst das ist noch geschmeichelt. Ist alles in Ordnung mit dir Zero?“ Hizumi musterte ihn besorgt, aber er winkte nur ab. „Ja, alles bestens. Knastleben ist eben hart, mach dir keine Sorgen. Ich hab nur jedes Zeitgefühl verloren, ich hätte mal eine Strichliste führen sollen, wie lange ich noch hab. Wie komm ich zu der Ehre? Was treibt dich hierher?“ Es tat ihm gut den Kleineren zu sehen und mit diesem zu reden. „Ich soll dir liebe Grüße von Tsukasa ausrichten und das du durchhalten sollst. Wir haben unser Zeitgefühl nicht verloren, deswegen kann ich dir sagen, dass du nur noch ein Jahr hast. Halte durch!“, versuchte Hizumi ihn aufzubauen und schaffte es irgendwie auch. Ein Jahr nur noch, das musste er schaffen. Lächelnd griff er nach Hizumis Hand und drückte diese leicht. Sein Herz machte einen kleinen Sprung als die Geste erwidert wurde. „Wie läuft es mit dir und meinem Bruder? Seid ihr jetzt richtig zusammen?“ Schmunzelnd beobachtete er, wie der Jüngere sich verlegen am Hinterkopf kratzte und nickte. „Ja, es hat gedauert, aber seit ungefähr zwei Jahren sind wir jetzt zusammen. Ich musste auch nicht gleich eine Verbrecherkarriere anstreben. Ich betreue immer noch die Tiere und jobbe ab und an wieder bei den Hostessen“, erklärte Hizumi. Zero freute sich für den Kleineren und lächelte. Irgendwie baute ihn das gerade auf. „Pass bloß gut auf den Dickschädel auf, der stellt sonst nur etwas an… Sag mal Hizumi, weißt du was aus Karyu geworden ist?“ Unbewusst lächelte er traurig. Was sollte denn groß aus Karyu geworden sein? Wahrscheinlich hatte dieser geheiratet und den Clan übernommen. Womöglich dachte dieser schon gar nicht mehr an ihn und kümmerte sich um sein Frauchen. Vielleicht hatte dieser sogar schon Nachwuchs produziert. Hizumi schüttelte den Kopf. „Nein, leider weiß ich nichts. Tsukasa hat ihm deinen Brief überreicht und seitdem gab es keinen Kontakt mehr. Tut mir leid. Ich wollte dich auch schon früher besuchen, aber ich hab die Erlaubnis nicht bekommen.“ Schnell schüttelte er den Kopf. „Kein Problem, ich bin froh, dass du da bist. Eigentlich habe ich nicht damit gerechnet überhaupt jemanden hier zu sehen. Meine Kontakte sind eben alle aus der Schattenseite der Gesellschaft, bis auf du, und da wird der Kontakt eben verweigert. Mach dir also keine Gedanken. Das ich dich sehen konnte, baut mich gerade auf. Das letzte Jahr werde ich auch noch durchhalten und wenn ich wieder zurück bin, schmeißen wir ‘ne Party. Einverstanden?“ Der Jüngere nickte begeistert und strahlte Zero an. Dann klopfte es und ein Wärter steckte seinen Kopf in das Zimmer. Die Besuchszeit war vorbei. Schnell verabschiedeten sie sich noch, dann blieb er wieder einen Moment alleine in dem Raum. Noch ein Jahr, nur noch ein Jahr. Kapitel 11: My fears -------------------- Die letzten Wochen hatte er seine Haare wieder wachsen lassen dürfen, sodass er nicht mehr mit einem Igelschnitt herumlaufen musste. Sein Herz klopfte wie wild. Er lag in den letzten Stunden seiner Haftstrafe. Es ging nur noch um die Formalien. Nun durfte er sich umziehen und übergab dann die Anstaltskleidung an den zuständigen Wärter. Ein Abschlussgespräch mit dem Leiter, die Rückgabe des Heftes mit den Regeln, dann bekam er seine persönlichen Sachen wieder. Ob man ihn abholen würde? Oder müsste er sich selber bis nach Tokyo durchschlagen? Zero hatte Glück. Als er aus dem Gefängnis trat, sah er schon den schwarzen Mercedes an den sein Bruder und auch Hizumi gelehnt standen. Das Bedürfnis sich noch einmal umzudrehen hatte er nicht, schnurstracks lief er zu Tsukasa, drückte diesen an sich. Ein Knoten löste sich in ihm und er konnte nicht verhindern, dass er ein paar Freudentränen vergoss. Endlich konnte er wieder nach Hause. Es war vorbei. Im Auto kuschelte er sich in die weichen Polster auf der Rückbank. Sie wollten etwas Essen gehen und dann den Heimweg antreten, die Fahrt wäre lang. Aber schon auf dem Weg ins Restaurant konnte er seine Augen nicht mehr offen halten. Endlich fühlte Zero sich wieder sicher, sodass all der Schlaf, der ihm die Jahre über geraubt wurde, übermannte. Das Tsukasa und Hizumi versuchten ihn zu wecken, bekam er gar nicht mit. Er schlief tief und fest. Als er wach wurde, ging die Sonne wohl gerade unter und sie waren auf der Schnellstraße. Verschlafen sah er sich um. Hizumi lehnte, scheinbar schlafend, an seinem Bruder während dieser auf seinem Handy herum tippte. „Na, wieder wach?“, meinte Tsukasa lächelnd und reichte ihm eine Tüte. „Sind zwar nur ein paar Lunchboxen, aber besser als nichts. Wir haben dich einfach nicht wach bekommen. Iss aber nicht alle auf einmal, das verträgt dein Körper sonst nicht“, belehrte der Ältere ihn und er nickte. Neugierig sah er in die Tüte. Reisbällchen und Lunchboxen. Sollte er das mit Gyoza oder mit Hühnchen nehmen? Allein bei dem Anblick tropfte ihm schon der Zahn. Nach dem langweiligen Essen im Knast, schmeckte sicherlich alles hervorragend. Begeistert fing er an zu essen, er hatte sich für Gyoza entschieden, und sah zu seinem Bruder. „Du und Hizu also?“ Es erstaunte ihn, dass selbst sein sonst so eiskalter Bruder verlegen wurde. „Ja,… ich konnte seinem Charme irgendwann einfach nicht mehr widerstehen. Außerdem ist er mit einer der wenigen, die mich nicht mit allem durchkommen lassen. Der Clan weiß auch Bescheid. Kiyota hat nur gelacht und gemeint, dass er schon viel früher damit gerechnet hätte. Ich hab nicht gedacht, dass er es so locker aufnimmt“, erklärte Tsukasa und streichelte seinem Freund dabei sanft über den Kopf. Mit Kiyota hatten sie wirklich ein gutes Oberhaupt, bisher hatte dieser für so ziemlich alles Verständnis gehabt. Tsukasa legte sein Handy beiseite. „Hast du die 10 Jahre einigermaßen unbeschadet überstanden?“, wollte der Ältere nun wissen. Da er sich gerade einen großen Berg Reis in den Mund geschoben hatte, kaute und schluckte er diesen erst runter, bevor er antwortete. So hatte er auch gleichzeitig eine Pause um nachzudenken. „Wie man es nimmt. Ich bin unfreiwillig zum Nichtraucher geworden und das Essen da ist die Hölle. Das Wort Gewürze kennen die ehrlich nicht. Meine Arbeit war okay, da gab es echt nicht viel zu meckern. Nur wirklich schlafen konnte ich nie, ständig sind die vor den Zellen auf und abgelaufen. Jeden verdammten Schritt konnte man dabei hören. Außerdem hat mein letzter Zellenkollege geschnarcht wie Sau.“ Er wollte Tsukasa einfach nicht davon erzählen, dass er regelmäßig vergewaltigt worden war und fast schon mehr in der Einzelhaft gesessen hatte als alles andere. „Du hast mir Hizumi geschickt, richtig? Also damals…“, murmelte er und trank etwas Wasser. Sein Bruder nickte. „Ja, meine acht Jahre damals waren auch nicht rosig und gerade als es zum Ende hinging wurde ich immer depressiver. Du hast mir damals auch am Ende einen Besuch abgestattet und das hat mir geholfen. Eigentlich wäre ich gerne mitgekommen, aber mich hat man nicht gelassen.“ Es schien fast so als würde der Ältere deswegen schmollen. „Du bist zwar mein Bruder, aber eben auch Yakuza und letzteres hat für die eben überwogen. Auf alle Fälle bin ich dir dankbar, du hast ihn mir zum richtigen Zeitpunkt geschickt. Danke, Kasa!“ Tsukasa schüttelte den Kopf. „Ich kann dich doch nicht im Stich lassen. Jetzt iss auf und schlaf noch etwas. Jetzt muss ich dich nämlich wieder aufpäppeln! Du bist wirklich ziemlich abgemagert.“ Bei dem Fraß, den er die letzten 10 Jahre bekommen hatte, blieb ihm wirklich nichts anderes übrig als abzumagern. Aber er nickte nur und kam der Aufforderung nach. Seine Jacke stopfte er sich als Kopfkissen gegen die Tür und versuchte dann noch etwas zu schlafen. Als er wieder aufwachte, hatte der Wagen gerade auf dem Anwesen des Kiyota-Clans gehalten. Er war also wieder Zuhause. Noch ganz verschlafen, wuschelte er sich durch die Haare. Er hatte geträumt, dass er geweckt wurde und Karyu dann bei ihm war. Der Größere hatte sich kaum verändert gehabt, nur die Haare etwas kürzer als damals. Zero hatte das Gefühl, den sanften Kuss, den Karyu ihm gegeben hatte, auch in der Realität auf seinen Lippen zu spüren. Seufzend schloss er wieder die Augen und wollte noch einmal zurück in diesen Traum, aber es klappte nicht. Die letzten Jahre hatte er gar nicht mehr geträumt, während er noch zu Beginn seiner Haft ständig von Karyu geträumt hatte. Er hatte gehofft, dass er über den Größeren hinweg gewesen sei, aber scheinbar hatte er sich geirrt. Dabei wusste er nicht einmal, worauf er hoffte. Karyu hatte ihn sicherlich schon vergessen. „Willst du da Wurzeln schlagen? Steh auf und komm rein“, hörte er Tsukasa sagen, weshalb er wieder seine Augen öffnete. Gemächlich stieg Zero aus dem Auto und folgte Hizumi und seinem Bruder in das Haus. An der Tür warteten die niederen Yakuza und begrüßten sie. Takeru kam um die Ecke und nahm ihn gleich einmal in den Arm. „Da bist du ja wieder. Du hast uns ganz schön warten lassen“, lachte der Yakuza und rieb ihm mit der Faust über den Kopf. Er versuchte sich aus dessen Umarmung zu befreien, damit er der Begrüßung entgehen könnte, mit nur mäßigem Erfolg. „Der Chef ist gerade unterwegs. Ich soll dir aber ausrichten, dass du dich heute richtig ausruhen sollst und er sich dann morgen mit dir unterhält.“ Mit einem Lächeln bedankte er sich und nahm seine Sachen. „Ist mein Zimmer noch immer da, wo es vorher war?“, erkundigte Zero sich. Tsukasa legte einen Arm um die Schultern seines Bruders. „Natürlich! Komm, ich bring dich hin, gib mir die Sachen!“ Zero war wirklich froh wieder hier zu sein, alle waren nett zu ihm. Glücklich darüber folgte er seinem Bruder. Sein Zimmer war noch immer so wie vorher und komplett sauber. „Wir haben letztens extra eine Putzfrau durchgejagt, damit du dich wieder wohlfühlst“, erklärte Tsukasa und holte dann eine Tüte unter dem Bett hervor. „Ich wusste nicht, ob ich sie wegwerfen soll.“ Verwirrt nahm Zero die Tüte und schüttete den Inhalt auf das Bett. Seine alte Verkleidung. Er musste kurz schlucken und war überrascht als Tsukasa ihm eine Perücke hinhielt. „Was?“ „Eure alte Wohnung gibt es noch. Vielleicht willst du sie dir ja ansehen… Ob Karyu allerdings da ist, weiß ich nicht. Du solltest ihm sagen, dass du wieder da bist.“ Zero war wirklich überrascht. Seit wann unterstützte sein Bruder ihn in dieser Angelegenheit? Vor allem wusste dieser doch, warum er gegangen war. Wenn er jetzt wieder damit anfangen würde, wäre alles für die Katz gewesen. Zögernd nahm er die Perücke an sich. „Ich denke drüber nach. Danke.“ Der Ältere nickte und drückte seinen Bruder noch einmal an sich. „Schön, das du wieder da bist!“ Mit diesen Worten verließ Tsukasa das Zimmer und ließ ihn alleine. Kurz betrachtete er noch einmal die Sachen. Das Oberteil, die Leggins und die Stiefel… Fast schon panisch schüttelte er den Kopf, um die aufkommenden Gedanken zu vertreiben. Es war vorbei! Die Sachen würden an ihm sowieso nicht mehr so sitzen wie früher und es gab keinen Grund sich wieder so zu kleiden. Schnell stopfte er alles zurück in die Tüte und verbannte diese in den Kleiderschrank. Zero war jetzt schon fast einen Monat wieder zurück und wurde merklich von seinem Bruder verwöhnt. Manchmal meinte er sogar ein bisschen Eifersucht bei Hizumi zu erkennen, weil dieser sich vernachlässigt fühlte. Dabei versuchte er sich schon etwas abzukapseln, die meiste Zeit verbrachte er sowieso immer in seiner Traumwelt. Im Gefängnis hatte ihm diese die meiste Zeit geholfen und jetzt kam er von ihr nicht mehr los. Aber er genoss seine Freiheit in vollen Zügen. Morgens ging er meistens im Yoyogi-Park joggen. Das hätte er schon viel früher machen sollen, es war einfach nur angenehm. Über seinen mp3-player hörte er dabei Musik. Es waren auch nie viele Leute im Park, sodass er sich nicht in seiner Einsamkeit gestört fühlte. Am Vorplatz zum Meiji-Schrein machte er Pause und dehnte seine Muskeln etwas. Sollte er noch eine kleine Runde laufen oder lieber schon nach Hause? Neugierig sah er auf, als an der Straße ein dunkler Wagen hielt und eine hübsche Frau mit einem Mädchen ausstieg. Das Kind musste circa fünf Jahre alt sein. Die beiden gaben ein harmonisches Bild ab, weshalb er unbewusst lächelte. Vielleicht sollte er sich auch langsam um eine Familie bemühen. Überraschend lief das kleine Mädchen plötzlich los und rief begeistert „Papa, Papa!“ Auch Zeros Neugier war geweckt und er folgte mit seinem Blick dem kleinen Mädchen, als er erstarrte. Aus dem Wald zum Meiji-Schrein kam niemand anderes als Karyu umringt von einer Gruppe Männer. Alle waren in Anzügen gekleidet und es war offensichtlich, dass es alle samt Angehörige der Yakuza waren. Der Größere sah gut aus, die Haare waren etwas kürzer, so wie in seinem Traum. Schmerzlich biss er sich in die Unterlippe, löste sich so aus seiner Starre. Ohne weiter auf die Gruppe zu achten lief er los. Vorbei an dem Auto mit der Frau, vorbei an all den anderen Menschen, die sich langsam auf die Straßen drängten. Er wollte weg. Aus dem Augenwinkel hatte er noch gesehen, wie das Kind sich in Karyus Arme geworfen hatte. Es war gerade einfach alles zu viel für ihn. Wieder Zuhause, ging er sofort ins Bad und stellte sich unter die Dusche. Während das warme Wasser über seinen Körper rann, hämmerte er wütend auf die Fliesen ein. Was hatte er denn erwartet? Karyu war glücklich und deswegen war er auch damals gegangen. Er hatte aus dem Leben des Größeren verschwinden wollen. Jetzt da er wusste, dass Karyu wirklich glücklich war und sich scheinbar nicht mehr an ihn dachte, schmerzte es ihn? War er denn vollkommen bescheuert? Warum konnte er ihn einfach nicht vergessen? Wütend auf sich selbst, stapfte er nach der Dusche in sein Zimmer. Er würde jetzt ein doch noch einmal zu dieser Wohnung fahren und danach nie wieder. Er würde seinen Schlüssel hinterlassen und danach diese Klamotten verbrennen. Das war für ihn die einzige Lösung, um damit abzuschließen. Da Tsukasa ihn aufpäppelte, hatte er auch wieder etwas zugenommen. Zwar waren die Sachen alles andere als enganliegend wie früher, aber so konnte er es wenigstens einigermaßen tragen, nur die Perücke juckte. Wie früher schlich er sich über die Feuerleiter raus und machte sich auf den Weg zu der Wohnung. Wahrscheinlich würde er nur meterhohe Staubschichten finden, aber er wollte damit abschließen. Als er die Wohnung betrat, war er überrascht. Es roch angenehm frisch und alles war sauber. Seine Hausschuhe standen für ihn bereit wie es auch früher der Fall gewesen war. Leise durchstreifte er die Wohnung. Er war alleine. Warum war alles in einem so hervorragenden Zustand? Hatte Tsukasa dafür gesorgt? Neugierig durchsuchte er den Kühlschrank, welcher gut gefüllt war. Er nahm sich einen grünen Tee heraus und trank einen Schluck. War er wirklich in der richtigen Wohnung? Vorsichtig öffnete er die Tür zum Schlafzimmer. Im Schrank lagen noch ein paar von seinen Sachen, was ihn aber irritierte war das Bett. Auf seiner Seite lag ein Foto von ihm auf dem Kopfkissen. Was hatte das zu bedeuten? Zero zuckte zusammen als er die Eingangstür hörte. Verdammt, er hätte nicht bleiben sollen! Für einen Moment war alles ruhig, dann hörte er schnelle Schritte, begleitet von einem „Zero?“. Es war eindeutig Karyus Stimme. Konnte dieser Tag noch schlimmer werden? Es gab noch nicht einmal eine verdammte Versteckmöglichkeit, also stand er wie angewachsen im Schlafzimmer, als Karyu auftauchte. Für einen Moment starrte der Größere ihn nur an, dann kam dieser langsam auf ihn zu. „Warum bist du erst jetzt gekommen? Ich hab dich vermisst“, murmelte Karyu und nahm sein Gesicht zwischen die Hände. Eine angenehme Wärme durchflutete seinen Körper und er blieb ruhig, beobachtete, wie sich Karyus Lippen langsam senkten. Erst als er die warmen Kusspolster wieder auf seinen spürte, schlossen sich seine Augen. Zero spürte wie der Blonde ihm langsam die Perücke dabei auszog und ihn näher an sich presste. Doch im nächsten Moment stieß er Karyu fort. „Hör auf, wir sollten nicht wieder damit anfangen. Du hast deine Verpflichtungen und deine Familie. Ich steh dir nur im Weg, Karyu“, murmelte der Kleinere und drückte sich an dem Blonden vorbei ins Wohnzimmer. „Ich hab auf dich gewartet, Zero.“ „Und dabei ein Kind gezeugt. Karyu, es ist in Ordnung. Früher oder später musste es sowieso so kommen. Du bist jetzt Clanoberhaupt und trägst sehr viel Verantwortung, du bist verheiratet und Vater. Es gibt keinen Platz für mich in deinem Leben und sind wir ehrlich, den gab es nie.“ Bei den Worten lächelte er und wollte nach der Perücke greifen, doch Karyu zog die Hand weg. „Ich bin geschieden und meine Tochter war auch nicht geplant… Wenn du damals gewartet hättest, wie dein Bruder es gewollt hatte, wäre das auch alles nicht passiert. Ich war damals bereit zu euch zu kommen und Tsukasa hätte mir geholfen. Es hätte alles anders laufen können, aber ist es nicht. In den zehn Jahren ist viel passiert, aber ich liebe dich noch immer. Wir finden sicherlich eine Möglichkeit, wie wir wieder zusammen sein können. Komm schon Zero! Oder liebst du mich nicht mehr?“ Karyus Worte schlugen ein wie eine Bombe. Es hätte anders kommen können? Er hätte nur etwas länger warten müssen? „Ich war damals auch im Gericht und am liebsten hätte ich dich von der Anklagebank gezerrt, dich entführt und niemals wieder weggelassen“, murmelte der Größere, weshalb er schluckte. Dann hatte er sich das doch nicht nur eingebildet, Karyu war wirklich da gewesen? Aber was war er denn noch Wert? Nichts! Sein Körper war nicht mehr der von früher. Er war nicht mehr der von früher! „Sag Zero, liebst du mich noch?“, drängte der Größere und kam auf ihn zu. Am liebsten hätte er ihm ein ‚Ja, verdammt‘ entgegen geschrien, aber er konnte nicht. Etwas in ihm ließ ihn verstummen. Es war die Schande, die Schande, dass sein Körper wieder und wieder gegen seinen Willen missbraucht worden war, dass er es irgendwann einfach nur noch über sich hatte ergehen lassen. Dreck haftete an ihm und eigentlich empfand er selbst nur noch Ekel für sich. „Zero!?“ Verschreckt sah er zu Karyu auf, weil dieser ihm über die Wange streichelte. Warum musste dieser ihn auch mit diesen großen, lieben Augen ansehen? Er durfte nicht nachgeben, er musste es beenden. „Karyu, ich denke nicht, dass aus uns noch einmal etwas werden kann“, stammelte er und sah zu Seite. „Das beantwortet nicht meine Frage. Wovor hast du Angst? Dich bedrückt doch etwas, sag es mir!“ Er schüttelte nur den Kopf und drehte sich um, versuchte Karyus Nähe zu entgehen, auch wenn sich alles in ihm danach sehnte, sein ganzes Wesen fast schon magnetisch von dem Größeren angezogen wurde. „Zero, ich weiß, was dir passiert ist. Ich weiß, was dir angetan wurde. Du musst dir deswegen keine Sorgen machen, ich…“ „Was? Woher?“, platzte er dazwischen und entfernte sich noch weiter von Karyu. Woher sollte Karyu das wissen? Niemand wusste das! „Zero bleib ruhig. Setz dich, ich erzähle es dir. Du musst dir wirklich keine Sorgen machen“, versuchte der Blonde ihn zu beruhigen. Doch es drängte ihn eher davon zu laufen, sich zu verstecken. Da sich sicherlich kein Loch im Boden auftat, in welches er hinein springen könnte. „Wenn du es wusstest, hättest du mir doch helfen können. Oder war das deine Rache, weil ich gegangen bin?“ „Gott, nein, so etwas hätte ich dir niemals antun können. Ich liebe dich! Zero all die Jahre habe ich auf dich gewartet! In meiner ganzen Ehe habe ich nur ein einziges Mal mit meiner Exfrau geschlafen und das nur, weil sie mich betrunken gemacht hat. Die ganze Zeit konnte ich nur an dich denken! Mein Cousin arbeitet in dem Gefängnis als Putzkraft und hat mir gesagt, was vor sich ging. Er hat versucht so häufig wie möglich in der Nähe zu sein, weil die Übergriffe nur dann waren, wenn die Wächter sich alleine gefühlt haben. Er hat selbst die anderen Putzkräfte um Hilfe gebeten, damit du etwas mehr Ruhe hattest. Es tut mir leid, dass ich dir nicht helfen konnte!“ Karyu zog ihn an sich, umklammerte ihn und hielt ihn fest, dabei versuchte sich der Kleinere zu wehren, sich loszumachen. Er wollte das nicht, er wollte das nicht hören, nicht noch mehr daran erinnert werden, er wollte das alles einfach nur vergessen. Seine Gegenwehr ließ nach und er krallte sich in Karyus Anzug fest. „Ich kann das nicht mehr, ich will nicht mehr. Verstehst du das denn nicht? Ich will mich nicht wieder verkleiden müssen, ich will nicht mehr darauf warten müssen, dass du Zeit für mich hast. Und selbst wenn das alles gegeben wäre, wüsste ich nicht einmal mehr, ob ich jemals wieder so sehr vertrauen kann.“ Er löste eine Hand aus dem weichen Stoff und schlug damit leicht gegen die Brust des Größeren. „Ich hab Angst! Ich hab Angst, wenn man mich berührt, ich hab Angst, wenn man mich komisch ansieht. Verdammt noch mal ich bekomme sogar Panik, wenn mir manchmal schon jemand zu dicht kommt. Auch jetzt habe ich Angst, Karyu! Ich kann dich einfach nicht mehr glücklich machen!“, wimmerte er leise und konnte nicht verhindern, dass die Emotionen ihn überrannten, dass Tränen über seine Wangen rollten. Er wollte von Karyu berührt werden, wollte sich gegen die Hand an seiner Wange schmiegen, Küsse erhalten, aber gleichzeitig wollte er auch weglaufen. „Zero, glaub mir, du musst keine Angst haben. Wenn du nicht willst, dass ich dich berühre, warte ich bis du dich traust. Ich habe zehn Jahre gewartet, ich kann auch noch länger auf dich warten. Und was uns betrifft, so hätte ich auch dafür schon eine Lösung. Aber ich denke, das überfordert dich gerade.“ Karyu lächelte ihn an und setzte ihm die Perücke auf, strich die Tränen von seinen Wangen. „Es wird alles gut, Zero. Wenn du mich noch liebst und mit mir zusammen sein möchtest, dann komm wieder hierher. Ich bin jeden Tag ab 18 Uhr hier. Du hast alle Zeit der Welt, ich lasse dir die freie Wahl. Egal wie du dich entscheiden wirst, ich werde es akzeptieren. Ich verspreche dir aber, dass du es nicht bereuen würdest, wenn du dich für mich entscheidest. Jetzt fahr nach Hause, Tsukasa wartet sicher schon unten auf dich“, hauchte der Größere und drückte ihm einen leichten Kuss auf die Stirn. Noch ganz aufgelöst und perplex nickte Zero und ging in den Flur, wo er sich die Stiefel wieder anzog. An der Tür drehte er sich noch einmal um. Karyu stand am anderen Ende, lächelte ihn an und winkte ihm. Zögerlich erwiderte er das Winken und verließ dann die Wohnung. Sein Geist konnte das alles gerade einfach nicht verarbeiten. Wie Karyu es schon gesagt hatte, wartete unten tatsächlich Tsukasa. Dieser hielt ihm die Autotür auf und lächelte nur. „Woher wusstest du, dass ich hier bin?“, murmelte er im Auto und zog sich die Perücke vom Kopf. „Du bist nicht mehr so leise wie früher mit der Feuerleiter. Außerdem dachte ich mir, dass du jemanden zum Reden brauchst. Ich hab Wechselsachen für dich dabei, falls du magst.“ Unbewusst schüttelte er den Kopf. „Noch nicht, aber können wir nach Yokohama fahren?“ „An deinen Lieblingsort?“, vermutete sein Bruder und lag damit ganz richtig. Bis sie da waren und er auf die Yokohama Baybridge sehen konnte, schwieg der Kleinere. Tsukasa legte ihm sein Jackett über die Schultern, da der Wind doch etwas stärker war. Dankbar kuschelte er sich in den warmen Stoff. „Karyu hat gesagt, dass er damals zu uns kommen wollte und das du helfen wolltest. Stimmt das?“ „Ja, er und ich hatten das besprochen. Er wollte seinen Clan verlassen und zu uns kommen. Als ich Kiyota deswegen anrufen wollte, hat Hizumi mitgeteilt, dass du schon los bist. Es waren unglückliche Zufälle.“ Nachdenklich nickte Zero. „Es ist ungewohnt, dass du dich mit Karyu jetzt scheinbar gut verstehst…“, murmelte der Jüngere und sah auf das Meer hinaus. „Karyu hat mir gezeigt, dass er dich wirklich liebt und da möchte ich ihn eben unterstützen. Ich will, dass du glücklich wirst und bei ihm warst du bisher immer glücklich. … Zero, was ist im Knast vorgefallen? Du suchst nahezu die Einsamkeit und des Nachts, schreist du gelegentlich in deinen Träumen. Was haben sie dir angetan?“ Tsukasa klang besorgt und sah ihn auch so an. Er drehte sich um und lehnte sich an das Geländer. „Die Wärter haben mich jahrelang vergewaltigt und anderweitig schikaniert… Wahrscheinlich als zusätzliche Strafe, da ich sozusagen einen Kollegen von ihnen ermordet hab“, wisperte er ganz leise und schlug die Augen nieder. Sein Herz raste jedes Mal panisch, wenn er auch nur daran dachte. Automatisch zuckte er zusammen, als sein Bruder ihn in die Arme nahm. Die überraschende Geste war einfach nichts für seine Psyche im Moment. „Warum hast du denn nichts gesagt?“, hauchte sein Bruder ihm sanft ins Ohr, so wie früher als sie noch Kinder waren. „Du weißt doch, dass ich immer für dich da bin. Wenn du willst, suchen wir dir einen guten Therapeuten, der dir bei der Verarbeitung hilft“, fügte Tsukasa noch hinzu und streichelte ihm durch die Haare. Zero fühlte sich wirklich wieder wie früher, als es nur sie zwei gab, weshalb er sich an seinen Bruder schmiegte und die Augen schloss. „Es ist so eine Schande, ich will einfach nicht, dass es jemand erfährt. Ich werde es sicherlich schaffen, wieder normal zu werden. Es braucht sicher nur … Zeit…“ Zeit… Zeit, die Karyu ihm geben wollte. Aber wie lange würde Karyu bereit sein zu warten? „Es ist keine Schande! Aber ich kann dich nicht zwingen. Wenn du Hilfe brauchst, kannst du immer zu mir kommen. Ich bin dein großer Bruder und werde immer versuchen dir zu helfen. Verstanden?“ Leicht nickte er und schmunzelte dann. „Du riechst wirklich wie eine Bonbontüte. Hizumi hatte Recht“, gluckste er und schnüffelte noch etwas mehr an Tsukasas Hals. „Nicht, das kitzelt!“, beschwerte sich der Ältere, wuschelte ihm aber nur durch die Haare. „Da fällt mir ein, ich hab noch etwas für dich. Vorhin kam ein Brief für dich an. Als Absender steht irgendein Giru drauf. Kennst du den?“ Schnell nickte er und ließ sich den Brief aushändigen, überflog die Zeilen. „Wer ist das denn?“, wollte sein Bruder wissen und versuchte in den Brief zu schielen. „Giru war die ersten Jahre mein Zellengenosse, damals als ich noch sicher war. Er ist auch ein Yakuza und fragt, ob ich ihn nicht besuchen möchte. Sein Oberhaupt würde gerne eine gute Beziehung zu unserem Clan aufbauen.“ „Willst du denn hin?“ Kurz musste er darüber nachdenken, nickte dann aber. „Ich glaube schon, es wäre sicher eine gute Gelegenheit. So kann ich auch über die Sache mit Karyu noch einmal nachdenken“, erklärte er und seufzte schwer. Irgendwie kam er einfach nicht zur Ruhe. Kapitel 12: Time ---------------- Kiyota empfand Girus Idee ebenfalls als gut, weshalb er schon ein paar Tage später auf dem Weg war. Er hatte Karyu nicht Bescheid gegeben. Noch immer besaß er kein neues Handy und hatte schon gar nicht mehr dessen Nummer. Zurück gehen in ihre einstige Wohnung wollte er nicht. Nachher machte er dem Größeren Hoffnung, die er gar nicht erfüllen könnte. Seufzend starrte er aus dem Fenster und betrachtete die Landschaft. So schnell hatte er gar nicht zurück nach Kyûshû gewollt, aber dieses Mal musste er nicht in das Gefängnis. Eigentlich konnte man sagen, dass er privat unterwegs war. Es war eine lange und anstrengende Reise bis nach Fukuoka, weshalb er froh war, als er Giru am Bahnhof entdeckte. „Lange nicht gesehen, Dicker!“, begrüßte Zero seinen Knastbruder. „Kann ja nicht jeder so ’ne Bohnenstange sein wie du. Aber mal ehrlich, du siehst wirklich abgemagert aus!“, meinte Giru und wuschelte ihm durch die Haare. Giru war überhaupt nicht dick. Der Andere hatte eine normale Figur und eben Muskeln. „Frag nicht, mir muss das Essen einfach nicht bekommen sein. Mein Bruder stopft mich schon mit allem möglichen Kram zu. Ob du es glaubst oder nicht. Ich hab sogar schon wieder fünf Kilo mehr auf den Hüften. Fünf weitere fehlen noch, dann hab ich mein Standardgewicht.“ „Was zur Hölle? Die fünf Kilo pack ich dir wieder drauf, dein Bruder soll ja sehen, dass es dir hier gut ging.“ Lachend und scherzend gingen sie zum Wagen, der sie zum Haupthaus des Wakamatsu-Clans brachte. Es gab eine kurze, aber mehr als angebrachte Begrüßung durch das Oberhaupt. Die wichtigen Unterhaltungen würden aber später folgen. In seinem Zimmer fiel er sowieso schon tot ins Bett. Giru hatte die zwei Wochen, die er in Fukuoka war so gut wie komplett durchgeplant. Von Sightseeing bis hin zu den Terminen mit Wakamatsu. Dennoch fand Zero immer wieder die Zeit entspannt durch die Stadt zu schlendern. Fukuoka gefiel ihm, aber es fehlte ihm etwas. Seine Familie. Aber der Abstand tat gut. Seine innerliche Panik, wenn ihm jemand zu nahe kam, wurde etwas schwächer. Nicht viel und auch sicherlich nicht genug, als dass er es als Fortschritt bezeichnen würde, aber es wurde eben besser. Zuhause kam ständig irgendwer, der ihm auf die Pelle rückte und sei es nur für ein Schulterklopfen und ‚Schön das du wieder da bist‘. Hier hatte er Ruhe und er konnte testen, ab wann er in Panik verfiel. Komischerweise half genau das. Stück für Stück konnte er mehr auf die Leute zu gehen. Überfüllte Bahnen mied er dennoch konsequent. Seufzend ließ er sich im Park auf eine Bank fallen und starrte in den Himmel. Was wollte er eigentlich? Er wollte zurück in sein altes Leben, als er noch nicht wie ein Feigling vor allem weggelaufen war. Aber sollte auch Karyu wieder ein Teil seines Lebens sein? Was wenn diese Lösung gar keine Lösung wäre? Was wenn er ihn doch nur alle paar Wochen zu Gesicht bekäme und sich dafür noch verkleiden müsste? Dass sein Herz noch immer für den Größeren schlug, hatte er schon gespürt. Alleine der kleine Kuss hatte seine Knie schon weich werden lassen, die Umarmung, in der er sich wieder so wohl gefühlt hatte. Natürlich wollte er das alles wieder haben. Aber zu welchem Preis? Vielleicht war aber auch alles anders, jetzt wo Karyu den Yamato-Clan leitete? Womöglich gab es dadurch eine Chance, dass alles besser wurde. Wenn Karyu ihm wirklich die Zeit gab, um wie früher zu werden, dann könnten sie eventuell auch glücklich sein. Jetzt hatte er auch Tsukasas Unterstützung, auch das könnte helfen. Dennoch war Zero sich so unsicher. Die Angst davor, dass alles umsonst sein könnte war zu groß. Kurz seufzte Zero, als der Zug in Shinagawa hielt und er aussteigen musste. Die zwei Wochen in Fukuoka waren schön gewesen. Er hatte viel nachdenken können, er war sich bewusst darüber, dass er Karyu schmerzlich vermisste, aber dennoch hatte er Angst sich zu überfordern. Am Bahnhof warteten Tsukasa und Hizumi. Lächelnd ging er auf diese zu und konnte beide in die Arme schließen. Mit Erleichterung stellte er fest, dass er keine Angst mehr hatte, die beiden zu berühren. Grinsend drückte er seinem Bruder seinen Koffer in die Hand. „Trag du mal!“, lachte er und schritt elegant voran. „Warum denn ich?“, beschwerte sich der Ältere, folgte dem aber. „Weil du stärker bist als Hizumi und weil du schließlich dein Souvenir möchtest, welches im Koffer ist, also kannst du ihn auch tragen.“ Ja, es ging ihm wirklich schon etwas besser. Zero hätte wirklich nicht gedacht, dass die zwei Wochen ihn so aufbauen konnten. Giru hatte eine super Idee gehabt. Im Auto setzte er sich dreist in die Mitte, weshalb sich Hizumi beschwerte, doch er grinste nur. Es war ihm egal. Für ihn war es einfach zu schön, dass er bei den beiden keine Berührungsängste mehr hatte. Abends saßen sie noch zusammen, tranken Bier, während Zero von seiner Reise erzählte und die Souvenirs übergab. An Karyu dachte er noch gar nicht. Erst eine Woche nach seiner Rückkehr schaffte er es sich etwas Zeit frei zu schaufeln. Seine Hände hatten gezittert, als er sich verkleidet hatte und sie zitterten auch jetzt. Mit schnell klopfendem Herzen öffnete er die Wohnungstür. Es war noch nicht 6 Uhr, aber er wollte schon vor Karyu da sein. Die Wohnung war noch immer sehr ordentlich, jedoch konnte Zero erkennen, dass jemand hier gewesen war. Ein paar benutzte Tassen und Teller standen herum, auch das Bett war zerwühlt. Kurz ging er ins Badezimmer und schreckte dann kurz zusammen, als er die Wohnungstür hörte. Das musste Karyu sein. Schüchtern verließ er den Raum und betrachtete den Größeren, welcher ihn ebenfalls ansah. „Du bist gekommen“, murmelte der Blonde erfreut, aber auch überrascht. Kurzer Hand nickte er und lächelte verlegen. „Ja, tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Ich war weg und hatte danach viel um die Ohren…“, erklärte Zero, doch Karyu schüttelte den Kopf. „Schon okay, ich hab doch gesagt, dass du dir alle Zeit der Welt nehmen kannst. Du kannst das auch immer noch tun. Ich werde weiter warten, bis du dich entschieden hast.“ Nun war es an ihm den Kopf zu schütteln. „Du hast lange genug gewartet, Karyu.“ Zögerlich ging er auf den Größeren zu und drückte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. Für mehr reichte es noch nicht. „Ich brauche zwar noch Zeit, bis ich wieder ganz der Alte bin und ich hoffe, du hast bis dahin Geduld, aber ich habe gerade eine neue Zahnbürste für mich in den Spiegelschrank gestellt“, erklärte er mit einem glücklichen Lächeln. Zero konnte zusehen, wie sich Karyus Gesichtszüge aufhellten und dieser strahlte. „Darf ich dich umarmen und küssen?“, fragte der Blonde enthusiastisch, was ihn schmunzeln ließ. „Ja, darfst du, aber alles bitte langsam. Wenn etwas zu schnell geht, dann bekomme ich Panik.“ Karyu nickte verstehend und bewegte sich langsam, fast schon zu langsam. Die starken Arme schlossen sich um seinen Oberkörper und er schmiegte sich an den warmen Körper des Größeren. Das war wirklich schön. Erst nach einer Weile hob Karyu sein Kinn an und küsste ihn sanft, aber verlangend. Es war doch noch etwas zu viel für Zero, das spürte er, aber er genoss diesen Kuss und wenn sie es gemächlich angehen ließen, würde das sicher klappen. „Ich hab dich etwas überfordert, oder?“, murmelte Karyu schuldbewusst. „Du hast dich nämlich etwas verspannt.“ „Es war okay und ich wollte es auch. Wollen wir uns setzen? Du musst mir noch von dem Plan erzählen…“, murmelte Zero und setzte sich auf das Sofa, klopfte neben sich. „Ich will mir nur noch etwas zu trinken holen. Willst du auch etwas?“ „Cola oder einen Tee. Danke!“ Geduldig wartete er bis Karyu mit seinem Getränk zurück kam und sich dann neben ihn setzte. „Also Tsukasa und ich haben uns gedacht, dass…“ „Du und Tsukasa? Wann seit ihr denn so dicke miteinander geworden?“, unterbrauch er den Blonden und sah doch recht skeptisch aus. „Als du meintest, du gehst in den Knast und lässt mich alleine. Jetzt aber zurück zum Thema. So, Kiyota hat letztens wohl schon angedeutet, dass dein Bruder bald den Clan übernehmen soll. Der alte Knacker wird eben auch nicht jünger und da haben wir uns gedacht. Solltest du mich noch wollen, dann würden Tsukasa und ich, die Clans zusammenlegen. Wir hätten einen großen Clan, jeder würde seine Bereiche behalten. Tsukasa darf der Obermacker sein, während ich die rechte Hand und du die linke bist. Wir könnten damit zusammen sein, du müsstest dich nicht mehr verkleiden und dein Bruder wäre glücklich mit dem Knirps und weil er weiß, dass du bei mir in Sicherheit bist“, erklärte Karyu dann doch ziemlich schnell und ließ ihn sprachlos zu hören. In den zehn Jahren in denen er weg war, hatte sich scheinbar wirklich viel getan. Noch immer konnte er es nicht fassen, dass sein Bruder und Karyu sich wohl ernsthaft verstanden. Da musste er wohl nachher noch mit seinem Bruder reden. „Seit wann habt ihr das ausgetüftelt? Und was machen wir in der Zwischenzeit? Noch ist er ja nicht der Nachfolger! Was ist mit deiner Tochter, wenn wir zusammen sind?“ Das waren nur die Sachen die ihm gerade einfielen, wenn er etwas Ruhe hatte, würden ihm sicher noch mehr einfallen. „Du musst dich auch jetzt schon nicht mehr verkleiden. Kiyota weiß nämlich schon von dem Plan und auch von uns“, meinte der Größere lächelnd. „WAS?!“, rief Zero aus und sprang auf. Kiyota wusste, dass sie ein Paar gewesen waren? Oh Gott, irgendwie ergriff ihn gerade der Schwindel. „Setz dich, alles halb so schlimm. Er hat das wohl schon geahnt. Er hat auch nichts gegen die Idee und hat mir sogar das Versprechen abgenommen, dass solltest du mich nicht wieder haben wollen, ich seine Tochter heiraten muss. Da wäre ich dann wohl aber nicht mit einer Scheinehe und Scheidung durchgekommen.“ Mit großen Augen betrachtete er Karyu und setzte sich wieder. „Du bist darauf eingegangen? Dem seine Tochter ist zwar wirklich hübsch, aber auch ein richtiger Drache. Hattest du keine Angst, dass ich ‚nein‘ sagen könnte?“ Der Blonde nickte schwach und lächelte schief. „Ja, bin ich. Ich hab darauf vertraut, dass unsere Liebe einfach so stark ist, dass wir das überstehen. Bist du denn zufrieden?“ Nun wirkte sein Freund richtig unsicher, weshalb er fast schon lachen musste. „Danke, dass du mir so vertraut hast, Karyu. Aber ganz zufrieden bin ich noch nicht, was ist nun mit deiner Tochter?“ „Oh, ach so. Koharu wird dann sicherlich schon mal Zeit mit uns verbringen. Aber sie ist eigentlich eine ganz liebe. Du wirst sie bestimmt mögen. Sie wird aber bei ihrer Mutter wohnen“, erklärte der Blonde. „Koharu? Mit klein und Frühling geschrieben?“, erkundigte er sich. Wenn er sich das Bild des kleinen Mädchens wieder ins Gedächtnis rief, fand er den Namen passend. „Ich hoffe sie akzeptiert mich an deiner Seite. Vor allem wenn sie größer wird…“ „Ja, genau so. Ach sie wird dich sicherlich mögen und später kannst du ihr sicher Styling Tipps geben, aber bitte nicht solche, wie du gerade gekleidet bist. Dann würden die Männer bei ihr sicherlich nur Schlange stehen. Das will ich dann auch nicht.“ Zero musste lachen. „Ich verstehe schon, kein Ding. Du solltest dir dieses Bild auch noch einmal einprägen. Wenn ich mich nämlich nicht mehr verkleiden muss, dann werde ich das sicherlich auch nicht mehr tun.“ Grinsend deutete er an sich herunter und sah wie Karyu nach Luft schnappte. „Das ist gemein, Zero! Du ahnst doch, dass ich dir am liebsten die Klamotten vom Leib reißen will, damit ich dich wieder ordentlich verführen kann und mich hier wirklich stark zusammen reiße!“ Er nickte glucksend und schmiegte sich an Karyu. „Ja, das weiß ich und ich bin froh, dass du mir Zeit lässt. Wenn es dich beruhigt, in den letzten drei Wochen habe ich große Fortschritte gemacht. Also halte bitte durch. Wir können demnächst mal gucken, wie weit ich mich schon wieder an Körperkontakt gewöhnt hab.“ Es würde ihm irgendwann sicherlich auch schwer fallen, aber wenn sein Körper nicht wollte, wollte der eben nicht. Es wäre sicherlich nicht produktiv sich zu zwingen. Nach acht Monaten war nun alles soweit geregelt. Tsukasa leitete nun den Kiyota-Yamato-Clan, während Zero und Karyu ihn tatkräftig unterstützten. Im Großen und Ganzen ging es Zero auch wieder gut. Jedoch hatte er immer noch diese gelegentlichen Panikattacken, wenn jemand etwas zu schnell tat. Dennoch konnte er sich schon mit Karyu ein Bett teilen, mit diesem zusammengekuschelt die Nacht verbringen. Nur richtiger Sex fiel noch immer flach. Dass das dem Größeren zunehmend schwerer fiel, spürte er jeden Morgen, wenn dessen Morgenlatte an seinen Po drückte. Natürlich war es für ihn auch nicht einfach und er war schon froh, dass er Karyu mit der Hand und an guten Tagen sogar mit dem Mund etwas Befriedigung geben konnte. Dennoch störte es ihn. Er wollte auch endlich wieder richtig mit seinem Freund schlafen, erschöpft und glücklich wieder zurück auf die Laken fallen. Sie hatten es schon häufiger probiert, aber wenn es richtig zur Sache gehen sollte, verkrampfte er sich und blockte ab. Ziemlich unbefriedigend. Für ihn war es ein Wunder, dass sich der Größere nicht schon anderweitig umsah. Seufzend öffnete er die Tür zu Tsukasas Zimmer, weil er diesen noch etwas fragen wollte und blieb erschrocken in der Tür stehen. Sein Bruder hatte einen verdunkelten Blick und hockte über Hizumi, dessen Beine in Strumpfhosen steckten, welche sein älterer Bruder wohl gerade aufreißen wollte. „Zero, du hättest anklopfen sollen!“, meinte sein Bruder angesäuert. „Ich hab dir schon zig mal gesagt, dass du abschließen sollst“, beschwerte sich Hizumi und versuchte sich unter der Decke zu verstecken. „Abschließen halte ich für eine gute Idee. Aber mal ehrlich, Kasa. Nötigst du den Kleinen jetzt ernsthaft so etwas zu tragen, nur damit du deinen Strumpfhosenfetisch ausleben kannst?“, bemerkte er dann doch relativ gleichgültig, musste dann aber in Deckung gehen, weil ein Kissen nach ihm geworfen wurde. „RAUS!“, brüllte sein Bruder, weshalb er glucksend verschwand und die Tür schloss. „Ich hab dir gesagt, du sollst abschließen!“ „Hizu, jetzt hör auf zu meckern. Ich schließ ja ab und dann kann es weitergehen!“ „Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich jetzt noch in Stimmung bin?“ „Stell dich nicht so an!“ „Ich stell mich aber an!“ Hörte er die beiden noch diskutieren und ging lachend davon. Zum Glück war die Angelegenheit nicht so wichtig, sodass sie auch bis morgen warten konnte. Jetzt würde er sich wieder nach Hause begeben. Karyu müsste auch bald kommen. Sie wohnten nämlich immer noch in ihrer Wohnung und ihm gefiel es auch ganz gut. So hatten sie auch mal etwas Abstand von ihrem Beruf und konnten sie sich nur um sich kümmern. Für heute hatte er sich noch einmal vorgenommen mit Karyu zu schlafen, wenn es wieder nicht klappen würde, würde er wohl wirklich mal professionelle Hilfe suchen. Zero hatte nur eine Kleinigkeit gekocht und wartete darauf, dass der Größere dann endlich mal aufschlug. So unpünktlich war Karyu schon eine Weile nicht mehr gewesen. Hoffentlich war nichts passiert. Doch kaum das er sich anfing Sorgen zu machen, ging die Haustür auf und er hörte Karyu „Ich bin wieder da“ sagen. „Du bist spät!“, beschwerte er sich lächelnd und wurde mit einem Kuss begrüßt. „Koharus Mutter hatte noch angerufen und mir ein Ohr abgekaut. Irgendwelche belanglosen Probleme, die sie hat. Dann wollte die Kleine noch mit mir telefonieren und sie hat sich gewünscht, dass ich sie ins Bett bringe. Du weißt ja, ich kann ihr keinen Wunsch abschlagen. Tut mir leid, ich hätte anrufen sollen.“ Zero schüttelte den Kopf. „Schon okay. Koharu sieht dich so selten, das geht schon klar. Ist sie am Wochenende nicht auch bei uns?“ Karyu nickte und fing dann an zu essen. Der Blonde liebte es, wenn Zero mal kochte, aber dieser tat das nur selten. Nach dem Essen ging Karyu noch duschen, während der Kleinere sich ins Bett verkrümelte. Den Abend hatte er sich etwas anders vorgestellt, aber er würde schon noch versuchen ihn angemessen ausklingen zu lassen. Wenigstens einmal wollte er es noch versuchen. Gierig musterte er seinen Freund, als dieser frisch geduscht ins Schlafzimmer kam. Die Haut glänzte im dämmrigen Licht der Nachttischlampe noch leicht feucht, während die nassen Haare Karyus Gesicht weich umspielten. Nur mit seinen Shorts bekleidet kletterte der Größere zu ihm ins Bett und sofort schmiegte er sich an diesen. Das klappte zum Glück alles schon immer wunderbar. Sanft ließ er seine Lippen über den schlanken Hals des Blonden gleiten, nippte hier und da an der weichen Haut. „Zero, du sollst mich doch nicht so necken“, wisperte der Größere und seufzte wohlig. Meistens tat er das auch nicht, aus Rücksicht zu dem Größeren. Für heute stand ja aber etwas anderes auf seinem Plan und er hoffte, dass es endlich klappen würde. „Lass es uns versuchen Karyu. Ich möchte so gerne wieder zurück in eine normale Beziehung“, schnurrte er und knabberte an dem kleinen Ohrläppchen seines Liebsten. „Wir haben es doch letzte Woche probiert, gib dir noch etwas Zeit“, hauchte der Größere, aber Zero spürte wie dieser sich eigentlich danach sehnte. Er hatte Karyu noch nicht mal wirklich berührt, aber selbst mit Bettdecke konnte er sehen wie erregt dieser schon war. „Ich hab noch eine Idee, die ich testen will. Sollte es dann immer noch nicht klappen, hole ich mir Hilfe. Lass es mich versuchen! Entspann dich einfach!“ Elegant rollte er sich auf Karyu und küsste diesen verlangend, rieb seinen Hintern an der Härte des Größeren. Die kräftigen Hände strichen über seine Oberschenkel und krallten sich dann in seine Hüfte. „Du hast nichts an“, bemerkte der Blonde zwischen zwei Küssen, weshalb Zero in den Kuss grinste. Warum hätte er auch Zeit damit verschwenden wollen sich auszuziehen, wenn er doch sowieso schon wusste, dass er seinen Karyu verführen wollte. „Ich bin genauso gierig nach dir wie du nach mir“, schnurrte er und holte das Gleitgel hervor. Lächelnd benetzte er die Finger des Anderen und führte diese zu seinem Hintern. „Würdest du?“, hauchte er gegen die weichen Lippen und versiegelte diese wieder mit seinen. Soweit waren sie bisher immer gekommen. Sein Bauch kribbelte aufgeregt, als er den ersten Finger in sich spürte. Das Karyu es kaum aushielt ahnte er schon, denn der zweite Finger folgte recht schnell. Aber das war in Ordnung, denn trotzdem war der Blonde noch immer zärtlich und vorsichtig. Da war keine Angst, keine Panik und auch kein Unwohlsein in ihm, es fühlte sich nur gut an. Wieder und wieder keuchte er in ihre Küsse, bewegte sich den Fingern entgegen. Seine erhitzte Haut rieb sich an der des Größeren, kribbelte wohlig. Auch ihre Erregungen trafen vermehrt aufeinander, jagten einen glühenden Blitz nach dem anderen durch seinen Körper. „Ich will dich!“, stöhnte Zero und setzte sich etwas auf. Verlangend blickte er auf den schlanken Leib unter sich. Karyus Blick war vernebelt von Lust und doch erkannte er etwas wie Furcht in dessen Augen. Scheinbar hatte der Größere nun mehr Angst als er. „Bist du dir sicher? In einer Woche hat sich sicher nicht viel…“ „Psht Karyu. Wir haben es bisher nicht in der Reiterstellung probiert. Vielleicht muss ich nur das Sagen haben und es klappt. Mach dir nicht zu viele Gedanken. Lass uns einfach genießen!“ Langsam zog der Blonde die Finger zurück und Zero atmete tief durch. Ein bisschen nervös war er ja schon. Soweit wie jetzt waren sie fast immer gekommen, nun wollte er aber endlich weitergehen können. Er hob seine Hüfte an und griff nach der pulsierenden Härte, führte sich und Karyu so etwas. Kurz stockte ihm der Atem, als die Spitze gegen seinen Eingang drückte, dann ließ er sich Stück für Stück auf diese sinken. Der Schmerz, welcher ihn durchfuhr, ließ ihn für einen Augenblick ein paar Ereignisse aus dem Gefängnis sehen, jedoch verharrte Karyu in ihm, gab ihm Zeit. Warme Hände streichelten über seinen Oberkörper und sein Gesicht. Hände die ihn liebkosten und beschützten, ihn nicht zu Boden drückten oder ihn grob packten, damit sie ihn in eine für ihn unangenehme Position brachten. „Zero, alles okay? Wenn es nicht geht, hören wir auf! Zwing dich nicht!“, hörte er den Größeren für einen Moment wie von weitem und dann immer klarer. Schnell schüttelte er den Kopf und beugte sich vorsichtig tiefer, presste seine Lippen auf Karyus. „Alles ist gut, es geht mir gut, Karyu“, wisperte er und bewegte sich langsam auf dem Größeren. Es war wirklich alles gut. In sein ganzer Körper wurde von dieser unglaublichen Hitze erfüllt und es schien ihm, als würden die Berührungen von Karyus Händen seiner Haut kleine elektrische Schläge geben, die ihn nur noch mehr erregten. Für Zero war es gefühlt eine Ewigkeit her, dass er sich so gut fühlte, während er Sex hatte. Langsam bewegte er sich auf der Härte des Größeren, genoss das Gefühl, welche ihm diese bereitete. Ja, so sollte das sein. Nun konnte er sich fallen lassen, sich dem Blonden hingeben. Zusammen mit Karyus Hilfe konnten sie sich drehen, so dass er nun unten lag. Auch diese Position, bei der er sonst Panik bekommen hatte, war möglich und er klammerte sich an den Größeren fest. Zeros Nägel kratzten über den tätowierten Rücken, während er sich den rhythmischen gemächlichen Stößen entgegen bewegte. Ihre Lippen trafen sich wieder und wieder, verschmolzen fast schon zu einer Einheit. Viele kleine Sterne tanzten vor seinen Augen, weil Karyu immer wieder seinen Lustpunkt reizte. Sein Liebster hatte über die Jahre hinweg nichts verlernt. Als der Größere nun Zeros Erregung anfing zu massieren, stöhnte dieser ungehalten auf, währenddessen sich seine Nägel in Karyus Haut bohrten. Seine Muskulatur brannte förmlich, spannte sich immer stärker an. Keuchend bäumte er sich auf und gleichzeitig krallten sich seine Zehen in das Laken, nur damit er dann erschöpft zurück auf das verschwitzte Laken fiel. Durch seinen Körper glitten noch die Wellen seines Höhepunktes und er nahm auch die heiße Flüssigkeit von Karyu in seinem Inneren war. So musste sich guter Sex eben anfühlen. Entkräftet lächelte er den Blonden an, streichelte durch die weichen und feuchten Haare. „Was lange währt, wird wohl doch noch gut, hmm?“, murmelte Zero leise, weshalb Karyu schmunzelte. Auch der Größere war ganz schön aus der Puste. Als sein Höhepunkt vollkommen abgeklungen war, huschte er kurz ins Bad, nur um sich danach ganz eng an seinen Karyu zu schmiegen. Zero glaubte nicht, dass damit schon alles überstanden war, aber es war ein weiterer Schritt zurück in sein Leben. Ein Leben, welches er nun zusammen mit Karyu verbringen konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)