Joeys steiniger Weg! von Onlyknow3 (Geschunden, Verloren und Aufgefangen) ================================================================================ Kapitel 199: Abschluss ---------------------- Kapitel 199 - Abschluss Joey konnte nicht glauben, dass er hier war. 'Hier' war in diesem Falle die Justizvollzugsanstalt in der seit viereinhalb Jahren der Mann einsaß, bei dem er aufgewachsen war. Der ihn nach der Scheidung von seiner Mutter begann zu missbrauchen, zu vergewaltigen, zu verkaufen und damit seine Schulde abzubezahlen. Dem er eine höllische Jugend, sowie eine einwöchige Entführung zu verdanken hatte, in der er sechs Tage lang vergewaltigt worden war und die Gumi alles schön aufgenommen und zu Pornos umgeschnitten hatten. Seine Hand ballte sich um seine Graphic Novel, die er mitgebracht hatte. Warum, dass wusste er selbst nicht so genau. Vielleicht als Zeichen für sich selbst, dass er all den Scheiß, den dieser Mann ihm angetan hatte, überwunden und hinter sich gelassen hatte. Aber warum saß er dann hier? Nervös blickte er auf seine Armbanduhr und stellte fest, dass er fast schon seit einer halben Stunde hier saß. Was dauerte das so lange den Alten aus seiner Zelle zu holen? Er blickte aus dem vergitterten Fenster auf den großen, weitläufigen Parkplatz vor dem Besuchereingang des Gefängnisses. Er konnte den Wagen sehen, in dem Seto, Honda, sowie Brian und Justin saßen und auf ihn warteten. Sie hätten ihn auch hier rein begleitet, aber die Regeln besagten, dass ein Gefangener nur einen Besucher empfangen durfte. Gerade als er begann die Geduld zu verlieren und aufstehen wollte, um dieses Wartezimmer zu verlassen wurde sein Name aufgerufen. "Joey Wheeler?", fragte der Mann mit dem Klemmbrett. "Ich heiße jetzt Joey Johnson", berichtigte Joey ihn. Doch der Beamte sah ihn nur desinteressiert an, ließ das Klemmbrett sinken und brachte Joey dann durch einen langen Gang in einen separaten Raum, in dem ein Tisch mit zwei Stühlen und ein Sofa stand. Zwei Fenster mit Gitterstäben gewährten einen Blick auf die karge Landschaft, die das Gefängnis umgab. Als Joey sich zum Wärter umdrehen wollte, um zu fragen, was er hier sollte, hatte dieser sich schon wieder abgewandt und die Tür hinter sich geschlossen. Fassungslos blickte Joey die geschlossene Tür an. Dann blickte er sich im Raum um. Die Möbel waren alt und abgenutzt, teils ziemlich versifft. Aber es sah nicht nach einem gewöhnlichen Besucherzimmer aus. Seto hatte vor Jahren erzählt, dass er den Alten in einem großen Raum mit verschiedenen Besuchertischen als Kinderschänder geoutet hatte. Das entsprach hier gar nicht dieser Beschreibung. Dann hörte er, wie die Tür erneut aufging. Er wirbelte herum, bereit seinem persönlichen Monster die Stirn zu bieten, aber auf das, was sich ihm präsentierte, war er absolut nicht gefasst gewesen. Der Wärter, der ihn hier her geführt hatte, schob einen abgemagerten, übel zugerichteten Mann im Rollstuhl herein, dessen Haut einen gelblichen Schimmer hatte, ebenso wie die Augen. Der Wärter schob den Häftling an den Tisch, zog die Bremsen am Rollstuhl fest und verließ den Raum wieder. "Danke, dass du gekommen bist, Sohn", begann der Alte. "Ich bin nicht dein Sohn", widersprach Joey sofort und mehr automatisch, als gewollt. "Ja, stimmt... deine Schwester hatte mir so etwas bei ihrem letzten Besuch erzählt, aber solange du meinen Namen trägst, werde ich dich weiterhin Sohn nennen", entgegnete er. "Ich trage deinen Namen aber schon seit über vier Jahren nicht mehr", meinte Joey kalt. "Oh, verstehe... und welchen Namen trägst du nun?", fragte sein Gegenüber abgeschlagen. "Geht dich nichts an", kam es abweisend von dem Blonden. "Natürlich nicht. Verzeih bitte", kam es auf einmal ungewohnt demütig von dem Mann, der ein Päckchen Zigaretten aus seiner Brusttasche holte. Doch schon das schien ihn viel Mühe zu kosten. "Komm setz dich, bitte." Joey blieb stehen und sah dem Mann am Tisch zu wie er in quälend langsamen Bewegungen eine Kippe aus der Schachtel fummelte und sie sich zwischen die spröden Lippen steckte. Dann tastete er sich nach Streichhölzern ab. "Hast du mal Feuer?", fragte er, als wäre es das Normalste der Welt. "Bedaure", kam es nur kurz angebunden von dem Jüngeren. "Hach... schade, aber auch nicht wild", meinte der Ältere, nahm die Kippe und steckte sie zurück in die Schachtel. "Warum bin ich hier?", kam es schroff und ungeduldig von Joey. Joseph blickte langsam zu ihm auf und schien überrascht zu sein. "Ist das nicht offensichtlich?", fragte der Alte mit einer Spur Belustigung. Joey griff sich an die Nasenwurzel und kämpfte gegen die aufkommenden Kopfschmerzen und das Bedürfnis sich übergeben zu müssen an. "Auf deine Spiele hab ich keine Lust. Sag mir, was du zu sagen hast oder lass es bleiben", meinte Joey genervt. "Ich sterbe, Joey", kam es ruhig von dem Alten. Für einen Moment stand Joey wie vom Blitz getroffen dar und musterte den Mann vor sich im Rollstuhl, der kaum mehr als ein Schatten des Mannes war, der ihm früher so große Angst gemacht hatte. "Gut", kam es schließlich von dem Jüngeren. "Ich weiß, du meinst das nicht so", meinte Joseph in einem Anflug der Selbsttäuschung. Auf einmal flammte etwas in Joey auf. "Doch. Und wenn du mich fragst, kommt dein Tod 15 Jahre zu spät", fauchte Joey, während er seine Hände auf die Tischfläche schlug und sich halb über den Tisch stemmte. "Du bist ein Monster und du hast mir meine Kindheit und Jugend zur Hölle gemacht. Du hast mir meine Selbstachtung, mein Selbstwertgefühl und meine Unschuld geraubt." Während er seinen Vater anklagte wurde er immer lauter, bis er die letzten Worte förmlich schrie. "Und ich habe dafür gebüßt", schrie der Alte mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, zurück. Doch es war kaum mehr als lautes Sprechen. "Du hast einen Deal gemacht, damit du wegen allem möglichen angeklagt und verurteilt wurdest, außer dem Einzigen, was mich betraf. Wo also hast du gebüßt?", zischte Joey mit weiter schwelendem Zorn nach. "Du hast ja keine Ahnung, was ich durchmachen musste, Junge...", entgegnete der Mann fassungslos, "aber ich mache dir keinen Vorwurf." Als der Alte das ruhig hinterher schob lief das Fass endgültig über. "MIR? EINEN VORWURF? ICH WAR EIN KIND UND DEINE EINZIGE AUFGABE WÄRE ES GEWESEN MICH ZU BESCHÜTZEN!", schrie er ihn fassungslos an. "Es gibt nichts, dessen ich mich schuldig gemacht habe. Das zu erkennen hat mich zwei Jahre Therapie gekostet, sowie die Geduld und die Liebe meiner Freunde, meiner Familie und meines Verlobten. Alles was du mir immer eingetrichtert hast, war Bullshit. BULLSHIT." Dann begann er sich wieder zu besinnen, richtete sich auf und strich sein Hemd glatt. Er sah auf sein privates Monster hinab. "Ich werde deinen Tod nicht bedauern, alter Mann. Höchstens, dass er dich schon so früh ereilt. Gerne würde ich dir noch etwas mehr die Gastfreundschaft dieses Ortes wünschen", schob er schließlich ruhig nach. "Seit dein feiner Freund...", setzte der alte Wheeler an. "Mein Verlobter", berichtigte Joey sofort scharf. "...mich hier zuletzt besucht hat ist das hier die Hölle. Ich hab keine ruhige Minute mehr. Ständig sitzt mir die Gefahr im Nacken, dass mich die anderen packen und dann tun sie mir unaussprechliche Dinge an", berichtete der Alte verzweifelt. Joey ging um den Tisch und beugte sich dann zu dem Ohr des Mannes, den er so verachtete. "Gut... dann erlebst du das, was du mir angetan hast. Fühlst... was ich gefühlt habe, wann immer ich nach Hause kam und da zwei 'Freunde' saßen, die noch Geld von dir kriegten. Ich hoffe, deine 'Freunde' nutzen die verbleibende Zeit noch voll und ganz", flüsterte er ihm ins Ohr, bevor er sich wieder aufrichtete und den Raum verließ. Doch bevor die Tür zufiel hörte er noch einmal seinen Vater, der versuchte ihm hinterher zu rufen. "Nein,... das ist alles falsch... du musst mir doch vergeben... ich sterbe, Sohn... du musst mir vergeben und ich werde dir vergeb...", doch der Rest wurde von der zufallenden Tür geschluckt. Als Joey das Gebäude mit den Besucherräumen verließ war ihm trotz der sommerlichen Hitze kalt. Schweiß rann ihm über die Stirn und ließ sein Hemd an seinem Oberkörper kleben. Mit staksigen Schritten verließ er das umzäunte Gelände der Justizvollzugsanstalt und ging auf das Auto zu. Noch ehe er es erreicht hatte stiegen seine Freunde und sein Verlobter aus. Gerade als Seto ihn in seine Arme schließen wollte ging Joey hastig an ihm vorbei, beugte sich hinter das Auto und musste sich übergeben. Überwiegend bestand das Erbrochene aus Magensäure und Gallenflüssigkeit, da er den ganzen Tag nichts runter bekommen hatte. Justin und Brian waren schockiert von dieser heftigen, körperlichen Reaktion ihres Freundes. Doch Seto und Honda waren vorbereitet. Honda öffnete gerade eine kleine Flasche Wasser und reichte sie Joey, der sich damit den Geschmack und die Reste aus dem Mund spülte und auf das Erbrochene spuckte. Seto hielt ihm ein kleines Handtuch hin, mit dem Joey sich den Mund äußerlich trocknete. "Lasst uns gehen. Hier gibt es nichts mehr, was mich interessieren müsste", meinte Joey mit gebeutelter Stimme, während er auf den Rücksitz einstieg. Honda nahm Seto den Schlüssel für den Wagen ab, so dass Seto bei Joey sitzen konnte. Als Brian und Justin ins Auto stiegen lachte Joey hemmungslos und sie starten fragend zu Seto, ob das ein Nervenzusammenbruch war. "Ich hab Hunger, lasst uns was essen gehen", kam es schließlich von Joey. Seit seinem Besuch waren sechs Wochen vergangen. Brian und Justin waren längst wieder zurück in New York City und lebten ihr Leben und auch seine Familie war wieder nach Hause gefahren. Joey konnte nicht sagen was es war, aber nach dem Gespräch mit dem Alten hatte er sich endlich frei gefühlt. Vielleicht lag es daran, dass das Bild des Monsters durch das dieses alten, kranken, schwächlichen Schattens ersetzt worden war. Oder, dass er zum ersten Mal diesem Menschen ins Gesicht sagen konnte, was er ihm angetan hatte. Er hatte kein Mitleid mit dem alten Wheeler. Vielleicht hatte er moralisch nicht richtig reagiert, aber wie hätte er sonst reagieren sollen. Dieser Mann hatte absolut keine Einsicht gezeigt... keine Erkenntnis... keine Reue... Es klingelte an der Haustür. Er stand auf, legte sein Buch weg, indem er gelesen hatte, und ging zur Tür. Mokuba und Seto kamen aus anderen Richtungen und sie mussten lachen. Dann öffnete Joey die Tür. "Joey Wheeler?", fragte der uniformierte Mann vor der Tür. "Ich heiße jetzt Johnson", meinte der Blonde ernst. "Verzeihen Sie bitte, das stand hier nicht", meinte der Mann. Dann hielt er Joey ein Klemmbrett und ein Stift hin. "Würden sie den Empfang bitte hier quittieren?" "Welchen Empfang?", fragte Joey verwundert. Der Mann trat einen Schritt zur Seite und gab den Blick auf eine größere, in braunem Packpapier eingewickelte Kiste preis. "Ich erwarte nichts in der Größenordnung. Von wem kommt die denn?" Der Mann seufzte leicht, zog sein Klemmbrett vor das eigene Gesicht und lass den Absender ab: "Von der Justizvollzugsanstalt". Joey blickte zu Seto, dann zu dem Postangestellten. "Ich verweigere die Annahme", meinte Joey. "Joey...", kam es plötzlich von Mokuba. "Bist du dir sicher?" Joey blickte zu Seto, der näher kam und einen Arm um seinen Streuner schlang. Er wusste, dass Seto immer hinter ihm stand, egal wie er sich nun entschied. Also hielt er seine Hand fordernd dem Beamten entgegen, der ihm das Klemmbrett gab, so dass er den Empfang quittieren konnte. Dann ging der Mann zurück zu seinem Fahrzeug, stieg wieder ein und fuhr davon. "Was sollen wir jetzt damit machen?", fragte Mokuba. "Verbrennen", meinte Joey. "Ich spiel sein Spiel nicht länger und es interessiert mich auch nicht was da drin ist." Mit diesen Worten wandte sich Joey ab und ließ die beiden Brüder mit der Kiste, in denen die Urne des alten Wheelers, so wie die wenigen Habseligkeiten, die dieser in seiner Zeit als Insasse der Justizvollzugsanstalt angehäuft hatte, alleine. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)