Im Schatten der Samurai von Bambusbesen (Sasori X Deidara X Gaara) ================================================================================ Kapitel 39: Der Dämon in der Burg I ----------------------------------- Gaara betrachtete seinen General ruhig. Dessen Atem ging geringfügig lauter, woraus er schloss, dass Shikamaru körperliche Anstrengung hinter sich hatte. Offensichtlich Ärger, gab es sonst kaum einen Grund, warum er ihn außer Atem in seinem Arbeitszimmer aufsuchen und um Gehör bitten musste. „Sprecht“, bat der junge Daimyô den Mann und bedeutete ihm, sich gegenüber an den Tisch zu setzen. Shikamaru verbeugte sich höflich und ließ sich auf dem Sitzkissen im Seiza nieder. Da er der Ehemann seiner Halbschwester war, gingen sie im Privaten relativ vertraut miteinander um, doch nun handelte es sich um eine offizielle Angelegenheit, in der die Förmlichkeit gewahrt wurde, wie es die Etikette verlangte. Privates gehörte nicht in dienstliche Belange. „Es geht um den Rônin“, begann der General sachlich. „Er hat sich mit einigen Eurer Samurai angelegt. Dabei kam es zu Ausschreitungen. Ich musste eingreifen und ihn bewusstlos schlagen, um die Angelegenheit zu beenden.“ Während Shikamaru sprach, blieb Gaaras Miene unergründlich. Nun allerdings zog sich seine Stirn leicht kraus. „Wie kam es dazu?“, hakte er nach. Der Rotschopf wollte gern so viele Informationen wie möglich erhalten, bevor er sich darüber ein Urteil erlaubte. „Akimichi Chôji erklärte mir gegenüber, dass Deidara mitten auf dem Trainingsplatz lag und diesen auch nach wiederholter Aufforderung nicht verlassen hat, sodass die Übungseinheit nicht beginnen konnte. Er hat sie daraufhin provoziert und zum Kampf herausgefordert. Ich weiß nicht, wie er es fertig gebracht hat, aber selbst die erfahreneren Samurai hat er in diese Show verwickelt.“ Gaara erlaubte sich ein kaum hörbares Seufzen. Noch nicht einmal drei Tage waren vergangen und es gab Probleme mit dem Blonden. Ignorieren oder darüber hinweg sehen konnte er nicht. Der Rotschopf würde sich zügig darum kümmern müssen, damit solche Eskalationen sich nicht wiederholten. „Ich werde mich des Problems annehmen“, erklärte Gaara schließlich nach ein paar Augenblicken. „Gibt es sonst noch etwas?“ Seine Frage war ein Hinweis, dass er das Gespräch als beendet ansah und sich wieder seiner Arbeit auf seinem Tisch zuwenden wollte. Zwar könnte er als Daimyô den Großteil der Arbeit Untergebenen überlassen, jedoch übergab er nur einzelne Aufgaben an andere und ließ sich die Ergebnisse aufführen. So behielt er den Überblick über das Ganze. Um sein Land richtig zu führen, musste er wissen, was geschah. „Verzeiht, sollte meine Frage unhöflich erscheinen, aber was habt Ihr mit dem Rônin vor, Gaara-sama?“ Shikamaru sah ihm fest in die Augen. Dem Rotschopf wurde klar, dass sein General den Grund erfahren wollte, warum Deidara hier war. Und er würde nicht locker lassen, selbst wenn er ihn jetzt abwimmelte. Irgendwann würde diese Frage erneut zu ihm finden und wenn es über Umwege geschah. Über Temari zum Beispiel. Und seine Halbschwester war geschickt darin, ihm Informationen zu entlocken. In seinem Kopf hatte sich inzwischen aber eine Idee geformt, die er seinem General erzählen konnte. Sollte sie sich umsetzen lassen, wäre das Ergebnis eine Bereicherung für seine militärische Stärke. „Ich beabsichtige Deidara in meine Dienste zu nehmen. Er ist ein sehr fähiger Krieger. Es ist Verschwendung, sein Talent auf der Straße verkommen zu lassen.“ Shikamaru wirkte für einen Moment erstaunt, dann fand die übliche Beherrschung in seine Gesichtszüge zurück. Langsam deutete sich ein Nicken an. „Er ist nicht nur sehr begabt…“, in den dunklen Augen des Generals schimmerte Unbehagen. „Ich habe ihn vor einem Jahr kämpfen sehen, doch sein Stil hat sich verändert. Ich würde nicht behaupten, er hat sich verbessert.“ Es war ungewöhnlich, dass Shikamaru sich dazu hinreißen ließ, seine Unruhe zu zeigen. Oder konnte er sie nicht verbergen? Was hatte der sonst so unerschrockene General gesehen? „Deidara kämpft wie ein Dämon. Er zeigt keinen Respekt vor gegnerischen Waffen. In seinen Manövern liegt keinerlei Achtsamkeit. Es ist ihm völlig egal, ob er verletzt wird. Der Mann hat keine Angst vor dem Tod. Es erlaubt ihm, ein Risiko einzugehen, welches jeder andere sich versagen würde. Und das macht ihn noch viel gefährlicher als er damals schon war.“ Unangenehme Stille erfüllte das Arbeitszimmer. Unmerklich huschte ein Schauer Gaaras Rücken hinab. Auch er hatte die klassische Kriegerausbildung durchlaufen und wusste, dass man mit dem Tod konfrontiert wurde. Aber selbst wenn es immer hieß, dass ein Krieger keine Angst vor dem Tod hatte, so verspürte man zumindest innerlich Angst und handelte entsprechend. Nur zeigte ein Krieger diese Angst nach außen nicht und ging gefasst mit selbiger um. Und fürchtete ein Krieger nicht um sein eigenes Leben, dann um das seiner Liebsten, die er beschützen und ernähren wollte, für die er kämpfte. Doch ein Mann wie Deidara, der nichts mehr hatte, was hatte er zu fürchten? Gaara war in dem Moment, als er ihn betrunken an dem Karren liegen sah, klar gewesen, dass Deidara nicht einmal vor sich selbst noch Achtung hatte. Das einzige, was ihm wichtig war, war Sasori. Und sein Meister war tot. Wenn er so sehr an ihm hing, dass ihm sein Leben ohne den Rothaarigen nichts wert zu sein schien, wieso war er ihm dann noch nicht ins Reich der Toten gefolgt? Angst vor dem Tod konnte die Hand des Blonden nicht zurückgehalten haben. Nicht nach dem, was Shikamaru ihm soeben erzählt hatte. „Was wollt Ihr mir damit sagen?“ Gaara war sich sicher, dass die Worte des Generals eine tiefere Bedeutung hatten und er nur nicht mit der Tür ins Haus fallen wollte. „Er wird Unruhe stiften. Ganz zu Schweigen davon, dass die Samurai empört sein werden, wenn Ihr einen Rônin in Eure Dienste nehmt.“ Die Bedenken waren realistisch. Es würde zu Entrüstung kommen, sollte Gaara seine Idee wirklich in die Tat umsetzen können. Deidaras Verhalten allerdings konnte sich eventuell noch bessern. Vor einem Jahr war er schließlich deutlich umgänglicher gewesen, bevor Sasori getötet worden war. „Soweit ich informiert bin, war Akasuna no Sasori derjenige, der Gôza damals umgebracht hat. Deidara hatte nichts mit dessen Tod zu tun. Meiner Meinung nach verdient er also durchaus eine zweite Chance“, erläuterte er seine Gedanken bedacht. Ein Hauch von Zweifel wagte sich in Shikamarus Blick. Bei einem öffentlichen Treffen mit weiteren Anwesenden hätte der General sich dies nicht erlaubt. Gaara schätzte jedoch die Haltung des anderen, ihn auf Probleme hinzuweisen, anstatt nur wie andere ihm zum Munde zu reden, um in seiner Gunst nicht zu fallen oder gar seinen Zorn zu erwecken. „Es könnte ungewiss sein, ob der Rônin hier akzeptiert werden wird.“ Dessen war Gaara sich bewusst. Er würde seine Idee auch nicht sofort umsetzen. Dies musste umsichtig angegangen werden. Denn ein Großteil des Erfolges hing davon ab, ob Deidara bereit dazu war, wieder ein Samurai zu sein und seinen Lebensstil erneut zu ändern, wieder seinem früheren anzugleichen, bevor er zum Rônin wurde. „Das ist mir bewusst.“ Nach einer kurzen Atempause deutete Gaara mit einer besonnenen Handbewegung an, dass Shikamaru sich entfernen konnte. „Ihr dürft Euch entfernen.“ Der General verbeugte sich förmlich, erhob sich und sagte: „Ich ziehe mich zurück.“ Erst dann wandte er sich um und verließ Gaaras Arbeitszimmer. Nachdem die Schiebetür geschlossen war, erlaubte der Rothaarige sich ein schweres Seufzen. Offenbar wartete doch mehr Arbeit auf ihn als erwartet in Bezug auf Deidara. Doch zuerst mussten diese Papiere fertig bearbeitet werden, bevor er sich um den Blonden weiter Gedanken machen konnte. Wenige Stunden später sank die Sonne bereits hinter den Horizont und nächtliche Dunkelheit tauchte die Welt in erholsame Ruhe. Nachdem Gaara sich in sein Schlafgemach zurückgezogen hatte, nutzte er die Geheimgänge der Burg, um ungesehen zu Deidaras Gästezimmer zu gelangen. Leise schob er die Tür auf, trat in das schlichte Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Das matte Mondlicht, welches durch das Fenster drang, reichte aus, um alles Wichtige zu erkennen. Die jadefarbenen Augen fielen auf den Mann, der reglos auf seinem Futon lag. Die Decke war über ihn gebreitet. Ruhig hob und senkte sich seine Brust. Augenscheinlich war Deidara noch nicht wieder erwacht. Shikamaru verrichtete seine Arbeit stets gründlich. Eine Platzwunde konnte er nicht ausmachen, als er näher kam und sich neben dem Blonden niederließ. Deidara wirkte so friedlich mit diesem entspannten Gesichtsausdruck. Jetzt konnte man kaum glauben, zu welcher Art Mann der Blonde geworden war. Was ihn wohl an die irdische Welt fesselte? Es musste mit Sasori in Verbindung stehen. Der Krieger hatte Deidara am meisten bedeutet. Während Gaara darüber sinnierte, fiel ihm der Stoffstreifen auf, den Deidara um die Stirn gebunden hatte. Er hatte diesem keine weitere Beachtung geschenkt, als er den Rônin aufgelesen hatte. An Sasoris Grab war seine Kleidung noch nicht trocken gewesen und seine Stirn somit unbedeckt. Aber offenbar erfüllte dieser Streifen Stoff eine Funktion. Sein Haar hielt er aber nicht zurück, da seine Frisur sich nicht geändert hatte. Nach wie vor war es offen. Nur das obere Deckhaar fasste er in einem Zopf zusammen. Neugier packte den Rotschopf. Er streckte seine rechte Hand nach Deidara aus und schob behutsam die langen Strähnen beiseite, welche die linke Gesichtshälfte immer verbargen. Irritiert runzelte er seine Stirn und zog die Hand zurück. Der Stoffstreifen verlief nicht gerade über Deidaras Stirn, sondern verbarg das linke Auge. Es gab nur wenige Gründe, wieso man sein Auge verbarg. Entweder eine Verletzung oder es war erblindet. Oder beides traf zu. Gaara war sich sicher, vor einem Jahr dann und wann das linke Auge gesehen zu haben, wenn der Blonde sich stark genug bewegt hatte, um einen Blick hinter das Haar werfen zu können. Den Stoff ebenfalls beiseite zu schieben, wagte Gaara jedoch nicht. Er wusste nicht, wie tief Deidaras Schlaf war und er wollte ihn nicht wecken. Dann müsste er sich erklären, was er spät abends in seinem Zimmer machte. Für einen Daimyô war das hier definitiv der falsche Ort. Kam heraus, dass er um diese Uhrzeit allein bei dem Rônin im Raum war, würden wilde Gerüchte aufkommen. Seine private Sympathie, welche er für Deidara hegte, musste geheim bleiben. Demnach hielt der Rotschopf es für klüger, sich vorerst in sein eigenes Schlafgemach zu begeben. Er musste sich sowieso mit Deidara unterhalten, sobald dieser wieder ansprechbar war. Denn er konnte nicht zulassen, dass weitere Unruhen in seiner Burg aufloderten. _______________________________________________________ Wer die Realverfilmung des Anime und Manga "Kenshin" kennt, kann sich mal den Soundtrack anhören - ich nehme den in letzter Zeit gern als Hintergrundmusik zum Schreiben und er passt gut zur Stimmung der Geschichte :3 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)