Im Schatten der Samurai von Bambusbesen (Sasori X Deidara X Gaara) ================================================================================ Kapitel 1: Der Weg ins Ungewisse -------------------------------- „Fafori no Danna? Waf machn wir, wenn daf Geld alle iff, hm?“, fragte der Blonde mit vollem Mund. Er hob seine Ramenschüssel an die Lippen und trank einen Schluck der heißen Suppe. Kaum war die Schüssel wieder abgestellt, schaufelte der junge Krieger bereits erneut Nudeln und Gemüse in sich hinein und kaute genüsslich. Doch die azurblauen Augen verharrten auf Sasori. Der fragende Ausdruck verriet dem Rothaarigen einmal mehr, dass sein Schüler keine Ruhe geben würde, bis er die Informationen hatte, die er wollte. Sasori seufzte leise. „Kau erst auf und sprich dann“, ermahnte er den Jungen. Man könnte meinen, Deidara sei ein Kind, welchem man noch Manieren beibringen musste. Der Blonde stammte aus einer Samurai-Familie und war seit Jahren unter seinen Fittichen. Und was hatte es genützt? Für einen 16 Jährigen war Deidara sehr tödlich. Er war äußerst begabt im Umgang mit dem Schwert und dem Bogen. Das musste Sasori zugeben. Aber er konnte auch genauso gut beweisen, dass er eben noch ein halbes Kind war. Seine loddrige Art, seinen Gi[1] und Hakama[2] zu tragen; wie er sich sein Haar nachlässig im Nacken zusammen band und trotzdem die linke Gesichtshälfte fast völlig verborgen blieb hinter einem Schleier aus blondem Haar; wenn er vor ihm verbergen wollte, dass er seine Waffen einmal mehr unzureichend gepflegt hatte; wenn er versuchte, zwei Dinge zugleich zu machen. So wie jetzt. Essen und sprechen. Deidara schluckte und setzte erneut an: „Was machen wir, wenn das Geld alle ist, hm?“ Seine Frage war berechtigt. Mit dem Tod ihres Herrn waren sie zu Rônin geworden, herrenlosen Samurai. Sasori hätte dies verhindern können, trug niemand geringerer als er die Schuld am Tod des Daimyô[3] Gôza. Da Deidara unter seinem Schutz stand, war dieser nun ebenfalls herrenlos. Und viele andere Samurai in den Diensten ihres Daimyô teilten ihr Schicksal, ziellos umher zu streifen, in der Hoffnung, zu überleben. Einige hatten Seppuku[4] begangen, um ihre Ehre zu wahren und nicht zu gewöhnlichen Strauchdieben und Söldnern zu verkommen. Allerdings lagen Sasoris Ansichten über Ehre woanders. Seine Art zu kämpfen hatte ihm schon oft Spott von anderen Samurai eingebracht. Doch das interessierte ihn nicht. Menschen waren ihm gleichgültig. Die einzige Ausnahme saß vor ihm und starrte ihn inzwischen beinahe hypnotisierend an. Und weil er Deidara nicht unnötig warten lassen wollte, gab er ihm nun seine heiß ersehnte Antwort. „Entweder verdingen wir uns als Söldner oder wir stehlen“, erklärte er monoton. Sasori wandte sich wieder seinem Mittagessen zu. Ihm war bewusst, dass Deidara nun neuen Zündstoff erhalten hatte. Schon nach wenigen Augenblicken kam die begeisterte Antwort. „Daf klingt aufregend! Endlifh paffierd mal waf, hm.“ „Deidara!“, brummte er genervt. Schon wieder. Wann lernte er endlich, sein Essen erst zu schlucken und dann zu sprechen? „Tschuldigung.“ Skeptisch maß der Rothaarige Deidara mit einem langen Blick. Das Grinsen sagte ihm, dass er seine Verfehlung nicht bereute. Seine Entschuldigung war reine Höflichkeit. Manchmal verhielt sich der Junge einfach respektlos. Doch er beließ es dabei. Sasori wusste, dass er der einzige war, den Deidara wirklich respektierte, selbst wenn es hin und wieder nicht den Anschein machte. Endlich kehrte Ruhe ein und nur das leise Klappern der Stäbchen und gelegentliches Schlürfen hallte durch den kleinen Ramenimbiss, den sie auf ihrem Weg ins Irgendwo am Rand der Straße gefunden hatten. Deidara hatte Recht. Ihr Geld war bald aufgebraucht. In den letzten Wochen hatten sie von dem Geld leben können, welches sie auf ihrer Flucht neben wenigen anderen Habseligkeiten eingepackt hatten. Doch es reichte nicht ewig. Sie könnten sich natürlich ein anderes Handwerk suchen. Doch Sasori hegte momentan kein Interesse an einer anderen Arbeit. Und Deidara war zu begeistert vom Kampf, um friedliche Arbeiten zu verrichten. Schritte näherten sich dem kleinen Haus. Eine leichte Brise wehte herein, da die Schiebetüren zurückgeschoben waren, um die belebende Frühlingsluft herein zu lassen. Die braunen Augen des Rothaarigen hefteten sich auf die Gestalten, die soeben eintraten. Innerlich stellte er sich auf Ärger ein. Sie waren also verfolgt worden. „Da ist der kleine Verräter ja. Wo hast du dich denn so lange versteckt?“, fragte der Anführer der kleinen Gruppe ehemaliger Samurai und legte seine Hand auf den Griff seines Katanas. Die anderen Männer taten es ihm gleich. „Und seine kleine Ratte ist auch dabei. Wunderbar“, fügte ein anderer Krieger der Gruppe an. Ganz ruhig, dachte Sasori sich. Er legte seine Stäbchen neben seine zur Hälfte geleerten Schüssel. Und schon flog Deidaras Schüssel samt Inhalt dem Anführer ihrer Verfolger entgegen. „Wen nennst du hier Ratte, hm?“, fauchte der Blonde. Das meinte Sasori mit Respektlosigkeit anderen gegenüber. Innerlich amüsiert betrachtete er den Mann. Dieser war der Schüssel zwar ausgewichen, doch ein paar Nudeln hingen auf seiner Schulter und sein Gi war mit Suppe bekleckert. Ach, und an seinem Hals klebte eine Sojasprosse. Wut flammte in den Augen des Mannes auf. „Ich nehme an, ihr seid lebensmüde?“, hakte Sasori mit überheblichem Unterton nach und erhob sich ohne Hast. Deidara stand bereits angriffslustig mit der Hand am Katana und grinste frech. Der Ladenbesitzer unterbrach die feindlich gesonnenen Männer schließlich. „Werte Herren, wäre es möglich, Euren Streit draußen fort zu setzen?“ Mit einer einladenden Geste deutete Sasori den Kriegern an, der Bitte Folge zu leisten. „Ihr habt den Mann gehört. Husch, husch.“ „Das wirst du noch bereuen… ihr beide.“ Der Mann wischte die Reste von Deidaras Mahlzeit von seiner Kleidung. Einen Krieger zu reizen, sollte an sich eine schwere Aufgabe sein, doch diese hier waren auf Rache aus. Rache an Sasori für den Mord an Gôza. Sie waren gereizt und gaben ihm die Schuld an ihrem jetzigen Leben. Entsprechend leicht war es nun, sie zu provozieren. Und ein Krieger, der sich der Wut hingab, machte Fehler. Fehler, die man ausnutzen und gegen ihn verwenden konnte. „Wo ist eure innere Ausgeglichenheit hin, ehrenwerte Krieger?“, fragte Sasori mit einem amüsierten Unterton und schritt an ihnen vorbei hinaus. Deidara folgte ihm mit einem bösartigen Lächeln auf den Lippen. Doch sie ließen die Krieger nicht aus den Augen, drehten ihnen nicht den Rücken zu. Sie wollten es ihnen schließlich nicht zu leicht machen. Ohne weiteren Kommentar zogen die Krieger ihre Katana. Sasori und Deidara taten es ihnen gleich und erwarteten die aufgebrachten Männer mit gezogenen Waffen. Scharfes Klirren ertönte, als die Klingen aufeinander trafen. Ein verbissener Kampf entbrannte. Rein zahlenmäßig waren die Angreifer Sasori und Deidara überlegen. Aber Sasori war der beste Samurai ihres Daimyô gewesen und so kostete es ihn wenig Mühe, einen der Krieger mit seinem Katana zu enthaupten, einem anderen den Schwertarm abzutrennen und einem dritten eine tiefe Halswunde zuzufügen, die ihm innerhalb weniger Herzschläge den Tod bringen würde. Deidara kämpfte in seinem Rücken, führte neben seinem Katana auch sein Wakizashi[5]. Sasori vertraute seinem Schüler, dass dieser ihm jeden Angreifer vom Hals schaffen würde, der versuchen wollte, ihn von hinten anzugreifen. Als sein Meister kannte er Deidaras Stärke besser als jeder andere. Im Gegenzug sorgte Sasori automatisch dafür, dass niemand einen Angriff auf seine Kehrseite ausübte. Die Zahl der Krieger war bald auf den Anführer dezimiert. Mit ganzer Kraft ließ dieser sein Katana auf Sasori niedersausen. Unter der schieren Wucht knickte der Rothaarige ein, war er an Größe und Körperkraft dem anderen Krieger unterlegen. Doch Sasori wäre schon lange nicht mehr am Leben, hätte er keinen Ausgleich gefunden. Mit einem überheblichen Lächeln gab er dem Druck auf sein Katana nach, ließ es los und duckte sich unter den Armen des anderen hindurch. Er kam ihm so nahe, dass er seinen Schweiß riechen konnte. Die aufkeimende Abscheu gegen derlei Gerüche ignorierend, griff er nach seinem Dolch, den er in seiner Unterarmschiene verbarg, und stach ihm in den Fuß. Geschickt rollte er sich seitlich weg und erhob sich wieder. Ein schmerzerfüllter Laut verließ die Kehle des Kriegers und der zornige Blick richtete sich auf Sasori. Ein kaltes Lächeln umspielte dessen Lippen. Den Dolch hob er auf Brusthöhe und fuhr liebevoll über die flache Seite der Klinge. „Spürst du es?“, hauchte er amüsiert. Sasori trug nicht grundlos dünne Lederhandschuhe. Er wollte sich nicht aus Versehen selbst vergiften. Zuerst spiegelte sich Verwirrung in den Gesichtszügen des Mannes wieder, dann verlor er alle Farbe. Kreidebleich und ungläubig starrte er Sasori an, dann auf seinen Fuß hinab. „Du feiger Bastard…“, keuchte er. „Was für eine Verschwendung. Immerhin sind es deine letzten Worte“, murmelte Sasori wissend. Das Gift wirkte schnell. Innerhalb von wenigen Minuten lähmte es den gesamten Körper, die Atmung des Mannes und wenn er nicht an Herzversagen verreckte, erlitt er den Erstickungstod. Und wie erwartet brach der Mann in die Knie, versuchte sich wieder aufzurappeln, doch kippte schließlich zur Seite und fiel auf den trockenen Boden. Sein Atem ging keuchend. Nackte Todesangst breitete sich in seinen weit geöffneten Augen aus. „Das habt ihr davon, ihr Idioten, hm“, kommentierte Deidara zufrieden und wischte seine Waffen nachlässig an den Kleidern der Toten ab. Sasori schob seinen Dolch unter die Unterarmschiene zurück in seine Scheide. Seine komplette Rüstung hatte er auf der Flucht nicht mitnehmen können, würde sie jetzt auch nur noch behindern. Aber diese Schienen trug er immer. Es war einfach praktisch, seine Dolche und den feinen Draht dort zu verbergen. So hatte er beides im Kampf schnell zur Hand. Inzwischen war der letzte Krieger auch tot und sie hatten ihr kleines Problem gelöst. Sasori trat näher und hob sein Katana auf, säuberte es an dem Hakama des toten Anführers und ließ es in die Saya[6] zurück gleiten. Ängstlich schaute der Ladenbesitzer zu ihnen und fragte: „Ist es vorbei?“ Deidara grinste breit, was dem Mann als Antwort genügen musste, denn Sasori kümmerte sich nicht um ihn, sondern begann die Toten nach Geld und anderen nützlichen Dingen zu durchsuchen. „Steh da nicht rum, Deidara. Geh mir zur Hand“, wies er seinen Schüler an. „Jaaa, Danna“, murrte der Blonde und folgte dem Beispiel seines Meisters, kniete sich zu einem der Toten und durchstöberte seine Kleidung. Die Ausbeute war enttäuschend. Ein paar Yen, ein bisschen gebratenes Fleisch, was vermutlich vom letzten Mahl übrig geblieben war. Wenige Gebrauchsgegenstände, die sie selbst besaßen und deswegen ignorierten. Erneut wagte der Ladenbesitzer eine Frage: „Und… wer schafft die Leichen weg?“ Sasori sah sich zu ihm um und warf ihm einen der Geldbeutel zu, den er gerade aus dem Gi eines Toten gefischt hatte. Der Inhalt reichte für die Ramen, die zerbrochene Schüssel und den Aufwand, die Toten selbst weg zu schaffen. „Das ist nicht unser Problem.“ Er wandte sich an seinen Schüler. „Hol unsere Sachen und komm.“ Sie sollten nicht länger hier verweilen. Deidara eilte zu ihrem Tisch, wo noch Sasoris Schüssel stand und darauf wartete, leer gegessen zu werden. Er nahm die beiden Hirazutsumi[7], in denen ihre wenigen Habseligkeiten eingepackt waren, und grinste dem Ladenbesitzer dreist zu. „Viel Spaß mit denen, hm“, sagte er belustigt und deutete mit einem Kopfnicken auf die Toten, ehe er sich abwandte und seinem Danna folgte. _____________________________________________________ Hinweis: Es ist zwar ein alternatives Universum, aber ich werde mich teilweise an der Sengoku-Periode Japans orientieren. Das war zwischen 1477-1615. Wir halten uns vermutlich gegen Ende 1500 und Anfang 1600 auf und es war die Zeit der kämpfenden Länder. Der Kaiser verlor an Macht und die Daimyô versuchten alle ein gutes Stück vom Kuchen „Japan“ abzukriegen. Es herrschte also oft Krieg. In dieser Zeit streiften sehr viele Rônin umher, Samurai, die ihren Herrn verloren hatten, und betätigten sich meist als Söldner oder schlossen sich zu Räuberbanden zusammen. [1]Gi: traditionelle japanische Oberbekleidung, wird in der Regel zum Hakama getragen. Ich speziell habe in dieser FF auf kimonoähnliche Gi zurückgegriffen, weil diese kimonoähnliche Ärmel haben. [2]Hakama: traditionelle japanische Beinbekleidung. [3]Daimyô: früher wurden so die Fürsten bezeichnet - Gōza ist bei Naturo ein Mitglied des Dörferrats in Sunagakure. [4]Seppuku: ritueller Selbstmord, um die Ehre zu wahren. [5]Wakizashi: Kurzschwert, was Samurai neben dem Katana getragen haben [6]Saya: Schwertscheide [7]Hirazutsumi: Furoshiki – Tuch, was man unterschiedlich tragen kann und Sachen reinpacken kann (kann unterschiedliche Größen haben). Eine ältere Bezeichnung war hirazutsumi. Ich benutze hier bewusst die alte Bezeichnung, weil die Bezeichnung Furoshiki erst nach der Sengoku-Periode aufkam. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)