Im Schatten der Samurai von Bambusbesen (Sasori X Deidara X Gaara) ================================================================================ Kapitel 100: Im Schutze des Schreins ------------------------------------ Am folgenden Abend wartete Sakura am Teich. Im Ärmel verbarg sie den Brief, den sie geschrieben hatte. Die junge Frau hoffte auf das erneute Auftauchen des unbekannten Shinobi. Sasuke wollte bestimmt ihre Antwort auf seine Zeilen erfahren. Daher plätscherte in ihrem Inneren Zuversicht und Vorfreude auf das verbotene Abenteuer. Immer wieder huschte ihr Blick zu den Büschen, zwischen denen der Schattenkrieger hervorgetreten war. Einem Déjà-vu gleich löste sich nach einer gefühlten Ewigkeit aus den tiefen Schatten eine dunkle Gestalt. Mit klopfendem Herz erhob Sakura sich von der steinernen Bank und wandte sich dem Shinobi zu. Dieser verharrte an derselben Stelle vom Vortag. Bis auf zirpende Grillen und dem gleichmäßigen Klacken des mit Wasser gefüllten Bambusrohres herrschte Stille. Langsam griff die Rosahaarige in den Ärmel ihres Kimono und legte den Brief auf die Bank. Da sie nicht erwartete, dass der Shinobi ihr nahe kam, wandte sie sich ab und schritt langsam den gewundenen Kiesweg zurück. Nach einigen Metern hielt sie inne und sah sich um. Im sanften Licht des Mondes schimmerte der Teich. Der Brief war von der Bank verschwunden, ebenso wie der Shinobi nicht mehr zu sehen war. Mit einem zufriedenen Lächeln setzte sie ihren Weg zum Haupthaus der Herberge fort. Die Verhandlung mit Akatsuki am nächsten Tag wurde verschoben. Sasuke ließ Gaara eine Erklärung zukommen, er sei unpässlich. Allerdings schenkte niemand diesem Schreiben Glauben. Sasukes Taktik wurde schnell durchschaut. Er wollte die Verhandlungen hinauszögern. Über den möglichen Grund diskutierte Gaara mit seinen Generälen hinter verschlossenen Türen. Vielleicht hätte sie sich daran stören sollen, als Repräsentantin der Môri ausgeschlossen zu sein, doch sie war mit ihren Gedanken woanders und interessierte sich momentan wenig für die Politik. Sie konnte den Sonnenuntergang kaum erwarten, sehnte sie sich nach einem neuen Brief von Sasuke. Die Romantik, welche sie sich von Gaara gewünscht hatte, wurde ihr endlich zuteil. Nicht von ihrem Ehemann, dafür von seinem Feind. Was könnte aufregender sein? Sie fühlte sich wie in einer ihrer Liebesgeschichten, die sie oft vor dem Einschlafen las. Der Mond stand bereits hoch am Himmel, als Sakura sich in einem schlichten Yukata auf bloßen Sohlen durch den dunklen Flur der Herberge schlich. In einer Hand trug sie ihre Geta. Aufmerksam huschte ihr Blick umher. Sie lauschte auf jedes verdächtige Geräusch. Niemand durfte sie sehen. In ihrem Ärmel verbarg sich ein neuer Brief von Sasuke. Er hatte ein Treffen vorgeschlagen, noch in dieser Nacht im Schrein von Sakai. Da die junge Frau niemals ungesehen an den Wachen vorbeigelangen würde, beschloss sie, über die Mauer des Gartens zu klettern. Als Kind war sie immer auf Bäume geklettert. Ihrer Familie hatte diese Vorliebe nie gut geheißen, kletterte ein Mädchen nicht auf Bäumen herum. Einer der Bäume im Garten stand sehr nah an der Mauer, die sich schützend um das Gelände der Herberge schlang. Ihre Geta band sie am Obi fest. Entschlossen griff sie nach einem niedrigen Ast und schwang sich hinauf. Konzentriert tastete sie sich im Dunkel der Nacht voran, bis sie auf einem Ast nahe genug an die Mauer herangerutscht war, um auf selbige zu wechseln. Durch die Schräge war es schwer, Halt zu finden. Natürlich sollte sie ein Eindringen von außen verhindern. Einen Fuß setzte sie auf die kalten Ziegel. Dann suchte sie mit den Fingern Halt und zog sich vom Ast hinüber auf die Mauer. Die Ziegel hielten ihr Gewicht. Langsam streckte sie ihre Beine aus und ließ sich schließlich fallen. Schmerzhaft kam sie auf dem Boden auf. Der gepflasterte Weg war unangenehm an ihren nackten Füßen. Doch es war geglückt. Niemand war auf sie aufmerksam geworden, wie sie nach einer kurzen Überprüfung feststellte. Sakura löste die Geta vom Obi und streifte sie über ihre Füße. Eilig machte sie sich auf den Weg in Richtung des Schreins. Sie wusste, wo das heilige Gebäude lag, waren sie bei ihrer Ankunft in der Stadt daran vorbeigeritten. An einem Abzweig hielt sie kurz inne und suchte nach der richtigen Straße. Schließlich erkannte sie die Aufschrift eines Ladens wieder und bog ab. Um diese Zeit glich Sakai einer Geisterstadt. Alles war ruhig. Das Zirpen der Grillen war mit dem letzten schwachen Sonnenstrahl verstummt. Man hörte nur ab und zu das Rufen von ihr unbekannten nachtaktiven Vögeln. Im Schatten einer Hauswand huschte eine Katze entlang. Hoffentlich war es keine Bakeneko[64]. Endlich tat sich vor ihr der schmale Pfad auf, der auf den kleinen Hügel führte. Der Schrein wirkte im schwachen Mondschein erhaben und mystisch. Ihr Treffen mit Sasuke würde ein Geheimnis bleiben, gut bewahrt an diesem Ort. Mit jedem Schritt, den sie sich dem kleinen Schrein näherte, klopfte ihr Herz schneller in ihrer Brust. Sie war so aufgeregt wie bei ihrem ersten Treffen mit Gaara. Allerdings wusste sie bereits, dass Sasuke ein stattlicher Mann war. Von dem Rotschopf hatte sie zuvor lediglich gehört. Vor der überdachten Veranda, die den Schrein umgab, schlüpfte sie aus ihren Geta. Sakura blickte zurück. Der steinerne Pfad wand sich einer schimmernden Schlange gleich den kleinen Hügel hinab. Niemand war ihr gefolgt. Tief atmete sie durch, richtete ihr offenes Haar und betrat die Veranda. Leise schob sie die Tür des Schreins auf. Warmes Licht einer Lampe empfing die Rosahaarige. Das Innere war schlicht gehalten. Nichts lenkte von dem Mann ab, der im Seiza auf den Tatami saß und seine Augen geschlossen hielt. Im warmen Licht der Lampe wirkte er ganz anders als während der Verhandlung, friedlicher, als meditiere er. Hinter ihm erhob sich der hölzerne Altar, auf dem ein Räucherstäbchen entzündet worden war. Ein betörender Duft nach Frühlingsblumen kitzelte ihre Nase. Der Schwarzhaarige hob seine Lider. Schwarze Augen erfassten sie. „Sakura-san welch Freude. Ihr seid meiner Einladung gefolgt.“ Seine Stimme erklang ruhig und relativ leise, als wolle er die nächtliche Atmosphäre nicht stören. „Bitte schließt die Tür.“ Sakura schob die Tür zu und trat näher. Mit einer erhabenen Geste bot er ihr an, ihm gegenüber auf den Tatami Platz zu nehmen. Den Yukata zurecht streichend ließ sie sich ebenfalls im Seiza nieder. „Ich danke Euch für die Einladung, Sasuke-dono.“ Der intensive Blick aus diesen dunklen Augen machte sie ganz nervös. „Ich hoffe, Ihr kommt nicht in Schwierigkeiten. Euch nachts wegzustehlen, war sicher nicht leicht?“ Sakura lächelte verlegen. „Ihr habt Recht, es war nicht ganz einfach, aber Euer Brief hat meine Neugier geweckt.“ Schlanke Finger strichen ein paar störrische schwarze Strähnen aus der Stirn. Sasukes Mundwinkel zuckten. Fast erweckte die Regung den Eindruck eines Lächelns. „Ihr seid eine wirklich mutige Frau, nachts alleine hinaus zu gehen. Das schätze ich sehr. Aber die Lobreden auf Eure Schönheit werden Euch bei weitem nicht gerecht. Ich bedaure, Euer Herz nicht erobert haben zu können.“ Ein Schauer huschte ihre Wirbelsäule hinab. Sasukes Blick bohrte sich regelrecht in sie hinein. „Oder ist vielleicht doch nicht alles verloren?“ Samtig umschmeichelte seine tiefe Stimme ihren Willen. Ein zarter Schimmer breitete sich auf ihren Wangen aus. „Ihr macht mich verlegen“, gab sie zu. Im Unrecht war Sasuke jedoch nicht. Allein ihre Antwort auf seinen Brief und ihr Erscheinen zu diesem privaten Treffen sprachen eine eindeutige Botschaft aus, ohne ein Wort über die Lippen gebracht zu haben. Sasuke beugte sich vor. Eine Hand hob sich langsam und strich eine der hellen Strähnen über ihre Schulter zurück. Sie ließ es mit klopfendem Herzen geschehen. „Es war mein inniger Wunsch, Euch zur Frau zu nehmen.“ Seine Stimme senkte sich weiter ab, glich nur noch einem Flüstern. „Ist Gaara wenigstens ein guter Ehemann?“, fragte er. Sasuke war ihr so nahe. Sie konnte ihr Spiegelbild in seinen glänzenden Augen sehen, als sei sie in seinen Gedanken. „Er bemüht sich“, erklärte sie leise. Ihre Zunge glitt kurz über ihre Lippen, fühlten sie sich schrecklich trocken an. Der junge Uchiha sah so unglaublich attraktiv aus. Unter seinem dunkelblauen Yukata ließen sich Muskeln erahnen. Wie es wohl wäre, von diesen Armen gehalten zu werden? Sakura sehnte sich nach echter Zuneigung, die ihr Mann ihr verwehrte, weil er sie jemand anderem schenkte. Diesem Krüppel. Sasuke musste ein sehr aufmerksamer Beobachter sein. Ihm fiel der kurze Umschwung ihrer Gefühle auf. „Er verdient Euch nicht, wenn er nicht in der Lage ist, Euch glücklich zu machen, edle Dame.“ Sanft strichen seine Fingerspitzen ihren Hals entlang. Ihre Haut prickelte angeregt. Was geschah hier nur? Sie wollte sich doch nur mit Sasuke treffen und zumindest einen Augenblick erfahren, wie sich ehrliche Zuneigung anfühlte. Ein romantisches Abenteuer erleben. Doch wollte sie, was hier gerade im Begriff war zu geschehen? Ihre Vernunft ermahnte sie. Sollte rauskommen, was sie hier tat, erwartete sie eine harte Strafe. Aber ihr Herz schrie nach Sasukes Zuwendung. Die Eifersucht auf Deidara und ihre tiefe Enttäuschung lösten schließlich ihre Zunge. „Gaara macht jemand anderen glücklich…“, murmelte sie und senkte ihren Kopf. Sie hasste diesen ungehobelten Rônin. Er war niemand, nur ein sittenloser Krieger. Welches Recht hatte er schon, an Gaaras Seite zu sein? „Es ist eine Schande, dass er eine prächtige Blume wie Euch verdursten lässt“, hauchte Sasuke. Bestimmt legte sich seine Hand unter ihr Kinn und hob es an. „Seht mich an“, bat der Uchiha. Langsam hob Sakura ihren Blick und versank in diesen schwarzen Augen. Sasuke konnte in ihre Seele schauen, glaubte sie. „Ich kann Euch geben, wonach Ihr Euch sehnt.“ Dieses Angebot huschte über seine Lippen wie ein sanfter Windhauch zwischen duftenden Blumen hindurch huschte. Zärtlich strich sein Daumen über Sakuras Wange. In den schwarzen Augen glomm ein Funke. Der Anblick erinnerte sie an schwarze Kohlen, in denen sich die warme Glut verbarg, die im Winter vor der Kälte schützte. „Aber...“, begann sie, wusste jedoch kein passendes Argument. Ihr Geist war erfüllt von diesen fesselnden Augen. Sie konnte sich Sasuke nicht widersetzen, wollte es gar nicht. „Sorgt Euch nicht. Anko wird Euch nachher sicher und ungesehen in Eure Herberge zurück geleiten“, flüsterte Sasuke. Er kam ihr noch näher, langsam, gewährte ihr die Möglichkeit, sich zurückzuziehen. Seine Finger umfassten ihr Kinn nur locker. Ihr Wunsch nach wahrhaftiger Zuneigung und der Schmerz ihres verletzten Herzens stifteten sie an zu bleiben. Sie wollte sich wenigstens einmal wie eine richtige Frau fühlen, wie eine Frau, die ihre Liebe einem Mann schenken konnte, der diese annahm und schätzte. Sakura antwortete nicht verbal. Sie überbrückte die wenigen verbliebenen Zentimeter zwischen ihnen und vereinte ihre Lippen zu einem leidenschaftlichen Kuss. __________________________________ [64]Bakeneko: höherer Dämon der japanischen Mythologie. Eine Katze mit magischen Fähigkeiten, oft zur Gestaltwandlung fähig; in der Regel bösartig. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)