Im Schatten der Samurai von Bambusbesen (Sasori X Deidara X Gaara) ================================================================================ Kapitel 92: Die Waffen des Meisters ----------------------------------- Deidara schmiegte sein Gesicht gegen die Halsbeuge des Rotschopfes. Fest schlossen sich seine Arme um den schlanken Körper. Endlich. Endlich stieg ihm wieder der vertraute Geruch von Giftpflanzen vermischt Sasoris typischem Eigengeruch in die Nase. Tief atmete Deidara ein. Ein Beben erfasste ihn. Noch immer vermisste er seinen Meister und jetzt, wo er ihn wieder mit allen Sinnen wahrnehmen konnte, überrannten ihn seine Gefühle für ihn. Sasori erinnerte ihn an früher, als die Welt klar strukturiert gewesen war und an all das, was sie miteinander geteilt hatten. Fest krallten sich seine Finger in den schwarzen Haori. Deidara schluckte. Seine Augen brannten verräterisch. „Fang jetzt bloß nicht an zu heulen.“ Leise drang die samtige Stimme zu ihm durch. Selbst der leicht genervte Unterton löste nun Freude in ihm aus, weil selbiger schlichtweg zu Sasori gehörte wie seine Vorliebe für Gifte jeglicher Art. Zittrig atmete Deidara durch. Wenigstens ein bisschen zusammenreißen wollte er sich. „Ist gut, Danna“, murmelte er brüchig. Es tat so gut, wieder mit Sasori reden zu können. Langsam beruhigte der Blonde sich auch wieder. Die Hand auf seinem Rücken, die gemächlich auf und ab fuhr, trug einen entscheidenden Teil dazu bei. Schließlich gelang es Deidara, sich zumindest so weit von seinem Meister zu lösen, um ihm ins Gesicht zu sehen. Sasori hatte sich überhaupt nicht verändert. Das strubbelige Haar verdeckte seine Stirn fast vollständig. Der tendenziell gelangweilte Blick lag abwartend auf ihm und die reine, helle Haut ließ ihn deutlich jünger wirken als er war. Für wenige Herzschläge umspielte ein seltenes Lächeln Sasoris Mundwinkel. „Hast du gut gemacht“, sagte er leise. Überrascht weitete sich Deidaras Auge. So vereinzelt er Sasoris Lächeln zu Gesicht bekam, genauso rar war ein Lob aus seinem Mund. Wenn er etwas zu seiner Zufriedenheit tat, war ein kurzes Nicken oder ein zufriedenes Brummen die übliche Reaktion. Deidara strahlte. Vermutlich bezog Sasori sich darauf, was er in dem vergangenen Jahr erreicht hatte. Aber in diesem Augenblick war sein Lächeln und die Anerkennung viel wertvoller. Sein Meister wurde wieder ernst. „Aber du hättest es dir wirklich einfacher machen können.“ Schwer seufzte der Blonde. „Ich weiß, hm.“ Für Sasori gab es nur zwei Wege, Ja oder Nein, Richtig oder Falsch, Freund oder Feind. Diese Auffassung war angenehm klar. Doch Deidaras Gefühle interessierten sich nicht für den einfachen Weg. „Bring sie doch um“, schlug Sasori ungerührt vor. Diese Empfehlung konnte auch nur von seinem Danna kommen. Lebendige Hindernisse hatte er stets auf diesem Weg entfernt. Langsam brach Deidara den Körperkontakt und fuhr sich mit der Hand durch das blonde Haar. „Und was dann? Er muss sich eine neue Frau nehmen und das Theater geht von vorn los, hm.“ Missbilligend zogen sich Sasoris Augenbrauen zusammen. „Was hast du eigentlich behalten von dem, was ich dir beigebracht habe?“, hakte er unwirsch nach. „Es existieren langsam wirkende Gifte. Sie schleichen durch den Körper und zerstören ihn langsam von innen. Bis der Tod einsetzt, können Monate vergehen, in der richtigen Dosierung sogar Jahre.“ Deidara schnaufte. „Und dann muss er sich trotzdem eine neue Frau nehmen, hm“, beharrte der Blonde. Minimal neigte Sasori den Kopf. „Bist du dir da sicher, dass er sich nicht über die Gesellschaft hinwegsetzen wird? Irgendwann wird er dieses Versteckspiel Leid sein.“ Irritiert sah er seinen Meister an. „Woher willst du das wissen, hm?“ Gewissheit spiegelte sich in den braunen Iriden wider. „Was man wirklich …liebt, …kann man nicht verstecken.“ Deidara war zugegebenermaßen erschrocken, aus Sasoris Mund eine Form des Wortes Liebe zu hören. Es war eines dieser mit Emotionen beladenen Worte, die der Rotschopf immer sorgfältig mied. Und nun wollte auch gar nicht zu ihm passen, dass er es aussprach. Allerdings hatte Sasori auch sehr allgemein gesprochen. Was man wirklich liebt, hatte er gesagt. Der Blonde dachte an Früher zurück. Kurz nachdem Sasori ihn zu sich genommen hatte, war er seiner Schwäche für Gifte noch heimlich nachgegangen. Niemand hatte davon gewusst, nur sein Schüler. Und er hatte darüber schweigen müssen. Mit der Zeit jedoch war Sasoris Vorliebe an die Oberfläche durchgesickert. Er hatte seine Waffen mit seinen Giften präpariert und als einer der Samurai den Unterschied bemerkt hatte, war dieser Umstand bald in aller Munde gewesen. Von da an war Sasori von den anderen als ehrloser Samurai bezeichnet worden. Sie hatten ihn noch mehr gemieden als zuvor. Gift war keine Waffe für einen Samurai, sondern nur etwas für hinterhältige Shinobi. Dachte er heute daran zurück, so fiel ihm auf, dass es Sasori danach besser gegangen war. Er hatte einfach getan, was ihm wichtig war und hatte kein Geheimnis mehr aus seinen Giften gemacht. Als habe er sich von einer Last befreit. Ihn und ihre Beziehung zueinander hatte er auch nie verborgen. Unweigerlich breitete sich ein liebevolles Lächeln auf seinen Lippen aus. Ungestüme Wärme durchströmte ihn. Auf Umwegen hatte Sasori ihm soeben ein Liebesgeständnis gemacht. Nach so langer Zeit erhielt er endlich die Antwort auf sein eigenes Geständnis. „Hör auf zu grinsen wie ein Idiot. Befass dich lieber mit deinem Problem“, brummte der Rotschopf. Das Lächeln wandelte sich in ein schiefes Grinsen. Sasori konnte mit der Gefühlsduselei, wie er es nannte, nicht umgehen. Und er wollte es ihm nicht unnötig schwer machen. „Wieso bist du dir so sicher, dass Gaara unsere Beziehung irgendwann öffentlich macht, hm?“ Denn der Daimyô hatte ihm selbst gesagt, dass es ihm lieber war, seinen größten Schwachpunkt im Dunkel zu belassen, während Sakura selbigen verschleierte mit ihrer Anwesenheit. „Überleg doch mal“, erwiderte Sasori. „die ausgebliebene Strafe wegen des Pfeils.“ Deidara dachte daran zurück. Gaara war ziemlich sauer gewesen. Später hatten sie in Ruhe darüber geredet und er glaubte, der Rotschopf habe seine Beweggründe verstanden. Aber… Überraschung machte sich in ihm breit. „Bemerkst du es endlich? Er hat bereits angefangen, indem er dich nicht bestraft wie er es hätte tun müssen.“ Natürlich! Die Abneigung der anderen Samurai gegen ihn war weiter gewachsen nach diesem Vorfall und dem Ausbleiben der Strafe. Manchmal belauschte er sie unabsichtlich, weil er auf einem der Dächer lag, unter dem sie gerade standen. Sie glaubten, Gaara bevorzugte ihn. Um sein Hiersein kursierten verschiedene Gerüchte. Die einen vermuteten, er sei das Bindeglied zu Akatsuki, weswegen er so viele Freiheiten besaß, weil man die Rônin nicht verärgern wollte. Andere waren der Ansicht, er sei eine Art Pfand, um vor Akatsuki sicher zu sein. Allerdings war die zweite Theorie sehr löchrig, da er immer wieder für eine Weile die Burg verließ. Im Scherz hatte einer der Krieger sogar mal behauptet, er schliefe mit Gaara. Obwohl der Mann die Wahrheit nicht kannte, war er schon sehr nah dran gewesen. Shikamaru wusste bereits von ihrer Beziehung. Ihm war sogar aufgetragen worden, Sakura anzulügen, um ihre Zweisamkeit nicht unnötig zu gefährden. „Dann ist es doch nicht mehr nötig, Sakura zu vergiften, hm“, meinte der Blonde schließlich. Sie hatte sowieso verloren. Gaara hielt sie auf Abstand. Außerdem bevorzugte er einen Kampf oder wenigstens einen schnellen Tod. Jemanden qualvoll und langsam sterben zu lassen passte eher zu Sasoris Methoden. Er wusste um die Rachsucht seines Meisters. Den Rotschopf sollte man nicht verärgern, wenn man nicht Deidara war. Denn er war sich sicher, dass Sasori ihm nie etwas Derartiges antun würde. „Du musst mit ihr leben.“ Sasori hieß seine Entscheidung nicht gut, das hörte er aus seiner veränderten Stimmlage heraus. „Es ist nicht meine Art, jemanden auf diese Weise zu töten. Das weißt du, hm.“ Sasori brummte. „Nein, deine Art ist es, alles in die Luft zu jagen.“ Breit grinste der Blonde. Wie gern würde er das mal wieder tun. Es war einfach zu friedlich. Die Shinobi waren auch wie vom Erdboden verschluckt, seitdem ihre Gesichter bekannt waren. „Deidara“, begann Sasori und der Blonde wurde wieder ernst. „Setz dich.“ Ohne Hast ließ sein Meister sich im Seiza auf dem Boden nieder und sah ihn auffordernd an. Warum war plötzlich diese Förmlichkeit von Nöten? Deidara ließ sich ihm gegenüber nieder. Leichte Aufregung kroch durch seine Adern. „Meine Schwerter sollen nicht ungenutzt einstauben.“ Sasori ließ die Worte einen Moment wirken, ehe er weitersprach. „Ich möchte, dass du sie wieder trägst.“ Verblüffung erfasste Deidara. „Du…“ Bevor er jedoch die richtigen Worte finden konnte, vervollständigte Sasori seinen Satz. „Ich vererbe sie dir.“ Deidara hatte die Schwerter seines Meisters bei sich getragen, um eine Erinnerung an ihn zu haben, die immer bei ihm war. Er hatte sie abgelegt als Zeichen, dass er bereit war, sich wieder mit der Welt auseinander zu setzen und nicht in der Vergangenheit zu verweilen. Und nun wollte Sasori, dass er seine Waffen wieder trug. Es war üblich, ein Katana über Generationen hinweg weiter zu reichen. Sasoris Schwerter waren jedoch jung, da sie eine Spezialanfertigung für ihn gewesen waren. Seine eigenen Waffen hingegen hatte er von seinem verstorbenen Vater übernommen. Doch Sasoris Schwerter bedeuteten ihm weit mehr. Er wollte seinen Wunsch gern erfüllen. Außerdem fühlte er sich geehrt, dass Sasori ihm seine kostbaren Waffen freiwillig überließ. Zuvor hatte er sie nach seinem Tod einfach an sich genommen. Das war eine völlig andere Ausgangssituation gewesen. „Ich werde sie in Ehren halten, hm“, versprach Deidara. Mahnend erwiderte Sasori seinen Blick. „Das rate ich dir auch.“ Die darin versteckte Drohung ließ ihn vermuten, dass sein Meister als Heimsuchung aus dem Totenreich zurückkehrte, sollte er sich nicht daran halten. Der Rotschopf beugte sich vor und schob seine Hand unter das lange Haar, griff bestimmt in Deidaras Nacken und zog ihn zu sich heran. Um nicht das Gleichgewicht zu verlieren und nach vorn gegen Sasori zu kippen, stützte er sich auf dessen Oberschenkel ab. Genießend schlossen sich seine Lider, sobald er die warmen und fordernden Lippen seines Meisters spürte. Bereitwillig ging er auf ihn ein. Diese forsche, vertraute Art ließ ihn wohlig erschaudern. Deidara vergrub seine freie Hand in dem kurzen Haar, damit Sasori ihren Kuss nicht zu schnell brechen konnte. Sie hatten nur noch zu O-bon Gelegenheit zu derlei Intimitäten. Da wollte er alles von ihm so intensiv wie möglich spüren, was er kriegen konnte. Müde hob der Blonde seine Lider. Abwesend starrte er hoch zur Decke. Die Sonne musste gerade über den Horizont kriechen. Das Licht, welches durch das Fenster drang, tauchte seinen Raum in morgendliches Zwielicht. Der Geruch von Weihrauch waberte durch das Zimmer. Es war ein Überrest von den Räucherstäbchen gestern Abend, welche er vor dem Butsudan angezündet hatte. Seufzend rieb er sich übers Gesicht. Sasoris Geist hatte keine Zeit verschwendet seit das Totenfest gestern begonnen hatte. Deidara freute sich, seinem Meister zumindest auf diese Art noch nahe sein zu können. Aber es stimmte ihn auch traurig, weil er ihm im realen Leben nie wieder nahe sein konnte. Gerade jetzt war es angenehm, allein zu sein. Deidara hatte Gaara kurz vor O-bon gesagt, dass er während des Festes nicht mit ihm das Lager teilen wollte. Das Totenfest war für ihn nach wie vor ein sehr persönliches Fest. Es verband ihn mit Sasori und diese letzte Verbindung zu ihm wollte er auf keinen Fall zerreißen lassen. Deidara stemmte sich in eine sitzende Position und schob die Decke zurück. Nachlässig schob er das wirre Haar über seine Schulter. Anschließend erhob er sich. Gähnend streckte er sich und schlurfte zum Wandschrank. Nachdem er die Tür aufgeschoben hatte, fiel sein Blick auf Sasoris Schwerter. Er nahm das Katana von der Halterung. Glatt und vertraut schmiegte sich die Saya gegen seine Handinnenflächen. Deidara legte seine Finger um den Griff. Langsam zog er die Klinge ein Stück weit aus der Hülle und betrachtete den eingravierten Skorpion. Ein bitteres Lächeln huschte über seine Lippen. Sasori hatte ihm seine Waffen vermacht. Er sollte sie jetzt tragen. Könnte sein Meister seine Schwerter doch nur selbst mit sich führen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)