Leuchtende Schatten von ReWeJuIs ================================================================================ Kapitel 9: Die Bitte -------------------- Sebastian „Und nun zu uns“, wende ich mich schließlich Ciel zu, nachdem Madame nach einem letzten glühenden Blick in meine Richtung aufgestanden und verschwunden ist. Sie ist eifersüchtig. Etwas in der Richtung habe ich schon vermutet, als ich vorhin ins Bordell gekommen bin, aber es kümmert mich nicht was sie denkt oder will. Ciel ist der einzige, der mich hier wirklich interessiert. So nahe wie er gerade neben mir sitzt juckt es mich geradezu in den Fingern ihn zu berühren. „Wie genau hast du dir diese Hilfe denn nun vorgestellt?“ Ich dachte ich höre nicht recht, als er mir diese Frage, oder Bitte gestellt hat. Er bittet einen Teufel, der sich kaum beherrschen kann ihn nicht gleich hier über den Tisch zu werfen und sich in ihm zu versenken darum, ihm seine Angst vor fremden Berührungen zu nehmen? Ironie des Schicksals nennt man das wohl. Könnte der Junge meine Gedanken lesen, würde er schreiend vor mir davonlaufen. Ich spüre wie meine Mundwinkel zucken und sich ein Lächeln in mein Gesicht drängt. Andererseits kommt mir diese Bitte um Hilfe gerade recht. So wird er Vertrauen zu mir aufbauen und ich verfüge nicht um sonst über eine eiserne Selbstbeherrschung. Und wenn mich doch einmal die Leidenschaft übermannt, kann ich immer noch zu Madame Red gehen und mich dort abkühlen, die Frau versteht es einen Mann zu befriedigen! Mein Lächeln scheint ihn zu ermutigen, denn er blinzelt ein paar Mal unsicher, schöpft dann tief Atem und erklärt mir, was genau er von mir will. „Es gab Vorfälle… in meiner Vergangenheit. Ich möchte Euch nicht damit belasten, Herr, aber sie sind es, die es mir fast unmöglich machen die Berührungen Fremder auf mir zu ertragen. Es ist nicht so, dass man mich gar nicht anfassen darf, aber alles, was sich für mich als sexuelle Handlung anfühlt, läuft irgendwann auf eine Panikattacke hinaus und ich verliere dann meistens auch das Bewusstsein und bin dem anderen Menschen dann völlig hilflos ausgeliefert.“ Ich sehe in seinen Augen, dass es ihn immense Überwindung kostet diese Schwäche so offen vor mir zuzugeben. Natürlich habe ich selbst gesehen was passiert, wenn er die Kontrolle über sich und seinen Körper verliert, aber es so frei auszusprechen, scheint ihm wirklich sehr schwer zu fallen. „Ich will das nicht mehr.“ Plötzlich läuft er puterrot an, als ihm wohl noch etwas anderes eingefallen ist „Versteht mich nicht falsch, ich will das nicht, damit ich täglich zwanzig Männer über mich steigen lassen und mir eine goldene Nase verdienen kann! Es ist nur, dass ich es satt habe mich so hilflos zu fühlen…“ Er seufzt tief und schließt für einen Moment die Augen, um sie dann wieder zu öffnen und die Entschlossenheit die nun darin leuchtet, die Angst überschattet und den grenzenlosen Schmerz für einen Moment komplett verdrängt lässt in mir eine Hitze aufsteigen, wie ich sie so noch nie verspürt habe. Was für ein außergewöhnlicher kleiner Mann! „Werdet Ihr mir dabei helfen?“ Ich muss gar nicht lange über eine Antwort nachdenken, allerdings lasse ich ihn noch einen Moment zappeln, nippe an meinem Glas mit der bernsteinfarbenen Flüssigkeit, und lege dann meinen Kopf zur Seite. Zweifelnd mustere ich ihn und kann sehen, wie seine Entschlossenheit ins Wanken gerät und sich Zweifel in seine blauen Augen schleichen. So stark, so unbeugsam und doch so kaputt. „Und was springt für mich dabei heraus? Immerhin habe ich der Madame gerade eine stolze Summe für dich angeboten, der äußere Rahmen wäre damit also bereits gegeben“, erwidere ich und sehe ihn erwartungsvoll an. Ich bin gespannt, wozu ich ihn treiben kann. „Ich kann Euch leider nichts versprechen von dem ich nicht sicher sein kann, dass ich es werde halten können. Aber ich kann Euch versichern, dass ich mir Mühe geben werde die von Euch erbrachte Mühe auf jede mir mögliche Weise zu erwidern.“ Das ist doch ziemlich vage formuliert, aber zu einem größeren Eingeständnis werde ich ihn für den Moment nicht bringen können. „Einverstanden. Aber als Beweis, dass du es wirklich erst meinst, möchte ich etwas von dir.“ Die Erleichterung die sich eben über sein Gesicht gelegt hat weicht fast sofort misstrauischer Wachsamkeit. Er ist wirklich ein kluger Junge. „Was verlangt ihr?“ „Ich erbitte einen Kuss.“ Sein Atem stockt. „Warum? Was…“, stockend bricht er ab und senkt den Blick, um mit leiser Stimme fortzufahren. „Was versprecht Ihr Euch vom Kuss einer Hure?“ Die tiefe Traurigkeit bringt mein Herz dazu vor Freude höher zu schlagen. Dieser ständige Wechsel zwischen Stärke und Schwäche, Entschlossenheit und Mutlosigkeit, Hoffnung und Verbitterung treibt mich fast in den Wahnsinn. So viele Facetten vereint in einem einzigen Körper. Er muss mir gehören. Er muss es einfach! „Nichts“, gebe ich offen zu und beobachte mit wohliger Genugtuung, wie er unter diesem einzelnen Wort zusammenzuckt. „Aber ich weiß, was es dich kostet ihn mir zu schenken. Ich will mein Geld nicht um sonst verschwenden, also möchte ich, dass du mir beweist, dass es dir ernst ist, verstehst du das Ciel?“, flüstere ich ihm zu und beobachte wie er dann seine schmalen Schultern strafft und wieder zu mir aufsieht. „Ich verstehe. Nun denn Herr, wo möchtet ihr geküsst werden?“ Ein verschlagenes Lächeln huscht über mein Gesicht als ich mich bequem zurücklehne. „Genau hier“, verlange ich und deute auf meinen Hals auf der ihm abgewandten Seite. Um dort hinzugelangen muss er sich über mich beugen, mir von sich aus sehr nahe kommen und ich weiß, dass ihn das ziemliche Überwindung kosten wird weil er nicht wissen kann, ob ich nicht versuchen werde ihn zu berühren, aber das habe ich gar nicht vor. Um ihm das zu verdeutlichen lege ich meine Arme auf der schmalen Rückenlehne der Bank ab, strecke meine Hände weit aus und lege meine Finger um das weiche Polster, bevor ich ihm zunicke und so zeige, dass ich jetzt bereit bin. Ich sehe wie er angestrengt schluckt. Dann blickt er sich hektisch nach Madame Red um, die das wahrscheinlich nicht sehen darf. „Ist das wirklich nötig?“, versucht er sich herauszuwinden, aber ich hebe nur eine meiner Augenbrauen und funkle ihn spöttisch an. „Also willst meine Hilfe gar nicht?“ „Doch, es ist nur… die Madame und-“ „Die Madame wendet uns gerade den Rücken zu, entweder du zeigst mir jetzt, dass es dir ernst ist, oder du siehst zu, wie du allein mit deinen Problemen fertig wirst“, sage ich mit einem doch recht abfälligen Unterton. Ich weiß ohnehin, dass er nachgeben wird, langsam habe ich keine Geduld mehr mit ihm! „Gut, wie Ihr wünscht, Herr…“ Na geht doch. Seine Hände zittern als er sich zu mir lehnt und sie auf meine Schultern legt. Ein Bein schwingt er über meine Hüften, lässt sich aber nicht auf meinem Schoß nieder was ich insgeheim doch ein bisschen gehofft hatte. Allerdings ist so die Versuchung ihn nicht doch noch über den Tisch zu werfen gleich weniger groß und ich kann mich merklich einfacher entspannen. Sein Atem geht hektisch als er sich zu mir beugt, und schließlich einen sanften Kuss auf meinen Hals haucht, genau auf die Stelle, die ich ihm gezeigt habe. Ich spüre wie mein Körper direkt auf ihn reagiert. Sein Geruch hüllt mich ein, dringt in jede meiner Zellen und füllt mich vollkommen aus. Er riecht nach Frühling und Sonne, sein immer noch feuchtes Haar streift meine Wange und ein heißer Schauer rast mir den Rücken hinunter. Das nun warme schwache Leuchten seiner Seele kitzelt mich, verführt mich ihn zu kosten aber ich kann mich beherrschen. Ich warte geduldig bis er sich vor mir zurückzieht und sich dann mit gesenktem Blick von meinem Schoß windet. „Na siehst du, war doch gar nicht so schlimm, oder?“, brumme ich leise und es klingt sogar in meinen eigenen Ohren wie ein Schnurren. Was für ein außergewöhnlicher Junge… „Es… es macht mir nicht so viel aus wenn ich mit Euch etwas tun soll, schlimmer ist es, wenn Ihr versucht etwas mit mir zu tun. Aber ja, es… war nicht schlimm. Ihr… Ihr riecht sehr gut Herr“, bringt er stockend hervor und das Kompliment erstaunt mich einen Moment. Er kann mir nicht in die Augen sehen, versucht mir aber trotzdem zu schmeicheln. „Du musst mir keine schönen Dinge sagen wenn du das nicht willst, Ciel. Ich hätte lieber, dass du ehrlich zu mir bist, denn wenn ich dir helfen soll ist es wichtig, dass du mir sagst wo deine Grenzen liegen, verstehst du mich? Leere Schmeicheleien bringen uns keinen Schritt weiter“, weise ich ihn sanft zurecht und sehe, wie er schon wieder rot anläuft. „Das habe ich ernst gemeint, Herr. Ihr riecht tatsächlich sehr angenehm… nicht so wie Mr. Doyle“, erklärt er dann und blickt mit einem kleinen Lächeln zur Seite. So ein kleines Schlitzohr! Mich in einem Satz mit diesem widerlichen Bastard zu erwähnen grenzt schon fast an eine Beleidigung! Aber ich kann ihm nicht böse sein, er versucht einfach nur mit dieser Situation irgendwie zurecht zu kommen und daraus kann ich im eigentlich keinen Vorwurf machen. „Tatsächlich? Na da habe ich ja nochmal Glück gehabt“, gebe ich spöttisch zurück und widerstehe knapp dem Drang ihm durch das dunkle Haar zu wuscheln. „Ich fürchte, ich muss Euch nun bitten zu gehen Herr, Ciel ist müde von den Strapazen die er heute erleiden musste und braucht nun dringend Ruhe, damit er Euch morgen angemessen ausgeruht gegenübertreten kann.“ Ich habe natürlich gesehen, wie Madame sich dem Tisch genähert hat, aber Ciel hat ihr plötzliches Auftauchen offensichtlich kalt erwischt und er zuckt erschrocken zusammen als ihre Stimme schneidend die entspannte Atmosphäre am Tisch zerstört. Ich will Madame nicht noch weiter reizen und erhebe mich ohne ein Wort des Widerspruchs, verbeuge mich artig vor ihr und hauche ihr sogar einen angedeuteten Kuss auf den Handrücken. „Es war mir eine Freude Eure Anwesenheit genossen zu haben Madame Red. Bis morgen Ciel, ich freue mich schon. Einen angenehmen Abend allerseits“, flöte ich und wende mich dann zum Gehen. Kurz bevor die Türe hinter mir ins Schloss fällt höre ich ein leises Zischen. „In einer Stunde in meinem Büro, Ciel!“ Madame klingt wirklich ausgesprochen wütend… TBC Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)