Zweite Chance von Sora-nee (Yusei x Bruno) ================================================================================ Kapitel 1: Dunkelheit --------------------- Dunkelheit! Sie ist überall. Sie nimmt mich ein. Sie erdrückt mich. Ich sehe nichts, nur Schwarz! Wo bin ich? Wie bin ich nur hier her gekommen? Wie lange bin ich schon hier? Wieso bin ich hier? Diese Fragen rotierten in meinem Geist, als ich es schaffe meine Augen zu öffnen, doch kann ich nur die tiefschwarze Dunkelheit sehen. Mein Körper wirkt schwerelos und ich weiss nicht, ob ich stehe, liege oder sitze. Noch weniger weiss ich, was ich nun machen soll, da ich mich eigentlich nicht bewegen kann, an diesem Ort der Finsternis. Ich versuche zu schreien, etwas zu sagen, auch nur mit dem Finger zu zucken ... Nichts geschieht! Was soll das? Wieso habe ich ein Bewusstsein, wenn ich mich nicht rühren kann? Allerdings gibt es auch nichts zu verstehen. Doch machen kann ich auch nichts. Ich will hier weg, auch wenn ich nicht weiss wo genau hier ist. Krampfhaft versuche ich mich an die letzten Ereignisse zu erinnern, die ich erlebt habe. Bilder erscheinen vor meinem inneren Auge und ich sehe wie ich mich duelliere, auf dem Pfad des Todes. Jetzt weiss ich wo ich mich befinde, doch ist mir nicht klar, ob ich nun wirklich tot bin, oder ob ich einfach nur gefangen bin ... Gefangen in der endlosen Schwärze der undurchdringbaren Finsternis. Ein Duell mit Dir! Wie sehr ich dich doch provoziert hatte ... Yusei. Ich komme nicht drum herum zu seufzen, kann es nicht unterdrücken, versuche dabei etwas in der sinnesbetäubenden Dunkelheit – die schlimmer ist, als jede Mondlose Nacht – zu erkennen. Zwecklos! Entweder bin ich blind, oder es gibt hier einfach nichts, ausser dieser drückende Schwärze, die mich so sanft in ihren Schoss bettet, dass ich meinen Körper kaum noch wahrnehme. Ich versuche mich innerlich vollkommen zu entspannen und schärfe so all meine Sinne, versuche mich erneut zu bewegen. Ein höllischer Schmerz durchzieht meinen Körper, der mich aufschreien lässt. Der Schrei entkommt meine Kehle, hallt laut im schwarzen Nichts wieder und dröhnt in meinen Ohren. Ich reisse meine Augen auf, werde geblendet von gleissendem Weiss, bis schliesslich wieder alles dunkel um mich herum wird. Nicht nur um mich, mein Körper und mein Geist versinken in der Finsternis, ich nehme nichts mehr wahr, der Schmerz hat mich betäubt, ich habe das Bewusstsein verloren. <<< >>> "Das wär geschafft!" Erleichtert wische ich mir mit dem Ärmel meiner Jacke den Schweiss von der Stirn. Hatte ich es doch wieder geschafft ein D-Wheel zu vollenden. "Ich habe nichts anderes von dir erwartet, Yusei." Das freudige Grinsen meines Freundes war in diesem Moment wie ein Messerstich direkt in mein Herz gewesen. Wieso muss er mich auch immer zu daran erinnern? Seine blosse Anwesenheit macht mich fast wahnsinnig! Zwei Jahre haben wir uns nicht gesehen. Crow war viel um die Welt gereist, um alle möglichen Duellanten herauszufordern und sich selbst zu wappnen. Denn irgendwann will er es mit Jack aufnehmen, der sich im Augenblick noch in Amerika vergnügt. Ich versuche sein Lächeln zu erwidern, doch will es mir nicht recht gelingen, es wirkt matt und gezwungen, was meinem Freund natürlich nicht entgeht. "Alles in Ordnung?" Ich nicke nur und erhebe mich, da ich immer noch auf dem Boden sitze, mit dem Schraubenschlüssel in der Hand. "Du wirkst schon seit meiner gestrigen Ankunft irgendwie verschlossen. Nicht dass du je gross offen gewesen wärst, aber irgendwas ist anders und ich kann mir einfach nicht helfen. Ich komme nicht drauf." Wenn er gewusst hätte, welche Wirkung seine unschuldigen Worte auf mich gehabt haben, hätte er es nicht gesagt. Wobei er schon immer so gewesen ist, dass er erst redete und dann nachdachte. Crow war gestern ganz unvorhergesehen bei mir aufgetaucht, nachdem er zwei Jahre lang mit Abwesenheit geglänzt hatte. Ich bin so überrascht gewesen, dass ich erst erstarrte und mich fast eine Minute lang nicht bewegen konnte, ehe ich sein Auftauchen einigermassen weggesteckt hatte. Genau wie gestern Abend, muss ich mich nun auch jetzt schwer zusammenreissen. Ich will nicht dass Crow mich so sieht. Ich will nicht, dass mich irgendjemand so sieht. Einzig und allein Du hättest ein Anrecht darauf, wobei ich mich selbst dann nicht lösen können würde. Ich seufze schwer und lasse meine Gedanken wie im Wahn rotieren. Fieberhaft suchen meine gewundenen Gehirnwindungen nach einem Ausweg ... einer Ausrede ... einfach einer ... Lüge! Ja ich will ihn anlügen, auch wenn ich es nicht will ... Es ist so verdammt kompliziert! "Ich habe einfach nur verdammt wenig geschlafen und viel zu viel gearbeitet in letzter Zeit. Bitte verzeih, wenn ich deswegen komisch auf dich wirken sollte. Aber die Arbeit als Wissenschaftler in der EnerD-Technik, direkt am Reaktor, verlangt doch einiges von mir ab. Hinzukommt, dass ich noch hobbymässig D-Wheels baue, weil die Nachfrage eben sehr gross ist. Seltsamerweise will jeder ein D-Wheel, was ich gebaut habe ..." Nun schaffe ich es doch ehrlich zu lächeln, da mich diese Tatsache immer wieder fasziniert und zugleich auch etwas amüsiert. Ein wenig klingt der innere Druck, der auf meiner Brust lastet ab, das Atmen fällt mir wieder leichter. Einen Moment schliesse ich meine Augen und entspanne mich. Crow hatte mir erklärt, weswegen er zu Besuch gekommen war. Er wollte einfach mal wieder hier sein. Natürlich freut mich sein Besuch sehr, er ist immerhin mein Freund und ich bin wirklich froh, dass ich im Moment nicht alleine sein muss. Andererseits reicht in einigen winzigen Sekunden des Tages schon der blosse Blickkontakt in die achatartigen Iriden meines Freundes aus, um mich völlig aus der Bahn zu werfen. Immer wieder kämpfe ich dann mit mir selbst, um diesem erdrückenden Gefühl keine Chance zu lassen, sich vollends auf mich zu legen. "Ich verstehe ... Na dann wird es Zeit, dass du ein wenig Pause machst. Das D-Wheel ist doch ohnehin jetzt fertig und zudem ist noch Wochenende. Lass uns was unternehmen. Was hälst du davon, wenn wir Kalin besuchen gehen?" Fröhliche Stimme. Aufheiternde Worte. Zumindest war dies die zu erwartende Wirkung, oder jene die sich Crow in diesem Moment erhofft hat. Natürlich will ich ihn nicht enttäuschen, ein wenig recht hat er ja auch. Also schlucke ich – wieder mal – alles einfach runter, versuche das Erstickungsgefühl zu ignorieren, setze ein Lächeln auf und nicke, mit einem gedehnten Seufzen, das sich zwischen meinen Lippen hervor gedrückt hat. "Ja du hast recht. Vielleicht brauch ich wirklich ein bisschen Abstand. Ich denke Satisfaction Town übers Wochenende zu besuchen kann nicht schaden." Ich versuche ein wenig verlegen zu wirken, um mein ertapptes Gefühl zu überdecken. Crow soll nicht wissen, was wirklich in mir vorgeht, was mich wirklich so sehr beschäftigt, dass ich schon an fast nichts anderes mehr denken kann. Meine Schuldgefühle fressen mich auf, ich kann es mir nicht erklären, doch glaube ich immer mehr, dass es meine Schuld gewesen ist, was passierte. Leider ist es jetzt zu spät. Zwei Jahre nach meinem grandiosen Sieg, über Zone. Meiner ach so heldenhaften Tat, dass ich Stadt gerettet habe ... ist es ... viel zu spät! "Gut dann mach hier Schluss, packe und lass uns am besten gleich aufbrechen. Ich geh schon mal nach oben und bereite etwas Proviant vor." Schon verschwindet Crow nach oben, da er sich hier immer noch auskennt, denn ich habe in den zwei Jahren nichts verändert und lässt mich wieder alleine zurück. Allein mit meinen Gedanken. Seufzend lege ich den Schraubenschlüssel wieder in die Werkzeugkiste und mache mich daran auch sonst alles aufzuräumen. Das Programm kann ich immer noch bei meiner Rückkehr auf den Chip aufspielen. Diese Auszeit wird mir sicher gut tun. Nachdem ich alles weggeräumt habe, gehe ich nach oben, weil ich nach der ganzen Arbeit zumindest noch duschen will, ehe wir aufbrechen. "Crow?" rufe ich durch das Haus und spitze die Ohren. "Ich bin oben!" schallt es durch das Loch in der Decke, wodurch die Leiter ragt, zurück. Ich klettere die Leiter nach oben und finde meinen Freund. "Hast du schon alles gepackt? Ich will noch schnell duschen. So voller Öl muss ich nicht in Satisfaction Town auftauchen." Crow lächelt mich an und nickt. "Mach nur, Yusei. Ich bin gleich fertig, dann werde ich noch was zu Essen einpacken, da ich weiss, dass du heute noch nichts gegessen hast, vor lauter Arbeit." Leicht zucken meine Muskeln zusammen, ich fühle mich ertappt. Doch nehme ich die Ausrede, die er mir schon in den Mund gelegt hat, dankend an und erwidere sein Lächeln. "Ja du hast recht. Wir treffen uns dann gleich unten." Ich gehe in mein Zimmer, um mir ein Handtuch zu holen und gehe dann in das Badezimmer, wo ich mich ausgiebig von dem warmen Nass beregnen lasse. Dabei spüre ich, wie es mich ein bisschen entspannt, es befreit meinen Geist und lässt mich durchatmen. Mit geschlossenen Augen strecke ich mein Gesicht dem warmen Regen entgegen und verharre so, geniesse das Wasser auf meiner Haut. Wieso nur? Diese Frage habe ich mir immer wieder gestellt, doch finde ich einfach keine zufriedenstellende Antwort darauf. Denn eigentlich kenne ich den Grund, aber ich will ihn nicht wahrhaben, kann es nicht akzeptieren. Viele male schrieb ich meine Gedanken nieder, besuchte Dich an deinem Ruheplatz, doch noch immer kann es nicht glauben. Ich kann mir einfach selbst nicht verzeihen, dass ich es zugelassen habe, dass einer der mir wichtigsten Menschen auf der Welt, einfach daraus entfernt wurde. Welch schreckliches Wort! Unerreichbar bist Du für mich und doch würde ich alles dafür geben, Dich zurückzuholen. Ein sachtes Klopfen und ein leises Rufen reisst mich aus meinen depressiven Gedanken und ich spüre wie mein Herz dabei einen Schlag aussetzt. Senke anschliessend den Kopf und starre zur Tür. Mein Körper zittert leicht, die Gedankenphase macht mich immer fertig, aber ich will nicht, dass mich jemand so sieht. Denn in in dieser Hinsicht kann mir ohnehin niemand helfen. "Yusei? Alles in Ordnung? Du bist schon ziemlich lange da drin." Wieder dringt Crow's Stimme durch die Tür und ich atme tief durch. Eigentlich bin ich schon lange fertig mit duschen, weshalb ich nun das Wasser abstelle, ins Freie trete und nach einem Handtuch greife, welches ich um meine Hüfte schlinge. Dann gehe ich zur Tür und öffne sie. Ehe mein Freund mich erblickt, wird er von warmen Dunstschwaden empfangen und ich sehe wie er die Augen zusammenkneift. "Wow Yusei! Du hast eine Sauna aus dem Bad gemacht." Das Erstaunen war deutlich aus seiner Stimme herauszuhören, doch weiss ich nicht, wie lange ich mich von dem Wasserdampf hab einhüllen lassen. Ich blicke zurück und sehe, dass der ganze Raum von einem dichten Schleier befangen ist, was es schwer macht etwas zu erkennen. Nun frage ich mich doch, wie ich in dieser tropischen Atmosphäre überhaupt atmen konnte, denn die frische Luft – aus dem Flur – fühlt sich befreiend und kühl in meiner Lunge an. "Tut mir leid. Das Wasser war nur so entspannend und ich hab wohl irgendwie die Zeit vergessen." Von meinem Gedankenchaos erzähle ich nichts, lächle leicht und verlegen, dass er mir die Halbwahrheit abkaufen wird. Wenn man eine Lüge erzählt, sollte man darauf achten sie mit so viel Wahrheit wie möglich zu füttern. Bei einer Lüge klingt die Stimme unruhiger, was die kleinen Wellen an Wahrheit wieder wegmachen und den Verdacht des Gesprächspartners so zerstreuen. Es stimmt was ich ihm gesagt habe, nur habe ich ihm vorenthalten, dass ich mich in meinen Gedanken verloren hatte, dass mich meine Schuldgefühle auffressen, dass ich nicht aufhören kann mir Vorwürfe zu machen und vor allem, dass mein Magen ziemlich unangenehm krampft und mir richtig übel ist. Als Crow gestern Abend ankam, wollte er etwas essen, aber ich habe abgelehnt mit dem Argument, dass ich schon gegessen habe. Natürlich war das gelogen, denn ich kann mich nicht einmal daran erinnern, wann ich wirklich das letzte mal etwas gegessen habe. Das muss Tage her sein. Einzig auf meinen Flüssigkeitshaushalt achte ich. Denn schon ein mal wär ich beinahe umgekippt wegen Dehydration und das war kein sehr angenehmes Gefühl gewesen. Was zu Essen nahm ich hingegen nur sporadisch und sehr unregelmässig zu mir, weswegen ich auch in den letzten Wochen einige Kilo verloren habe und all meine Kleider viel zu gross geworden sind. "Ich verstehe. Gut, komm. Lass uns endlich gehen, sonst ist es Nacht, bis wir in Satisfaction Town ankommen." Seine Stimme klingt aufgeweckt und heiter. Eine Eigenschaft, die ich noch immer an Crow bewundert habe, denn mir gelingt es oftmals nicht so zu sprechen. Was auch daran liegen kann, dass mein Freund immer so unbefangen ist und kein tonnenschweres Gewicht auf seiner Seele lastet, was ihn zu erdrücken droht. "Ist gut. Aber darf ich mir noch was anziehen?" Ein verlegenes Grinsen stiehlt sich auf meine Lippen, noch ehe ich es verhindern kann, aber immerhin stehe ich nur mit einem Handtuch um die Hüfte vor meinem Freund. Dieser bekommt einen Hauch Rosa ins Gesicht und fängt an sich ebenso verlegen den Nacken zu reiben, so als wär ihm die Tatsache, dass ich fast nackt vor ihm stehe, eben erst aufgefallen. "Natürlich ... entschuldige. Wir sehen uns unten!" Schon verschwindet Crow durch das Loch im Boden eine Etage tiefer. Ich bleibe noch einen Moment stehen, schliesse die Augen und atme tief durch, dann setze ich mich in Bewegung, gehe zu meinem Zimmer und will mir frische Sachen anziehen. Was ich auch kurze Zeit später erledigt habe. Als ich den Raum allerdings verlassen will, bleibt mein Blick an einem Foto an der Wand hängen. Ich hatte es vor zwei Jahren dorthin gehängt und seither nicht mehr abgenommen. Neben dem Foto befindet sich ein Regal, auf diesem steht der Pokal des Turbo Duell Grand Prix und ... Schnell senkte ich den Blick. Wie oft habe ich in letzter darüber nachgedacht? Ich kann es schon fast nicht mehr zählen. Doch werde ich niemals eine Antwort darauf bekommen. Wie sollte auch etwas beantwortet werden, was ich längst weiss? Das ist zu paradox für meinen Geschmack. Viele male habe ich mit Dir geredet und doch fällt es mir jedes mal aufs Neue schwer. Ein Seufzen befreit sich durch meine leicht gespaltenen Lippen und verklingt schnell in dem dicht möblierten Zimmer. Ich blicke wiederholt auf das Foto, bleibe bei Dir hängen und spüre sogleich wie sich all meine Innereien ineinander verknoten, so als wollten sie künftig eher reissen, als sich geschmeidig zurück positionieren zu lassen. Mein Herz schlägt unbarmherzig schneller gegen meine Rippen, schmerzlich wird mir bewusst, was es bedeutet. Es bedeutet – Leben! Es bedeutet, dass ich lebe und Du nicht! Wie bitter! Dein fröhlich unbefangener Anblick jagt mir einen Schauer über den Rücken, mein Magen zieht sich unangenehm zusammen und schon wieder spüre ich diesen dicken Kloss in meinem Hals, begleitet von unterschwelliger Übelkeit. Ein Teufelskreislauf. Ich weiss einfach nicht, was ich dagegen noch machen soll. Du bist fort! Für immer verschwunden! Ich werde Dich nie wieder sehen und ich weiss nicht, ob du es hörst, wenn ich mit dir rede, wenn ich versuche dir zu sagen wie leid es mir tut, dir meine Hilflosigkeit vor Augen führe. Ich weiss es einfach nicht. Die Übelkeit breitet sich in meinem Körper aus, meine Glieder fangen an zu zittern, unkontrolliert und unbewusst. Krampfhaft unterdrücke ich den Drang mich auf der Stelle zu übergeben und kann nicht verhindern, dass sich eine einzelne, schmerzgeplagte Träne aus meinen Augen stiehlt und eine nasse Spur über meine – vor Anstrengung – überhitze Wange zieht. Du fehlst mir so! Ich würde wer weiss dafür geben, um dich wiederzubekommen! "Bruno~ ..." Nur ein Hauch von einem Flüstern entwischt meiner Kehle, gleitet über meine Lippen, geschmeidig und elegant, wie eine Katze im Mondlicht. Ich wollte es gar nicht sagen, die Buchstaben sind mir entwischt, formen sich eigenmächtig mit Hilfe meiner Zunge zu einem Wort und brennen sich in meine Seele. Ich höre die Schritte nicht, die sich mir nähern, zu hypnotisiert starre ich noch immer Dein Bild an. Auch bemerke ich nicht, wie die Tür – die ohnehin einen Spalt offen ist – ganz geöffnet wird. "Yusei, was is-?" Ich höre die Stimme, die meinen Namen formt. Aber sie klingt dumpf, da sich meine Ohren anfühlen, als wären sie mit Watte ausgestopft worden. Taub für alles, was um mich herum geschieht. Mitten in der Frage bricht er ab. Warum? Wie in Trance wende ich mich zu Crow um. Ich weiss, dass er es ist, denn sonst ist niemand hier, ausserdem kenne ich den Klang seiner Stimme. Sie erinnert mich immer an einen fröhlichen, sonnigen Tag im Frühling. Wilder Blumenduft schwirrt quer durch die Luft, wirkt sich betörend auf meine Sinne aus und verleiht meinem gequälten Geist ein winziges Bisschen – vergleichbar mit einem getrockneten Reiskorn – an Glück. Genau das bewirkt auch die Stimme meines Freundes ... manchmal. Ich blicke ihm in die Augen, sehe das blanke Entsetzen und viele Fragen. Sein Mund steht leicht offen, er schnappt nach Luft, kommt einen Schritt auf mich zu und – Ich weiss nicht, was ihn dazu bewegt, aber im nächsten Moment schlingt er seine Arme um meinen Körper, hält mich fest und raubt mir für den Bruchteil einer Sekunde den Atem, so dass ich überlegen muss, wie Luft holen überhaupt geht. Unfähig zu reagieren, lasse ich die Umarmung hilflos über mich ergehen. Noch immer ist mir nicht klar, wieso er das tut. Wie betäubt stehe ich da, reglos als wär ich eine Puppe. "Es ist nicht deine Schuld! Hör auf dir das einzureden. Wieso hast du nicht mit mir geredet? Verdammt! Du bist viel zu dünn! Wie lange hast du nichts gegessen?" Als ob er meine Gedanken gelesen hätte, sprudeln die Worte aus Crow's Mund. Er war noch immer der einzige gewesen, der mich durchschauen konnte. Wie lange ich nichts gegessen hatte? Das wusste ich ja selbst nicht mehr. Doch allein bei dem Gedanken schlägt mein Magen einen Salto. Ich reisse mich von meinem Freund los, stürme aus meinem Zimmer hinaus ins Bad, falle direkt vor der Keramikschüssel auf die Knie, schaffe es gerade noch so den Deckel hochzuklappen, als ich mich auch schon würgend und hustend übergebe. Mein Magen krampft stark, mein Rachen brennt wegen der Säure, meine Augen Tränen von der Anstrengung und meine Glieder zittern. Völlig verkrampft klammere ich mich an den Rand der Schüssel, spüre wie mein Körper immer weiter pumpt, das Würgegefühl nicht nachlassen will, so als wolle er Gift los werden. Gift! In meiner Seele, meinem Geist, meinem Herzen. Ich ringe nach Luft, spüre mein Herz bis zum Hals schlagen, kann das Blut in meinen Ohren rauschen hören, zittere stärker und kneife angestrengt meine Lider zusammen. Als ich sie wieder öffne, schnappe ich nach Luft, spüre noch ein dumpfes Ziehen in meiner Mitte und nehme die Gänsehaut wahr, die sich über meinen gesamten Körper ausgebreitet hat. Allmählich entspannen sich meine Glieder wieder und ich sacke in mich zusammen. Fühle mich ausgelaugt und erschöpft. Ich habe nie gedacht, dass ich mal auf dem Badezimmerboden liegen würde. Das Zittern lässt nach, mein Herzschlag beruhigt sich, meine Atemzüge werden tiefer und gleichmässiger, dabei halte ich meine Augen geschlossen. Eigentlich wollte ich genau dieses Szenario verhindern. Wollte nicht, dass mich jemand so sieht. Ich bin am Ende! Meine Kräfte sind weitestgehend aufgebraucht. Die Arbeit und die Schuldgefühle haben mich zu viel gefordert, mich ausgezehrt und haben fast nichts übrig gelassen, von dem, was ich einmal gewesen bin. Der ekelerregende Geschmack auf meiner Zunge will nicht weichen und meine Kehle brennt, als stünde sie in Flammen. Der Versuch dies durch den Luftsog, den ich durch meine trockenen Lippen gleiten lassen, zu überdecken, scheitert kläglich. "Yusei!" Entsetzen und Besorgnis klingen in Crow's Stimme, als er meinen Namen ruft. Im nächsten Augenblick spüre ich seinen Arm in meinem Genick. Er hat sich neben mir niedergekniet und drückt behutsam meinen Oberkörper nach oben, stützt dabei meinen Kopf und sieht auf mich hinab. In seinen geweiteten Augen kann ich Angst lesen. Hektisch mustert er mich von oben nach unten und zurück, ehe er mir mehrfach sanft auf die Wange schlägt. "Yusei! Komm schon, rede mit mir!" Fast schon befehlend und doch flehend dringen die Worte an meine halb tauben Ohren. Wieder kneife ich meine Augen zusammen, versuche so wieder Herr meiner Sinne zu werden, die Kontrolle über mein Bewusstsein zurückzuerlangen. Ich fühle mich, als würde ich in der unendlichen Dunkelheit treiben und Crow ist so weit weg, so unerreichbar für mich. Irgendwas an ihm gab meiner geschundenen Seele den Rest, so dass ich schliesslich doch noch gebrochen bin. Ich konnte, nachdem er mich umarmt hatte, durch geschicktes Abschalten meiner Gefühle, dem entkommen, was ich am meisten fürchtete, doch nachdem ich seine Worte vernommen habe, war es mir nicht mehr möglich. Ich bin hilflos. Ich bin überfordert. Dabei wollte ich doch immer stark sein. Ich kann es gerade nicht mehr, kann die Mauer nicht wieder aufbauen. Wenn ich jetzt nicht rede, werde ich unter dem Schutt der bröckelnden Backsteine begraben. "Cro~w ..." Meine Stimme klingt heisser und kratzig, mein Hals fühlt sich an, als wenn ich Stacheldraht verschluckt hätte. Schwer schlucke ich, obwohl mein Mund völlig ausgetrocknet ist, halte dabei den Atem an, spüre den stärker werdenden Herzschlag in meiner Brust. Es protestiert! Es will noch nicht aufgeben. Es will nicht stehenbleiben! "Hey ganz ruhig, mein Freund. Verdammt! Du bist echt eine harte Nuss, weisst du das? Musst du erst zusammenbrechen, ehe du mit mir redest? Was soll das? Du weisst doch, dass du immer zu mir kommen kannst. Satisfaction Town ist gestrichen! Ich bring dich jetzt ins Bett und keine Widerrede. Danach mach ich dir einen Tee und eine leichte Suppe, du musst deinem Magen Arbeit verschaffen, aber nicht zu viel. Ich will gar nicht wissen, wie lange du nichts gegessen hast." Er lässt mir keine Wahl, ich kann ihm ohnehin nicht widersprechen. Crow steht auf, legt sich dabei meinen Arm über seine Schultern, hält ihn mit der Hand fest, hat seinen anderen Arm stützend um meine Rippen geschlungen und zieht mich so auf die Füsse. Die Welt dreht sich ... Ich wäre erneut zusammengebrochen, würde er mich nicht halten. Kurze Zeit später, hat er mich in mein Bett verfrachtet, auch wenn ich das nicht will. Viel lieber würde ich auf dem Sofa liegen, aber das würde nun wohl einem Mammutprojekt gleichkommen, wenn Crow versuchen sollte, mich durch das Loch im Boden die Leiter herunter zu bekommen und das ganze auch noch ohne, dass sich einer von uns verletzen würde. "Du rührst dich nicht von der Stelle, ich bin gleich wieder da." Als ob ich das jetzt noch aus eigener Kraft geschafft hätte ... Ich sehe Crow mein Zimmer verlassen und bin erneut allein. Noch immer fühle ich mich, als wäre ich gar nicht hier. Sicher mein Körper ist anwesend, aber mein Geist ... Wer weiss wo der ist. Mein Blick schweift durch das Zimmer, bleibt einen Moment an dem goldenen Pokal haften. Welch seelige Zeit ist das doch gewesen ... Gleitet weiter, zurück zu dem Foto, zurück zu ... Dir! Schlagartig – wie vom Blitz getroffen – kehrt mein Geist in meinen Körper zurück, meinen Augen öffnen sich weit, mein Herz verkrampft sich stark. Ein stechender Schmerz brennt in meiner Brust, nimmt mir Luft zum Atmen und dann – Bricht es schliesslich aus mir heraus! Meine Augen füllen sich mit Tränen, meine Sicht verschwimmt. Unaufhaltsam bahnt sich die salzige Flüssigkeit ihren Weg über meine Wangen. Doch blinzle ich kein einziges mal. Stumm lasse ich meinen Gefühlen freien Lauf. Es ist eine Weile her, seitdem ich mich das letzte mal so gehen gelassen habe. Ich zittere, mein Kiefer vibriert, so dass meine Zähne leicht aufeinander schlagen und ein klapperndes Geräusch verursachen. Wieso muss es immer noch so weh tun? Wieso kann ich nicht aufhören mir die Schuld zu geben? Du fehlst mir so! Ohne mich zu bewegen, mit stechender Brust und wild – vor Schmerz – klopfendem Herzen, kann ich den Blick einfach nicht von Dir abwenden. Die Tränen fressen sich unaufhörlich in das weiche Kissen unter meinem Kopf. Mein Gesicht ist schon ganz nass. Eine Weile später höre ich jemanden den Flur entlanggehen und in mein Zimmer kommen. Es können Minuten oder gar Stunden gewesen sein, in denen ich ganz alleine mit mir selbst beschäftigt gewesen bin. Wie lange – das weiss ich nicht genau. Crow ist schockiert mich so zu sehen. Er geht schnell zum Schreibtisch, stellt das Tablett mit den dampfenden Flüssigkeiten ab und setzt sich zu mir aufs Bett, scheint es sich dann im selben Moment anders zu überlegen und legt sich sogar nieder. Seine Arme schlingen sich sanft um meinen Körper, liebevoll und freundschaftlich werde ich an ihn gedrückt. Er sagt nichts! Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Aber es tut so unendlich gut gehalten zu werden, nicht allein zu sein und mich für den Moment einfach gehen zu lassen. <<< >>> Ich erwache und setze mich auf. Meine Hand gräbt sich in weichen Sand, ich höre das Rauschen des Meeres. Wie bin ich hierher gekommen? War ich doch eben noch von grenzenloser Finsternis umhüllt, werde ich nun von der Sonne geblendet. Angestrengt kneife ich meine Augen zusammen, während ein gequältes Stöhnen meine Lippen verlässt. Ich lege mir eine Hand an den Kopf, der so heftig pocht, als wurde er in der Mitte gespalten. Mühsam schlage ich meine Lider wieder hoch und sehe dass ich mich an einem Strand befinde. Was mache ich hier? Bin ich jetzt wirklich tot? Mein ganzer Körper schmerzt, als wär ich überfahren worden ... Ich bin also entweder in der Hölle, oder noch am Leben. Wobei beides unwahrscheinlich ist, da es in der Hölle nicht so schön und friedlich wär und ich unmöglich noch am Leben sein kann. Was also dann? Ich stehe auf, schwanke kurz und kann mich dann fangen. Das starke Pochen unter meinem Schädelknochen, will nicht aufhören, ich versuche es zu ignorieren, während ich mich gleichzeitig orientieren will. "Ist alles in Ordnung bei Ihnen?" Ruckartig drehe ich mich um. Eine fremde Person blickt mich leicht besorgt an. "J-Ja ... geht schon ..." Meine Stimme klingt heiser und rau, als hätte ich sie seit Jahren nicht benutzt. Ich wende mich von dem Mann ab und stolpere durch den Sand. "Warten Sie! Sind Sie sicher, dass Sie keine Hilfe brauchen?" Er folgt mir! Er ist penetrant und aufdringlich. Freundlich sehe ich ihn an und nicke. "Ja! ... Aber vielleicht können Sie mir sagen, wo ich hier bin?" Ich bleibe stehen und sehe ihn erwartungsvoll an. Dies würde ein wenig Licht in die Dunkelheit meines Gedächtnisses bringen, welches ich allerdings nicht verloren habe. Ich kann mich an alles an erinnern. An das Duell, an die Zeit davor, an die Finsternis, die mich fast erdrückt hat. "Sie befinden sich am Strand in Satellite, dem Ableger von New Domino City. Wo wollen Sie denn hin?" Wieso ist dieser Mann so freundlich und hilfsbereit? Ich kenne ihn doch gar nicht. "Satellite? ... Ich will in die Stadt!" Ich rede knapp, da ich Angst habe, dass meine Stimme versagt. Mir ist schwindelig und die Kopfschmerzen werden schlimmer. Meine Sicht verschwimmt, ich torkle und – Werde aufgefangen. "Kommen Sie ... So schaffen Sie es nicht über die Brücke. Ich bin Arzt. Ich bringe Sie jetzt an einen Ort, an dem Sie sich ausruhen können. Wenn Sie sich erholt haben, lasse ich Sie in die Stadt hinüber bringen." Seine Worte wirken so entwaffnend auf mich, dass ich mich widerstandslos mit ihm begebe. Habe ich ohnehin keine andere Wahl mehr, da mein Kopf und der immer stärker pochende Schmerz darin, mir den Verstand raubt. Wieso bin ich in Satellite? Passiert das wirklich, oder träume ich? Wer ist der nette, ältere Herr? Wieso hilft er mir? Ich verstehe es nicht und bin auch gerade nicht im Stande mir weitere Gedanken darüber zu machen. Aber ein Gedanke brennt sich tief in mein Inneres, setzt sich in meiner Seele fest und verinnerlicht sich dort. Nichts würde ihn je wieder von dort wegschaffen können. Nichts! Wenn das wirklich passiert und ich noch lebe, dann muss ich unbedingt nach New Domino City! Ich muss zu Dir! Kapitel 2: Wach gerüttelt! -------------------------- "Er schläft schon seit 12 Stunden ..." "Ich weiss, aber seine Werte sind stabil. Ich wüsste gern wer er ist und wieso er am Strand lag ..." "Das wird er dir wohl erst beantworten können, wenn er wieder aufwacht." Ich höre die Worte genau und spüre dass ich mich allmählich bewege. Meine Augen gehen auf und ich sehe zwei Personen in unmittelbarer Nähe. Ich blinzle, um mehr erkennen zu können und setze mich auf. Meine Kopfschmerzen sind verschwunden und auch sonst fühle ich mich viel besser. "Oh du bist wach!" ,höre ich eine freundliche Frauenstimme und blinzle gleich noch einmal, um meine Sicht zu verstärken. Eine rundliche Frau mit schulterlangem, braunen Haar steht direkt vor mir und lächelt mich an. Ich versuche meine Gedanken zu sortieren und erinnere mich, dass ich am Strand aufgewacht war, wo mich ein älterer Mann aufgegabelt hatte. "Wie fühlst du dich? Du hast ziemlich lange geschlafen. Du musst hungrig sein. Ich hab hier auch was zu essen für dich." Das überfordert mich ein bisschen. Ich bin doch eben erst wieder zu mir gekommen und schon werde ich von dieser überfreundlich, euphorischen Art empfangen, mit der mein Hirn gerade so gar nicht klar kommt. "Es geht ... danke. Ja, ein bisschen hungrig wär ich vielleicht, aber das ist wirklich nicht nötig ..." Erstaunlicher Weise klingt meine Stimme recht stabil, nur etwas matt und kratzig, weil ich sie so lange nicht gebraucht habe. "Ach Unsinn!" ,wehrt sie entschieden ab und geht zu einem Tisch, der an der Wand steht, dann kommt sie zurück und hält mir einen Teller hin, auf dem ein Paar Sandwiches liegen. "Hier, bedien dich. Ich bin übrigens Martha und du hattest Glück, dass dich ausgerechnet Doktor Schmitt gefunden hat. Satellite ist zwar nicht mehr so kriminell wie früher, aber dennoch sollte man nicht bewusstlos irgendwo rumliegen. Du hättest wer weiss wo wieder aufwachen können, oder schlimmer noch, du hättest gar nicht mehr aufwachen können." Mein Kopf tut weh und ich kneife kurz die Augen zusammen, blicke dann aber wieder auf zu ihr und versuche ein Lächeln. Die Tatsache, dass ich wohl gar nicht mehr zu mir gekommen wäre, wenn mich jemand anderer gefunden hätte, schockiert mich nur halb so stark, wie man es normalerweise erwarten würde. Aber allein, dass ich die letzten Wochen – waren es Wochen? Oder Monate? Oder gar Jahre? - ich weiss es nicht, wie lange ich in der Finsternis war und ich habe auch keine Ahnung, wie ich von dort wieder in die Realität gelangen konnte. Falls sich dieses Szenario nicht doch noch als total skuriler Traum herausstellt. Dies gilt es noch zu überprüfen, aber dafür muss ich unbedingt nach New Domino City! "Vielen Dank." Mehr bringe ich für den Moment nicht raus. Meine Gedanken rotieren und drehen sich immer schneller, doch rasen sie immer wieder an diesem einen Punkt vorbei. Yusei! Wenn das die Realität ist, dann werde ich auf jeden Fall zu Dir kommen. Ich muss wissen, wie lange ich weg war und ich muss mit Dir reden. Ich greife nach einem Sandwitch und beisse halbherzig hinein. Jetzt da mein Mund voll ist, werde ich hoffentlich nicht mehr dazu gezwungen zu reden. Schliesslich begreife ich das Geschehen im Moment selbst kaum und muss mir dessen erst noch richtig bewusst werden. Wenn ich mich etwas besser besser fühle, werde ich mich sicher bei diesem Doktor, der mittlerweile den Raum verlassen hat und bei dieser netten Dame, Martha bedanken. "Ich weiss, es ist vielleicht noch etwas verfrüht, aber wir haben uns gefragt, wie du zum Strand gekommen bist. Doktor Schmitt meinte, dass du sehr orientierungslos gewirkt hattest und dann auch schon ziemlich schnell das Bewusstsein verloren hast." Schon redet sie wieder und lächelt dabei die ganze Zeit freundlich. Wie kann ich mich da entziehen? Ausserdem ist sie so nett, da bin ich wohl zumindest eine Antwort schuldig. Mühsam schlucke ich den Bissen hinunter und merke, dass ich wohl eher ein Glas Wasser gebrauchen könnte, anstatt was zu essen. Mein Mund fühlt sich so trocken an, wie eine staubige, ausgetrocknete Wüste. Meine Zunge klebt an meinem Gaumen fest und Worte zu formen fällt mir im Moment schwer. "Ich ... ich weiss es nicht." ,sage ich deshalb etwas verwaschen. "Oh entschuldige bitte, hier!" Etwas konfus blinzle ich, als sie mir ein Glas Wasser unter die Nase hält. Nach kurzem Zögern nehme ich es und leere es in einem Zug. Ein erleichtertes Seufzen kommt mir über die Lippen und ich schaue sie doch etwas verlegen an. "Verzeihung ... Ich habe nur das Gefühl, seit einer Ewigkeit nichts zu mir genommen zu haben. Ich heisse -" Eigentlich will ich mich vorstellen, aber ich weiss nicht mit welchem Namen ich mich vorstellen soll. Mein richtiger Name ist >Antinomy<, doch nannte man mich hier immer >Bruno<. Nun war Martha diejenige, die mich etwas verwirrt anblinzelte. "Hast du ein Gedächtnisproblem? Weisst du wo du herkommst?" ,fragte sie gleich besorgt und für meinen Geschmack zu führsorglich. "Wo ich herkomme, weiss ich nicht. Ich weiss auch nicht, wie ich zu diesem Strand gekommen bin. Früher einmal hiess ich Antinomy, aber ich war schon mal hier. Also nicht in Satellite, aber in New Domino City und dort nannte man mich gern Bruno. Ich glaube ich habe kein Gedächtnisproblem, bis auf die Tatsache, dass ich nicht weiss, wo ich war und wie ich hier her gekommen bin." Gedankenverloren beisse ich erneut in das Sandwitch und habe somit alles gesagt, was wichtig sein könnte. "Bruno? ... Irgendwie kommt mir dein Name bekannt vor ... Ich weiss nur nicht woher." Überrascht blicke ich sie wieder an. Mein Herz schlägt schneller, jagt Unmengen Adrenalin durch meinen Körper und macht mich nun vollends wach. Ist es möglich? Soll ich es wagen? Kann ich sie fragen? Ich setze alles auf eine Karte, sehe sie erwartungsvoll an und spüre wie mein ganzer Körper zu vibrieren beginnt. Wieso um alles in der Welt bin ich so nervös? "Können Sie mir sagen, wann der Turbo-Duell-Grand-Prix war?" Wenn sie das weiss, dann weiss ich zumindest wie lange ich weg war ... "Der Turbo-Duell-Grand-Prix? Bist du ein Duellant? Der war vor – lass mich nachdenken – etwa ... zwei Jahren ... Ja es muss nun zwei Jahre her sein. Denn so lange habe ich auch die Jungs nicht gesehen." Sie überlegt während sie spricht und blickt dabei an die Zimmerdecke, dann schaut sie mich wieder an und scheint sich ziemlich sicher zu sein. Zwei Jahre! So lange bin ich weg gewesen?! Ich höre wie mein Herzschlag immer lauter wird und habe das Gefühl, dass die Zeit für einen Moment still steht, dann dringt ein ziemlich lautes Ticken an mein Ohr und ich schrecke aus meiner Starre. Der Sekundenzeiger der Uhr an der Wand gegenüber hat sich bewegt. Mein Atem geht schnell und mein Kopf fühlt sich an, als wolle er jeden Augenblick platzen. "Alles in Ordnung?" Schnell war sie neben mich getreten und legt mir eine Hand auf die Schulter, blickt mich sorgenvoll an und überlegt wohl den Doktor zurück zu rufen. "J-Ja ... geht schon ... Ein Duellant? Das schon, aber am Turnier hab ich nicht als solcher teilgenommen ..." Zwei Jahre! Ich bin zwei lange Jahre in der Finsternis gewesen. Wie konnte ich das überleben? Wie konnte ich entkommen? Ich verstehe es nicht. Ich bin verwirrt! Es dauert eine Weile, bis sich die Information in mir gesetzt hat und ich wieder normal ansprechbar bin. Martha muss mir angesehen haben, dass es mich beschäftigt, denn sie schwieg so lange. "Bruno? Ich nenn dich so, wenn ich darf? Wenn du sagst, du hast nicht als Duellant teilgenommen, geh ich recht in der Annahme, dass du aber dabei gewesen bist?" "Ja, Sie dürfen mich so nennen ..." ,gab ich zur Antwort, auch wenn meine Haare nach oben stehen, ganz orginal, wie früher, bevor ich hier kam ... bevor ich ... in der Zeit zurückgereist war. "Ich bin Mechaniker gewesen, bei einem Team. Ich denke, dass Sie es kennen müssten. Immerhin haben sie ... haben wir ... damals den Turbo-Duell-Grand-Prix gewonnen." Ich rede mehr beiläufig, bin mit den Gedanken noch ganz woanders. Doch Martha's Gesichtsausdruck weist grosse Überraschung auf, was mich leicht verwundert. "Willst du damit sagen, dass du der Wundermechaniker bist?" Ihre Stimme zitterte leicht und sie klingt sehr aufgeregt, als wär ihr gerade etwas klar geworden. Verwirrt blinzle ich und frage mich woher sie das weiss. "Naja ... so würde ich mich nicht bezeichnen. Aber ich habe Yusei viel geholfen die D-Wheels aufzurüsten." Sie schlägt sich die Hände vor den Mund und holt hörbar tief Luft, dann geht sie drei Schritte rückwärts und lässt sich auf einem Stuhl nieder. Es dauert einen Moment bis sich Martha wieder gefasst hatte und die Hände langsam sinken lässt. Tief und mit geschlossenen Augen, atmet sie durch, ehe sie mich wieder mit ihren dunklen Iriden fixiert. "Jetzt ... erinnere ich mich an dich." ,spricht sie langsam und immer noch etwas neben sich wirkend. "Du siehst anders aus, als auf dem Bild. Yusei hat viel von dir erzählt. ... Oh mein Gott! ... Ich sollte es ihm unbedingt sagen, dass du hier bist. ... Weisst du, dass er glaubt, dass du tot bist und sich die Schuld daran gibt? ... I-Ich muss ihn irgendwie kontaktieren ... jetzt gleich!" Sie sringt auf und ist schon fast zur Tür draussen, doch will ich sie aufhalten. Das geht mir gerade zu schnell und Martha ist definitiv zu aufgeregt. "Warten Sie!" ,rief ich deshalb. "Bitte ..." ,fügte ich leiser hinzu. Sie dreht sich wieder zu mir um und wirkt total aufgewühlt. "Bitte, sagen Sie es ihm nicht. ... Noch nicht." "Aber wieso denn nicht?" Nun ist wieder verwirrt, hält aber inne. Ich fühle mich nicht wohl dabei, das geht zu schnell, viel zu schnell! Ich muss mich erst sammeln, ich muss das realisieren, ich muss mir dessen bewusst werden, was hier geschieht. "Bitte!" ,sage ich deswegen nur und blicke sie schon fast flehend an. Ein tiefes Seufzen kommt ihr über die Lippen, aber sie nickt langsam, was mich doch vorerst erleichtert aufatmen lässt. Ich kann Dir so noch nicht begegnen. Ich muss erst versuchen zu verstehen, wieso ich wieder hier bin. Aber dass Du Dir die Schuld daran gibst, dass ich weg war, ist nicht richtig. Ich denke, wenn ich mich erholt habe, in ein paar Tagen, werde ich mich nach New Domino City aufmachen und zu Dir kommen. Jetzt weiss ich, dass dies die Wirklichkeit ist! Mein Kopf tut weh, ich lasse mich leicht zerknirrscht ins Kissen zurückfallen, lege mir einen Arm über die Augen und versuche mich zu entspannen. "In Ordnung! Ich sage es ihm nicht. Aber wenn er vorbeikommt, werde ich es ihm sagen. Und du, Bruno. Bleibst bitte vorerst im Bett. Doktor Schmitt wird dich heute Abend noch einmal untersuchen und dann darfst du sicher wieder aufstehen. Aber wer einfach bwusstlos wird, sollte sich definitiv eine Weile schonen. Jetzt ruh dich bitte aus und vielleicht schläfst du einfach noch ein bisschen, dann kannst du dich am schnellsten wieder erholen." Ich weiss, dass sie recht hat, aber ich habe nicht die geringste Ahnung, ob ich schlafen kann, nach allem was ich nun weiss. Meine Innereien verknoten sich schmerzhaft und obwohl ich nichts dringender will als Dich zu sehen, habe ich nun Angst davor Dir tatsächlich wieder zu begegnen. "Danke Martha, ich weiss Ihre Gastfreundschaft wirklich zu schätzen. Ich will es versuchen." "Sehr gut, dann lass ich dich jetzt allein." Mit diesen Worten verschwand sie aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Nun war ich allein, allein mit meinen ganzen wirren Gedanken. Wenn Du wirklich glaubst, dass ich tot bin und dass es Deine Schuld ist, was wird es dann in dir auslösen, wenn ich plötzlich vor Dir stehe? Wirst Du Dich freuen? Bist schockiert? Hälst du mich für eine Halluzination? Ich weiss es nicht, ich kann deine Reaktion nur schwer abwägen, vor allem nachdem bereits zwei Jahre vergangen sind. Ich will Dich sehen! Ich will zu Dir! Du bist der beste Freund, den ich jemals hatte und doch ... doch will ich nicht, dass deine Welt sich auf den Kopf stellt. Was wenn Du es schon verarbeitet hast? Wenn du schon drüber weg bist, dass ich nicht da bin? Was passiert, wenn ich einfach bei Dir auftauche? Was soll ich dann sagen? Völlig durcheinander drehe ich mich auf den Bauch und drücke mein Gesicht in das Kissen. Es ist zum verrückt werden. Ich halte das nicht aus. Meine Angst – Dir wieder unter die Augen zu treten – wächst von Sekunde zu Sekunde und überwiegt bald meinen Wunsch danach Dich zu treffen. Was soll ich nur tun? Durch das viele Denken und die ganzen Informationen, bin ich im Moment masslos überfordern, allmählich erschlafft mein Körper, ich versuche mich zu entspannen. Dann merke ich wie erschöpft ich eigentlich bin und schliesse meine Augen. Erneut werde ich von Dunkelheit empfangen, doch sie wirkt nicht bedrohlich, sie ist angenehm und hüllt mich ein, wie eine wollige Decke im Winter. Schliesslich und mit meinen Gedanken immer noch bei Dir, lass ich mich von ihr wegzerren, meinen Geist befreien und gebe dem Erschöpfungsgefühl in mir nach, bis meine Atemzüge ruhig und gleichmässig sind und ich in einen vorerst entspannten und traumlosen Schlaf falle. <<<<< >>>>> Ich muss eingeschlafen sein ... Mit einem übelkeitserregenden Gefühl im Bauch, komme ich langsam zu mir, spüre dabei wie ich gehalten werde. Wieso? Wer? Die Erinnerung kommt nur langsam zurück, ich fühle mich ausgelaugt und doch irgendwie befreit. Crow! Jetzt weiss ich es wieder. Ich hab mich übergeben und Crow hat mich ins Bett gebracht, wollte mir dann Tee und Suppe geben, doch sind einfach meine Gefühle aus mir herausgebrochen und er hat sich zu mir gelegt und mich umarmt. Mein Herz schlägt schneller, bei diesen Gedanken. Wie konnte ich zulassen, dass einer meiner Freunde mich in diesem jämmerlichen Zustand sieht? Ich fass es nicht. Aber ich weiss, dass ich Crow noch eine Erklärung schuldig bin. Da werde ich nicht drum herum kommen, nicht nachdem was passiert war und was er gesehen hat. Mein Körper fühlt sich unglaublich schwer an. Nur mit Mühe schaffe ich es meinen Kopf zu heben und versuche zeitgleich meine Augen zu öffnen, die sich nicht minder schwer anfühlen. Allerdings liegt das Hauptproblem, weshalb ich sie nicht öffnen kann gerade, darin dass sich meine Lider leicht miteinander verklebt haben. Wahrscheinlich weil ich während meines Weinkrampfes eingeschlafen bin. "Yusei?" Eine leise Stimme dringt an mein Ohr und ich rolle mich einfach auf den Rücken, aus den Armen meines Freundes heraus. "Crow?" ,frage ich mit belegter Stimme und räuspere mich kurz. "Kannst du mir einen feuchten Lappen holen? Meine Augenlider sind zugeklebt, ich bekomm sie nicht auf." Ich rede leise, doch klingt meine Stimme fest. Das ist immer so. Wenn ich einen Ausbruch hatte, schaffe ich es immer wieder meine innere Mauer hochzuziehen und mich dahinter zu verschanzen, weshalb ich nun ganz normal mit meinem Freund sprechen kann. Die Frage ist nur ... wie lange?! Denn sobald ich ihm erzählen muss, weshalb ich zusammengebrochen bin, weiss ich nicht, ob ich die rissige Backsteinmauer meiner Seele aufrecht halten kann. Schliesslich fühlt sich meine Seele schon gespalten an und ich ertrage den Schmerz einfach nicht mehr. Das ist auch der Grund, weshalb ich mich immer verschliesse und es bevorzuge nicht über meine Gefühlswelt zu sprechen. "Ja klar, mach ich. Warte kurz." Ich spüre, wie er sich erhebt, da sich das Bett leicht bewegt und höre wie sich seine Schritte rasch entfernen. Es dauert auch gar nicht lange - ich konnte nicht einmal richtig tief durchatmen – ehe Crow zurückkehrt und meine Hand nimmt, um mir das feuchte Tuch in die Handfläche zu legen. Dabei setzt er sich wieder auf die Bettkante. Langsam wische ich mir damit über die Augen und schaffe es so, sie endlich zu öffnen, wobei sie höllisch brennen und es mir im ersten Moment schwerfällt etwas zu erkennen. Erst nach mehrmaligem Blinzeln und Augen zusammenkneifen, schaffe ich es wieder richtig zu sehen. Dann setze ich mich schwerfällig auf und kippe dabei leicht nach vorn, um mich abzustützen, da mein Körper mir nicht richtig gehorchen will. "Wie fühlst du dich?" ,höre ich die Frage mit leichter Besorgnis. "Es geht ..." "Vielleicht solltest du jetzt den Tee trinken und die Suppe essen. Ich werds dir nochmal aufwärmen und danach ... Yusei! ... Danach redest du mit mir. Ich will dich nicht noch einmal so zusammenbrechen sehen. Verstanden?" Da gibt es wohl kein Schlupfloch mehr. Ich werde ihm nicht mehr ausweichen können und nicke einfach nur, während ich Crow ansehe. Mir wird klar, dass er es absolut nicht böse meint. Eigentlich weiss ich das ja, aber dennoch blockiere ich mich, wehre alles ab, lasse meine Freunde in dem Glauben, dass alles in Ordnung ist. Doch jetzt ... nachdem er mich so gesehen hat, habe ich keine andere Wahl, als es ihm zu erzählen, was mich so sehr beschäftigt. Er steht auf und schüttelt leicht den Kopf, macht sich wahrscheinlich Sorgen, genau das was ich nicht will. Dann sehe ich wie er das Tablett vom Tisch nimmt und das Zimmer verlässt. Seufzend lasse ich mich wieder in mein Kissen fallen, schlage mir die Hände vors Gesicht und weiss nicht was ich tun soll. Ich bin gefangen, ich fühle mich in die Ecke gedrängt. Dabei weiss ich, dass Crow es wirklich nur gut meint. Ich habe mich von ihm halten lassen und mich bei ihm ausgeweint. Etwas verkrampft ziehe ich meine Finger übers Gesicht und starre einen Moment an die Decke. Wieder schweift mein Blick zu dem Regal ... Ich kann es einfach nicht lassen. Mein Herz wird in diesem Moment unheimlich schwer und erneut bleiben meine Augen genau auf Dir hängen. Zu lange schon habe mich wohl dagegen gewehrt, jetzt bricht einfach alles zusammen und ich kann es nicht verhindern. Nach einer Weile höre ich Crow zurückkommen, doch wende ich meinen Blick nicht von Dir ab. Ich wünsche mir so sehr, dass Du wieder bei mir bist, dass wir wieder zusammen lachen können. Irgendwie wehrt sich alles in mir zu akzeptieren, dass Du für immer fort bist. Auch wenn ich weiss, dass es meine Schuld ist. "Da bin ich wieder. Soll ich dir -?" Er bricht mitten im Satz ab, wie schon einmal heute und scheint meinem Blick zu folgen, sieht das Bild an der Wand und ich denke ... jetzt weiss er, was mich so quält, auch ohne, dass ich etwas sagen musste. Langsam setzt er sich zu mir aufs Bett und legt mir eine Hand auf die Schulter. Mit glasigen Augen blicke ich ihn an und weiss nicht, wie lange ich mich noch beherrschen kann, ehe es erneut aus mir herausbricht. Gerade weil Crow bei mir ist, werde ich die ganze Zeit daran erinnert. Wenn ich alleine zu Deiner Ruhestätte gehe und mit dir rede, ist das was anderes, aber ich kann nicht aufhören mir selbst die Schuld daran zu geben, dass Du nicht mehr bei mir bist. "Du vermisst ihn, hab ich recht?" Crow's unbefangene Art Dinge anzugehen, hat mich noch immer einbrechen lassen. Er ist einfach zu direkt. Diese Frage fühlt sich gerade an wie ein Schlag ins Gesicht. Was soll ich tun? Er hat mich bereits erwischt. Leugnen ist zwecklos. "Ja ... aber das ... Schlimme ist ... dass es meine ... Schuld ist ... es ... es ist alles meine Schuld ... ich hätte das nicht zulassen dürfen ... Ich ... ich hätte wissen müssen, da-dass ... er mich nur provozieren wollte ... Er wusste, dass ich mich niemals ... ernsthaft gegen ihn ... duelliert hätte, wenn er mir nicht realistisch glauben gemacht ... hätte, dass er mein Feind ist ... und doch ... am Ende ... ich wusste er wird immer mein Freund sein ... und er ... wusste es auch ... Crow! Er ... hat mich gerettet ... und sich geopfert ... Wie konnte ich ... das nur zulassen? ... Was bin ich für ein schlechter Freund? ... Es ist meine Schuld ... ohne mich -" "Ohne dich, würde die Stadt nicht mehr stehen!" Ich schaffe es zu reden, ihm alles zu erzählen, auch wenn meine Worte nicht unbedingt in sich schlüssig sind. Doch habe ich meine Emotionen ausgeschaltet, sonst wär es mir gar nicht möglich, darüber zu reden. Allerdings unterbricht mich Crow und versucht wohl wieder meine Heldentat darzulegen. Ich weiss bis heute nicht, wie ich es geschafft habe, das Duell gegen Zone zu bestreiten und auch noch zu gewinnen. Obwohl es wahrscheinlich daran lag, dass all meine Freunde hinter mir standen, sogar Du. Du hattest mich dazu inspiriert, mir die Kraft gegeben, das Unmögliche möglich zu machen. Meine Grenzen zu überschreiten und mich selbst zu finden. Allerdings bist Du und nur Du allein mein Antrieb gewesen diese Beschwörung durchzuführen. Dein Bild erschien vor meinem inneren Auge, als ich den Zustand des absolut klaren Geistes erreicht hatte. Bruno! Verdammt! Crow blickt mich eindringlich an, hat seine Hand immer noch auf meiner Schulter und ist bereit mir jederzeit wieder ins Wort zu fallen, nachdem er sich angehört hatte, was ich zu sagen habe. "Ich will, dass du sofort damit aufhörst Yusei! Es ist nicht deine Schuld und es ist niemals deine Schuld gewesen. Es war seine Entscheidung und wenn er es nicht getan hätte, dann hätten wir alle verloren. New Domino City gäbe es nicht mehr. Uns gäbe es nicht mehr. Du hast das einzig richtige getan." Trotz seines ernsten und kritischen Blickes, klingt seine Stimme sanft und führsorglich. Ich weiss, dass er eigentlich recht hat, aber ich werde diesen Knoten in meinen Eingeweiden einfach nicht mehr los. Nun schaut er mich auch wieder freundlicher und verständnisvoller an. Er kennt mich eben schon lange und weiss, dass ich nichts mehr hasse, als einem Freund nicht helfen zu können. "Yusei! Ich weiss, dass es aus deiner Sicht so aussehen mag, aber es bringt rein gar nichts, wenn du dir weiterhin die Schuld gibst. Damit ist niemandem geholfen. Du isst jetzt erst mal was und dann schläfst du am besten nochmal. Du musst dich erholen. Sich selbst fertig zu machen bringt nichts, du kannst es nicht ändern, du kannst die Zeit nicht zurückdrehen. Glaub mir! Ich kenne das Gefühl." Bei seinen letzten Worten reisse ich meine Augen auf, spüre wie sich erneut Tränen ihren Weg über meine Wangen bahnen und starre ihn an. Wie konnte ich das vergessen? Natürlich! Crow ist der einzige, der etwas ähnliches erlebt hat und er lebt dennoch weiter, hat sogar Spass am Leben. Er macht sich nicht fertig. Meine Innereien verknoten sich und ich richte mich etwas auf. Allerdings hat mein Kreislauf keine Lust dazu, was meinem Freund gleich auffällt, weshalb er mich im Rücken stützt. "Danke ..." ,murmel ich leise ohne ihn anzusehen. Dann wische ich mir energisch die Tränen aus dem Gesicht und schliesse meine Augen, atme tief durch und versuche mich zu entspannen, den inneren Knoten zu lösen und mich zu befreien. Er hat recht! Ich bin ein solcher Idiot! Als ich meine saphirblauen Seelenspiegel wieder auf das Gesicht meines Freundes richte, lächle ich ihn an. Es ist ein ehrliches Lächeln und kein gezwungenes Lächeln. Auch wenn meine Augen noch gerötet sind und mein Herz noch schwer ist, so will ich versuchen mich – zumindest heute – an seine Worte zu halten. Wie sagt man so schön? Einsicht ist der erste Weg zur Besserung! Genauso ist es auch. Wenn ich einsehen und endlich akzeptieren könnte, dass es nicht meine Schuld ist, dann würde ich auch wieder nach vorne schauen können. Aber es ist so schwer ... so verdammt schwer. "Crow? ... Du hast recht. Ich habe es vergessen, dass du das kennst. Das tut mir leid, wirklich. Ich war so damit beschäftigt mich zu verschanzen und mich von meinen Schuldgefühlen erdrücken zu lassen, dass ich den Blick für das Wesentliche verloren habe. Ich will versuchen damit aufzuhören, auch wenn es nicht leicht ist." "Das ist das erste Vernünftige, was ich dich sagen höre, seit meiner Ankunft." Er lacht auf, scheint sich ehrlich zu freuen, dass er meine innere Blockade aufgelöst hat, mich dazu veranlasst hat, ernsthaft nachzudenken. "Es tut gut dich lächeln zu sehen, mein Freund und jetzt iss bitte was, danach ruhst du dich aus. Auch ein emotionales Tief macht einen körperlich fertig. Du bist das beste Beispiel dafür. Dass du es auch immer so lange mit dir herumschleppen musst, bis du zusammenbrichst. Du wirst dich wohl niemals ändern, was?" Immer noch grinst er mich an und steht dann auf, polstert meinen Rücken mit den Kissen, so dass ich leichter aufrecht sitzen kann und holt dann das Tablett, klappt die Beine aus und stellt es über meinen Schoss. "Danke ... Nein, ich glaube nicht. Ich brauche wohl immer erst einen Schlag ins Gesicht, bis ich zu mir komme. Danke, dass du das jedes mal für mich machst. Wobei es Jack auch schon getan hat. Ich bin wirklich froh, solche Freunde zu haben. Aber Crow? Lass uns morgen Martha besuchen, ja? Du bist zwei Jahre nicht hier gewesen und ich ... muss ich leider zu meiner Schande gestehen ... habe sie die letzten zwei Jahre auch nicht einmal besucht." Langsam kann ich wieder besser mit ihm reden, auch wenn es lange brauchen wird, bis meine gespaltene Seele wieder zuheilen kann. Ich bin wirklich unheimlich froh darüber, dass ich anscheinend immer einen Freund habe, der mich wachrüttelt. "Das ist selbstverständlich. Du bist schliesslich auch immer für mich da. Und jetzt iss. Ja wir sollten sie mal wieder besuchen, ich bin sicher, dass sie sich darüber freuen wird." Damit ist es beschlossene Sache. Mit einem Nicken bestätige ich noch einmal seine Worte und beginne dann langsam die Suppe auszulöffeln, die Crow mir hingestellt hat. Im Anschluss räumt er alles weg und ich lege mich zur Ruhe, will versuchen zu schlafen. Schliesslich muss ich das ganze doch irgendwie verarbeiten und das geht am besten, wenn ich mich erst mal ausschlafe. Crow lässt mich allein und ich rolle mich zusammen, schliesse meine Augen und seufze tief. Martha zu besuchen dürfte wirklich Zeit werden. Sie wird uns sicher einen Vortrag halten, aber das hab ich verdient. Dennoch freue ich mich im Moment gerade auf den morgigen Besuch. Es ist das erste mal seit zwei Jahren, dass ich mich überhaupt wieder auf etwas freuen kann. Bruno! Ich wünsche mir so sehr, dass ich dich wiedersehen könnte, aber ich weiss, dass das unmöglich ist. Ich werde versuchen nach vorne zu schauen und ich hoffe, dass es dir gut geht, wo auch immer du dich im Augenblick befinden magst. Meine Gedanken schweifen noch eine Weile ab, verschwimmen dann immer weiter zu bunten Bildern, von glücklichen Tagen, als wir uns in Mitten der Vorbereitungen für den Turbo Duell Grand Prix befunden haben. Dann gebe ich dem Gefühl der Schwere nach und lasse mich von der Erschöpfung überrollen. Kapitel 3: Begegnung -------------------- "Yusei? Bist du wach?" Eine Stimme erklingt auf dem Flur, begleitet von einem sachten Klopfen. Ich setze mich auf, da ich schon seit einer Weile wach gelegen habe. "Ja, ich bin wach. Du kannst gern reinkommen, Crow." Kaum hatte ich das ausgesprochen, geht auch schon die Tür auf und mein Freund kommt mit einem freundlichen Lächeln herein. "Guten Morgen! Ich hab Frühstück gemacht. Kommst du mit runter? Und im Anschluss fahren wir dann – wie abgesprochen – zu Martha. Ja?" Frühstück? Allein bei dem Gedanken zieht sich mein Magen zusammen, aber ich hab wohl keine Wahl. Crow wird mich nicht mit leerem Magen aus dem Haus lassen. Dass ich einmal kollabiert bin reicht ja eigentlich auch. Ich seufze hörbar und schlage die Decke zurück, um mich aus dem Bett zu schwingen. "Ist gut, machen wir das so. Ich will nur eben schnell duschen gehen. Irgendwie hab ich das Gefühl, dass ich das nötig habe." Ein verlegenes Lächeln huscht über meine Lippen, als sich unsere Blicke treffen und ich erhebe mich schliesslich aus dem Bett. "Okay dann geh mal duschen. Gehts mit deinem Kreislauf? Fühlst du dich besser?", fragte Crow mich nun wieder besorgt und schaute mich auch genau so an. "Ja, es geht mir besser. Danke. Dass ich mit dir darüber gesprochen habe und mich ausschlafen konnte, hat mir sehr geholfen. Mein Kreislauf? Der scheint in Ordnung zu sein. Mach dir nicht immer so viele Sorgen, Crow. Warte bitte einfach unten. Wenn ich fertig bin, komm ich runter", erwidere ich und lächle ihn nun etwas zuversichtlicher an, um ihm die Sorge zu nehmen. Ein Grinsen legt sich auf Crow's Lippen, als er mich betrachtet, dann klatscht er in die Hände, was mich kurz zusammenzucken lässt, da ich damit nicht gerechnet habe. "Ist gut. Ja du siehst auch besser aus, als gestern. Man muss dir nur mal ordentlich den Kopf waschen, dann funktionierst du auch wieder, mein Freund." Ein freudiges, kurzes Lachen schallt durch mein Zimmer und Crow klopft mir sanft auf die Schulter, ehe er mir einen Arm um die Schultern legt und mich kurz an sich drückt. Es tut gut ihn bei mir tu haben. Das habe ich nun begriffen. Ich wollte ihn wirklich nicht missen müssen. "Danke, dass du bei mir bist Crow." "Ach was, du bist mein Freund und ich helfe dir gern, wenn ich mal kann." "Du hast mir wirklich den Kopf gewaschen. Ich will versuchen mich an das zu halten, auch wenns schwer fällt." "Du machst das schon und wenn nicht ..." Er grinste nun noch breiter, liess mich wieder los und wedelt mit erhobener Faust vor meinem Gesicht herum. "... wenn nicht, dann prügle ich es notfalls in dich hinein." Wieder lacht er auf und ich kann nicht verhindern, dass sein fröhliches, ausgelassenes Wesen mich ein kleines bisschen ansteckt und ich zumindest weiter lächeln muss. Crow ist wirklich Balsam für meine geschundene Seele. Ich glaube, wenn ich noch länger allein geblieben wäre, hätte ich mich irgendwann komplett in mich verschanzt und wäre zu einem emotionslosen Roboter mutiert. Ich bin ihm wirklich dankbar dafür, dass er mich wachgerüttelt und meine Gefühle herausgeholt hat, die ich so lange versucht habe zu unterdrücken. "Du hörst dich schon fast an wie Jack", sage ich nun leicht grinsend und boxe ihm neckend gegen die Schulter. "Das liegt daran, dass Jack und ich beide ziemliche Hitzköpfe sind und wir uns schon früher mit den Fäusten arrangiert haben, wenn Worte nicht mehr ausreichend gewesen sind, um unseren Standpunkt zu vertreten." Mit einem verlegenen Grinsen reibt er sich den Nacken. "Es tut gut, dich lächeln zu sehen, Yusei. Jetzt aber ab unter die Dusche mit dir, sonst fällt Martha noch um, wenn sie dich riecht." Kichernd verliess er das Zimmer, ohne sich noch einmal umzusehen, liess mich leicht perplex zurück. Was denkt er sich dabei? So schlimm ist es nun auch wieder nicht! Allerdings mag ich seine neckende Art mich aufzuheitern sehr. Schnell geh zu meinem Schrank, hole mir frische Sachen heraus und ein Handtuch, ehe ich das Zimmer verlassen will. Doch etwas hält mich zurück. Ich friere im Türrahmen an Ort und Stelle ein und brauche einige Sekunden um mich wieder zu fassen. Langsam drehe ich mich um, lasse meinen Blick durch das Zimmer schweifen und bleibe erneut an dem Bild hängen. Meine Augen heften sich an Dir fest. Bruno! Du fehlst mir so sehr. Ich weiss nun aber, dass ich wohl nichts hätte tun können, um Dich umzustimmen. Ausserdem hat Crow recht und die ganze Stadt wäre nicht mehr, wenn Du das nicht getan hättest. Das ändert aber nichts an meiner Sehnsucht nach Dir. Du bist der einzige gewesen, der mit mir gleichziehen konnte. Ich vermisse dich so sehr, mein Freund. Mein Herz wird schwer und ich schlucke hart. Die Stimmung sackt wieder zu einem Tief und ich kann nichts dagegen machen. Dennoch beherrsche ich mich, lasse es nicht zu, dass mich die Trauer erneut überwältigt. Ich will nicht schon wieder einbrechen. Ich werde nun Martha besuchen gehen. Genau! Ein bisschen Ablenkung wird mir sicher gut tun. Wie gern würde ich Dich wieder sehen ... Ich kneife meine Augen zusammen und atme tief durch. Mein Herz pocht schmerzhaft gegen meine Rippen und den Knoten in meinen Eingeweiden kann ich auch nicht lösen. Dennoch wende ich mich nun ab, ohne Dich noch einmal anzusehen. Ich befürchte, dass ich der Gefühlsflut sonst nicht mehr standhalten kann. Schnell schliesse ich die Tür hinter mir und gehe den leeren Flur mit raschen Schritten entlang. Die Zimmer sind unbewohnt und die meiste Zeit ist es viel zu ruhig hier. Ich habe die Zimmer nicht verändert. Und Crow benutzt sein altes im Moment ja auch wieder. Er war wirklich überrascht gewesen deshalb, aber ich wollte die schönen Erinnerungen auf diese Weise einfach bewahren. Wobei es mir nicht möglich war, mein eigenes Zimmer zu betreten, bis mein Freund mich regelrecht dazu gezwungen hatte. Seufzend komme ich schliesslich im Bad an, ziehe mich schnell aus und lege meine benutzten Sachen in den Wäschekorb, ehe ich in die Dusche steige und das Wasser einschalte. Kur zucke ich zusammen, da es kalt ist, doch es erwärmt sich schnell und ich geniesse den warmen Regen auf meiner Haut. Ich schliesse die Augen und lass mir das Wasser ins Gesicht laufen. Es fühlt sich so an, als würde es meinen Knoten lösen und meine Gefühle wieder ordnen. Fast so als wolle es alles schlechte in mir heraus spülen und mich davon befreien. Ich weiss, dass es noch lange dauern wird, bis ich wieder wirklich ausgelassen sein kann, aber ich will versuchen nach vorne zu schauen. Crow ist mir dabei eine wirkliche Hilfe, da er ähnliches durchlebt hat und weiss wie es ist einen wichtigen Menschen zu verlieren. Ich dusche mich fertig und verlasse das Bad, nachdem ich mich abgetrocknet und angekleidet habe. Erfrischt gehe ich nach unten, wo Crow schon auf mich wartet und den Tisch gedeckt hat. Frische Brötchen und eine beträchtliche Auswahl an Belag zieren den Tisch, dazu gibt es noch Milch. Lächelnd begrüsst er mich erneut und deutet mir an mich zu setzen, was ich auch gleich tue. "Und wieder frisch?", fragt er mich gleich und hält mir den Brötchenkorb hin. "Ja, in vielerlei Hinsicht. Zumindest fühlt sich mein Geist auch erfrischt an. So eine Dusche kann echt Wunder bewirken. Danke ...", antworte ich ihm und nehme mir ein Brötchen. "Da könntest du recht haben. Manchmal hilft es wirklich sich innerlich zu befreien. Kann auch an dem Wasser liegen, es hat doch etwas reinigendes und das nicht nur äusserlich." Seine Worte überraschen mich und ich halte inne, obwohl ich gerade mein Brötchen aufschneiden will. "Du wirst ja richtig sentimental. Anscheinend bist du eine kleine Wundertüte. Denn jedenfalls, hab ich so eine Aussage nicht von dir erwartet. Danke Crow. Ich bin wirklich froh, dass ich im Moment nicht mehr alleine bin." "Ach was ...", sagt er verlegen und reibt sich wie immer den Nacken dabei. "Ich weiss auch nicht. Ich hab eben viel gelernt in den zwei Jahren. Da schnappt so einiges auf." Grinsend macht er sich nun selbst über sein Brötchen her und ich tue es ihm gleich. In Gesellschaft fällt das Essen echt leichter und ich denke nicht einmal darüber nach, ob ich überhaupt was essen will, oder nicht, sondern tue es einfach. Nach dem Frühstück helfe ich Crow noch die Sachen wieder wegzuräumen und das benutzte Geschirr abzuwaschen. Mich wundert es ohnehin, dass er das einfach tut, als wäre es eine Selbstverständlichkeit, dabei ist er doch eigentlich mein Gast. Jedoch weiss ich, dass es keinen Sinn macht ihn darauf anzusprechen. Er würde mir nur wieder widersprechen und darauf bestehen. Deshalb ziehe ich es vor zu schweigen. Als wir den Abwasch erledigt haben, klopft mir Crow wieder auf die Schulter und grinst mich an. "Na bereit?" "Ehm ... ja schon. Komm lass uns gehen. Sie wird sich sicher freuen uns wiederzusehen. Vor allem denke ich, dass die Kinder gross geworden sind und dich überfallen werden." Nun muss ich auch grinsen bei der Vorstellung, denn ich weiss wie sehr die Kinder an Crow hängen und dass sie sich unheimlich freuen werden ihn zu sehen. "Da hast du recht. Ich freue mich auch sie wieder zu sehen." Er lächelt und gemeinsam verlassen wir die Wohnung, gehen nach unten in die Werkstatt und steigen auf unsere Fahrzeuge. Es tut gut den Wind zu spüren, er bläst meine Gedanken weg. Wenn ich auf dem D-Wheel sitze und mich der Geschwindigkeit hingebe, kann ich mich völlig entspannen und meine Sorgen – zumindest für eine Weile – vergessen. Es dauert auch nicht lange, da kommen wir in Satellite an und halten vor der kleinen Hütte, die etwas abgelegen vom Rest des Stadtteils liegt. Wir stellen die Fahrzeuge ab und kommen gar nicht dazu uns der Hütte zu näheren, als wir schon von einem Haufen Kinder umzingelt sind. "Crow! Yusei! Schön euch zu sehen. Wie gehts euch? Was habt ihr die ganze Zeit gemacht? Martha hat sich schon Sorgen gemacht. Sie wird sich freuen euch zu sehen. Kommt doch mit rein." Sie reden völlig durcheinander, wir kommen gar nicht dazu alles zu verstehen, oder ihnen zu antworten. Ein Teil der Kinder stürzt sich schliesslich auf Crow und zwar so fest, dass es ihn glatt umhaut. Lachend drückt er die Rasselbande an sich und tollt noch etwas mit ihnen herum, ehe die Kinder wieder von ihm ablassen und ihn endlich wieder aufstehen lassen. Für diesen Zweck reiche ich ihm meine Hand und ziehe ihn auf die Füsse. "Danke Yusei", grinst er mich an. "Hey Kinder! Ihr seid zwar gross geworden, aber immer noch genau so übermütig wie eh und je. Ich freue mich ja auch euch zu sehen", redet er weiter, diesmal an die Kinder gewandt. "Crow! Wir haben dich vermisst! Du siehst erwachsen aus. Auch wenn du nicht gewachsen bist. Bald kann ich dir über dich drüber schauen." Ich verstand nicht welches der Kinder was gesagt hat, aber es bewirkte, dass ich doch grinsen musste und Crow ein gespielt mürrisches Gesicht machte. "Na warte ... Ich mach dich einfach einen Kopf kürzer, was hälst du davon?" Kichernd rennen die Kinder vor ihm weg, während mein Freund versucht sie einzufangen. "Was macht ihr denn wieder für einen Lärm?" Martha erscheint in der Tür und stemmt die Hände die Hüfte, da sie glaubt, die Kinder würden wieder Unfug machen. Als ihre Stimme über das Gelände hallte, zuckten die Kinder kurz zusammen, hörten auf herumzurennen und packten sowohl Crow, als auch mich an den Händen, um uns zum Haus zu ziehen. "Ihr seid wirklich verdammt gross geworden," sagt Crow bewundernd und wuschelt einem nach dem anderen durch die Haare, während er unaufhörlich grinst. Ich sehe ihm an, dass er glücklich ist und ich kann es auch verstehen, da ihm die Kinder schon immer viel bedeutet haben. "Wir machen keinen Unfug. Martha! Schau mal wen wir gefunden haben", rufen sie strahlend und zerren uns dabei zur Tür. "Crow! Yusei!" Sie ist erfreut uns zu sehen, sie strahlt über das ganze Gesicht und die Überraschung zeigt sich deutlich in den Falten auf ihrer Stirn. "Hallo Martha. Lange nicht gesehen. Tut mir leid, dass ich nicht vorbeigekommen bin. Ich hoffe dir geht es gut", melde ich mich zu Wort und lächele sie dabei etwas entschuldigend an. "Ja von mir auch "Hallo". Ich bin für eine Weile wieder in der Stadt und da hielt ich es für eine gute Idee vorbeizukommen", grinste Crow. Martha sagt nichts, jedenfalls noch nicht. Sie schliesst – nachdem die Kinder uns losgelassen haben – uns beide fest in ihre Arme. Wobei sie uns dabei auch aneinander drückt. "Ihr Jungs! Ich freue mich wirklich euch zu sehen. Wie mir scheint, geht es euch gut. Was bin ich froh. Doch kommt erst mal mit rein. Wir wollen ja nicht hier draussen Wurzeln schlagen, oder?" Lächelnd lässt sie uns los und macht einen Schritt bei Seite, um uns reinzulassen. Ich folge Crow, der vorausgegangen ist und wir begeben uns in die Küche, wo wir uns auf einem Stuhl niederlassen. "Hallo Jungs!", begrüsst uns eine Stimme. "Hallo Doktor Schmitt", rufen wir im Chor, sehen uns dann an und müssen dann lachen. Crow hat es tatsächlich geschafft mich zum Lachen zu bringen. Es fühlt sich seltsam an, aber auch irgendwie befreiend. Ein Gefühl, was ich seit zwei Jahren nicht mehr zugelassen habe ... ehrliche Freude! "Doktor? Ist er wach?", fragt Martha nachdem sie die Küche betreten hat. Verwirrt sehe ich sie an. Wer ist wach? "Ja, er ist wach und er fühlt sich besser. Ich hab ihm erlaubt aufzustehen, um seinen Kreislauf wieder in Schwung zu bringen. Aber er soll sich noch schonen. Ich denke allerdings, dass er am Mittagessen teilnehmen kann, wenn er das will. Falls ihm der Trubel nicht zu viel wird." "Ich verstehe. Das ist gut, dass er wieder fit wird. Auch wenn wir nicht ganz wissen, weshalb er zusammengebrochen ist." "Ehm Martha wer-?", beginnt Crow, doch angesprochene hält eine Hand hoch, um ihn zum Schweigen zu bringen. In meinem Kopf herrscht die selbe Frage, allerdings halte ich mich zurück und will versuchen nicht zu neugierig zu wirken. Es klingt zumindest so, als hätten sie einen Patienten, den sie aufgegabelt haben und nun wieder aufgepäppelt haben. "Gleich Crow", sagte Martha und kam aber zu mir, weshalb ich sie verwirrt anschaute. "Yusei? Es ist jemand, der dich unbedingt wiedersehen möchte und ich glaube, dass auch du ihn gerne wiedersehen würdest." Ein Schauer läuft durch meinen Körper bei ihren Worten und mein Herzschlag erhöht sich spürbar. Jemand der mich unbedingt wiedersehen will? Jemand, den ich auch zu gern wiedersehen würde? Das ist unmöglich! Ich kneife kurz meine Augen zusammen und versuche meine innere Ruhe wieder zu finden. Dennoch frage ich mich, wer die Person sein kann. "Was ist passiert? Wieso ist er denn hier? Und wer ist es?", frage ich nun doch, da es mich wirklich brennend interessiert. "Doktor Schmitt fand ihn am Strand, als er bewusstlos wurde, brachte er ihn hier her. Doch anscheinend geht es ihm nun besser. Wer es ist? Das solltest du lieber selbst nachsehen." Diese Geheimniskrämerei passt gar nicht zu Martha und verwirrt mich nur noch mehr. Crow bleibt erstaunlich ruhig und sagt nichts. Er schaut nur mit grossen Augen unsere Ziehmutter an, genauso wie ich. "Gut okay. Wo ist er?", frage ich nun. "Er ist im Krankenzimmer. Du weisst wo es ist", gibt sie mir zur Antwort und lächelt mich an. "Hey kann ich mit, ich will es auch wissen!", ruft Crow etwas ungehalten und springt von seinem Platz auf. Martha stemmt die Hände in die Hüfte und blickt ihn gefährlich an. "Nein! Yusei geht allein. Ich glaube es ist für beide Seiten besser, wenn sie erst ein paar Minuten alleine haben." Crow war zusammengezuckt bei der forschen Art, versteht aber wohl, was sie meint und setzt sich wieder. "Yusei? Lass dich nicht zu sehr einnehmen." Er grinst mich an und klopft mir neckend gegen die Schulter, als ich mich erhebe. "Bestimmt nicht. Ich bin sicher gleich wieder da." Wer kann das nur sein, der mich so unbedingt wiedersehen will? Der mich alleine wiedersehen will? Wieso ist es besser, wenn wir uns allein begegnen? Was wäre so schlimm dabei gewesen, wenn Crow mitgekommen wäre? Verwirrt zermarter ich mir das Hirn, während ich den Flur durch das Haus entlang schreite und vor dem Krankenzimmer zum stehen komme. Etwas unschlüssig hebe ich eine Hand, um zu klopfen, aber ich zögere. Warum zögere ich? Ein Ausruf, aus der Küche, lässt mich herumfahren. Was ist denn jetzt los? Hat Martha Crow gesagt, wer sich im Krankenzimmer befindet? Aber wieso sollte Crow dann so schockiert reagieren? Immer noch unschlüssig, wende ich mich schliesslich der Tür zu, hebe erneut die Hand und klopfe sachte. "Herein?!", höre ich die prompte Antwort auf mein Klopfen. Diese Stimme ... ich habe sie schon einmal gehört ... Langsam greife ich nach der Türklinke und drücke sie hinunter, ehe ich die Tür vorsichtig öffne und einen Blick in das Zimmer werfen kann. Dort steht ein Bett, doch es ist leer. Ein Stuhl und ein Tisch sind auch noch da, das Fenster ist offen. Ich lasse meine Augen durch den Raum schweifen, nachdem ich hineingetreten bin und die Tür hinter mir geschlossen habe. Dann entdecke ich die Person, die mein Herz für einen Augenblick zum Stillstehen bringt. Das kann nicht sein! Das ist unmöglich! Du! Die Person steht mit dem Rücken zu mir und blickt aus dem Fenster. "Was gibts? Ich fühle mich wirklich besser und bin unheimlich dankbar für eure Gastfreundschaft." Er sieht mich nicht und glaubt wohl, dass ich Martha bin. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Der Klang seiner Stimme hallt in meinem Kopf wieder. Wie kann das sein? Bist das wirklich Du? Wie kommst Du hier her? Ich will dich so viel Fragen, doch mein Körper gehorcht mir nicht. Keinen Millimeter kann ich mich bewegen. Spüre die Enge meiner Brust und habe das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. "Bist ... du wirklich hier? ... B-Bruno?" Meine Stimme zittert und ist leise, ich balle meine Hände zu Fäusten, da auch sie unkontrolliert zu zittern anfingen. Deine Frisur ist anders ... Du siehst aus wie bei unserem letzten Duell ... <<<<< >>>>> Ich schlage meine Augen auf und blicke an eine weisse Decke. Wie lange habe ich geschlafen? "Schön dass du wach bist. Wie fühlst du dich?" "Besser, danke Doktor." Mit einem Lächeln setzte ich mich auf und sehe, dass mich auch der Doktor anlächelt. "Das ist wirklich schön, du bist auch nicht mehr so blass wie gestern. Komm ich untersuche dich noch mal kurz und dann kannst du wahrscheinlich schon wieder aufstehen." Ich nicke leicht und lass mir sowohl Puls, als auch Blutdruck messen, lasse mir in Rachen und Ohren schauen und meine Atmung abhören. "Das sieht alles sehr gut aus, dein Kreislauf scheint wieder stabil zu sein. Du solltest dennoch langsam machen. Du hast dich gut ausgeschlafen oder? Der Morgen ist jedenfalls fast vorbei und Martha hat angefangen das Mittagsessen vorzubereiten. Wenn du willst, kannst du dich nachher zu uns an den Tisch setzen. Doch jetzt kannst du erst mal aufstehen und vielleicht duschen, falls du das möchtest. Deine Kleider hat Martha auch bereits gewaschen, sie liegen hier." Er redet ganz schön viel für meinen noch müden Geist, aber ich lächle trotzdem. "Danke das ist wirklich freundlich von Ihnen. Ich würde unheimlich gerne duschen, wenn das möglich ist. Mittagessen? Mal sehen, ich werde es mir überlegen." "Okay, dann lass ich dich jetzt mal wieder allein. Ach ja das Bad ist den Flur runter und dann die letzte Tür hinten links, dort findest du alles, was du brauchst. Doch zuvor ..." Er lächelt immer noch und kommt zu mir, nimmt mir die Infusionsnadel aus meinem Arm. "... nehme ich dir das noch ab. Das wäre nur hinderlich und ich glaube du brauchst es auch nicht mehr. Ich freue mich immer, wenn sich meine Patienten erholen und ich helfen konnte." "Danke Doktor. Wirklich für alles." Sie hatten mir ein Shirt und auch eine lockere Jogginghose geliehen. Doch jetzt stehe ich auf und stelle fest, dass mir nur für einen kleinen Augenblick schwarz wird, mein Herz in diesem Moment sehr schnell gegen meine Rippen pocht und mein Kreislauf wieder in Schwung kommt. Der Doktor verlässt das Zimmer, nachdem er sich vergewissert hat, dass ich nicht umkippen werde. Ich nehme meine Sachen und gehe zum Bad. Es ist kein Problem es zu finden, dennoch fühle ich mich etwas seltsam bei der Sache. Da ich hier doch fremd bin. Wobei eigentlich weniger. Schliesslich weiss Martha wer ich bin. Wie gern würde ich Dich sehen ... Yusei! Die Dusche tut wirklich unheimlich gut. Ich denke viel dabei und spüre die wachsende Sehnsucht zurück in die Stadt zu gehen und Dich wieder zu sehen. Ich will nicht, dass Du Dir Vorwürfe machst. Es ist ganz und gar nicht Deine Schuld. Es war mein eigener Wunsch. Auch wenn ich nicht weiss, wie es mir möglich war zurückzukehren und noch am Leben zu sein. So weiss ich, wenn ich die Wahl hätte, zwischen diesem Leben und meinem früheren Leben, als Antinomy ... dass ich dieses hier bevorzugen würde. Denn hier habe ich Dich! Du bist wie meine verwandte Seele. Nie hab ich jemanden getroffen, mit dem ich so intensiv auf der selben Welle schwimmen konnte. Wenn es mir jetzt wieder gut geht, dann ... dann kann ich doch sicher zu Dir gehen! Wenn ich nur nicht solche Angst vor Deiner Reaktion hätte ... Langsam verlasse ich die Dusche wieder, trockne mich ab und ziehe mich wieder an. Ich fühle mich erfrischt und um einiges besser, doch meine zwiegespaltenen Gedanken bleiben. Du hast Martha in den letzten zwei Jahren nicht besucht! Wieso solltest Du sie ausgerechnet jetzt besuchen? Es besteht wohl keine Gefahr, dass ich Dir hier begegnen werde, also habe ich wohl noch etwas Zeit mit mir selbst ins Reine zu kommen. Auf der einen Seite will ich Dich unbedingt sehen, auf der anderen Seite habe ich Angst davor Dir zu begegnen. Ich gehe zurück in das Zimmer, welches man mir zur Verfügung gestellt hat und stehe etwas unschlüssig im Raum. Ich höre Geräusche von ausserhalb meines Zimmers und viel wirres Gerede. Vor allem durcheinander, was es mir nicht möglich macht herauszuhören, wer sich da unterhält und wieso alle so aufgeregt sind. Aber eigentlich interessiert es mich auch nicht, denn es geht mich auch nichts an. Seufzend wende ich mich dem Fenster zu und öffne es, ziehe die frische Luft von draussen ein und grüble vor mich hin. Ein Geräusch lässt mich kurz zusammenzucken und reisst mich aus meinen Gedanken. "Herein?!", rufe ich etwas verwirrt, aber ohne mich umzudrehen. Wieso klopfen? Sonst kommen sie auch einfach rein ... Ich höre die Tür, doch niemand sagt etwas. Sie schliesst sich wieder und ich frage mich, ob überhaupt jemand hereingekommen ist, da ich keine Schritte hören kann. "Was gibts? Ich fühle mich wirklich besser und bin unheimlich dankbar für eure Gastfreundschaft", sage ich einfach vor mich hin, da ich glaube, dass es Martha ist, die vielleicht nach mir sehen möchte, weil der Doktor mich ja noch einmal durchgecheckt hat. Ein langes Schweigen erfüllt die Luft und ich glaube langsam, dass wirklich niemand hereingekommen ist. Doch dann höre ich eine zitternde Stimme, die mein Herz einen Schlag aussetzen lässt. Ist das möglich? Wieso? Wieso bist Du hier? Ausgerechnet jetzt ... Langsam löse ich mich von dem Fenster und spüre wie mein Herz mir bis zum Hals schlägt. Ich bin so aufgeregt, dass meine Handflächen feucht werden und mein Körper unbeschreibliche Mengen Adrenalin freisetzt. Vorsichtig drehe ich mich um und lasse meine Augen zunächst auf den Boden gerichtet, ehe mein Blick von Deinen Stiefeln langsam nach oben wandert und schliesslich auf deine saphirblauen Kristalle trifft. "Yu-sei~" Mehr bekomme ich gerade nicht heraus, da mir mein wild klopfendes Herz die Luft zum Atmen nimmt. Wieso musstest Du so einfach herkommen? Mich so unvorbereitet treffen? Ich wollte das doch langsam planen, wie ich Dir wieder unter die Augen treten kann ... Ich kann sehen, dass sich Deine Augen mit Tränen füllen. Lass das! Du steckst mich an! Unfähig mich zu bewegen starre ich Dich unaufhörlich an. Ich bin so froh dich wieder zu sehen. Doch wie sage ich dir das am besten? Eine plötzliche Bewegung, lässt meinen Blick kurz verschwimmen und ich blinzle, doch im nächsten Moment, als sich meine Lider wieder öffnen, spüre ich Deine Arme um meinen Körper, wie Du mich festhältst und Dich regelrecht an mich drückst. Deine Gefühle scheinen auch mit Dir durchzugehen ... Jedenfalls kann ich hören, wie Du weinst. Behutsam und wie von selbst, heben sich meine Arme und legen sich sanft um Deinen Rücken, um Dich ebenso festzuhalten und an mich zu drücken. Ich will dir so viel sagen, doch das hat Zeit, bis sich unsere Gemüter wieder beruhigt haben. Ich hab Dich vermisst! Wir stehen einfach nur so da, sagen nichts. Alles ist ruhig, bis auf das stetige, leise Schluchzen von uns beiden. Denn auch ich konnte meine Gefühle nicht mehr kontrollieren, lege meinen Kopf seitlich auf Deinen und lasse meinen Emotionen freien Lauf. Ich geniesse den Moment der Wiedersehensfreude! Kapitel 4: Achterbahnfahrt -------------------------- Ich weiss nicht mehr wie lange wir so dastanden und uns einfach nur festhielten. Du hast mich wohl genauso vermisst wie ich dich, was? Langsam beruhigt sich mein Puls wieder und auch die Tränen versiegen allmählich, so dass ich mich etwas von Dir löse und dich mit einem freudigen Lächeln ansehe. Ich will was sagen, aber meine Kehle ist wie zugeschnürt, so dass es mir nicht möglich ist auch nur einen Ton über meine Lippen zu bringen. "Bruno~", hauchst Du leise und siehst mich dabei mit immer noch nassen Augen an. "Was machst du hier? Wieso bist du hier? Wo ... wo warst du die letzten zwei Jahre?" Auf einmal sprudeln alle Fragen einfach aus Dir heraus. Anscheinend hast Du sie ziemlich lange zurückgehalten. Verübeln kann ich Dir das nicht, denn auch ich hätte gern Antworten auf diese Fragen. Meine Lippen öffnen sich, um zu antworten, aber vergebens. Kein Laut kommt aus meiner Kehle. Verzweifelt schliesse ich sie wieder und räuspere mich kurz, während meine Arme immer noch um Deinen Körper liegen und Dich festhalten. Irgendwie habe ich Angst, dass ich das alles nur träume und wenn ich dich loslasse, wieder in der unendlichen Finsternis aufwache, aus der es kein Entkommen gibt. Erneut öffnen sich meine Lippen zu einem Sprechversuch und diesmal klappt es sogar, auch wenn sich meine Stimme noch etwas heisser anhört. "Ich weiss es nicht. Ich war ... in diesem schwarzen Loch. Doch irgendwie kam ich wieder zu mir. Es war endlos finster dort und ich spürte meinen Körper nicht, noch wusste ich, ob ich überhaupt noch existierte. Dann wurde ich auf einmal von einem gleissenden, weissen Licht durchflutet, was mir das ganze Gefühl meines Körpers zurückgab und ein unbeschreiblicher Schmerz mir die Sinne raubte, dass ich bewusstlos wurde ... Als ich wieder zu mir kam, lag ich am Strand von Satellite und wurde zufällig von Dr. Schmitt gefunden. Er nahm mich mit, da ich ziemlich orientierungslos und wackelig war. Zusammen mit Martha päppelte er mich wieder auf und ... naja hier bin ich nun ..." Ich bin überrascht wie leicht es mir fällt Dir das zu erzählen. Ganz ohne einzubrechen und mich in meiner Furcht vor der Finsternis wieder zu verlieren. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich einfach so glücklich bin, dass ich noch lebe und vor allem, dass ich Dich wieder sehen kann. Du siehst mich an wobei deine kristallartigen Seelenspiegel Entsetzen zeigen und gleichzeitig Schuld. "Bruno ... ich wusste nicht ... Ich ... es tut mir so leid. Ich wollte ... ich hätte dich retten können." Deine Stimme bricht, während Du redest und Du bekommst kaum einen vernünftigen Satz zu Stande. Wieder sammeln sich Tränen in Deinen Augen und ich lege Dir meine Hände auf die Wangen, wische sanft mit den Daumen unter Deinen Augen entlang und lächle Dich immer noch an. "Nicht! Es ist nicht deine Schuld gewesen. Es war mein eigener Wunsch. Wenn ich dich nicht gerettet hätte, dann wär wohl die ganze Stadt verloren gewesen. Du hast dir die letzten zwei Jahre die ganze Zeit die Schuld gegeben, oder? Abgesehen davon, dass ich mich unheimlich freue dich zu sehen Yusei, siehst du aus, als hättest du seit Tagen weder geschlafen, noch gegessen ..." Nun schaue ich Dich besorgt an und lasse meine Hände sinken. Dein Blick geh zu Boden und Du wirkst getroffen sowie verlegen. Unruhig knetest Du Deine Hände vor Deinem Körper und scheinst nach einer Antwort zu suchen. Ich hoffe dass Du mich nicht anlügen wirst, denn das würde ich ohnehin bemerken. Du warst nie ein guter Lügner und ich bezweifle stark, dass sich das in der letzten Zeit geändert hat. Langsam hebst Du den Kopf wieder und siehst mich an. Die Schuldgefühle spiegeln sich noch immer in deinen reinen saphirblauen Kristallen, die mich schon immer an Dir fasziniert haben. "Du hast recht ... Ich konnte einfach nicht damit leben, dass ich dich verloren hatte. Nie hatte ich einen Freund wie dich. Wir haben so viel gemeinsam und wir haben so viel zusammen erreicht. Und dann ... dann sehe ich, dass du eigentlich ... mein Feind sein müsstest. Du provozierst mich, bis ich mich wirklich mit ganzer Kraft gegen dich stelle ... und dann ... Dann bist du weg und ich wusste am Ende, dass du mich nur provozieren wolltest, weil du wusstest, dass ich mich sonst niemals ernsthaft mit dir duelliert hätte. Aber ... wieso um alles in der Welt hast du nie gesagt, dass du der Duellant bist, der mir die Schnellsynchro beigebracht hat? Wieso warst weiterhin nur unser Mechaniker? Selbst als die Duelldroiden aufgetaucht waren, da hast du mich gerettet und dich selbst gegen Primo gestellt, bis ich endlich den klaren Geist gefunden hatte. Wieso hast du mir nicht gesagt, dass du es warst? Ich finde deine Fähigkeiten wirklich beeindruckend ... Ehm ... entschuldige ... Du bist Bruno für mich. Das warst du immer, auch wenn ich ... deinen richtigen Namen kenne ..." Du redest wie ein Wasserfall und ich höre wie sich deine Stimme fast schon überschlägt, da Du allem Anschein nach völlig überfordert bist, mit der Situation, dass ich wieder da bin, nachdem ich einfach verschwunden war, aber dennoch war es meine Entscheidung gewesen. Ich hatte so viel Leid erlebt und wollte es Dir einfach ermöglichen aus dieser Welt einen besseren Ort zu machen. Wenn ich es recht bedenke, ist Dir das sogar gelungen. Deine Fragen überfordern mich und ich brauche eine Weile um deine Worte sacken zu lassen und mir der gesamten Tragweite bewusst zu werden. So lange ist es still zwischen uns und wir sehen uns einfach nur an. Ein Seufzen verlässt meine Lippen, verklingt schnell in dem kleinen Zimmer, dann hole ich tief Luft und fixiere erneut Deine Augen, da ich Dich gern dabei ansehen will. "Das ist alles korrekt. Ich habe dich provoziert, weil ich wusste, dass du dich sonst niemals mit mir ernsthaft duelliert hättest. Nicht nachdem du wusstest wer ich bin. Wieso ich es dir nicht gesagt habe? Ich hatte eine Mission ... Zone gab mir diese Mission, doch löschte er mein Gedächtnis, so dass ich mich nicht mehr an mein Leben als Antinomy erinnern konnte. Meine Mission war es dich zu schützen, koste es was es wolle, dir beizubringen dich gegen die Yliaster und somit Aporia zu wehren. Ich weiss auch wieso er das tat ... Weil er selbst die Hoffnung dieser Welt noch nicht aufgegeben hatte. Er glaubte daran, dass die Menschen sich verändern können und wollte beiden Seiten die gleiche Chance geben. Du hast ihn wohl davon überzeugt, dass seine Hoffnung nicht vergebens war, dafür muss ich dir danken. Jetzt habe ich all meine Erinnerungen wieder und ich habe einiges mit Zone, Aporia und Paradox zusammen durchgemacht. Aber es war meistens nur trübsinnig und traurig. Als ich zu dir ... zu euch ... zu Team 5Ds in die Werkstatt kam und du mich aufgenommen hast, da erfuhr ich richtige Freude und auch wenn ich mich nicht an meine Vergangenheit erinnern konnte, war mir irgendwie bewusst, dass ich so etwas noch nie erlebt hatte. Als wir dann gegeneinander antreten mussten, bekam ich all meine Erinnerungen zurück und wusste was meine Aufgabe war. Auch wenn ich das eigentlich nicht tun wollte. Das Duell diente nur dem Zweck deine Stärke über die Grenzen hinauszutreiben und deinen Horizont zu erweitern. Ich wollte dir niemals schaden Yusei. Denn auch wenn ich mit Zone ein besonderes Band teilte, es war das Band des Leids, des gemeinsamen Schicksals, so spürte ich ein stärkeres Band in deiner Nähe. Das Band der tiefen Freundschaft ... und als du mir sagtest, dass ich trotzdem noch dein Freund sei, da hast du mich so glücklich gemacht, dass ich dich einfach aus dem schwarzen Loch schieben musste. Ich wusste du würdest die Welt retten und wie ich sehe ... habe ich recht behalten." Mehrmals hole ich Luft, da meine Rede doch ziemlich lang ist, aber ich will versuchen Dir alles so zu erklären, dass Du in der Lage bist meine Beweggründe nachzuvollziehen. Ich weiss, dass Du nicht dumm bist und dass Du durchaus das logische Auffassungsvermögen hast, um zu verstehen wie ich mich gefühlt hatte und wieso ich so handeln musste. Wieder legt sich eine erdrückende Stille zwischen uns ich kann dabei das Ticken der Uhr hören, was wie ein Dröhnen in meinem Kopf widerhallt. Während Du schweigst, wächst meine Nervosität, ich ertrage das kaum noch und will Dich gern dazu animieren was zu sagen. Ich hoffe so sehr, dass Du mich verstehst. Aber ich wage es nicht die Stille zu unterbrechen, da ich lange genug geredet hatte. Allerdings spüre ich wie sich mein Herzschlag erhöht und mein auch Atem beschleunigt sich. Du folterst mich Yusei! Wieso schweigst Du so lange? Was überlegst Du denn so lange? War meine Schilderung denn nicht klar? Ich verfalle schon fast dem Wahnsinn und bin kurz davor einfach loszuschreien, um den weitere steigenden Druck in meinem Inneren zu lindern, als sich endlich deine Lippen bewegen. Unaufhörlich und fast schon undefinierbar ruhen Deine blauen Kristalle auf meinen Augen. Du blinzelst nicht einmal dabei, ich halte den Atem an, bin gespannt was du zu sagen hast. "Ich hatte keine Ahnung ... Du bist ein wahnsinnig guter Schauspieler, dass du dieses Talent und vor allem diese Identität vor allen verbergen konntest ... Aber ich ... ich verstehe wieso du das getan hast und ich glaube ich hätte an deiner Stelle ganz genauso gehandelt. Natürlich bist du mein Freund! Du warst von Anfang an mein Freund. Ich hab noch nie eine solche Welle der Sympathie gespürt, wie zwischen uns. Es war als hätte es auf Anhieb einfach gefunkt, wir schwammen zusammen und in gleichen Zügen. Es passte einfach alles ... aber genau deshalb konnte ich einfach nicht akzeptieren, dass du für immer fort sein solltest. Ich wollte es auch gar nicht akzeptieren ... Wäre Crow nicht aufgetaucht ... ich weiss nicht ... Ich glaube ich wär irgendwann krepiert ... Aber du kennst ihn ja. Er hat mich fast schon geröntgt, da ich nichts gesagt habe, aber er hat es gewusst und dann fing er an mich zu bemuttern ..." Zuerst wirkst Du bedrückt und am Ende wirst Du doch leicht verlegen, so dass sich ein leichter rosa Schleier auf deine so blassen Wangen legt und Dir endlich einen Hauch von Farbe ins Gesicht treibt. Du lächelst und ich erwidere es, da ich es mir sehr gut bildlich vorstellen kann, wie Crow sich um Dich sorgt und Dich bemuttert. "Irgendwie kann ich mir das nur zu gut vorstellen. Aber ich bin froh, dass er es getan hat. Ich wollte dich nämlich schon gern wiedersehen und nicht als Wrack oder gar als Leiche ..." Ein eiskalter Schauer läuft mir bei der Vorstellung den Rücken hinab und ich schüttle mich kurz. "Nein, das wär wohl wirklich nicht so gut gewesen. Jetzt im Nachhinein bin ich froh, dass mich Crow hier her geschleppt hat ... Denn eigentlich wollte ich nicht gehen." "Du wolltest nicht? Naja ich habe lange überlegt, wie ich es anstelle dir wieder unter die Augen zu treten, aber das hat sich nun erledigt, da du ja aus heiterem Himmel einfach hergekommen bist." Wir grinsen uns nun gegenseitig an und unser Gespräch geht auch noch ein bisschen weiter, bis wir schliesslich wieder an dem Punkt sind, an dem wir unsere alte Ausgelassenheit zurückerlangt haben und uns sogar richtig amüsieren. Es tut so gut Dich zu sehen, mit dir herumzualbern und in Deiner Nähe zu sein. Ich habe Dich so sehr vermisst, Yusei! Wie gern würde ich dir sagen welches Ausmass meine Gefühle für Dich wirklich haben und wie sehr ich Dich wirklich vermisst habe, aber ich kann nicht. Ich habe Angst, dass Du mich dann nicht mehr an Deiner Seite haben willst. Dass ich dann nicht mehr Dein Freund sein kann. Auch wenn ich weiss, dass diese Gedanken eigentlich mehr als absurd sind, denn Dein Gesichtsausdruck, als Du mich gesehen hast, hat alles offenbart. Eigentlich bin ich mir sicher, dass Du mich genauso vermisst hast und nicht nur wegen deiner Schuldgefühle. Weil ich Dein Freund bin und weil Du mich gern um Dich hast. <<<<< >>>>> Für mich ist es einfach überwältigend Dich wiederzusehen. Ich fühle mich wie in einem Traum und kann es noch gar nicht richtig glauben, dass Du wirklich vor mir stehst. Viel zu lange habe ich auf diesen Moment gewartet und doch keine Hoffnung gehabt, dass es jemals passieren wird. Ich hab Dich so so vermisst Bruno! Bitte lass das kein Traum sein! Ich will nicht aufwachen und feststellen, dass Du gar nicht da bist, das würde meine geschundene Seele nicht überleben. Zu lange habe ich mich gequält und nach Dir gesehnt, jetzt endlich kann ich Dich ansehen, deine Stimme hören und deinen Körper berühren, dich umarmen und die Wärme wahrnehmen, die du ausstrahlst. Ich habe mich einfach von meinen Gefühlen mitreissen lassen, sie waren zu stark. Normalerweise lasse ich mich nicht so gehen, aber wenn man so lange auf etwas wartet, dass einem das Herz zerspringt vor Sehnsucht und man es dann plötzlich vor der Nase hat, dann bricht jede Mauer. Ich kann einfach nicht anders. Ich freue mich so wahnsinnig Dich zu sehen und falls dies doch nur ein Traum sein soll, dann bitte lass mich nie mehr aufwachen. Meine Gefühle schwappen über, vermischen sich und bald kann ich nicht mehr definieren was genau ich eigentlich empfinde. Freude ... Euphorie ... Erleichterung ... Sorge ... Trauer ... Schuld ... Doch ist da noch etwas anderes ... Etwas, das mich so eng mit dir verbindet, wie ich es niemals für möglich gehalten habe, dass ich jemals eine Bindung zu jemandem aufbauen könnte. Mein Herz schlägt so schnell, dass mir schwindelig wird, während ich dem Klang Deiner Stimme lausche und mich fast schon betören lasse. Es ist einfach viel zu lange her, seitdem ich Dir das letzte mal zuhören konnte. Wie sanft und fröhlich sie doch klingt, wie eine Melodie die meine Seele berührt. Deine freundlichen blau-grauen Augen, die so viele Emotionen widerspiegeln, dass ich kaum in der Lage bin auch nur eine davon herauszulesen. Es tut so unendlich gut sich mit Dir zu unterhalten, mit Dir herumzualbern und fast ist es, als wären die letzten zwei Jahre nie passiert. Aber ich weiss, dass es mir nicht möglich ist diese Zeit einfach zu vergessen, da ich zu sehr gelitten habe. Allerdings kann ich mir nicht mal im entferntesten vorstellen wie sehr Du gelitten haben musst, während dieser Zeit. Es muss sehr schwer für Dich gewesen sein. Umso glücklicher bin ich gerade in diesem Moment, dass Du wirklich vor mir stehst. Dass Du wirklich da bist. Es scheint mir fast unbegreiflich zu sein, doch bin ich mir sicher, dass ich mich daran gewöhnen werde. Vielleicht werde ich die nächsten Tage noch mit schrecklichen Gedanken aufwachen und mich vergewissern, dass Du wirklich noch da bist, aber ich bin zuversichtlich, dass die Zeit alle Wunden heilen kann und vor allem, wenn Du an meiner Seite bist. Langsam beruhige ich mich wieder, die ausgelassene Unterhaltung mit Dir hilft mir dabei sehr. Ich lächle Dich schliesslich an. "Was hat Dr. Schmitt eigentlich gesagt? Bist du soweit wieder fit? Ich ... naja ... ich würde dich gern mit in die Stadt nehmen, Zurück in die Werkstatt ... wo ... wo dein Zuhause ist ..." Etwas schwerfällig kommen mir die Worte über die Lippen, ich traue mich gar nicht Dich dabei anzusehen, da ich Angst vor Deiner Reaktion habe. Irgendein seltsames Gefühl macht sich in mir breit und ich spüre wie sich meine Innereien verknoten und sich ein Kloss in meinem Hals bildet, den ich vergebens versuche hinunterzuschlucken. Wieso habe ich Angst vor dem was Du sagen könntest? Glaube ich wirklich, dass Du nicht mit mir kommen willst? Dass Du lieber hier bleiben willst? Aber die Werkstatt ist auch Dein Zuhause! Bitte lass mich doch nicht so lange warten, Bruno! "Der Doktor sagte, dass es mir wieder gut geht und ich bin wirklich dankbar, dass sie mich hier aufgenommen und wieder zusammengeflickt haben. Yusei~ ... ich würde wirklich gern mit dir kommen. Das wollte ich von Anfang an, seit ich wusste wo ich bin, wollte ich einfach nur zu dir ..." Deine Worte klingen ein bisschen merkwürdig, aber ich kann nicht anders, als mich wirklich zu freuen. Erleichtert seufze ich gedehnt und strahle Dich dann fast schon an. Verliere mich für einen Augenblick in den Untiefen deiner Seelenspiegel. Zwinge mich dann aber mich davon zu lösen und greife nach Deiner Hand, um Dich hinter mir her aus dem Zimmer zu ziehen. "Komm mit! Crow wartet auch draussen ... es war irgendwie verrückt. Martha meinte, dass hier jemand auf mich warten würde. Crow wollte unbedingt mitkommen, aber sie meinte, dass ich erst allein zu dir gehen soll. Ich bin froh, dass sie es getan hat. Aber ich glaube Crow wird sich auch freuen zu wissen, dass du wieder da bist", sage ich ziemlich heiter und schleife Dich einfach hinter mir her den Flur entlang. "Warte doch Yusei!" Ich bleibe stehen und lasse Deine Hand los, etwas konfus sehe ich Dich an, verstehe nicht wieso Du mich aufgehalten hast. "Ich verstehe ja, dass du mich so schnell wie möglich mitnehmen willst und ich will auch wirklich nichts lieber, als dich zu begleiten. Aber ... ich weiss nicht, ob es so eine gute Idee ist, das Crow nun auch noch da ist ..." Du wirkst bedrückt, seltsam schüchtern. Nun sehe ich wieder den alten Bruno in Dir, da ist keine Spur gerade von dem selbstbewussten und starken Duellanten namens Antinomy. Meine Lippen verziehen sich zu einem leichten Lächeln als ich Dir meine Hände auf die Schultern lege. "Du machst dir zu viele Gedanken, Bruno. Das wird schon werden, du wirst sehen. Crow war auch sehr traurig, zwar hat er sich nicht so mitreissen lassen wie ich, aber ich bin sicher, dass er sich freuen wird, dich zu sehen." "Bist du sicher? Ach ... was ich noch sagen wollte: Ich hab nichts dagegen, wenn du mich 'Bruno' nennst. Denn immerhin hatte ich mich damals selbst so bei dir vorgestellt und auch wenn ich weiss wie ich früher gelebt habe, so will ich bei dir doch lieber einfach nur 'Bruno' sein." Ein leichter Hauch von Rot färbt deine Wangen und verleiht deinem ohnehin schon schüchternen Auftreten das Tüpfelchen auf dem 'I'. Weiterhin lächle ich Dich an, ich kann einfach nicht anders. Du wirkst unheimlich unbeholfen, naiv und ausserdem drollig. "Ich werde dich gerne weiterhin so nennen und ja ich bin sicher. Ich kenne Crow mein Leben lang. Mach dir keinen Kopf, er wird deinen schon dran lassen. Ausserdem gibt es ja keinen Grund dafür ihn abzuschrauben." Nun muss ich sogar leicht kichern. Ein wirklich seltsames Gefühl! Ich habe mich schon lange nicht mehr so ausgelassen und glücklich gefühlt und es tut einfach nur gut. Selbst Du grinst leicht und nickst dann, als Bestätigung, dass ich Dich in die Küche führen darf. Im Türrahmen bleibe ich stehen, spüre dass mein Körper zittert und mein Gesicht sich heiss anfühlt. Ich merke wie das Leben, welches ich in den letzten zwei Jahren scheinbar verloren hatte, allmählich in meinen Körper zurückkehrt, wie sich mein Geist wieder vollständig mit meinem Körper verbindet und mir ein neues Gefühl beschert. Das Gefühl lebendig zu sein! "Crow!", rufe ich in die Küche und sehe wie mein Freund sich umdreht und bis über beide Ohren strahlt, als er mein Gesicht sieht. "Du bist wieder da?! Ausgequatscht?" Er steht auf und kommt auf mich zu, Du versteckst Dich noch neben dem Türrahmen und bist somit für den Moment unsichtbar für die Personen innerhalb der Küche. "Ja ... nein ... naja mehr oder weniger ... Du weisst es oder?", frage ich direkt und sehe wie er sich den Nacken reibt. "Ja, ich weiss es. Martha hats mir gesagt, nachdem du die Küche verlassen hattest. Also wo hast du ihn gelassen? Ich will ihm auch 'Hallo' sagen!" Er grinst immer noch breit und wirkt aufgeregt. Ich glaube, er würde Dir am liebsten an den Hals springen. Er muss Dich doch mehr vermisst haben, als ich dachte. "Sieh nach ... Ich weiss nicht wieso, aber hat irgendwie Angst davor dich zu sehen ...", sage ich leise in der Hoffnung, dass Du es nicht hören kannst. Crow sieht mich daraufhin ziemlich erschüttert an. "Was? Das kann nicht sein!", ruft er laut und schon schiebt er mich zur Seite, um an mir vorbeizugehen. "Hey Bruno!", höre ich ihn ausrufen und drehe mich selbst wieder um, dass ich dem Geschehen nun besser folgen kann. "Wieso versteckst du dich denn vor mir? Ich hab dich doch noch nie gebissen ... Ausserdem ... Verdammt! Warst du schon immer so gross?" Ich unterdrücke ein Lachen. Crow muss natürlich immer genau mit den Gedanken herausplatzen, die ihm gerade in den Sinn kommen, aber genau das macht ihn zu einem unersetzlichen Freund und ich will ihn nicht missen müssen. Im Gegenteil ich bin unheimlich froh, dass ich ihn als meinen Freund bezeichnen kann und weiss, dass ich mich immer auf ihn verlassen kann, ganz gleich was kommen wird, auch wenn ich diverse Dinge am liebsten mit mir selbst ausmache. Crow zwingt mich dann immer aus mir rauszugehen, wobei er das nicht bewusst tut, sondern durch seine aufgeschlossene, unbekümmerte Art. Da kann ich dann einfach nicht anders und jedesmal aufs Neue schafft er es, dass ich meine Mauer fallen lassen, wie nun auch wieder vor zwei Tagen, als ich in seinen Armen brach, weil ich die Schuldgefühle und die Trauer nicht mehr aushalten konnte. "Ja ... naja ich war schon immer so gross, ja. Musst du doch wissen. Jack und ich sind doch fast gleich gross. Nein ... ich verstecke mich nicht vor dir. Ich fühle mich im Augenblick nur irgendwie nicht wohl einfach so aufzutauchen, nachdem ich zwei Jahre verschwunden war. Ihr habt doch sicher alle gedacht, dass ich ... naja ... wie soll ich sagen ... dass ich tot bin ...?!" Deine Worte lösen ein ungutes Gefühl in mir aus. Meine Brust schnürt sich zusammen, als zwänge man mich in ein viel zu enges Korsett. Mein Atem stockt, ich bekomme keine Luft mehr, mein Magen schlägt einen Salto und ich muss mich schwer zusammenreissen, mich nicht auf der Stelle zu übergeben. Das Blut – angetrieben durch die kräftigen Schläge meines Herzens – rauscht durch meinen Kopf und pulsiert stark in meinen Schläfen, dass es mir auf meine Augen drückt und meine Sicht verschwimmt. Verzweifelt klammere ich mich an den Türrahmen und schnappe schwerfällig nach Luft. Mein ganzer Körper zittert und der wachsende Kloss in meinem Hals droht mich zu ersticken. Immer wieder würge ich und halte mir eine Hand vor den Mund, um zu verhindern, dass ich mich einfach auf den Boden übergeben würde. Du und Crow nehmt scheinbar nichts davon wahr. Ich höre wie ihr lacht und kichert, gar herumalbert, aber sehen kann ich euch nicht mehr, da ich alles nur noch verschwommen wahrnehmen kann. Meine Beine geben nach und ich sinke auf die Knie, immer noch halte ich mit einer Hand verzweifelt den Türrahmen fest und die andere vor meinen Mund. Mein Magen krampft unaufhörlich, versucht das gesammelte Gift wieder auszuspeien, das sich von meiner Seele absetzt. Doch vergebens! Wieso musstest Du ausgerechnet diese Worte sagen? Als ob mir das nicht selbst klar gewesen wär ... Ich wollte es niemals wahrhaben ... Es nicht akzeptieren ... Bruno! Verdammt! Mir ist so schlecht, dass ich mich mittlerweile mit einer Hand auf dem Boden abstütze und mich sonst ziemlich zusammengekauert habe. Plötzlich spüre ich eine Berührung auf meiner Schulter, drehe ruckartig meinen Kopf um und sehe zunächst nur eine verschwommene Gestalt. "Yusei? Was ist mit dir? Du siehst furchtbar aus! So blass hab ich dich ja noch nie gesehen ..." Es ist Martha's Stimme, das höre ich, auch wenn ich sie kaum erkennen kann. Ich schliesse meine Augen und gebe keine Antwort, lehne mich stattdessen gegen den Türrahmen und zittere immer noch sehr stark. Eine unbeschreibliche Kälte kriecht meinen Körper hoch, schliesst mich in sich ein, als würde ich tief unten in einem zugefrorenen See sitzen. Ich kann nicht atmen, mich nicht bewegen und das pochende Gefühl an meiner Schläfe raubt mir die Sinne. Die Übelkeit gibt mir den Rest. Was ist das nur? Wieso macht es mich so fertig? Wieso leide ich so? Ich habe Dich doch gesehen, dich umarmt, mit Dir gesprochen ... Es ist die Angst! Ich hab solche Angst, dass mir das alles wieder genommen wird, dass die Tatsache, dass Du nicht mehr bist doch noch zur grausamen Realität wird, die mich zu verschlingen droht, aus der es kein Entkommen gibt. "Ich will das nicht!" Ich schreie die Worte durch das Haus und kneife meine Augen zusammen, zittere mittlerweile unkontrollierbar und versuche weiterhin dem Drang meines Magens nicht nachzugeben. Keuchend schnappe ich nach Luft, ich spüre wie mir der kalte Schweiss am ganze Körper ausbricht und ich fast jeglichen Sinn für die Realität verliere. Doch ist mir das egal, ich will nur an diesem wunderbaren Gedanken festhalten, dass Du zu mir zurückgekommen bist. Starke Arme schlingen sich um meinen Körper, heben mich hoch und tragen mich weg. Unfähig zu reagieren, liege ich einfach da und mache langsam meine Augen auf. Nun kann ich sogar wieder was erkennen, denn meine Mauer, die eben gefallen war, hat sich ruckartig hochgezogen und alle Emotionen in sich versperrt. Ich sehe Dich. Du trägst mich! Aber wieso? "Yusei? Mein Gott, was machst du denn? Du siehst furchtbar aus! So kenne ich dich gar nicht. Deine Augen ... wo ist ihr Glanz?" Deine Stimme klingt panisch und besorgt, als Du mich auf einem Bett ablegst und Dich gleich neben mich setzt. Eine warme Hand berührt meine Stirn. "Yusei?!" Das ist Crow's Stimme, sie klingt entsetzt. Ich kann hören wie er sich nähert und ihn schliesslich auch sehen. "Was ist mit ihm Bruno?" "Ich weiss es nicht ... Ich hab mich nur mit dir unterhalten und nicht mitbekommen was passiert ist. Auf einmal schreit er laut und bricht zusammen ..." Ihr macht euch Sorgen um mich ... Aber das sollt ihr doch gar nicht. Langsam komme ich aus meinem Zustand zurück und blinzle kurz, meine Wangen sind heiss mein Atem geht schwer, noch immer pocht mein Herz schmerzlich schnell gegen meine Rippen. Aber ich sehe Dich an. "Bruno~", bringe ich mühsam flüsternd über die Lippen und sehe wie Du dich mir gleich wieder zuwendest. "Ich bin hier Yusei! Was ist los?" Du greifst nach meiner Hand und drückst diese leicht, Du bist wirklich voller Sorge wegen mir, dabei wollte ich das doch gar nicht. "Sag ... sag sowas ... nie wieder! ... Ich ... ich ertrage es nicht ... nicht mal ... in ... in Gedanken ..." Meine Zunge liegt in meinem Mund wie ein Stück Blei, es fällt mir schwer zu reden, doch kehrt das Leben allmählich in meinen Körper zurück. Du bist verwirrt, das sehe ich Dir an. Dein Blick geht zur Seite und trifft auf den von Crow, dieser zuckt mit den Schultern. Ihr wisst beide nicht, was ich meine, doch bin ich nicht in der Lage es selbst auszusprechen. Ich richte mich auf und Du willst mich aufhalten, doch schlinge ich meine Arme um deinen Hals und drücke mich fest an dich, verstecke mein Gesicht an deiner Schulter, während mein Körper erneut zu zittern anfängt und ich die Gefühlsflut in meinem Inneren nicht mehr aufhalten kann, die in Form von durchsichtigen Kristallen sich einen Weg aus meinen Augen bahnt. Langsam legen sich Deine Hände auf meinen Rücken und ich spüre, dass Du mich an Dich drückst. Wie gut das doch tut ... "Sag ... nie wieder ... dass du ... dass du ... ich kann ... es nicht sagen ..." Schwerfällig bringe ich die Worte zwischen meinem stummen Schluchzen hervor, während meine Stimme bebt und ich hoffe, dass Du dennoch verstehst, was ich sage. "Yusei~ ... versprochen! Ich werde es nie wieder sagen ..." Jetzt weisst Du anscheinend, was ich meine und drückst mich immer noch an Dich. Intensiv halte ich Dich fest und kann mich so allmählich wieder beruhigen. Zu lange habe ich die ganzen Gefühle in mir gestaut und versteckt. Erst kommt Crow und bricht mich, dann sehe ich Dich wieder und fühle mich glücklich wie nie, doch dann ... deine Worte waren wie ein Schlag ins Gesicht gewesen. Lass mich nicht los! Ich will mich vergewissern, dass Du dich nicht wieder auflösen wirst und ich doch noch aus diesem Traum in die harte Realität zurückgeholt werde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)