Music and Love? von Renpika (It may be magic) ================================================================================ Kapitel 12: Glück ----------------- Den Rückweg waren die Zwillinge schweigend angetreten, denn keiner war bereit, sich bei dem anderen zu entschuldigen. Miran, weil sie durchaus im Recht war und nicht einsehen wollte, dass ihre Schwester die Jungs so fies behandelte, nur weil sie im virtuellen Leben angeblich Feinde waren. Und Taride, weil sie zum einen von der ganzen Aktion nichts mitbekommen hatte und zum anderen einfach nicht gerne im Unrecht war. Und dann auch noch so stark. Auch die Woche verlief ziemlich kühl zwischen den beiden. Sie sprachen zwar normal miteinander, aber nicht so herzlich, wie sonst. „Du Miran, ich komme nicht mit zu deiner Probe auf Genesis.“ Miran hatte das Wochenende eine große Generalprobe für eine Tanzaufführung auf Genesis. Taride hatte eigentlich versprochen, mit ihr dahin zu fahren, weil ihre Schwester schlichtweg nicht allein hinwollte und das Theater wahrscheinlich nichtmal finden würde. Außerdem war Taride ihr quasi etwas schuldig, weil Miran sie zu diesem Spielwochenende begleitet hatte. Verständlicherweise musterte die Jüngere ihre Schwester nun mit hochgezogener Augenbraue. „Morgan wollte mit mir etwas unternehmen.“ Morgan war eine Mitschülerin von ihnen. Die Zwillinge verstanden sich zwar mit ihren Mitschülern einigermaßen, aber eigentlich waren sie schon eine Spezies für sich. Miran erinnerte sich nicht, dass Taride mit der Mitschülerin gesprochen hätte, aber sie hingen wie gesagt nicht die ganze Woche zusammen rum. Eine Grimasse ziehend nickte die Kurzhaarige und stopfte ihren schwarzen Tüllrock in ihren Koffer. „Okay.“ Sie schwieg kurz und rollte ihre Stulpen zusammen. „Aber zur Vorführung kommst du, oder?“ Taride nickte stumm. Sie hatte gerade wieder ihren PC eingeschaltet und setzte sich jetzt das Headset auf. Miran war seit dem Vorfall auf Genesis nicht in dem Spiel drin gewesen. Sie hoffte inständig, dass die Computerverrückte keinen Kontakt mehr zu Blacky hatte, aber für so blöd hielt sie ihre Schwester nun wirklich nicht. Mit einer bestimmten Bewegung schloss sie ihren Koffer und stellte ihn auf den Boden. „Ich werde dann mal.“ Die Ältere nickte nur, reagierte aber sonst nicht weiter. Mit gerunzelter Stirn verließ Miran das Zimmer. Kaum war ihre Schwester weg, setzte Taride ihr Headset ab und lief zum Fenster. Sie wartete, bis sie Miran aus dem Gebäude treten und in einen Shuttle steigen sah. „Tut mir Leid, Miri.“ Dann wandte sie sich schnell um und warf einen Blick auf die Uhr. Erfreut quiekte sie auf und lief zum Schrank, um sich ein schönes Kleid rauszusuchen. Sie wählte ein hellgrünes, was gut zu ihrer Haarfarbe und ihren Augen passte. Schnell verschwand sie im Bad, um sich hübsch zu machen und schlüpfte in das Kleid. Miran hatte sich echt Zeit gelassen und das, obwohl sie ihr erst auf dem letzten Drücker gesagt hatte, dass sie nicht mitkommen würde. Irgendwie hatte sie schon ein schlechtes Gewissen, aber so wie es zur Zeit zwischen ihr und ihrer Schwester lief, hätte sie ihr die Wahrheit nicht sagen können. Miran wäre ausgeflippt und hätte ihr nicht richtig zugehört. Aber Taride würde ihr schon noch zeigen, wie sehr sie doch im Unrecht gewesen war. Freudig hüpfte die Ältere durchs Zimmer und sang ein fröhliches Lied mit. Sie schnappte sich ihre Schuhe und eine flauschige Jacke und machte sich fertig, um nach draußen zu gehen. Der Park von Akillian war nicht weit von der Salieri entfernt. Aufgeregt wartete Taride am Eingang. Ihre Wangen waren vor Aufregung und Kälte gerötet. Der Herbst erreichte langsam seinen Höhepunkt und es war inzwischen dementsprechend kühl draußen. Die Blätter schillerten schon in ihrem bunten Abschiedskleid und der Himmel war überwiegend grau. Nach wenigen Minuten des Wartens hielt ein blonder Junge auf seinem Magnetboard vor dem Mädchen und grüßte sie mit einem verschmitzten Lächeln, ehe er ihr einen bestimmenden Kuss gab. Taride grinste und nahm seine Hand. Gemeinsam betraten sie den Park. „Und deine Schwester ist wirklich nicht da?“ Taride schüttelte den Kopf. „Nein, sie ist auf Genesis.“ Sie lehnte den Kopf an die Schulter ihres Begleiters und kuschelte sich an ihn. „Sie ist irgendwie nicht gut auf mich zu sprechen.“ Das Mädchen schwieg eine Weile. Sie hatte Blacky von Mirans Anschuldigungen erzählt, der hatte sie jedoch abgestritten und behauptet, Fourtune und Silverpoint hätten sie betäubt und ihn niedergeschlagen, als er ihr helfen wollte. Als Miran kam, hatten die beiden wohl so getan, als wenn er der Bösewicht wäre, um die Zwillinge später noch auszunutzen und zu bedrängen. Dank Tarides antrainierter Abneigung Anhängern der Lupinus gegenüber, hatte sie ihm das recht schnell geglaubt und sich nun mit ihm im realen Leben zu einem Date verabredet. Miran stieg aus dem Shuttle aus. Vor ihr erstreckte sich die riesige Halle von Genesis. Wie als wenn sie das erste Mal hier wäre, sah sie sich um und staunte. Das Mädchen hatte ein flaues Gefühl im Magen und wünschte sich ihre Schwester herbei. Doch kaum dachte sie an ihr menschliches Spiegelbild, wurde das Gefühl in ihrem Bauch noch schlimmer. Vielleicht sollte sie sich erstmal etwas zu Trinken holen. Also steuerte Miran den nächsten Laden an, der aussah, als wenn sie dort was bekommen würde. „Eine Icesplit bitte.“ Sie kramte in ihrer Tasche nach ihrem Portemonnaie, fand es aber nicht. Ungeduldig nahm sie die Umhängetasche ab und wühlte darin herum. Nichts. Das konnte doch nicht wahr sein! Mit schon zittrigen Händen öffnete sie ihre vordere Koffertasche und tastete darin herum. Auch nichts. Der Verkäufer sah sie ungeduldig an und hinter ihr bildete sich langsam eine Schlange. Verdammt! In ihrem Portemonnaie war nicht nur das Geld, sondern auch ihr Tänzerausweis und ihr Perso! Ohne dies würde sie nicht zur Generalprobe zugelassen werden. „Tut mir Leid, ich-…“ Verlegen stand sie auf und kratzte sich am Hinterkopf. „Hier.“ Eine Hand reichte an ihr vorbei und drückte dem Verkäufer einen Geldschein in die Hand. Verwirrt sah Miran sich um. Ihre Augen waren immernoch feucht. Vor ihr standen die Zwillinge Thran und Ahito. „Na? Was machst du denn hier?“ Ahito grinste fröhlich, was Miran auch ein leichtes Lächeln auf die Lippen zauberte. „Ich… hey… danke… Ich muss eigentlich zu einer Generalprobe… Aber ich hab meinen Ausweis vergessen.“ Taride und Julien ließen sich auf einer Parkbank nieder. Das Mädchen kuschelte sich an ihn und ließ ihren Blick über den Park schweifen. Er war außer ihnen leer. Nur ein paar Enten watschelten am Teich entlang und unterhielten sich quakend. Ein schöner, idyllischer Herbsttag. Julien legte einen Arm um sie und zog sie dichter zu sich heran. „Du riechst so wundervoll.“ Sofort schoss Taride die Röte ins Gesicht. Unsicher sah sie zu ihm auf. „Ähm… Danke.“ Sie lächelte unsicher. Im nächsten Moment trafen seine Lippen hart auf ihre. Erschrocken riss sie die Augen auf und versuchte ihn von sich zu drücken. Was sollte das, er tat ihr weh. Doch der junge Mann griff nach ihren Handgelenken und drückte sie so stark, dass das Mädchen vor Schmerz aufstöhnte. Entschlossen seinem Griff zu entkommen, biss sie ihm auf die Unterlippe. Mit einem verärgerten Schmerzensschrei ließ Julien von ihr ab. „Was sollte das?“, wütend funkelte er sie an. Die Grünhaarige meinte sogar soetwas wie Wahnsinn in seinen Augen funkeln zu sehen. „Das Gleiche könnte ich dich fragen.“ Ebenso wütend funkelte sie zurück. „Komm schon. Dir hat es doch gefallen! Ich weiß, dass du mich willst. Sonst hättest du dich nicht gegen den Willen und Rat deiner Schwester mit mir getroffen.“ Wie ein Schlag ins Gesicht wurde Taride die Wahrheit in den Warnungen ihrer Schwester bewusst. Wie hatte sie nur so engstirnig sein können, nicht auf ihre Schwester zu hören?! Sie rutschte ein Stück von ihrem Begleiter weg und stand auf. „Da irrst du dich. Ich dachte, es wäre nett, dich zu treffen. Aber nun habe ich mich umentschieden. Auf Wiedersehen, Blacky.“ Entschieden drehte sie ihm den Rücken zu und wollte gehen, doch mit eisernem Griff umklammerte er ihr Handgelenk, zog sie mit einem Ruck zurück und im nächsten Moment spürte sie die Bank in ihrem Rücken. Das feuchte, harte Holz drückte in ihrem Rücken. „Lass mich los.“ Fauchte sie ihn an, doch er dachte gar nicht daran. „Meinst du ernsthaft, ich hätte mir die ganze Mühe gemacht, nur um dich jetzt gehen zu lassen? Es war schon erniedrigend genug, dass dieser Bastard von Lupinus mich das letzte Mal aufgehalten hat, sonst hätte ich auch noch deine Schwester haben können!“ Tarides Stimme blieb ihr im Hals stecken. Eine böse Aura überschwappte sie und ließ sie wie gelähmt da liegen. „So ists brav. Keinen Mucks, sonst werde ich dir sehr sehr weh tun müssen, meine Süße.“ Mit begierigem Blick, öffnete Julien ihre Jacke. „Was für ein schönes Kleid.“ Mit einer Hand strich er fast andächtig über ihre Brust und über ihren Bauch. Taride entfuhr ein angstvolles Wimmern. Ihre Hände hielt er immernoch mit seiner rechten Hand fest und ihre Beine presste er mit den seinen gegen die Bankkante. Sie war zur Bewegungsunfähigkeit verdammt. Seine Hand wanderte weiter hinunter zu dem Knie der Grünhaarigen und dann den Oberschenkel wieder hinauf. „Nimm deine dreckigen Pfoten von ihr!“ Etwas hartes, graues traf Julien stark am Hinterkopf. Im nächsten Moment wurde er von ihr runtergerissen. Taride erkannte nur ein kurzes Gewirr an Farben. Immernoch saß der Schock so tief, dass sie nicht die Kraft hatte, sich aufzurichten. Dennoch erkannte sie in einiger Entfernung die Umrisse ihrer Schwester. Sie musste es sein. Außer ihnen hatte kein menschliches Wesen eine solche Haarfarbe. „Terry!“, sie wurde in eine weiche, warme und doch verzweifelte Umarmung gezogen. Etwas Nasses an ihrer Wange und auf ihrer Schulter verriet ihr, dass ihre Schwester weinte. Gerade hatte die Ältere die Kraft gefunden, die Umarmung ihrer Schwester zu erwidern, da stieß diese sie von sich. „Wie konntest du nur so blöd sein?! Warum hast du nicht auf mich gehört?!“ „Ich-..“ Tarides Mund fühlte sich ganz trocken an und ihr Hals war wie zugeschnürt. Doch ihre Schwester wusste, was sie dachte. „Mit so einer Sache würde ich niemals scherzen, Taride.“ Die Kurzhaarige sprach mit Grabesstimme. Sie bedachte ihre Gegenüber mit einem ernsten, enttäuschten, verletzen Blick. „Die Polizei ist da.“ Eine zweite Person tauchte neben Miran auf. Taride erkannte darunter den Magier Silverpoint nur ohne sein Kostüm. Tatsächlich hörte sie in diesem Moment die Sirene und das flackernde Blaulicht mischte sich mit den herbstlichen Farben der Blätter. Der jüngere Zwilling wandte sich von ihrer Schwester ab und ging auf einen der Beamten zu, der aussah, als würde er das Komando haben. Zwar war sie froh, dass ihrer Schwester nichts Schlimmeres zugestoßen war, aber dennoch hatte sie sie sehr verletzt. Als Taride so den Blick schweifen ließ, sah sie, dass zwei Beamte Julien dem Zwillingsbruder von dem vor ihr Stehenden übernahmen und abführten. Thran hieß er, soweit sie sich erinnerte. Dieser hatte den Perversling allem Anschein nach von ihr runtergezogen und dafür gesorgt, dass er nicht abhauen konnte. Nun stand der Blauhaarige auf, fuhr sich erschöpft durchs Haar und funkelte dem Jungen voller Hass hinterher, ehe er auf sie selbst zukam. „Alles in Ordnung?“, seine Stimme war warm und voller Sorge. Die Grünhaarige nickte. Als ihr auffiel, dass sie ihn anstarrte, riss sie den Blick los und starrte auf ihre Hände. „Du hast ein riesen Glück gehabt.“ Der Kurzhaarige steckte die Hände in die Jackentaschen. Ein leichter Tadel klang in seiner Stimme mit. „Ich werde eben Miran helfen.“ Der Bruder, dessen Namen Taride vergessen hatte, schlenderte mit einem Gähnen zu dem Beamten und ihrer Schwester. Nach einigen Minuten des Schweigens, erhob Taride schließlich die Stimme. „Woher wusstet ihr-...?“ „Wir wussten es nicht.“ Thran setzte sich neben ihr auf die Bank. „Ahito und ich haben deine Schwester zufällig auf Genesis getroffen. Sie hatte ihr Portemonnaie mit ihrem Tanzausweis oder so vergessen. Da wir eh auf dem Weg nach Akillian waren, haben wir ihr angeboten, sie mit zurückzunehmen, um ihn zu holen. Als wir hier waren, wurde sie unruhig und ist hierher gerannt.“ Erschrocken starrte die Grünhaarige den Jungen an. Was wäre passiert, wenn Miran ihr Portemonnaie nicht vergessen hätte? Wenn die Jungs sie nicht getroffen hätten? Selbst wenn Miran aus irgendeinem Grund hier gewesen wäre, hätte sie den starken Jungen bestimmt nicht alleine überweltigen können. „D-danke.“ Auf dem Gesicht des Blauhaarigen entstand ein Lächeln. „Keine Ursache.“ Er stand auf und hob Taride geschickt auf seine Arme. „Ihr könnt mit zu uns kommen und euch aufwärmen. Ist vielleicht besser nach dem Schock.“ Das Mädchen nickte. Sie wehrte sich nicht gegen seinen Griff und war auch mit seinem Angebot einverstanden. In das Internat kämen die Jungen nicht rein und jetzt alleine mit ihrer Schwester zu sein, war keine glückliche Aussicht für die Langhaarige. Sie fühlte sich schuldbewusst. Der Officer nickte Ahito und Miran gerade dankend zu und tippte sich an die Mütze, als Thran mit Taride auf dem Arm zu ihnen stieß. „Geht es ihnen gut, Mademoiselle?“ Die Angesprochene nickte. „Ja, danke. Ich habe großes Glück gehabt…“ Sie traute sich nicht, ihrer Schwester in die Augen zu sehen. „Nun, sie sind jetzt in Sicherheit. Erholen sie sich von dem Schock. Einen schönen Tag noch.“ Wieder tippte sich der Officer an die Mütze und stieg dann in seinen Streifenwagen. Das Vierergespann entschloss sich nun auch endlich den Heimweg anzutreten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)