Der Weg aus dem Kampf von Shirokko (Wenn Träume Berge versetzen) ================================================================================ Kapitel 74: Prozession ---------------------- Kapitel 74 Prozession Ein paar Tage später waren sie unterwegs. Die Magier hatten nicht glauben wollen, dass es den Hanebito so schwer fallen würde, zu Fuß zu laufen, jetzt mussten sie einsehen, dass es länger dauern würde, bis sie ankamen, als gedacht. Die Grundstimmung war heiter bis aufgeschlossen. Waren die beiden Gruppen zu Anfang noch für sich, vermischten sie sich nach dem ersten Tag, bis überall Gespräche zu hören waren, die zwischen unterschiedlichen Völkern gehalten wurden. Immer noch gab es zwischendurch Streit, aber er war bei weitem gesitteter. Sie hatten sich entschieden. Sie wollten Frieden. Selbst die vorherigen Querulanten schienen es sich anders überlegt zu haben. Und das war in dem langen Zug zu spüren, der sich entlang eines Baches Richtung Sonnenuntergang bewegte. Amüsiert bemerkte Lulanivilay, dass sie, wenn sie sich hinten in Bewegung gesetzt hatten, vorne bereits wieder bereit waren für eine Pause, so lang war der Zug. Spaßeshalber hatte er sie gezählt. Neunhundertzweiundvierzig Menschen hatten sich seinem Seelenpartner und dessen Freunden angeschlossen. Die meisten von ihnen waren Hanebito. Aber schon am nächsten Tag waren es mehr. Zweitausendvier zählte er nun. Bis die Rebellen sich zu den Drachenreitern durchgeschlagen hatten, kannten sie die Situation und Philosophie der Aktion, die sich ihnen bot, und schlossen sich spontan an. Als sie an einem Haus vorbeikamen, erweiterte sich ihre Zahl noch einmal um sieben Magier, allesamt humusmächtig und so eine willkommene Erweiterung zu ihrem Speiseplan. Tatsächlich stellte sich das Beschaffen von Nahrungsmitteln als ein größeres Problem dar, als sie erwartet hatten. Wie todbringende Ameisen ließ der Zug nichts zurück, was essbar gewesen wäre. Fisch, Beute von Lulanivilay, Pflanzen, Samen, Vorräte – alles wurde vernichtet. Und trotzdem wurden sie kaum satt. Die Anführer waren besorgt. Bis sie eine Stadt erreichten. Man hätte eine Stimme gehört, die um Nahrungsmittel bat, deshalb hatte man sich zusammengetan. Die früher eher versteckt lebenden Humusmagier hatten sich zusammengeschlossen und erwarteten den Zug mit einem Aufgebot an Früchten und Gemüse. Selbst Brot hatte man gebacken. Dazu gab es Butter, Milch, verschiedene Weine, Wasser und Honig. Die Stimmung im Land der Magier hatte sich erneut gewandelt. Hatte man seit dem Auftauchen der Drachenreiter lediglich Hoffnung geschöpft und darauf vertraut, dass die beiden das Dilemma irgendwie richten würden, hatte der Entschluss der Soldaten und das Auftauchen der Hanebito eine befreiende Wirkung. Plötzlich packten alle mit an, wollten helfen, etwas tun, sich einbringen. Weitere Magier mischten sich unter die Soldaten, brachten Vieh mit, das Lebensmittel und Werkzeuge trug. Waisenkinder, die bisher in den Gossen gelebt hatten, verwahrlost und mutlos, wurden zuerst von Dhaôma, dann von Keithlyn aus ihrem Sumpf geholt. Nachdem sie gewaschen und gesättigt waren, hatte auch kaum jemand mehr etwas dagegen, dass sie durch die vielen Leute tobten. Ihre anfängliche Angst vor den Hanebito wurde ihnen schnell genommen, ließ nur noch ein leichtes Misstrauen zurück, welches Keithlyn dazu nutzte, sich mit einigen von ihnen zu prügeln. Wenige Stunden später hatten die Kinder eine ganz eigene Fraktion. Sie berieten sich die halbe Nacht durch und standen am nächsten Morgen als Leibgarde der Drachenreiter an vorderster Stelle. Lulanivilay zählte sechsundachtzig im Alter zwischen fünf und sechzehn und zwei mit blockierter Magie. Danach hielten er und Tyiasur sich von ihren teuren Freunden fern. Die Kinder waren aufdringlich. Dhaôma hielt sich an Xairas Rat. Er machte gute Miene zum bösen Spiel. Mit Mimoun beriet er, wie sie gemeinsam auftreten wollten, danach führte er die Menschen. Immer wieder flog er mit den drei anderen über die gesammelte Friedensbewegung, um zu sehen, wo neue Menschen dazu gekommen waren und wo er Hilfe leisten konnte. Mimoun hatte die Aufgabe des Redens übernommen und vermittelte denjenigen, die es immer noch nicht begriffen hatten, mittels Tyiasur den Plan, den sie verfolgten. Nach zwanzig Tagen Reise waren sie bereits zehntausendvierhundertfünfundsechzig Friedensdemonstranten. Nie hätten sie zu träumen gewagt, dass diese Idee solche Wellen schlagen würde. „Was denkst du?“, fragte Dhaôma, als sie auf einem Felsen in der Nähe saßen, von dem aus sie beobachten konnten, wie die Lager für die Nacht aufgeschlagen wurden. Dhaôma hatte manchmal das schreckliche Gefühl, in der Menschenmasse einfach zu ersticken, deshalb hatte er sich auf den erhöhten Ort zurückgezogen, was Mimoun selbstverständlich nutzte, um ein wenig mit ihm allein zu sein. Schwach lehnte er sich gegen ihn und betrachtete die vielen lagernden und lärmenden Menschen. „Ist es das, was wir wollten?“ Sein Blick glitt über die Massen. Magier und Geflügelte wild durcheinander gemischt. Lachen drang zu ihnen empor. Kinder kreischten ausgelassen und tobten durch das Lager. „Wir wollten, dass sie sich vertragen, verstehen, dass sie Frieden schließen. Sie fangen an, einander zu respektieren, und lernen voneinander. Also: ja. Das hier wollten wir. Sieh sie dir an. Sie wünschen sich Frieden und sie tun etwas dafür. Sie bürden nicht mehr uns alles auf.“ Mimouns Finger glitten ruhelos über Dhaômas Körper. „Warum also diese Frage?“, wollte er sanft wissen. „Stört dich etwas an diesem Bild?“ Einige Zeit musste Dhaôma darüber nachdenken. „Es ist wie früher, als ich mich nicht bewegen konnte. Sie sind mir nicht schnell genug.“, gab er widerwillig zu. Ja, wenn er sich ganz ehrlich fragte, dann war das sein vorrangiges Problem. Er wollte, dass es schneller ging, dass nicht so viel Zeit verging, bis sie wieder tun konnten, was sie wollten. „Aber ich kann mich kaum mit dir davonschleichen, nicht wahr?“ Ein leises Lächeln schlich sich auf die dunklen Gesichtszüge und er hauchte seinem Geliebten einen seichten Kuss auf den Hals. „Für heute Nacht sicher. Tyiasur kann sie ja beruhigen, sollten sie uns tatsächlich suchen. Aber ab morgen wirst du dieses Schneckentempo wieder erdulden müssen. Erinnerst du dich? Ich war auch ungeduldig, damals, als ich nach Hause wollte. Und es hat nur für Rückschläge gesorgt. Langsam ist nicht immer von Nachteil.“ „Ich weiß.“, seufzte er tief, dann kuschelte er sich an ihn. „Wenn ich durchdrehe, gehe ich fliegen. Ich warne dich einfach nur schon mal vor.“ Dann schob er seine Hände unter Mimouns Hemd, um sie ein wenig zu wärmen und den Geflügelten zu ärgern. Schalk blitzte in seinen Augen. „Oder ich bilde zur Langeweilebekämpfung die Kinderchen aus, wie sie dir besser auf der Nase herumtanzen können, damit sie sich am Ende mit Haru messen können.“ „Dann zieh ich mal andere Saiten auf und werde zum bösen Onkel. Dann verbiete ich ihnen alles und drille sie zu absolutem Gehorsam.“ Kurz zuckte er zurück, als die kühlen Finger seinen Bauch streiften, aber Mimoun ließ ihn gewähren. Stattdessen fingen seine Hände Dhaômas Gesicht ein und küsste ihn. „Dann ist Schluss mit der Gutmütigkeit. Dann wirst nur noch du das können. Mir auf der Nase herumtanzen.“ Lächelnd schüttelte er den Kopf. „Bring ihnen etwas bei, was ihnen später auch hilft. Vielleicht greifst du auch schon Lesleys Training vor. Drachen dürften die Plagen hier auch interessieren.“ „Ich frage mich immer noch, wie wir aus diesem Gewusel da unten denjenigen herauspicken sollen, den die Mutter angefordert hat. Und woran wir erkennen können, welches der Kinder wirklich als Drachenreiter geeignet ist. Nur weil sie es alle werden wollen, heißt das nicht, dass sie da oben auch willkommen geheißen werden. Oder?“ Schwer ließ er sich gegen ihn sinken und unter Mimoun wurde das Moospolster weicher. „Wo sind die Tage, wo mein einziges Problem darin bestand, wie ich dich zu meinem Freund machen könnte?“ Sanft gab er den Kuss zurück, bevor er grinste. „Aber du hast vollkommen Recht. Ich werde ihnen etwas Sinnvolles beibringen. Vielleicht können Vilay oder Tyiasur mir sagen, wer welche Kraft hat, dann können wir sie weiterbilden.“ „Gerettet.“, seufzte Mimoun nahezu unhörbar. Es war nicht gut, dass er gegenüber Kindern immer so nachsichtig und es anscheinend auch nicht zu ändern in der Lage war, da musste man ihnen nicht auch noch beibringen, wie sie diese Tatsache ausnutzen konnten. „Wir müssen uns generell Gedanken machen, wie wir potenzielle Drachenreiter selektieren. Durchhaltevermögen konnten wir unter Beweis stellen auf der Suche nach Jashar. Aber die Bücher mit den Hinweisen sind unwiederbringlich verschollen. Und in unsere Reiseberichte haben derzeit nur Addar und der Rat Einsicht. Die müssten irgendwie allen zugänglich gemacht werden. Den Wunsch nach Frieden trugen wir die ganze Zeit in uns. Wie können wir das aber an anderen erkennen? Gut. Die Menschen hier wünschen sich den Frieden, aber wie stark ist dieser Wunsch? Und war der Hinweis der Mutter auf ein Kind, einen Erwachsenen, Magier oder Geflügelten gerichtet? Es war so einfach, als dieser Zug nur aus der Hälfte bestand. Da war die Auswahl nicht so groß.“ Seine Finger hatten unbewusst wieder angefangen, den an ihn gekuschelten Körper zu streicheln, während seine Blicke über den Himmel wanderten. Es wurde immer rascher dunkel, aber ihm fehlte trotzdem der vertraute Anblick der fliegenden Inseln. „Vielleicht kann man lernen, das zu spüren, aber im Endeffekt hieß es doch, dass man als Drachenreiter die Insel selbst finden muss, also sollten wir es allen selbst überlassen. Außer natürlich, die Mutter sagt uns genau, wen wir mitbringen sollen, dann ist das was anderes.“ Müde schloss er die Augen und entspannte sich endlich vollständig, lehnte vertrauensvoll sein ganzes Gewicht auf Mimoun. „Bleib einfach immer bei mir, dann wird das schon. Da ich sowieso langsam den Eindruck gewinne, dass wir kein Mitspracherecht dabei haben, wie unser Weg aussieht, musst wenigstens du mir erhalten bleiben.“ „Immer.“, versprach Mimoun wie schon so häufig davor. „Und sie wird nie eine klare Ansage machen.“ Beschützend schlang er seine Arme um den vertrauten Körper. Um ihre Umgebung ebenfalls auszusperren, faltete er seine Flügel um sie beide. „Aber wir sollten noch ein wenig schlafen. Diese Rasselbande müsste früher wach werden, als uns lieb sein dürfte. So langsam wie sie sind, so laut sind sie auch.“ Die Tage zogen sich dahin und ihre Zahl wuchs langsam aber kontinuierlich an. Und ebenso wuchs auch der Hunger, denn es wurde immer schwieriger diese Masse an Menschen zu ernähren, wenn nicht sogar nahezu unmöglich. Sie kamen ihrem Ziel, der Hauptstadt, näher, doch entwickelte es sich immer mehr zu einer Mammutaufgabe. Auch die Unzufriedenheit wurde wieder stärker. Immer öfter gingen die Hanebito doch auf Jagd, um wenigstens ein wenig den Hunger zu verringern. Die Magier waren ihnen dafür dankbar, bis plötzlich einige Magier und Hanebito erkrankten. Es begann mit Magenschmerzen und Durchfall, bis es die ersten Todesopfer forderte. Die entstandenen Turbulenzen riefen die Drachenreiter auf den Plan, die Heiler zusammenriefen, um die noch Kranken zu retten. Die Heiler und Dhaôma waren sich einig: Diese Menschen waren vergiftet worden. Und der Täter war einer dieser vielen, der unzufrieden mit dem Frieden war. Tyiasur löste das Problem dann schnell. Mit Lulanivilays Hilfe checkte er die Gedanken der Menschen und fand diejenigen, die angesichts der von Mimoun veröffentlichten Warnung Genugtuung verspürten. Die kleine Gruppe Magier wurde von Dhaôma beiseite genommen, was natürlich nicht unbemerkt blieb. Auf Anfragen wehrten sich die sechs Menschen und rechtfertigten sich lautstark. Es war ihr größter Fehler gewesen. Noch bevor Dhaôma auch nur einen Gedanken fassen konnte, gingen die nächststehenden Magier auf die Leute los. Es war Kaley geschuldet, dass Dhaôma unverletzt aus dem Chaos entkam. Der Einäugige griff den jungen Mann schlichtweg unter den Achseln und erhob sich in die Luft, während die Übeltäter wie unter zwei großen Wogen begraben wurden. Als Lulanivilay wütend dazwischenfuhr und sie auseinander trieb, waren sie bereits tot. Dhaômas Wut wurde mit Unverständnis aufgenommen. Er versuchte, es ihnen zu erklären, dass sie nicht mehr töten sollten, aber obwohl er zu einigen durchkam, blieben die anderen davon überzeugt, dass sie nichts falsch gemacht hatten, indem sie die Widersacher ausgemerzt und ihre Friedensikone vor deren schlechtem Einfluss gerettet hatten. Am nächsten Tag gab es eine neue Regel für die Teilnehmer an der Wanderung: Niemand durfte einen Menschen, egal welcher Tat er beschuldigt wurde, auf eigene Faust töten. Das Misstrauen gegenüber dem anderen Volk brandete wieder auf und drückte die Stimmung nach diesem Vorfall. Aber es hatte Opfer auf beiden Seiten gegeben. Es dauerte nur etwas länger als einen halben Tag und schon waren die Menschen wieder in hitzige Diskussionen verstrickt, warum solche kriegswütigen Idioten noch immer existierten. Immer näher wälzte sich die Masse an Menschen an die Hauptstadt der Magier heran. Nur noch wenige Tage trennten sie von ihrem Ziel, als sich eine weitere Gruppe ihnen anschloss. Da sich die Handvoll Personen von seitlich näherten und kurz hinter der Spitze auf den Zug trafen, marschierten die Vordersten weiter, während hinter ihnen der Zug ins Stocken geriet und großteils zum Erliegen kam. Es dauerte einige Zeit, bis die Rufe und die Nachricht von den Neuankömmlingen bis zu allen durchgedrungen war, aber nahezu sofort wurden Hälse gereckt und Nachbarn als Aussichtshilfe missbraucht. Mimoun hatte zwar die Neuigkeiten gehört, konnte sie aber nicht wirklich glauben. Erstaunen spiegelte sich in seinem Blick, als er den Neuankömmlingen gegenüber stand, um sie willkommen zu heißen, wie er es bei jedem tat. Halblinge, die inmitten der sie umringenden Menschen ein wenig verunsichert, nervös und vor allem verloren wirkten. „Lasst ihnen doch Platz.“, verlangte er laut von den Umstehenden. Er konnte sie verstehen. Magier hatten sich immer wieder mal angeschlossen, aber das hier waren Halblinge. Die Neugier war da natürlich groß. Warum waren sie hier? Woher kamen sie? Hatten sie schon immer versteckt irgendwo gelebt und sahen nun ihre Chance oder kamen sie vom Zirkel? Nur widerwillig wurde seinen Worten Gehör geschenkt und darauf reagiert. Mit einem milden Lächeln trat er vor und ließ seine Finger über die kühlen Schuppen seines Drachens gleiten. Immer, wenn er Neulinge begrüßte, war sein Begleiter bei ihm, um sofort ersichtlich zu machen, wer er war. Neugierig ließ er seinen Blick über die fünf Gestalten wandern und gab ihnen gleichzeitig Gelegenheit ihn eingehend zu mustern. Die zwei Männer und drei Frauen waren noch jung. Älter als Keithlyn, aber es trennten sie wahrscheinlich nur wenige Jahre. Und sie sahen wohlgenährt und gepflegt aus, die Kleidung intakt. Wenn, dann waren sie noch nicht lange unterwegs. „Friede sei mit euch zwischen Himmel und Wasser.“, begrüßte Mimoun sie und ergötzte sich an den verdatterten Gesichtsausdrücken. So albern er sich jedes Mal bei diesem Satz vorkam, so lustig waren auch die Reaktionen darauf. „Ihr braucht keine Angst haben. Ihr seid hier sicher.“ Der Geflügelte erhielt nur ein knappes Nicken zur Antwort. Kurz darauf huschte ein Ausdruck über das Gesicht des Vordersten, den er nicht einzuordnen wusste, der aber eindeutig durch Xairas Erscheinen hervorgerufen worden war. Es verging nur ein Sekundenbruchteil und der junge Mann hatte sich wieder in der Gewalt. „Wo ist der andere Drachenreiter?“, fragte neugierig ein Mädchen aus der hinteren Reihe und sah sich aufmerksam um. „Es ist nicht einfach bei über tausend Menschen ständig und überall Präsenz zu zeigen. Aber keine Angst, ihr werdet Dhaôma auch noch kennen lernen.“, versprach der Geflügelte mit einem gutmütigen Lächeln. „Solange müsst ihr bedauerlicherweise mit mir vorlieb nehmen.“ „Ich kann sie nicht lesen.“, erklang Tyiasurs Stimme in Mimouns Kopf und der Schwanz zuckte leicht nervös. „Ich habe ein ungutes Gefühl.“ Das Gefühl des Wasserdrachens betrog ihn so gut wie nie und so änderte sich die Stimmung des Drachenreiters unmerklich. Er wurde wachsamer, musterte die neu eingetroffenen Halblinge misstrauischer. Und auch wenn sich der Geflügelte Mühe gab, weiter fröhlich und sorglos zu wirken, so fiel es ihnen doch auf. Innerhalb von Sekundenbruchteilen änderte sich das Bild. Hier eine leichte Seitwärtsbewegung, um festeren Stand zu suchen, da ein leichtes Ducken, dort ein vorsichtiges Anspannen von Muskeln. Zeitgleich mit Mimouns Warnruf erfolgte der Angriff. Hatte der Drachenreiter gedacht, der Vorderste und Stärkste würde sich auf ihn als gefährlichsten Gegner stürzen, war er verblüfft, als dieser abrupt die Richtung wechselte und sich mit einem gezischelten „Verräterin.“ und blitzschnell gezogenem Dolch auf Xaira warf. Stattdessen tauchte ein schmales Mädchen auf, deren Bewegungen hinter dem breiten Rücken des Mannes verborgen geblieben waren. Sie brauchte keine Zeit damit zu vergeuden, eine Waffe zu ziehen, denn sie besaß die scharfen Krallen der Geflügelten, wie Mimoun schnell schmerzhaft feststellte. Nur seinen schnellen Reflexen und der nach hinten gerichteten Ausfallbewegung war es zu schulden, dass die Krallen ihm nur über das Gesicht schrammten, statt seinen Hals aufzuschlitzen. Die anderen Gestalten warfen sich mit ihrem ganzen Gewicht und aller Wut gegen die Umstehenden, um ein Eingreifen ihrerseits wenn schon nicht zu verhindern so doch wenigstens hinauszuzögern. Viel Zeit konnten sie gegen diese Übermacht nicht schinden. Schon nach wenigen Augenblicken waren sie zu Boden gerungen und auch die beiden, die auf Xaira und Mimoun eindrangen, fanden sich in festem Griff wieder. Die aktuellste Regel der Marschprozession befand sich noch in den Hinterköpfen der Umstehenden, aber der Schrei nach Blut wurde lauter, schließlich wurde hier ein Drachenreiter direkt angegriffen. Mit wenigen Worten und befehlenden Gesten hatte Mimoun eine Gruppe zusammengestellt, die zeitgleich als Wächter für die gefangenen Halblinge wie auch als Beschützer fungierten. Wider Erwarten beruhigten sich die Rufe und das Drängeln, auch wenn der Zorn blieb. Mimoun gestattete sich, tief durchzuatmen, und spürte schon im nächsten Moment eine kühle feuchte Zunge über die Risse in seinem Gesicht fahren. „Alles okay.“, beruhigte er seinen kleinen Gefährten und sah im gleichen Augenblick Xaira neben sich auf die Knie sinken. Erschrocken wandte er sich zu ihr um. Hektisch suchte sein Blick ihren Körper ab. Ja, sie hatte einen Stich abbekommen, hatte sie doch keine Zeit gehabt, ihre bevorzugte Peitsche zu ziehen. Die Verletzung wirkte aber nicht so, als müsste sie sich jetzt derartig gehen lassen. Mimoun machte einen Schritt auf sie zu, während fachkundige Hände bereits nach ihr griffen. Dieser Schritt war einer zu viel. In seinem Kopf breitete sich Schwindel aus und seine Muskeln weigerten sich, ihn zu tragen. Bevor er wusste, wie ihm geschah, fand er sich selber am Boden wieder. Übelkeit stieg in ihm auf und seine Sicht verschwamm. „Unfair.“, murmelte er mit einem für die Situation unpassenden Lächeln. Als klar wurde, dass die Halblinge vergiftete Waffen bei sich trugen, wurden sie noch vorsichtiger, noch gründlicher durchsucht und noch sorgfältiger, auch ein wenig ruppiger gebunden. Durch Tyiasurs Art der Wundversorgung seines Reiters hatte er ebenfalls eine geringe Menge des Giftes abbekommen und benötigte ebenso wie ein Magier Hilfe, der sich schon vorher unvorsichtigerweise einen oberflächlichen Schnitt an einer der Krallen des Mädchens zugezogen hatte. Noch während die Versorgungen stattfanden, wurden alle noch nicht anwesenden Anführer und Dhaôma gerufen. Als Dhaôma ankam, hatte sich bereits der Heiler, der auf Genahn aufpasste, um Mimoun gekümmert, so dass Dhaômas Angst abflauen konnte. Ihm war fast das Herz stehen geblieben, als er von dem Angriff gehört hatte. Die Gewissheit, seinen Freund außer Lebensgefahr zu wissen, versetzte ihn in die Lage, sich fachmännisch um seine Beraterin und den kleinen blauen Drachen zu kümmern. Der andere Heiler erklärte ihm verwirrt, dass er bei dem geschuppten Wesen keinerlei Reaktion auf seine Kraft verspürt hätte – eine Tatsache, die Dhaôma schleierhaft war. Bei ihm hatte es immer funktioniert. Endlich konnte er sich neben Mimoun hocken, der noch immer benommen war, obwohl das Gift aus seinen Adern bereits verschwunden war. Es war ein Lähmgift gewesen, das extrem schnell wirkte und in einer höheren Konzentration fast sofort tödlich wirkte. Noch immer hatte er den Halblingen keine Beachtung geschenkt, obwohl sie lautstark schimpften und fluchten und Verwünschungen ihm gegenüber ausstießen. Er wusste genau: wenn er den Gedanken freien Lauf lassen würde, dann würde er sie umbringen – sicherlich ein Gedanke, mit dem Lulanivilay schon längere Zeit spielte. Er betrachtete die Halblinge mit für Ungeübte undefinierbarer Stimmung, wirkte desinteressiert und gleichzeitig angespannt. Allein seine vertikalen Pupillen, in dem Gold der Iris kaum noch zu sehen, wiesen darauf hin, dass er vor Hass sprühte. Das und ein unhörbares Sirren, das alle Umstehenden eine unerklärliche Angst empfinden ließ. Mimouns Blick klärte sich langsam. Er hatte Glück gehabt, da das Gift nur oberflächlich und dank des Arztes nur kurz wirken konnte. Xaira war viel schlimmer dran, weil es zusätzlich ihre Organe betraf. „Geht es wieder?“, fragte Dhaôma besorgt. Er musste sich zusammenreißen, damit seine Hände nicht zitterten. Ein müdes Nicken antwortete auf die besorgte Frage. „Wir scheinen ziemlich Angst und Schrecken zu verbreiten, wenn der Zirkel auf solch hinterhältige Methoden zurückgreift.“ Seine Finger suchten die Dhaômas, drückten einen sanften Kuss darauf. „Es geht mir gut, wirklich.“, versicherte er noch einmal mit Nachdruck und einem liebevollen Lächeln. Der Geflügelte ließ seinen Blick über die momentane Situation schweifen. Xaira lag auf dem Rücken neben ihm auf dem Boden, der Wasserdrache auf seinem eigenen Schoss zusammengerollt. Unablässig glitten die Finger des Reiters über die kühlen Schuppen und liebkosten all die geliebten Stellen. Der Ball zerfloss und wand sich, bis der Drache halb heruntergerutscht war, aber in der perfekten Position lag, um an der Unterseite gekrault zu werden. Mimouns Blick glitt weiter bis zu den Angreifern, von denen vier in einem sauber umschlossenen Kreis hockten, mit freiem Blick für die Drachenreiter, und einer zu Boden gedrückt werden musste, da er noch immer nicht den körperlichen Widerstand aufgegeben hatte. „Was machen wir jetzt mit ihnen?“ Sanft drückte er die Finger seines Magiers und wandte ihm wieder den Blick zu. Da war die Frage, die er befürchtet hatte. Jetzt musste er sich zwangsläufig mit ihnen beschäftigen. Dhaôma seufzte und erhob sich. „Wenn du es nicht weißt…“ Ein sekundenlanges Schließen der Augen war das einzige Zeichen seiner inneren Überwindung, bevor er zu den Halblingen hinüber ging. „Hallo.“, sagte er. „Friede sei mit euch zwischen Himmel und Wasser.“ „Was bist du so freundlich zu ihnen, Dhaôma? Das haben sie wirklich nicht…“ Mit einer unwirschen Geste brachte er den Mann zum Schweigen und ließ sich vor dem Mann zu Boden in den Schneidersitz gleiten. „Er wird dich jetzt loslassen. Sei gewarnt. Solltest du dich auch nur einmal unangemessen bewegen, nimmt Lulanivilay mir die Entscheidung ab, was mit euch passiert.“ Unsicher gab der Mann die Gegenwehr auf, aber selbst für den ungeübten Dhaôma war das Funkeln in den Augen deutlich zu sehen. Seufzend lächelnd bewegte er die Hand, als wäre ihm zu warm. Ein Nicken später war der Mann frei. Kein Angriff erfolgte. Hatten ihn die Worte wirklich eingeschüchtert oder wartete er auf eine bessere Gelegenheit? „Ist es euch wirklich so sehr zuwider, einfach nur Halblinge zu sein?“, fragte der Braunhaarige schließlich und provozierte einen Wutanfall bei dem gefesselten Mädchen, das Mimoun verletzt hatte. Sich heftig in ihren Fesseln windend keifte sie ihn an. Sie für unwichtig befindend ignorierte Dhaôma sie. Er wartete auf eine Antwort. „Was weißt du schon?“ „Ich wollte immer Hanebito sein.“ Freundlich zuckte Dhaôma mit den Schultern. „Aber ich habe verstanden, dass es darauf nicht ankommt. Und wer könnte schon etwas daran ändern, was du bist?“ „Du hast gut reden!“ Der Mann vor ihm spuckte aus, runzelte die Stirn, als der Speichel sein Gegenüber nicht traf, sondern wie an einer unsichtbaren Wand heruntertropfte. Dhaôma hatte einen Schutzschild aus Wind errichtet. „Feigling.“ „Berechtigterweise.“, antwortete Dhaôma gleichmütig. „Aber ich verstehe es nicht. Erkläre mir doch bitte, warum es so schlimm ist, ein Halbling zu sein.“ „Weißt du, wie es ist, wenn man von seiner Mutter verachtet wird und sogar vor ihr geschützt werden muss, weil sie einen töten würde, wenn sie könnte?“ „Ja.“ Sprachlos öffnete er den Mund, schloss ihn wieder, dann öffnete er ihn wieder, bevor er wütend in die Luft neben sich schlug. „Klar doch, der große Magier hatte eine schwere Kindheit! Das ist nichts im Vergleich zu uns! Du hast keine Ahnung, wie es ist, ein Halbling zu sein!“ „Recht hast du. Ich weiß es nicht. Aber warum, frage ich dich, zwingt ihr dann Hanebito und Jagmarr dazu, weitere wie euch zu zeugen, gegen ihren Willen und offenbar auch gegen euren? Ist das nicht kontraproduk…“ Mit Zorngebrüll stürzte sich der Mann auf Dhaôma, gegen diese Logik einfach keine wirksamere Waffe sehend. Erschrocken wich der junge Mann zurück, während um ihn herum jeder auf seine Weise reagierte. Genahn hatte seinen Wind entfesseln wollen, Asams Bogen war zum Schuss gespannt, einige Geflügelte wollten sich auf ihn stürzen und ein Magier schoss bereits den ersten wohldosierten Feuerball ab, als sich Lulanivilays Krallen erbarmungslos durch den Oberkörper des Halblings bohrten. Die Pranke wurde von Flammen verhüllt und der Mann stieß einen erschrockenen, entsetzten Schrei aus, überlagert von dem Schmerzensschrei des Halblings, dessen letzte Atemzüge auch sein Inneres verbrannten. All das allein war schon Grund genug, dass viele der Zuschauer erschauderten, aber als der Drache seinen langen Hals hinunter bog und dem Mann den Kopf abbiss, wurden selbst den hart gesottenen Kriegsveteranen die Beine weich. Dhaôma drehte es fast den Magen um, denn man konnte sehen, wie der Kopf den langen Hals hinunter glitt. „Vilay…“ Die goldenen Augen richteten sich auf Dhaôma. „Er war zu laut.“ Gemächlich zog er seine Pranke zurück. Sie war unverletzt. Der Feuermagier ging erleichtert in die Knie. „Und er schmeckt nicht mal.“ Dunkel erinnerte sich Mimoun daran, dass dieses gewaltige Geschöpf bereits Kekaras zerrissen hatte. Genau konnte er sich nicht mehr an den Anblick erinnern, zu sehr hatte ihn die Tatsache abgelenkt, dass Dhaôma lebensgefährlich verletzt worden war. Einerseits war es gut zu wissen, dass Lulanivilay seine Freunde gnadenlos beschützte. Andererseits schockte die simple Brutalität, mit der es geschah. Mit diesen widerstrebenden Gefühlen starrte Mimoun auf den Torso, aus dessen Kleidern noch immer Flammen schlugen und Blut sickerte. Ohne sein bewusstes Zutun bewegten sich seine Füße vorwärts, direkt neben den Feuermagier. Beruhigend legte der Geflügelte ihm kurz die Hand und trat dann zu dem Drachen hin. Unschlüssig wechselte sein Blick zwischen ihm, dem Toten und den verbliebenen Halblingen hin und her. Von den Zirkelmitgliedern waren zwei Mädchen mit einem spitzen Aufschrei ein wenig zurückgesprungen und das dritte starrte den schwelenden Leichnam mit hervorquellenden Augen an. Nur die Haltung des Mannes verriet nun wieder wilde Entschlossenheit und den Willen zu töten. Nicht die Drachenreiter. Die schien er gar nicht zu beachten. Sein Blick war starr und voller brodelndem Hass auf Lulanivilay gerichtet. Mit einem entschlossenen Schritt versuchte Mimoun den Blickkontakt zu unterbrechen, was bei einem Berg aus Schuppen und Muskeln reichlich schwierig war. Nahezu zeitgleich senkte sich ein großer Schatten über den verstümmelten Körper. Es handelte sich um eine Decke, die Asam sich aus dem Gepäck eines der Umstehenden genommen und sie über die Leiche gebreitet hatte. Zum einen erstickte er so die letzten Flämmchen, zum anderen verbarg er gnädigerweise den Anblick des ausblutenden Körpers. „Ich denke, wir werden hier gar nichts mehr erreichen.“, mischte sich jetzt Genahn ein. Sein dunkles Haar wehte leicht im kühlen Wind. „Von Kooperation konnte man schließlich nichts sehen, von Einsicht keine Spur. Wenn wir sie töten, wirft das ein schlechtes Licht auf unsere Ziele, lassen wir sie am Leben, müssen wir uns überlegen, wie wir sie mitnehmen, ohne dass sie uns oder sich schaden. Es wird nicht leicht sein, die Menschen daran zu hindern, sie einfach zu lynchen.“ Ein tiefer Seufzer entrang sich seiner Brust, als er mit Bedauern auf die Decke starrte. „Sie zu töten kommt nicht in Frage.“, wandte Dhaôma vehement ein. Seit die Leiche bedeckt war, begann sich sein Magen zu beruhigen, schon um die erhitzten Gemüter auszugleichen. „Wir könnten sie foltern, um zu erfahren, ob sie noch andere Anschläge planen. Es wäre gut zu wissen, ob es einen Drahtzieher gibt, oder ob sie auf eigene Faust gehandelt haben.“ „Folter kommt genauso wenig in Frage!“ Wütend schoss der Drachenreiter einen Blick zu demjenigen, der den Vorschlag gemacht hatte. „Könnten wir jetzt bitte zur Menschlichkeit zurückkehren? Ich dachte, es wäre klar, dass wir den Frieden nicht mit allen Mitteln erzwingen wollen. Gewalt ist keine Lösung!“ Liebevoll wurde durch die braunen Haare gewuschelt, als Asam neben ihn trat. „Pazifist.“ Er wandte sich an die Männer und Frauen, die die Gefangenen bewachten. „Verscharrt die Waffen ein wenig abseits, damit sich keiner daran schneidet. Begrabt den Toten ehrenvoll daneben. Und dann gehen wir am besten weiter. Es ist so schon anstrengend genug, den gesamten Zug am Laufen zu halten.“ „Postiert Wachen rund um den Zug, damit sich eine solche Situation nicht wiederholt.“, fügte Genahn nahtlos an. „Und wechselt euch mit der Wache über die Attentäter ab, damit ihr nicht müde oder unaufmerksam werdet.“ Er sah zu den vier Lebenden, von denen einer noch immer mit brennender Wut Lulanivilay anstierte, eine vor Angst kaum noch stehen konnte, eine jegliche Hoffnung verloren hatte und eine verwundert auf Dhaôma sah. So wie es schien, hatte er zumindest bei einer etwas bewirkt. Er würde das mal beobachten. Die Frage nach Drahtziehern und Motivation war nicht schlecht. Man brauchte aber nicht gerade Folter, um diese Antworten zu erhalten. Prompt schüttelte der Wasserdrache den Kopf. Die Magie, die sein Gedankenlesen blockierte, war immer noch aktiv. Und sie auszuschalten brachte nichts, da Tyiasur nicht gleichzeitig in den Geist der Halblinge eindringen konnte. Verzwickte Angelegenheit. Aber nichts, was sich nicht irgendwann und irgendwie lösen ließ. Je ein Magier und ein Geflügelter flankierten einen der Gefangenen, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein. Zwar ließ man sie dicht beieinander, doch nicht genug, damit sie sich absprechen oder etwas planen konnten. Nur langsam setzte sich der Zug wieder in Bewegung. Der Stau löste sich allen Anstrengungen zum Trotz nicht wirklich. Mimoun nahm seinen Schatz ohne auf Gegenwehr zu achten auf den Arm und flog mit ihm ein wenig abseits des Chaos, um die Eindrücke ein wenig sacken zu lassen und ihre Gemüter abkühlen zu lassen. „Alles okay bei dir?“ Dhaôma nickte. Ihm war der Abstand ganz recht. „Sie haben nicht nachgedacht.“, murmelte er, tief in Gedanken versunken. „Ich glaube kaum, dass sie den Frieden jetzt noch aufhalten können. Es sind inzwischen so viele.“ Unter ihnen erstreckte sich die Schlange aus Menschen über etliche Kilometer. „Es brächte ihnen gar nichts, dich umzubringen.“ Außer vielleicht einen schnellen Tod, wenn er daran dachte, wie er das letzte Mal bei einem Angriff reagiert hatte. Vielleicht war es ganz gut gewesen, dass er nicht dabei gewesen war. „Warum machen sie das?“ „Wir bringen ihre Welt durcheinander.“, mutmaßte Mimoun nach einiger Zeit dumpfen Brütens ins Blaue hinein. „Bedenke: Sie wachsen hinter ihren Mauern auf und ihr ganzes Leben ist darauf ausgerichtet, die Frage zu klären, welches unserer Völker das stärkere ist. Und wir vereinen die beiden Parteien.“ Mimoun zog seinen Freund an sich, lehnte seinen Kopf an dessen Schulter. „Wir fordern Frieden, ziehen gegen ihr Schloss. Das sind Faktoren, die nicht in ihrer Planung auftauchen. Sie wissen nicht anders damit umzugehen. Wir machen alles kaputt, woran sie glauben, wonach sie ihr Leben aufgebaut haben.“ Ein abgrundtiefes Seufzen folgte diesen Worten. „Obwohl sie gerade versucht haben, mich umzubringen, kann ich nicht anders, als Mitleid mit ihnen empfinden.“ Mimoun hatte wahrscheinlich Recht. Wenn man es von dieser Warte aus betrachtete, dann konnte es wirklich sein, dass sie nur versuchten, sich zu schützen. Aber bringen tat es gar nichts. „Warum hat dich Tyiasur eigentlich nicht warnen können? War er müde?“ Immerhin war der kleine Drache ständig dabei, irgendwelchen Menschen in den Köpfen herumzugeistern, um unschöne Situationen möglichst schnell im Keim zu ersticken. Sanft strich er dem schlafenden über den Kopf. Das Gift hatte bei ihm irgendwie längere Wirkung. „Er hat mich gewarnt.“, korrigierte Mimoun. „Er sagte, dass er sie nicht lesen könne. Warum sollte jemand, der nichts Böses will, seine Gedanken verbergen?“ Sein Blick glitt über die blau schillernde Gestalt und das Gesicht des Geflügelten drückte plötzlich Kummer aus. „Aber du hast Recht. Ich frage mich schon seit einer ganzen Weile, ob ich ihm damit nicht zu viel zumute. Es sind mittlerweile so viele und auch Tyiasurs Kräfte sind nur begrenzt. Und ich kann nichts tun, um ihn zu unterstützen.“ „Und wenn wir anfangen, unsere Menschenkenntnis selbst zu schulen? Vielleicht verlassen wir uns zu sehr auf ihn. Mir hat man schon ein paar Mal vorgeworfen, dass ich kein Vertrauen erwarten kann, wenn ich selbst keines in andere habe. Und im Grunde ist es ein Akt gegen Vertrauen, uns immer versichern zu lassen, dass unser Gegenüber nichts Böses will.“ Auch wenn es kolossal praktisch war, gerade in ihrer Situation. „Es ist eine sehr komfortable Kraft, die er da hat. Aber bevor wir ihn kennen gelernt haben, konnten wir auch selbst entscheiden, wer uns wohl gesonnen war und wer nicht.“ Leise kicherte er, als er an die misstrauischen Hanebito dachte, die er auf den Inseln getroffen hatte. „Auch wenn ich oft daneben lag.“ „Au ja.“, lachte Mimoun. „Da ich die Magier ja auch so gut einschätzen kann und du generell ein gutes Gespür für Zwischenmenschliches hast.“ Der Drachenreiter ließ seinen Blick wieder über die sich träge durch das Land windende Schlange aus Leibern gleiten. „Tyisaur wird sich ab jetzt schonen.“, beschloss er laut für sich. „Wenn wir beim Schloss sind, wird jeder von uns seine volle Aufmerksamkeit und Kraft brauchen, fürchte ich.“ Er löste sich von seinem Freund, ergriff dessen Hand und begann langsam in ihre ursprüngliche Marschrichtung zu wandern. Ihn trieb keine Eile, nur das Bedürfnis sich zu bewegen und nachzudenken. Den Händedruck erwidernd folgte Dhaôma. Auf sein Gesicht schlich sich ein weiches Lächeln. Dafür liebte er Mimoun so. Niemals würde er sich selbst über die Gesundheit eines anderen stellen. Und es war auch nicht mehr weit. Bald würden sie da sein. Er konnte es kaum erwarten, wieder tun und lassen zu können, was er wollte. Wind strich ihnen um die Körper, zauste Haare und Kleider, zerrte an Mimouns Flügeln, als wollte er sie zum Spielen auffordern. In Dhaômas Knochen hallte die Erinnerung an Genahn wieder, der es sich zur Gewohnheit gemacht hatte, mit Hilfe seines Windes immer wieder mal die Situation abzuschätzen. Vermutlich hatte er sich Sorgen gemacht. Aus dem Zug drang Musik zu ihnen herauf, leise und kaum noch zu hören. Barden hatten sich versammelt, ihre Musik aufeinander abgestimmt und begleiteten den Zug häufig mit ihren Liedern. Manche Texte konnte inzwischen jeder mitsingen; manchmal taten sie es, ein Chor aus unterschiedlichsten Stimmen. Besser konnten sie kaum zeigen, dass sie sich näher kamen. Am Fluss entlang rannten einige Kinder. Sie spielten Fangen oder Drachenreiter. Allen voran Keithlyn, die dank ihrer Hautfarbe in der Sonne förmlich leuchtete. Ihre Präsenz in diesem Zug war inzwischen legendär. Es war durchgesickert, dass sie einst eine Magierin war, die es vorgezogen hatte, Hanebito zu sein. Vielleicht eine kleine Lüge, aber die Wirkung hatte es nicht verfehlt. Neben Mimouns und Dhaômas Beziehung war sie das zweite Wahrzeichen dafür, dass der Krieg beendet werden sollte. An der Spitze konnte man Lulanivilay sehen, der inmitten von Magiern stand. Keiner lief noch. Dann brandete Feuer hoch, ließ Bäume verbrennen und Vögel auffliegen. Die Menschen spritzen auseinander, prallten von der immensen Hitze zurück. Leise lachte Dhaôma. Sein großer Freund hatte die Magier hereingelegt und sie hatten viel zu viel Kraft in ihre Feuermagie fließen lassen, die er unangemessen verstärkt hatte. Ungerührt dessen, was diese Menschen von ihm halten mochten, rollte sich Lulanivilay in den Flammen zusammen und schien ein Nickerchen machen zu wollen. Wahrscheinlich würde er dort auf seine drei Begleiter warten. Die Zeit verstrich. In Sichtweite schlenderten die Drachenreiter neben dem Zug einher und warfen dann und wann ein wachsames Auge über die Menge. Sonst blieben die zwei unter sich, wollten ein wenig Ruhe genießen. Bevor sie sich zu dem großen Grünen gesellten, sahen sie kurz bei Xaira vorbei. Die junge Frau war auf einen Wagen gelegt worden und schlief friedlich. Volta wich nicht von ihrer Seite und hielt ihre Hand. Er schien sich größere Sorgen um sie zu machen, als notwendig war. Wenn man aber bedachte, wie die Halblinge aufwuchsen, war es mehr als verständlich. Sie hatten sonst niemanden. Kaum befanden sich Mimoun und Dhaôma wieder im Strom, wurden sie mit Fragen bestürmt. Die Marschordnung hatte sich leicht verschoben und die, die hinten nur noch Fetzen der wahren Begebenheiten zu hören bekommen hatten, waren nun nach weiter vorne gewechselt um alles zu hören. Die Wärme und Sorge der vielen Menschen tat gut und es fiel dem Geflügelten leicht mit einem Lachen über die eigentlich gefährliche Situation hinwegzusehen. Ziemlich schnell löste sich Mimoun wieder aus dem Strom und zog seinen Geliebten einfach hinter sich her. Er führte ihn zu seinem Drachen. Die Erde, auf der er lag, ließ nur noch ansatzweise die immense Hitze der Feuersbrunst erahnen. Mimoun machte es sich sofort neben dem Großen gemütlich. Um die Zirkelmitglieder wollte er sich heute keine Gedanken mehr machen. Und er wollte einen ersten Schritt in Richtung Vertrauen machen und darauf vertrauen, dass man sich angemessen um die Gefangenen kümmerte, und nicht noch einen Kontrollgang zu ihnen machen. Lulanivilay riskierte nicht mal einen müden Blick. Anhand der Schritte hatte er sie erkannt und beschlossen, sie zu ignorieren. Diese Nacht wurde für die vier erwählten Helden eine der ruhigsten, die sie in dieser Periode der Reise erlebten. Ein paar Tage später lagerte die Prozession an einem riesigen See. Magier und Hanebito arbeiteten zusammen, um an Fisch zu kommen. Seit mehreren Stunden regnete es ununterbrochen und ließ die Gemüter erhitzt und unruhig sein, also wollte man die Zeit, in der man nicht weiterkam, sinnvoll nutzen. Was waren die Menschen verwirrt, als ein dunkles Sirren die Luft erfüllte. Man kannte es von Lulanivilay, dessen Flügel beim Fliegen dieses Geräusch verursachten, aber niemals war es so laut gewesen. In Neugier sahen sie hinauf, doch was sie sahen, ließ sie in Angst erstarren. Drachen flogen über den See und über sie hinweg, begannen nach kurzer Zeit über ihnen zu kreisen. So viele verschiedene, jegliche Formen und Farben. Es waren mehr, als jeder gedacht hatte, dass noch am Leben waren. Wo kamen all diese Monster her? Und ausgerechnet der hässlichste unter ihnen setzte mitten auf dem Platz der Anführer zur Landung an. Hastig machte man ihm Platz, flüchtete so weit man kam, bevor man auf Menschen traf, die auch nicht mehr zurückweichen konnten, dann beobachteten die verängstigten Menschen eine wirklich seltsame Szene. Der Drache sah sich einige Zeit um, bevor er sich zielsicher an Genahn wandte. Seine roten Augen fixierten den Mann, wobei er nicht besonders freundlich wirkte. „Die Mutter ist unzufrieden. Vor Wochen hättest du kommen sollen, Jagmarr, was hielt dich auf?“ Genahn war sprachlos. In seinem Magen lag Furcht vor diesem Drachen, den er nicht kannte, der größer war als Lulanivilay und um einiges furchterregender. So viele spitze Dornen und Klauen und Zähne. „Wir haben keine Zeit mehr zu warten. Es ruft nach dir, also nimm es an und folge deiner Bestimmung.“, redete der Drache ungerührt weiter. Vielleicht hatte er gar keine Antwort erwartet. Mit dem schuppigen, äußerst dünnen Schwanz legte er einen rundlichen Gegenstand vor die Füße des Magiers. „Wage es nicht, es zu vernachlässigen.“ Damit hob er wieder ab und warf mit seinem Wind beim Starten einfach alle Menschen um sich herum um. Dhaôma erholte sich ziemlich schnell von dem Schrecken, den der Drache unter den Menschen ausgelöst hatte. „Er war das? Und jetzt wird ihm das Ei geliefert?“ Er musste ein Lachen unterdrücken. Genahns Gesicht war einfach unbezahlbar verwirrt. Mimoun rappelte sich wieder auf. Wie schon so oft, wenn er große Mengen an Drachen sah, ergriff ihn Ehrfurcht. Majestätisch zogen diese Geschöpfe ihre Kreise über den winzigen, verschüchterten Menschen. Machte schon Eindruck. Der Geflügelte wandte seine Aufmerksamkeit dem Gebilde zu Füßen des Magiers zu, das noch immer unangerührt im Gras lag, schutzlos dem Regen ausgeliefert. Es hatte etwa die Größe einer Kokosnuss und die in einem braunen Grundton gehaltene Schale wurde von grauen und grünlichen pockenartigen Auswüchsen übersät. Mit verschränkten Armen baute sich Mimoun vor Genahn auf und musterte ihn mit finsterer Miene. „Ich finde es hochgradig unfair, dass ich und Dhaôma uns den Allerwertesten aufreißen, mehr als eine lebensbedrohliche Situation überleben und die Insel der Drachen und unsere Begleiter auf eigene Faust finden mussten. Warum bekommst du dein Ei bequem per Bote geliefert? So etwas ist doch nicht gerecht.“ Langsam kamen auch die Menschen um ihn herum wieder auf die Beine. Unsichere Blicke glitten zwischen Genahn, seinem Ei und der Wolke aus Drachen hin und her. „Ich freu mich für dich.“, fuhr Mimoun nach einer kurzen Pause fort und grinste breit. „Na los. Du hast sowieso keine andere Wahl. Lass es schlüpfen und zeig uns dein Baby. Tyiasur. Lulanivilay. Könnt ihr dafür sorgen, dass möglichst viele es auch sehen können?“ Man sah Genahn seine Unsicherheit und Verwirrung noch an, aber auch den Ruck, den er sich gab, um sich hinzuhocken und das Ei mit beiden Händen zu umfassen. Gerade hatte er sich wieder erhoben und sah hilfesuchend zu den Drachenreitern, als das erste Knirschen zu vernehmen war. Wie trockene Erde bröckelten lose Schalenstücke und die Auswüchse herunter als sich schließlich die Schnauze kurz hervor schob. Vor Schreck wurde das zerbrechliche Gebilde fast fallen gelassen. Nicht nur einer zuckte vor, um es aufzufangen. Mimoun lachte ausgelassen. Die Geburt seines Drachens begann auch mit einem Sturz. Ob das allen Jungdrachen so erging? Aber dieser hier ließ sich mehr Zeit. Nachdem ein Loch in der Schale war, geschah minutenlang nichts. Erst als Genahn Stücke aus der Schale brach, um beim Schlupf zu helfen, zerbarst die Hülle mit einem lauten Knall. Was sich da so eindrucksvoll aus dem Ei gepellt hatte, rollte sich gleich wieder zusammen und nahm jedem die Möglichkeit, es genauer zu betrachten. Nur kurz hatte man einen breiten, flachen Schädel, vier stämmige kurze Beinchen und einen kurzen breiten Schwanz erkennen können. Nun ähnelte es wieder dem Ei in seiner runden Form und der braun-grau-grün marmorierten Farbe. „Glückwunsch. Es ist ein Ball.“, offenbarte Asam grinsend mit einem Tonfall, als wäre er eine Hebamme, die gerade bei der Geburt geholfen hatte. „Ich geb dir gleich einen Ball.“, knurrte Genahn. Derzeit fühlte er sich hoffnungslos überfordert. Die vielen Menschen, die alle etwas sehen wollten, so viele neugierige Fragen aus allen Richtungen und einige reichlich unverschämte Kommentare, die von ihm als frischgebackener Mama redeten. „Nimm dein Gesicht da weg, du erschreckst ihn.“ Asam lachte herzlich. „Klar doch. Es muss sich erstmal an Mama gewöhnen.“ Ihn traf ein Fuß am Schienbein und lachend ging er in Deckung. Inzwischen war Dhaôma näher gekommen. Im Grunde hatte Lulanivilay ihn her geschoben, denn der große Grüne wollte wissen, was das für ein Winzling war, und sein Freund hatte im Weg gestanden. „Er riecht nach Erde.“, sagte der Braunhaarige weich. In ihm kribbelte es. Die Geburt eines neuen Wesens war für ihn jedes Mal wie ein Wunder. „Eigentlich riecht es nach zersetztem Eiweiß.“, widersprach sein Drache und Dhaôma seufzte. Lulanivilay war immer so direkt. „Es sieht aus, als wäre es aus Stein.“, mischte sich Asam wieder ein. „Wir haben solche Drachen schon gesehen. Sie werden riesig. Wir konnten auf einem von ihnen problemlos liegen. Hoffentlich wird es nicht so schnell groß, sonst wird es niemals die Insel der Drachen sehen.“, murmelte Dhaôma. „Außer wir bringen es bald hinauf, bevor es zu schwer wird. Sonst kann Genahn die Glocke gar nicht läuten…“ Dhaôma runzelte die Stirn. Irgendwie bekam er gerade das dumme Gefühl, sie müssten Genahn wirklich hinaufbringen, damit er das Training absolvieren konnte. Aber vielleicht war der Drache danach zu groß, um wieder auf die Erde zurückgetragen zu werden. Dabei wurde Genahn hier gebraucht und konnte nicht einfach verschwinden. Wirklich vertrackte Situation, aber vermutlich hatten die Drachen eh längst andere Pläne. Besser, er zerbrach sich darüber nicht den Kopf. Weich lehnte er sich gegen Mimoun. „Er braucht noch einen Namen, Genahn Drachenreiter.“ „Sie.“, korrigierte Tyiasur, schob sich näher an den kleinen Neuankömmling heran und schnupperte erneut. „Ein Weibchen.“, bekräftigte er erneut und zog sich auf Mimouns Schultern zurück, ließ sich halb auch auf Dhaôma nieder. „Zwing ihr nicht sofort einen Namen auf. Lass dir Zeit. Du wirst wissen wie ihr Name ist, wenn die Zeit dafür gekommen ist.“, prophezeite Mimoun und schlang seinem Liebsten einen Arm um den Körper. So war es damals bei Tyiasur auch gewesen. Und dieser Name hatte sich als richtig erwiesen. Genahns Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf das Drachenbaby in seinen Händen, als Bewegung hineinkam und sich die Schnauze ein Stück weit hervor schob, vorsichtig die Lage sondierte. „Hallo Kleines. Keine Angst. Alles in Ordnung.“, redete er beruhigend auf das kleine Schuppentier ein und langsam öffnete es sich wie eine Blume im Sonnenlicht. Die komplett schwarzen Knopfaugen starrten unverwandt dem neuen Drachenreiter ins Gesicht. In dem Ring aus Menschen begannen einige zu kichern, andere jubelten nun. Ein weiterer Drachenreiter war definitiv ein Grund zur Freunde, gerade wenn es sich um diesen Mann handelte, der problemlos Geflügelte akzeptierte und als Vize der Drachenjäger beschlossen hatte, doch auf deren Seite zu stehen. Von jetzt auf gleich hatte die angespannte Stimmung zu Freude und Feierlaune umgeschlagen. Und während nun jeder nach vorne dränge, um dem frisch gebackenen Vater seine Glückwünsche zu überbringen, stieg Dhaôma auf, um mit den Drachen zu reden. Er wollte wissen, was es für Neuigkeiten gab. Aber erst, nachdem Mimoun ebenfalls angekommen war, rückten die schuppigen Tiere mit der Antwort heraus. Sie sollten sich nicht mehr so viel Zeit lassen, denn in der Magierhauptstadt war die Hölle los. Genaues wussten sie auch nicht, aber allein dass sie gewarnt wurden, war beunruhigend genug. Anschließend ließen die übrigen Drachen ihre Beute fallen. Lesley hatte die Schwierigkeiten vorausgesehen und sie trafen Gegenmaßnahmen. Sie fütterten die Menschen, die dafür sorgten, dass der Krieg ein Ende hatte, bevor sie sich auf den Heimweg machten. Sie hatten nicht vor, länger hier zu bleiben. Ihre Aufgabe war erfüllt. „Mimoun?“ Dhaôma kam zu ihm, noch bevor sie beide gelandet waren. „Was ist, fliegen wir vor? Was sie da gesagt haben, das klingt furchtbar. Sollten wir nicht versuchen zu helfen?“ Mit seinen Gedanken war Mimoun abwesend gewesen. Diese Neuigkeiten waren in der Tat beunruhigend. Doch er nickte sofort zustimmend. „Wir brauchen Kundschafter, die die Lage schnell sondieren können. Dafür kommen nur wir oder die Geflügelten in Frage. Sie können sich im Ernstfall aber nicht ausreichend verteidigen. Also fliegen wir. Warte hier kurz, landen lohnt sich nicht.“ Und schon ließ er sich mitten in die Menge fallen, dicht neben seine engsten Freunde und Vertrauten. Der Geflügelte verlor nicht viele Worte. Kurz umriss er die Botschaft der Drachen. Auch die Gesichter der anderen zeigte leise Beunruhigung und Entschlossenheit. „Wir schauen uns dort schon einmal um.“, stellte er die Anwesenden vor vollendete Tatsachen und grinste Genahn an. „Den Rest überlasse ich dir. Du bist echt zur richtigen Zeit erwählt worden.“ Mit einem kurzen, versichernden Seitenblick ergriff er Xaira am Arm und startete wieder durch. Das Protestgeschrei überging er dezent und ließ sie unsanft auf Lulanivilays Rücken fallen. „Ihr zwei kennt euch dort besser aus als ich. Ihr werdet gemeinsam mehr erkennen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)