Der letzte Vollmond von Lyonesse ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „komm schon Moony - awhoooo!“ rief James und sprang übermütig in die Luft. „Wer sich zuerst verwandelt, ist eine feige Schlange!“. Das bellende und ungestüme Lachen Sirius drang durch den Wald. Auch er reizte die Bestie und trieb den wilden Wolf durch die finstere Nacht, in deren Zentrum der gigantische Vollmond nahezu bedrohlich am schwarzen Himmel stand. Sie waren das Spiel gewohnt, denn jede Vollmondnacht verlief gleich. Peter Pettigrew, Sirius Black und James Potter waren die besten Freunde jenes Werwolfs, der in dieser Nacht durch den Verbotenen Wald jagte und der eigentlich für jeden Menschen, der sich in seine Nähe wagte, den sicheren Tod brachte. Doch Peter Pettigrew, Sirius Black und James Potter waren keine normalen Menschen, keine normalen Zauberer, keine normalen Hogwartsschüler. Sie waren Animagi - und das bedeutete, dass sie sich in Tiere verwandeln konnten. Peter Pettigrew war eine Ratte und wurde von seinen Freunden nur Wurmschwanz genannt, Sirius Black, mit dem Spitznamen Tatze war ein großer schwarzer Hund und James Potter war Krone, der stolze und anmutige Hirsch. Gleich war es wieder soweit. Sie würden den Wolf nur nah genug an sich heran lassen, ein bisschen mit dem Risiko, dem Unbekannten spielen, ein wenig Angst haben und sich dann verwandeln - wie sie es immer taten. „Na los Wölfchen!“ forderte Sirius erneut und James war drauf und dran wieder das Wolfsgeheul zu imitieren, das den Werwolf so rasend machte, als er hinter sich, im Dickicht etwas knacken hörte. James wirbelte herum und strahlte mit dem Zauberstab, der hell leuchtete, direkt dem Jungen ins Gesicht, den er mehr als alles andere auf der Welt hasste: Severus Snape. „Snape!“ grollte James erschrocken und verlor für eine Sekunde die Kontrolle über das tödliche Spiel. Der Wolf war näher gekommen, ächzte laut und setzte zum Sprung an. „James pass auf!“ quiekte Peter und warf sich entsetzt die Hände vors Gesicht. Es gibt Situationen, da steht die Zeit still und die Welt ist eingefroren - nur für Sekunden. Doch dies war keiner solcher Momente. Die Zeit blieb nicht stehen und der Werwolf in seiner ganzen Masse sprang über James Kopf hinweg, auf Severus Snape zu, der wie schockgefroren schien. „Nein!“ brüllte James atemlos und mit blanker Panik stürzte er dem Wolf nach um zu retten, was noch zu retten war. „Moony nein!“ schrie er verzweifelt und setzte ein „Stupor!“ nach, der, wie James genau wusste, den Werwolf nicht einmal mittelmäßig beeindruckte. Doch es verschaffte ihm Zeit, in der der Wolf kurz inne hielt. Es gab ihm genau eine Sekunde, die in dieser Nacht ein Leben und so vielen mehr rettete. „Weg hier!“ keuchte James, packte Snape grob am Arm und schleifte ihn von der blutrünstigen Bestie weg, die erneut die Zähne fletschte. An seiner Seite spürte er plötzlich einen großen, schwarzen, bärenartigen Schatten an sich vorbei rauschen. Es war Sirius in seiner Hundegestalt, der sich nun auf den Wolf stürzte und ihn angriff. „Halt ihn in Schach!“ rief James, am ganzen Körper zitternd, dem Hund zu und zog und zerrte weiter an dem Slytherin Junge, der sein Erzfeind war. In seinen Ohren pochte es und er spürte wie sein Herz heftig gegen seine Rippen schlug. Er hatte Angst, mächtige Angst. Es war nicht leicht Snape mitzuschleppen und gleichzeitig den Zauberstab kampfbereit nach oben zu halten. „Jetzt mach schon Snape, beweg dich. Willst du draufgehen?“ ächzte er unter der Last und versetzte Snape einen ungeduldigen Stoß in die Seite. Doch Snape schien nicht bereit dazu, sich eigenständig zu bewegen und so blieb es dabei, dass James ihn Schritt um Schritt weiter zerrte, bis er sich sicher sein konnte, dass sie in Sicherheit waren. Sein Plus raste und der Schweiß perlte über sein Gesicht, als er Snape zu Boden stieß. „Bist du bescheuert!“ schrie er ihn an, so dass seine Stimme auf dem gesamten Schulgelände zu hören gewesen sein musste. „Was hast du hier draußen gemacht?!“ Snape blieb stumm und James raufte sich verzweifelt die Haare, ging einige Schritte nervös auf und ab und wandte sich dann Snape wieder zu. „Hat der Werwolf dich gebissen?“. Snape schüttelte den Kopf und endlich schien auch er wieder aus seiner Trance zu erwachen. „Nein.“ murmelte er leise. „Was machst du hier? Das hier ist lebensgefährlich!“ - „Sirius Black hat -“ setzte er an und schluckte. „Sirius hat was?“ fuhr James unbeirrt dazwischen. „Er hat gesagt dass ich kommen soll, bei Vollmond, hierher -“ „WAS?!“ James Herz setzte aus. Sein Magen drehte sich. Das durfte nicht wahr sein, das konnte nicht sein. Sirius würde niemals Remus Geheimnis und ein Menschenleben so leichtsinnig aufs Spiel setzten - selbst wenn es nur das von Severus Snape war. „Du lügst.“ Snape schüttelte den Kopf. Zu mehr schien er nicht fähig. James zog ihn unsanft zurück auf die Beine und packte ihn am Kragen. „Du wirst niemandem von dem erzählen, was du heute Nacht gesehen hast. Du hältst brav deine Klappe, hast du mich verstanden?!“ James las bereits in seinen Augen, dass er es nicht tun würde. „Ich geh zu Dumbledore.“ zischte er bedrohlich und James lief es eiskalt den Rücken hinunter. „Das wirst du nicht. Du sagst kein Wort, zu niemandem oder du wirst dir wünschen, in dieser Nacht vom Werwolf zerfleischt worden zu sein!“ drohte James und stieß Snape von sich weg, in Richtung des Schlosses. „So eine Scheiße“ schrie James in die Nacht, die als Antwort seinen Freund Sirius, wieder in Menschengestalt, aus dem Wald schickte. „Hast du Snape einen Tip gegeben? Ihm gesagt, dass er heute Nacht herkommen soll?“ spie James, außer sich vor Zorn. Sirius hingegen wirkte gelassen und ruhig wie immer. James hätte ihm dafür am liebsten an Ort und Stelle eine rein gehauen. „natürlich nicht.“ gab er kalt zurück, was James nur noch wütender machte. „Er sagt es aber! Weißt du was das bedeutet? Er wird es allen erzählen. Allen! und er wird zu Dumbledore gehen. Wir fliegen alle von der Schule!“ - „warum rettest du ihn dann?“ Mit einem Schlag wurde es eiskalt, alles fror ein und James verspürte mit einem Mal widerliche Verachtung für Sirius in sich hochsteigen. „Ist dir klar, dass Snape fast drauf gegangen wäre? Was wenn der Werwolf ihn gebissen hätte? Du hättest dich und vor allem Moony zum Mörder gemacht!“ Sirius zuckte gleichgültig die Schultern und James verspürte augenblicklich den Drang sich übergeben zu müssen. „Es ist doch nur Snape“ wiederholte Sirius, nun selbst eine Spur schärfer. James hatte keine Worte dafür. „Nur Snape? Nur Snape?“ Er bebte vor Zorn. „Du hättest fast einen Menschen getötet, Sirius. Und hast du dabei überhaupt nur eine Sekunde an Remus gedacht? Du hast das wichtigste Geheimnis eines deiner besten Freunde verraten!“ Die Worte sprudelten einfach aus ihm heraus, ungebremst und immer lauter werdend, entlud er sämtlichen Zorn. „bist du endlich fertig?“ unterbrach ihn Sirius mit einer widerlichen Arroganz in der Stimme, die James bislang noch nie an seinem Freund aufgefallen war. „Mit dir bin ich schon lange fertig“ antwortete er kalt, drehte ihm den Rücken zu und rauschte davon, zurück zum Schloss. Ruhelos ging er auf und ab, setzte sich auf die schmutzige Treppe - um dann erneut aufzustehen und ungeduldig im Kreis zu gehen. James war so angespannt wie nie zuvor in seinem Leben. Seit dem großen Streit hatte er nicht mehr mit Sirius gesprochen, der nun alleine und bereits viel zu lange im Büro des Schulleiters saß. James fühlte sich miserabel, sein Magen hatte sich in dieser Nacht mehr als einmal gedreht und ein schmerzhafter Stich in seinem Herzen verriet ihm, dass in der Beziehung zu seinem besten Freund etwas gewaltiges kaputt gegangen war. Niemals hätte er gedacht, dass Sirius so weit gehen würde, dass Sirius einen Menschen willentlich in den sicheren Tod schicken und einen seiner besten Freunde einfach verraten würde. James blickte aus dem Fenster und starrte den Mond an. Remus Lupin würde den Rest der Nacht alleine verbringen müssen. James hielt es nicht mehr aus. Wieder sprang er auf, schlug gegen die Wand, brüllte ein Portrait an, dass völlig verängstigt aus dem Rahmen sprang und fasste schließlich einen Entschluss. Zielstrebig ging er erneut auf die Wasserspeier zu, die das Büro des Schulleiters Albus Dumbledore hüteten und nannte das Passwort, dass er vor etwa einer Stunde erfahren hatte. „Professor Dumbledore“ rief James atemlos und hechtete die Treppen nach oben, als habe er keine Zeit mehr zu verlieren. „Wenn sie Sirius von der Schule werfen - dann müssen sie mich auch rauswerfen. Ich wusste von dem Streich. Ich wusste von dem Plan, Severus Snape in den Wald zu locken. Ich bin genauso schuldig wie er auch.“ Es war eine reichlich merkwürdige Szene, in die James da eingebrochen war. Sirius, sonst kühn, erhaben und stolz saß eingesunken auf seinem Stuhl, den Blick zu Boden gerichtet, die Lippen fest zusammengepresst. Keine Spur der Unantastbarkeit und Überlegenheit, die Sirius sonst umgab und James überlief ein eiskalter Schauer. Sirius so zu sehen tat schrecklich weh. „Mr. Potter“ grüßte ihn die ruhige Stimme des Schulleiters, doch James war nicht gewillt einem langen Vortrag zu folgen. James musste sicher gehen, dass man Sirius nicht von der Schule nahm und zu seinem grauenhaften Vater - oder noch schlimmer, nach Askaban brachte. „Ich muss Mr. Black mit Nachdruck einschärfen, dass sein Verhalten schrecklich falsch und grob fahrlässig war.“ Für eine lange Sekunde traf James den Blick von Sirius, der nicht wie sonst vor Unternehmenslust und kindlicher Begeisterung glühte - sondern der nun erschreckend leer war und indem James Verzweiflung und fast schon Angst zu lesen glaubte. „Eine menge Glück hat in dieser Nacht einmal wieder mehr zwischen Leben und Tod entschieden. Die mäßigen Talente zweiter Fünftklässler sind nichts, was einen Werwolf im blinden Blutrausch beeindruckt.Ist ihnen nicht bewusst, dass Remus in Gestalt des Wolfes keinerlei Menschlichkeit mehr besitzt, rasend vor Blutdurst ist? Sie können von Glück reden, dass alle Beteiligten in dieser Nacht mit einem blauen Auge davon gekommen sind.“ James bemerkte, wie Sirius Miene sich verdüsterte und er wusste sofort, woran sein bester Freund dachte: Remus Lupin war nur für Menschen, nicht für Tiere gefährlich. Doch dass Peter, Sirius und er dem Werwolf als Animagi inzwischen völlig gefahrlos in den Vollmondnächten zur Seite stehen konnten, durften die Lehrer niemals erfahren. Die Rumtreiber hatten ein wichtiges Gesetz gebrochen und Professor Dumbledore müsste sie bei Kenntnis, sofort von der Schule weisen – wenn er dies nicht ohnehin gleich tat. Wie gerne hätte James Sirius geholfen, ihn verteidigt, doch ihm fiel beim besten Willen nichts ein, womit er Sirius Kopf wieder aus der Schlinge ziehen sollte. „Und dennoch werde ich Sie nicht von der Schule verweisen“ Es waren Worte der Erlösung, die James Herz federleicht werden ließen. Erleichtert atmete er auf. Doch Dumbledore sprach weiter, als wisse er nicht, welch erlösende Botschaft er gerade verkündet hatte. „Ich werde mir nun Zeit für Mr. Snape nehmen, denn es ist absolut notwendig das Remus Lupins Geheimnis in diesen Mauern weiter sicher ist. Gehen sie nun zu Bett, Mr. Black und Mr. Potter.“ Wie von selbst trugen seine Beine ihn nach draußen. Er sah Sirius nicht an und er war sich ziemlich sicher, dass auch Sirius starr ins Leere blickte und nicht bereit dazu war, in dieser Nacht Frieden zu schließen. „Was hat Dumbledore gesagt?“ verlangte James zu wissen, den Blick weiter, stur gerade aus gerichtet. „Naja - Er hat mich nicht rausgeschmissen.“ antwortete Sirius tonlos. „hm“ machte James leise und zuckte nachdenklich mit den Schultern. „Ich hätte dich rausgeschmissen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)