like a burning sun von irish_shamrock (Ein Gefühl, das dich zu verbrennen droht.) ================================================================================ Kapitel 1: one -------------- _like a burning sun_ Ein Gefühl, das dich zu verbrennen droht. one Hitze schlängelte sich über ihren zarten Körper. Unnachgiebig und versengend. Zog feine Linien, ähnlich der Spitze einer Schreibfeder ihre bleiche Haut entlang. Flammen, heiß und ungezügelt, bahnten sich ihren Weg. Leckten und labten sich genüsslich an ihrem Fleisch. Kühlender Schweiß perlte von ihrer fragilen Gestalt, doch die erhoffte Rettung blieb ihr verwehrt. Erschrocken für sie aus ihrem unruhigen Schlaf. Seit Wochen plagten sie diese Art düsterer Träume, suchten sie heim, streuten Verwirrung und ließen Ratlosigkeit zurück. Nervös begann Sue auf ihrer Unterlippe herumzukauen. Eine schlechte Angewohnheit, die sie nur überkam, wenn sie nervös oder der inneren Anspannung nicht Herrin wurde. Träge ließ einen Fuß nach dem anderen auf den weichen Teppich sinken und fuhr sich fahrig mit den Händen über das erhitzte, aber dennoch von einem zarten Schweißfilm bedeckte Gesicht. Ihre Finger suchten unruhig den Schalter für die kleine Nachttischlampe. Endlich fanden sie, wo nach sie suchen mussten, doch die erhoffte Erleichterung blieb der jungen Frau verwehrt. Der diffuse Schein des Lämpchens spendete nur spärlich Licht, dennoch genügte er, um sich in dem Zimmer zurecht zu finden. Dass sie ihre Wohnung aufgab, um für ein Jahr, oder vielleicht auch mehr, nach Schottland zurückzukehren, um hier, auf Hogwarts, zu unterrichten, kam ihr unwirklich vor. Ihr Hab und Gut war in Kisten verstaut und in einen Container eingelagert worden. Daheim, bei ihren Eltern, war nicht genügend Platz vorhanden, um Möbel und andere Stücke unterzubringen. Dennoch, einen kleinen Teil ihrer Habe durfte sie begleiten und so besah sich die junge Frau mit einem müden, jedoch zufriedenem Lächeln die kleine Lampe, deren Schirm aus feinem Glas bestehend und reichlich verziert, bereits einen leichten Sprung aufwies. Ein Geschenk ihrer Großmutter, das wohl nun eher einem Erbstück glich. Unmengen von Regalen, gefüllt mit Büchern, säumten den Weg vom Schlaf- in den Wohnbereich, den man ihr zu gestand. Schon früher galt sie unter ihresgleichen als Bücherwurm und wurde diese Attitüde nun auch Jahre später wohl nicht los. Sue Li liebte Bücher. Daher war es nicht verwunderlich, dass sie die meiste ihrer Schulzeit in der Bibliothek verbracht hatte. Zwar konnte sie es nie mit einer Hermine Granger aufnehmen, was das Gros an Wissen anbelangte, doch ihr Steckenpferd waren nun einmal nicht nur Lehrbücher. Romane, Poesie, Prosa, Gedichte, Lyrik, Dramen... Eigentlich, so sagte man ihr einst, hätte ihr ein Lehrstuhl für Astronomie zur Verfügung gestanden, da ihr Interesse beinahe ebenso sehr den Sternen galt, wie dem geschriebenen Wort, doch die junge Frau hatte sich dazu entschlossen, einen anderen Weg einzuschlagen und so bot ihr Professor McGonagall den Platz der Bibliothekarin an. »Nun, Miss Li, Sie brauchen nichts weiter zu tun, als grimmig dreinzuschauen, für Ruhe und Ordnung zu sorgen und allenfalls Miss Pince Ihre helfende Hand anzubieten, sollte sie jene benötigen.«, kurz, prägnant und bündig, so waren die Worte der Schulleiterin. Zögernd, aber dennoch bejahend nickte sie und suggerierte so, dass sie ihre Aufgaben ernst nehmen und zur vollsten Zufriedenheit erfüllen würde. »Sollten Sie ihr Jahr unter Irmas prüfenden Augen bestehen, steht ihrer Nachfolge wohl nichts mehr im Wege.« Die Zuversicht und das schmallippige Lächeln zeigten, wie viel Vertrauen Minerva McGonagall in Sues Fähigkeiten setzte, denn es gab nur wenige, junge Menschen die sich für diese Art der Berufung entschieden. Langsam trabte Sue auf den hohen Sessel zu, der in Blickrichtung zum Kamin stand. Glut glimmte zwischen den verkohlten Holzscheiten auf, doch der Rest des Raumes blieb im Dunkeln. »Nur noch zwei Tage«, murmelte die junge Frau, ließ sich auf das Polster sinken und rieb sich über die feuchte Stirn. »Beruhige dich, das ist nur die Aufregung.« Doch all das gute Zureden vermochte nicht diese wirren Träume zu verscheuchen, die sie jede Nacht quälten. Erschöpfung breitete sich in ihrem Inneren aus, ehe die Hexe die müden Augen schloss und in einen leichten Dämmerschlaf sank. Dass sie beim Frühstück, Mittag und Abendessen zwischen den Lehrern saß, die sie einst unterrichtet hatten, bereitete ihr noch immer ein mulmiges Gefühl. Doch auch neue Gesichter gab es zu begrüßen, da es einigen Hexen und Zauberern wohl mit den Jahren an die Substanz ging, sich mit aufmüpfigen, jungen Schülern zu messen und ihnen Verstand einzubläuen. Der Hauslehrer der Ravenclaws, Professor Flitwick, hatte im vergangenen Sommer, zu Sues Bedauern, bereits Büro und Schreibtisch geräumt. Sie mochte den alten, ungewöhnlich kleinen Mann, der stets mit Eifer und Begeisterung den Lernenden die Fähigkeit des Zauberns beizubringen versuchte. An seine Stelle trat nun ein hochgewachsener Mann, der vom Ministerium für Zauberei dazu angehalten wurde, fortan Zauberkunst zu unterrichten. Die große Brille auf der Adlernase erinnerte sie an Albus Dumbledore, doch der junge Mann war dem einst als größter Zauber aller Zeiten bekannten Dumbledore nicht im Mindesten ähnlich. Strähniges, braunes Haar, wässerige Augen und ein fahles, langes Gesicht. Caine Magnatius Crowley, wie er sich vor wenigen Tagen vorstellte, war nun nicht nur Lehrer an dieser Schule, sondern auch für die Aufsicht der ihr einst zu einer Familie gewordenen Ravenclaws zuständig. Ein Missstand, dem McGonagall aber nichts entgegenzusetzen hatte. Es war bei weitem nicht so einfach, gute Hexen und Zauberer zu finden, die sich einem solchen Amt verpflichtet fühlten und beließ man es bei Crowley, seiner großen, schwarzen Brille und der Adlernase. „Oh, Verzeihung“, Tumult machte sich unter den speisenden Lehrkräften breit, als man das Wort an sie richtete. Löffel klirrten auf Teller, Stimmen verebbten und Blicke wurden geschärft. Mit weit ausschweifender Gestik, langen, geschmeidigen Schritten und einem siegessicheren Lächeln auf dem leicht gebräunten Gesicht, trat ein junger Mann durch das Portal zur Großen Halle. Lässige, als leger zu bezeichnende Kleidung schien sich an seinen athletischen Körper zu klammern, als könne jener Stoff nur mit aller Müh und Not die Muskeln in Zaum halten. Die Sonnenbrille, so auf der Nase platziert, als gehöre sie seit Anbeginn dort hin, wurde mit sofortiger Wirkung in den Ausschnitt des weißen Hemds verwiesen. Höflichkeit hatte also noch immer einen hohen Stellenwert, doch wenn man von dem eisigen Blick Minerva McGonagalls absah, schien dies auch mehr als angemessen. „Mister Bole“, hallte ihre Stimmer über die Köpfe der übrigen Lehrkräfte hinweg, quer durch den hohen, saalähnlichen Raum, bis sie die Ohren des Ermahnten erreichte. Wieder umspielte ein breites Lächeln die Lippen des Herren, ehe er vor der Lehrerschaft zum Stehen kam und eine Dienergeste vollführte. „Professor“, meinte er knapp und aus dem Verziehen der Mundwinkel wurde ein herausforderndes Grinsen. „Ich freue mich hier zu sein und habe, wie Sie sehen, Ihr Angebot angenommen.“ „Ohne Zweifel“, entgegnete die alte Hexe tonlos. „Stellen Sie ihre Sachen da drüben ab und dann... Meine Damen, meine Herren, so rücken Sie doch zusammen.“ Mit einem dumpfen Laut schlug das Gepäck des jungen Mannes auf den Boden auf, sodass die Schulleiterin kurz in ihrem Vorhaben, ihre Kollegen zusammenzutreiben, unterbrochen wurde. „Tschuldigung“, hauchte er wortlos und kam nicht umhin, sein Kollegium kurz in Augenschein zu nehmen. Seine Abbitte quittierte McGonagall nur mit dem Schütteln des, von einem grünen Spitzhut besetzten, Hauptes. Ein Schnalzen mit der Zunge folgte, ehe die Belegschaft weiterhin Stühle scharrend einen Platz für den Neuankömmling bereitete. »Oh nein«, murmelte Sue, als der junge Mann hinter ihren Kollegen auf den freien Stuhl zu hielt. »Hi«, meinte Mister Bole und ließ sich ohne weiteres neben ihr nieder. „Lucian Bole“ Die ihr dargebotene Hand nahm die junge Frau nur aus reiner Höflichkeit, doch das Missfallen war ihr deutlich anzusehen. Natürlich kannte sie ihn. Natürlich wusste sie, wer er war. „Ist das Essen immer noch so grauenhaft wie damals?“, fragte er und hatte sich ein wenig zu ihr herüber gebeugt, um den Ohren McGonagalls zu entgehen. Smalltalk, belanglose Nichtigkeiten und doch fühlte sich Sue verpflichtet, ihm zu antworten. Doch statt ihrer Stimme, vernahm er nur Stille und das zaghafte Heben der schmalen Schultern. „Also ja“, entgegnete er stattdessen, richtete seinen Blick auf den noch leeren Teller vor sich und rieb sich die Hände. „Dann wollen wir mal.“ Während sich der junge Mann neben ihr allerlei Speisen und Köstlichkeiten auftat, starrte sie weiterhin auf einen losen Punkt auf dem Tisch. Seine Nähe war ihr unangenehm, seine Art zu überdreht und was, bei Merlins Unterhose, er hier zu suchen hatte, ihr ein Rätsel. Kapitel 2: two -------------- like a burning sun Ein Gefühl, das dich zu verbrennen droht. two Zu ihrem Glück hatte der Neuankömmling mehr das Essen inspiziert, als noch ein weiteres Wort an sie zu richten. Als Sue ihr Frühstück vertilgt und den letzten Rest ihres, für ihren Geschmack, viel zu starken Kaffees hinunter würgte, erhob sie sich leise und schlich, ähnlich einer Katze, aus der Großen Halle, nicht jedoch ohne sich dankbar für das Mahl mit einem Kopfnicken bei Professor McGonagall zu bedanken, die sie mit einem ernsten Blick betrachtete. So sehr sich die Schulleiterin auch mühte, das alte Gemäuer wieder in Schuss zu bringen, auch jetzt noch gab es Flure und Gänge, die es zu meiden galt. Es zog, regnete herein und wenn man keinen Beinbruch riskieren wollte, wich man den Trümmern aus, die noch nicht beiseite geschafft worden waren. Der Aufbau des Schlosses erwies sich als langwierig und schwierig, selbst mit Magie brauchte es Zeit, um den Großteil dieser Schule in seinem alten Glanz erstrahlen zu lassen, dennoch hatte Hogwarts nicht von seinem Charme eingebüßt. Auch wenn die Ländereien und selbst ihre heißgeliebte Bibliothek noch immer Rohbauten glichen, so würde man, gemeinsam, einen Weg finden, um den Kindern eine Stätte des Lernens, ein Zuhause, zu bieten. »Miss Pince?«, zaghaft rief Sue nach der Bibliothekarin, als sie durch die alte, hölzerne Tür trat. Die alte Frau hielt es nicht für nötig, mit den Kollegen zu speisen und daran hatte sich, selbst zu Sues Schulzeiten, nichts geändert. Rascheln und Rumpeln wiesen ihr den Weg. Während Sue ihren Blick über die Stapel gleiten ließ, dies es noch zu sortieren galt, erspähte sie endlich die Dame, die trotz ihres fortgeschrittenen Alters eine Präsenz ausstrahlte, die ihr einen Schauer über den Rücken jagte. Wendig wie ein Fuchs, leise, wie eine Maus und störrisch wie ein Esel. Das graue Haar hatte Irma Pince zu einem strengen und festen Knoten in ihrem Nacken verschlungen und die große Brille auf ihrer knöcherigen, langen Nase, erinnerte Sue an einen Geier, der nur darauf wartete, dass das Aas zum Fraß bereitstand. Gefährlich blitzen die alten, stets wachsamen Augen auf, als sie Sue erblickte. Röte schoss der jungen Frau sofort in die Wangen und das bekannte Gefühl des Unbehagens mischte sich unter jene Empfindung, die einem den Magen umdrehte. Sue fühlte sich fehl am Platze und wusste, dass sie der alten Hexe ein Dorn im Auge war, denn kampflos würde diese ihren Tresen nicht räumen. Doch auf einen Kampf hatte es Sue nie angelegt, im Gegenteil. Beinahe froh darüber, von jemandem wie Irma Pince zu lernen, hatte sie diesem Praktikum zugestimmt, doch ihre Euphorie war bereits in der ersten Woche einer unterkühlten Distanz gewichen. Zwar begegnete Sue ihr stets freundlich und nahm die spitzzüngigen Bemerkungen stillschweigend hin, doch wenn Irma erst einmal in den Ruhestand ging, dann würde es erträglicher werden, so zumindest erhoffte es sich die junge Frau. »Bringen Sie mir „Chesterfields Analyse der Zauberei!«, kein Bitte und kein Danke, doch anders war es die junge Hexe seit ihrem ersten Tag nicht gewohnt. »Alle Bände?«, hakte Sue vorsichtig nach und versuchte sich in dem bestehenden Chaos zurecht zu finden. »Habe ich etwas anderes behauptet?«, schnarrend und schneidend drang der Befehl an ihre Ohren und Sue machte sich sofort daran, die einzelnen Wälzer zusammenzutragen. Dass jedes Werk eine Seitenzahl von über Zweitausend locker überschritt und dementsprechend wog, hielt die Assistentin nicht davon ab, ihren Auftrag zu erfüllen. »Da hin«, blaffte Irma Pince und schob die riesige Briller ein paar Millimeter ihre Geiernase empor, »Nein, Sie dummes Mädchen, nicht auf den Tisch! Sehen Sie denn nicht, dass dort bereits kein Platz mehr ist?« Natürlich sah Sue Li, dass der kleine, nur noch auf drei Beinen stehende Tisch kein weiteres Gewicht mehr tragen würde, doch eine andere Option sah sie nicht. »Behalten Sie sie einfach noch ein wenig in der Hand, bis ich hier für Ordnung gesorgt habe.«, zischte die alte Hexe und die junge Frau balancierte drei der zehn Folianten auf ihren kleinen, kraftlos wirkenden Händen. Das Sortieren der Bücher hätte sich wohl um etliche Stunden verkürzen lassen, wenn Irma Pince es gestattet hätte, jene Texte mittels einem Schlenker des Zauberstabes an Ort und Stelle schweben zu lassen, doch die alte Frau hielt es für den Erhalt der Arbeiten wichtiger, diese per Hand zu ordnen, damit sich auch Sue Li gleich jene Plätze einprägen konnte. Zwar kannte sich die junge Dame nun bestens aus, zumindest, was einen Teil der Bücherei betraf, doch das Gros war noch lange nicht verteilt und der Silberstreif am Horizont in weiter Ferne. Es galt Staub und Asche zu entfernen, Regale wieder aufzubauen, und zu Sues Erleichterung war es ihr in diesen Momenten gestattet, ihren Zauberstab zu nutzen. So gut es ging wurden Bücher kategorisiert, die hohen Leitern zurecht gerückt und die Nummern und Namen notiert. Als es an der Zeit war, sich zum Mittagessen einzufinden, winkte Irma Pince jedoch ab und schickte ihre Praktikantin allein in die Große Halle. Zufrieden mit sich und über ihr Vorankommen, breitete sich ein flüchtiges Lächeln auf ihren Lippen aus, als Sue durch das Portal trat und auf die große Tafel zu hielt, an der die Lehrerschaft zu speisen pflegte. Kurz nickte sie den bereits an ihren Plätzen verweilenden Kollegen zu und ließ sich auf den Stuhl sinken, den man ihr zugewiesen hatte. Professor McGonagall aß, so teilte ihr Professor Sprout mit, in ihrem Büro und auch der Großteil der Lehrenden hielt sich wohl noch in den Büro- und Klassenräumen auf, um jene für das neue Schuljahr zu präparieren. Während die runde, kleine Frau sie in ein Gespräch verwickelte, fiel Sue der Name ihres neuen Kollegen wieder ein, der ihr zwar nicht unbekannt war, doch dessen Präsenz sie während ihrer Arbeit schlichtweg vergessen hatte. »Nun, Mister Bole wird als Quidditch-Koordinator auf Probe eingestellt. Unsere gute Rolanda will sich langsam aus dem Sport zurückziehen und hält es damit ähnlich wie Irma.«, Sue mochte Pomona Sprout ebenso sehr, wie sie Professor Flitwick mochte, und hätte man sie nach Hufflepuff geschickt, so wäre sie auch dort in „guten Händen“ gewesen. »Madam Hooch zieht sich also zurück?«, ihre Frage bejahte Professor Sprout mit einem Nicken, das ihren wilden und wirren Kopfschmuck zum Wackeln brachte. »So ist es, meine Liebe. Auch wir werden nicht jünger und auch ich muss mich bald nach einem Nachfolger umsehen. Mister Longbottom hat sich bereits sehr in den Vordergrund gerückt, was seine Talente für Pflanzen und die Begeisterung dafür betrifft. Sie erinnern sich noch?«, hastig nickte Sue, doch der Gedanke, dass der tollpatschige, stets etwas trottelig daher kommende Neville Longbottom einmal Kräuterkunde unterrichtete, erschien ihr ein wenig absurd. Doch der hagere, junge Mann hatte im Kampf genügend Mut bewiesen, dass ihm das Lehren wohl nicht allzu schwer fallen würde. »Zu schade, dass Sie sich nicht für Astronomie entschieden haben, Miss Li. Wäre dies der Fall gewesen, so hätte man für Ravenclaw wohl eine der besten Hauslehrer bekommen. Nicht, dass ich Mister Crowley nicht als guten Ersatz sehe, doch bei Ihnen sah man so viel Potenzial.«, Schamesröte kroch unweigerlich in die blassen Wangen der jungen Frau, die so viel Schmeichelei nur selten zu hören bekam. „Wie dem auch sei“, begann Professor Sprout von Neuem, »die Zeit wird zeigen, wie gut sich die nächste Generation schlägt.« Damit beließ es Pomona Sprout und wandte sich Professor Sinistra zu, die dem Gespräch durch beiläufiges Nicken beigewohnt hatte. Auch diese kam nicht umhin zu beteuern, wie sehr sie doch das Interesse der jungen Frau zu schätzen gewusst hätte, wäre Sues Berufswahl auf das Fach Astronomie gefallen. Hastig schlang Sue den Braten und das Gemüse herunter und entschuldigte sich bei den Damen, um mit flinken Füßen wieder in die Bibliothek zurückzukehren. Gerade hatte sie die Tür zur Großen Halle hinter sich geschlossen, da fiel ihr eine Gestalt auf, die sich nur wenige Meter entfernt in den Schatten herumdrückte. »Professor Crowley?«, rief sie und die Bewegungen stoppten abrupt. »Oh, Miss Li«, kam es zögernd zurück und endlich hielt es der hochgewachsene Mann für nötig, aus dem Dunkeln ins Licht zu treten, »ich hatte gar nicht mit Ihnen gerechnet. Kommen Sie gut voran?« Ein durchaus schlechter Einstieg, für ein Gespräch, und auch wenn Sue nicht sonderlich darauf erpicht war, eine Unterhaltung zu führen, nickte sie höflich und versuchte sich an einem Lächeln. »Haben Sie schon gegessen?«, wollte sie wissen und sah zu dem Mann auf. Er konnte kaum zehn Jahre älter sein, als sie, doch er wirkte bereits, als hätte er den Großteil seines Lebens hinter sich. »Wie? Oh ja, selbstverständlich.«, meinte Caine Crowley hastig, »ich esse sehr schnell. Ich war einst, wie Sie, in Ravenclaw. Ich weiß nicht in wie weit es Ihnen bekannt war.« Natürlich wusste Sue, dass der lange, dünne Kerl vor ihr, bei den Adlern untergebracht worden war, schließlich hingen Bilder von jedem Ravenclaw an den Wänden des Gemeinschaftsraumes. Doch bei so vielen Absolventen kam man nicht dabei herum, jene Gesichter einmal zu überkleben. Ob ihr Gegenüber überhaupt wusste, dass man sein Gesicht bereits zum zweiten Mal mit den Portraits anderer Schüler des Hauses überdeckt hatte? Ein Gedanke, der sie kurzzeitig schmunzeln ließ. »Ich weiß, Sie haben viel zu tun. All die Bücher einzusortieren, ich mag mir gar nicht vorstellen, wie langwierig es sein muss.«, ein knappes Kopfnicken ihrerseits war Antwort genug, dann bedeutete Sue dem Mann vor sich, dass es bereits an der Zeit sei, sich wieder den verstaubten Wälzern zu widmen. Schnellen Schrittes eilte Sue Li die Gänge und Flure entlang, wich den trägen Versuchen des Poltergeistes Peeves aus, dessen Taten nur halbherzig wirkten und nicht, wie zur damaligen Zeit, voller Elan und Energie zu sprühen schienen. »Peeves!«, fauchte Sue dennoch, als sie sich duckend einem Schwall Wasser entging. Doch selbst das hinterlistige Kichern hatte seine Frische verloren. Kopfschüttelnd erreichte sie dennoch trocken und unversehrt den Eingang zur Bücherei. Und als die junge Frau gerade im Begriff war, die Klinke herunter zudrücken, hielt man sie abermals in ihrem Vorhaben ab. Ein auffälliges Räuspern erregte, wie gewollt, ihre Aufmerksamkeit. Einen Blick über die Schulter werfend, kam Sue nicht umhin, ihren Unmut zu verbergen. Ein missmutiges Schnalzen mit der Zunge folgte, ehe die junge Frau die braunen Augen verdrehte. »Ja?«, hakte sie nach und wandte sich zu dem Mann um, der sich nun ihres Interesses gewiss war. Mit einem galanten, schnellen Schritt trat Lucian Bole auf sie zu, nicht ohne dass sein Gesicht ein spitzbübisches Grinsen zierte. Ein merkwürdiges Kribbeln kroch über ihren Rücken und ließ sie für wenige Wimpernschläge erschaudern. Ihr war bei dem breiten, schelmisch wirkenden Lächeln, das seine Lippen umspielte, ganz und gar nicht wohl. »Hi«, hauchte er knapp und betrachtete sein Gegenüber mit reger Faszination. Ihr Misstrauen war der Hexe deutlich anzusehen, denn eine perfekt gezupfte Augenbraue wanderte abrupt gen Himmel und unterstrich die Skepsis in ihrer Miene. »Hi?«, echote Sue und das kleine Schnauben, welches zu vernehmen war, machte dem jungen Mann unweigerlich klar, dass sie seine Anwesenheit nicht so freudig aufnahm, wie er geglaubt hatte. »Mehr hast du nicht zu sagen?« Verdutzt über ihre Frage, die recht schnippisch daher kam, kniff er für einen flüchtigen Augenblick die Augen zusammen. »Du lässt wohl niemanden gern ausreden, hm?«, hake er nach und das breite Lächeln verzog sich zu einem schiefen Grinsen. »Ich habe ja noch nicht viel gehört«, schnaubte Sue und verschränkte die Arme vor der Brust, um ihrem Gegenüber zu suggerieren, dass sie nicht sonderlich auf ein Gespräch erpicht schien. »Du warst in Ravenclaw, oder? Ich hätte dich für klüger gehalten, und mit ein paar mehr Manieren.«, merkte Lucian an und wagte es tatsächlich, sie zu provozieren. »Nun, Mister Bole«, begann die junge Hexe, schluckte die aufkommende Wut herunter, zwang sich zu einem flüchtigen, aber dennoch aufgesetzten Lächeln und fuhr fort, »was kann ich für Sie tun? Ich bin sehr in Eile und habe noch eine Menge Arbeit vor mir.« Statt sie anzusehen, betrachtete Lucian das alte Holz der Pforte hinter ihr. Plötzlich schien eine Aufmerksamkeit eher dem Gemäuer zu gelten, als ihrer Person, doch trotz des aufkommenden Zornes, war sie dankbar, dass er sich nicht mehr mit ihr befasste. »Du bist also Bibliothekarin?«, meinte er und augenblicklich verfiel seine Stimme in einen ernsten Klang. Ein Schnalzen der Zunge folgte, ehe Sue Li abermals die Augen verdrehte. »Ja«, gab sie zu und kam nicht umhin, den Kopf zu schütteln. Das Offensichtliche schien ihm gänzlich zu entgehen. »Dachte ich mir«, wandte Lucian ein und richtete nun seinen Blick auf sie. Doch statt ihm offen und freundlich zu begegnen, starrte die junge Frau nur stumm zu ihm auf. »Hör zu, ich habe, bis das neue Schuljahr beginnt, noch eine Menge zu tun. Musst du nicht irgendwelche Besen inspizieren, oder was auch immer du sonst zu tun hast?«, ihr Unmut und das misstrauische Gefühl wichen einem Seufzenden Laut, der ihre Kehle verließ. Verstand dieser Kerl nicht, dass Irma Pince nicht gestattete, zu spät zu kommen? Immerhin war er doch ebenso Schüler an dieser Schule gewesen und auch, wenn sie seine Anwesenheit in der Bibliothek bezweifelte, hätte er vom Hören-Sagen sicherlich um die Garstigkeit der alten Hexe gewusst. »Jagt einem Pince immer noch solche Angst ein?«, verlangte er zu wissen und erntete ein knappes, als verwirrt zu beschreibendes Schütteln des Hauptes der jungen Frau vor sich. »Nein, wieso? Sie ist nur... speziell.«, Sue scholt sich in diesem Moment dafür, auf sein Gespräch eingegangen zu sein, doch Gewissensbisse nagte plötzlich an ihr. »Niemand gibt seinen Beruf auf, für den er sein Leben lang geschuftet hat und an dem sein Herz hängt.« Eine „in-Schutz“-Maßnahme und Rechtfertigung, das sollte dem hochgewachsenen Mann vor ihr eigentlich, so hoffte sie, genügen, um nicht noch eine weiteres Wort an sie zu richten. »Also bist du scharf auf ihren Posten? Nun, wundern würde es mich nicht. Immerhin ist Pince schon... wie alt?«, hakte er nach und versuchte sich eine Jahreszahl zu ersinnen, indem er seinen Blick an die Gewölbedecke richtete. »Sie ist alt, belassen wir es dabei. Und nein, ich bin nicht scharf auf ihren Posten. Aber jemand muss diese Aufgaben nun einmal übernehmen, wenn Irma in ein paar Jahren in den Ruhestand geht.«, wieder war sie auf ihn hereingefallen und plapperte, wie ein Wasserfall. »Alt?«, spottete Lucian und wieder legte sich ein schelmisches Grinsen auf seine Züge. »Und was ist mit Adlernase? Aus dem Ministerium? Wie alt ist der? Der ist mindestens fünfunddreißig.« »Nein, er ist dreiunddreißig« , merkte Sue an und schüttelte über ihren eigens wiederholten Fehler den Kopf. »Du kennst ihn also näher?«, hakte Lucian nach und hob mit gespieltem Interesse eine dunkle Augenbraue. »Nein«, knurrte sie und kämpfte die aufkommende Röte in ihrem Gesicht nieder, »nicht direkt.“ »Miss Li!“, dröhnte es plötzlich in ihren Ohren und Sue zuckte vor Schreck zusammen. Irma Pince stand, die Hände in die knochigen Hüften stemmend, hinter ihr und beäugte das sich ihr bietende Spektakel mit erboster Miene. »Der Lonkwald sollte vor fünf Minuten bereits an seinem Platz stehen und was treiben Sie? Sie halten einen Plausch!«, keifend und spitzzüngig zeigte die alte Hexe das Fehlverhalten der Praktikantin auf, ungeachtet dessen, dass ihr Gegenüber sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen konnte. »Bitte entschuldigen Sie, Irma«, gab Sue kleinlaut von sich und blickte beschämt zu Boden. »Und Sie“, fuhr Irma ungehindert fort, »haben hier gar nichts zu lachen! Lucian Bole, nicht wahr? Ich war sehr dankbar, dass sich Ihre Besuche in meiner Bibliothek auf Minimum beschränkten und ich wünsche, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Miss Li«, mit einem kurzen Nicken deutete die Bibliothekarin in den Vorraum und stöckelte davon. »Lonkwald?«, hakte Lucian nach, doch die junge Frau ihm reagierte nicht. Hastig wandte sie sich um, scheuchte ihn mit einer flüchtigen Handbewegung fort und betrat, ebenso wie Irma Pince keine dreißig Sekunden zuvor, die Räumlichkeit der Bücherei. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)