Wie weit wirst du gehen... von BloodyRubin (...für deine Familie?) ================================================================================ Kapitel 3: Ein großes Opfer --------------------------- Seit acht Tagen bin ich nun schon hier. Immer noch wollen mich die Ärzte nicht gehen lassen, obwohl es mir bereits etwas besser geht. Mir ist furchtbar langweilig. Hatori ist zwar ab und zu bei mir, aber nie sehr lange. Stündlich sieht ein Pfleger nach, ob sich irgendetwas an meinen Werten geändert hat. So, wie die mit mir reden, könnte man annehmen, ich wäre ein uralter Greis. Wie ich sie hasse. Am liebsten würde ich sie alle erwürgen, doch dazu bin ich noch zu schwach. Vorgestern hat mich Kagura besucht. Dumm nur, dass ich schlechte Laune hatte. Als ich ihr ein volles Glas Wasser ins Gesicht geschüttet habe, ist sie recht schnell gegangen. Nun liege ich wieder hier und versuche, mich irgendwie zu beschäftigen. Als es klopft, sehe ich nur kurz auf. Schon wieder ein Pfleger. „Guten Morgen. Wie geht es Ihnen heute?“ „Es ging mir gut, bis Sie aufgetaucht sind.“ Das Lächeln des Mannes verschwindet und schweigend überprüft er die Geräte. Zufrieden mit der Reaktion, lehne ich mich etwas zurück und beobachte den Pfleger bei seiner Arbeit. Kurz nachdem er gegangen ist, taucht Hatori auf. „Du scheinst heute ja glänzende Laune zu haben.“ meint er nur und sieht mich leicht strafend an. „Wie ich höre, hast du zwei der Pfleger so weit gebracht, dass sie dich nicht mehr untersuchen wollen.“ „Wenn sie ihrem Beruf nicht gewachsen sind, ist das nicht meine Schuld.“ antworte ich gelangweilt. „Das halbe Krankenhaus ist deinetwegen in Aufruhr.“ „Ich hasse es hier.“ Nun ist meine Stimme kalt und schneidend. „Du hast versprochen, mich so schnell wie möglich nach Hause zu bringen. Was ist aus diesem Versprechen geworden?“ „Es ist noch zu früh. Dein Zustand ist zu unsicher, um dich jetzt zu entlassen.“ Kurz geht er an das Fenster, um etwas Sonne und frische Luft hereinzulassen. „Du bekommst heute Besuch. Sei so nett und wirf nicht wieder mit Gläsern um dich.“ „Also hat Kagura dir davon erzählt.“ „Das arme Mädchen war völlig verstört.“ Als ob mich das interessiert. Hätte sie mich so genervt mit ihrer falschen Höflichkeit, wäre ihr das erspart geblieben. Erst am späten Nachmittag klopft es an meiner Tür. Diesmal ist es also Ayame. Yukis Bruder… Das könnte interessant werden. „Hallo, Akito.“ „Ayame. Es freut mich, dich zu sehen.“ erwidere ich mit einem perfekten falschen Lächeln. „Setz dich doch.“ Dankbar nimmt er mein Angebot an. „Wie geht es dir heute?“ „Schon viel besser. Bist du ganz alleine hier? Was ist mit deinem Bruder?“ „Yuki und ich haben nicht gerade das beste Verhältnis zueinander.“ sagt er nur ausweichend. „Und deshalb kommt er mich nicht besuchen? Er weiß doch sicher, wie es mir geht.“ „Ja, er weiß es.“ Die Maske, die er bisher aufgesetzt hat, scheint zu bröckeln. „Warum? Warum tut er mir das an? Selbst jetzt, wo ich im Krankenhaus liege, will er mich nicht sehen. Insgesamt scheint niemand mehr mich ernst zu nehmen.“ Ich habe es geschafft. Ayames Blick ist voller Furcht, ganz anders als noch vor wenigen Minuten. „Das wird sich bald ändern. Ich habe vor, allen zu zeigen, dass man sich meinen Forderungen nicht ungestraft widersetzt. Und bei Yuki fange ich an.“ Obwohl ich mir nichts anmerken lasse, genieße ich die Reaktion des Silberhaarigen. Er wagt es nicht, etwas zu sagen, doch das Entsetzen steht ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. „Wer nicht hören will, muss fühlen. Sagt dir der Spruch etwas, Ayame?“ „Was hast du vor?“ „Das ist meine Sache.“ Lange bleibt es ruhig. „Nimm mich anstelle von Yuki.“ „Warum sollte ich das tun? Dann lernt dein Bruder doch nicht, mir zu gehorchen.“ „Bitte, lass ihn in Ruhe. Er hat schon zu viel mitgemacht. Ich werde dafür sorgen, dass er sich dir gegenüber respektvoller verhält. Aber tu ihm nichts.“ Seine ungewöhnlich ernste Stimme überrascht mich. Soweit ich weiß,benimmt er sich normalerweise ganz anders. „Bewundernswert, dass du ein solches Opfer bringen willst. Soweit ich weiß, verachtet Yuki dich.“ Die goldenen Augen meines Gegenübers werden leer und seine Stimme zittert, als er mir antwortet. „Ich habe es nicht anders verdient. In dem Moment, als er mich am meisten gebraucht hat, habe ich ihm den Rücken gekehrt. Niemand bereut das mehr als ich.“ „Also willst du deine Fehler wieder gutmachen.“ Nun sieht Ayame mich direkt an. „Nein. Yuki wird mir nicht verzeihen. Aber er ist mein Bruder.“ Amüsiert beuge ich mich etwas vor. „Sagen wir mal, ich würde mich auf dein Angebot einlassen, was dann?“ „Dann kannst du mit mir tun und lassen, was du willst. Niemand braucht davon zu erfahren. Dafür verschonst du Yuki.“ Seine Worte machen mich neugierig. „Ich kann mit dir machen, was ich will? Hast du so wenig Selbstachtung?“ „Das hat mit Selbstachtung nichts zu tun. Ich will Yuki nur nicht wieder leiden sehen. Das ist das Mindeste, was ich tun kann.“ „Dir ist klar, dass es für dich kein Zurück gibt?“ Ayame nickt nur. Wieder bleibt es lange still. „Ich denke, ich nehme das Angebot an. Ab jetzt gehörst du mir.“ Bevor der Silberhaarige etwas erwidern kann, geht die Tür auf und ein Pfleger betritt den Raum. „Oh, Sie haben Besuch. Soll ich später wiederkommen?“ „Das ist nicht nötig.“ Als er mit der Untersuchung fertig ist, wirkt er erleichtert. „Ich habe gute Nachrichten. Ihr Fieber ist weg. Sie können uns in drei Tagen verlassen.“ Sofort hebt sich meine Stimmung um ein Vielfaches. „Ich kann es kaum erwarten. Meine Familie wird bestimmt überglücklich sein. Nicht wahr, Ayame?“ „Ja, sicher. Überglücklich…“ „Du kannst gehen. Wir sehen uns ja bald wieder.“ Ohne ein weiteres Wort steht Ayame auf und verlässt das Zimmer. Auch der Pfleger verschwindet nur kurz danach und lässt mich alleine. Eine Weile denke ich über mein Gespräch mit Ayame nach. „Wie dumm von dir.“ murmele ich halblaut. „Du opferst dich, um deinen Bruder zu beschützen. Schon bald wirst du mich anflehen, das Angebot zurücknehmen zu dürfen. Auch wenn dir das jetzt noch nicht klar ist.“ Als drei Stunden später Hatori vorbeischaut, ist er sehr erstaunt über mein Verhalten. „So glücklich habe ich dich ja noch nie gesehen. Ist etwas Gutes passiert?“ „Ich kann in drei Tagen hier raus.“ „Das hätte ich nicht gedacht.“ Verwirrt runzelt er die Stirn. „Gibt es noch einen Grund für deine gute Stimmung?“ Genau wie vorher Ayame schenke ich Hatori mein aufgesetztes Lächeln. „Nein, ich bin nur froh, dass ich bald wieder Zuhause bin. Das ist der einzige Grund.“ Wenn er wüsste… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)