Marai One-Shit von Schneefeuer1117 (JUBILÄÄÄUM!) ================================================================================ Kapitel 3: T H R E E -------------------- Kapitel 3 ~ Tiren ♥ Elias Es war ein wundervoller Sommertag in Beach Garden. Alle Menschen waren glücklich und tummelten sich am Strand, spielten mit ihren Freunden im Sand und tauchten durch die Wellen. Das Sonnenlicht brach sich herrlich auf der Wasseroberfläche, Freude schallte aus allen Bereichen des Strandes, Verkäufer priesen ihre Waren, Kinder schleckten ihr Eis, Männer imponierten den Frauen mit gestählten Körpern, Frauen imponierten den Männern mit knappen Bikinis. Alle Menschen waren glücklich. Alle? Nun, fast alle. Ein Subjekt äußerster Langeweile und Gereiztheit saß am Steg, die Beine ins Wasser baumelnd. Die dunklen Haare schimmerten in der warmen Sonne blauschwarz und der Meereswind zerzauste die Schlafzimmerfrisur noch mehr. Elias Winter war wieder einmal nach Hause zurückgekommen, doch jetzt, wo er hier war, wusste er gar nicht mehr, was er eigentlich gewollt hatte. Ja, klar, den Orden von Jaron bekommen, aber den hatte er bereits vor drei Tagen erkämpft – natürlich war es ein Kinderspiel gewesen – doch losreißen konnte er sich von seiner Heimatstadt nicht. Chalybis neben ihm, die sich zusammengerollt hatte und in der Sonne döste, vermutete, dass Elias sich nicht weiter traute, da nur noch zwei Trainer auf ihn warteten, bis er die Liga herausfordern konnte. Und er hatte noch immer nicht Leon gefunden. Chalybis öffnete ein Auge, überprüfte ihre Vermutung und kam zu dem Schluss, dass es letztlich vermutlich nur am letzteren lag und döste weiter. In einiger Entfernung befand sich tatsächlich noch ein junger Mensch, der keinerlei Lust empfand, sich in die Wellen zu stürzen oder im Sand zu spielen. Warum war nicht schwer zu erraten, wenn man sich die metaphorisch gesprochen grünliche Hautfarbe und den skeptischen Blick ins kühle Nass anschaute. Allein, dass er die Reise noch einmal auf sich genommen hatte, grenzte an Wahnsinn, doch Tiren wollte seine Schwächen bekämpfen, ehe er den letzten Arenaleiter der Region zum Kampf herausforderte und erst danach die Liga herausfordern. Erst, nachdem er seine unsinnige Angst vor Wasser überwunden hatte, würde er den letzten Kampf anstreben. Scherox stakste neben ihm durch den Sand, immer darauf bedacht, niemanden zu stören und alle am Strand liegenden Menschen zu umrunden. Wie es das Schicksal wollte, zerstörte er trotzdem versehentlich eine Sandburg. „WUÄH!“, schallte es sofort und Tiren und Scherox zuckten gleichermaßen zusammen, schauten irritiert herunter und bemerkten ein kleines Mädchen, das nun zu ihnen aufschaute. Sie fuchtelte mit ihrer roten Schaufel zum Scherox herauf, als ihre Mutter heraneilte. „Das große böse Pokémon hat meine Burg kaputt gemacht“, wehklagte es und die Mutter warf Tiren einen verärgerten Blick zu, ehe sie sich abwandte. Tiren runzelte die Stirn und beschloss, dass er Sandstrände nicht besonders mochte. Elias hatte kurz über die Schulter geschaut, als das Heulen des dummen Kindes an seine Ohren herangedrungen war. „Oh nein“, stöhnte er und im selben Moment, in dem er den Weißhaarigen erblickt hatte, hatte dieser den Dunkelhaarigen erkannt. Auch Tiren seufzte verhalten und fuhr sich die Haare zurück. Sein Plan, sich jetzt in die Fluten zu schmeißen mit Scherox an seiner Seite, war vereitelt. Er konnte unmöglich solche Schwäche vor diesem Balg zeigen! Elias schien andere Pläne zu haben. Er warf Chalybis einen kurzen Blick zu, dann rappelte er sich auf und kam zielgerichtet auf Tiren zu. „Was machst DU schon wieder hier?!“ Angriffslustig? Ach wo, überhaupt nicht! Schlecht gelaunt? Vielleicht ein bisschen. Außerdem konnte er den Typen einfach nicht leiden und hier in seiner Heimatstadt hatte er nichts, aber auch gar nichts zu suchen! So! Tiren hingegen blieb ruhig und verschränkte die Arme. „Das ist ein freies Land, oder nicht?“, begann er kühl, „demnach kann ich gehen, wohin ich will. Dass ignorante Menschen das leicht vergessen…“ Er ließ den Satz unbeendet und beobachtete, wie Scherox einen langen Blick zu Wireon warf, die zu der Szenerie gestoßen war. ‚Kinder‘, betonte er ihr Gespräch von vor einigen Wochen und die Evolientwicklung nickte versonnen. ‚Kinder‘, bestätigte sie beinahe amüsiert. Tiren winkte sein Scherox weiter und hörte gar nicht auf die aggressiven Worte, die ihm da nachgebrüllt wurden: „Der einzige ignorante Mensch hier bist du!“ Der Weißhaarige stapfte einfach weiter durch den Sand hin zum Wasser, Scherox an seiner Seite und blieb auf dem Steg stehen, den Wind einen Moment genießend. Im nächsten Moment geriet sein Leben ins Wanken. Er verlor den Boden unter den Füßen, stürzte, stürzte dem Wasser entgegen und der einzige Gedanke, den er hatte war: Hier war kein Raphael, der ihn dieses Mal retten würde. Elias bestaunte stolz sein Meisterwerk und verschränkte die Arme, streckte der Wasseroberfläche die Zunge raus und posaunte: „SO! DAS passiert nämlich ignoranten Menschen!“ Dass das dämliche Scherox plötzlich aufgeregt auf dem Steg hin und her lief, immer kurz davor in die Fluten zu springen und es sich jedes Mal anders überlegte – sein Gewicht würde ihn unerbittlich auf den Meeresgrund ziehen – bemerkte er nur aus dem Augenwinkel. Chalybis hingegen bemerkte es sofort. Besorgt hastete sie auf den Steg und hörte, wie das rote Stahlpokémon immer wieder panisch murmelte: ‚Er kann nicht schwimmen. Er kann doch nicht schwimmen.‘ Die kluge Wireondame zögerte nicht lange – sie selbst konnte schließlich auch schlecht ins Wasser springen, sondern gab Elias unmissverständlich zu verstehen, dass er da ganz schönen Mist gebaut hatte! Nun war es Elias, dessen Leben ins Wanken geriet, allerdings aus einem ganz anderen Grund. „Ach, der taucht gleich auf“, winkte er die Einwände Chalybis ab, doch die blieb energisch dabei, ihn in Richtung Stegrand zu schubsen und langsam hatte auch Elias das Gefühl, einen Fehler gemacht zu haben. Besorgt schaute er auf die Stelle, wo eine Hand panisch aus dem Wasser griff und sein Herz blieb einen Moment stehen. „Scheiße“, fluchte er und nun ohne jegliche Beihilfe, schmiss er seine Schuhe beiseite und sprang beherzt ins Meer. Das salzige Wasser brannte in den Augen, als er sie das erste Mal öffnete und panisch nach dem nervigen Weißhaarigen suchte, der wie ein Stein gen Meeresboden sank, verzweifelt im Todeskampf gefangen. Elias tauchte weiter, durchbrach sein eigenes Maximum an Sauerstoff und schnappte sich das Handgelenk Tirens, um ihn wieder an die Oberfläche zu hieven. Die Luft wurde verdammt knapp. Es wurde eng in seiner Brust, viel zu eng und er hatte das Bedürfnis, einfach den Mund zu öffnen, hektisch nach Luft zu schnappen und darauf zu scheißen, dass es nur Wasser wäre, das in seine Lungen trat. Das letzte bisschen Selbstbeherrschung hielt ihn davon ab und so kam er der Sonne immer näher, die hoffnungsvolle Strahlen zu den beiden Jungs schickte. Hustend und keuchend durchbrach Elias die Wasseroberfläche, schnappte heftig nach Luft und zog Tiren an sich hoch, damit der Junge endlich atmen konnte. … Tat er aber nicht. Erst jetzt kam er auf die grandiose Idee, laut „HILFE!!“ zu brüllen und tatsächlich waren da plötzlich zwei Bademeister, die sie beide aus dem Wasser zogen. Elias ließ sich jedoch nicht abwimmeln – er war derjenige, der Tiren das Wasser aus der Lunge drehte und er war derjenige, der ihm einige Ohrfeigen verpasste und als dann immer noch nichts passierte, war er derjenige, der ihm die Hände fachmännisch auf den Oberkörper presste, pumpte, pumpte, pumpte – Atem überprüfte – und schlussendlich die Lippen schamlos auf seine presste, um Luft in die vermutlich verschrumpelten Lungen zu pusten. Er spürte den Druck einer Erwiderung, den Luftzug von geöffneten Lippen, eine feuchte Zunge an seinen Lippen und schließlich … Tiren hustete. Würgte. Und endlich, endlich kam wieder Leben in seinen Körper und Elias bemerkte erst jetzt, dass er weinte. Schnell wischte er sich die Tränen aus dem Gesicht und ehe er sich besann, drückte er dem armen Kerl beinahe wieder alle Luft aus den Lungen, als er ihn stürmisch umarmte. „Du verdammter Idiot!“, presste er hervor und ließ ihn schlagartig wieder los, als das Scherox angestürmt kam. Tiren war noch immer atemlos. Der glasige Blick zeugte davon, was er soeben erlebt hatte und wie nahe er dem Tod wirklich gewesen war. Er zitterte am ganzen Leib und bedankte sich, als einer der Bademeister ihm eine Decke über die Schultern legte. Ihm war egal, wer ihn nun so sah und wer nun alles seine große Schwäche kannte – er dachte nicht einmal daran, dass dem so sein könnte. Allein der Gedanke von Wasser, das überall um ihn herum war, sich seinen Weg in seinen schutzlosen Körper gesucht hatte, ihn gefunden und ihn mit immer mehr Wasser, immer gnadenloser gen Boden gezogen hatte … Vor Angst zuckte er zusammen, als Scherox ihn sanft an der Schulter berührte und schluchzte kurz auf, ehe er sich sammelte und langsam aufstand. Er ignorierte die Einwände der Bademeister, die er noch nicht einmal richtig wahrnahm, schaute sich suchend um und fand, wen er suchte: den Giftzwerg. Und die Angst wurde hinweg gespült von einer solch heißen Wut, wie er sie noch nie empfunden hatte und für die er nun mehr als dankbar war. Mit langen Schritten kam er auf ihn zu, knickte beinahe weg, weil er noch so schwach auf den Beinen war und donnerte seine Faust dennoch in das Gesicht des anderen. „Bist du eigentlich vollkommen bescheuert?!“ Tiren hatte sich selbst noch nie so vergessen, noch nie so geschrien und noch nie so leidenschaftlich gehasst. Und er erinnerte sich nicht, ob er jemanden schon einmal geschlagen hatte – es tat gut. Die Wut hatte sich in diesem einen Faustschlag entladen und nun stand er wieder wackelig auf seinen viel zu schwachen Beinen. Elias hatte es über sich ergehen lassen. Er hatte es verdient. Die schmerzende Wange pochte und erst, nachdem er registrierte, wie viele Menschen zuschauten, besann er sich. Er hatte ja wohl gar nichts falsch gemacht – woher sollte er wissen, dass dieser Idiot nicht mal schwimmen konnte?! „Ich habe dir dein wertloses Leben gerettet!“ „Nachdem du versucht hast, mich umzubringen!“ „Ich hatte doch keine Ahnung, dass du nicht schwimmen kannst, ansonsten hätte ich das doch niemals gemacht!“ Schweigen breitete sich zwischen den beiden Trainern aus und Tiren schaute zur Seite, noch immer schwankend. „Danke“, brachte er nach einiger Überlegung dann doch hervor und schielte zu Elias auf, der zufrieden nickte. Scherox und Chalybis hatten sich etwas fernab ihrer Trainer in den Sand gesetzt und beobachteten sie nun argwöhnisch. Chalybis kannte das Verhalten ihres Trainers von früher und schüttelte ihr Haupt. ‚Gleich wird es passieren.‘ Scherox schaute fragend zu ihr herab, doch sie beobachtete weiter Elias und Tiren und so schaute auch Scherox zu ihnen. Elias stellte sich gerade auf die Zehenspitzen und küsste seinen Trainer ein weiteres Mal, dieses Mal allerdings ohne einen ersichtlichen Grund. Immerhin ging es Tiren ja gut, nicht wahr? Tiren lief hochrot an und schubste Elias von sich. „Was sollte das?!“ Elias schien verwirrt, verwirrter noch als Tiren selbst. Er schwieg einen Moment, dann antwortete er störrisch: „Du mochtest das vorher auch schon. Also dachte ich mir: warum nicht?“ Dass Tiren gerade die Farbe seines Stahlpokémon annahm, war nur zu verständlich. Hilflos schaute er zu seinem Pokémon, das nur ratlos zwischen den Trainern hin und her sah. Tiren wandte sich wieder Elias zu, fassungslos, wortlos und absolut … ja … verwirrt. „Ich … was bitte?!“ Er wusste nicht, wovon der Giftzwerg sprach, da dämmerte es ihm. Irgendwer hatte ihm erste Hilfe gegeben, bestimmt war er es gewesen! Er erinnerte sich für einen kurzen Moment an das warme Gefühl, das ihn durchströmt hatte, als das Wasser endlich aus seinem Geist gewichen war und an eine Weichheit, die seine Lippen umfangen hatte. „Ja, i-ich meine, nein“, Tiren wusste nicht mehr ein, noch aus, „was denkst du dir dabei eigentlich?!“ Elias brauste ebenfalls auf. „Das sagte ich doch bereits! Oh man, wenn ich gewusst hätte…“ Er ließ den Satz unvollendet und der Weißhaarige drehte sich wirbelnd um. Sein Herz pochte gefährlich schnell – klar, er war gerade fast ertrunken! Trotzdem beschlich ihn eine nicht ganz unwichtige Frage: er mochte das vorher auch schon?! Er hörte Keishas Stimme in seinem Kopf und schüttelte selbigen deprimiert, ehe er knurrte: „Scherox, wir gehen! Sofort!“ Chalibyss schaute zu ihrem neuen Freund auf und ein Lächeln lag auf ihrem Gesicht. ‚Ich bin mir sicher, wir sehen uns bald wieder‘, behauptete sie und fügte an: ‚Menschen sind seltsame Wesen und meiner ganz besonders.‘ Trotz dieser fraglich schmeichelnden Worte lag Stolz in ihrer Stimme, Stolz, den Scherox teilte. Er schaute zu Tiren, der angestrengt versuchte, Elias nicht anzuschauen und antwortete: ‚Meiner auch.‘ „Scherox!“ Das rote Stahlpokémon warf der Evolientwicklung einen entschuldigenden Blick zu, doch sie schmiegte ihren Kopf nur an seine Klaue und wirkte zuversichtlicher noch, als zuvor und eilte genau wie er an die Seite ihres Trainers. Tiren warf Elias bitterböse Blicke über die Schulter zu, die dieser trotzig erwiderte. „Ich will den Kerl nie wieder sehen“, knurrte er zu Scherox und das Pokémon hob eine Klaue, um Chalybiss zu verabschieden. Nun, wir werden sehen, nicht wahr?, dachte er sich still und das erste Mal in seinem Leben vertraute mehr auf das Urteil seiner neuen Freundin, als auf die Worte seines Trainers. Chalybiss sollte Recht behalten, wie die Zukunft zeigen würde, denn Tiren wusste noch nicht einmal, wer versucht hatte, ihn umzubringen und Elias nicht, wen er versucht hatte, zu retten. Das war es doch wert, herauszufinden, oder etwa nicht? Inspiration: Der wundervolle Streit zwischen Tiren & Elias im RPG Three Days Grace „Drown“ & „Let you Down“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)