Der Wolf in mir von Momokolloi ================================================================================ Kapitel 10: Falsche Vorurteile? ------------------------------- Am nächsten Morgen wurde sie von etwas weichem und feuchtem in ihrem Gesicht geweckt. Blinzelnd öffnete Lindsey ihre Augen und Blickte in die Augen von Black Baby. „Guten Morgen mein Süße.“ begrüßte sie ihre schwarze Stute und gähnte ausgiebig. „Na hast du gut geschlafen?“ Zur Antwort bekam sie ein zufriedenes Schnauben. „Und gefrühstückt hast du anscheinend auch schon.“ stellte Lindsey mit einem Blick auf den fast leeren Beutel fest, der neben ihr lag und am vorherigen Tag noch halbvoll gewesen war. Jetzt lagen nur noch ein paar Äpfel darin. Lindsey schnappte sich einen, nachdem sich ihr Magen bemerkbar gemacht hatte. Nach ihrem, nicht gerade reichlichen, aber ausreichendem Frühstück, machte sie sich mit Black Baby auf zu einem nahegelegenem kleinen Bach. Dort trank sie und wusch sich ihr Gesicht. Danach machte sie sich auf in das Innere von Boston, wo sie sich ein wenig umschauen wollte. Ihre schwarze Stute gönnte sie ein wenig „Freizeit“ und ließ sie auf einer Wiese grasen. Zu Fuß entdeckte Lindsey allerhand und staunte über das Leben in Boston. Sie schaute sich viele verschiedenen Läden an, kletterte auf den Dächern der Stadt, worauf sie mehr als nur einmal,von den Wachen ermahnt wurde hinunter zu kommen, und spielte gegen ein paar Männer, in einem Gasthaus, Mühle. Der Vormittag flog für sie nur so dahin. Nach, einem faden, Mittagessen, schlenderte Lindsey die Straßen Bostons entlang und überlegte wie sie sich den restlichen Tag noch vertreiben konnte. Als sie um die nächste Straßenecke bog, gab es auf einmal ein lautes RUMMS! Und wenige Augenblicke später fand sich Lindsey auf ihrem Allerwertesten wieder. „Oh, das tut mir leid, ich hab nicht aufgepasst.“ entschuldigte sich ihr Gegenüber und reichte ihr die Hand. „Ach das macht doch nichts, ich.....“ als Lindsey aufschaute blickte sie in das Gesicht von Lucar. „Lucar? Was machst du den hier?“ „Das sollte ich eher dich fragen. Ich wohne hier und du?“ er zog nach oben. „Ich muss mir den Tag vertreiben bis morgen, dann ist deine Schwester mit den Änderungen an meiner Robe fertig.“ „Und was hast du heute noch vor?“ fragte er sie, doch Lindsey zuckte nur mit den Schultern. „Ich könnte dir ein bisschen was von Boston zeigen, wenn du willst.“ „Ein bisschen hab ich schon gesehen. An was hast du so gedacht?“ Statt einer Antwort, bekam sie nur ein Grinsen. „Ahhhhhh, was war das denn?“ schrie Lindsey. „Hahaha nur eine Ratte. Du bist aber ganz schön Schreckhaft.“ „Dafür kann ich nichts, ich hab nun mal Angst im Dunkeln.“ gab sie trotzig zurück und rückte ein Stück näher an ihren Begleiter, der die einzige Lichtquelle zu haben schien, die es hier unten gab. Und aus einem, ihr, unerklärlichen Grund, fühlte sie sich an Lucars Seite sicher. Vielleicht hatte es etwas mit seiner Erscheinung und seinem Charakter zu tun. Er zeigt so gut wie nie Furcht oder Angst. Doch irgendetwas an ihm war geheimnisvoll und Lindsey wollte herausfinden was es ist. Die vorherigen Stunden sind die beiden durch Boston gelaufen. Lucar hat Lindsey alle möglichen Plätze gezeigt, die ihn persönlich sehr gefielen. Manche davon eigneten sich gut zum verstecken und Lindsey prägte sich diese, ohne ihrem neuen Freund zu erzählen wozu, ganz besonders ein. Lindsey hielt es für das Beste, wenn sie Lucar nichts von ihrer Zugehörigkeit im Assassinen-Orden erzählte. Er könnte vielleicht später, dadurch das er mit ihr im Kontakt war, in Schwierigkeit. Nachdem Lucar ihr die meisten tollen Orte gezeigt hatte, wollte er ihr noch einen Ort zeigen, bevor Lindsey zurück zu ihrem Schlaflager ging. Und da der Ort am anderen Ende der Stadt lag und die Sonne aber schon am untergehen war, schlug er vor die Untergrundtunnel von Boston zu benutzen. „Im Untergrund von Boston ist es zwar nicht gerade gemütlich, aber es ist eine tolle Sache um schnell von A nach B zu kommen. Wenn man sie kennt und weiß wo man lang gehen muss, ist man schnell an seinem Ziel.“ erklärte Lucar. „Ich hoffe mal, dass du weißt wo es langgeht, sonst finden wie hier ja nie raus.“ sagte Lindsey und erschrak als plötzlich ein Balken über ihr bedrohlich knarrte. „Bist du dir sicher das es hier unten auch nicht Gefährlich ist?“ fügte sie mit unsicherem Blick auf die Balken hinzu. „Ganz sicher.“ beschwichtigte ihr Begleiter sie. „Der Untergrund existiert schon lange und es ist schon lange nichts mehr eingestürzt. Und hier raus finden wir schon. Unerfahrene Leute würden eine Weile hier herumirren, aber ich habe die Tunnel schon oft benutzt und weiß wo man lang muss.“ Lindsey konnte sich nicht erklären wie ein normaler Mensch sich das merkwürdige Tunnelsystem nur merken konnte. Sie hatte versucht sich ihren Ausgangspunkt zu merken, doch schon bei der fünften oder siebten Abbiegung, war sie so durcheinander gekommen, dass sie aufgehört hatte zu zählen wie viele Tunnel sie schon entlang gegangen sind. Und allmählich kamen ihr Zweifel auf, ob Lucar den überhaupt den Weg kannte, oder ob er nur angeben wollte. Doch ihre Zweifel verflogen schnell, als sie Licht an einem anderen Ende eines Tunnels sah und wenige Augenblicke später befanden sich beide in einem Raum, an dessen Wand, vor ihnen, eine war. Über der Tür stand ein Schild. „South Commons.“ las Lindsey laut vor. „Was wollen wir da?“ „Das wirst du schon sehen.“ Die Sonne blendete Lindsey, sodass sie ihre Augen zusammenkneifen musste. Sie weiß nicht wie viele Minuten oder Stunden sie im Untergrund zugebracht haben. Doch es waren genug, das sich ihre Augen zu sehr an die Dunkelheit dort unten gewöhnt hatten. Es dauerte ein paar Momente, bis sich ihre Augen an das Tageslicht gewöhnt hatten. Es mochte später Nachmittag gewesen sein, – fast schon Abend - den die Sonne trat gerade ihren letzten Lauf des Tages an; wo sie schon über die Hälfte geschafft hat. „Komm mit, hier geht’s lang.“ Lucar lief um einen weißen Turm herum, zu einem kleinen Schuppen der gleich daneben angebaut war, genauso wie der Eingang in den Untergrund – nur auf der anderen Seite. Lucar stieg auf das Dach des Schuppens und kletterte von da, an den kleinen Gitterfenstern, die in dem weißen Pulverturm eingelassen waren, nach oben zum Dach. Die 15 Jährige staunte wie gut der Franzose klettern konnte, was sie ganz und gar nicht von ihm erwartet hatte. Doch Lindsey wollte nicht dastehen wie ein feines Mädchen, das es sich zu fein war zu klettern. Es war für sie ein leichtes, den vielleicht 5m großen Turm, hochzuklettern. Das Dach war kein spitz zulaufendes, wie das einer Kirche, sondern vielmehr eine Kuppel, in Form einer Halbkugel. Anfangs hatte Lindsey Schwierigkeiten auf dem der Halbkugel Halt zu finden, doch wenn sie ihre Beine anwinkelte und sich mit ihrem Händen abstützte funktionierte es. „Das ist mein Lieblingsplatz in Boston. Ich komme oft hierher und denke nach.“ „Worüber?“ „Über das Leben. Welchen Sinn es hat. Im Prinzip ist jeder Mensch ein Teil eines Ganzen. Eine Schachfigur auf einem Spielbrett wenn man so will-“ „Und wer soll das Spiel kontrollieren?“ warf Lindsey in Lucars Philosophie ein. „Es gibt gewisse Personen die dazu bestimmt sind anderen den Weg zu weisen.“ „Dann sollten sie aber nicht kontrolliert werden, sondern ihre eigenen Entscheidungen treffen, ihre Meinung sagen und vertreten. Man kann Menschen nicht so einfach kontrollieren.“ „Kann man nicht?“ fragte er sie mit einem provozierenden Ton. „Und was war mit den alten Königreichen? Jeder gehorchte dem König und tat was er ihnen sagte. Und weil sie das taten erreichten sie auch ihre Ziele, gewannen Schlachten, entwickelten sich weiter.....“ Lindsey hörte schon gar nicht mehr zu, was Lucar von den alten Zeiten erzählte und starrte in die untergehende Sonne, die vor ihr - hinterm Horizont - langsam im Meer versank. Ist es wirklich besser, wenn alle von jemanden beherrscht werden? fragte sie sich. Sie war vorher immer der Überzeugung gewesen, dass jeder frei entscheiden sollte und sich seine eigene Meinung bilden sollte. Das lehrte sie auch Achilles und Connor erzählte ihr das gleiche. Und nun wurde alles von einem jungen Franzosen, der gerne vor sich hin Philosophierte, ins wanken gebracht. Lindsey verabschiedete sich von Lucar, als die Sonne schon bis zur Hälfte versunken war. Den ganzen Weg über, dachte sie über das nach was Lucar gesagt hat. Black Baby kam ihr freudig entgegen getrabt und holte sich erst mal eine Portion Schmuseeinheit ab. Sie hatte anscheinend einen schönen Tag gehabt. In der Nacht schlief Lindsey kaum. Immer wieder hallten die Worte Lucars, Achilles und Connor in ihrem Kopf herum und sie wusste nicht was sie mit all den ganzen Argumenten anfangen sollte. Und sie dachte über das Credo der Assassinen nach, ob es wirklich so gut sei wie es scheint. Ist es denn richtig für Freiheit zu kämpfen, wenn dann die Gefahr besteht, dass es alles im Chaos enden könnte? Doch was ist dann echte Freiheit? Ist es das man tun und lassen kann was man will? Oder ist freie Entscheidungen treffen zu können, die aber nur in bestimmten Bereichen des Lebens gelten? Früher kämpften die Assassinen für Frieden. Doch ist Frieden und Freiheit das Gleiche? Wollen die Templer nur die Kontrolle über die Menschen haben, weil sie sie vor größeren Schaden und törichten Entscheidungen bewahren wollen? Oder streben sie wirklich nur nach dem Gefühl der Macht? Lindsey Kopf tat von dem ganzen Denken weh und in ihrem tiefsten Innersten war ein heilloses Chaos ausgebrochen. Und sie fragte sich, ob sie es je wieder ordnen könne. Zwar wusste sie nicht wie, aber schaffte sie es dennoch unter diesen bedrückenden Gedanken irgendwann einzuschlafen. Am nächsten Morgen wachte sie, zwar noch ein wenig müde, aber mit ein wenig Vorfreude auf, denn heute konnte sie ihre fertige Robe abholen. Black Baby war heute gewillt mitzukommen, egal was Lindsey auch sagte. „Lindsey, komm rein. Ich bin gerade fertig geworden, ich bin sicher das es dir gefällt.“ Juliette schob ihre Freundin und Kundin in den hinteren Teil des Ladens, wo der Zutritt für „normale“ Kunden verwehrt blieb. „Und was sagst du?“ Stolz präsentierte Juliette ihr die umgeschneiderte Assassinen-Robe. Die Form, Stoff und Farbe der ganzen Kleidung waren zwar geblieben, doch wurde alles ein bisschen enger geschneidert. Alles war so gut geschneidert, dass man nicht einmal an den veränderten Stellen, irgendwelche zusätzlichen Nähte sah. „Wow.“ entfuhr es Lindsey nur. Sie wusste nicht was sie noch sagen sollte. Juliette hatte es so gut umgeschneidert, dass es ihre Vorstellungen, die sie hatte, bei weitem übertraf. Langsam fuhr das begeisterte Mädchen, mit den Fingerspitzen über den Stoff der neuen Kleidung. „Und? Gefällt es dir?“ hackte Juliette nach, um sicher zu gehen, dass alles zur Zufriedenheit ihrer Kundin ist. „Ob es mir gefällt?“ fragte sie. „Machst du Witze, ich bin begeistert! Ich hätte so etwas nie erwartet. Das übertrifft meine ganzen Vorstellungen. Vielen Dank, Juliette! Es ist perfekt.“ Lindsey fiel ihrer Freundin um den Hals und bedankte sich immer wieder. „Schon gut. Zieh es doch mal an, ich möchte sehen ob ich es auch richtig genäht hab.“ sagte sie. Doch alles war perfekt. Es war nicht zu eng genäht, was Lindsey viel Bewegungsfreiheit schaffte. Die Ärmel waren am Ende ein bisschen weiter, sodass sie ihre Versteckten Klingen dort gut unterbringen konnte. Die Kapuze war nun nicht mehr so groß und verschaffte ihr eine gute, ausreichende Sicht, als vorher. Alles war zu Lindsey vollster Zufriedenheit, doch als ob das nicht schon genug wäre, holte Juliette eine kleine Tasche hervor. „Hier, ich dachte das könntest du auch noch gut gebrauchen. Ich hab sie ein bisschen größer gemacht, sodass mehr reinpasst.“ Es war die Munitionstasche ihres Großvaters, in der nun doppelt so viele Kugeln reinpassten. Lindsey konnte gar nicht mehr aufhören sich zu bedanken. Sie war froh über alles neue, was sie heute bekommen hatte. Sicher und sorgfältig verstaute sie die Robe in ihre Satteltasche. Als beide draußen vor der Tür standen um sich zu verabschieden, ertönte ein fürchterliches Geschrei vom Marktplatz her. Und wenige Augenblicke später kam ein kleines Mädchen auf Juliette zugerannt. „Juliette! Juliette, auf dem Marktplatz, da....da ist...“keuchte die Kleine. „Langsam Magdalena, du bist ganz außer Atem. Was ist den los?“ versuchte die Ältere sie zu beruhigen. Die Kleine atmete zwei- dreimal kurz und sprach dann schnell was sich auf dem Marktplatz, vor wenigen Minuten, zugetragen hatte. Lucar und Pietro haben sich mit ein paar Briten angelegt, als diese sie schlagen wollte, da sie aus versehen in diese hin eingerannt ist. Und nun kämpften sie gegeneinander. „Was mein Bruder und Pietro prügeln sich mit ein paar britischen Soldaten?! Ich sag sofort Mutter bescheid.“ Lindsey sah wie Juliette hastig ins Haus lief. Sie kniete sich hinunter zu der kleinen Magdalena, die gerade mal 7 Jahre sein musste und fragte: „Kannst du mir zu ihnen bringen?“ Das kleine Mädchen nickte nur stumm und rannte vorne weg, Richtung Marktplatz. In ihren Augen lag Angst, das konnte Lindsey deutlich erkennen, weshalb sie das kleine Mädchen, nachdem sie ihr den Weg erklärte, wieder zurück zur Familie McCarthy schickte. Auf dem Marktplatz war die Hölle los, die Menschen hatten einen Kreis um die Prügelszene gebildet und feuerten die Kämpfenden an. Andere britische Soldaten, die dem Kämpfen ein Ende setzen wollten oder zur Verstärkung kamen, wurden von der dichten Menschenmasse nicht durchgelassen. Eigentlich hätte man leicht den Platz gefunden, doch Lindsey wollte so schnell wie möglich zu dem Kampfplatz hin. Lindsey versuchte sich durch die Menschenmasse durchzudrängen, doch ihre Versuche hindurch zu kommen waren alle vergebens. Sie schaute sich um und erspähte eine gute hohe Stelle von einem Haus, von dem sie gut in das Kampfgeschehen eingreifen könnte, ohne sich durch die Menschen zu drängen. Schnell und flink kletterte sie die Hausfassade hinauf und war in wenigen Sekunden auf dem Dach. Die Wachen, die unten standen, waren zum Glück zu sehr mit der Prügelei beschäftigt, als auf sie. Lindsey fand eine gute Stelle, von der aus sie in die Mitte des Kreises gelangen könnte. Zwar war es schon ein wenig hoch, doch war sie solche Höhen gewöhnt und wenn sie richtig abrollte konnte ihr nicht viel passieren. Unten, bei dem Kampf, sah es gerade nicht gut für Lucar und seinen Freund aus. Beide mussten viel wegstecken, da sie nicht sonderlich bewaffnet waren und auch anscheinend keine großartigen Kampferfahrungen. Pietro hatte eine Platzwunde am Kopf und Lucars linkes Bein eine Schnittwunde und alle beide waren übersät von kleinen Wunden und Kratzern. Sie hielten sich zwar wacker gegen die beiden Briten, doch waren sie kämpferisch total im Nachteil. „Große Klappe, aber nichts dahinter.“ höhnte einer der beiden Soldaten und stieß Pietro mit solcher Wucht nach hinten, dass dieser in voller Länge auf den Boden fiel. Da wurde es Lindsey zu viel, die nahm Anlauf und sprang über die drumherum stehende Menschenmasse, direkt in die Mitte.Gleichzeitig riss sie bei ihrer Landung einen der beiden Soldaten mit, sodass dieser mit dem Gesicht auf den Boden aufschlug. Als dieser sich wieder aufrappelte war sein Gesicht blutüberströmt. Er hatte eine Platzwunde und seine Nase war nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form, sondern stark nach rechts verbogen. Es sah aus als ob er mit dem Gesicht – in vollem Tempo – gegen die Wand gelaufen wäre. Die Nase war mit größter Sicherheit gebrochen. Erschrocken und wütend, über die plötzliche Ankunft des Mädchens, aber auch über die demolierte Nase seines Kumpanen, fuhr der andere Soldat Lindsey an. Doch als er in ihr Gesicht blickte wurde er von neuem überrascht. „Ach, kenn' wir uns nicht?“ fragte Lindsey. „Ja, natürlich ihr wart der unhöfliche Flegel von vor zwei Tagen nicht wahr?“ „Du schon wieder, kleines Miststück.“ zischte er ihr entgegen. „Ich habe gehofft das wir uns nochmal über den Weg laufen, damit ich es dir so richtig heim zahlen kann. Wo ist den dein blöder Gaul, mit dem hab ich auch noch eine Rechnung offen.“ „Es tut mir sehr leid aber mein Pferd steht heute nicht zu eurer Verfügung, stattdessen müsst ihr mit mir Vorlieb nehmen.“ „Ohoho, das werde ich, vertrau mir und dann ist dein blödes Pferd dran.“ Mit diesen Worten hieb er mit seiner Muskete nach ihr. Lindsey sprang im richtigen Augenblick noch nach hinten und ließ die bedrohliche Klinge, der Waffe, um eine Haaresbreite an sich vorbei sausen. Ehe der aufgebrachte Soldat seine Waffe wieder oben hatte, machte Lindsey zwei schnelle Schritte nach vorne und trat ihrem Angreifer mit dem Knie in die Magengegend. Ihr Gegenüber hatte, nachdem er sich von dem Tritt wieder aufgerappelt hat, keine Zeit für einen Angriff, den schon wurde mit kurzen schnellen Schlägen attackiert, die zwar nicht fest waren, aber empfindliche Stellen des Körpers trafen. Ein kurzer präziser Schlag ins Genick folgte und der Rotrock sah nur noch Sterne. Lindsey wandte sich seinem Kollegen zu, doch dieser sah aufgrund des vielen Blutes, das unaufhörlich sich einen Weg durch sein Gesicht nach unten bahnte, so gut wie nichts mehr, weshalb Lindsey ihn einfach in Ruhe ließ. Es würde für ihn schon schlimm genug sein, wenn er den Rest seines Lebens mit einer schiefen Nase rumlaufen müsste, falls man sie nicht wieder richten könnte. Stattdessen wendete sich das Mädchen den beiden tapferen jungen Männern zu. „Alles okay bei euch beiden?“ fragte sie. Lucar nickte nur, doch sah man seinem schmerzverzerrtem Gesicht an, dass das Gegenteil der Fall war. Und auch Pietro hielt sich mit einer Hand die Stirn, aus der immer noch Blut heraustrat. „Wir sollten erstmal von hier verschwinden.“ meinte Lindsey und sah beide mit kritischem Blick an. „Denkt ihr, ihr schafft es bis zu eurem Haus? Wir müssten aber ein paar Umwege durch Seitengassen gehen, sonst erwischen uns die Briten gleich wieder, wenn wir einfach so über den Marktplatz spazieren.“ Das laute Geschrei der Briten, die nicht durch die Menschenmasse kamen, war ein deutliches Zeichen, das sie jetzt verschwinden sollten. Die zwei jungen Männer und die 15 Jährige versuchten so schnell wie möglich durch die Menschenmasse zu kommen, die sich langsam wieder auflöste. Doch kamen sie nur langsam voran, denn die Verletzungen von Lucar und Pietro, machten den beiden sehr zu schaffen. Da viel Lindsey eine offene Tür auf, die nicht weit von ihnen entfernt war. Sie schob die beiden darauf zu. Schnell waren sie vom Geschehen des Marktplatzes verschwunden und liefen durch das Haus in den Hinterhof. Doch zum Ausruhen war keine Zeit und zu mussten sie weiter, durch Seitengassen und Hinterhöfe, bis sie schließlich im Hinterhof von Lucars Familie ankamen. Kaum waren sie angekommen kam auch schon Juliette aus der Tür gestürzt, gefolgt von ihrer Mutter und einer Bediensteten. „Mon dieu, was haben sie nur mit euch beiden gemacht?“ rief Miss McCarthy entsetzt. Ihre Stimme war hoch und wies einen starken französischen Akzent auf. Sie war eine Frau von großer, schlanker Gestalt und ihr dunkelbraunes Haar war elegant hochgesteckt, was sie sehr jung aber auch erwachsen aussehen ließ. Sie kniete sich neben ihren Sohn und besah sich seiner Wunden. Juliette ging zu Pietro. „Nanette, mach warmes Wasser fertig und bring es in die Küche. Wir werden die Wunden dort versorgen.“ befahl sie ihrem Dienstmädchen. Dieses nickte und eilte mit einem „Jawohl, Madame.“ ins Haus um das warme Wasser aufzusetzen. Lindsey half Miss McCarthy ihren Sohn in das Haus reinzubringen. Auf die Frage hin, von der Hausherrin, wer dies sei, schilderte Lucar kurz wie Lindsey ihm und Pietro aus der misslichen Lage geholfen hat und Juliette hängte ihre Geschichte von vor zwei Tagen an. Ihre Mutter, daraufhin, dankte Lindsey überschwänglich und sagte ihr, sie sei immer willkommen, egal wann. Wenige Minuten später ging die Haustür auf und das Dienstmädchen Nenette eilte sofort hin um den Angekommenen zu begrüßen. Es dauerte nicht lange, da schritt auch schon ein Mann in den Raum hinein. Lindsey überkam ein Gefühl der Ehrfurcht und Angst, sie konnte die Macht des Mannes förmlich spüren die von ihm ausging. Auch wenn er nicht sehr gefährlich aussah, merkte man trotzdem das er eine hohe Person sein musste. Und das zeigte er auch im ersten Moment. „Lucar wie oft hab ich dir schon gesagt das du dich nicht mit den Briten anlegen sollst, Sohn. Du schadest nur den Ruf unserer Familie damit. Die Leute werden denken, dass ich nicht einmal meinen eigenen Sohn unter Kontrolle hab. Ich hoffe das war das letzte Mal, dass so etwas passiert. In Zukunft möchte ich von solchen Vorfällen nichts mehr hören. Ich hoffe wir haben uns da verstanden.“ Der betroffene und scheinbar auch beschämte Sohn senkte seinen Kopf. „Qui Papa, ich werde in Zukunft darauf achten.“ Seine Stimme war eisern und hart, aber hatte auch etwas nettes in sich. Er sprach perfekt Englisch und wenn Lindsey nicht gewusst hätte das die Familie aus Frankreich kam, wurde sie fast denken das Mr. McCarthy ein waschechter Engländer wäre. „Messer McCarthy es war nicht seine Schuld,“ verteidigte Pietro ihn, „ich habe ihn dazu überredet...“ „Das ist genug Pietro. Du solltest am besten wissen, dass das Ansehen deines Vaters ebenfalls auf dem Spiel steht und das es sogar noch wichtiger ist als meines. Ich möchte nicht wissen wie er auf eure Aktion reagiert. Er wird sehr enttäuscht sein, vorallem von dir.“ „Si, es tut mir sehr leid.“ entschuldigte sich Pietro. „Vater bitte sei nicht so streng, es ist ja alles nochmal gut gegangen. Danke Lindsey. Wäre sie nicht gewesen, würden jetzt Lucar und Pietro nicht hier sitzen.“ warf Juliette ein. Er schaute erst Lindsey und dann seine Frau an, die stumm, als Bestätigung, nickte. Der Hausherr konnte das anscheinend nicht glauben, dass so ein kleines Mädchen zwei Briten erledigt haben soll, und zog verwundert die Augenbrauen hoch, als er Lindsey musterte. „Tja,“ sagte er schließlich „sieht so aus als hätten wir etwas zu feiern.“ „Zu feiern? Was denn?“ fragte Lindsey. „Na deine Rettungsaktion.“ erinnerte Juliette sie. „Wir würden uns alle sehr freuen, wenn du bis zum Abendessen bleiben würdest. Ich koche ein richtiges Festmahl.“ verkündete Mrs. McCarthy. „Das tut mir leid,“ fing Lindsey an „aber ich muss schon heute wieder nach Hause reiten. Vielleicht ein andern Mal.“ „Papa, wir können doch Lindsey mit zum Tanzball nehmen, der der in ein paar Wochen stattfindet.“ schlug Juliette vor. „Das ist eine gute Idee mein Engel.“ sagte und sprach zu Lindsey gewandt: „Es wäre mir eine Ehre sie als Ehrengast mit auf den Tanzball zu nehmen.“ „Oh das ist nicht nötig, außerdem kann ich gar nicht tanzen und angemessene Kleidung für so einen Anlass habe ich auch nicht.“ gestand sie. „Ich akzeptiere kein nein. Wir stellen euch alles zur Verfügung und Juliette bringt euch schon das tanzen bei.“ Juliette nickte und sagte freudig „Klar, das mach ich doch gerne.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)