Der Wolf in mir von Momokolloi ================================================================================ Kapitel 3: Der Brief und weitere Entdeckungen --------------------------------------------- Die aufgehende Morgensonne schien durch das Fenster und erhellte so langsam, nach und nach den kleinen Raum. Die Nacht flüchte nach der Ankunft der Sonne in die hintersten Ecken des Zimmers und warteten dort auf die Dämmerung. Alles schien sich zu regen. Nur eine nicht. Lindsey lag immer noch in ihrem Bett und schlief tief und fest. Sie überhörte sogar das Krähen des Hahnes und die anderen lauten Tiergeräusche. Das alles störte sie nicht. Bis der Hahn auf das Vorderdach kletterte – genug Kisten und Fässer standen da, sodass er mühelos hoch hüpfen konnte - sich direkt vor ihr Fenster platzierte und ein lautes „Kikerekiiiiiiiiiiiiiiiiiiii.....“ von sich gab, sodass Lindsey erschrocken aus ihrem Schlaf hoch fuhr und beinahe wieder aus dem Bett gefallen wäre. Genervt schaute sie zum Fenster, wo der nervtötende Gockel immer noch sein ohrenbetäubendes Gekrächze von sich gab. Na warte. Dir werd' ich's zeigen mein Lieber, dachte Lindsey und schnappte sich mit einem gemeinem Grinsen ihr Kopfkissen. Als der Gockel noch einmal seine „wunderschöne“ Morgenhymne anstimmen wollte, holte Lindsey aus und schmiss mit voller Wucht ihr Kissen gegen das Fenster. Es gab einen lauten Knall. Der Gockel erschrak sich so sehr, dass er vom Vorderdach sprang und wie eine, von der Biene, gestochene Wildsau davonraste. Lachend schmiss sich Lindsey auf ihr Bett. Das war ein Spaß. Aber jetzt sollte ich mich vielleicht fertig machen und runter gehen zum Frühstück. Gähnend stand sie auf und ging zum Tisch hinüber, auf der man ihr eine Schüssel Wasser hingestellt hatte, mit einem Handtuch daneben. Lindsey wusch sich das Gesicht und machte sich dann daran die Sachen anzuziehen, die sie sich von den Nachbarhäusern geborgt hatte. Sie selbst hatte ja nur das Nachthemd angehabt, als sie in der Nacht Hals-über-Kopf fliehen musste. Und das konnte sie ja schlecht anziehen und außerdem war es schon so kaputt gewesen, dass sie es gar nicht mehr gebrauchen konnte. Von den Nachbarn hatte sie viel brauchbare Sachen bekommen. Darunter waren eine dicke Strumpfhose, ein paar Hemden, ein Hose, die ihr ein bisschen zu lang war, aber wenn man sie hochkrempelte ging es, Jacken und einen Mantel. Lindsey suchte sich die Sachen raus die passten und machte sich dann auf den Weg nach unten. Als sie unterwegs nach unten war, musste die noch einmal an den Brief denken, denn ihr ihr Großvater hinterlassen hat. Sie hatte ihn gestern Abend im Bett immer wieder gelesen und ihn anschließend unter das Kopfkissen gelegt damit er ihr nicht abhanden kommt. Die Worte des Briefes wurden vor zwei Jahre zu Papier gebracht. Genau an Lindseys Geburtstag. Lindsey rief sich noch einmal die Wörter ins Gedächtnis, die auf dem Papier standen. Liebe Lindsey, ich weiß das eines Tages der Tag kommen wird, an dem ich nicht mehr für dich da sein kann. Doch hoffe ich das dieser Tag mir für eine weile noch fernbleibt. Ich habe mir im Laufe meines Lebens viele Feinde gemacht, die mich wahrscheinlich immer noch suchen und an mir Rache nehmen wollen. Als ich so alt war du, begann meine Ausbildung in einer Bruderschaft. Die Leute wurden da auch Assassinen genannt. Sie kämpfen für die Freiheit und den Frieden in der Welt, in dem sie gegen die Templer kämpfen, die zwar das selbe Ziel haben wie sie, es aber auf eine vollkommen falschen Weise tun wollen. Ich wurde mit 10 Jahren von dem Orden aufgelesen, als ich nach dem Tod meiner Eltern ein Waisenkind geworden bin und mich auf den Straßen von Boston durchschlug. Sie gaben mir alles was ich brauchte. Kleidung, Essen, eine Unterkunft. Doch nicht nur das. Sie unterrichteten mich und bildeten mich zu einem Assassinen aus. Mit zwölf Jahren wurde ich in die Bruderschaft aufgenommen und somit ein Assassine. Ich war ein recht junger Assassine und voll von Fehlern und ich hatte noch viel zu lernen. Während meiner Zeit bei dem Orden, machte ich die Bekanntschaft mit Achilles Davenport. Er war ebenfalls ein Assassine wie ich und wir wurden Freunde. Er half mir oft, wenn ich in Schwierigkeiten war. Vielleicht siehst du jetzt auch den Sinn und Grund darin, warum ich dich ausgebildet habe. Du sollst mein Werk, für Frieden und Freiheit zu sorgen, weiterführen und in den Orden eintreten. Doch halte deine Identität als Assassine geheim und vertraue sie keinen an. Die Templer haben ihr Augen und Ohren überall. Deshalb wird es auch wahrscheinlich nicht mehr lange dauern bis sie mich finden werden. Es kann dann auch sein das deine Ausbildung noch nicht abgeschlossen ist und ich dich noch nicht in die Geheimnisse des Ordens eingeweiht habe. Dann geh bitte zu Achilles und bitte ihn dich weiter auszubilden. Falls er sich weigern sollte, sag ihm das du meine Enkelin bist und gib ihm den Brief er wird es dann verstehen. Er wohnt in der Davenport Siedlung. Bitte versteh mein Tun und Handeln. Du bist das einzige was mir im Leben geblieben ist. Ich liebe dich, meine Enkelin. Dein Großvater Unter dem Tisch im Esszimmer, findest du den Schlüssel zu meinem Geheimnis. Lindsey hatte sich den Brief viele Mal durchgelesen und immer wieder füllten sich ihre Augen bei den letzten Sätzen mit Tränen. Sie konnte es immer noch nicht verkraften das ihr Großvater tot war und sie nun ganz allein da stand. Das einzige woran sie sich halten konnte waren die Worte aus dem Brief. Aber zuerst würde sie nach Hause reiten und alles wichtige mitnehmen. Und natürlich das Geheimnis von dem ihr Großvater schrieb. Was meint er nur mit Schlüssel zu meinem Geheimnis. Vielleicht ein richtiger Schlüssel oder mehr so eine Art Hinweis auf etwas anderes. Während sie über diesen Satz nachdachte, kam sie unten an, wo die pummelige Gastgeberin schon damit beschäftigt war, dass Frühstück zu servieren. „Guten Morgen.“ grüßte Lindsey höfflich. „Oh, Guten Morgen Herzchen. Na hast du gut geschlafen?“ fragte sie. „Ganz gut.“ gab Lindsey zurück. „Wo ist den Sir Kenway, Mam'? Ist er etwa noch nicht aufgestanden?“ „Oh doch. Der werte Herr Kenway ist erstaunlich früh auf den Beinen gewesen. Er ist draußen bei den Ställen und kümmert sich um sein Pferd.“ „Danke, ich geh gleich zu ihm.“ Mit diesen Worten lief sie zur Haustür. „Sag ihm Bescheid dass das Essen gleich fertig ist!“ rief die Frau ihr hinterher. „Jaaaaaaaaaaaaaaaaa,......“ kam es aus der Ferne zurück. Die Gasgeberin schüttelte den Kopf. „Was für ein kleiner Wildfang.“ murmelte sie. Lindsey traf im Stall ein, als Haytham gerade dabei war sein Pferd zu füttern. „Guten Morgen, Sir.“ „Guten Morgen,“ gab er zurück „ausgeschlafen?“ „Mehr oder weniger.“ sagte Lindsey und grinste dabei. Sie musste an den armen Gockel denken, dem sie einen gehörigen Schrecken eingejagt hat. „Ich soll ihnen nur Bescheid sagen, dass das Essen gleich fertig ist.“ „Danke, ich bin gleich fertig. Wenn du dann auch soweit bist, können wir nach dem Frühstück losreiten.“ Lindsey nickte nur. Als sie gerade wieder rüber gehen wollte, fragte Haytham sie: „Und wissen sie schon wie es bei ihnen weiter geht, Miss?“ „Sie können ruhig du zu mir sagen.“ korrigierte sie ihn „Ich werde zu einem Freund von meinem Großvater gehen und ihn bitten mich bei ihm aufzunehmen.“ „Was ist mit deinen Eltern?“ „Sie sind tot. Also jedenfalls meine Mutter. Von meinem Vater weiß ich nichts, ich hab ihn nie gekannt.“ „Das tut mir sehr leid?“ „Ist nicht so schlimm. Mir haben sie nie wirklich gefehlt. Meine Großeltern haben sich gut um mich gekümmert, als ob sie meine eigenen Eltern gewesen wären. Und sie? Was ist mit ihnen, Sir? Haben sie keine Familie?“ „Meine Eltern sind beide tot. Mein Vater wurde ermordet, als ich 9 Jahre alt war. Meine Mutter starb 15 Jahre später. Jenny, meine Halbschwester, ist die einzige die aus meiner Familie noch überlebt hat.“ „Oh,“ sagte Lindsey nur und das war auch das einzige, was sie über die Lippen brachte. Sie hatte ja keine Ahnung das ihr Retter, auch dasselbe Schicksal wie sie erleidet hat. Sie murmelte noch ein „Das tut mir sehr leid für sie, Sir.“, doch Haytham schüttelte nur den Kopf. „Es ist gut das es so geschehen ist, denn ich hab erkannt das es wichtigere Dinge gibt. Und das hätte ich nicht, wenn meine Eltern nicht gestorben wären.“ „Und haben sie selber Kinder?“ versuchte Lindsey vom Thema abzulenken. „Nein. Ich hätte keine Zeit für Kinder und eine eigene Familie. Und du?“ Das war eine überraschende Frage. Lindsey wusste darauf keine Antwort. Sie hatte sich noch nie Gedanken um ihre Zukunft gemacht, denn sie hatte ja alles was sie wollte. Oder besser gesagt, hatte alles gehabt. Jetzt stand sie mit nichts da und hatte nur ein einziges Vorhaben. Zu Achilles gehen und ihn fragen ob er sie aufnimmt. Doch was wenn der Freund ihres Großvaters dies nicht tat, trotz des Wissens darüber, dass sie die Enkelin seines Freundes aus vergangenen Zeiten war. Dann würde sie mit nichts dastehen und müsste sich Arbeit suchen. Aber eine Familie gründen? Nein, das konnte sich Lindsey nicht vorstellen. Haytham merkte wie unangenehm ihr das Thema zu seien schien und wechselte das Thema. „So ich bin fertig. Gehen wir jetzt rüber und frühstücken?“ Sie nickte nur. Sie war mit ihren Gedanken ganz woanders gewesen. Auf dem Weg zum Haus überlegte sie, was sie tun sollte wenn Achilles sie nicht bei sich würde. Das Frühstück verlief recht schnell, Lindsey's Meinung nach. Doch wahrscheinlich lag das auch nur daran, dass sie die ganze Zeit nicht richtig anwesend war. Viel zu sehr beschäftigten sie ihre Gedankengänge, die sich rund um ihr bevorstehendes Schicksal drehten. Nach dem Essen machte sie sich Abreise fertig, was nicht sehr lange dauerte, da sie fast gar nichts großartig mitzunehmen hatte. Außer die Unmengen von geschmierten Broten, Obst, Gemüse und anderen Dingen, die ihr die dicke Haushälterin mitgab. Sie hatte Lindsey anscheinend in der kurzen Zeit sehr lieb gewonnen. Das Problem wie sie nach Hause kommen sollte, klärte sich schnell. Ein Nachbar bot ihr ein Pferd an, auf dem sie reiten konnte. Er würde dann – auf einem anderen Pferd - mitkommen und Lindsey's Pferd dann wieder, an den Zügeln, zurückführen. Lindsey besaß ein eigenes Pferd, mit dem sie nach Davenport reiten könnte. Falls es noch da sein sollte, was sie insgeheim hoffte. Die Reise, zu ihr, war nicht allzu schwer. Das Wetter war klar und es wehte nur ein schwacher Wind. Lindsey war froh das sie jemanden wie Haytham bei sich hatte. Er wusste noch den Weg und hatte anscheinend einen besseren Orientierungssinn als sie. Der Schnee glitzerte unter den Einstrahlungen der Sonne. Manche Landschaften waren so malerisch gewesen, dass Lindsey als kleines Kind wahrscheinlich stehen geblieben wäre und stundenlang diesen Ausblicken ihre Aufmerksamkeit geschenkt. Doch in den letzten Tagen hatte sich vieles verändert und sie war nicht mehr das Mädchen, das sie früher einst war. Sie war jetzt ein Einzelgänger. Ein einsamer Wolf, der auf der Suche nach Trost und Sicherheit war. Und vielleicht auch ein wenig Verständnis. Doch würde sie überhaupt jemand verstehen?Würde irgendjemand da draußen ihr Handeln und Denken verstehen? Die Welt lebte meist nach Vorurteilen und wenn man einmal den Stempel von jemanden bekommen hatte, brauchte es sehr viel Mühe und Zeit, diesen wieder von sich zu bekommen. Und das taten nur sehr wenige. Auch wenn sie früher sagte es kümmerte sie nicht, was war schon im Vergleich zu Heute, zum Hier und Jetzt. Sie fühlte sich innerlich verloren und kaputt. Während Lindsey mit ihrem Gedanken und Gefühlen innerlich kämpfte, kamen sie ihrem Ziel immer näher. Und bald konnte man durch die Bäume ein kleinen Bauernhof erblicken. Das Wohnhaus beinhaltete zwei Etagen. Angrenzend, neben dem Wohnhaus, befand sich ein Stall, aus dem verschiedene Tierlaute hörte, die anscheinend nach Futter schrien. Der riet zum Bauernhaus, was in einem Tal lag, war in wenigen Sekunden erledigt. Die Reisenden stiegen ab, außer der Begleiter aus der anderen Siedlung. Der nahm Lindsey's Pferd – dankend – von ihr entgegen und riet wieder Richtung Heimat. Lindsey ging zuallererst in den Stall um die Tiere zu versorgen. Ihr Großvater hatte sich mit der Zeit ganz besondere Tiere angeschafft. Da wären zum einen die Milchkuh Eli, eine Kuh die nicht bessere Milch liefern konnte. Sprinkle und Mud [eng. gespr. Sprinkel, Mad], ihre zwei Ziegen, aus deren Milch man den besten Käse der Welt machen konnte. Die Hühner Brigitte, Louise, Henna, Proudence und Berta, sind fleißige Hennen, wenn es ums Eier legen ging. Aus dem Heu kamen ihr ihre beiden kleinen Freunde, Sugar und Cream, entgegen gelaufen. Die beiden sind ihre kleinen Wachhunde, seitdem ihre Mutter vor einigen Wochen verschwand und nicht wieder zurückkehrte. Sie sind gerade mal 3 Jahre alt und noch sehr verspielt für ihr Alter. Beide stammen von echten Wölfen ab, wenn auch nur zur Hälfte. Lindsey streichelte die beiden und spielte mit ihnen ein wenig, als sich mit lautem Wiehern ihr Pferd aus der hintersten Ecke des Stalls meldete. „Ich komm schon Black Baby!“ rief sie zu ihm hinter. Black Baby. Das ist der Name ihrer schwarzen Stute. Er war zwar ein stolzes Tier, ließ sich aber ab und zu gerne verwöhnen und wie ein Baby behandeln. Daher auch der Name Black Baby. Doch war sie froh das wenigstens ihm nichts passiert ist. Sie schloss die Tür von seiner Box auf und schon kam der schwarze Stute, laut wiehernd, zu ihr und schmiegte seinen großen schwarzen Kopf an ihren. Lindsey schloss ihre Arme um das „kleine Baby“. Um allen Tieren einen gefallen zu tun, ließ sie sie - nachdem sie sie gefüttert hat – nach draußen. Sie selbst machte sich nun auf den Weg ins Haus, auch wenn es ihr nicht sehr leicht fiel. Lindsey trat durch die offene Haustür. Schnee lag auf der Türschwelle und einige Meter im Flur, der anscheinend durch den vergangenen Tag in das Haus reingefallen ist. Sie stapfte durch die wenige Meter Schnee hinweg, durch den Flur, direkt ins Esszimmer. Sie wollte unbedingt wissen was dieser besagte Schlüssel ist, von dem ihr Großvater geschrieben hat. Mit zögerlichen Schritten betrat sie das Esszimmer und schaute vorsichtig durch die Tür hinein. Sie erwartete eine Verwüstung, denn schließlich bricht niemand einfach so ein und nimmt nichts mit. Umso erstaunter war sie, als sie das Esszimmer wie immer sah. Nicht ein Möbelstück wurde verrückt, als sie weg war. Lindsey lief schnurstracks auf den Tisch zu, der in der Mitte des Raumes stand, und schaute unter ihm nach. An der Tischrückseite entdeckte sie ein Zeichen, das sie glaubte schon einmal gesehen zu haben. Das Zeichen war etwa so groß wie ihre Hand. Es sah so ähnlich aus wie ein Dreieck nur mit mehr geschwungenen Linien und es war nicht ganz geschlossen. Von der Spitze verliefen zwei – leicht geschwungene – Linien nach unten, wie bei einem Dreieck. Bei der Hälfte gingen beide Seiten leicht nach außen und bildeten somit eine kleine Spitze. Danach ging eine weitere – kürzere – Wölbung, nach innen, senkrecht nach unten, bildete noch eine Spitze und lief nach innen zu einer kleinen, dünnen Spitze zusammen. Beide Spitzen treffen sich nicht in der Mitte, sondern waren mindestens zwei bis drei Finger breit voneinander entfernt. Parallel zur oberen Spitze und zwischen den beiden Linien befand sich eine weitere – kleinere – Spitze. Von dieser gingen rechts und links eine geschwungene Linie weg, dessen Enden, wie bei den Seiten des „Dreiecks“, zu dünnen Spitzen verliefen. Lindsey starrte das Zeichen längere Minuten an und versuchte sich zu erinnern wo sie es schon einmal gesehen hat. Sie war so fokussiert, das sie nicht mitbekam wie Hayham in das Zimmer reinkam. „Hast du was gefunden?“ fragte er sie. Lindsey erschrak sich und stieß dabei mit ihrem Kopf an den Tisch. „Au, verdammt.“ fluchte sie leise vor sich hin. „Ist alles in Ordnung?“ „Was? Äh, ja ich hab mich nur erschreckt.“ erklärte sie und kam unter den Tisch hervorgekrabbelt. Hätte sie noch einmal auf die Tischrückseite geblickt, – ehe sie unter dem Tisch hervorkam – dann hätte sie gemerkt, dass, wo vorher noch das Zeichen war, nun ein kleines schwarzes Loch klaffte. „Was gibt’s denn Sir?“ „Was hast du da unter dem Tisch gemacht?“ fragte er mit einem misstrauischen Blick. Lindsey gefiel das nicht. Sie überkam das Gefühl das egal was sie sagen würde, er ihr nicht glauben würde, bis er sich selbst überzeugt hätte. Doch genau das wollte sie nicht. Krampfhaft suchte sie nach eine Antwort und sagte das erstbeste was ihr in den Sinn kam. „Ich habe.......ein....etwas hier rein laufen sehen.“ „Etwas?“ Haytham zog eine Augenbraue hoch und blickte sie fragend an. „Ja es sah aus wie ein......kleines Eichhörnchen. Ich hab mich unter dem Tisch versteckt, damit es mich nicht sieht und wieder aus seinem Versteck herauskommt.“ Natürlich. Ein Eichhörnchen.Das wird er dir nie glauben Lindsey. Meldete dich ihre innere Stimme zu Wort. „Ich sag dir Bescheid falls ich es gesehen habe.“ „Das ist sehr nett von Ihnen, Sir. Dankeschön.“ Lindsey konnte es nicht glauben. Kaufte er ihr tatsächlich die Geschichte mit dem Eichhörnchen ab? „Haben sie etwas draußen gefunden?“ lenkte Lindsey vom Thema ab. „Ja, das hab ich.“ sagte Haytham und hielt inne bevor er weiter sprach. Er suchte die Augen des gerade mal 14 Jährigen Mädchens. In seinen Augen spiegelte sich Mitleid wieder und Lindsey ahnte schon was - er draußen im Schnee – gefunden hat. „Deinen Großvater.“ Lindsey traute sich nicht so recht die Leiche ihres Großvaters zu sehen. Sie bat Haytham, ihn in das Schlafzimmer ihres Großvaters zu bringen, was sich im ersten Stock gleich rechts befand. Sie würde sich derweilen passende Kleidung anziehen und etwas zu essen machen. Auch wenn sie sich geschworen hatte nicht wieder zu weinen, konnte sie ihre Tränen doch nicht zurückhalten und weinte still und heimlich in ihrem Zimmer. Einfach alles erinnerte sie hier zu sehr an ihren Großvater. Sie würde nie darüber hinwegkommen, wenn sie nicht bald von hier fortgehen würde. Lindsey öffnete ihre Schranktür. Sie blickte auf ihre Kleidung. Manche Kleidungsstücke waren was besonderes gewesen. Wenn Lindsey mal beim Training nicht aufgepasst hatte – beim Training oder auf der Jagt was sehr häufig vorkam – und sich die Hose oder den Ärmel eingerissen hat, nähte ihr ihr Großvater meist alles so gut zusammen, dass das dann die festesten Stellen am ganzen Kleidungsstück waren. Manchmal nähte er ihre Sachen auch einfach um und Lindsey gefielen sie dann so gut, dass sie diese Sachen immer wieder anzog und sie dementsprechend auch oft waschen musste. In ihrem Kleiderschrank befand sich nichts, was nicht annähernd darauf schließen lässt das sie ein Mädchen sei. Überall waren Hosen, Blusen, Mäntel, Stiefel und andere Sachen, doch kein Anzeichen von typischer Frauenbekleidung war zu sehen. Wie zum Beispiel ein Kleid, Schürze oder ein Korsett. Wozu brauchte sie auch so was? Es war eher hinderlich ein Kleid fürs Kämpfen anzuziehen. Sicher konnte man es um nähen sodass es sogleich Vorteilhaft als auch elegant aussehen würde, doch Lindsey hasste alles was mit Kleidern zu tun hatte. Sie musste einmal eins anziehen und kam sich darin so lächerlich vor, dass sie sich schwor nie wieder eins anzuziehen. Mit angewiderter Miene – an die früheren Erinnerungen – fischte sie sich eine Bluse raus, ebenso eine Hose, eine – bis zu den Knien reichende – Uniform ähnliche Jacke und warf sich ihre Umhang darüber. Ihre Stiefel ließ sie an. Während die 14 Jährige vor dem Spiegel stand, sich ansah und noch hier und da was an ihrer Kleidung zurecht zupfte, fiel ihr auf einmal die Kommode im Spiegel auf, die hinter ihr stand. Ihr Blick schweifte zu den Verzierungen, die den Rand der Kommode zierten. Sie kniff die Augen leicht zusammen und versuchte besser zu erkennen, als plötzlich sich alles um sie herum in ein dunkles Blau hüllte. In den ganzen Kringeln und anderen Verzierungen sah Lindsey plötzlich das Zeichen wieder, dass sie unter dem Tisch gesehen hatte. Es schimmerte golden. Merkwürdig. Doch nicht nur an der Kommode, auch überall im Zimmer sah sie plötzlich das Zeichen wieder. Am Schrank, an der Tür, dem Bett, sogar an der Wand war dieses Zeichen vorzufinden. Doch das war nicht alles was sie an der Wand vorfand. Unmittelbar neben der Tür waren Schriftzüge zu erkennen, die rot schimmerten. Es sah so aus als jemand eine Botschaft an die Wand geschrieben hat. Mit Blut. Erschrocken über ihre Entdeckung, riss sie die Augen auf, stolperte nach hinten und warf den Spiegel um. Dieser fiel krachend zu Boden und Scherben sprangen durch den Raum. Lindsey zitterte an allen Gliedern, so sehr erschrocken hatte sie sich. Nicht nur wegen dem Spiegel – der jetzt sowieso nicht mehr zu gebrauchen war – sondern wegen dem was sie da gelesen hatte. Plötzlich erhellte ein Blitz das Zimmer, die Tür flog auf und eine Gestalt trat in den Raum. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)