Eine Chance auf Glück? von StarCat (~ Severus Snapes zweites Leben ~) ================================================================================ Kapitel 10: Der Halbblutprinz unter Muggeln ------------------------------------------- Severus schnappte überrascht nach Luft, als er ihren Vorschlag hörte. Er, Severus Snape, der gefürchtete Meister der Zaubertränke, sollte also einen ganzen Sommer bei einer Muggelfamilie verbringen. Abseits jeglicher Magie und allem, was ihm in seinem Leben vertraut gewesen war. Andererseits wäre Lily dann bei ihm. Er würde sie jeden Tag sehen können. Sich mit ihr unterhalten. In ihrer Nähe sein... Sein Magen zog sich in freudiger Erwartung zusammen. Diese Aussicht war so viel mehr, als er zu träumen gewagt hatte. Noch immer konnte er nicht fassen, dass sie ihm verziehen hatte. Lily Evans wollte ihm tatsächlich eine Chance geben. Wollte wieder mit ihm befreundet sein. „Also, was sagst du dazu?“, fragte sie erneut. Ihre Stimme klang ungeduldig. Er war so in Gedanken versunken, dass er einen Moment brauchte um zu bemerken, dass sie eine Antwort von ihm erwartete. „Was? Oh... Ja, es wäre super. Wenn das keine Umstände macht“, brachte er schließlich etwas zu hastig hervor. Was machte sie nur mit ihm? Er klang wie ein verdammter Idiot. Sein sonst so messerscharfer Verstand war kaum noch in der Lage, einen zusammenhängenden Satz zu bilden. „Alles klar, dann hoffe ich mal, dass meine Eltern zustimmen werden“, sagte sie und lächelte leicht. „Garantieren kann ich allerdings für nichts, mein Vater ist ziemlich altmodisch, was Besuche angeht.“ Kurz drauf erklang ein lautes Gerumpel und ein sperriger Snackwagen wurde durch die Waggontür geschoben. Gleich darauf erschien auch eine füllige, freundlich aussehende Hexe, die den Wagen vor sich herschob. „Was macht ihr zwei denn mitten im Gang? Husch, husch, setzt euch irgendwo rein!“, rief sie, als sie die beiden erblickte. Als sie näher kam, mussten Severus und Lily sich flach an die Wand drücken, um den Snackwagen vorbeizulassen. Beim Vorbeigehen schimpfte sie weiter. „Während der Fahrt ist das Aufhalten in den Gängen für Schüler nicht gestattet.“ Als sie ihre langen Gesichter sah, milderten sich ihre Gesichtszüge jedoch rasch ab. „Es tut mir ja leid, aber ich mache hier nicht die Regeln.“ Severus seufzte und warf Lily einen Seitenblick zu. Sie würden sich also wieder trennen müssen. Er würde die restliche Fahrtzeit mit Avery und Mulciber verbringen und in seinen Gedanken schwelgen, während sie sicherlich mit ihren Freundinnen zusammensitzen würde. „Okay, also dann. Wir sehen uns dann in London“, murmelte er und winkte ihr unbeholfen zum Abschied. Er wollte gerade zurück in das Abteil zu seinen Freunden gehen, als er ein leichtes Ziehen an seinem Ärmel spürte. Erst dachte er, er wäre an irgendetwas hängen geblieben. Als er sich jedoch umdrehte, bemerkte er, dass Lily sich nicht von der Stelle bewegt hatte und ihn hielt. Verwundert sah er sie an. „Stimmt etwas nicht? Was hast du?“ „Ich möchte nicht in mein Abteil zurück...“, sagte sie leise. „Können wir uns vielleicht irgendwo zusammensetzen?“ Sie sah schüchtern zu Boden, ließ ihn jedoch nicht los. Die Snackverkäuferin hatte sie offenbar gehört, denn sie drehte sich, bevor sie sich den nächsten Schülern zuwendete, noch einmal um. „Das Abteil da vorne im Gang ist noch frei, falls Interesse besteht“, sagte sie und zwinkerte den beiden zu. Lily ließ es sich nicht zweimal sagen. Rasch ging sie in die gezeigte Richtung und zerrte Severus mit sich. Etwas verwundert ließ dieser sich mitziehen. Kaum, dass sie gegenüber von einander Platz genommen hatten, ergriff er das Wort. „Jetzt sag mir doch endlich, was so Schlimmes vorgefallen ist. Du bist ja ganz außer dir.“ Lily seufzte und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Während sie sprach, fummelte sie nervös an dem Sitzpolster neben sich. „Nichts besonderes. Ich bin nur in einem Abteil mit James und seinen Freunden gelandet.“ „Wie kommt es, dass du dich ausgerechnet zu ihnen gesetzt hast?“, fragte er vorsichtig und hatte insgeheim Angst vor ihrer Antwort. „Auf jeden Fall nicht wegen der netten Gesellschaft.“ Sie verzog das Gesicht. „Meine Freundin Mary hatte mich gewissermaßen dazu genötigt.“ Ihre Worte freuten ihn ungemein, auch wenn er merkte, dass sie die Sache ziemlich mitgenommen hatte. Sie schien nicht sonderlich gut auf den Mann zu sprechen zu sein, den sie ihm damals vorgezogen hatte. „James ist wirklich ein Idiot. Er war betrunken und hat versucht, sich an mich ran zumachen.“ Sie schüttelte sich angewidert. Dann sah sie ihn direkt an was bei Severus, trotz seines Entsetzens über ihre Worte ein leichtes Kribbeln in der Magengegend verursachte. „Kannst du dir das vorstellen? Als ob ich mit seinen lächerlichen Anmachsprüchen, die er sonst immer ablässt, nicht schon genug gestraft wäre.“ Bei ihren Worten hatte Severus unbewusst die Hände zu Fäusten geballt, so dass seine Fingernägel sich schmerzhaft in die Handinnenflächen gruben. Die restliche Fahrt verbrachten sie größtenteils schweigend. Severus' Blick war unverwandt nach draußen gerichtet, jedoch ohne dass er das, was er sah, wirklich wahrnahm. Die vorbeiziehende Landschaft vermischte sich vor seinen Augen zu einem matschigen Grün. Zu stark war seine Wut auf James, sie verdrängte jeden anderen Gedanken. Er presste die Zähne so fest zusammen, dass sein Kiefer schon bald zu schmerzen begann. Es war ihm bewusst gewesen, dass James schon lange hinter Lily her war, er hätte jedoch nie gedacht, dass er ohne ihr Einverständnis handgreiflich werden könnte. Was hatte dieser Mistkerl nur getan, dass sie so dermaßen außer sich war? Dass sie seine Nähe der ihrer Freundin vorzog? Nun, für den letzten Punkt war er ihm sogar dankbar. Wenn er James doch nur in die Finger kriegen könnte, er würde ihn in der Luft zerreißen. Als sie auf dem Bahnhof King's Cross einfuhren, schnappte Lily nach Luft und schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. „Mein Gepäck... Es ist noch in meinem alten Abteil.“ „Ich kann mitkommen, wenn du möchtest“, schlug Severus in der Hoffnung, James noch in dem Abteil zu erwischen, vor. Als Severus sein Gepäck holte, war das Abteil in dem zuvor Avery und Mulciber saßen, bereits leer. „Wie es ausschaut, brauchst du wohl doch nicht mit. Wahrscheinlich sind die Jungs auch schon ausgestiegen.“ Tatsächlich war auch dieses Abteil bis auf Lilys Tasche auf einem der Gepäckträger bereits leer. Severus rümpfte angewidert die Nase, als er den Boden des Abteils sah. Genau zwischen den beiden Sitzbänken war eine Pfütze, deren Inhalt eher in einen Magen gehörte, als außerhalb. Ein säuerlicher Gestank erfüllte die Luft. Er ächzte angestrengt, als er ihre Tasche hochnahm. „Was hast du da eigentlich so drin? Ziegelsteine?“, fragte er leicht amüsiert. „Nein, ich habe mir ein paar Bücher aus der Bibliothek über die Ferien ausgeliehen... Ja, ich gebe es zu, es war nicht die beste Idee wenn man bedenkt, dass ich keinen richtigen Koffer habe...“, erklärte sie und lächelte leicht. Sie streckte ihre Hand nach der Tasche aus und wollte sie Severus abnehmen. Er ging jedoch einfach an ihr vorbei. „Lass mal, ich kann dieses Monstrum von einem Gepäckstück auch für dich tragen.“ Gemeinsam stiegen sie aus dem Zug und schlängelten sich durch die Mengen von Eltern und Schülern, die sich auf dem Bahnsteig drängten. Direkt als sie hinter die Absperrung kamen, entdeckte Lily auch schon ihre Eltern, die etwas unschlüssig zwischen den beiden Gleisen 9 und 10 standen. Severus schmunzelte bei ihrem Anblick. Typisch Muggel. Nach all den Jahren wirkten sie so nahe an der magischen Welt noch immer völlig fehl am Platz. Er blieb mit dem Gepäck stehen und sah zu, wie Lily auf die beiden zu gerannt kam und in die Arme ihrer Mutter sprang. Es wurde eine ganze Reihe an Umarmungen und Küssen ausgetauscht. Kurz hatte Severus sogar Angst, sie hätte ihn vergessen. Dann drehte sie sich jedoch zu ihm um und winkte ihn zu sich. „Mom? Dad? Erinnert ihr euch noch an Severus? Ich weiß, es ist eine Weile her...“, begann sie. „Natürlich!“, sagte ihre Mutter und kam gleich auf ihn zu. „Bist du groß geworden, mein Junge! Lass dich doch mal ansehen.“ Sie packte ihn an den Armen, hielt ihn auf Armlänge von sich entfernt und musterte ihn. Severus war diese Berührung unangenehm, jedoch versuchte er keine Anzeichen von Abneigung zu zeigen. Wie viele Jahre war es jetzt schon her, seit ihn jemand ohne einen praktischen Grund berührt hatte? Er wusste es nicht mehr. Lilys Vater sah ihn abschätzend an. Nach einer kurzen Pause fuhr Lily fort. „Wisst ihr, es gibt da ein kleines Problem, was seine Unterkunft für den Sommer angeht, und da hab ich gedacht er könnte...“ „Kommt nicht in die Tüte!“, schnitt ihr Vater ihr energisch das Wort ab, so das Severus überrascht zusammenzuckte und wegschaute. „Wieso denn nicht? Früher hat er doch auch oft bei mir übernachtet...“ „Früher wart ihr ja auch noch Kinder.“ Sein Ton duldete keine Widerrede. Severus sah, dass Lily ihrer Mutter einen verzweifelten Blick zuwarf. Offenbar war sie ihre letzte Hoffnung. Sogleich wandte sie sich an ihren Mann, ihre Stimme hatte einen versöhnlichen Unterton angenommen. „Sei doch nicht so hart zu ihnen. Sie werden schon keine Dummheiten anstellen, hoffe ich doch.“ Sie klopfte Severus leicht auf die Schulter. Der Vater schnaubte hörbar, murmelte dann jedoch ein „Meinetwegen“, nahm ihm Lilys Tasche ab und ging ohne ein weiteres in Richtung Ausgang. „Nimm es ihm nicht allzu übel“, flüsterte Lily Severus zu. „Er meint es nicht böse, er hat nur Sorge, seinem kleinen Mädchen könnte etwas passieren.“ Bei ihren Worten verdrehte sie die Augen, lächelte dabei jedoch leicht. „Also wirklich, geben sie euch in dieser Schule denn gar nichts zu essen? Nimm ruhig nach, mein Junge.“ Es waren mehrere Stunden vergangen und sie saßen zusammen am Tisch. Lilys Mutter ließ es sich nicht nehmen, über die Küche in Hogwarts zu schimpfen, wobei sie dabei immer wieder die magere Gestalt von Severus musterte. Nachdem sie ihre Mahlzeit beendet hatten hatte Severus das Gefühl, gleich zu platzen. Er hatte es aus Höflichkeit nicht über sich gebracht abzulehnen und ungefähr das Dreifache davon verputzt, was er sonst zu sich nahm. Lily führte ihn die Treppe nach oben in einen kleinen Korridor, von dem links und rechts zwei Türen abgingen. „Du kannst in Petunias altem Zimmer schlafen“, sagte sie und zeigte auf die Tür gegenüber von ihrer. „Sie ist vor einigen Monaten zu ihrem Freund gezogen. Konnte es wohl gar nicht erwarten, hier weg zu sein.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)