Schwarzer General und Weißer Kaiser von Nalahime (Alberich x Serdic / Altrius) ================================================================================ Kapitel 1: Schwarz und Weiß --------------------------- Mein Herz wurde mir in einem einzigen, für mich unglaublichen Moment gestohlen. Der Moment in dem ich ihm auf dem Schlachtfeld begegnet war, weiße Rüstung, weißes Schild, die das Licht der Sonne reflektierten und ihn scheinbar in ein heiliges Licht hüllten, goldenes, kurzes Haar, welches zu funkeln schien wie eine Königskrone auf seinem Haupt. Seine himmelblauen Augen, die entschlossen, ohne jegliche Furcht und dennoch von Trauer, durchzogen waren, während er mit der erhobenen, schimmernden, heiligen Klinge Spanta auf mich zukam, um mich zu besiegen. Ja, dieser eine, kurze Augenblick, indem er auf mich zuging – strahlend und unerschütterlich – war es, der mich zu seinem Gefangenen gemacht hatte. Willentlich habe ich Serdic mein Herz geschenkt, einem jungen Mann, dem ich niemals hätte verfallen sollen... Es war diesem herausragenden Feldherrn und Krieger bestimmt, König zu werden und trotzdem konnte ich mein Herz nicht dazu bringen, nicht mehr länger für ihn zu schlagen. Obgleich er sich durch den Tod seiner jüngeren Schwester Marie veränderte, von einem sanften, offensichtlich gutgläubigen Jungen, zu einem skeptischen, ernsten Krieger wurde, seine himmelblauen Augen sogar ihre Farbe änderten und in ein kräftiges Blutrot getaucht wurden, konnte ich nicht umhin, ihn weiterhin zu lieben. Ich wusste, ich würde mein Leben lang bei ihm bleiben, als einer seiner Ritter vielleicht. Ja, ich konnte einfach von vorne anfangen, sobald das Königreich Bretwalde wieder friedlich und er gekrönt war. Niemals würde ich näher an ihn herankommen, als ein Untergebener, allerhöchstens ein Berater von ihm. Selbst wenn er nicht ein solch hehres Schicksal hätte, wäre es unmöglich, dass er meine Gefühle akzeptieren könnte. Schließlich wusste ich bereits, dass er offensichtliche Gefühle für die Päpstin Aegil hatte. Vielleicht würden sie zukünftig heiraten, dennoch würde ich alles dafür geben, an seiner Seite zu verweilen... *** Ich hatte die Augen geschlossen, ließ den Wind über mein Gesicht und durch meine Haare streifen. Eine kühle, nächtliche Brise war doch stets angenehm und beruhigte mich jedes Mal wieder ungemein. Es war merkwürdig, aber in der Nacht fühlte ich mich wirklich am wohlsten. Das Mondlicht war kühl und nicht heiß, drängend, so wie das Sonnenlicht grell war, es war wohltuend für mich. Warum hatte ich mich dann in Serdic verliebt, der mir wie die reinste Sonne erschienen war? Ich seufzte und öffnete die Augen. Sofort zuckte ich zusammen, denn direkt vor mir konnte ich ein rotes Augenpaar sehen, dass mich musterte. Serdic trat einen Schritt zurück und lächelte leicht. „Entschuldige, Alberich, ich wollte dich nicht erschrecken. Aber es ist schon merkwürdig, dass du mich gar nicht bemerkt hast. Geht es dir gut? Du hast irgendwie... betrübt und innerlich zerrissen ausgesehen.“ „Ah, nein... schon in Ordnung, Prinz Serdic. Doch was macht ihr eigentlich hier? Es ist schon spät, solltet ihr euch nicht ausruhen? Der morgige Tag wird sicher nicht leichter, als der heutige werden, wenn überhaupt wird er schwerer.“ „Nun, ich konnte einfach nicht wieder einschlafen, nachdem ich aufgewacht war und außerdem könnte ich zu dir die gleichen Dinge sagen und dich ebenfalls fragen. Warum bist du hier und mitten in der Nacht noch hellwach, obwohl du nicht einmal Wachdienst hast?“ „Ich konnte auch nicht schlafen und dieser Ort schien mir perfekt, um über ein paar Angelegenheiten nachzudenken.“ Ausschweifend ließ ich meinen Arm durch die Luft fahren, um auf die windbewegte Blumenwiese zu deuten, die sich vor meinen Füßen erstreckte und mich, auf dem kleinen Felsen auf dem ich saß, umgab. Die langstieligen, weißen, Kelchblumen verströmten einen angenehm beruhigenden Geruch, der die Nacht mit ihrem Duft schwängerte, während immer wieder Glühwürmchen aufflackerten. Die Blumen leuchteten sanft im Mondlicht und schwankten sacht in der aufkommenden Brise, neigten hin und wieder ihre schweren Kelche dem Boden zu, ohne sich vollständig zu beugen. Serdic blickte sich auf meine Geste hin um und nickte schließlich, als hätte er erst jetzt festgestellt, in welcher Umgebung er sich befand. Leicht lächelte er und legte seinen Kopf in den Nacken und blickte langsam Richtung Himmel, um den fast vollen Mond zu betrachten, der seinem Haar einen silbernen Glanz verlieh. Wie er so dastand, inmitten der Nacht, mit seinem blutroten Gewand, konnte man ihn auch für etwas Nichtmenschliches halten. Er hatte schon immer eine gewisse überirdische Aura gehabt, eine Präsenz, die heilig schien und rein. Doch seit dem Tod seiner Schwester, wirkte er inzwischen manchmal wie ein dämonisches Wesen. So, als ob ihn die Schuld und die Sünde in den Abgrund der Hölle gebannt hätten, als wäre er ein gefallener Engel, der auf die Erde geworfen wurde. Einst heilig, doch jetzt von Dunkelheit zerfressen, sich an das wenige Licht klammernd, welches er noch besaß. „Du hast hier also die ganze Zeit gesessen und nachgedacht, Alberich?“ „So ist es.“ „Über was denn?“ „Vieles – manche Gedanken, welche einfach in einer Sackgasse enden und manchmal in einem Gefängnis.“ Verwirrt sah mich der junge Prinz an, wusste nicht, was er nun antworten oder sich darunter vorstellen sollte. Dann blickte er mir jedoch in die Augen, wissend, bewegte sich auf mich zu und setzte sich dicht neben mich. „Vielleicht,“, flüsterte er in die Dunkelheit hinein, fast unhörbar, wenn ich nicht direkt neben ihm gesessen hätte, „sind wir uns ähnlicher, als ich dachte. Ich habe auch solche... Gedanken, Gefühle und Umstände, die anscheinend nur in Sackgassen enden und mich gefangen halten.“ Serdic schloss seine Augen und lehnte sich an meiner Schulter an. Für mich war es natürlich ein ungemein prickelndes Gefühl, ihm so nahe sein zu können. Ich versuchte, mich keinen Millimeter zu bewegen, obgleich meine Sitzposition sich mittlerweile ungemütlich anfühlte. Der Prinz seufzte, seine Augenlider flatterten kurz und er blickte zu mir auf. Für einen Moment nur sah ich seinen tiefen Schmerz, seine Pein, sich nicht selbst vergeben zu können, in den Abgründen seiner Seele und einen kurzen Augenblick schienen seine Augen wieder die himmelblaue Färbung anzunehmen, bis er sich wieder verschloss und das Rot erneut kräftig in ihnen aufleuchtete. „Vielleicht gehe ich jetzt besser wieder schlafen. Gute Nacht, Alberich.“ Er stand auf und wollte davon gehen, doch ich hielt ihn am Arm fest und zog ihn zurück. Überrascht sah er mich an, hier, jetzt gerade in meinen Armen liegend. Ich hatte diese Bewegung einfach ausgeführt, bevor ich überhaupt gewusst hatte, was ich hier tat. Serdic´s Schmerz ließ mich jedoch nicht mehr los. Ich wollte ihm auf irgendeine Art und Weise diese Qual nehmen, selbst wenn es nur für ein paar Sekunden wäre. „Alberich...?“ „Ihr müsst euch nicht quälen. Ihr seid nicht allein, wir sind alle bei euch und verstehen was passiert ist. Bitte, verschließt euch nicht noch mehr.“ „Warum nicht...? Es fühlt sich so besser an... erträglicher...“ „Weil... weil es so nicht nur euch Schmerzen zufügt, sondern auch anderen.“ „Du meinst dir, Alberich?“ Ich blinzelte erschrocken. Hatte er dies nun gesagt, weil ich ein Gefährte und Mitstreiter war oder...? Da hatte so etwas in seiner Stimme mit geschwungen, das mich stutzig machte. Hatte der Prinz etwa meine Gefühle für ihn erkannt? „Ja...“ Serdic´s Augen funkelten, als er sich ein wenig aufrichtete und mein Gesicht mit seinen Händen festhielt. „Warum?“ „Weil... ihr ein wichtiger Mensch für mich seid.“ „Warum?“ „Weil ihr...“ Ich brach ab. Was sollte ich jetzt sagen? Meine wahren Gefühle? Schließlich war dies der einzige Grund, der mir in meinen Augen das Recht gab, an seiner Seite zu stehen. „Alberich, sag es mir. Warum...?“ Ich blickte auf sein Gesicht, das direkt vor meinem war. Aus seiner Stimme sprach Verzweiflung, aus seinen Augen Sehnsucht und seine Lippen pressten sich fest aufeinander, die Augenbrauen waren zusammengezogen, als ob er sich ängstigte. Und in diesem Moment sagte ich ihm einfach, was ich schon aussprechen wollte, seit wir uns getroffen hatten. „Weil ich dich liebe, Serdic.“ Es war als würde ein enormes Gewicht von mir abfallen und auch der Prinz erschien mir ebenso zu empfinden. „Warum hast du nie etwas gesagt, Alberich?“ „Warum...?! Aber ihr seid doch der zukünftige König Bretwalde´s und ihr scheint euch von Aegil angezogen zu fühlen. Ich tat einfach nur, was ich dachte, tun zu müssen. Zu schweigen und an eurer Seite zu kämpfen, euch beizustehen!“ Serdic schien schockiert zu sein, fasste sich aber innerhalb weniger Augenblicke wieder und erwiderte mit Trauer in der Stimme: „Du hast Recht. Natürlich, wie dumm von mir. Vielleicht liegt es ja an diesem Ort hier. Er scheint einfach alles wegzuspülen, was man vorher als Barrikade vor die Dinge gepackt hat, die man verbergen möchte. Ich glaube, ich wollte einen kurzen Traum leben... Nur für ein paar Minuten und das habe ich. Nun, ich werde dann jetzt wieder zu Bett gehen. Bis morgen früh, Alberich. Hab eine angenehme Nacht.“ Er stieß sich von mir ab und ging Richtung Lager, als ich einfach aufsprang, zu ihm hin lief, ihn am Arm packte, umdrehte, erneut in meine Arme schloss und leidenschaftlich küsste. Prinz Serdic hatte Recht gehabt. Dieser Ort war einfach etwas Besonders. Normalerweise hätte ich so etwas niemals getan, genauso wie die Umarmung vorhin und dennoch tat ich es heute Abend einfach, hier auf dieser Blumenlichtung. Ich ließ von ihm ab und Serdic sah mich atemlos an, unfähig auch nur ein Wort hervorzubringen. „Ich glaube, das hat in meinem Traum noch gefehlt und jetzt geht schon. Wir müssen beide aufwachen und unsere Träume, Träume bleiben lassen.“ Ich drehte mich auf dem Absatz um und ging zurück zu dem Felsen, wo ich mich mit dem Rücken zu ihm hinsetzte und dort in Stille und Schweigsamkeit verblieb. Der Prinz wandte sich um und wollte gerade einen Schritt auf das Lager zumachen, als er noch einmal innehielt. „Danke, Alberich...,“ flüsterte er leise in den sachten Wind hinein, welcher diese beiden Worte an meine Ohren trug, die mir kostbarer waren, als mein Leben. Serdic ging und mein Inneres war ein aufgewühltes Chaos, ein Tumult von Gefühlen, die sich aus meiner Brust befreien wollten - das aber als eine lebenslange Erinnerung in mir verbleiben sollte. Später dann, als Bretwalde und die Welt wieder friedlich und gerettet waren, heiratete er tatsächlich Aegil und wurde unter dem Namen „Göttlicher Kaiser Serdic“ bekannt. Und genau wie ich es mir vorgenommen hatte, blieb ich an seiner Seite und ab und zu schien sein Blick mich zu streifen. Ein Blick von einem Lichtwesen, welches sehnsüchtig in die Schatten blickte. Ich wurde sein schwarzer General, der einem weißen Kaiser diente und blieb dies solange ich lebte... und darüber hinaus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)