Die Geburt des Drachen von White-Raven ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Der groß gewachsene Mann wanderte durch das Lager, welches am Ufer eines ihnen unbekannten Flusses aufgeschlagen worden war und sinnierte über das, was er mit seinem Lohn tun sollte. Noch hatte er ihn zwar nicht der Tasche, aber man konnte ja schon mal träumen. „Hey Radek“, rief ihm einer seiner Kameraden zu, der gerade damit beschäftigt war sein inzwischen doch arg mitgenommenes Kettenhemd einmal mehr zu flicken. „Wenn du auf dem Weg zu Misha bist, vergiss es lieber wieder. Sie ist in anderen Umständen und steht kurz vor der Niederkunft.“ Radek blieb stehen und gafft seinen Kameraden an. „Sie ist was?“, fragte er ungläubig. „Sie ist schwanger. Hat dir der Triebstau auf die Ohren geschlagen? Niemand wusste davon, bis der Hauptmann heute morgen zu ihr wollte und sie bereits in den Wehen lag“, er zuckte mit den Schultern und beschäftigte sich mit einem anscheinend sehr hartnäckigen Ring. Radek ging kopfschüttelnd weiter. Ein Kind, na klasse. Weiter voraus sah er das Zelt von Misha und den anderen Frauen. Zwei von ihnen, Lissa und Tasha, hielten die paar neugierigen Söldner auf Abstand. „Für euch gibt es hier nichts zu sehen, also verzieht euch wieder“, rief Lissa und fuchtelte wild mit einem Tuch herum. Einige Männer lachten. „Ach Lissa, was ist denn schon daran? Jeder von uns hat schon eine nackte, stöhnende Frau gesehen“, rief einer der Söldner und Lissas Gesicht lief purpurrot an. „Nur einer hat das Recht jetzt bei ihr zu sein und das ist der Vater“, rief sie bestimmt und deutete mit ihrem Tuch auf die Männer, ohne anscheinend einen bestimmten zu meinen. „Radek! Komm her!“ Das leise Gelächter verstummt und jeder Anwesende drehte den Kopf zu dem Gerufenen, der sich nun zum zweiten Mal innerhalb weniger Momente überrascht wieder fand. „Was? Wieso ich?“ „Schau dir wenigstens an, was du angestellt hast!“ „Wie kommst du darauf, dass es mein Kind ist?“, rief er noch aus und ließ dann den Mund offen stehen. Sie hatten Lissa von einer Gruppe Roma und sie hatte schon öfters Dinge vorhergesagt, die tatsächlich eingetroffen waren. Radek ging der jungen Frau mit den nachtschwarzen Haaren und den unergründlichen, tiefbraunen Augen am liebsten aus dem Weg. Egal, er würde jetzt einfach in das Zelt gehen, abstreiten das er der Vater des Kindes war und fertig. Er zwängte sich an den anderen Männern vorbei und trat durch die Plane, die Tasha für ihn halbherzig hoch hielt. Die Luft im Inneren roch seltsam für ihn, nach Schweiß und anderem. Misha lag erschöpft in der Mitte, umringt von den restlichen drei Frauen des Lagers. Er trat näher heran und hörte einen lauten Schrei, hell und klar. Die Stimme des Kindes. Misha hob müde den Blick und sah Radek direkt in die Augen. „Dein Sohn“, brachte sie angestrengt hervor. „Das ist nicht mein Kind“, entgegnete Radek hart und betrachtete das Bündel, das eine der Frauen, deren Namen er nicht einmal kannte, ihm entgegen hielt, nicht. „Es ist dein Sohn“, spie Misha ihm entgegen. „Er hat deine Augen. Niemand sonst in diesem Lager hat grün-blaue Augen.“ „Radek zuckte zusammen. Wenn das stimmte, wenn es tatsächlich wahr war... . die Augen der meisten Männer hier waren braun, oder leicht grünlich. Blaue, wie seine zum Großteil waren, gab es keine weiteren. Vorsichtig, als ob es beißen könnte, nahm er das Bündel an und schlug die Decke zurück. Das Kind, es wirkte winzig in seinen großen Kriegerhänden, sah ihn mit klaren, beinahe ganz blauen Augen an. Er ließ die Schultern hängen und sah zu Misha, die ihn selbstzufrieden anlächelte. „Dein Sohn“, wiederholte sie. „Gib ihm einen Namen.“ „Nein“, sagte Radek und gab das Kind wieder ab. „Egal ob Junge oder Mädchen, ich will es nicht. Ich will kein Kind.“ „Aber du hast eines!“, Mishas Temperament ging mit ihr durch und mit ihren letzten Kraftreserven schaffte sie es, sich aufzurichten. „Wenn du dich auch sonst nicht um ihn zu kümmern brauchst, erweise ihm wenigstens die Ehre eines Namens!“ Radek war beeindruckt. Soweit er wusste, war eine Geburt für gewöhnlich so kraftraubend, dass die Mutter meist er erst ein bis zwei Tage später in der Lage war sich von selbst wieder aufzurichten. „Es ist Herbst, bald wird es Winter und das Kind wird sowieso sterben. Wofür braucht es da einen Namen?“ „Gib ihm einen Namen!“, schrie Misha und sank atemlos wieder auf ihr Lager. „Bitte.“ „Also gut“, Radek sah das Kind noch einmal an. Er glaube noch immer nicht, dass es überleben würde. „Wenn es... wenn er den Winter überstehen sollte, dann soll er den Namen Alexej tragen“, er sah zu Misha. Zufrieden schloss sie die Augen und schlief wohl auf der Stelle ein. Radek drehte sich auf dem Absatz um und verließ das Zelt wieder. Die Versammlung draußen hatte sich aufgelöst. Nur noch Lissa saß vor dem Zelt und blickte zu ihm hoch. „Er wird nicht sterben. Er wird groß und stark werden und dich an Lebensjahren bei weitem übertreffen“, sagte sie ruhig, während ihre Hände mit dem Tuch spielten. „Verzieh dich du Hexe“, fuhr Radek sie an. „Komm mir in der nächsten Zeit nicht mehr unter die Augen“, damit ging er zu den Vorräten und sich mehrere Flaschen billigen Weins. „Beim ersten Schnee wird er erfrieren“, murmelte er leise und setzte die erste Flasche an seine Lippen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)