Kurayami - [Finsternis] von Puella ================================================================================ Kapitel 6: Ai, migi ka? - [Liebe kann so schön sein?] ----------------------------------------------------- Kapitel VI - Ai, migi ka? - [Liebe kann so schön sein?] Unaufhörlich trommelten ihre Finger auf die Tischplatte, tippte die Stiftmine auf das Papier ein, anstatt, wie es gegeben sein sollte, darüber zu streichen, die Zeilen zu füllen. Ein sehnsüchtiger Seufzer erklang in der Stille des stilvoll eingerichteten Zimmers. Als ein leichter Luftzug, von draußen durch den Raum fegte und die Zettel auf dem Tisch, dem Boden verwehte, den Mädchen ihre Haare ins Gesicht trieb, hob Ran schlussendlich den Blick von ihren Matheaufgaben und bedachte ihr Gegenüber nachdenklich, mit einem Hauch Besorgnis. Den Füllhalter aus der Hand legend, lehnte sie sich ein Stück weit über den Mokka farbenen Tisch, um Sonokōs Aufmerksamkeit zu erregen, die über alles erdenkliche nach zu denken schien, außer dem, was momentan eigentlich am wichtigsten schien - ihre Schulaufgaben. „Sonokō?“ Erst jetzt, da sie direkt von ihrer Freundin angesprochen wurde, schreckte die Oberschülerin aus ihrer vernebelten Gedankenwelt auf und schaute etwas verklärt drein. „Ja, Ran?“ Ihr Blick schärfte sich und sie hörte auf, mit den Fingerkuppen die Tischplatte zu malträtieren, merkte, dass sie dutzende kleine, blaue Punkt in ihr Schulheft gemacht hatte. Wieder seufzte sie und strich sich die hellen Haare zurück hinter die Ohren. „Ich mache mir Sorgen. Was ist denn mit dir los? Wir wollten doch lernen, aber statt dessen bist du die ganze Zeit über in Gedanken versunken.“ Lächelnd winkte Sonokō ab, wollte sich schon wieder ihren vernachlässigten Aufgaben und dem verunstalteten Heft zuwenden, als Ran's Hand an ihrer sie zurück hielt. Ergeben legte auch sie ihren Stift beiseite und senkte den Blick. Wie hätte sie nur denken können, dazu fähig zu sein, ihre beste Freundin zu täuschen? „Es ist wegen Makoto-kun. Seit zwei Wochen meldet er sich nicht mehr. Er geht nicht ans Telefon wenn ich ihn anrufe, schreibt mir nicht zurück, wenn ich ihm eine Nachricht schicke und sage, dass ich mir Sorgen mache.“ Frustriert sah sie auf die Mengen von Notizen und Merkzettel vor sich. Bald stand wieder eine Prüfung vor der Tür. „Ich weiß nicht, was ich machen soll, Ran. Was ist, wenn er eine andere Freundin hat? Wenn er sich hinter meinem Rücken über mich lustig macht?“ Verzweifelt sah sie Ran an, welche ihr beruhigend zu lächelte und ihre Hand kurz drückte. Der weiche Ausdruck in ihren veilchen-blauen Augen beruhigte Sonokō unweigerlich, doch die Ungewissheit über ihren Freund nagte noch immer an ihrem Herzen. „Sonokō, wie kommst du bloß auf solche Ideen? Kyogoku-kun ist nicht der Typ, der so etwas falsches machen würde. Das müsstest du doch am besten wissen. Ich bin mir sicher, er ist einfach nur wegen seinem Training und den Turnieren beschäftigt und vollkommen in Anspruch genommen.“ Sonokō schien nicht überzeugt zu sein, von ihren Worten. „Aber ich vermisse ihn!“ Ihre Wangen bekamen einen pudrigen Hauch und leicht beschämt senkte die sonst so toughe Oberschülerin ihren Blick. Sie dachte schon, Ran würde wieder einen Vortrag darüber halten, wie viel schöner es war, sich wieder zu sehen, wenn man so lange nicht zusammen war, als allerdings auch nach einigen Augenblicken nichts mehr von ihrer Freundin kam und diese nun auch endlich ihre Hand los ließ, sah sie auf und fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen. Das braunhaarige Mädchen hatte den Blick gesenkt und schaute mit vor Trauer glänzenden Augen auf ihre Hände, die sie im Schoss zusammen gefaltet hatte. ‚Ich doofe Nuss!ʼ Bedauern stand in ihren grünen Augen geschrieben, als sie versuchte, Rans Blick einzufangen. „Ran.. Es tut mir so leid. Ich-“ Sie hörte mit ihrer gestammelten Entschuldigung auf, als ihre Freundin den Kopf schüttelte und sie anlächelte. „Ist schon gut. Du musst dich nicht entschuldigen. Lass uns lieber weiter für die Prüfungen lernen.“ Sonokō schnaubte ungehalten, als Ran nach ihrem Stift greifen wollte und riss ihr diesen aus den Fingern. „Nichts da! Du kannst doch nicht immer für alle Kummerkasten spielen und selbst alles in dich rein fressen.“, brauste sie in üblicher Manier auf und das Feuer kehrte in ihre Augen zurück, bevor sie mit sanfterer Stimme fortfuhr. „Ran, dass wird dich auf kurz oder lang zerstören. Rede doch mit mir. Bitte.“ Ran schaute sie mit zusammen gekniffenen Lippen an und erste Tränen traten ihr in die Augen, welche sie jedoch forsch weg wischte, bevor sie hinunter laufen konnten. „Ich kann nicht, Sonokō.“ ‚Wenn ich es tue, wird es real..ʼ Ihr Herz zog sich bei diesen Gedanken schmerzhaft zusammen. Ja, es stimmte. Sie wollte nicht über ihn reden. Über Shin'ichi. Sie wollte nicht erzählen, wie sehr er ihr fehlte, wie gerne sie ihn wieder sehen würde. Dass die kurzen Augenblicke, wenn er denn tatsächlich mal wieder da war, nicht reichten, um sie glücklich werden zu lassen. Sie wollte nicht sagen, dass er zu lange weg war und vielleicht nie wieder zu ihr zurück kehren würde. Denn dann müsste sie es sich selbst eingestehen. Die harte Wahrheit, dass Shin'ichi früher oder später, gar nicht mehr auftauchen könnte, seine Anrufe sich reduzieren würden. Dass er am Ende vielleicht gar kein Lebenszeichen mehr von sich gab. Sie schluchzte verklemmt und ballte die Hände zu Fäusten, bis ihre Knöcheln weiß hervor traten. Wieso musste alles so unfair sein? Wieso musste es Shin'ichi sein, der in diesen verdammten Fall gezogen wurde? Wieso nicht irgendein anderer Gott verdammter Detektiv? Bestürzt sah die Suzuki Tochter, wie Ran plötzlich vor ihren Augen halb auf dem Tisch zusammenbrach und irgendwelche unverständlichen Worte murmelte. Langsam krabbelte sie um das Möbelstück herum und zog ihre Freundin in eine enge Umarmung. Sie fühlte wie sie zitterte und die heißen Tränen, die ihre Wangen hinab und in den Kragen ihrer Bluse liefen. Sagen tat sie allerdings nichts. Sie hielt bloß ihre beste Freundin in den Armen und strich ihr beruhigend über den Rücken. ‚Wenn du mir unter die Augen kommst, du möchtegern Detektiv, dann kannst du dich auf was gefasst machen!ʼ Irgendwann ebbten Rans Schluchzer ab und auch die Tränen schienen zu versiegen. Behutsam drückte Sonokō sie ein Stück weit von sich weg, ohne sie jedoch los zu lassen. „Alles in Ordnung?“ Ran sah sie mit geröteten Augen und nassen Wimpern an, wischte sich ein letztes Mal über die benetzten Wangen und nickte schwach. „Ja. Danke, Sonokō.“ Sie nuschelte noch etwas das sich wie eine Entschuldigung anhörte und straffte dann wieder die Schultern. „Lass und weiter lernen, ja?“ Zweifelnd wurde Ran von ihrer Freundin gemustert, bevor diese schließlich wiederwillig nickte und an ihren Platz zurück ging. Jedoch konnte sie auch während der nächsten Stunden nicht davon ab lassen, immer wieder einen Blick zu Ran zu werfen, die sich sichtlich bemühte, so zu tun, als wäre ihr quasi Zusammenbruch nie geschehen. Was Sonokō nicht wissen konnte war, dass in ihrem Inneren ein Sturm der Gefühle tobte. Verschiedene Fragen quälten sie unablässig und irgendwann kam sie an einem Punkt ihrer Gedanken an, wo nicht ganz unbekannte Zweifel sie beschlichen. Zögernd sah sie zu ihrer Freundin auf, die gerade vollkommen verzweifelt auf die Rechnungen auf ihrem Blatt starrte, während sich eine Hand in ihren Haaren verkrallt hatte. „Sonokō?“ Sofort sah sie auf, weil Ran seit einer Weile gar nichts mehr von sich gegeben hatte und nahm die Hand aus ihrer nun zerstrubbelten Haarpracht. Sie schien beinahe glücklich, sich nicht mehr länger mit den ganzen Matheformeln auseinander setzen zu müssen. Ran die merkte, dass sie weiter reden sollte, tat dies auch. „Was.. denkst du eigentlich über Conan-kun?“ „Häh?“, kam es sehr unintelligent und nun wirklich nicht lady like von ihrer Freudin zurück, die mit so einer Frage wohl überhaupt nicht gerechnet hatte. „Naja..“, fuhr Ran stockend fort. Es war ihr sichtlich unangenehm, darüber zu reden, aber immerhin sprach sie endlich mal aus, was ihr Herz belastete. „Findest du nicht, dass er sich manchmal ziemlich untypisch für sein Alter benimmt? Ich meine.. Er ist erst ein sieben Jähriger, der sich bereits in Fälle der Polizei einmischt und sich überhaupt nicht am Anblick mancher Tatorte zu stören scheint. Findest du nicht, dass..“, sie verstummte und ließ die Frage unausgesprochen in der Luft hängen. Sonokō atmete einmal tief ein, bevor sie zu sprechen ansetzte. „Finde ich nicht, was? Du machst es schon wieder. Jetzt sag doch endlich, was dich belastet.“ Eine gewisse Schärfe war aus ihrer Stimme heraus zu hören, doch auch Besorgnis und Ungewissheit schwangen mit. „Findest du nicht, dass er sich wie Shin'ichi verhält?“, platzte es schließlich aus Ran raus, die Sonokō nun direkt in die grünen Augen sah. Unsicherheit und die Bitte nach Verneinung blitzten in ihrem Blick auf und so überlegte sie zweimal, bevor sie antwortete. Immerhin hatte sie nicht allzu oft mit Conan zu tun, wie Ran, die diesem schließlich ein Dach über dem Kopf gegeben hatte und seitdem wie einen kleinen Bruder behandelte. Sie wäre wohl nie auf die Idee gekommen, Kudō und Edogawa zu vergleichen. Jedenfalls nicht in dieser Hinsicht. Sie legte den Kopf schief und kratzte sich an der Wange. Ran hatte irgendwie recht. Beide Jungs steckten ihre Nasen mit Vorliebe in irgendwelche Sachen, die sie nichts angingen, trieben sich statt unter ihresgleichen auf Tatorten rum und schienen Mord und Totschlag nur so anzuziehen. Sie schauderte. Ran hatte Recht. Vor ihrem inneren Auge erschienen die Bilder der beiden. Shin'ichis genervter Blick, wenn er keine Lust auf etwas hatte und Conans Dackelblick, wenn er etwas von Ran wollte. Auf den ersten Blick, schienen sie so unterschiedlich wie Tag und Nacht, auf den Zweiten aber.. Sie dachte sich Conans Brille weg und stutzte. Verdammt, und wie Recht Ran hatte! Kein Wunder, dass sie so einen Narren an dem kleinen Rotzlöffel gefressen hatte. Er glich klein-Shin'ichi auf's Haar. „Scheiße..“ Sonokō sah Ran an und diese blickte verwirrt zurück, als ihre Freundin statt einer vernünftigen Antwort, die sie nach den paar Minuten erwartet hatte, anfing zu fluchen. „Jetzt wo du es sagst!“ Sonokō bohrte ihren Zeigefinger in die Tischplatte. „Sie sind sich wirklich ähnlich. Aber..“, sie stockte. „Warum fragst du mich das jetzt? Ich meine, warum nicht schon früher? Es ist dir doch bestimmt schon viel eher aufgefallen. Immerhin kennst du Beide um einiges besser als ich.“ Ran nickte und wurde dann rot um die Nase, während sie den Blick wieder senkte. „Versprich mir, dass du nicht lachst oder mich für verrückt hältst, ja?“ Ohne zu zögern nickte die Schülerin. „Versprochen.“ „Gut.“ Ran atmete einmal tief ein und wieder aus, dann beugte sie sich vor und sprach mit gesenkter Stimme aus, was sie schon seit einiger Zeit immer wieder beschäftigte. „Glaubst du, Conan-kun und Shin'ichi.. könnten ein und dieselbe Person sein?“ Die beiden Mädchen sahen sich einige Herzschläge lang an ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Dann lehnte Suzuki sich zurück. „Wie soll das gehen, Ran?“, fragte sie schließlich, machte sich nebenbei aber auch ernsthaft Gedanken darüber. Wäre es möglich, dass aus einem fast erwachsenen jungen Mann, ein Knirps im Grundschulalter wurde? Nein, war es nicht. Aber Shin'ichi war schon länger weg und Conan war erst seit einiger Zeit unter ihnen. Sie stutzte über den Gedanken. ‚Hört sich an, als wäre er von den Toten auferstanden oder.. gerade erst geboren worden.ʼ Unweigerlich schnitt sie eine Grimasse, was Ran natürlich nicht entging. „Du hast versprochen nicht zu lachen, Sonokō.“ Sie stemmte die Fäuste in ihre Hüfte und machte einen leicht säuerlichen Eindruck. „Ich lache doch gar nicht.“, kam es gleich auch wieder leicht patzig zurück. „Ich hatte gerade nur einen lustigen Gedanken, was den Dreikäsehoch angeht.“ Sie kicherte kurz, dann wurde sie wieder ernst. „Aber sag mal, Ran. Wie kommst du auf diese absurde Idee? Wie soll so etwas gehen? Shin'ichi wird ja wohl kaum einfach um ein paar Zentimeter geschrumpft sein.“ Vermutlich hätte sie hysterisch aufgelacht und den Kopf geschüttelt, hätte sie gewusst wie nah sie der Wahrheit damit war. Unsicher sah Ran auf ihren Platz. Dann nickte sie schwach und mühte sich ein schmales Lächeln ab; Sonokō musste sie für verrückt halten, überhaupt auf solche Gedanken zu kommen. „Du hast Recht. Ich vermisse Shin'ichi vermutlich einfach nur zu sehr..“, betrübt senkte sich ihr Blick. Sonokō nickte hingegen scheinbar vollkommen überzeugt, wenn auch doch ein wenig verunsichert ob Rans Reaktion, haute mit der flachen Hand auf den Tisch. „Sag ich doch.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)