Erinnerungslücken von NaschKatzi ================================================================================ Kapitel 6: Panzerknacker ------------------------ Missmutig stocherte Soichi im Essen vor sich umher. Sein Appetit war ihm schlagartig vergangen. Der Zorn über Morinaga war noch nicht verraucht. Da tat er alles, damit dieser Vollidiot sich wieder erinnerte und was bekam er? Einen Fußtritt nach dem anderen! Er hätte Morinaga gestern ein paar Schläge verpassen sollen, anstatt ihm die Zunge in den Hals zu stecken! Aber damit war es vorbei! „Soll er doch machen was er will!“, brummte Soichi leise vor sich hin. Strikt weigerte er sich dem Verlangen, Morinaga zu suchen, nachzugeben. Immerhin besaß er noch ein Mindestmaß an Stolz! Resignierend schob er das Tablett von sich weg. Wütend starrte er auf den freien Platz am Tisch. Soichi gab es nicht gern zu, aber er fühlte sich ein kleines bisschen einsam, so ganz allein. Normalerweise würde der Kohai ihn jetzt mit irgendwelchen Belanglosigkeiten nerven. Soichi seufzte laut auf. Was würde er alles dafür geben diese zu hören! Sein Blick schweifte durch den Raum. Entsetzt stellte der Senpai fest, dass die Cafeteria so gut wie leer war. Fast eine Stunde saß er nun schon da und grübelte. Genervt über die vergeudete Zeit, machte er sich auf den Weg zurück zum Labor. Aber entgegen seiner Angewohnheit, den kürzesten Weg zu nehmen, zögerte er den Rückweg aus unerklärlichen Gründen hinaus. „Ich brauche erst mal eine Zigarette…oder auch zwei!“, entschied Soichi kurzerhand. Außerhalb des Unigebäudes inhalierte der Student genüsslich den Rauch ein. Nach der ersten Zigarette ging es ihm erheblich besser. Entspannt lehnte Soichi sich an eine Mauer. „Mann…der Tag hat doch eigentlich ganz gut angefangen…und dann das!“ Während er an der nächsten Zigarette zog, suchte die Schnittwunde Aufmerksamkeit. Unangenehm pochte es unter dem provisorischen Verband. Vielleicht sollte er lieber zur Krankenstation gehen? Aber das musste bis später warten. Solange die Hand nicht abfiel, war alles okay. Schnell war die Zigarette aufgeraucht. Wesentlich fitter als vorher öffnete Soichi eine Seitentür um die Uni zu betreten. Und wich schlagartig zurück!! Niemand anderes als Sonya spazierte auf ihn zu. Die Blondine war in eine angeregte Unterhaltung vertieft. Glück für Soichi, denn so konnte er schnell um die nächste Ecke biegen. Nicht auszudenken, wenn dieses Weib ihn entdeckt hätte! Der Blonde haderte mit seinem Schicksal. „Wie es der Zufall will, muss die ja ausgerechnet hier studieren…“, dachte Soichi und linste um die Ecke. Doch zu seinem Pech, blieben Sonya und Freundin im Flur stehen. Den einzigen Weg, zum Labor. Tatsumi biss die Zähne zusammen, um nicht auszurasten. Ihm blieb nichts anderes übrig, als auszuharren und dabei das hirnlose Geschwätz der Studentinnen zu ertragen. „Ja, ja ich weiß! Aber sag mal, hat sich dieser süße Typ von neulich noch mal gemeldet??“, wollte die Freundin neugierig wissen. Sonya stieß einen Klagelaut aus. „Hmm? Ach du meinst Tetsu! Nein, leider nicht!“, beklagte sie sich. Bei der Erwähnung von Morinagas Namen wurde Soichi unbehaglich zu mute. Wollte die blöde Kuh die Nacht mit Morinaga in aller Öffentlichkeit durchkauen? „Aber ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben! Er war ja so süß!! Ich sag dir, küssen kann er!! Zum Dahinschmelzen!!“, schwärmte Sonya entzückt. Eine Welle der Eifersucht schlug über Soichi zusammen. Am liebsten würde er dieser Wasserstoffblondine den Kopf abreißen! „So, so küssen kann er also! Vielleicht kannst du ihn mir ja mal vorstellen! Ich hoffe der Sex war genauso gut…“, stichelte ihre Freundin grinsend. „Äh…Sex? Na ja, weißt du, soweit sind wir gar nicht gekommen…Ich hab so viel getrunken, ich konnte gar nicht mehr gerade gehen…“, gab sie peinlich berührt zu. „Aber Tetsu war total lieb. Ganz Gentleman. Er hat mich mit zu sich nach Hause genommen. Wir haben zwar noch ein bisschen geknutscht, aber mehr war da nicht…Leider!!“ Langsam gingen die beiden Frauen weiter. „Da wär bestimmt noch was gelaufen, wenn sein Mitbewohner mich am nächsten Morgen nicht rausgeekelt hätte! Du kannst dir gar nicht vorstellen…“, Die Stimmen würden immer leiser, bis sie nicht mehr zu hören waren. Etwas benommen kam Soichi aus seinem „Versteck“ heraus. Hatte er richtig gehört? Zwischen Morinaga und Sonya war nichts, na ja fast, nichts gelaufen?? Es war lächerlich, aber vor Erleichterung wurden ihm die Knie weich. „Die dumme Gans! So ein Theater zu veranstalten. Aber du kannst lange warten, Morinaga wird sich bestimmt nicht bei dir melden…Dafür werde ich sorgen…“, brummte der Student vor sich hin, während er zum Labor ging. Doch dann fiel ihm ihr Streit wieder ein. Für einen Moment hatte er den vor Erleichterung beinahe vergessen. Aber nur weil da nichts lief, heißt das nicht, dass alles vergeben und vergessen war! Soichi hatte seine Worte durchaus ernst gemeint. Dieser „neue“ Morinaga sollte da bleiben wo der Pfeffer wächst! Trotzdem bekam der Ältere langsam ein schlechtes Gewissen. „Verflucht! Ich mutiere noch zu einem sentimentalen Trottel!“, fluchte er, die Nummer Morinagas bereits gewählt. „Super! Sein Handy ist aus!“ Gefrustet sah er auf die Uhr. Es war gerade mal 13:00 Uhr. Zu früh, um schon zu gehen. Seit der Schlamassel lief, hinkte er dermaßen mit der Arbeit hinterher, dass es schon eine mittelgroße Katastrophe war! „Scheiße! Ich kann doch nicht einfach abhauen…der Prof warten auf unsere Ergebnisse. Arg! Morinaga ist bestimmt zu Hause und schmollt. Schlimmer kann es ja nicht werden…“ „Wie lange sollen wie denn noch warten?“ Morinaga, Akito und noch zwei andere junge Männer verharrten schon seit mehreren Stunden im Industrieviertel aus. Der Van in dem sie saßen, verschmolz problemlos mit der Dunkelheit um sie herum. Verstohlen guckte Morinaga auf die Digitaluhr im Armaturenbrett. Es war zwar kurz nach 23:00 Uhr. Die anderen zwei Männer, beides wahre Muskelpakete, deren Namen er schon wieder vergessen hatte, wurden mit jeder Minute unruhiger. „Gut, dann los!“, sagte Akito endlich und fuhr den Van geräuschlos hinter eine der Lagerhallen. „Waaaaaas? Die ist ja total heruntergekommen!“, beschwerte sich einer der Komplizen. Tatsächlich sah das Gebäude von außen nicht sehr vielversprechend aus. „Klappe!“, schnauzte Akito gereizt. „Hört zu! Ich werde den Code benutzten, um hineinzukommen, dann öffne ich von Innen die Garage.“, erläuterte er den Plan. „Bist du sicher, dass keiner kommt?“, fragte Tetsuhiro mit belegter Stimme. Jetzt da die Wirkung der Droge nachließ, war er sich gar nicht mehr so sicher, warum er überhaupt hier war. „Keine Bange! Ich habe das Gelände vorher zwei Woche lang beschattet. Kein Mensch weit und breit! Alles cool!“ Akito sprang aus dem Wagen und verschwand in der Dunkelheit. Morinaga wusste nicht, wie es den Anderen ging, aber ihm blieb der Atem im Hals stecken. Wenn Akito den falschen Code hatte, wenn er die falschen Ziffern eintippte… Doch alle Sorgen waren unbegründet. Mit einer langsamen Bewegung öffnete sich das riesige Tor. Kurzer Hand wurde der Wagen hineinbefördert. Als alle ausgestiegen waren, verteilte Akito Taschenlampen. Anschließend verteilten sie sich in der Halle. Es dauerte nicht lange und der Kofferraum wurde mit Computern, Laptops, Fernsehern, usw. gefüllt. „Na los! Steh nicht blöd in der Gegend rum!“, fuhr Akito Morinaga an, da der keine Anstalten machte irgendwas zu unternehmen. Tetsuhiro zuckte bei dem scharfen Unterton leicht zusammen, kam der Aufforderung aber kommentarlos nach. Leise schritt er zwischen den deckenhohen Regalen hindurch. Das Licht der Taschenlampe warf unheimlich Schatten an die Wand. Obwohl erst eine knappe halbe Stunde vergangen war, kam es dem Studenten vor, als wären sie bereits seit mehreren Stunden hier. „Mann…was mach ich hier überhaupt? Und warum lasse ich mir das überhaupt gefallen? Ich hasse es herumkommandiert zu werden!“, meckerte Morinaga kaum hörbar vor sich hin. Im hinteren Teil des Gebäudes blieb der Lichtkegel an einer Tür haften. Neugierig versuchte der Dunkelhaarige sie zu öffnen. Sie gab leicht nach, öffnete sich aber nicht. Doch nach einigen kräftigen Tritten gab das altersschwache Schloss nach. Muffiger Geruch schlug ihm entgegen. Vorsichtig trat er in die Tür und leuchtete ins Innere. „Muss wohl so eine Art Büro sein…“ Der kleine Raum war nur spärlich eingerichtet. Nebst klabrigen Regalen gab es nur noch einen Schreibtisch, auf dem ein Computer aus der Steinzeit stand. An der Wand hing ein schmuddeliger Pin-UP-Kalender. Suchend durchquerte Morinaga den Raum. Der Schreibtisch sah aus, als würde er bei der kleinesten Erschütterung zusammenkrachen. Trotzdem rüttelte Tetsuhiro an den Schubladen. Erst sachte, dann immer ruppiger. Mit einem hässlichen Knirschen flog ihm die Schublade entgegen, samt Inhalt. Enttäuscht schmiss er Papierkram, Kaugummi, Jojos und einen Playboy auf den Boden. „Die reinste Abstellkammer hier. Nur Schrott!“, seufzte Morinaga. Ein lautes Krachen ließ ihn plötzlich zusammenfahren. Vor Schreck fiel ihm die Taschenlampe aus der Hand und Dunkelheit hüllte ihn ein. Hinter sich, in einiger Entfernung, hörte er Akito seine Kumpanen runterputzen: „Ihr Idioten! Pass doch auf!“ Kopfschüttelnd beschloss er zurückzugehen, um diesen Vollpfosten zu helfen. Genervt tastete der Student nach der Lampe. „Scheiß Ding…komm schon…“, fluchte er leise. Doch die Taschenlampe war verschwunden, so das Morinaga nichts anderes übrig blieb, als halb unter den altersschwachen Tisch zu kriechen. Nach endlosen Minuten bekam er das Ding zufassen, wollte sich aufrichten. Leider vergaß er in welcher Lage er sich befand und knallte prompt mit dem Kopf an den Tisch. „AUA! SCHEIßE!!“ Ein kurzer, starker Schmerz breitete sich aus. Staub, Dreck und Spinngewebe rieselte auf ihn hinab, als er stöhnend unter dem Tisch hervorkam. Dem jungen Mann klingelte dermaßen der Kopf, dass er kleine Vögelchen um sich fliegen sah. Taumelnd stolperte er einige Schritte nach hinten. Irgendwas musste Tetsuhiro jedoch in der Dunkelheit übersehen haben, denn er stieß mit seinen Füßen gegen ein Hindernis. Mit einem dumpfen Knall schlug er hart mit dem Hinterkopf auf den Betonboden auf. Kurz schwanden ihm die Sinne, bevor er sich langsam aufrichtete. „Ich…was zum…was mach ich hier…?“, stammelte er verwirrt. Der Raum schlug Purzelbäume vor seinen Augen. Ihm war übel. Am Hinterkopf fühlte er eine unangenehme Nässe. Desorientiert griff er die Lampe. Nach mehreren Versuchen gelang es sie einzuschalten. Erschrocken fiel das Licht auf die blutigen Fingerspitzen. Schweiß brach ihn aus allen Poren. Unbeholfen stand Morinaga auf. Torkelnd fand er den Weg zurück zu den Anderen. Der Schein von drei Taschenlampen richtete sich auf den Dunkelhaarigen. „Wo warst du, verdammt!! Beweg deinen Arsch, sonst kannst du deinen Anteil vergessen!!“, zischte Akito wütend. Die anderen Beiden tauschten ein schadenfrohes Grinsen, weil zur Abwechslung nicht sie, sondern Morinaga angeschrien wurde. Als der Gescholtene nicht reagierte, versetzte Akito diesen einen groben Stoß. Tetsuhiro sah ihn verständnislos an. Er wusste nicht genau nicht wer das da vor ihm war. In seinem Kopf ging alles drunter und drüber. „Ich glaube…ich gehe jetzt besser…“, war alles was er sagte. Langsam schob er seinen Körper in Richtung Ausgang. Aber die beiden Kumpel versperrten ihn, auf einen Wink Akitos, den Wag. „Momentchen mal! Du kannst doch nicht einfach abhauen!“ Akitos Gesicht verfinsterten sich zusehens. Ihm gefiel der Ausdruck im Gesicht des Anderen überhaupt nicht. Morinaga schluckte mühsam. Irgendwas war an dieser Situation seltsam. Was zum Teufel machte er hier??? Wer waren diese Typen??? Und wie war er nur wieder in Schwierigkeiten geraten??? Sein Blick fiel auf den vollgeladenen Van und es dämmerte ihm was vor sich ging. „Ähm…das ist ein Missverständnis…Ich sollte gar nicht hier sein…Ich verrate auch nichts…“, beteuerte er eindringlich. Für eine Sekunde sah es so aus, als würde Akito einlenken. Aber nur für eine Sekunde. Ein zorniges Funkeln blitzte in seinen Augen auf. „So, du willst also schon gehen…“ Ein kurzes Fingerschnippen und Tetsuhiro wurde rechts und links gepackt. Er wehrte sich kurz, konnte aber gegen die Bärenkräfte der Typen nichts ausrichten. Die Welt drehte sich bereits um ihn. Akito stand nun direkt vor ihnen. Mit einer schnellen Bewegung rammte er sein Knie in den Magen des Gefangenen. Dieser krümmte sich unter Schmerzen zusammen. „Glaubst du wirklich, du kannst einfach mir nichts dir nichts davonspazieren? Warum so plötzlich, he? Willst du mich verarschen??“, schrie er jetzt lauthals. Wenn es etwas gab, was Akito hasste wie die Pest, dann waren es Kerle, die ihm zum Narren halten wollten. Er fühlte sich verarscht. Erst war sein Gegenüber kalt wie eine Hundeschnauze und im nächsten Moment zog er den Schwanz ein. Was sollte das? Sein Pech, dass Akito niemand war, der sich verarschen lässt!! „Boss, was machen wir??“, meldete sich einer der Muskelpakete zu Wort. Er war der perfekte Handlanger. Muskeln, aber wenig Gehirn. „Sollen wir ihm das Licht ausknipsen??“, schlug der Andere vor. Akito verdrehte die Augen. „Natürlich! Du Spatzengehirn!! Halt lieber die Klappe!!“ Der Anführer der Einbrecher überlegte angestrengt. Sie waren eine eineinhalb Stunde im Gange, der Wagen war mehr als voll. Er schätzte, dass sie Ware im Wert von einigen Millionen Yen eingesackt hatten. Genug um die Stadt zu verlassen. Eine Leiche passte so gar nicht in seine Pläne, oder? „Nein…er bleibt hier. Zu riskant. Wir haben keine Zeit für irgendwelche Spielchen. Los mitkommen!“, kommandierte er im harschen Ton. Zügig durchquerten sie die Halle und landeten schließlich wieder beim Büro. „Rein mit ihm!“ Wie eine Stoffpuppe wurde Morinaga in den Raum geschleudert. Ohne das Akito einen Befehl geben musste, knallten die Handlanger die Tür zu und verbarrikadierten diese mit einem der schweren Regale, sodass es unmöglich war die Tür von innen zu öffnen. „Abmarsch Leute!“, sagte er. „Aber Boss! Was machen wir, wenn er zu den Bullen rennt!!“, warf der größere der Muskelprotze panikerfüllt ein. „Keine Sorge! Ich sagte doch, ich habe das Gelände ausgekundschaftet…zwei verdammte Wochen lang! In der ganzen Zeit ist hier keine Menschenseele aufgekreuzt…Tja, ich glaube unser Freund wird hier noch ein paar kuschelige Stunden verbringen. Genug Zeit für uns.“ Die letzten Worte sagte er laut genug, sodass Morinaga sie hören konnte. Ende Kapitel 6 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)