Erinnerungslücken von NaschKatzi ================================================================================ Kapitel 5: High --------------- „Scheiße! Warum konnte ich mich nicht zurückhalten? Idiot! Idiot! Idiot!“, beschimpfte Soichi sich selbst. Niedergeschlagen lehnte er an der Zimmertür. Beschämt barg er das Gesicht in beiden Händen. Nicht nur, dass er sich total lächerlich gemacht hat, zu allen Überfluss machte sein Körper keine Anstalten sich zu beruhigen. Wie lange war es her, dass sie miteinander geschlafen haben? Eine Woche, zwei?? Soichi konnte es im Moment nicht genau sagen. „Fuck!“, stieß er wütend aus. Ihm war ganz heiß und seine Lippen brannten noch von ihren Kuss. „Ich muss mich beruhigen…aber es hat doch etwas gebracht…vielleicht hätte ich weitermachen sollen??“ Kurz überlegte er, einfach in Tetsuhiros Zimmer zu marschieren. Aber…was dann? Sollte er über Morinaga herfallen? Schon allein bei dem Gedanken erzitterte er. Nein! Ausgeschlossen. Soichi entschied zu seinem ursprünglichen Plan zurückzukehren. Morgen würde er Morinaga keine Sekunde aus den Augen lassen. Komme was da wolle! Der nächste Tag begann genauso, wie der vorherige endete. Mit Türknallen. Soichi war extra früh aufgestanden, um Morinaga nicht zu verpassen. Nervös tigerte in der Küche auf und ab. Wie sollte er sich ihm gegenüber verhalten? Einfach so tun, als wäre nichts gewesen? Oder doch darüber sprechen? Lautes Türknallen unterbrach seine Gedanken. Die Entscheidung über sein Verhalten wurde Soichi abgenommen, denn Morinaga ignorierte seinen Senpai total. Als wäre dieser Luft ging er an ihm vorbei und verließ die Wohnung. Bis zum späten Vormittag sprachen die beiden kein Wort miteinander. Soichi wusste nicht so recht, was er davonhalten sollte. War das die Ruhe vor dem Sturm? Die Stille war kaum auszuhalten, sie zerrte an seinen Nerven. „Aber immerhin macht er keine Anstalten abzuhauen.“, dachte er ein bisschen erleichtert. Er konnte ja nicht ahnen wie nah Tetsuhiro dran war, genau das zu tun. Am liebsten würde er alles stehen und liegen lassen und verduften. Egal wohin, nur weg! Zu seinem Leidwesen ließ ihn der Ältere keine Sekunde aus den Augen. Sogar auf die Toilette wurde er verfolgt! Total nervig. Und peinlich obendrein. Er war doch kein kleines Kind! Er konnte doch tun und lassen, was er wollte! Morinaga seufzte schwer. Hätte er doch nicht so viel getrunken letzte Nacht! Doch Hiroto schleppte ihn von einer Bar in die nächste. Aber so genau wusste er das nicht mehr. Vielleicht war es auch genau anders herum gewesen. Dass dieser Kontrollfreak auf ihn warten würde, damit hätte er nicht gerechnet. Warum konnte er nicht die Klappe halten? Aber Tetsuhiro war verdammt sauer gewesen. Ausgerechnet das wichtigste Detail ihres Zusammenlebens zu verschweigen! Eigentlich wollte Morinaga eine Ansage machen, seine Sachen packen und verschwinden! Aber der Alkohol und Soichi machten ihm einen Strich durch die Rechnung. Von wegen, da lief nichts mehr! Das fühlte sich gestern ganz anders an! Morinaga wusste nicht, warum er den Kuss zugelassen hatte. Aber in dem Moment fühlte es sich so vertraut an! „Das war bestimmt der Alkohol! Der Alkohol war Schuld!“, redete er sich ins Gewissen. Die ganze Nacht konnte der Student kein Auge zu tun. In seinem Kopf hämmerte ein unerträglicher Schmerz. Und Schuld war dieser verdammte Soichi Tatsumi!! Verstohlen schielte der Kohai zu diesem, der konzentriert zu arbeiten schien. Ob ihm seine Aktion von gestern peinlich war? Tetsuhiro selbst war es schwer gefallen überhaupt sein Zimmer zu verlassen. Im ersten Anlauf wollte er Soichi eine reinhauen. Doch da dieser mit Garantie zurückschlagen würde, tat er es nicht. Da der Dunkelhaarige nicht den Tag im Bett verbringen konnte, entschied er, sein Gegenüber zu ignorieren. Bis jetzt klappte das ganz gut. „Mann! Ich muss hier raus! Aber wie werde ich meinen Wachhund los? Vielleicht in der Mittagspause…“ Seine Fluchtpläne wurden von einem lauten Aufschrei unterbrochen. Erschrocken drehte Tetsuhiro sich zu seinem Senpai um. „Scheiße!“, schrie Tatsumi schmerzerfüllt und wedelte wild mit der rechten Hand hin und her. Rote Sprenkel verteilten sich auf den blanken Boden. Ein schadenfrohes Grinsen begann sich auf Morinagas Gesicht auszubreiten. Gefror jedoch, als er sah, dass der Andere schneeweiß wurde. Schnell zog der Kohai einen Stuhl herbei. „Setz dich hin, bevor du noch umkippst!“, sagte er nicht unfreundlich. Sanfter als beabsichtigt nahm er die Hand Soichis in die seine, um die Verletzung genauer unter die Lupe zu nehmen. Der Senpai wagte es nicht sich zu bewegen. Allein die kleine Berührung reichte aus, um seinen Herzschlag aus dem Takt zu bringen. Wie hypnotisiert betrachtete er Morinaga, dessen Gesicht nur wenige Zentimeter von seinem entfernt war. „Mhm blutet ganz schön…ist aber nicht sehr tief. Im Schrank müssten noch Pflaster sein…“, diagnostizierte der Jüngere. Aufatmend wandte er sich ab, um besagte Pflaster zu holen. „Mann, ich wollte ihn doch ignorieren! Aber ich bin ja kein Unmensch. Wegen einem Kratzer so einen Aufstand zu machen.“, ärgerte der Assistent sich still. Aber warum zum Teufel blieb ihm dann beinahe das Herz stehen? Während er den Schrank durchsuchte, versuchte Soichi verzweifelt nicht die Kontrolle zu verlieren. Ihm war schon wieder so verdammt heiß! Stumm starrte er auf den breiten Rücken des Assistenten. Um auf andere Gedanken zu kommen, besah er sich nun auch seiner Hand. Quer über die Handfläche zog sich ein blutiger Schnitt. Soichi wurde leicht übel. Super, dass kam dabei heraus, wenn man mit den Gedanken nicht bei der Sache war! Frustriert ballte er die verletzte Hand zur Faust. Sofort breitete sich ein brennender Schmerz aus. „Was machst du denn da? Du saust den ganzen Boden ein!“, rief Morinaga aus und deutete anklagend auf das Blut, welches aus der Faust auf den blanken Boden tropfte. Beladen mit einem Haufen Verbandsmaterial kehrte der Kohai zu Soichi zurück und kniete vor ihm nieder. Widerstandslos ließ der Ältere die Behandlung über sich ergehen. „So, fertig!“ Etwas skeptisch betrachtete Soichi den Verband, der seine Hand nun zierte. „Äh, Danke…“, sagte Soichi lahm und stand auf. Zu schnell wie sich herausstellte, denn kaum stand er aufrecht wurde ihm leicht schummrig. Bedenklich schwankend stolperte er einen Schritt vorwärts. Direkt in die Arme Morinagas. Wie von selbst schlossen er die Arme um ihn. Wie ein Ertrinkender an einen Rettungsreifen klammerte er sich an ihn. Tetsuhiro erstarrte. Natürlich wollte er Tatsumi sofort wegstoßen, aber genau wie am Abend vorher explodierten die Erinnerungen in seinem Kopf. Er hörte seine eigene Stimme, die immer wieder sagte: „Ich liebe dich Senpai! Ich liebe dich!“ Dem Kohai war es, als würde der Schädel jeden Moment platzen, das Adrenalin schoss durch die Adern. Auf einmal bekam er keine Luft mehr. Laut nach Atem schnappend befreite er sich aus der Umarmung. Alarmierend sah Soichi ihn an. „Morinaga?! Was ist denn??“, fragte er erschrocken. Hyperventilierend lehnte der Angesprochene an dem Tisch. Der junge Mann brachte kein Wort heraus. Schweiß lief ihm in Strömen über die Stirn. Tatsumi bekam es langsam mit der Angst zu tun. „Warte…ich bring dich auf die Krankenstation…“ Schon wollte Soichi zu ihm treten. Aber Tetsuhiro, der sich mittlerweile wieder ein wenig beruhigte, wich zurück. „Nein! Lass…mich einfach in Ruhe! Du…du…machst mich krank!!!“, warf er dem Senpai an den Kopf. Soichis Gesicht verfinsterte sich. „KRANK? ICH MACH DICH KRANK?? WEIßT DU WAS? ICH HAB DIE SCHNAUZE VOLL!! DANK DIR, WEIß ICH NICHT MEHR WO MIR DER KOPF STEHT!! HAU AB! ICH WILL DEIN GESICHT NICHT MEHR SEHEN!!“ , schrie er wie von Sinnen. Die aufgestaute Wut der letzten Zeit lag in seinen Worten. Beide, Senpai und Kohai, funkelten sich böse an. „Gut! Sehr gern! Sobald ich zu Hause bin, pack ich meine Sachen und bin weg!! Auf nimmer wiedersehen!!!“, verabschiedete sich Tetsuhiro Morinaga wütend. Ehe er sichs versah, war Soichi allein im Labor. „Zum Glück bin ich den los! Der wird sich noch wundern!! Ich hau ab! Hiroto! Bei dem kann ich bestimmt unterkommen…!“, meckerte Morinaga aufgebracht vor sich hin. Studenten, die ihm entgegen kamen, machten eilig Platz, als sie die finstere Miene sahen. Was bildete der Kerl sich überhaupt ein? Erst fiel Tatsumi ihm regelrecht um den Hals, dann schmiss er Morinaga raus. Seine Meinung über Tatsumi stand nun sicher fest! Soichi Tatsumi war der größte Mistkerl der Nation! Keine Sekunde länger wollte er mit dem in einer Wohnung leben. Jetzt bereute er, dass er Soichi heute Morgen keine verpasste. Vielleicht sollte er das nachholen?? Mittlerweile war er im Innenhof der Uni angekommen, als er plötzlich von der Seite angesprochen wurde. „Hey Kumpel! Was machst du denn für ein Gesicht? Ich hab hier was, das wird dich bestimmt aufmuntern!!“ Skeptisch betrachtete Morinaga die Person vor sich. Es dauerte einen Augenblick, bis der Groschen fiel. „Akito, Hey!“ Er war einer der zwielichtigen Typen gewesen, mit denen Tetsuhiro Tags zuvor von Soichi erwischt worden war. Akito kam grinsend näher. Aus seiner Tasche zauberte er einen Joint hervor und reichte diesen an Morinaga weiter. Der Kohai nahm die Zigarette dankend entgegen. Vielleicht würden die Drogen die Schmerzen, die in ihm wüteten betäuben. „Komm, suchen uns ein gemütliches Plätzchen. Ich habe dir einen Vorschlag zu machen! Muss ja nicht jeder hören.“, meinte Akito zwinkernd. Tetsuhiro zog verwundert an dem Joint. Eigentlich hatte er null Bock auf eine Unterhaltung mit dem Typ, ließ aber zu, dass seine Bekanntschaft ihn mit sich zog. Freundschaftlich legte Akito einen Arm um Morinaga. „ Kumpel, du kannst doch bestimmt Kohle gebrauchen, oder?“, fragte er verschwörerisch. Morinaga hob fragend die Augenbrauen. „Kohle? Ja, klar!“, sagte er achselzuckend. Dank der Drogen war er merklich ruhiger geworden. Akitos Grinsen wurde noch eine Spur breiter. „Na dann! Mir sind zufällig die Sicherheitscodes einer Lagerhalle im Industrieviertel in die Hände gefallen. Da lagern Unmengen von Elektrozeug. Computer und so´n Kram.“ Er machte eine kurze Pause, um die Info sacken zu lassen. Tetsuhiro guckte ihn nur groß an. „Ja und?“, fragte er. Akito verdrehte über die Begriffsstutzigkeit die Augen. „Mann! Wir gehen da rein, schnappen uns das Zeug und weg! Ganz easy! Bist du dabei?“ Ein dreckiges Lachen begleitete den Vorschlag. Morinaga zog nochmal an dem Joint. Jetzt begriff er. „Du willst da einsteigen? Ich weiß nicht. Wenn was schief geht??“, erwiderte er unsicher. So ganz geheuer war Tetsuhiro die Angelegenheit nicht. Doch war seine Hemmschwelle durch den Drogenkonsum stark gesunken. Akito wusste, dass er den Fisch am Haken hatte. Jetzt musste er ihn nur noch herausziehen. Er gab nicht so schnell auf. „Quatsch! Was heißt einsteigen? Denk an die Sicherheitscodes! Da kann gar nichts schief gehen! Es ist Idiotensicher! Wir kommen unbemerkt rein. Durch den Verkauf kassieren wir richtig ab! Außerdem brauche ich nur Jemand, der hilft, das Zeug rauszutragen! Wir müssen schnell sein! Außer uns sind noch zwei andere dabei! Komm schon!“, drängte Akito. „Aber wenn du Angst hast…kein Problem! Deinem Babysitter würde es bestimmt nicht gefallen, wenn du mit den bösen, bösen Leuten spielst!! Du bist ja so ein niedliches Schoßhündchen!“, ärgerte er Tetsuhiro im verächtlichen Tonfall. „Babysitter? Schoßhündchen? Du lebst gefährlich! Ich…ich…bin dabei!“, stieß er im Eifer des Gefechts aus. In seinem Zustand bemerkte er nicht das hinterhältige Funkel in den Augen des Anderen. Innerlich rieb dieser seine Hände. Hatte er doch gewusst, dass er mit dem Thema ins Schwarze treffen würde. „Guter Mann! Am besten kommst du gleich mit mir. Oder hast du noch was vor?“ Morinaga hörte die Frage nur gedämpft, spürte, wie er langsam aber sicher high wurde. „Nein…hier hält mich nichts mehr…Gib mir lieber noch was von dem Zeug…“ Ende Kapitel 5 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)