Wege des Lebens von Kittykate ================================================================================ Kapitel 8: Katzenauge vs. Kid ----------------------------- Aoko stand am Fenster und wartete darauf, dass der angekündigte Meteoritenschauer zu sehen war. Es war eine willkommene Abwechslung zu ihren trüben Gedanken. In den letzten Stunden spürte sie nur zwei Gefühle in sich. Zum einen die Eifersucht, dass Kaito mit Ai auch Zeit verbrachte, wenn sie nicht dabei sein konnte, zum anderen tiefste Enttäuschung, dass er sie dann auch noch belog und nicht ehrlich zu ihr war. Es nagte in ihr. Früher hatte er sie nie angelogen. Er war immer ehrlich gewesen und ihr allerbester Freund. Er hatte sich damals in ihr Herz geschlichen, als sie vor dem großen Glockenturm stand und auf ihren Vater wartete. Er hatte gesehen wie traurig sie war, weil ihr Vater sich verspätete und er schenkte ihr eine rote Rose. Wie aus Zauberhand holte er sie hervor. Als Kid den Glockenturm stehlen wollte, brach für sie eine kleine Welt zusammen, doch zum Glück ging das noch mal gut aus. Auch erinnerte sie sich an diesen Abend. Sie stand mit ihrem Anti-Kid Plakat in der Menge, als Kid unter tosendem Jubel verschwand. Kaito erschien neben ihr. Er zauberte wieder eine rote Rose hervor und stellte sich vor. Wie damals, als sie sich zum ersten Mal sahen. Sie blickte in den Sternenklaren und nachtschwarzen Himmel hinauf und versuchte ihre Gedanken zu sortieren. Sie nahm sich ganz fest vor ihn darauf anzusprechen. Es begann. Mehr und mehr Sternschnuppen gaben sich zu erkennen. Ihre glitzernden Schweife hinter sich herziehend. Aoko schloss ihre Augen. Ob ihr Wunsch bei einem Meteoritenschauer auch in Erfüllung ging? Sie wünschte sich nichts mehr, als mit Kaito für immer zusammen bleiben zu können. Kaito stand auf dem Dach gegenüber dem Museum. Er beobachtete durch ein Fernglas, wie Nakamori seine Polizisten zur Vorsicht ermahnte und herumkommandierte. Er wirkte wie ein aufgescheuchtes Huhn. Eigentlich sollte er nicht hier sein, wenn seine Tochter krank zu Hause im Bett lag. Ein wirklich guter Vater tat so etwas nicht. Aber er war auch Polizist durch und durch. Aokos großer Gerechtigkeitssinn musste schließlich von irgendwoher kommen. Der Mann im weißen Anzug beobachtete weiter. Zwischen den Polizisten tauchte wieder dieses Kind auf. Diese kleine Schnüffelnase schien immer in der Nähe des Kommissars zu sein. Ein heller Schweif zeigte sich am Firmament. Kaito blickte auf und betrachtete die ersten Sternschnuppen. Sie hatten wirklich Glück, dass diese Nacht klar und wolkenlos war. Es kam nicht oft vor, dass sie Zeuge eines Meteoritenschauers wurden. Seine Augen hingen im Himmel und er sah wie es mehr und mehr Schweife wurden. Wie dünne Fäden zogen sie sich über den Himmel. In diesem Moment wünschte er sich, dass er für immer mit Aoko zusammen blieb. Ran lauschte den Anweisungen von Kommissar Nakamori. Als die erste Sternschnuppe zu sehen war, ging sie zum Fenster und beobachtete den nachtschwarzen Himmel. Mehr und mehr glitzernde Schweife durchzogen den Himmel und irgendwann waren nur noch nicht abreißende Fäden zu sehen. Ein wunderschönes Schauspiel. Ran hielt ihre Hand an das kühle Glas des Fensters und versank in ihren Gedanken. Sie hatte nur einen Wunsch, aber der würde sich nie erfüllen. Conan trat zu ihr. „Ist alles in Ordnung?“ Sie nickte leicht. „Ich hab nur gedacht, wie schön es wäre dies hier mit Shinichi anzusehen.“ Ich bin doch hier, dachte Conan traurig. Er senkte den Kopf und blickte traurig zum Boden. „Ich bin mir ganz sicher, dass er sich das im Moment auch wünscht. Er wäre bestimmt lieber bei dir, als irgendwo in einem Fall.“ Ran lächelte zu dem kleinen Jungen hinab. Sie schüttelte über sich selbst den Kopf und kniete sich hin. Dann schloss sie den Jungen in ihre Arme und legte ihren Kopf auf seinen. Ihre Augen betrachteten weiter das Schauspiel. „Wer braucht schon Shinichi, wenn ich dich habe“, erklärte sie sanft. Ja, vor fast einem Jahr war dieser Junge bei ihr eingezogen, weil seine Eltern viel durch Europa reisten. Sie konnte sich ein Leben ohne diesen Jungen kaum mehr vorstellen. Dennoch wünschte sie sich ihren Freund zurück. Sie schloss die Augen und wiederholte ihren Wunsch. Conan errötete, als Ran ihn an sich presste und ihn fest umarmte. Wenn sie wüsste, dass er, Shinichi, ihr so nahe war, sie würde ihm eine runterhauen und ihn verfluchen. Doch dann blickte er aus dem Fenster und lächelte. Er wünschte sich, dass er bald als Shinichi zu ihr zurückkehren konnte. Mori und Nakamori standen mit Hakuba bei der Krone des Kaisers und betrachteten sie. Sie war schon imposant. Sie glänzte Golden und hatte einen blauen Edelstein zur Zierde in einer der Zacken. Der Schülerdetektiv blickte auf die Uhr. Kid würde in einer halben Stunde eintreffen. Seine Augen blickten sich im Raum um. In diesem Raum, wie auch auf dem Flur standen überall Polizisten. Da Katzenauge sich auf das gleiche Wertobjekt angekündigt hatte, arbeiteten die Soko Kid und die Soko Katzenauge heute zusammen. Der Detective sicherte mit seinen Männern alle Ausgänge ab. Niemand konnte hier ohne weiteres entkommen. Kommissar Nakamori trat auf Ran und Conan zu. „Es ist jetzt besser, wenn ihr nach Hause geht. Ihr habt morgen Schule und dort seid ihr auch sicherer.“ Kogoro Mori nickte zu. „Ja, der Kommissar hat Recht. Ran geh mit Conan nach Hause.“ Ran seufzte, nickte dann aber. Conan müsste eigentlich schon seit Stunden im Bett liegen und schlafen. Sie stand auf und nahm Conans Hand. Gemeinsam verließen sie das Museum. Auch wenn Conan mit Betteln versuchte, doch bleiben zu dürfen, kam er dieses Mal nicht weiter. Er musste nach Hause gehen und das ärgerte ihn am meisten. Saguru verließ den Raum ebenfalls aber er ging hinauf zum Dach um dort Stellung zu beziehen. Er vermutete, dass Kid von dort oben fliehen würde. Es war mal wieder ein leichtes gewesen in das Museum einzudringen und die Polizisten auszutricksen. Er rief einen Dummy ins Leben und dieser flog mit Hilfe kleiner Propeller durch die Gänge des Museums. Nakamori und sein Gefolge rannten dem Dummy nach, während er nun hier vor der Krone des Kaisers stand. Er entfernte den blauen Stein und hielt ihn fest in der Hand. „Keine Bewegung, Meisterdieb 1412“, erklang hinter ihm eine Frauenstimme. Der Mann mit Zylinder lächelte. „Katzenauge.“ Er drehte sich in einer fließenden Bewegung um und verneigte sich leicht. „Es freut mich Sie wieder zusehen.“ „Geh von der Krone weg, Kid!“ Diese Stimme kannte er. Er blickte auf. Ihm gegenüber standen drei Frauen mit unterschiedlichen Haarlängen. Und die mit dem Kurzhaarschnitt hatte er sofort wieder erkannt. Erstaunt über diese Erkenntnis fügte sich plötzlich einiges zusammen. Sie waren aufgetaucht, als die Schwestern das Cafe Cat’s Eye wieder eröffnet hatten. Er und sie teilten sogar noch viel mehr miteinander, als er anfangs dachte. Er lächelte. „Die Krone interessiert mich nicht.“ Schon hinterließ er eine Rauchbombe und verschwand. Hitomi schnappte sich die Krone, während Nami und Ai sich umsahen. Er war und blieb verschwunden. „Er hat den Stein!“ „Aufs Dach“, kommandierte Nami. „Er wird übers Dach fliehen.“ Die Schwestern rannten aus dem Zimmer hinaus und nahmen die Treppe hinauf zum Dach. Sie öffneten die Türe und hielten inne. Jemand redete da. Kaitou Kid ließ seine Rauchbombe fallen und verschwand durch die Türe. Er rannte zum Treppenabsatz und nahm die Stufen hinauf. Kaum am Dach angekommen, stieß er die Türe auf und trat in die kühle Nacht. „Hab ich dich, Kid!“ Hakuba trat mit verschränkten Armen hinter einer Klimaanlage hervor. „Dich wird man auch nicht los“, konterte Kaito genervt. Schon wieder sein Erzfeind, wobei er eher dachte, dass der dem Kleinen begegnen würde. „Dich ja auch nicht“, erwiderte Saguru Hakuba. Kaitou Kid provozierte seinen Mitschüler: „Was willst du mir damit sagen?“ „Du bist verhaftet, Meisterdieb 1412, oder sollte ich sagen Kaito Kuroba.“ Kid ließ sich nichts anmerken. Schon öfter hatte Hakuba ihn in der Schule als Meisterdieb beschimpft. „Den Typen kenn ich nicht. Mein Name ist Kaitou Kid!“ Blitzschnell zückte er sein Schlafgas hervor und sprühte den Oberschüler damit ein. „Träum süß, Detektiv!“ Hakuba fiel auf den Boden und schlief ein. „Wie gemein“, mischte sich nun Ai wütend ein. Sie stand hinter ihm mit ihren Händen in die Hüfte gepresste. „Er ist doch noch fast ein Kind.“ Sie fand den blonden Mitschüler sehr nett und es schockierte sie zu hören, dass er Kid Kaito nannte. Aufmerksam beobachtete sie die gesamte Haltung des Diebes. Kaito grinste. Er blickte über die Schulter zurück und erkannte wirklich seine Mitschülerin. Sie hatte in ihrer Wut ihre Deckung aufgegeben. „Jeder, der mich verhaften will, ist automatisch ein Feind und sei er noch so klein, jung, alt oder gebrechlich.“ Er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und hielt den Stein ins Licht des Mondes. „Ai“, fügte er noch hinzu. Love blieb vor Überraschung der Mund offen stehen. Wenn er wusste, wer sie war, kannte sie ihn dann auch? War er wirklich Kaito? „Gib uns den Stein der Krone“, herrschte Hitomi ihn an. Sie hielt immer noch die Krone in ihren Händen. „Wozu braucht ihr ihn?“ So leicht würde er es ihnen nicht machen. „Gegenfrage: Was willst du mit ihm?“ Nami verschränkte ihre Arme vor der Brust und ließ den Meisterdieb keine Sekunde aus den Augen. Er erkannte die Stimmen aller drei Schwestern. Langsam drehte er sich um. „Es ist unhöflich eine Frage mit einer Gegenfrage zu beantworten. Dennoch werde ich euch antworten, Kisugi Schwestern.“ Ein hämisches Grinsen zeigte sich auf seinen Lippen, als er sah, wie die drei ihre Fassung verloren. „Wer bist du?“, hakte Ai wütend nach. Dabei ballte sie eine Faust. „Ich bin Kaitou Kid. Ich bin auf der Suche nach einem ganz besonderen Edelstein. Er blickte auf das Objekt in seiner Hand und dann richtete er die Augen wieder auf die Schwestern. „Und was genau ist euer Ziel?“ Ai öffnete den Mund um zu antworten, doch Hitomi fuhr wie immer dazwischen: „Das geht dich nichts an!“ „Den Stein, bitte“, forderte Nami. Der Oberschüler wachte langsam wieder auf und sah nur verschwommen drein. Aber er verstand die Worte sehr genau. Er blickte auf und sah drei Frauen, die mit dem Rücken zu ihm standen und Kaitou Kid. Kid senkte seinen Kopf und lächelte. „Ich habe keine Verwendung für ihn.“ Er warf den Edelstein zu Ai und diese fing ihn auf. „Wir sehen uns!“ Er drehte sich um, rannte zum Dachrand und sprang. Schon öffnete sich sein Gleiter und er flog in die Nacht. Die Katzen gingen zum Versteck ihrer Gleiter, die sie im Schatten einer der großen Klimaanlagen hinterlegt hatten, spannten sich diese um und flogen wenig später auch davon. Hakuba richtete sich auf, aber er war zu langsam. Sein Körper fühlte sich immer noch wackelig an und er hatte den Eindruck, dass er neben sich stand. „Das nächste Mal, Kid“, knurrte der blonde Detektiv wütend. *** Aoko betrat die Klasse. Ihr ging es wieder besser, bis auf das Gefühlschaos, welches immer noch herrschte. Aber sie verdrängte es geschickt und ging auf ihren Platz zu. Kaito saß bereits und unterhielt sich mit einem kurzhaarigen Mädchen, welches auf ihrem Platz saß. Sie hatte bereits ihre Schultasche ausgepackt, saß zu Kaito gedreht und kniff ihn gerade tadelnd in die Wange. Sie zog an der Haut, während der Zauberer schmerzhaft das Gesicht verzog und wild mit den Armen ruderte. „So etwas sagst du nie wieder zu mir, hast du mich verstanden?“ „Ich verspreche es“, stimmte Kaito zu, dem die Wange langsam schmerzte. Er war noch viel zu müde um sich solch einer handgreiflichen Auseinandersetzung zu widmen. Aber nach einem kurzen Blick in das Gesicht seiner Mitschülerin stand für ihn fest, dass auch ihre letzte Nacht nicht mit besonders viel Schlaf gesegnet war. Keiko und Yoko betraten die Klasse und sahen ihre beste Freundin reglos im Raum stehen. Es waren noch nicht alle Schüler anwesend, aber die Hälfte war bereits im Klassenraum. „Aoko, geht’s dir wieder besser?“, fragte Yoko sogleich nach. Aoko erschrak und blickte ihre Freundinnen an. „Ja“, dabei lächelte sie und nickte tatkräftig. „Sie sitzt seit gestern dort und die beiden wirken sehr vertraut miteinander“, gestand Keiko leise. „Du solltest wissen, dass sie morgens zusammen kommen und nachmittags zusammen aus der Schule gehen.“ Aoko überspielte die tiefgründige Traurigkeit in ihrem Inneren und schüttelte mit einem Lächeln auf den Lippen ihren Kopf. Niemand wusste, dass sie ein Paar waren und es war gut so. Nicht auszudenken wie die Mitschüler sie ansehen würden, wenn sie wüssten, dass ihr Freund mit einer anderen flirtete. „Kaito ist ein Idiot“, verkündete sie ihren Freundinnen und ging auf Ais alten Platz. Hakuba saß bereits dort und beobachtete Kaito und die Neue finster. Ihm gefiel nicht, wie locker der Rivale seine Beziehung zu Aoko sah. Und er würde ihn an sein Versprechen erinnern, sollte Aoko wegen ihm weinen. „Guten Morgen, Saguru“, begrüßte die kleine Nakamori ihn und deutete auf den freien Platz daneben. „Darf ich mich zu dir setzen?“ Er errötete, als er in ihr hübsches Gesicht blickte, und nickte. „Ja, klar. Der Platz ist sowieso leer.“ Nach und nach fanden sich auch die restlichen Schüler ein und der Klassenlehrer trat ein. Kaito blickte sich unauffällig in der Klasse um. Aoko schien immer noch krank zu sein. Er linste über die Schulter und sein Blick fiel auf eben gedachtes Mädchen, die in aller Ruhe neben Hakuba saß und sich dem Unterricht widmete. Wann war denn Aoko gekommen? Er hatte sie gar nicht gesehen. „Herr Kuroba, wenn Sie dann so freundlich wären und sich wieder meinem Unterricht zuwenden. Fräulein Nakamori können sie auch noch in der Pause betrachten.“ Kaito und Aoko wurden knallrot und der Junge drehte sich schnellstens wieder seinen Unterlagen zu. Aoko konzentrierte sich auch wieder auf den Unterricht. Wenig später fragte sie Hakuba etwas zum Unterrichtsstoff im Flüsterton und dieser beugte sich zu ihr rüber und zeigte mit einem Stift auf eine Stelle im Buch. Ai blickte unsicher zu Kaito, der die beiden immer wieder misstrauisch beobachtete. „Ich habe gar nicht mitbekommen, das Aoko gekommen ist. Natürlich kann sie wieder auf ihren Platz zurück“, flüsterte Ai schuldbewusst. „Ich hab den Eindruck, dass sie ganz glücklich mit Hakuba ist“, knurrte Kaito und wandte beleidigt seinen Blick ab. „Das ist meine Schuld.“ „Was ist deine Schuld“, frage Kaito verwirrt nach. Er verstand nicht warum Ai so ein bekümmertes Gesicht machte. „Das ihr zwei Streit habt, ist meine Schuld“, erklärte sie ihre Gedanken. Kaito lehnte sich in seinen Stuhl zurück und verschränkte die Arme. Wie immer, wenn er nicht wollte, dass jemand seine Gefühle sah, reagierte er mit Arroganz. „Da kannst du am wenigsten dafür. Das ist Aokos Schuld, weil sie sich so kindisch verhält.“ Er hatte es lauter ausgesprochen, als gewollt und die Betroffene sprang wütend und verletzt auf. „Meine Schuld?!“ Kaito zog den Kopf ein und traute sich gar nicht zu ihr hinzusehen. „Renn um dein Leben, Kuroba!“, brüllte die Braunhaarige. In Windeseile schnappte sie sich den Wischmopp und baute sich kochend vor dem Zauberer auf. Dieser kroch flink unter den Tisch, zwischen den Mitschüler hindurch und stand schnellstens zwischen den nächsten Reihen auf. Dann begann eine wilde Verfolgungsjagd durch den gesamten Klassenraum. Das hatten die Mitschüler vermisst. Zu lange waren die beiden schon ruhig. Ai hingegen beobachtete die Jagd überrascht und verwirrt. Teilweise war sie sogar entsetzt, denn niemals hatte sie Aoko so wütend erlebt. Es ging eine ganze Weile, bis dem Lehrer die Hutschnur riss und er sich wütend vor den beiden aufbaute. „RAUS! Vor die Türe! Alle beide! Sie erhalten nach dem Unterricht Ihre Abmahnung.“ Mit gesenktem Kopf, wie zwei gescholtene Hunde, verließen die beiden den Klassenraum. Aoko stellte noch zuvor den Mopp an seinen Platz zurück. Der Unterricht konnte endlich in Ruhe weiter gehen. Auf dem Gang hingegen lehnte Aoko sich an die Wand neben der Klassentür, während Kaito sich auf den Boden setzte. Sie kochte immer noch innerlich. Sie schnaubte und verschränkte wütend ihr Arme vor der Brust. In Gedanken zählte sie bis zehn. Aber das half nichts. Dann zählte die Braunhaarige weiter bis zwanzig, stockte auf dreißig, vierzig und fünfzig auf. Sie wurde ruhiger und war gerade bei sechsundfünfzig angekommen, als Kaito das Wort ergriff. „Reden wir jetzt nicht mehr miteinander?“ „Ich weiß es nicht“, fauchte Aoko. „Sag du es mir.“ Er zog den Kopf ein, traute sich kaum sie anzusehen. Er antwortete nicht. Sie wartete, aber er blieb stumm. „Wieso bin ich kindisch und woran habe ich Schuld?“, begann sie voller Ungeduld zu wettern. Sie zählte gedanklich weiter. „Du bist ins Klassenzimmer gekommen ohne mich zu begrüßen“, grummelte Kaito. „Entschuldige, du bist zu dem Zeitpunkt beschäftigt gewesen“, konterte Aoko sofort. „Dann hast du dich einfach zu Hakuba gesetzt“, hielt er ihr weiter vor. „Weil mein Platz besetzt ist“, parierte sie. Kaito stand auf und stellte sich ihr gegenüber. „Aoko“, begann er wieder, aber sie hob ihre Hand und gebot ihm Einhalt. „Bist du immer ehrlich zu mir gewesen?“ Sie blickte ihn direkt in die Augen. Er setzte sein Pokerface auf, bevor ihm die Gesichtszüge entgleiten konnten. „Was?“ „Hast du mich jemals angelogen?“ Auch wenn es ihr schwer fiel, sie hielt den Blickkontakt. Ja, war die Antwort. Es war die einzig richtige Antwort und er wäre ehrlich zu ihr gewesen. Dann aber kämen die Fragen und er konnte ihr nicht von seinem zweiten Ich erzählen. Noch nicht. „Wie kommst du denn jetzt darauf?“ „Sag es mir einfach“, forderte Aoko. Ihre Geduld war dahin, ihre Nerven zum Zerbersten gespannt. Sie hatte keine Lust auf Spielchen. „Nein.“ Er fiel in sich zusammen, denn gerade eben tat er es wieder. Auch wenn sie ihm seine Gefühle nicht ansehen konnte, weil er es im Moment nicht zuließ, so entging ihm noch lange nicht, wie sich ihre gesamte Körperhaltung veränderte. Kaito sah ihren verletzten Gesichtsausdruck, wobei ihn das auch irritierte. Wusste sie, dass es eine Lüge war oder ahnte sie es nur. „Aoko“, setzte er erneut an, doch der Lehrer öffnete die Türe und holte die beiden zurück in die Klasse. Jeder ging auf seinen Platz zurück und schweigend folgten sie dem Unterricht. Endlich Mittagspause. Kaito hielt es keine Sekunde mehr in diesem stickigen Raum aus. Er musste an die frische Luft und flüchtete aufs Schuldach. Dort war nie etwas los und er brauchte Ruhe um seine Gedanken zu sortieren. Ai trat durch die Tür hinaus aufs Dach und ging zu ihm hinüber. Er stand im Schatten des Daches der Turnhalle am Zaun und blickte auf den Hof hinab. Wenn er doch endlich Pandora hätte, dann würde er Aoko alles erklären können. Er respektierte Aoko und auch ihren Vater. Auch wenn es Spaß machte die Polizisten an der Nase herumzuführen, so tat er es nicht freiwillig. Es würde ihm soviel besser gehen, wenn Aoko ihn verstand. Nur was passierte ihr, wenn sie es wusste? Wenn die Organisation herausfand, dass Aoko über alles informiert war rutschte sie doch automatisch in das Visier der Organisation und sie würde damit als Druckmittel gegen ihn verwendet werden. Das Risiko war einfach zu hoch und er musste Aoko beschützen. „Hey, Kaito“, machte Ai auf sich aufmerksam. Sie sondierte nochmals die Umgebung, aber sie waren wirklich allein hier oben. „Ai“, rang sich der Wuschelkopf ein Lächeln ab. „Hör mal, ich weiß nicht wie du es geschafft hast mich zu erkennen, aber warum tust du das, Kaito?“ Verwirrt, weil er ihr nicht folgen konnte, blickte er sie an. „Wovon redest du?“ „Gestern Nacht auf dem Dach des Museums. Du hast mich erkannt, Kid“, sprach Ai ihren Verdacht aus. Im nächsten Moment drückte Kaito Ai gegen das Gitter, platzierte seine Hände rechts und links neben ihrem Kopf und krallte seine Finger in die Maschen ein. Aufmerksam blickte er sich um. Niemand war in der Nähe und erleichtert wandte er sich ihr zu. „Glaubst du wirklich, ich hätte dich so genannt, wenn jemand hier wäre?“ Ai kniff ihre Augen zusammen und reckte ihr Kinn trotzig zur Seite. „Woher weißt du es?“ „Wenn man dich beobachtet und sich Kids Verhalten ansieht, erkennt man es sofort, es sei denn man verschließt die Augen davor oder ist wirklich blind“, erklärte sie und sie suchte wieder seine Augen. „Und nun?“ „Sind wir quitt. Du hast mich erkannt und ich hab dich enttarnt.“ Ai blickte ihm in die blauen Augen und spürte wie ihre Knie weich wurden. Auch wenn er nicht ihr Typ war, so brachte er ihren Körper leicht aus dem Takt. Vor allem war sie zwischen seinem Körper und dem Gitter eingeklemmt. So einfach könnte sie sich nicht von ihm befreien. „Wieso seid ihr Katzenauge? Warum stehlt ihr?“ Ai seufzte. Über kurz oder lang musste diese Frage kommen und weder Hitomi noch Nami würden Erklärungen abgeben. „Unser Vater verschwand, als ich gerade mal ein Jahr alt war. Unsere Mutter starb drei Jahre später. Nami zog Hitomi und mich auf und vor zwei Jahren erhielten wir einen Hinweis, dass unser Vater noch am Leben sei, aber niemand wusste genaueres. Zuerst hieß es, er wäre in Europa. Wir sind nach Frankreich gezogen und haben angefangen seine Gemälde zu stehlen.“ Kaitos Augen versanken in ihren braunen Augen, während er ihr aufmerksam lauschte. „Er ist Maler?“ „Ja, zumindest war er es früher einmal gewesen“, nickte Ai. „Wir erhoffen uns, dass wir irgendein Zeichen auf seinen Verbleib finden.“ Sie pausierte und für den Bruchteil einer Sekunde hingen ihre Augen auf seinen Lippen. Um sich selbst abzulenken, wechselte sie nun das Thema. „Und wieso setzt du dich dieser Gefahr aus?“ „Mein Vater wurde ermordet. Diese Leute sind auf der Suche nach einem Edelstein, der einem das ewige Leben schenkt. Ich habe mir geschworen, dass ich Pandora, diesen Stein, vor ihnen finde und ihn zerstöre.“ Seine Augen funkelten dabei entschlossen. Ai konnte nicht anders, als ihm sanft ihre Hand an seine Wange zu legen und zärtlich über seine weiche Haut zu streicheln. „Es tut mir so leid, was mit deinem Vater passiert ist. Wie alt bist du gewesen?“ „Acht Jahre“, antwortete der Sohn des größten Magier Japans und ihm wurde zum ersten Mal bewusst, das im kommenden Frühjahr sich der zehnte Todestag jährte. Er fühlte ihre Finger an seiner Wange und sie hinterließen ein sanftes Prickeln und eine unerklärliche Gänsehaut breitete sich auf seinem Körper aus. Er hing an ihren braunen Augen und schluckte einmal kräftig. Es war ein Moment, ein sehr inniger, verzaubernder Moment. Sie starrten sich stumm in die Augen, während Ais Daumen eine Automatik entwickelt hatten und einfach weiter über seine Wange strich. Aoko saß während der Mittagspause mit Keiko und Yoko zusammen und es lenkte sie von ihren trübsinnigen Gedanken ab. Denn zum ersten Mal, in der langen Zeit die sie ihn kannte, zweifelte die Oberschülerin an Kaitos Aufrichtigkeit. Aber im Laufe der Mittagspause schafften es ihre Freundinnen Aoko wieder zum Lachen zu bringen. Das war ihr Ziel gewesen. Ihnen war nicht entgangen wie verändert die Freundin heute gekommen war. Und Kaito schien diese Veränderung zu verursachen. Auch wenn die Mädchen gerne mit dem Klassenkameraden darüber reden wollten, hatten sie kein Recht dazu. Das einzige was ihnen blieb, war Aoko so gut sie konnten zu unterstützen und zu bestärken. Sie aufzufangen, sollte sie fallen, und wieder aufzupäppeln. Nachdem die Mittagspause fast vorüber war, beschloss die Nakamori Kaito doch noch zur Rede zustellen. Sie verlangte Ehrlichkeit von ihm, dann musste sie auch mit gutem Beispiel voran gehen. Sie würde ihn mit den Tatsachen konfrontieren. Sie hatte ihn und Ai aus dem Kino kommen sehen. Er hatte sie daraufhin angelogen. Das musste sie unbedingt klarstellen. Sie beschloss ihn zu suchen. „Ich möchte noch mit Kaito reden.“ Yoko und Keiko nickten verstehend und ließen Aoko gehen. Besorgt sahen sie der Freundin nach. Hoffentlich war sie danach nicht wieder so niedergeschlagen. Aoko ging über den Schulhof, fand Kaitos Kumpels, aber er selbst war nicht dabei. Sie ging ins Schulhaus, durch die verschiedenen Gänge und zuletzt stieg sie die Treppe hinauf um aufs Schuldach zu kommen. Sie öffnete die Türe, trat hinaus und blickte sich dabei um. Im Schatten stand er und dicht bei ihm eingeklemmt am Zaun war Ai. Fassungslos hielt sie, halb in der Tür stehend, inne. Ihre Finger krallten sich um den Türgriff. Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen und ihr Bauch verkrampfte stark. Die Erinnerungen der letzten Wochen schossen so schnell vorbei, dass sie kaum eine davon fassen konnte. Sie waren beste Freunde gewesen und dann gestand er ihr, dass er sich in sie verliebt hatte. Dennoch verhielt er sich nach wie vor ihr gegenüber wie ihr bester Freund. Sie hielten Händchen oder fielen sich mal in eine Umarmung, aber niemals in Anwesenheit von Freunden. Zärtlichkeiten tauschten sie kaum aus, das höchste der Gefühle war ein Kuss auf den Mund. Wahrscheinlich war sie selbst schuld, dass er ihr weg lief. Sie war zu schüchtern um die entscheidenden Schritte selbst einzuleiten. …Ich hab mich in dich verliebt… Verliebt sein war nun mal nicht gleichzusetzen mit Liebe. Verliebt, die Zwischenstufe von Schwärmerei und Liebe. Schwärmerei war nicht ernst zunehmen und verging meistens genauso schnell und unbemerkt wie es kam. Verliebt war man auch recht schnell, es war ernster und der Kummer auch schmerzhafter, aber es war keine richtige und aufrichtige Liebe. Diese konnte sich aus dem Verliebt sein entwickeln, musste es aber nicht. Aoko senkte traurig ihren Kopf. Ihre Augen starrten auf den Boden. Nun würde das passieren, wovor sie immer Angst gehabt hatte. Sie verlor nicht nur ihre Beziehung, sie verlor ihren besten Freund. Nie wieder würde es so werden, wie es einmal war. Der Schulgong erklang und beendete die Mittagspause. Durch den Gong wieder ins hier und jetzt katapultiert, trennte sich Kaito rasch von Ai und errötete. Verlegen legte er eine Hand an seinen Hinterkopf und murmelte ein: „Entschuldige bitte.“ Vorbei war der Zauber. Ai rang sich ein Lächeln ab. „Ist doch nichts passiert.“ Gemeinsam drehten sie sich zur Tür und gingen ein paar Schritte, als sie Aoko dort stehen sahen. Ai bekam sofort ein schlechtes Gewissen. Sie hatte sich verleiten lassen. „Aoko“, begann sie sofort und beeilte sich zu der Freundin zu kommen. „Es ist nicht das wonach es aussieht.“ „Wie ist es dann?“ Aoko konnte nicht aufsehen. Sie starrte den Boden an. Ai blickte zu Kaito, der zu ihnen aufschloss. Allerdings hingen seine Augen auf dem Mädchen, das er wieder mal ungewollt verletzt hatte. „Ich weiß es auch nicht“, gestand die Kurzhaarige schließlich. „Anders“, fügte sie noch hinzu, aber das machte die Situation auch nicht besser. „Aoko, da ist wirklich nichts“, stimmte Kaito zu. Er sah ihr an, dass es sie verletzt hatte ihn mit Ai so vorzufinden. Dennoch war es ein Missverständnis. „Richtig“, stimmte sie zu und eine Spur Hohn klang mit. „Du lügst mich ja nicht an“, fauchte sie nun aufgebracht und blickte auf. Sie kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen. Sie würde nicht weinen. Sie würde sich nicht die Blöße geben und vor ihm weinen. Ihre Worte trafen ihn. Es war eindeutig. Sie glaubte ihm nicht. Er musste wissen, worauf sie anspielte: „Was willst du damit sagen?“ Aoko schluckte. „Ich hab euch gesehen. Zusammen. Ihr seid im Kino gewesen.“ Kaito schluckte. Sie hatte ihn und Ai gesehen… Das Telefonat kam in seine Erinnerung. Sie wollte von ihm die Wahrheit wissen und er hatte sie angeblafft und behauptet er wäre zu Hause gewesen. Sie wusste, dass er sie belogen hatte. Nun war es Zeit zu handeln. Er musste alles richtig stellen. „Aoko, bitte!“ Er ging einen Schritt auf sie zu und wollte sie berühren, aber sie wich vor ihm zurück. „Fass mich nicht an“, zischte sie und er schrak wirklich zurück. Nicht aber wegen ihrer Worte, sondern allein wegen ihrer Stimme. So kannte er sie nicht. Das war nicht seine Aoko. „Es ist aus! Du kannst machen was und mit wem du willst, aber lass mich in Ruhe!“ Schwungvoll drehte sie sich um und ging zu ihrem Klassenzimmer zurück. Wut, das war ihre Rettung. Wenn sie wütend auf ihn war, würde sie nicht weinen. Sie musste wütend auf ihn bleiben. Zumindest solange bis sie zu Hause war. Der Detektiv merkte sofort, dass mit Aoko etwas nicht stimmte, aber nach einem Blick in ihr Gesicht würde er den Mund halten und nicht nachfragen. Er ahnte, dass ein gewisser Möchtegern-Zauberer hinter ihrer Verfassung steckte. Kaito und Ai setzten sich auch wieder auf ihren Platz und die Lehrerin kam in die Klasse und unterrichtete den Nachmittag über. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)