Bestienhandbuch für Anfänger von NaBi07 (Lektion 1: Wie erziehe ich meine Bestie) ================================================================================ Kapitel 22: Regelverstoß ------------------------ Kapitel 4.4 – Regelverstoß „Wir hoffen sehr, dass dieser Fall niemals eintritt. Sollten Sie dennoch einmal gegen unsere Regeln verstoßen, so wird der Rat zusammentreten und über die jeweilige Sanktion abstimmen. Sollten Sie noch Fragen zu dem Thema: „Regeln“ haben, dann empfehlen wir Ihnen im Regelhandbuch nachzulesen.“ Angespanntes Schweigen umhüllt uns. Auch ich halte die Luft an. Meine Hand krallt sich in Liams Fell und findet Trost. Seine regelmäßigen Atemzüge erinnern mich daran endlich wieder Luft zu holen. Mit flauem Gefühl im Magen beobachte ich jede noch so kleine Regung, die durch die Menschen in meiner Umgebung geht. Eine Welle von stählerner Kälte umfängt meine Sinne. Die Soldaten wirken unnahbar, ja fast unmenschlich. Mein Blick schweift zu unserem General. Was meine Augen entdecken überrascht und verunsichert mich zutiefst. Er wirkt nach außen hin standfest und robust, doch sein Rücken ist angespannt wie ein Bogen. Caleb starrt den Ranghören an. Sagt aber kein Wort. Mit fest zusammengepresstem Kiefer versucht er jeden Laut zu verschließen, der sich ungewollt zwischen seinen Lippen durchschieben könnte. Wer ist der Mann? Warum hat Caleb so viel Respekt vor ihm? Mein Herz macht einen ungewollten Satz. Angst keimt in mir auf. „Ich wiederhole mich nur ungern General!“, donnert die Stimme des Neuankömmlings. Eine Gänsehaut überkommt mich und lässt mich erschaudern. Ich weiß sofort, dass ich diesen Mann nicht leiden kann. Schweigen. Die nächste Welle bringt Wut an uns heran. Ich erbebe. Am liebsten würde ich mich in meiner Bestie verkriechen. Dann holt Caleb plötzlich tief Luft und setzt endlich zu unserer Verteidigung an: „Wir wollten Frau Morel nur etwas frische Luft gönnen“, versucht er unseren Ausbruch zu rechtfertigen. Ein abfälliges Schnauben zeigt, dass der strenge Mann ihm kein Wort glaubt. Caleb zuckt zusammen, versucht aber gleich wieder seine autoritäre Haltung zurückzugewinnen. Vergebens. Plötzlich durchbricht ein lautes Husten das Schweigen. Ich sehe zu Kati und muss leider feststellen, dass sie angefangen hat Blut zu spucken. Angst umklammert mein Herz. Sie muss unglaubliche Schmerzen haben. Ich bin schuld an ihrem schlechten Zustand und nun bin ich wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass diese ganzen Soldaten uns umzingeln und verhindern, dass Kati ärztlich versorgt werden kann. Leise regt sich mein Beschützerinstinkt und flüstert mir von der Ferne ins Ohr. „Und wie kommen Sie auf die Idee, dass ich Ihnen ihre lahme Erklärung abnehme?“ Der Anführer sieht Caleb einschüchternd in die Augen. Keiner wendet seine Aufmerksamkeit Richtung Katis Hustenanfälle. Krampfhaft versucht diese sich zu Kontrollieren und ihren Husten zu unterdrücken. Das Röcheln lässt mein Blut in den Andern gefrieren. Da Caleb keine Anstalten macht etwas zu erwidern, trete ich vor. Dabei versuche ich so selbstsicher wie möglich zu erscheinen. Ich räuspere mich, um so die Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. „Wir können das auch später noch erklären. Aber Kati braucht jetzt dringend einen Arzt. Wenn Sie so nett wären uns vorbei zu lassen.“ Höflich aber bestimmt blicke ich dem Mann in die Augen. Ich versuche meine eigene Angst zu verbergen. Hoffentlich gelingt es mir, sonst verliere ich an Glaubwürdigkeit. Ich fühle praktisch wie sich Caleb hinter meinem Rücken noch mehr versteift. Warum ist er so angespannt? Das beunruhigt mich, aber meine Quelle der Kraft spannt sich leicht unter meinen Händen an. Dankend kralle ich meine Finger tiefer in sein Fell und lasse die animalische Kraft in mich fließen. „Wie war das?“, fragt der Anführer arrogant und schenkt mir ein gemeines Lächeln. Seine gesamte Haltung nervt mich gewaltig. Er sieht, dass einer seiner Offiziere schwer verletzt ist. Anstatt erst einmal zu fragen was passiert ist und dafür zu sorgen, dass sie behandelt wird, versucht er seine eigene Stellung zur Schau zu stellen. Dieser Mann erinnert mich an die Zeit, als ich eines meiner Praktika in einer Einrichtung für schwer erziehbare Kinder machen musste. Die Erzieher, denen ich dort begegnet bin, wirkten genauso unnachgiebig und autoritär. Ständig versuchten sie ihre Macht mit allen Mitteln zu beweisen. Was ihnen auch gelang. Mit starken Sanktionen schufen sie sich eine Position, in der niemand es wagte gegen ihre Ansagen zu handeln. Nicht nur die Kinder haben darunter gelitten. Auch wir Praktikanten hatten es nicht leicht. Zu der Zeit musste ich mich immer wieder mit derartigen Persönlichkeiten herumschlagen. Ich musste mich abhärten und lernen mich durchzusetzen, auch wenn ich danach unglaublich unfaire Konsequenzen tragen musste. Dieser Anführer vor mir wirkt auf mich genauso unnachgiebig, rechthaberisch und autoritär. Ich glaube kaum, dass sich irgendwer in seinen Weg stellt. Also ist er es wahrscheinlich auch nicht gewohnt Wiederworte zu hören. Innerlich danke ich nun zum ersten Mal für das Praktikum und glaube fast, dass mich das Schicksal auf diese Begegnung vorbereiten wollte. Also krame ich alle gesammelten Erfahrungen aus ihrer verstaubten Schublade und versuche sie jetzt zu meinem Vorteil zu nutzen. Natürlich könnte ich mir auch mit meiner großen Klappe gleich gehörig die Finger verbrennen. Aber all meine Bedenken lösen sich in Luft auf, als ich Kati ein weiteres mal schmerzerfüllt Luft holen höre. Mit mehr Nachdruck zeige ich nochmal auf die verletzte Frau. „Sie braucht dringend Hilfe!“, meine ich erbost. Irgendwann muss dieser Fakt ja auch mal in seinem Spatzenhirn ankommen. „Was Frau Phol braucht ist kein Arzt, sondern ein Disziplinarverfahren. Sie hat sich entgegen unserer Regeln heraus geschlichen und sich einer Gruppe von Deserteuren angeschlossen.“ Kühl und berechnend kommt seine Erwiderung. Hat er auf solch eine Gelegenheit gewartet? Er wirkt Schadenfroh. Insgeheim scheint er sich über unser Fehlverhalten zu freuen. Jetzt heftet sich sein Blick an Sophie. „Ich habe auch nichts anderes von Ihnen erwartet Professor Gillian. Sie zeigten schon immer ein äußerst unerwünschtes rebellisches Verhalten und einen viel zu leichten Umgang mit unseren Regeln.“ Sophie zieht ängstlich den Kopf ein. Ihre Augen jagen hilfesuchend zu Caleb, aber er würdigt ihr keinen einzigen Blick. Wut keimt in mir auf. Feigling! Er hat wohl selbst erst einmal mit seinem inneren Schweinehund zu kämpfen. Diese Tatsache erschüttert mich sehr. Bis jetzt wirkte er auf mich wie jemand, der sich nicht so schnell in die Schranken weisen lässt. Wie jemand, der als Schild für seine Leute auftritt. Doch nun steht er schweigen neben mir. Seine Hände sind geballt und sein Blick leicht auf den Boden gerichtet. Sollte er uns nicht eigentlich als General unterstützen und in Schutz nehmen? Stattdessen steht er hier wie ein hilfloser, kleiner Bengel, der dabei erwischt wurde, wie er aus Omas Keksdose genascht hat und jeden Moment die größte Standpauke seines Lebens kassieren wird. Es hilft alles nichts. Ich muss das Zepter an mich reißen. Dieses Mal liegt es an mir, meine Freunde zu beschützten. Zum Glück war ich bei Wortgefechten schon immer gut und konnte meinen Kontrahenten am Ende immer in seine Schranken weisen. Egal ob derjenige ein aufmüpfiges Kind war oder ein übellauniger Mentor, der alles andere als ein Vorbild war. Ich hole tief Luft, um uns zu verteidigen. „Wir sind keine Deserteure!“, rufe ich in die Runde und blicke jeden in meiner näheren Umgebung tief in die Augen. Ich zeige mein Entsetzten deutlich. Ich weiß von den Berichten meines Cousins, dass Deserteure bei dem Militär nicht gerade beliebt sind, darum will ich uns diesen Ruf ersparen. „Sie haben kein Recht einfach über uns zu urteilen!“ Aufgebracht schleudere ich meinen giftigsten Blick in die Runde. Von hinten höre ich Caleb warnend zischen. Er will dass ich mich zurückhalte. Flüsternd teilt er mir mit, dass ich sonst alles nur noch schlimmer mache und niemanden damit geholfen sei. Doch ich lasse mir nichts mehr von diesem Feigling sagen. Da der ganze Ausflug ja indirekt meine Schuld ist, übernehme ich jetzt die Verantwortung! Ich mache noch einen Schritt auf den Anführer zu. Er sieht mich zwar an, scheint mich aber nicht ernst zu nehmen. „Wir sind keine Deserteure!“, wiederhole ich mit noch mehr Nachdruck, „Sophie hat mich nur begleitet, weil ich sie darum gebeten habe. Das gleiche gilt für die Anderen.“ Ich deute zuerst auf die Wissenschaftlerin, dann zeige ich auf Kati und Caleb. Ich wage noch einen Schritt näher an den arroganten Scheißkerl heran. Liam bleibt an meiner Seite. „Ich wollte mal an die frische Luft! Ich ersticke noch in eurem blöden Gebäude!“ „Und Sie nehmen an, dass ich Ihnen das abkaufe, weil …. ?“ Gelangweilt blickt er sich um, dann wieder zu mir. Jetzt nehmen seine Augen einen giftigen Schimmer an und fixieren mich ohne Gnade. Bevor ich auf seine Frage etwas erwidern kann, schneidet er mir mit seinen Worten den Ton ab. „Frau Morel, Sie lehnen sich hier zu weit aus dem Fenster. Keiner von Gimini Intercorbs hat Ihnen bis jetzt genügend Aufmerksamkeit geschenkt, um sie für wichtig zu erachten. Sie sind lediglich eine kleine Unannehmlichkeit! Diesen Platz sollten Sie mittlerweile kennen! Also halten Sie sich aus den Dingen heraus, die Sie nichts angehen, sonst erleben Sie noch ihr blaues Wunder!“ Ich schnaube herablassend und lasse mich nicht von ihm einschüchtern. Ich musste mich schon viel zu oft mit Wichtigtuern auseinandersetzen. Ich strecke meine Hand aus und fahre demonstrativ lässig über Liams Kopf. Damit zeige ich allen, wem hier die unberechenbare Bestie gehört. Mein Gegenüber kneift seine Augen zu schlitzen zusammen und scheint den Wink zu verstehen. Ich wecke meine innere Rebellin aus ihrem Winterschlaf, um dem Typen eine Lehre zu erteilen die jeder in meinem Geburtsort bereits verinnerlicht hat: Lege dich niemals mit einer Morel an! Ich lache betont gekünstelt. „Wenn ich so eine unwichtige Nebensache bin, dann frage ich mich, warum sie so ein großes Aufheben machen, nur weil wir kurz weg waren? Immerhin war ich nur mit meinen Freunden etwas spazieren!“ „So, so. Spazieren. Und warum befinden sich dann ihre Freunde in solch einem schlechten Zustand?“, fragt er schadenfroh. Er glaubt wohl den Schwachpunkt in meiner Ausrede gefunden zu haben. Aber nicht mit mir. Ich bin mit meinen Argumenten noch lange nicht am Ende. Wütend funkle ich ihn an. „Weil es scheinbar Leute gibt, die glauben dass ich gar nicht so unwichtig bin. Sie wollten mich mit Hilfe von riesigen, genmanipulierten Wespen töten!“ Seine Augen weiten sich unmerklich, aber mir fällt es sofort auf. Doch er lässt sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. „Und das soll ich Ihnen glauben?“ Von weiter hinten dringt plötzlich ein leises Gemurmel an mein Ohr, fast zeitgleich schiebt sich eine elegante Frau durch die Menge. Ihre Augen saugen sich an Liam fest. Doch meine treue Bestie bemerkt es nicht. Sie sieht nur mich an. Liams bewundernde Augen blicken mir entgegen und ein grinsen umspielt sein Maul. Es wirkt fast so, als wolle er mich ermutigen. Sein Vertrauen gibt mir viel mehr Kraft, als alles andere auf dieser Welt. So gestärkt kann ich auch dem Neuankömmling gegenübertreten. „Ratsherr Blackthrone“, grüßt sie ihn mit einem respektvollen Nicken. Mein Atmen stockt. Blackthrone? Ist er mit Caleb verwandt? Verhält sich unser General deshalb so merkwürdig? Mein Blick wandert zu der Frau. Sofort erkenne ich die markanten Gesichtszüge und den schlanken Körperbau. Beides ähnelt denen von Magdalena. Diese Frau hat ihr mattbraunes Haar zu einem strengen Zopf zusammengebunden. Ein dunkelgrauer Hosenanzug sitzt wie angegossen auf ihrem wohlgeformten Körper. Leider muss ich eingestehen, dass sie äußerst attraktiv erscheint. Außerdem verstrahlt auch sie eine eiserne Autorität. Dunkle Augen funkeln mir entgegen. Sie kann mich anscheinend nicht besonders leiden. Diese Frau muss Silvana Ashtray sein. Vor ihr hatte mich Kati vorhin noch gewarnt. Silvana, die ehemalige Freundin von Sophie und Familienoberhaupt der Ashtrays. Ich muss leider zugeben, dass sie sehr Einflussreich und einschüchternd auf mich wirkt. „Frau Morel, Sie sollten sich lieber bedeckt halten. So weit es mir bekannt ist, sind Sie nicht gerade als vertrauenswürdig bekannt.“ Ich schnaube ungläubig. „Ich wüsste nicht was Sie das etwas anginge. Außerdem ist es mir egal, ob Sie mir vertrauen oder nicht. Momentan interessiere ich mich nur für Katis Wohlergehen, doch Herr Blackthrone verzögert die ärztliche Versorgung. Außerdem macht er aus einer Mücke einen Elefanten!“ Meine Zunge ist wieder einmal schneller als mein gesunder Menschenverstand. Aber ich habe nun mal recht. Was mischen die sich da alle ein? Warum machen die so ein großes Aufheben aus unserer kurzen Abwesenheit? Wir sind doch keine Gefangenen! Oder doch? „Wie können Sie es wagen!“, faucht Silvana mich an. Sofort reagiert mein Beschützer auf den scharfen Ton und erwidert das Fauchen. Gefährlich und leise, aber drohend. Silvana sieht ihn sofort an und lächelt in sich hinein. Liam schnaubt und rückt ein bisschen näher an mich heran. Sein Schwanz peitscht aggressiv hin und her. Er wirkt, als ob er sich nur schwer beherrschen kann. Ob er weiß, dass vor ihm gerade der Nachfahre seiner ersten Herrin steht? „Ich wage mir so einiges. Vor allem, da ich beinahe getötet wurde.“ Müde und gereizt sehe ich mich um. Wie lange muss ich noch um Katis Versorgung und meinen wohl verdienten Schlaf kämpfen? Die Soldaten stehen immer noch da und beobachten uns. Silvana verzieht keine Miene. Stattdessen wirft sie mir all ihre Verachtung entgegen. „Das ist ihr eigens Verschulden. Sie hätten das Gelände nicht unerlaubt verlassen dürfen!“ Hat sie mir die Wespen auf den Hals gehetzt? Ich funkle sie wütend an. „Was wissen Sie über diese Wespen?“ „Mehr als Ihnen lieb ist, Frau Morel. Und nun halten Sie sich endlich zurück! Es gibt wichtigere Dinge zu regeln, als die Versorgung einer Offizierin, die für solche Situationen trainiert wurde.“ Kaltherziges Miststück! „Da ich nicht darauf trainiert wurde, meine Freunde leiden zu sehen, werde ich mich auch nicht zurück ziehen!“, zische ich ihr entgegen. Silvanas Blick verdunkelt nicht. Auch sie gehört wohl zu der Kategorie, die nie Wiederworte erhält. „Muss ich Sie erst daran erinnern, dass wir ihrem Leben leicht ein Ende bereiten können, wenn wir feststellen, dass Sie eine Bedrohung für Gimini Intercorbs darstellen. Wir können die gescheiterte Exekution gerne nachholen.“ Ihre Drohung schwebt langsam an mich heran. Blinzeln traue ich meine Ohren nicht. Wut wallt in mir auf. Langsam reicht es mir aber! In diesem Laden scheint es jeder auf mein Leben abgesehen zu haben. Überall wittere ich Verschwörungen. Erst Luka und Kati, dann Calebs Giftgasversuch, vorhin die lästigen Wespen und nun dieses Duo, bestehen aus dem zweiten Blackthrone und der nervigen Silvana. Mein ganzer Körper vibriert unter meiner Wut. Zornig fixiere ich sie mit den Augen. „Sie glauben doch nicht, dass Sie meinen Tot so einfach überleben würden?“, drohe ich ebenfalls. Wie kann die es wagen! Was sie kann, dass kann ich schon lange! „Haben Sie etwa bereits ihren letzten Versuch vergessen? Wenn ich sterbe, wird Liam außer Kontrolle geraten und das gleiche mit diesem Labor anstellen, wie mit dem ersten. Dann werde ich ihn nicht mehr aufhalten können. Das dürften für mehr Unannehmlichkeiten sorgen, als Sie verkraften könnten!“ Silvana hält entsetzt die Luft an. Ihre selbstsichere Maske bekommt ihren ersten Riss. Ich sehe provokativ zu Liam und seine Körperhaltung verrät mir, dass er mir zustimmt. Er stellt sich neben mir auf. Knurrt drohend, verleiht so meiner Aussage mehr Kraft. Sein Schwanz peitscht wütend hin und her. Sein ganzer Körper scheint anzuschwellen. Wie ein wütender Bär baut er sich neben mir auf. Wir sehen uns kurz in die Augen und ich weiß sofort, dass er meine Drohung wahr machen würde, ohne mit der Wimper zu zucken. Ein stilles Versprechen. Ein stummer Schwur. Ein wenig fürchte ich mich vor seiner Brutalität. Aber andererseits schenkt sie mir Kraft und Vertrauen. Ich weiß dass ich mich immer auf Liam verlassen kann. Jetzt und in Zukunft. Er sorgt für meinen Schutz. Dafür bin ich ihm unendlich dankbar. Und bei diesem Gedanken setzt sich etwas ganz tief in mir in Gang. Mit einem sanften Klicken rutscht ein Teil meiner Selbst an die richtige Stelle. Wärme erfüllt mein Herz. Dieser kurze Augenblick der Zärtlichkeit gleitet aber schnell wieder vorbei. Ich sehe zu Silvana und bemerke ihre schock geweiteten Augen. Auch die Soldaten in meiner unmittelbaren Umgebung werden unruhig. Treten von einem Bein aufs andere. Angespannt halten sie den Atem an und umklammern ihre Waffen. Liam hat seine Wirkung nicht verfehlt. Meine Drohung ebenso wenig. Nie hätte ich gedacht, dass ich mal das Leben eines anderen bedrohen müsste, um mich selbst zu schützen. Ihre Angst und Unsicherheit ist praktisch in der Luft zu schmecken. Sie zergeht mir auf der Zunge und hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack. Ich glaube, dass sich mein Aufenthalt ab heute schwieriger gestalten wird und immer mehr Hindernisse auftauchen werden. Der einzige, der sich nicht hat beeindrucken lassen, ist der alte Blackthrone. Wie ein Fels in der Brandung thront er vor mir und beäugt mich mit abwegigen Blicken. Ich ignoriere ihn, so gut es geht und konzentriere mich auf meine Freunde. Ich winke Kati und Sophie an mich heran. Mit vereinten Kräften hieven wir die Verletzte auf Liams Rücken. Dann marschiere ich voran und führe meinen kleinen Trupp durch die Masse. Ich habe keine Lust mehr mich weiter mit den Beiden abzugeben und lasse sie einfach links liegen. Keiner wendet etwas ein. Keiner traut sich, sich uns in den Weg zu stellen. Diese Schlacht habe ich wohl gewonnen. Adrenalin pulsiert in meinen Adern. Und ich schwebe wie auf einer Wolke. Dieses Machtgefühl berauscht meine Sinne. Das tut gut. Endlich habe ich mal die Kontrolle. Seit meiner Ankunft bei Gimini Intercorbs fühle ich mich endlich mal wieder selbstsicher. Ich fühle mich endlich wieder, wie ich selbst. Caleb bleibt zurück. Wir angewurzelt steht er auf seinem Fleck. Nur seine Augen verfolgen mich und blitzen bewundern auf. Ich weiß nicht wie ich ihm helfen soll. Ich habe auch keine Ahnung, warum der alte Blackthrone ihm solch einen Respekt einflößt. Allein bleibt er auf dem Schlachtfeld zurück, umzingelt vom Feind. Schuldgefühle und Mitleid drohen mich zu überwältigen. Beinahe wäre ich zurück gegangen, um Caleb abzuholen. Aber Katis stöhnen hält mich an ihrer Seite gefangen. Sie braucht jetzt dringender meine Hilfe. Um meinen General kann ich mich später auch noch kümmern. Fest entschlossen mich nicht noch einmal in die Schublade für „leichte Beute“ pressen zu lassen marschiere ich zu dem nächsten Treppenaufgang, Richtung Krankenstation. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)