Bestienhandbuch für Anfänger von NaBi07 (Lektion 1: Wie erziehe ich meine Bestie) ================================================================================ Kapitel 14: Trainingseinheiten ------------------------------ Kapitel 3.3 – Trainingseinheiten „Wenn Sie ihrer Bestie bedenkenlos Befehle erteilen können, wird es Zeit intensiv zu trainieren. Wichtig ist, dass Sie sich hier von ihrem Trainer einweisen und leiten lassen. Steigern Sie von Sequenz zu Sequenz die Ansprüche schrittweise. Denken Sie dabei an einen abwechslungsreichen Trainingsplan.“ Während sich Liam genau umsieht gesellt sich Caleb wieder zu mir. Er wirkt auf mich sehr verblüfft und überrascht. „Es ist ungewöhnlich, dass Vierbeiner die Worte ihres Herrn so deutlich verstehen können und auch genauso deutliche antworten. Er ist zu intelligent.“ „Sophie wollte mir auch nicht glauben, als ich ihr diese Seite von Liam beschrieben habe.“ „Bei Vierbeinern werden maximal 15% menschliche DNA eingebunden. Darum können sie, wie Hunde oder Katzen, einfache Befehle verstehen und erkennen ihre Bezeichnung, aber den genauen Sinn aller Worte können sie nicht begreifen. Deshalb nehme ich an, dass Sophie diese Entwicklung kaum glauben kann.“ „Glauben Sie, dass Professor Gillian bei Liam mehr als 15% benutzt hat?“ „Ich bin kein Wissenschaftler, aber die Vermutung läge nahe. Da würde sich aber auch noch eine andere Frage ergeben.“ „Welche denn?“, frage ich neugierig. Caleb überlegt fieberhaft. In ihm fügen sich wohl gerade einige Puzzelteile zusammen. „Ob XS-707-GP4 eine menschlische Gestalt annehmen kann“, meint er mir rauer Stimme. Ich halte die Luft an. Ist so etwas denn überhaupt möglich? „Wie soll das denn gehen?“, frage ich mit genauso rauer Stimme. Caleb schweigt. Liam kommt zu mir zurück und schnauft lässig. Er hat seine Erkundung abgeschlossen und wartet jetzt auf den nächsten Befehl. Doch ich hoffe immer noch auf meine Antwort, die mir der General aber verweigert. Stattdessen holt er ein Tablet aus seiner Tasche und hält es mir vor die Nase. Auf dem kleinen Ding erscheint eine Reihe von Bildern. Ich blättere sie kurz durch und erkenne einige Fotografien von unserer Trainingshalle wieder. „Suchen Sie sich ein Bild aus und geben Sie XS-707-GP4 den Befehl dort hinzugehen. Ich stoppe die Zeit. Er hat insgesamt 3 Stunden zur Verfügung. Mal sehen, ob er den alten Rekord knacken kann.“ Das sieht nach einer menge Laufarbeit für meinen armen Partner aus. Caleb erklärt mir, dass ich Liam das Bild zeigen soll. Dann soll er dort hinrennen und eine Fahne zu mir bringen, die an den jeweiligen Punkten versteckt ist. Ich wähle das Bild von einer Bergspitze, die sich ganz weit südlich in der Halle befindet. Liam hat uns belauscht und ich spare mir den Befehl. Alles was ich noch zu tun habe, ist ihm das Bild zu zeigen und somit das Startsignal zu geben. Es rennt los. Er stürzt sich in die Tiefe und springt von Fels zu Fels. In einer rasenden Geschwindigkeit kommt er am Fuße des Berges an und klettert mit Leichtigkeit nach oben. Dass Schaben seiner Klauen ist von hier aus gut zu hören. Es schallt in meinen Ohren und mir wird ein wenig schwindelig, wenn ich die Höhen betrachte, in denen mein Freund ohne zu zögern herumturnt. Es gelingt ihm gleich auf Anhieb die Fahne ausfindig zu machen und er kommt zu uns zurück. „10 Minuten und 13 Sekunden. Nicht schlecht für den Anfang. Weiter geht´s.“ Wir trainieren doch tatsächlich 3 Stunden am Stück. Auch Liam kommt gegen Ende langsam an seine Grenzen. Sein Atem wird immer schneller und entweicht ihm stoßweise. Sein Fell glänzt verschwitzt in dem künstlichen Licht und es fällt ihm auch immer schwerer das Gelände zu bewältigen. Er braucht länger beim Besteigen der Berge oder dem Überqueren von Unebenheiten. Liam kämpft sich tapfer von Fahne zu Fahne, wirft jedes mal seine Beute triumphierend vor Calebs Füße. Ich sehe die deutlich rivalisierenden Blicke der beiden und frage mich, warum sich der sonst so beherrscht wirkende General darauf einlässt. Ich tippe auf dem Tablet und wähle das vorletzte Bild. Der Wasserfall. Ich halte es vor Liams Gesicht und er sieht mich misstrauisch an. „Was ist denn? Es sind nur noch zwei. Komm. Gleich hast du es geschafft.“ Doch Liam schüttelt nur den Kopf und lehnt ab. Vielleicht will er diese Fahne als letztes nehmen, darum suche ich das andere. Der See. Aber auch hier schüttelt er weigernd seinen Kopf. „Willst du aufgeben?“, kommt es vom General. Meine Bestie knurrt wütend und wirft einen skeptischen Blick in Richtung Wasserfall. „Gehst du nun?“, will unser Ausbilder wissen und wirkt recht ungeduldig. Er hat wohl noch andere Termine. Liam pflanzt sich hin. Das ist wohl das Zeichen, dass uns signalisieren soll wie viel er von den restlichen Fahnen hält. „Verstehe. Du hast wohl Angst vor Wasser.“, schlussfolgert Caleb. Ich blicke Liam verwundert an. Dieser sieht mir aber nicht in die Augen und wirkt leicht angesäuert. Ich wende mich an den General. „Geht das denn?“ „Natürlich. Hätte mich auch gewundert, wenn es anders gewesen wäre.“ „Wie meinen Sie das?“ „XS-707-GP4 besitzt offensichtlich eine Metalllegierung, die er beliebig oft verwenden kann.“ „Das hat mir Sophie bereits erzählt. Aber was hat das mit dem Wasser zu tun? Liam benutzt diese Legierung doch gerade nicht.“ „Die Wissenschaftler nehmen an, dass er außergewöhnlich viele metallartige Partikel in seinem Blut besitzt. Er kann diese wohl mit Hilfe seiner Schweißdrüsen absondern und auf der Haut verhärten. Wie er sie wieder verflüssigt, wissen wir nicht. Aber die Vermutung liegt nahe, dass diese Partikel inaktiv in seinem Blut warten, bis sie gebraucht werden. Das heißt, dass sie immer präsent sind und ihn so schwerer machen, als es üblich ist.“ „Oh. Dann würde Liam wohl wie ein Stein untergehen und verweigert es deshalb die letzten beiden Fahnen zu suchen“ stelle ich laut fest. Dabei schießen mir zwei wichtige Fragen in den Kopf: „Rostet er eigentlich mit der Zeit? Oder ist er sogar magnetisch?“ Mein Grinsen verrät den Schalk in meinen Worten. Caleb lacht schallend und Liam faucht beleidigt. „Das weiß ich nicht. Ist aber eine interessante Theorie.“ Er braucht eine Weile bis er sich beruhigen kann, ihm gefällt wohl der Witz, der auf Liams kosten geht. „Gut. Kommen wir zur Auswertung“, meint Caleb immer noch grinsend. Diese Seite an ihm ist irgendwie süß. Das zeigt, dass er nicht nur ein knallharter Trainer oder ein schamloser Schürzenjäger ist, sonder auch Humor hat. Das lässt ihn gleich noch sympathischer wirken. Unser Ausbilder rechnet die Zeiten von meinem Partner zusammen und runzelt die Stirn. „Der Rekord liegt bei 60 Fahnen in zweieinhalb Stunden. Liam hat 58 Fahnen in knapp zwei-dreiviertel Stunden entdeckt und erfolgreich zurückgebracht. Für das erste Mal ist es eine beachtliche Leistung. Die meisten Bestien schaffen diesen Parkour innerhalb von 3 bis 4 Stunden. Finden aber nur 50 bis 55 der Fahnen, die jedes mal anders platziert wurden. Ihre Ausdauer und ihr Gedächtnis ist mit dem von XS-707-GP4 nicht zu vergleichen.“ Das macht mich stolz. Mein Liam ist scheinbar wirklich was ganz besonderes. „Wer versteckt denn die Fahnen?“, frage ich neugierig. „Ist das jetzt wichtig?“, fragt mich Caleb irritiert. „Nein. Es interessiert mich aber.“ „Das machen die Unteroffiziere in ihrem täglichen Training.“ „Echt?“ Caleb schüttelt ungläubig den Kopf. „Das ist jetzt nun wirklich egal. Hier geht es um XS-707-GP4´s Ausbildung.“ Seufzend lasse ich die Frage fallen, nehme mir aber vor Sophie noch einmal zu nerven. Wer macht sich schon gerne freiwillig die Aufgabe jeden Tag mehrmals hier herumzuspringen und Fahnen zu verstecken? Also ehrlich. „Sie werden ab sofort eine Woche lange täglich hier Trainieren. Nächsten Montag treffen wir uns wieder und ich werde mir die Fortschritte ansehen. Das Tablet behalten Sie. Es wird jeden Tag mit Hilfe unseren WLAN´s automatisch aktualisiert. Noch Fragen?“ „Nein.“ „Gut. Dann lassen Sie uns jetzt zurück gehen.“ Caleb bringt mich noch in mein Quartier. Unterwegs spricht er nicht mit mir, sondern konzentriert sich voll und ganz auf die Telefonate, die ihn bedrängen. Er antwortet in den verschiedensten Sprachen, die ich zuvor noch nie live gehört habe. Ob diese Sprachkenntnisse wohl eine Grundvoraussetzung sind? Ich für meinen Teil habe manchmal sogar Probleme mit der deutschen Sprache, also bin ich wohl eher ungeeignet für den Job eines Generals und Bestientrainers. An meiner Tür angekommen winkt er mir zum Abschied und macht sofort auf dem Absatz kehrt. Nach einem ausgiebigen Abendessen werfe ich mich auf mein Bett und schnappe mir meinen Plan für morgen. Von 8 bis 11 Uhr steht die Trainingshalle 7 auf dem Plan. Dann Mittagessen und am späten Nachmittag habe ich in der 9. Etage einen Termin bei Professor Gillian, Sophies Onkel. Er unterrichtet die Grundlagen der Wissenschaft. Wie langweilig. Na, das kann ja was werden. Auf diese Begegnung könnte ich getrost verzichten. Ich lasse mir nochmal jede neue Information von Heute durch den Kopf gehen. Liam ist also Wasserscheu. Diese Erkenntnis könnte in den falschen Händen noch für Probleme sorgen. Es wäre besser, wenn ich Caleb das nächste mal darum bitte, diese Tatsache geheim zu halten. Dann noch die Sache mit der Verwandlung in einen Menschen. Was hat er damit gemeint? Ist es wirklich möglich, dass sich eine Bestie in einen Menschen verwandelt? Ich rolle mich auf meinen Bauch und krieche zur Bettkante. Von hier oben blicke ich auf meinen zusammengerollten Partner und mustere ihn eingehend. Liam hebt seinen Kopf und sieht mich fragend an. „Kannst du dich verwandeln?“ Keine Antwort. Ich schnaube enttäuscht: „Also nicht?“ Wäre auch zu komisch. Ich kenne Liam nur als vierbeinige Bestie mit einem enormen Beschützerinstinkt und einem doppelt so großem Ego. Als Zweibeiner wäre er dann bestimmt unerträglich, vor allem wenn er plötzlich sprechen könnte. Ich streichle ihm über den Köpf und rolle mich zurück in die weichen Kissen. Ob ich Sophie mal danach fragen soll? Unschlüssig kaue ich auf meiner Lippe, doch diese Theorie lässt mich einfach nicht in Ruhe. Ein Blick auf die Uhr an der Wand verrät mir, dass es bereits viel zu spät ist, als dass ich sie in ihrem Labor antreffen könnte. Andererseits scheint es mir auch so, dass sie glatt in ihrem Labor übernachten würde. Gehe ich oder gehe ich nicht? Ich gehe. Schnell springe ich aus meinem Bett und schlüpfe in die Flip Flops, die ich im Bad gefunden habe. Liam deute ich zu warten und er springt fast im selben Moment auf mein Bett. Er breitet sich sofort darauf aus und gähnt genüsslich. Von mir aus kann er es bis zu meiner Rückkehr besetzen. Mit eiligen Schritten schlittere ich durch den Gang und öffne die Stahltür. Schnell schlüpfe ich hinein und wähle die Tür, die zum Labor führt. Um diese Uhrzeit wuseln also doch noch die Assistenten herum. Mein Blick huscht über den organisierten Ameisenhaufen, doch von Sophie keine Spur. Die Schuhe klatschen lauthals an meine Füße, als ich den Raum einmal durchquere. Ich wähle eine blonde, junge Frau und frage sie nach Sophie. Sie mustert mich missbilligend, scheinbar ist meine Anwesenheit nicht gerade willkommen. Zu spät fällt mir ein, dass ja nicht einfach jeder mitten in der Nacht in ein geheimes Labor poltern kann, ohne vorher um Erlaubnis gebeten zu haben. Die Frau erklärt mir näselnd, dass sich Professor Gillian zur Zeit im Unterwasserterrain befände und dort die Fortschritte ihrer neuesten Bestie beobachte. Ich bedanke mich brav und verschwinde in Windeseile, aber diesmal auf leisen Sohlen. Behutsam öffne ich die nächste Tür und entdecke mein Ziel sofort. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)