Merlin von LenaVanTionas (Das Schicksal von Camelot) ================================================================================ Prolog: Dunkle Vorahnung ------------------------ Prolog : Dunkle Vorahnung Die Sonne begann langsam aufzugehen. Ihre Strahlen erwärmten die Erde, das Königreich und auch Camelot. Langsam erwachten die Bewohner des Schlosses. Die Diener kümmerten sich um das Frühstück für ihre Herren, die Küche war bereits in vollem Betrieb. Die Nachtwache wurde von der Wache des Tages abgelöst. Es war ein reges Treiben auf den Straßen. Die Marktstände wurden geöffnet und Menschen drängten sich durch die Straßen, um Besorgungen zu erledigen. Auch Gaius, der Hofarzt von Camelot war schon früh auf. Mit seiner Lupe bewaffnet las der Ältere ein Buch über verschiedene Heiltränke, als er die aufgehende Sonne bemerkte. Er legte das Buch und seine Lupe auf ein kleines Tischchen neben seinen Stuhl, stand auf und drückte kurz seinen Rücken durch. „Ich werde wirklich langsam alt“, murmelte er vor sich hin, bevor er zu der Holztür ging, welche zu dem Zimmer seines Schützlings führte. „Merlin?“, sagte der Hofarzt laut und klopfte einmal gegen die Tür. Es kam jedoch keine Antwort, was Gaius allerdings kaum verwunderte. Wahrscheinlich war der Junge wieder so sehr im Traumland entschwunden, dass er ihn gar nicht hörte. „Merlin? Wenn du noch frühstücken willst, bevor du Arthur wecken musst, dann solltest du jetzt aufstehen.“ Wieder keine Antwort. Leise seufzte der Weißhaarige, bevor gegen die Holztür drückte und diese aufschwang. „Merlin.“ Entgegen seiner Erwartung lag Merlin allerdings nicht in seinem Bett. Dieses sah so aus, als wäre es die Nacht über nicht angerührt worden. Ebenso sah das ganze Zimmer anders als sonst aus. Herrschte dort beinahe ebenso große Unordnung wie in des Königs Gemächern, so waren sie an diesem Morgen aufgeräumt und sauber. Über diesen Zustand konnte Gaius nur verwirrt die Augenbrauen hochziehen. Diese Tatsache brachte ihn schon sehr ins Grübeln. Die Tatsache, dass er Merlin an seinem Fenster sitzen sah, vollkommen bekleidet und den Blick stur geradeaus gerichtet, brachte den sonst so ruhigen Hofarzt nun allerdings völlig aus dem Konzept. „Merlin?“, fragte er völlig verblüfft, schließlich war es eine Prämiere, dass Merlin von sich aus so früh bereits auf war. Jedenfalls, wenn alles in Ordnung war. „Stimmt etwas nicht?“, fragte Gaius, doch Merlin schien ihn gar nicht zu hören. Weiterhin starrte dieser aus dem Fenster und doch fixierte sein Blick anscheinend nichts, was draußen im Hof des Schlosses vor sich ging. Nein, sein Blick ging in weite Ferne, schienen etwas zu sehen, was für die Augen anderer unsichtbar war. „Merlin?“, versuchte es Gaius noch einmal, seinen Schützling zu erreichen. Er hatte inzwischen die drei Schritte, welche ihn von Merlin trennten, überwunden und legte dem Schwarzhaarigen nun eine Hand auf die Schulter. Kurz zuckte Merlin zusammen, doch noch immer drehte er sich nicht zu seinem alten Freund um. „Merlin. Was ist mit dir?“ Der Angesprochene seufzte leise, bevor er sein bewährtes Grinsen aufsetzte und sich endlich zu seinem Ziehvater umdrehte. „Guten Morgen, Gaius“, sagte der junge Zauberer, doch irgendetwas lauerte in seiner Stimme, was Gaius die Augenbrauen hochziehen ließ. Und auch dieses Grinsen, welches der Schwarzhaarige aufgesetzt hatte, war alles andere als überzeugend. „Entschuldigt bitte, ich habe Euch vorhin nicht gehört. Ich war wohl zu sehr in Gedanken versunken.“ Weiterhin grinste der Diener, doch heute wollte ihm sein Grinsen nicht wirklich gelingen. Es wirkte eher wie eine seltsame Grimasse. Gaius bemerkte natürlich den Unterschied zwischen dem sonstigen Verhalten seines Schützlings und seinem Jetzigen. Leise seufzend drehte sich der alte Hofarzt zu dem Bett Merlins und ließ sich darauf nieder. Es war wesentlich härter als sein eigenes, wie er bemerkte. „Was ist los, Merlin?“, verlangte Gaius zu wissen. „Es ist nichts, Gaius, wirklich nicht - “ Der Hofarzt ließ ihn gar nicht weiter zu Wort kommen. „Ich kenne dich gut genug, um zu sehen, dass irgendetwas nicht stimmt. Du magst andere damit“, er deutete auf die Grimasse, welche Merlin noch immer zog, doch die Geste Gaius` ließ ihn wahrhaftig grinsen „täuschen können, doch bei mir ist das schon schwieriger. Also. Was liegt dir auf dem Herzen?“ Die weisen Augen des alten Mannes bohrten sich in die Blauen von Merlin und mit einem Seufzen gab der Zauberer nun doch nach. „Ich kann Euch wirklich nichts vormachen, nicht wahr?“, fragte Merlin, obwohl es eine rein theoretische Frage war. Er hätte es eigentlich besser wissen müssen. Wie Arthur immer sagte. Er war ein grauenhafter Lügner. „Immerhin zeigst du Einsicht“, sagte Gaius. Merlin grinste, doch der Ernst in der Stimme seines Ziehvaters ließ auch ihn wieder ernst werden. „Verrätst du mir nun, was mit dir los ist?“ Merlin wusste nicht genau, wo er anfangen sollte. „Ich weiß es nicht genau“, gab er schließlich zu. Sein Blick glitt abermals hinaus zum Fenster und doch schien er mit seinen Gedanken ganz woanders zu sein. „Du weißt es nicht?“, fragte Gaius nach und Skepsis machte sich in seinem ganzen Gesicht breit. „Nicht direkt“, gab Merlin zu. „Ich habe so eine Art… Gefühl. Ich kann es nicht genau benennen, doch irgendwie… macht es mich unruhig. Als würde eine dunkle Bedrohung über uns schweben und genau dann zuschlagen, wenn wir nicht damit rechnen.“ “Du meinst Morgana.“ Merlin wollte nicken, doch das Einzige, was er zustande brachte, war ein ratloses Schulterzucken.. „Das wäre möglich. Morgana hat eine weitere Niederlage hinnehmen müssen. Ihr Zorn wird stärker und ihr Hass wächst. Sie wird nicht ewig so weitermachen. Irgendwann wird sie etwas finden, was eine ernsthafte Gefahr für Arthur und für Camelot werden kann.“ „Du meinst also, alles was sie bisher tat, war ungefährlich?“ Verwirrt legte Gaius seine Stirn in Falten. Er verstand nicht genau, was Merlin meinte und mit ihm los war. Merlin hingegen schüttelte nur den Kopf. „Nein. Ich gebe zu, alle Situationen, in denen Morgana ihre Hände im Spiel hatte, waren gefährlich. Doch irgendetwas sagt mir, dass die größte Gefahr noch vor uns liegt. Es ist wie eine Vorahnung. Camelots dunkelste Stunde ist noch nicht gekommen. Und sie ist auch nicht mehr fern.“ Nach diesen Worten erhob sich Merlin vom Fenster und ging an Gaius vorbei, ohne ihm noch einen Blick zuzuwerfen. „Was ist mit deinem Frühstück?“ Merlin hatte die Kammer des Hofarztes bereits zur Hälfte durchquert. Erst an der Tür hielt er noch einmal inne und sagte zu Gaius, allerdings ohne zurückzusehen „Ich habe keinen Hunger.“ Und schon war die Tür geöffnet und Merlin verschwunden. Noch lange sah Gaius zu der Tür, durch die sein Schützling verschwunden war, bis er sich mit einem Seufzen erhob und an die Arbeit machte. „Ich hoffe wirklich, dass du dich irrst, Merlin…“ Kapitel 1: Seltsames Verhalten ------------------------------     Hey! Nach längerer Wartezeit nun endlich mein neues Kapitel von "Merlin - Das Schicksal von Camelot"! Viel Spaß damit! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kapitel 1 : Seltsames Verhalten Merlin schritt langsam durch die Gänge des Schlosses. Auf dem Weg zu den Gemächern des Königs ließ sich der junge Zauberer noch einmal die vergangene Nacht durch den Kopf gehen. Eine seltsame dunkle Vorahnung hatte ihn in der Nacht unruhig werden lassen. Nach einer Weile war er erwacht und dieses beklemmende Gefühl ließ ihn nicht wieder einschlafen. So leise wie möglich, um Gaius nicht zu wecken, war Merlin aufgestanden, hatte sich angekleidet. Doch er kam einfach nicht zur Ruhe. Also hatte der Schwarzhaarige seine Unruhe genutzt, um seine eigenen Gemächer in Ordnung zu bringen. Da er auch weiterhin keinen Schlaf finden konnte, hatte sich der Zauberer auf die Fensterbank gesetzt und hing bis zum Morgengrauen seinen Gedanken nach. Morgana. Wieder hatte sie ihr Ziel nicht erreicht. Und er glaubte fest an das, was er Gaius vorhin sagte. Sie würde zurückschlagen, gnadenloser und stärker als je zuvor. Merlin konnte nicht genau sagen, ob sein seltsames Gefühl etwas mit dieser Hexe zu tun hatte, doch es war durchaus möglich. Niemals sonst hatte Merlin solch ein seltsames, drückendes Gefühl in seinem Inneren gespürt. Die Beklemmung, welche meist einsetzte, sobald Morgana ihre Hände im Spiel hatte, wenn es um eine Bedrohung für Camelot ging, war ähnlich. Diesmal allerdings plagte ihn ein schwereres Gefühl. Eine Gefahr zog auf. Irgendetwas würde geschehen. Das spürte er. Leise seufzte der Schwarzhaarige. Im Moment brachte es nichts, sich weiter Gedanken darüber zu machen. Solange er nicht einen Anhaltspunkt hatte, was sich am Horizont zusammenbraute, konnte er auch nichts tun, außer ein noch wachsameres Auge auf Arthur zu haben. Und da es im Moment sowieso seine Pflicht war, in der Nähe des Königs zu sein, zögerte Merlin auch nicht länger und öffnete leise die Tür zu den Gemächern von Arthur und Gwen, welche er bereits erreicht hatte. In den Gemächern des Königspaares herrschte eine angenehme Wärme. Das Feuer, welches am Abend im Kamin loderte schien noch lange gebrannt zu haben. Nur leicht drang Licht durch die Vorhänge in das Zimmer und tauchte es in ein gedämpftes Licht. Die Klamotten des Königs lagen achtlos über dem Stuhl geworfen und Pergamente sammelten sich in schierem Chaos auf dem Tisch. Im Gegenzug zu früher herrschte allerdings nicht mehr allzu große Unordnung in dem Zimmer von Arthur. Merlin glaubte, dass das höchstwahrscheinlich an Gwen lag. Welcher Mann würde seiner Frau auch gerne präsentieren, dass sein Zimmer einem Schweinestall glich? Merlin lächelte leicht bei dem Gedanken und bewegte sich lautlos direkt zu den Fenstern. Kurz holte er noch einmal tief Luft, bevor er sein altbewährtes Grinsen aufsetzte. Mit einem lauten „Guten Morgen, Majestäten!“ riss er die Vorhänge auf. Sofort wurde das Gemach von dem Sonnenlicht durchflutet. Ein Aufschrei vom Bett ließ ihn wissen, dass zumindest sein Herr nun wach war. „Merlin!“, brüllte dieser auch schon los. „Wie oft muss ich dir denn eigentlich noch sagen, dass du das lassen sollst?!“, fing Arthur sofort an zu schimpfen, worauf Merlin ehrlich grinsen musste. Gwen, welche noch leicht verschlafen aussah, reckte ihren Kopf und lächelte leicht. Sie liebte diese Kabbeleien zwischen ihrem Mann und ihrem besten Freund einfach. Ein Morgen ohne diese Triezereien wäre für sie nicht annähernd so schön. Sie lächelte Merlin an und sagte „Guten Morgen, Merlin.“ Merlin fing noch breiter an zu grinsen. Voller Ehrfurcht schlang er einen Arm um seinen Bauch und der Zauberer verbeugte sich vor seiner Königin. „Ich wünsche Euch ebenso einen wunderschönen guten Morgen, MyLady.“ Gwen entfuhr ein kleines Lachen und sie sagte „Vielen Dank, Merlin.“ Arthur hingegen zog die Augenbrauen hoch. „Warum sprichst du Gwen eigentlich so an, wie es sich gehört und mich nicht?“ Merlin richtete sich wieder auf und sah mit einem gespielt verwirrten Gesichtsausdruck zu seinem König. Dazu legte er fragend seinen Kopf schief. „Vielleicht… weil sie es verdient hat?“ Während Gwen lachte, pulsierte eine kleine Ader an Arthurs Stirn. Schnell schnappte er sich ein Kissen und schmiss es nach seinem Diener. Dieser brachte sich an der Tür in Sicherheit und sagte noch „Ich hole Euer Frühstück!“, und verschwand, als auch schon ein zweites Kissen die Tür traf. „Idiot!“ Merlin lachte, als er das dumpfe Aufschlagen des Kissens an der Tür hörte. Kurz blieb der junge Zauberer mit dem Rücken an der Tür gelehnt stehen und genoss dieses Gefühl der Freude, welches ihn durchströmte, bevor es wieder vollkommen von dieser merkwürdigen Vorahnung in seinem Inneren überschattet wurde. Sein Grinsen verschwand, die Unbeschwertheit erlosch und leise seufzte Merlin. Die gute Laune mit einem Mal wieder gänzlich verflogen machte sich der Diener auf den Weg in die Küche, um wie versprochen das Frühstück für das Königspaar zu holen. In den Gemächern des Königspaares hatte sich Arthur in seinem Bett wieder zurückgelegt und einen Arm hinter dem Kopf verschränkt. Seinen zweiten Arm hatte er um Guinevere gelegt, welche ihren Kopf auf seiner Brust gebettet hatte. Sie beide hatten leichte Lächeln auf ihren Lippen. Es herrschte eine beruhigende Stille zwischen den beiden Herrschern von Camelot, als Gwen zu sprechen begann. „Kam dir Merlin gerade auch so seltsam vor?“, wollte sie wissen. Arthurs sorgloses und entspanntes Gesicht wurde mit einem Mal ernst. „Also ist es dir auch aufgefallen?“ Gwen nickte. Natürlich, wie konnte es auch nicht? Schließlich war sie die bei weitem die Feinfühligere von ihnen Beiden. Und wenn es Arthur bereits aufgefallen ist, wie sollte es die Königin dann übersehen? Arthur seufzte und sagte „Einen Grund dafür kann ich mir allerdings nicht erklären. Ich meine, im Moment ist alles friedlich. Wir haben sogar einen Waffenstillstand mit Odin, was nicht zuletzt Merlins Verdienst ist, das will ich nicht bestreiten. Ich weiß aber wirklich nicht, worüber er sich sorgen sollte.“ „Wirklich nicht?“, fragte Gwen mit hochgezogener Augenbraue. Arthur verstummte, denn er wusste nur zu genau, auf was oder besser gesagt auf wen seine Frau anspielte. „Morgana“, war das Einzige, was der König erwidern konnte. Natürlich. Morgana würde wohl immer eine Bedrohung für Camelot und das ganze Königreich sein. Und nicht nur für seines, nein, auch andere Reiche würden ihrer Gier zum Opfer fallen. Auch, wenn sie immer nur Camelot wollte, so war sich der junge König sicher, dass Morgana vor nichts Halt machen würde. Ihre Macht und ihr Einfluss auf andere war groß, sehr groß sogar. Das beste Beispiel war ihr letzter Plan gewesen. Sie hatte versucht, Odin auf ihre Seite zu ziehen, damit dieser ihr half, Prinzessin Mithian und ihren Vater gefangen zu nehmen und Arthur zu töten. Zum Glück ging ihr Plan nicht auf und Arthur konnte Odin überzeugen, dass ein Waffenstillstand für sie beide am Besten war. Woran Merlin nicht ganz unbeteiligt war… Auch der König glaubte nicht, dass sich Morgana geschlagen gab. Sie arbeitete bestimmt bereits an einem neuen Plan, um Camelot zu erobern. Aber Arthur würde alles in seiner Macht stehende tun, um sie aufzuhalten. Und er wusste, dass die Ritter von Camelot immer hinter ihm stehen und ihn unterstützen würden. Ebenso, wie es Merlin tat. Und hoffentlich auch immer tun würde. „Ich bin mir durchaus bewusst, dass... Morgana immer eine Bedrohung sein wird.“ Noch immer fiel es dem Blonden mehr als schwer, den Namen seiner Halbschwester zu benutzen, wenn es um die Sicherheit des Königreiches ging. Sie war damals eine der wenigen Personen gewesen, welcher er am Meisten vertraut hatte. Sie war schon immer so etwas wie eine Schwester für ihn gewesen und er hatte sie geliebt. Noch immer tat sein Herz bei dem Gedanken weh, dass ausgerechnet seine eigene Schwester seinen Tod wollte, nur um das Königreich zu bekommen. Doch wenn er daran dachte, was sie unter ihren, zum Glück kurzen, Herrschaften seinem Volk angetan hatte, liefen dem Blonden kalte Schauer über den Rücken. Niemals wieder würde er zulassen, dass sie noch einmal auf den Thron von Camelot stieg und die Menschen quälte. Lieber… würde er sie eigenhändig töten, als so etwas noch einmal zu zulassen. Um von diesen düsteren Gedanken weg zu kommen und seiner Frau keine Sorgen zu bereiten, sagte Arthur „Und doch verstehe ich nicht, warum sich ausgerechnet Merlin solche Sorgen darum macht. Schließlich ist er nur ein Diener.“ „Ist er wirklich NUR ein Diener, Arthur?“, fühlte Gwen ihrem Gemahl auf den Zahn, weswegen der König die Augen verdrehte und leise seufzte. „Du weißt, was ich meine, Gwen.“ Zufrieden kuschelte sich die Königin an die starke Brust ihres Mannes. Auch wenn ein Teil der Unbeschwertheit der friedlichen Zeit im Moment von ihnen beiden abgefallen war, genoss die Königin die Zeit, welche sie mit ihrem Mann teilen konnte, in vollen Zügen. „Irgendwann solltest du ihm das auch wirklich sagen.“ Auch Arthur genoss die Nähe zu seiner geliebten Frau. Sie fest in den Arm nehmend sagte er „Ja. Irgendwann sag ich es ihm.“ Merlin unterdessen hatte das Frühstück für das Königspaar geholt. Das Tablett hatte er mit einem weißen Leinentuch abgedeckt. Vor der Tür zu den Gemächern von Arthur und Gwen blieb der Zauberer allerdings erst stehen. Das mulmige Gefühl, welches sich in seinem Inneren seit der Nacht breit gemacht hatte, ließ einfach nicht nach. Eher im Gegenteil. Ihm wurde immer mulmiger und flauer im Magen. Merlin konnte sich einfach nicht erklären, woher genau dieses Gefühl kam oder was es bedeuten sollte, nur eines konnte der Schwarzhaarige mit Sicherheit sagen. Irgendetwas lauerte im Verborgenen, es wartete darauf, dass der König von Camelot und seine Ritter unvorsichtig wurden, nur um dann mit aller Macht zuschlagen zu können. Merlin seufzte leise, doch weiter konnte er sich keine Gedanken machen, denn er hörte bereits die Stimme seines Herrn durch die Tür. Und sie klang nicht gerade erfreut. „Wo zum Teufel bleibt Merlin mit unserem Frühstück?“ `Oh je´, dachte Merlin. Da hat er wohl länger gegrübelt, als ihm wirklich bewusst war. Tief holte Merlin Luft, versuchte, sein bestes Grinsen aufzusetzen und trat in die Gemächer des Königspaares. Natürlich ohne anzuklopfen. Gwen hatte sich an diese... Angewohnheit Merlins längst gewöhnt und zog sich daher immer komplett in ihr Ankleidezimmer zurück, wenn sie sich umzog. „Da bin ich. Habt Ihr mich schon vermisst?“, fragte der Schwarzhaarige neckend und schaute kurz zu Arthur, welcher sich ebenfalls aus dem Bett erhoben hatte und versuchte, eine Ordnung in das Chaos auf seinem Tisch zu bringen. Etwas säuerlich sah er seinen Diener an. „Ich habe eher Guineveres und mein Frühstück vermisst, wenn ich ehrlich bin“, gestand der König ohne mit der Wimper zu zucken. „Wo warst du so lange?“ Merlin zuckte nur mit den Schultern und verkniff sich jede Antwort. Vorsichtig schob er ein paar der Papiere zur Seite, um das riesige Tablett abzustellen, auf dem das Frühstück für das Königspaar thronte. Arthur hatte sich inzwischen sein Hemd übergezogen. „So. Bitte sehr!“, sagte Merlin und wies Arthur und Gwen, welche gerade aus ihrem Ankleidezimmer herauskam, an, sich an den Tisch zu setzen. Gwen trug ein wunderschönes rotes Kleid und ihre Haare fielen ihr in Locken über die Schulter. Sie sah atemberaubend aus. Merlin grinste sie an und ganz der Gentlemen zog er den Stuhl zurück, damit sie sich setzen konnte. Mit einem Lächeln kam sie der Aufforderung nur zu gerne nach und setzte sich. Merlin schob sie an den Tisch heran, nur um gleich geschwind den Krug zu nehmen und der Königin Ale einzugießen. Mit einem leisen Lachen bedankte sich Gwen dafür. Arthur hingegen zog verwundert die Augenbrauen hoch, während Merlin auch ihm einschenkte. „Versuchst du etwa gerade, mir meine Frau abspenstig zu machen, Merlin?“, wollte Arthur mit einem kleinen Grinsen wissen. „Es wird wohl wirklich Zeit, dass du dir eine Frau suchst.“ Er liebte es einfach, seinen Diener und insgeheim besten Freund zu necken. Gwen warf ihm nur einen gewissen Blick zu. Doch Merlins Reaktion kam völlig unerwartet. Die Hand, welche den Krug hielt, spannte sich an, die Knöchel stießen weiß hervor. Ebenso weiß und blass wie sein Gesicht, welches einen traurigen Ausdruck annahm. Schmerz und Einsamkeit war in seinen Augen zu sehen. Leise seufzte er. Doch das alles hielt nur für den Bruchteil eines Augenblickes, denn schon fing Merlin wieder an zu grinsen. Auch, wenn es niemanden überzeugen würde und nicht den Schmerz aus seinen Augen verbannte. „Merlin? Ist alles in Ordnung?“, fragte Arthur. Die Besorgnis war deutlich in seiner Stimme zu hören. Kurz schüttelte Merlin den Kopf, bevor er antwortete. „Ja. Entschuldigt bitte, ich war kurz abgelenkt.“ Merlin stellte den Krug wieder auf den Tisch und begann damit, die Gemächer seines Herrn aufzuräumen. Die besorgten Blicke von Arthur und Gwen, welche sich in seinen Rücken bohrten, versuchte er zu ignorieren. Er wagte es nicht, sie anzuschauen. Dafür war es ihm zu unangenehm, wie er sich eben hat gehen lassen. „Merlin“, begann Arthur langsam zu sprechen. Verwirrt hielt der Angesprochene in seiner Tätigkeiten inne und sah zu seinem Herrn. „Du weißt,… solltest du Probleme haben…“ Kurz hielt Arthur inne. Gwen nickte ihm aufmunternd zu und der König räusperte sich „oder… einfach nur reden wollen… dann kannst du gerne zu mir kommen. Du sollst wissen, ich habe immer ein offenes Ohr für dich.“ Arthur wandte sich seinem Teller zu. Er wagte es nicht, Merlin anzuschauen. Schon oft genug hat er mit seinem Diener über seine Gefühle gesprochen. Diese nun genau auf Merlin zu richten war allerdings neu und umso unangenehmer war es dem sonst so stolzen König. In solchen Angelegenheiten war er kein Mann großer Worte oder Gefühlen. Und doch war er froh, dass es Menschen gab, welche ihn auch so verstanden. Vornerein natürlich Gwen und Merlin. Merlin hingegen starrte seinen Herrn mit großen Augen und offenem Mund an. Hatte er das gerade richtig verstanden? Hatte Arthur ihm da gerade angeboten, ihm seine Probleme anvertrauen zu können? Mit ihm über alles reden zu können? Noch nie war der König so offen und ehrlich zu Merlin, doch gerade das rührte ihn umso mehr. Merlin grinste und sofort sahen sowohl Arthur, welcher endlich aufblickte, als auch Gwen, dass es echt war. „Ich danke Euch sehr für dieses Angebot, Sire. Vielleicht werde ich einmal darauf zurückkommen. Leider könnt Ihr nicht für alles eine Lösung haben. Und schon gar nicht für etwas, was jenseits von uns allen liegt.“ Kurz schluckte Merlin, vielleicht hatte er bereits zu viel gesagt. Um Fragen zu vermeiden, schnappte er sich den Wäschekorb und verschwand damit in Richtung Küche. Zurück blieb ein verwirrtes und noch immer besorgtes Königspaar, welches ihm nachsah. Abermals hatte sich Merlin mit dem Rücken an die Tür gelehnt, den Wäschekorb schlaff in den Armen haltend. Sein Blick ging ins Leere. Die Worte von Arthur hatten eine tiefe Wunde in seinem Inneren wieder aufreißen lassen. „Es wird wohl wirklich Zeit, dass du dir eine Frau suchst.“ Gequält schloss der Schwarzhaarige seine Augen. Wie sehr ihn diese Worte verletzten, konnte der König noch nicht einmal ahnen. Wie sollte er auch? Wie sehr wünschte sich Merlin eine Frau an seiner Seite. Besonders, wenn er Arthur und Gwen sah. Wie glücklich die Beiden waren. Nicht, dass er ihnen ihr Glück nicht gönnte. Das tat er. Aus vollem Herzen. Doch er wusste auch, dass er nie eine Frau haben würde. Jedenfalls nicht, solange er lebte. Die einzige Frau, mit welcher er sein Leben verbringen wollte, war tot. Gestorben in seinen Armen, erlegen an den Verletzungen, welche sein bester Freund ihr zufügte. Doch er hasste den König nicht dafür. Es war seine Pflicht, Camelot zu beschützen und durch den Fluch war seine Geliebte gezwungen, jede Nacht als Monster unschuldige Menschen zu töten. Nur ihm konnte sie nichts tun. Ihn erkannte sie, auch in ihrer verfluchten Gestalt. Hart schluckte Merlin. Freya. Verging seit damals auch nur ein Tag, an dem er nicht an sie dachte? Natürlich nicht. Sie war die Frau, welche für ihn bestimmt war. Wenn er die Augen schloss, dann sah er ihr lächelndes Gesicht vor seinem inneren Auge. Wenn er sich entspannte, schien es ihm, als höre er ihre liebliche Stimme. Wenn er schlief, dann konnte er ihre Wärme spüren. Niemals würde es eine andere Frau für ihn geben. Niemals würde er eine andere Frau wollen. Er wollte nur sie. Er wollte Freya. Und er wusste auch, dass er sie nie haben konnte… Mit einem resigniertem Seufzen besann sich Merlin wieder auf seine Pflichten und machte sich auf, um sich um die Wäsche des Königs und der Königin zu kümmern. Vielleicht konnte ihn die Arbeit ja davon ablenken, wie sehr sein Herz bei den Gedanken an seine Liebste schmerzte. Auch nach all den Jahren noch. Und er würde mit Sicherheit nie vergehen... Nach dem Frühstück versammelte der König seine Ritter auf dem Trainingsplatz. Die gute Laune von Arthur beflügelte ihn und da es die momentane ruhige Lage erlaubte, beschloss er, persönlich für das Training seiner Ritter zu sorgen. Gerade deshalb, weil er Mordred zu einem Ritter von Camelot geschlagen hat, wollte er selbst überprüfen, wie gut dieser war und dafür sorgen, dass er noch besser wurde. Die Ritter sahen anfangs ihrem König zu, wie dieser mit Mordred Schwertübungen durchführte. Immer wieder schlug Arthur zu, Mordred parierte und startete einen Gegenangriff, pariert von Arthur. Sie waren beide gut, doch jeder von ihnen wusste, dass Arthur der Beste von ihnen war. Während die Ritter die Manöver von Mordred lobten, beobachtete Merlin mit verschlossener Miene den Kampf. "Er ist gar nicht mal so schlecht, oder was meint ihr?", wollte Sir Elyon wissen. Percival und Gwaine nickten zustimmend. Sie standen nahe bei Merlin. Schließlich würden sie sich an ihn wenden müssen, wenn sie etwas brauchten. „Allerdings muss er noch viel lernen, um so gut zu werden wie wir“, behauptete Gwaine und bekam breite, selbstsichere Grinsen von seinen Freunden als Antwort. Merlin sagte dazu nichts, eine seiner Augenbrauen wanderte allerdings leicht spöttisch nach oben. Er wusste natürlich, dass die Aussage von Gwaine zum Teil stimmte, doch Mordred musste nicht so gut wie die Ritter werden, um diese zu schlagen. Er hatte seine eigenen Möglichkeiten. Plötzlich schoss Arthur vor und schaffte es, dem überraschten Mordred sein Schwert aus der Hand zu schlagen. Den kalten Stahl an seiner Kehle spürend schluckte Mordred hart und sah zu seinem König hinauf. Dieser sah ihn ernst an, bevor er sein Schwert zurückzog und in die Schwertscheide an seinem Gürtel steckte. Einer seiner Mundwinkel zog sich nach oben und er streckte seinen Arm aus, um Mordred aufzuhelfen. Der junge Druide ergriff diesen und ließ sich aufhelfen. Arthur legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Du bist wirklich sehr gut, Mordred“, gab der König zu „Nur an einigen Stellen können wir noch arbeiten.“ Auch Mordred fing an zu lächeln und verbeugte sich leicht vor dem König. „Ich danke Euch, Sire.“ Arthur nickte und wandte sich nun seinen Rittern zu. „Ich hoffe, Ihr habt den Kampf gut beobachtet. Man muss auf vieles im Kampf gefasst sein und ich weiß selber, dass das nicht einfach ist. Und doch muss ich sagen, dass ich mit euch allen sehr zufrieden bin.“ Die Ritter reckten sich und hielten die Brust raus. Sie waren natürlich sehr stolz auf sich und freuten sich sichtlich über dieses Lob. Während Arthur die Ritter zu Übungskämpfen einteilte begab sich Mordred an die Seite. Die Ritter lobten Mordred, schlugen ihm auf die Schulter oder zerzausten ihm die Haare. Breit grinsend bahnte sich der junge Ritter einen Weg durch die Reihen der Ritter, welche sich nun wieder ihrem König zuwandten. Mordred ging an Merlin vorbei und nickte ihm zu. Merlin reagierte nicht darauf, doch plötzlich schoss sein Arm vor und umklammerte den Oberarm des Druiden. Verwirrt sah Mordred auf und blickte in Merlins ernstes Gesicht. So ernst hatte er ihn bisher nur selten gesehen. Meistens nur wenn Gefahr drohte. Wenn dem König oder Camelot Gefahr drohte. „Sei auf der Hut“, flüsterte er ihm zu. Seine Stimme war leise und warnend, doch Mordred war es, als könnte er eine leise Drohung darin mitschwingen hören. „Ich habe ein ungutes Gefühl. Irgendetwas kommt auf uns zu. Etwas, das Camelot bedroht.“ Merlin wollte nicht mehr verraten, als unbedingt nötig war. Er vertraute Mordred nicht. Nicht wirklich. Dem jungen Zauberer ging die Vision nicht mehr aus dem Kopf. Die Vision, in der Mordred Arthur tötete. Skeptisch zog Mordred eine Augenbraue hoch. „Und du glaubst, ich hätte etwas damit zu tun?“, wollte der Druide wissen. Merlin war schon kurz davor, den Kopf zu schütteln. Er glaubte nicht, dass Mordred etwas damit zu tun hatte, doch seine Erfahrung sagte ihm etwas Anderes. Er sollte auf der Hut sein. Schon oft hat er naiverweise den falschen Menschen vertraut. Und zu oft musste er dafür einen hohen Preis bezahlen. Diesen Fehler wollte er nicht noch einmal machen. „Ich will nur das du weißt, dass ich alles tun werde, um Arthur und Camelot zu beschützen. Und ich werde jeden töten müssen, der sich mir im Weg stellt.“ Mordreds Augen weiteten sich, doch es kümmerte ihn nicht. In den letzten Jahren an Arthurs Seite wurde sich Merlin immer mehr seinem Schicksal und seiner Pflicht bewusst. Mit Mitleid kam er nicht weit, sollte er jemanden den Rücken zukehren, konnte er damit rechnen, ein Messer in eben diesen gestochen zu bekommen. Natürlich, das Töten war nicht Merlins Welt und er verbarg auch nicht, wie wenig es ihm behagte. Er versuchte jedem eine Chance zu geben und das Gute in Menschen zu sehen. Der Tod seiner Gegner war für ihn wirklich der allerletzte Ausweg. Doch mit den Jahren hat sich auch seine Einstellung Verrätern gegenüber verändert. Er hatte schon oft töten müssen. Und wer dem König, der Königin, seinen Freunden oder dem Volk von Camelot schaden wollte, der musste Merlins Zorn und den baldigen Tod fürchten. Innerlich seufzte Merlin. Wie sehr er sich doch verändert hatte. Der Ruf des Königs unterbrach die Beiden und jede mögliche Frage seitens Mordred. Merlin sah ihm noch einmal fest in die Augen, drückte ihm am Oberarm Er hätte Mordred durchaus auch auf der Ebene der Zauberer und Druiden erreichen können, doch es behagte ihm nicht, in den Gedanken des Jüngeren einzudringen oder ihn in seinen Kopf zu lassen. Lieber ging er das Risiko ein und sprach den jungen Ritter direkt darauf an. Arthur saß auf einer Bank am Rande des Kampfplatzes und sah den kämpfenden Rittern zu. Leon, Gwaine, Elyan und Percival standen bei ihm und beobachteten die Kämpfer. Als Merlin näher kamen, richteten die Männer ihre Blicke auf ihn. „Da bist du ja endlich, Merlin“, sagte Arthur. Seine Sorge vom Morgen schien wie weggeblasen. Merlin unternahm noch nicht einmal den Versuch, ein Lächeln aufzusetzen. Seine Miene war noch immer ernst. „Ihr habt mich gerufen, Mylord?“ Arthur zog eine Augenbraue hoch und die Ritter sahen nur verwirrt zu dem jungen Mann. „Ja. Ich möchte was trinken. Wärst du also so freundlich?“ Leicht lächelte Arthur. Er erwartete wenigstens ein kleines Lächeln und einen dümmlichen Spruch von seinem Diener, doch da wurde er enttäuscht. Sein Gesichtsausdruck und sein Verhalten war das komplette Gegenteil zu sonst. Sonst zierte ein Grinsen seine Lippen und in den blauen Augen Merlins tanzte der Schalk. Die herausfordernden Sprüche kamen meist schneller über seine Lippen, als dass er sie zurückhalten könnte. So ernst wie selten war seine Mimik und auch seine Augen strahlten nichts anderes aus. Mit einem Kopfnicken in Richtung Arthur drehte sich Merlin um und kam dem Wunsch seines Königs nach. Nun nur noch verwirrter starrten die Ritter dem Diener nach. „Ähm, haben wir da vielleicht irgendetwas verpasst?“, fragte Elyan nach. Er konnte sich das Verhalten Merlins nicht wirklich erklären. Arthur seufzte. „So ist er schon seit heute Morgen“, sagte dieser. Sein Blick war noch immer auf die Stelle gerichtet, an der Merlin noch vor wenigen Augenblicken stand. Die Aufmerksamkeit der Ritter richtete sich nun auf ihren König. „Hat das einen Grund?“, wollte Gwaine wissen. Merlin war einer seiner besten Freunde und ihn so ernst zu sehen war auch für den sonst so fröhlichen und draufgängerischen Mann ein Grund zur Sorge und Ernsthaftigkeit. Ratlos zuckte Arthur mit den Schultern. „Ich weiß es nicht“, gab er zu. „Guinevere vermutet, dass es etwas mit unserer letzten Mission zu tun hat und… mit Morgana. „Für gewöhnlich macht ihm das aber nicht so sehr zu schaffen“, gab Leon zu bedenken. Er machte sich ebenfalls Sorgen um den jungen Mann. Merlin war immer an Arthurs Seite gewesen und hat ihn begleitet. Leon war sich sicher, nur dank Merlin wurde Arthur zu solch einem guten und vorbildlichen König. Dass sich Merlin nun so verändern sollte, gefiel dem stolzen Ritter überhaupt nicht. „Wir werden sehen“, sagte Arthur, stand auf und schnappte sich sein Schwert. „Sollte er in den nächsten Tagen seine übliche nervige Art nicht widergefunden haben… nun, vielleicht ist mir dann bereits so langweilig, dass ich mir etwas überlegen werde, um das zu ändern.“ Die Ritter grinsten. Auch, wenn ihr König es kaum zugeben würde. Merlin war ihm wirklich wichtig und er würde alles tun, damit es diesem gut ging und er glücklich war. So wie es der Schwarzhaarige auch stets für den König tat. Und sie würden ebenfalls alles versuchen. Schließlich war der junge Mann für sie alle mehr als nur ein Diener. Er war ihr Freund. Ein guter Freund und schon beinahe so etwas wie ein kleiner Bruder, den es zu beschützen galt. Nach einem langen Tag war der Abend angebrochen und Ruhe war in Camelot eingekehrt. Der König hatte sich mit seiner Königin zur Ruhe begeben, die Ritter und Wachen bezogen ihre Wachposten und machten ihre Runden in den Gängen. Merlin saß abends noch immer auf seinem Bett. Das linke Bein ausgestreckt, das Rechte angewinkelt. Einen Arm hatte er auf sein rechtes Bein gelegt, den Kopf darauf gebettet. Seine Augen blickten ins Leere. Er hatte keinen großen Hunger und fühlte sich an diesem Tag erschöpfter denn je. Also zog er sich früh in sein Zimmer zurück um sich auszuruhen. Und doch fand er keinen Schlaf. So viele Gedanken schwirrten ihm im Kopf herum. So viel Vergangenes, was am heutigen Tag wieder aufgewühlt wurde. Er hatte getötet. Oft. Öfter, als ihm lieb war. Er hatte getötet. Magische Wesen, Gegner, Menschen... Merlin schloss die Augen, richtete sich auf, sodass er seinen Rücken an die kalte Wand presste. Tief atmete er ein. Es wurde immer schwerer. Obwohl es ihm nach all der Zeit hätte einfacher erscheinen sollen, war es das nicht. Er tötete, er log und betrog. Es war so schwer. Und doch viel es ihm leicht. Viel zu leicht, Dinge zu tun, an die er früher nicht einmal denken wollte. Er tötete Menschen und magische Geschöpfe, um Arthur und Camelot zu beschützen. Und doch belog er jeden seiner Freunde, welche alles für ihn waren. Er belog sie und ganz besonders Arthur. Er verriet und betrog sie, indem er war, was er war. Ein Zauberer mitten in Camelot. Ein Zauberer, der jeden Tag seine Kräfte einsetzte und daher jeden Tag mit seinem Leben spielte. Mit einer Hand fuhr er sich durch die Haare. Merlin kam sich so falsch vor. Vielleicht hatte Arthur ja wirklich Recht. Vielleicht war Magie wirklich so böse wie er dachte… Energisch schüttelte Merlin den Kopf. Wie kam er nur darauf? Er wusste es doch selbst, dass Magie gut sein konnte. Es kam immer auf die Menschen an, die sie benutzten. Und er wusste, er würde niemals so werden wie Morgana. Niemals würde er so voller Hass und Bosheit sein. Nicht, solange er seine Freunde hatte. Nur… würden sie auch dann noch seine Freunde sein, wenn sie wüssten wer er war? Was er konnte? Leise seufzte Merlin. Es brachte nicht, im Dunkeln zu sitzen und sich Gedanken über die Zukunft zu machen. Egal, welche Reaktion sich der Zauberer von seinen Freunden wünschte, er würde nie mit Sicherheit sagen können, wie sie wirklich reagieren würden. Und ob er diese Reaktion überleben würde… Wieder seufzte Merlin leise. Er stand auf und entkleidete sich, zog sich sein Gewand zum Schlafen an und legte sich ins Bett. Es war schon sehr spät und er musste wieder früh raus, um Arthur zu wecken. Nur langsam und sehr schwer gelang es Merlin mitten in der Nacht Schlaf zu finden, das Gefühl einer nahenden Bedrohung bohrte sich noch immer ohne Unterlass in seinen Magen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Hey Leute!       Also fällt es nicht nur Gaius auf, dass Merlin etwas bedrückt, obwohl Arthur es meistens nur mitbekommt, wenn Merlin schon ziemlich bedrückt ist… (Ich glaube ja, dass das nur an Gwen liegt! Frauen haben einen Sinn für so etwas! XD)     Kapitel 2: Eine neue Bedrohung ------------------------------     Kapitel 2 - Eine neue Bedrohung Die Nacht war angebrochen. Die meisten Menschen schliefen und die Wachen patrouillierten durch die Gänge, um die Sicherheit der Schlösser und ihrer Herren zu gewährleisten. Nur in einem Schloss kam niemand zur Ruhe. Das Schloss, welches die Sachsen besetzten, waren unzählige Fenster hell erleuchtet. Niemand konnte auch nur an schlafen denken. Im Thronsaal des Schlosses, der säulenbesetzte und dunkle Raum war nur von wenigen Flammen erhellt. Beinahe panisch standen mehrere Männer vor den Türen und an den Säulen. Und in eben jenem Raum ließ die Hexe Morgana Pendragon ihrer Wut freien Lauf. „Wie konnte das nur passieren?!“ Die Hexe war außer sich. Sie zerstörte einen Großteil des Raumes mit ihrer Zauberkraft, die Flammen sprangen über und versengten das schwarze Stein. Aithusa verkroch sich ängstlich hinter dem schwarzen Thron. Im Moment war niemand sicher und die Wut der weiblichen Pendragon konnte jeden treffen. „Wie konnten sie nur entkommen?!“ Die Augen Morganas glühten golden auf, bevor eine der Säulen zerbarst und Steine in der Halle umher flogen. Der Mann, welcher davor stand, wurde durch die Luft geschleudert, ebenso jene, welche von dem wutentbrannten Blick der Schwarzhaarigen getroffen wurden. Laut fiepte und fauchte Aithusa vor Angst, doch ihre Herrin beruhigte sich einfach nicht. Keuchend sah sich Morgana in dem Thronsaal um. Betrachtete die Schwächlinge, welche ihr bereits zum Opfer gefallen waren und jene, welche noch ängstlich die Hexe anstarrten. „Hinaus!“, fauchte die Hexe. Unschlüssig blieben die Männer stehen und sahen sich verwirrt an. „HINAUS!“, schrie Morgana nun völlig ungehalten und ließ eine weitere Säule beinahe zu Staub zerfallen. Mehr musste den Männern nicht gesagt werden. Schnell nahmen sie die toten oder bewusstlosen Männer und verließen eilends den Saal. Schnaubend über diesen armseligen Haufen schritt Morgana mit festen Schritten zum Thron und ließ sich darauf nieder. Ihre Hände krallten sich beinahe in die Lehnen des Throns. Ungeduldig streckte die Hexe ihre Hand aus und wedelte mit ihr herum. Vorsichtig kam Aithusa hinter dem Thron hervor und legte sich an die Seite ihrer Herrin. Die Hand der Hexe strich immer wieder über den Kopf der Drachin, doch die sonst so gewohnte erleichternde und beruhigende Wirkung blieb für Aithusa dieses Mal aus. Viel zu groß war dieses Mal die Angst und das Gefühl, etwas Schlimmes würde passieren. Auch Morgana schien sich kaum auf den Drachen zu ihren Füßen zu konzentrieren. Mit einer Hand massierte sie sich die Schläfe, während sie Aithusa streichelte. Wie konnte das nur geschehen? Ihr Plan war perfekt! Es hätte nicht mehr viel gefehlt, dann hätte Odin Arthur getötet und mit ihm gleich auch noch diese einfältige Mithian und ihren Vater. Somit wären gleich mehrere Probleme aus dem Weg geschafft und der Thron von Camelot hätte endlich ihr gehört. Um diesen Narr Odin machte sich die Hexe keinerlei Sorgen, ihn hätte sie zu gegebener Zeit auch noch aus dem Weg räumen können. Doch wieder wurden ihre Pläne vereitelt. Sie hatte es gespürt. Dieses Beben, es war kein gewöhnliches gewesen, nichts Natürliches. Nein, sie hatte die Magie gespürt, welche das Beben verursachte und ihre Pläne durchkreuzt hatte. Und sie kannte nur einen, welcher es wagen würde, sich ihr entgegen zu stellen. Emrys. Schauer liefen der Hexe über den Rücken, ihre Hand auf Aithusas Kopf verkrampfte sich, was diese aufzucken ließ. Emrys. Alleine, wenn sie diesen Namen schon dachte, dann stieg die Wut in Morgana wieder an, doch sie kämpfte ebenso mit der Angst. Sie hasste diesen Mann, diesen alten gebrechlichen Greis ebenso, wie sie ihn fürchtete. Er besaß eine Macht, die es wohl durchaus mit ihrer aufnehmen konnte, dabei war sie eine Hohepriesterin der alten Religion! Sie hatte Zaubersprüche und Mächte gemeistert, von denen andere Zauberer und Hexen noch nicht einmal zu träumen wagen konnten. „Er ist dein Schicksal… und er ist dein Verderben.“ Unwillkürlich drängten sich die Worte der alten Cailleach, der Wächterin der Toten, wieder in ihre Gedanken. Schicksal und Verderben… dieser alte Mann sollte beides für sie bedeuten. Es war ihr Schicksal, gegen ihn zu kämpfen und dabei zu sterben. Energisch schüttelte Morgana ihren Kopf und stand abrupt auf, Aithusa hob den Kopf und betrachtete ihre Herrin. Nein, sie würde nicht zulassen, dass sich ihr so ein alter Narr in den Weg stellte. Es war nicht ihr Schicksal zu sterben, sie sollte auf dem Thron von Camelot sitzen und nicht auf diesem verdammten alten Sockel! Voller Wut richtete Morgana ihren Blick auf den besagten Thron und ließ ihre Augen golden aufleuchten. Eine Seite des königlichen Stuhles zerbrach und hinterließ ein klaffendes Loch. Wutschnaubend wollte sich Morgana bereits abwenden, als sie innehielt. Etwas erregte ihre Aufmerksamkeit, etwas, was sich dort in dem zerstörten Thron befand. Ein seltsamer Fetzen war zwischen den kleinen Steinen zu sehen, welche einmal einen Teil des Throns bildeten. Morgana bückte sich mit zusammengezogenen Augenbrauen und wischte die Steinreste beiseite. Ein Stück Pergament kam zum Vorschein. Es sah schon sehr alt aus. Vorsichtig hob sie das Schriftstück aus seinem Versteck. Es war eine kleine Schriftrolle und sie war sehr alt, noch älter, als Morgana wahrscheinlich so sagen könnte. Wie kam solch eine Rolle hierher? Und warum versteckte sie jemand gerade hier, mitten im Thronsaal? Was war daran so wichtig? Langsam und vorsichtig, um das Pergament nicht zu beschädigen, faltete sie es auseinander und begann, die verschwommene, alte Schrift zu lesen. „Wer diese Worte vernehmen wird, der sei gewarnt. Tief unter dem Stein dieses Schlosses herrscht Dunkelheit. Eine nachtschwarze Dunkelheit legte sich über den Stein, über die Menschen und gar über die Luft. Ein Wesen, gebar aus Nebel und Trug, in alter Zeit der Welt Chaos brachte. Nur die ältesten Geschöpfe konnten helfen und sie ließen den Nebel vergehen. Körperlos keine Gefahr wurde die Seele der Bestie gebannt, tief unter der Erde, der Pforte zur Hölle nahe. In den Tiefen des Schlosses hört man den Schrei der Kreatur, welche Rache schwor und jedem zu Diensten sein würde, welcher die Macht und die Tollkühn besitzt, ihn in die Welt der Lebenden zurückzuholen. Dienlich jedem, der Feinde hat, welche es zu vernichten gilt. Doch gewarnt seiest du! Das Böse und die Dunkelheit  können nicht beherrscht werden… Die Mächte des Roch größer, als es für einen einzelnen Menschen zu ertragen  wäre… Jeder, der es zu versuchen wagte, wird nie darüber sprechen können… Einst begann ich diesen Fehler… und meine Zeit reicht gerade noch, um dieses Pergament mit der Warnung eines närrischen Mannes zu beflecken… bevor ich Sühne begehen muss, für meine gräuevolle Tat...“ Je mehr Morgana von diesem Pergament las, desto aufgeregter wurde sie. Ihre Hände begannen langsam zu zittern und zerknitterten das alte Pergament noch mehr. Wenn sie es richtig verstand, dann hielt sie nun einen Weg in Händen, wie sie Arthur und Emrys töten konnte und Camelot endlich in ihre Gewalt bekam. Dieses Schriftstück schien eine glückliche Fügung des Schicksals zu sein. Finster lächelte die Pendragon. Wer würde noch behaupten, es war ihr Schicksal zu sterben? Schnell faltete die Hexe das Pergament zusammen und steckte es in ihr Kleid, bevor sie zu der Tür ging. „Komm Aithusa“, sagte sie, ohne sich umzudrehen. So bemerkte Morgana auch nicht, wie ängstlich die Drachin ihr nachsah und ihr nur widerwillig folgte. Morgana ging mit festen Schritten an den Wachen vorbei, welche zusammenzuckten, als die Hexe an ihnen vorbei schritt. Aithusa humpelte hinter der Schwarzhaarigen her, wenn auch mit deutlichem Abstand. Anscheinend hatte sie noch immer Angst, dass die Schwarzhaarige wieder wütend werden könnte. Der oberste Befehlshaber der Sachsen und zwei seiner Männer folgten ihr, doch man konnte ihnen ansehen, wie wenig es ihnen behagte. Der Weg Morganas führte tief unter das Schloss, noch tiefer als die Kerker reichten. Eine große Halle unter den Gemäuern war ihr Ziel. So wie in der Karte beschrieben blieb Morgana vor einem Tor stehen. Eine große, hölzerne Tür befand sich vor ihnen. Dahinter und auch von den Mauern um sie herum schien ein Wispern zu kommen. Ein dunkles Wispern und Flüstern, welches sie einhüllte. Die Männer erzitterten, doch Morgana lächelte nur noch breiter. Eisenbeschlägen versperrte den Zugang zu dem Raum, welcher vor ihnen lag, doch bevor auch nur einer der Männer daran Hand anlegen konnte, war Morgana mit ihrer Geduld am Ende. Ihre Augen glühten golden auf. Knalle ertönten, die Eisenstäbe brachen und das Holz splitterte. Die Tür war noch in gutem Zustand und ließ sich weiterhin verschließen, doch nun konnte man hinein. Die Hexe trat einen Schritt vor, als sie sich an den Oberbefehlshaber, einen bulligen Mann, welchem bereits der kalte Angstschweiß über die Glatze lief. Einerseits hatte er Angst vor der Hexe und doch war da noch ein Gefühl. Etwas Gefährliches lauerte in den dunklen Gängen und Hallen des Schlosses, in welches sie eingedrungen waren und besonders in dieser Tiefe, die sie für gewöhnlich nie betraten. Etwas Böses, welches sie alle verschlingen würde… „Niemand darf hier hinein“, schnarrte Morgana und blitzte ihr Gegenüber gefährlich an. „Wer auch immer es wagen sollte, hereinzukommen… nun“, Ein finsteres Lächeln legte sich auf ihre Lippen. „Derjenige wird nicht mehr lange genug leben, um es bereuen zu können.“ Der Mann schluckte und nickte heftig, bevor er schnell seinen Männern Befehle gab und diese sich vor der Tür positionierten. Morgana achtete nicht mehr auf sie und drehte sich um, direkt auf die Tür zugehend. Aithusa fiepte und rief ihr leise nach, doch die Hexe hörte nicht hin. „Entweder kommst du mit oder du bleibst hier“, gab sie der Drachin die Wahl. Erst war Aithusa verwirrt und verletzt, war diese seltsame Macht ihrer Herrin wichtiger als sie. Aithusa war gewillt, vor dem Raum zu warten, doch das Pflichtgefühl und das Band, welches sie an Morgana fesselte, waren stärker. Widerwillig folgte sie ihrer Herrin. Der Raum war groß. Sehr groß, es war schon eine Halle, eine riesige Halle. Größer als ihr Thronsaal in diesem Schloss oder der Ratssaal in Camelot. Gewaltig lag die Halle vor ihr, ebenso wie die Macht, die sich tief unten in diesen Gemäuern befand. Tief unter dem Stein gefangen, der Hölle nahe und doch ihr nahe genug, um sie zu nutzen. Aithusa humpelte hinter Morgana her, doch alles in ihr wollte diesen Raum sofort wieder verlassen. Das magische Geschöpf spürte, dass etwas in dieser Halle wartete. Etwas, was sich nicht aufhalten lassen würde, schon gar nicht von ihr. Sie war schwach und entstellt. Durch die Gefangenschaft, welche sie und Morgana einst erlitten hatten, konnte sie sich nicht ausbreiten und vernünftig wachsen. Manche ihrer Knochen waren schief und ihre Muskeln unterentwickelt. Sie hätte keine Chance gegen eine solche Übermacht. Sie war froh, dass sie fliegen konnte, doch selbst das fiel ihr schwer und verursachte Schmerzen im gesamten Körper. Normalerweise nahm Morgana jede erdenkliche Rücksicht auf Aithusa, doch irgendetwas in dieser Macht, welche dort lauerte, schien sie so einzunehmen, dass die Hexe nur noch an ihre Rache denken konnte. Sie begann sich zu verändern und langsam fing Aithusa an, sich Sorgen um Morgana zu machen. Die Hexe inzwischen ging in die Mitte der Halle. Ihre Schritte führten sie in eine seltsame Rune, welche einen Großteil des Bodens einnahm und in den steinigen Boden eingemeißelt wurde. Ein großer Kreis, welcher von mehreren kleineren Kreisen gefüllt wurde und das Aussehen einer Spirale verliehen bekam. Ein äußerer Ring, welcher mehrere mächtige Runen kreisförmig in sich barg. Und egal, wie sehr dieser schon zerbröckelt oder zerstört war, die Rune hatte noch immer eine gewaltige Macht. Morgana fragte sich, warum sie diese Macht nicht schon vorher bemerkt hatte. Doch es war unwichtig, viel wichtiger war es, dass sie diese Macht nun gefunden hatte. Mit vorsichtigen und langsamen Schritten bewegte sich Morgana genau in die Mitte des Kreises, der Stätte einer Versiegelung, wie sie an den Runen erkennen konnte. Sie schloss die Augen und horchte auf das Wispern und Flüstern dieser Macht, der Kreatur, welche tief unten in der Dunkelheit gefangen war. Sie verstand nur Bruchstücke, die Stimme war zu leise, doch es war genug, um ihre Freude zu vergrößern und ihr Lächeln noch finsterer werden zu lassen.      „Alles zerstören…“ „Will frei sein…“ „Leid verbreiten…“ „Unselige und Feinde töten…“ „Rache…“ Lange Zeit hörte die Hexe nichts mehr, doch das Wesen wurde sich wohl schlussendlich ihrer Anwesenheit bewusst. Nun weitaus deutlicher vernahm die Schwarzhaarige diese Stimme aus der Dunkelheit. „Befreie mich… und… deine Feine… werden… sterben…“ Mehr brauchte Morgana nicht zu hören. Sie wollte diese Macht, egal, was es bedeutete. Sie holte tief Luft und sammelte all ihre Kräfte, da sie für das Brechen dieser Runen alle Macht brauchte, die sie bekommen konnte. Aithusa wimmerte und brüllte noch leise, um sie davon abzuhalten, doch es brachte nichts. Ihre Herrin beachtete sie noch nicht einmal, viel zu gefesselt war sie von der Aussicht, endlich die Macht zu erhalten, Camelot zu erobern. Morgana ließ sich langsam auf den Boden sinken, während sie ihre Kräfte sammelte. Sie legte ihre Hände auf den Boden und berührte die Runen. Die Hexe erschauderte, als sie die gewaltige Machte der Runen spürte und die noch größere Macht, welche darunter eingesperrt war. Morgana ballte ihre Hände zu Fäusten. Plötzlich riss sie ihre Augen auf, welche sich augenblicklich golden verfärbten. Tief holte sie Luft, bevor sie die alte Sprache der alten Religion verwendete. „Slæp út úre mamora, bídsteall mé æt ambihtnes ond ábréoðe mé átorsceaða. Béo freólác on sé ærworuld sé líf ond hwyrftweg sé ærworuld sé cwealmbealu. Frymþ út lyfthelm ond bepæcung ácíege ic ðu æt mé. Slæp, ellengæst Roch!“ Die Runen brachen, eine nach der Anderen, sie verloren ihre Macht. Jeder Bruch verursachte ein leises, brechendes Geräusch und weißer Nebel begann, von den zerstörten Zeichen aufzusteigen. Es wurde immer mehr. Und je mehr Nebel sich in der Halle ausbreitete, je kälter wurde es, die Temperatur sank ins Bodenlos. Aithusa fauchte erschrocken und wich zurück, lief zu den Wänden, wollte so weit weg von dieser Macht, wie es nur ging. Ununterbrochen zitterte die Drachin, doch sie wusste selber nicht, ob es aus Angst vor dieser Macht war, welche ihre Herrin dort leichtsinnigerweise entfesselt hatte oder wegen der Kälte, welche selbst durch ihre ergrauten Schuppen drang. Der Nebel sammelte sich direkt vor Morgana. Er wurde immer dichter und dichter. Nur langsam schien es so, als würde er Gestalt annehmen. Morgana keuchte, ihr Atem erschien als kalte Luftwolke vor ihrem Mund. Ihre Kraft war schon so gut wie aufgebraucht, dabei konnte sie noch nicht einmal die Gestalt der Kreatur richtig erkennen. Sie gab alles, was sie hatte und biss sich auf die Lippen. Es musste einfach klappen, es MUSSTE! Nichts anderes würde sie akzeptieren und nichts anderes würde ihr helfen können, wenn sie wirklich Camelot haben wollte. Vor Anstrengung lief ihr bereits der erste Schweiß über die Stirn, doch sie gab nicht nach, eher im Gegenteil. Sie ließ ihre Magie noch stärker fließen, um der Kreatur ihre ursprüngliche Form zurückzugeben. Immer dichter wurde der Nebel, nahm langsam die Gestalt einer Kreatur an, welche bereits vor unzähligen Jahren Angst und Schrecken auf der Welt verbreitet hatte. Endlich, eine Ewigkeit schien vergangen zu sein, ließ der Nebel, welcher aus den Runen drang, nach, bis er gänzlich versiegte und das magische Wesen in seiner vollen und schrecklichen Pracht in die Welt der Lebenden zurückgekehrt war. Aithusa fauchte schrill und schnappte, doch das Ungetüm richtete sich auf und warf seinen Schatten auf den entstellten Drachen. Wimmernd wich Aithusa immer mehr zurück, drängte sich ängstlich an die Wand und schien mit dieser verschmelzen zu wollen. Die Angst, welche die junge Drachin hatte, war beinahe greifbar. Lange scharfe Krallen schliffen über den schwarzen Stein, tiefe Atemstöße gefroren beinahe in der eiskalten Luft, welche jeden Luftzug in der Lunge brennen ließ. Zischen war zu hören, als die Schweife wild umherpeitschten, noch größer wurde der Schatten, als es seine Flügel ausbreitete. Durch die gewaltigen Anstrengungen und den Aufgebrauch ihrer Magie brach Morgana augenblicklich zusammen. Kaum noch bei Bewusstsein richtete sich Morgana langsam auf. Ihre Arme zitterten und vermochten kaum, sie zu tragen. Nur langsam konnte die Hexe ihren Kopf zu der Stelle drehen, an welcher der Nebel sich verdichtet hatte. Ihr Blick war verschwommen und doch konnte sie das Ergebnis ihrer Anstrengungen sehen. Schwach zeichnete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht ab, doch so winzig es auch sein mochte. In diesem Lächeln steckten so viel Bosheit und das Versprechen, dass Camelot untergehen mochte. „Endlich…“, konnte Morgana noch hauchen, bevor sie endgültig auf dem Steinboden zusammenbrach. Aithusa rannte zu ihrer Herrin und stupste sie mit ihrem Kopf an. Als sie nicht reagierte blickte der weiße Drache zu dem Wesen, welches seine Aufmerksamkeit nun auf sie lenkte. Mit blanker Angst in den Augen starrte Aithusa den Neuankömmling an. Das Wesen stieß ein schrilles Kreischen aus, laut und hoch, die Ohren traktierend, welche dieses Geräusch hören mussten. Eine Stimme erklang, eine krächzende, hohe Stimme, gedämpft durch den hohlen Klang von Eisen. „Endlich!“ Ein gewaltiges Gewitter hatte sich über dem Schloss der Sachsen zusammengebraut und sich bis nach Camelot ausgebreitet. Wie eine rabenschwarze Wolke der dunklen Vorsehung hing sie über dem prächtigen Schloss und verhieß nichts Gutes. Blitze zuckten über den Himmel und der laute Donner erfüllte die Luft. In seiner Kammer fuhr Merlin mit weitaufgerissenen Augen aus dem Schlaf. Kapitel 3: Erzählungen aus der Vergangenheit -------------------------------------------- Kapitel 3 - Erzählungen aus der Vergangenheit Keuchend ein- und ausatmend und mit heftig klopfendem Herzen saß Merlin kerzengerade auf seinem Bett. Die Hände verkrampften sich in der Bettdecke, seine Augen waren weit aufgerissen. Hart schluckte der Zauberer. Was war das? Wie ein heftiger Schlag in den Magen durchzuckte ihn mitten in der Nacht ein Gefühl und riss ihn aus seinem Schlaf. Seine Magie pulsierte und rumorte ihn ihm, einerseits ehrfürchtig, andererseits bereit. Sie war bereit, sich zu stellen und zu kämpfen. Doch gegen was? Merlin wusste es bereits. Jedenfalls was dort draußen lauerte, denn er spürte es. Dieses merkwürdige Gefühl, welches ihn bereits den vorherigen Tag plagte. Nun wusste er, was es bedeutete. Es war eine Art Anwesenheit. Er spürte, dass etwas auf dieser Welt erschienen war. Etwas Mächtiges. Etwas Dunkles. Und etwas überaus Gefährliches. Merlin war sich nicht sicher, doch dieses Gefühl kannte er. Es fühlte sich genauso an wie damals, als Morgana den Schleier zu der Welt der Toten zerrissen hatte und die Dorocha in dieser Welt ihr Unwesen trieben. Konnte das sein? Konnte der Schleier erneut zerstört worden sein? Schnell stand Merlin auf, er zog sich an, schlüpfte in seine Stiefel und verließ leise seine Kammer. Auf Zehenspitzen durchquerte er das Gemach von Gaius und achtete darauf, den alten Hofarzt nicht zu wecken. Vorsichtig lugte Merlin aus der Tür hinaus. Es waren keine Wachen zu sehen. Warum auch? im Moment war es friedlich und es gab keine Anzeichen für einen Angriff oder dergleichen. Innerlich schnaubte Merlin. Wenn sie alle nur wüssten… Immer auf der Hut schlich sich Merlin durch das Schloss, beinahe wurde er entdeckt, bevor er das Schlosstor durchquerte und in Richtung Wald verschwand. Nur einer könnte ihm seine Fragen beantworten, nur einer würde verstehen, warum er so besorgt war. Es gab nur einen, der ihm jetzt helfen konnte. „Oh drakon, e male so ftengometta tesd'hup'anankes!“ Wie von selbst ging Merlin den bereits bekannten Weg, um die Wälder rund um Camelot und damit die Lichtung zu erreichen. Und wie schon so oft benutzte er genau dort die Worte, welche seinen alten Freund zu ihm bringen würde. Kilgharrah war wahrscheinlich der Einzige, welcher ihm was über diese seltsame Macht, die er spürte, sagen konnte. Es dauerte auch nicht lange, bis Merlin das Rauschen hörte, erzeugt von kräftigen Flügelschlägen. Schon näherte sich ein großer Schatten der Lichtung, wurde immer größer und größer, bis sich Kilgharrah mit einem Mal auf dem Boden vor ihm niederließ und seine Flügel zusammenfaltete. Gespannt blickten die bernsteinfarbenen Augen des Drachen zu ihm herunter. Das Erscheinen seines Freundes und Beraters war Balsam für Merlin und beruhigte ihn sehr. Doch eines beunruhigte ihn diesmal. Die Sorge im Blick seines alten Freundes war nicht zu übersehen. „Was bedrückt dich, junger Zauberer?“ Natürlich wollte Kilgharrah wissen, was los war und warum er gerufen wurde, doch dieser Blick des Drachen verunsicherte Merlin. „Ich scheine nicht der Einzige zu sein, den etwas bedrückt“, sagte der Schwarzhaarige und betrachtete den Drachen, welcher leicht seinen Kopf senkte und seufzte. „Ein Gefühl, nichts weiter. Nichts, was dich belasten müsste. Also, warum hast du mich gerufen?“ So schnell ließ sich Merlin allerdings nicht abwimmeln. Er verschränkte seine Arme vor der Brust und sagte „Hat es vielleicht etwas mit diesem seltsamen Gefühl zu tun, das ich habe?“, wollte er wissen und beobachtete seinen Freund ganz genau. Dabei entging ihm auch das leichte Zusammenzucken nicht. „Ich habe etwas gespürt. Und ich spüre es auch jetzt noch, auch wenn es bereits stark nachgelassen hat. Es ist eine Art Anwesenheit. Als ob etwas plötzlich erschienen ist. Und das in dieser Welt. Etwas überaus dunkles. Es erinnert mich an das Gefühl, welches ich hatte, als ich vor dem Schleier zu der Geisterwelt stand.“ Als wenn Kilgharrah mit dieser Antwort gerechnet hätte, seufzte er nur noch einmal. Es klang bedauernd. „Ich wünschte mir wirklich, dass ich mir dieses Gefühl nur eingebildet hätte. Doch wenn auch du es gespürt hast, dann kann es nur eines bedeuten. Der Roch ist erwacht.“ Verwirrt legte Merlin den Kopf schief. „Roch? Was ist das?“ Seine Sorge wurde noch größer, als Kilgharrah seinen Blick niederschlug. Es war nicht nur Bedauern in seiner Stimme zu hören und in seiner Mimik zu lesen, sondern auch so etwas wie Furcht. Und das beunruhigte Merlin mehr als alles andere. Was konnte so stark und gefährlich sein, das selbst ein Drache sich fürchtete? „Eine grauenvolle Kreatur, geschaffen aus Nebel und Tod, Herr der Lüfte und des Schreckens. Es gibt viel über diese Kreatur zu berichtet. Am besten setzt du dich, junger Zauberer.“ Merlin tat, wie ihm geheißen, und setzte sich auf einen Baumstamm am Rand der Lichtung, während Kilgharrahs weise bernsteinfarbenen Augen ihn von oben musterte. „Der Ursprung des Rochs liegt weit vor deiner Zeit, junger Zauberer. Er stammt aus einer Zeit, in der die alte Religion noch frei und angesehen war. Wo ihr Vertrauen und Hochachtung entgegen gebracht wurde. Die Menschen waren froh darüber, die Magie nutzen und damit Probleme ganz einfach lösen zu können. Zauberer wurden wie Könige verehrt und genossen ihre angesehene Position. Es war der Höhepunkt der alten Religion und der Magie.“ Der Drache sprach von einer friedlichen Zeit, in der Magie und jene, welche sie einsetzten, geduldet und verehrt wurden. Merlin konnte sich so eine Welt kaum vorstellen, wenn er daran dachte, wie es war, als Uther regierte und wie es teilweise noch immer unter Arthurs Herrschaft geahndet wurde. Und doch versuchte der junge Zauberer alles, um eine solche Welt abermals, wie er nun wusste, zu schaffen. Es erschien ihm beinahe wie ein Traum. Ein Traum, welchen er zur Wirklichkeit werden lassen wollte. Leise seufzte Kilgharrah und Merlin spürte, dass nun der Wendepunkt der Geschichte kommen würde. Mitleidig spürte er die Trauer seines Bruders und er wusste, dass es für Kilgharrah schwer gewesen sein muss. Vor allem, da er scheinbar selbst diese friedliche Welt erlebt hatte. „Doch irgendwann begannen die Menschen, den Zauberern zu misstrauen. Erst begegneten sie magisch Begabten mit Vorsicht, mit der Zeit jedoch entwickelte sich aus dieser Vorsicht Misstrauen und wurde immer mehr und mehr zu Verachtung.“ Merlin Kopf neigte sich leicht zur Seite. „Warum?“, wollte er wissen. „Warum haben die Menschen plötzlich eine so schlechte Meinung von der Zauberei bekommen?“ Der große Drache schüttelte den Kopf. „Ich bin mir nicht sicher, was zuerst passierte, doch eines führte zum anderen. Die Menschen verachteten und fürchteten die Magie, während die Zauberer und Hexen ihr Ansehen und ihre Macht, welche sie augenscheinlich über die Menschen hatten, bewahren wollten.“ Tief holte Kilgharrah Luft. „Da es in der Natur von Menschen liegt, allem zu misstrauen, was Neu, Anders oder etwas ist, was sie nicht verstehen, hat sich auch langsam das Misstrauen gegenüber der Magie in ihre Herzen geschlichen. Zwar konnten sie so viel mehr durch die Magie bewerkstelligen, als es für einen gewöhnlichen Menschen überhaupt vorstellbar war. Doch die Angst schlich sich langsam in die Herzen der Menschen. Allen voran die Könige.“ Merlin war verwirrt. „Die Könige?“, fragte er nach. Kilgharrah nickte. „Die Könige und Herrscher der damaligen Zeit hatten die größte Angst. Sie hatten Macht, fürwahr, gewaltige Armeen unter ihrer Hand, doch was nützte all dies gegen einen wahrhaft mächtigen Zauberer? Jeder noch so starke Ritter konnte durch nur eine Handbewegung niedergestreckt werden. All ihr Wohlstand, ihre Reiche, ihre Macht, all das sahen die Könige bedroht. Sie wurden habgierig und dachten, die zauberkundigen Menschen würden sich ihrem Eigentum und ihren Geburtsrechten bemächtigen. Und dieses Misstrauen säten sie auch bei ihrem Volk. Nach und nach vergaßen die Menschen all die guten Taten, für die Zauberer verantwortlich waren und begannen sie zu meiden.“ Merlin ließ leicht den Kopf hängen. Er verstand einfach nicht, warum die Menschen solch eine Angst vor der Zauberei hatten. Einerseits verstand er es natürlich, war auch er vielem zu Anfang erst einmal misstrauisch gegenüber, doch das legte sich relativ schnell. Das Verhalten der Menschen von damals war jedoch einfach nur ungerecht. Er hoffte, dass die Menschen von Camelot nicht so verbohrt sein würden, wenn er eines Tages die Gelegenheit haben sollte, sich Arthur zu erklären. Und wenn dieser nicht sofort beschloss, ihn auf den Scheiterhaufen zu schicken… „Doch meiner Meinung nach gingen die Anhänger der Zauberei einen viel schlimmeren Weg, als die Menschen, welche nur ihren natürlichen Instinkten zu folgen schienen. Auch, wenn es wirklich lächerlich seitens der Menschen war, rückblickend betrachtet“, erzählte Kilgharrah weiter und seine Miene und auch seine Stimme wurden düsterer. Hart schluckte Merlin. Wenn selbst Kilgharrah, ein Wesen der alten Religion, sagte, die Zauberer damals seien zu weit gegangen, dann muss es wirklich schrecklich gewesen sein. Umso größer war Merlins Unbehagen, herauszufinden, was genau passiert war. Doch es war für die Erfüllung seines Schicksals und für die Begreifung der Bedrohung unabdingbar, dass er erfuhr, was geschah. „Was ist passiert?“ „Manche Zauberer wollten ihre Position für immer innehalten und suchten einen Weg, um ihre Macht zu stärken. Sie wollten ihre Macht nicht verlieren, den Einfluss, welchen sie auf die Menschen ausüben konnten. Ebenso, wie viele der Zauberer nach etwas strebten, was kein Zauberer und keine Hexe je erreichen konnte.“ Verwirrt sah Merlin zu seinem Freund hinauf. „Und was wollten die Zauberer und Hexen damals?“ Kilgharrah sah in mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen an, den Merlin nicht deuten konnte. Irgendetwas an diesem Blick machte ihm Angst. Ein einziges Wort verließ die Kehle des großen Drachen. „Unsterblichkeit.“ Sofort verkrampften sich die Hände von Merlin, seine Fingerknöchel stachen weiß hervor. Seine Augen weiteten sich. `Unsterblichkeit´. Er wusste nicht warum, doch etwas löste dieses Wort in ihm aus. Seine Magie pulsierte leicht in ihm und ließ seinen gesamten Körper kribbeln. Es war seltsam. Natürlich blieb Kilgharrah diese Reaktion nicht verborgen. „Deine Magie reagiert auf dieses Wort,… denn du bist unsterblich“, sagte er schlicht, als würde es als Erklärung reichen. Verwirrt über diese Worte, welche überhaupt nicht zu den vorherigen Aussagen seines Freundes passten, sah Merlin den Drachen fragend an. Er schien nicht so recht zu begreifen. „Was?“ „Dein Name.“ Unergründlich sahen die Augen, welche bereits so viel auf dieser Welt gesehen hatten in die blauen Augen des jungen Mannes. „Der Name, welchen dir das Schicksal auferlegt hat und den jeder Zauberer und jede Hexe kennt. Emrys. In der Sprache der alten Religion bedeutet dieser Name `Unsterblich´. Und genau das bist du. Unsterblich.“ Merlins Kopf dröhnte, als er langsam verstand, was sein Freund ihm da sagen wollte. „Aber… wie…?“, stammelte Merlin, völlig überfordert mit diesem Wissen. Er sollte unsterblich sein? Wie war so etwas möglich? Tief holte der Drache Luft. „Ich glaube, es ist an der Zeit, dir noch ein Geheimnis deines Schicksals zu verraten, junger Zauberer.“ Nun äußerst gespannt, obwohl sich alles in seinem Kopf zu drehen schien, nickte Merlin nur. „Du besitzt eine Magie, welche stärker und größer ist als alles, was die Welt je gesehen hat. Die Magie ist ein Teil von dir und wird es auch immer sein. Nie zuvor wurde ein Zauberer mit solch einer starken Verbindung zu der Natur und der Magie geboren. Und solange sie in dir existiert, wirst auch du auf dieser Welt wandeln können, Merlin. Die Magie lässt dich leben. Auf ewig.“ Immer stärker dröhnte Merlins Kopf, sein Körper zitterte. Wenn er nicht bereits gesessen hätte, dann hätte er sich nun setzen müssen. Er glaubte nicht, dass seine Beine ihn noch lange getragen hätten. „Natürlich,“ fuhr Kilgharrah fort, „du wirst leben. Ob das Alter eine Macht über dich haben wird, ist ungewiss. Doch jede Verletzung, jede Wunde könnte deinen Tod bedeuten. Du magst resistenter und auch zäher als viele Zauberer sein, deine Wunden heilen schneller als bei gewöhnlichen Menschen, doch wenn du getötet wirst, dann kann selbst deine Unsterblichkeit nicht viel ausrichten.“ Hart schluckte Merlin. Es tat weh, da seine Kehle wie ausgetrocknet war. Immer öfter schluckte er, versuchte, seinen Hals zu befeuchten, um etwas sagen zu können. Doch was sollte er auf diese Offenbarung erwidern? Stille herrschte auf der Lichtung, als Kilgharrah Merlin beobachtete, während dieser versuchte zu verarbeiten, was er soeben erfahren hatte. Der große Drache schien zu spüren, dass Merlin nun mehr als durcheinander war. Verständlich. Immerhin hatte er ihm gerade erzählt, dass er unsterblich war. Das er ewig leben könnte. Wer wäre also nicht durcheinander? Natürlich, Kilgharrah wusste, dass es ebenso auch eine große Versuchung für Merlin darstellen könnte. Aber er vertraute dem Schwarzhaarigen. Er vertraute ihm wirklich. Kilgharrah stieß die eingeatmete Luft wieder aus. Die Nacht ging zu Ende und es gab noch einiges, was er Merlin erzählen musste. „Seit Jahrhunderten suchten viele der Zauberer die Unsterblichkeit, welche du dein Eigen nennst. Manch andere hingegen wollten die Menschen unter sich sehen, da sie sich für wertvoller als sie hielten. Da taten sich eine Handvoll Zauberer und Hexen zusammen. Sie versuchten, ihr Ziel gemeinsam zu erreichen. Die Zauberer wollten ihre Macht zusammen einsetzen, um die Grenze des Todes zu verwischen und damit gleichzeitig sicherstellen, dass ihre Macht auf ewig währen würde. Sie bereiteten ein Ritual vor, mit dem sie alles erreichen wollten, was sie sich wünschten.“ Ein Schauer durchlief den massigen Körper des Drachen. „Sie überschätzten ihre Künste und unterschätzen jenes, was sie versuchten, zu erreichen. Sie bündelten ihre Macht und setzten dunkle Mächte frei.“ Wieder lief ein Schauer durch Kilgharrah und Merlin erging es nicht besser. „Die dunkle Macht war groß und entsprang den Seelen derer, die tot waren, die getötet wurden und auf Rache aus waren. Der Gram der verstorbenen Seelen war groß und sie hätten alles getan, um Rache nehmen zu können. Es war das erste Mal, dass der Schleier zu der Totenwelt geöffnet wurde.“ Merlin erinnerte sich. Damals, als die Dorocha in diese Welt einfielen, als Morgana den Schleier zerrissen hatte und die Seelen der Toten freiließ. Viel Menschen sind damals gestorben. Kaltes Grauen packte den Schwarzhaarigen, als er an die nebelhaften Fratzen dachte, welche Camelot bedrohten. Um die Pforte wieder zu schließen brauchte es ein Opfer. Arthur war damals fest entschlossen, dieses Opfer zu bringen, ebenso wie Merlin selbst. Er hätte alles getan, um seinen Herrn und Freund zu beschützen. Doch nicht er sollte das Tor verschließen. Nein, Lancelot, Sir Lancelot, der Tapferste und Edelste von allen opferte sich und betrat bereitwillig das Reich der Toten, um Arthur, Merlin und ganz Camelot zu schützen. Merlin seufzte. Wie sehr er seinen alten Freund doch vermisste. „Die Zauberer konnten die Seelen nicht bändigen, welche sie entfesselt hatten und diese waren alleine nicht stark genug, um lange in der Welt der Sterblichen zu verweilen“, erzählte Kilgharrah weiter. „So verbanden sich die vor Hass und Rachegelüsten zerfressenen Seelen der Toten und bildeten eine Kreatur, welche an Niedertracht und Macht kaum zu überbieten war. Der Roch. Des Nebels und des Himmels mächtig war es eine Kreatur, welche gefürchteter war als jede andere. Mit einem eigenen Willen, intelligent und von den Rachegelüsten getrieben, welche die unzähligen Seelen, aus denen er entstand, plagten, hatte er nur ein Ziel. Jeden, der sich ihm in den Weg stellte, musste getötet werden. Egal, ob Mensch, Zauberer oder magisches Wesen. Niemand sollte sich ihm in den Weg stellen können. Wenn man es genauer betrachtet… dann scheinen auch die Abneigungen der Zauberer, welche ihn erschufen, gegen die Menschen, zu seinem Wesen zu gehören.“ Über die Entwicklung der damaligen Ereignisse konnte der alte Drache nur seinen Kopf schütteln. Wie einfältig die Zauberer damals waren, ist ihm noch immer unbegreiflich. „Der Roch tötete jeden Zauberer, welcher damals bei seiner Erschaffung dabei war. Sie alle. Denn nur die, welche ihn heraufbeschworen hatten, konnten ihn auch wieder vernichten. So dachte er jedenfalls.“ Wieder seufzte Kilgharrah. Ihn schien dieser Abend ebenso aufgewühlt und erschöpft zu haben, wie Merlin sich fühlte. „Du siehst also, junger Zauberer, beide Seiten haben Fehler begangen. Die Menschen hätten die Zauberer nicht wie Aussätzige behandeln dürfen und die Zauberer hätten niemals solch eine Kreatur wie den Roch erschaffen dürfen. Selbst, wenn ihr eigentliches Ziel ein vollkommen anderes war, ändert das nichts an der Tatsache, dass es den Roch gab und er nun wieder auf die Welt zurückgekehrt ist.“ Nachdem Kilgharrah geendet hatte, holte er erst einmal tief Luft. Es erfüllte ihn mit Trauer, dass Anhänger der alten Religion damals in ihrer Glanzzeit so weit gegangen waren und Chaos brachten. „Die Erinnerung an den Roch verblasste langsam in den Köpfen der Menschen, welche diesen Schrecken verdrängen wollten, und der Zauberer, welche die Tatsache aus der Geschichte tilgen wollten, was für einen schrecklichen Fehler sie einst begannen.“ Kilgharrah schloss seine Augen. Es schien selbst den großen Drachen sehr anzustrengen, über diese Ereignisse zu berichten. „Doch die Verachtung mancher Menschen gegen die Zauberei blieb bestehen, über diese Zeit hinweg. Die Zauberer hingegen verurteilten keine Menschen mehr, schämten sie sich zu sehr für diese damalige Katastrophe.“ Leicht schnaubte der Drache, was Merlin eine Augenbraue hochziehen ließ. „Diese Neutralität der Zauberer hielt allerdings nicht ewig. Es gab Menschen, welche die Zauberer hassten, für das, was sie waren. Diese geringe Anzahl hatte glücklicherweise keine Wirkung gegenüber ganzen Königreichen.“ Der Blick Kilgharrahs verdüsterte sich, was dem jungen Zauberer einen kalten Schauer über den Rücken jagte. „Es gab Menschen, welche falsch urteilten und sich den Zorn der Zauberei zuzogen. Und selbst nach ihrem Tod verfolgt uns ihr Schatten. Es mögen friedliche Zeiten gewesen sein, doch nur ein Ereignis kann ausreichen, um den Hass erneut aufleben zu lassen, welcher sich einst gelegt hatte.“ „Du meinst die große Säuberung, die Jagd und die Kämpfe, welche Uther gegen die Magie anführte?“, hackte Merlin nach. Schließlich wusste jeder, dass der König die Zauberei hasste und jeden Zauberer und jede Hexe, selbst jene, welche gar keine waren, hinrichten ließ. Und wenn auch nur auf den bloßen Verdacht hin. Es überraschte Merlin nicht, dass die Anhänger der alten Religion ebenso einen Hass auf Uther entwickelt hatten, wie er sie hasste. Rau und kehlig lachte der Drache auf. Es war jedoch ein freudloses Lachen. Merlin schluckte hart. „Der Roch existierte bereits lange vor der Herrschaft von Uthers Vater und dessen Vater. Er selbst wurde vergessen, doch die Taten der Menschen, darunter auch Uther, ließen den Hass der Menschen und Zauberer aufeinander erneut gedeihen und weiterleben.“ Wieder lachte Kilgharrah auf, doch dieses mal hörte es sich anders an. Es klang erfreut und auch irgendwie… schadenfroh? „Ich bin mir nicht sicher, ob selbst Gaius etwas über diese Kreatur wissen würde.“ Merlin schluckte leicht. Gaius war der weiseste Mann, den er je getroffen hatte. Wenn er darüber vielleicht nichts wusste, wer sollte außer Kilgharrah sonst noch von dem Roch wissen? Aber schnell bildete sich ein Lächeln auf seinen Lippen, als er den Zusammenhang zwischen den Worten seines Bruders und dessen Lachen erkannte. Kilgharrah hatte keine hohe Meinung von Gaius. Merlin verstand nicht genau, wieso. Vielleicht, weil Gaius damals dabei war, als Uther Kilgharrah gefangen genommen hatte. Er wusste es nicht. Doch was Merlin wusste war, dass es seinen Freund amüsierte, wenn er das Wissen von Gaius in Frage stellen und beweisen konnte, dass er mehr wusste als der Hofarzt. Doch so schnell die kurzzeitige Freude bei den beiden Brüdern aufgetaucht war, so schnell verschwand sie wieder und machte der Ernsthaftigkeit der schwierigen Situation, in der sie steckten, Platz. „Schon damals verbreitete der Roch Angst und Schrecken. Keiner war ihm gewachsen. Und er hatte die Macht, sich in die Gedanken derer, welche sich auf ihn einließen, einzuschleichen, Hass und Misstrauen in den Herzen der Menschen zu säen. Er nähert sich von den Zweifel der Menschen, der Missgunst und des Grams. Seine Macht nimmt kein Ende, solange es die Seelen der Toten und ihre Rachegelüste gibt. Ihn zu vernichten, bevor er seine volle Macht wiedererlangt, ist der einzige Weg, um die Welt vor dieser Dunkelheit zu schützen.“ Es herrschte eine Weile Stille, in der Merlin alles, was er soeben erfahren hatte, verarbeiten konnte. Kilgharrah beobachtete ihn. Und der Zauberer musste eine Menge verarbeiten. Er wurde mitten in der Nacht von einem Gefühl in sich geweckt, welches Unheil ankündigte. Unheil in Form eines Jahrhunderte alten Wesens, welches bereits die Welt in Angst und Schrecken versetzte. Ein Wesen, stärker und ebenso gefährlich wie die Dorocha, welche ihn bereits beinahe das Leben gekostet hätten. Und es war seine Aufgabe, diese Bestie zu vernichten, dass war ihm klar. Zudem erfuhr er, dass seine Magie noch eine weitere Überraschung für ihn bereithielt. Unsterblichkeit. Unwillkürlich durchzog ein Schauer den jungen Mann, als er an diese Eigenschaft dachte. Unsterblich… einerseits wollte sich Merlin dieses Wort auf der Zunge zergehen lassen, doch andererseits… er wusste nicht, was er davon halten sollte. Also verdrängte er diesen Gedanken erst einmal. Es war schließlich Merlin, der die Stille brach. „Ich fühle mich seltsam“, gestand er plötzlich langsam. Er wusste nicht, was er zu den vorherigen Dingen sagen sollte, also entschied er sich für etwas, was ihn bereits den ganzen Abend beschäftigte. Kilgharrah horchte auf. „Inwiefern?“ „Es ist… meine Magie“, versuchte Merlin zu erklären. „Ich spüre sie deutlicher in mir als zuvor. Sie brodelt und es scheint mir, als wäre sie bereit. Bereit zu kämpfen. So habe ich mich noch nie gefühlt. Nicht, dass es unangenehm oder so wäre, Nein!“ Schnell schüttelte Merlin den Kopf, um seinen Freund von seinen Worten zu überzeugen. „Es ist nur irgendwie… seltsam. Und anders. Doch ich habe auch das Gefühl… als müsste es so sein.“ Verstehend nickte Kilgharrah. „Es liegt an dem Roch. Er ist eine uralte Bedrohung. Nur die Drachen und deren Meister konnten etwas gegen dieses Ungetüm ausrichten. Nur sie konnten die Bedrohung, welche der Roch darstellte, mindern. In dir fließt das Blut und die Macht der Drachenmeister. Und diese erkennen ihren uralten Feind. Der Roch war damals der Einzige, welcher für uns Drachen eine wirklich natürliche Bedrohung war.“ Der Blick des großen Drachen verfinsterte sich leicht, was Merlin durchaus verstand. Uther Pendragon hatte viele Drachen unter seinem grausamen Vormarsch gegen die Magie töten lassen. Und nicht nur das, er hatte auch Balinor, Merlins Vater, dazu gebracht, Kilgharrah nach Camelot zu bringen. Und dort verriet Uther Balinor, worauf dieser fliehen musste und Kilgharrah wurde für viele Jahre unter dem Schloss gefangen genommen. Merlin war darüber nicht wirklich erfreut gewesen, auch wenn er sich nicht dazu durchringen konnte, den Drachen zu befreien. Seit er jedoch die Macht des Drachenmeisters von seinem Vater auf ihn übergegangen war, verspürte Merlin noch mehr Verachtung für den toten König und mehr Mitleid für seinen Bruder. Und vor allem für seinen Vater, mit dem er nur einen einzigen Tag verbringen konnte. Welcher vor den Männern fliehen musste und sich in einer Höhle verstecken musste. All die Jahre und er wurde ein verbitterter Mann… Doch was geschehen ist, ist geschehen und der Schwarzhaarige hatte nicht die Macht, die Vergangenheit zu ändern. Dafür lag es an ihm, die Zukunft zu bestimmen und dafür zu sorgen, dass Arthur der König wurde, welcher in den Prophezeiungen so hoch gepriesen wurde und ganz Albion den Frieden brachte und die Magie in das Königreich zurückholte. „Nun ist der Roch allerdings nur ein Gebilde aus Dunkelheit, Nebel und Erinnerungen. Ohne einen eigenen, festen Körper ist er an die Macht der Person gebunden, welche ihn heraufbeschworen hat.“ Grimmig knirschte Merlin mit den Zähnen. „Morgana.“ Kilgharrah nickte. „Ich schätze, nur die Hexe wäre außer dir in der Lage, den Roch zu erwecken. Er bezieht seine Macht noch aus ihrer Magie. Je mehr Macht er jedoch erhält und je mehr Zeit vergeht, desto stärker wird der Roch. Es ist sogar möglich, dass er so stark wird, dass er wieder einen Körper erlangen kann.“ Kilgharrah schüttelte den Kopf. Eine Vorstellung, die niemals Wirklichkeit werden durfte. „Damals mussten mehrere Drachen und Drachenmeister gemeinsam gegen diese Bestie vorgehen. Zwar konnte nur ein Drache den entscheidenden Angriff gegen den Roch führen, welcher diesem seinen Körper nahm, doch um ihn zu schwächen, bedarf es viel Macht.“ Die Art, wie sein Freund von diesen Ereignissen sprach, ließ in Merlin eine Vermutung aufkommen, welcher Drache damals den entscheidenden Angriff durchgeführt hatte. „Er muss vernichtet werden, solange er schwach ist.“ Entschlossen nickte Merlin. „Ich weiß. Und ich glaube, diese Aufgabe werden wir beide übernehmen müssen.“ Kilgharrah nickte ebenso entschlossen wie sein Meister. „Es obliegt uns, die Welt von dem Roch zu befreien.“ Kurz sahen sich die Beiden einfach nur an. Die blauen Augen Merlins bohrten sich in die bernsteinfarbenen Kilgharrahs. Sie verstanden sich. Auch ohne Worte. Plötzlich lächelte Merlin. „Auch wenn es nicht gut ist, dass diese Kreatur nun Arthur und Camelot bedroht. Eines muss ich zugeben.“ Kurz lachte Merlin auf. „Es ist… auf eine Art… ein schönes Gefühl… die Magie in mir so deutlich zu spüren. Immerhin ist sie ein Teil von mir, wie du zuvor schon sagtest. Und es kommt mir so vor… als wenn ich nun mächtiger bin als zuvor. Dass ich Arthur nun besser beschützen könnte.“ Auch Kilgharrah musste nun lächeln. „Deine Macht ist unvergleichlich, Merlin. Wenn deine Magie sich vollkommen entfaltet, dann bist du in der Lage, Dinge zu vollbringen, welche über jedes Vorstellungsvermögen hinaus gehen.“ Leicht senkte der Kilgharrah seinen Kopf. Sein warmer Atem strich über Merlins Gesicht. „Deine Aufgabe ist es allen den Weg zu weisen, den wir gehen müssen. Denn du siehst am besten von uns allen, was noch vor uns liegt." Empört verzog Merlin den Mund und zog seine Augenbrauen zusammen. „Hey! Ich bin nicht derjenige von uns, der in die Zukunft sehen kann.“ Nachsichtig lächelte der Drache. „Es bedarf mehr als hellseherische Fähigkeiten und ein breites Feld an Erinnerungen, um das sehen zu können, wohin der Weg einen führt und wohin er führen sollte. Es ist deine Bestimmung, Arthur ins Licht zu führen. In eine goldene Zeit.“ „Es ist mein Schicksal“, stimmte Merlin zu und die beiden verfielen abermals in Schweigen. Kilgharrah richtete sich langsam auf und seine Augen ruhten auf denen von Merlin. Eine seiner Klauen kam näher zu dem jungen Zauberer. Entschlossenheit und Ernsthaftigkeit lagen in seinem Blick, als er zu sprechen begann. „Und es ist unser Schicksal, Albion zu retten. Und ich schwöre dir, dass ich bis zu meinem letzten Atemzug kämpfen werde, um die Zukunft von Albion zu gewährleisten. Mein Leben würde ich dafür geben, dass Camelot in eine strahlende Zukunft schreiten wird. Was auch immer passiert, du kannst mich jederzeit rufen und auf meine Hilfe zählen.“ Solche Worte hätte Merlin nicht von seinem alten Freund erwarten und war daher erstaunt. Wie sehr hatte sich Kilgharrah doch verändert. Als er noch gefangen war, herrschte Bitterkeit in seinem Herzen und der Gedanke an Rache erfüllte ihn. Nun war er jedoch dazu bereit alles zu geben, um Merlin zu unterstützen. Schon griff die Entschlossenheit auch nach ihm, Merlin nickte bekräftigend und trat einige Schritte näher. „Ebenso, wie ich es tun werde.“ Als wenn es ihren Schwur besiegeln würde legte er seine Hand auf die Klaue von Kilgharrah. Noch nie war er dem Drachen so nahe gewesen, außer, als dieser ihn rettete oder Merlin auf seinem Rücken durch den Nachthimmel flog. Es war ein seltsames Gefühl und doch… richtig. Ein Gefühl der Verbundenheit durchströmte den jungen Zauberern. In den weisen Augen des Drachen konnte Merlin sehen, dass es diesem ebenso ging. Der warme Atem des magischen Geschöpfs umwehte Merlin und dieser schloss die Augen. Er fühlte sich Kilgharrah nun noch näher als jemals zuvor. Nicht nur durch das Band, welches ihn als Drachen an den Drachenmeister band. Nicht durch diese erste bewusste Berührung der beiden. Nein, an diesem Abend hat sich Kilgharrah Merlin erstmals wirklich anvertraut. Zum ersten Mal haben die Beiden über die Vergangenheit und die mögliche Zukunft von Albion geredet. Und zum ersten Mal hatte der Drache ihm versichert, dass er ihm helfen würde. Er wäre an seiner Seite, wenn er ihn brauchte und sie würden gemeinsam kämpfen. Nein, sie waren weder Drache und Meister, nicht unfreiwillig aneinander gebunden. Sie waren Freunde. Sie waren Brüder. Kilgharrah richtete seinen Blick in die Ferne in Richtung Horizont. „Die Nacht währt nicht mehr lange, junger Zauberer“, sagte er. Er richtete sich auf und schlug leicht mit den Flügeln. Noch nie hatte er so lange mit Merlin dagesessen und sich unterhalten. Und trotzdem war es ihm ein willkommenes Gefühl, auch wenn das Thema, über welches sie sprachen, nicht das allerschönste war. „Ruh dich noch aus, bevor ein neuer Tag beginnt. Und denke in Ruhe über das nach, was du in dieser Nacht erfahren hast.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich der große Drache. Er erhob sich mit kräftigen Flügelschlägen in die Lüfte und ließ einen mehr als grübelnden und auch verwirrten Merlin zurück. Dieser sah dem großen Schatten nach, welcher sich immer weiter von der Lichtung entfernte, bis er nicht mehr zu sehen war. Zurück blieb Merlin, welcher die Hand ballte, mit der er eben noch den großen Drachen berührt hatte. Wärme durchflutete ihn. Und obwohl die Zukunft im Moment alles andere als rosig aussah, konnte Merlin nicht anders. Er lächelte. Kapitel 4: Eine freundliche Geste --------------------------------- Kapitel 4 : Eine freundliche Geste     Am nächsten Morgen saß Gaius wieder in seinem Stuhl uns las ein Buch, bis es Zeit wurde, um Merlin zu wecken. Er wünschte sich manchmal wirklich, dass der Junge von selber aufstehen könnte… Gemächlich, wie er es nur auf seine alten Tage hin vermochte, ging der Hofarzt zu der Kammer seines Schützlings und öffnete leise die Tür. Merlin lag beinahe friedlich in seinem Bett, eingewickelt in seine Decke und tief schlafend. So sehr, wie er gestern von solch einem seltsamen Gefühl geplagt wurde, umso mehr tat es Gaius Leid, dass er ihn nun wecken musste. Doch der Junge hatte seine Pflichten zu erfüllen, da half ihm nichts. „Merlin?“, startete Gaius den ersten Versuch. „Du musst aufstehen.“ Keine Reaktion. „Merlin. Aufstehen.“ Wieder rührte sich bei Merlin nichts außer seinem ruhigen Atmen. Seufzend wollte Gaius in die Kammer eintreten, als sich plötzlich die Tür zu seinem eigenen Gemach öffnete. „Gaius?“, fragte eine Wache. Der alte Hofarzt wandte sich ihm zu. „Eine der Wachen fühlt sich nicht gut. Könntet Ihr bitte mit mir kommen und ihn Euch ansehen?“ Gaius war gewillt, dem Mann zu helfen, doch zuerst müsste sich der alte Hofarzt um seinen Schützling kümmern. „Merlin“, versuchte es der alte Mann erneut. „Du musst aufstehen. Arthur wird sonst wütend.“ Dieses Mal zeigte der junge Zauberer sogar eine Reaktion. Leicht murrend drehte Merlin leicht seinen Kopf und murmelte vor sich hin. Da Merlin nun wach zu sein schien, sagte Gaius noch „Dein Frühstück steht bereits auf dem Tisch“, bevor er auf dem Absatz kehrt machte und der Wache folgte. Merlin hingegen mummelte sich noch mehr in seine Decke und driftete bereits wieder in seine Traumwelt ab.   Als Gaius nach kurzer Zeit zurückkehrte stand das Frühstück noch immer unberührt auf dem Tisch. Sein Patient hatte sich wohl nur eine leichte Erkältung eingefangen, also würde er ihm später nur einen Trank vorbei bringen müssen und musste nun nicht so viel Zeit bei ihm verbringen. Stirnrunzelnd sah sich Gaius die Schale mit dem Haferbrei an. War Merlin an die Arbeit gegangen, ohne zu frühstücken? Gestern hatte er am Morgen zwar ebenfalls nichts gegessen, doch auch heute? Er müsste dringend mit dem Jungen reden. Ein leises Geräusch aus der Kammer seinen Schützlings machte den Hofarzt allerdings stutzig. Es hörte sich an wie eine Art… Schnarchen? Mit einer gewissen Vorahnung ging Gaius zu der Tür, welche er zuvor geschlossen hatte und öffnete sie erneut. Und wie er es sich gedacht hatte, Merlin lag noch immer in seinem Bett, schlafend und in seine Decke eingerollt. Der einzige Unterschied zu zuvor war, dass Merlin sich auf die andere Seite gedreht hatte. Um zu verhindern, dass der König wahrhaftig wütend auf Merlin wurde, seufzte Gaius einmal und trat in die Kammer ein, um den jungen Mann endgültig zu wecken. „Merlin“, sagte Gaius nun eindringlicher und trat an das Bett des jungen Mannes heran. Er zog leicht die Decke zurück, was ihm ein Murren von Merlin einbrachte. Leicht tastete Merlin noch nach der Decke, welche Gaius nun vollständig wegzog. Es war sonst nicht Gaius Art, so vorzugehen, doch alles andere würde Merlin nur noch mehr Ärger bereiten, wenn er noch später kam, als er es bereits tat. Träge blinzelte der junge Zauberer und öffnete verschlafen die Augen. Nur verschwommen nahm er seinen Gegenüber wahr. Noch mehr blinzeln verbesserte seine Sicht glücklicherweise. „Gaius?“, fragte Merlin noch völlig verschlafen. Ein lautes Gähnen folgte seinen Worten. Seufzend sah der Gemeinte auf seinen jungen Schüler hinab. „Es ist früh am Morgen, Merlin,“ sagte der alte Mann. „Aber du müsstest trotzdem längst bei Arthur sein.“ Noch immer blinzelte Merlin verschlafen und gähnte nochmals laut. Er drehte sich um, sah zu Gaius, so gut er es in seinem verschlafenem Zustand schaffte. „Arthur…“ murmelte der Zauberer noch leise, schloss die Augen und gähnte abermals laut. „Arthur… zu spät…“ murmelte er vor sich hin - bis er seine Augen mit einem Mal aufriss und sofort senkrecht im Bett saß. „Arthur!“, rief er laut und schlug seine Decke zurück. Wie von der Tarantel gestochen sprang Merlin aus seinem Bett und begann in Windeseile, sich anzuziehen. „Warum habt Ihr mich nicht früher geweckt?“ Gaius zog nur die Augenbrauen hoch. Er verkniff sich seine Worte, schließlich hatte er schon öfter eine Diskussion mit Merlin über das Wecken am Morgen angefangen. Der Junge war manchmal aber auch stur. Da Merlin nun wirklich wach war, konnte es sich Gaius erlauben, in seine Kammer zurückzugehen und sich um seine Medizin zu kümmern, welche er an dem Tag anbrauen wollte. „Ich hatte Recht, Gaius“, sagte Merlin plötzlich, als er aus seiner Kammer herauskam. Er war fertig angezogen und wickelte sich beim Gehen noch sein Halstuch um. Der junge Mann stürzte zu dem Tisch und begann hintereinander schnell Löffel für Löffel von Haferbrei hinunterzuschlingen. Gaius sah ihn nur verwirrt an. Leichte Missbilligung war in seinen Zügen zu erkennen, für die Art und Weise, wie schnell Merlin seine Nahrung zu sich nahm. Und er sah auch nicht gerade gut aus. Dunkle Ringe waren unter seinen Augen zu sehen, er war ziemlich blass im Gesicht, zudem wirkte er ziemlich angespannt. Man sah Merlin an, dass er ziemlich übermüdet war. Was konnte er nur die ganze Nacht getrieben haben? „Was meinst du damit, Merlin?“, verlangte der Hofarzt zu wissen. „Etwas wird geschehen. Ich weiß es einfach. Etwas ist bereits passiert. Und es betrifft uns alle. Camelot ist in Gefahr.“ Der junge Mann könnte seinem Ziehvater zwar noch mehr erzählen, doch dafür hatte er einfach nicht die Zeit. Wenn er noch länger herumtrödeln würde, dann würde Arthur ihn höchstwahrscheinlich wieder in die Gesellschaft des Prangers geben. So beschloss Merlin, Gaius später alles zu erzählen. „Wenn ich heute Abend zurück bin, dann werde ich Euch alles erzählen. Doch nun muss ich los.“ Schon verließ Merlin die Kammer und machte sich schnellen Schrittes auf den Weg zu seinem Herrn.   Als er endlich die Gemächer erreichte, hörte Merlin von innen bereits die ersten Flüche und Gepolter. Arthurs Versuche, ohne ihn zurechtzukommen, glichen meistens einer ziemlichen Katastrophe. Hart schluckte der junge Zauberer, als er die Stimme seines wütenden Herrn hörte. Oh ja, Arthur war bereits wach. Und wie es sich anhörte hatte er auch hervorragende Laune… Vorsichtig trat Merlin an die Tür heran und klopfte verhalten. Es war wirklich ungewohnt, wie er selbst feststellte. Scheinbar war der König in der Erwartung, dass jemand anderes an seiner Tür stand, denn seine Stimme klang sehr beherrscht, als er „Herein!“ rief. Langsam und bedacht öffnete Merlin die Tür und trat in die Gemächer des Königspaares ein. Sie beide, Arthur und Gwen, waren bereits aufgestanden. Sein Blick wanderte zu dem großen Fenster, vor welchen sein König stand, einen Stapel Pergamente in den Händen und ihn verwirrt ansehend. Er war bereits angekleidet, er trug ein weites weißes Leinenhemd und eine braune Stoffhose. Seine Haare allerdings sahen noch recht verwuschelt aus. Offenbar war Arthur genauso irritiert über das Anklopfen seines Dieners, wie Merlin selbst. Aber seine Verwirrung schlug schnell in Wut um. „Es ist ja wirklich wunderbar, dass du es nach so vielen Jahren endlich einmal geschafft hast anzuklopfen, Merlin, doch das ändert nichts daran, dass es schon viel zu spät ist. Kannst du Guinevere und mich denn nicht einen Tag rechtzeitig wecken?“, meckerte er mies gelaunt. Natürlich waren die Worte des Königs übertrieben, dass wussten sie beide. Merlin hatte sie beide nur noch sehr selten zu spät geweckt. In dieser Tätigkeit hatte er sich wirklich extrem verbessert. „Merlin?“, erklang auch bereits die Stimme der Königin und Gwen trat aus einem kleinen Nebenzimmer. Wie immer sah sie sehr schön aus. Heute hatte sie das rote Kleid an, welches ihr am Besten gefiel. Ihre Haare waren bereits ordentlich frisiert. Auch ihr Blick zeugte von Verblüffung, als er sie ansah. „Hast du gerade angeklopft?“ Sie klang in einer gewissen Weise ungläubig. Diese Tatsache ließ den Schwarzhaarige leicht schmunzeln. Sofort verging es ihm jedoch, als sein Herr hinter ihm aufknurrte. „Hörst du mir überhaupt zu, Merlin?“ Schnell wischte Merlin das Grinsen von seinem Gesicht und drehte sich zu seinem Herrn um. „Natürlich, Sire“, sagte der Schwarzhaarige und nickte ihm zu. „Es tut mir wirklich Leid, dass ich heute so spät gekommen bin. Ich konnte in der Nacht nicht gut schlafen und das hat sich wohl auf mein Aufwachen heute Morgen ausgewirkt.“ Skeptisch hob Arthur eine Augenbraue. Nicht verwunderlich. Schließlich verschlief Merlin öfter einmal und dann tischte er dem König immer irgendwelche Ausreden auf. Meistens natürlich, dass er schlecht schlafen konnte. Meistens war der Grund dafür allerdings auch, dass der junge Mann jemanden treffen musste, um Arthurs Leben oder ganz Camelot zu schützen oder er wirklich in Schwierigkeiten steckte. Davon konnte Arthur allerdings nichts wissen, ja noch nicht einmal ahnen. Und vorerst, so fand Merlin, war das auch ganz gut so… Nun allerdings sah man dem jungen Zauberer jedoch an, dass er wirklich müde war. Und das schien auch Arthur milde zu stimmen, denn er besah sich seinen Diener kurz, bevor er seufzte und sagte „Hol uns erst einmal unser Frühstück, Merlin, dann sehen wir weiter.“ Merlin verneigte sich leicht, erwiderte „Natürlich“ und machte sich schnellstens auf den Weg. Schließlich schien die Wut von seinem Herrn verflogen zu sein und diese wollte er ganz bestimmt nicht noch einmal anfachen. Hatte er schließlich schon genug Bekanntschaft mit dem Pranger machen dürfen…   „Was ist nur mit ihm los?“ Gwen machte sich große Sorgen um ihren besten Freund. Sie hatte bei dem kurzen Blick, welchen sie auf ihn erhaschen konnte, erkennen können, dass es ihm zur Zeit wirklich nicht gut ging. Er schien nicht nur müde zu sein. Nein, irgendwie hatte die Königin das Gefühl, dass Merlin besorgt war. Noch besorgter als gestern schon. Und er wirkte angespannt. Als ob er etwas erwarten würde. Eine Bedrohung. Einen Angriff. Irgendetwas. Auch Arthur ist der Zustand seines Dieners nicht verborgen geblieben. Einerseits störte es ihn natürlich, dass sein Diener in seinem Verhalten anscheinend wieder rückfällig wurde, doch am größten war die Sorge um seinen Freund. Wie könnte er es nur schaffen, dass dieser sich nicht so viele Gedanken machte, da diese ihm scheinbar schon den Schlaf raubte? Wie konnte er ihm zeigen, dass er sich nicht solche Sorgen zu machen brauchte? Plötzlich hatte Arthur eine Idee. Breit fing er an zu grinsen, worauf ihn Guinevere verwirrt ansah. Doch zum Nachfragen blieb keine Zeit, denn schon wurde die Tür wieder geöffnet - und zwar so, wie es sich für Merlin gehörte… nämlich ohne anzuklopfen. Darüber waren Arthur und Gwen schon erleichtert. Alles andere wäre einfach nicht… Merlin. Dieser trat gerade ein und balancierte das Tablett mit dem Frühstück für das Königspaar auf den Armen. Beinahe keuchend stellte er es auf den Tisch ab, nachdem er ein paar Pergamente an die Seite gerollt hatte. „Bitte sehr“, sagte Merlin und wischte sich kurz über die Stirn. Er wollte sich bereits um das Gemach kümmern und aufräumen, als er die Stimme seines Herrn vernahm. „Merlin?“ Der Angesprochene drehte sich zu seinem Herrn um. „Ja, Arthur?“ „Pack Proviant ein. Gib den Rittern Bescheid und sattel die Pferde. Wir machen einen kleinen Ausritt.“ Merlin schien verwirrt. „Einen Ausritt?“, hakte er nach. Arthur verdrehte leicht genervt die Augen. „Ja Merlin, wir machen einen Ausritt. Du weißt schon, da setzen wir uns auf die Pferde, reiten in den Wald und - “ „Schon gut, schon gut, ich bin ja schon weg!“ Merlin seufzte. Anstatt sich einen eher ruhigen Tag im Schloss zu machen, wie er es sich erhofft hatte, musste er nun also mit seinem Herrn, Gwen und den Rittern auf einen Ausritt in den Wald. Und höchstwahrscheinlich wurde es auch noch ein Jagdausflug. Schließlich kannte er seinen Herrn. Einen kleinen Stich versetzte ihm die nahende Bedrohung, welche sich über Camelot legte, doch wie Kilgharrah bereits sagte, der Roch brauchte Zeit, bis er sich völlig in dieser Welt bewegen konnte und seine ursprüngliche Stärke wiedererlangt hatte. Und auch wenn sie zusammen arbeiten wollte, nur ein Zauberer, so mächtig er auch sein mochte, und ein Drache hatten keine großen Chancen gegen eine Hohepriesterin und eine ganze Armee. Dazu kamen noch Aithusa und der Roch… Nein, im Moment konnten sie nicht viel tun, außer ein besonders wachsames Auge auf den König zu haben. Das hieß auch, ihn überall hin zu begleiten, wo auch immer er hin wollte. Wieder seufzte Merlin. Wie sehr er so etwas doch liebte… „Sofort, Sire.“ Schon drehte sich Merlin in Richtung Tür und machte sich auf den Weg, um alles zu organisieren, was der König ihm aufgetragen hatte.   Sobald Merlin schon wieder verschwunden war, drehte sich Guinevere um, zog eine Augenbraue hoch und sah ihren Mann viel sagend an. „Du glaubst wirklich, dass du Merlin mit einem Ausritt eine Freude machen kannst? Einem Jagdausflug, wie ich dich kenn. Ausgerechnet Merlin?“ Natürlich wusste Arthur, worauf seine Frau da anspielte. Merlin verabscheute das Jagen, es war schon beinahe gegen seine Natur, ein unschuldiges Tier zu jagen und zu töten. Es behagte ihm nicht und manchmal hatte Arthur durchaus den Verdacht, dass Merlin sich im Wald immer absichtlich so tollpatschig gab, nur damit Arthur keines erlegen konnte. Wenn er sich seinen Diener allerdings hier im Schloss genauer ansah… Nein, das Jagen bereitete Merlin keine Freude. Die Natur hingegen liebte er. Der König wusste nicht wieso, aber es faszinierte ihn manchmal, wie sehr Merlin es genoss, sich im Wald aufzuhalten. Wenn sie für einen Moment stehen blieben, dann schloss Merlin die Augen und blendete sie alle aus. Es schien so, als wenn er dem Rauschen des Windes zuhören würde, den Geräuschen der Natur. Er atmete tief durch, genoss den Geruch des Waldes. Er schien seine Umgebung dann auch mit ganz anderen Augen zu sehen. Er betrachtete Stellen, Bäume und anderes viel länger, als er oder die Ritter. Als würde er Dinge sehen, die ihnen verborgen blieben. Es war wirklich verblüffend. Arthur nannte Merlin immer ein Mädchen, wenn er sich von der Natur so einhüllen ließ, aber in Wirklichkeit bewunderte er es. Er wusste nicht, was Merlin sah, dass es sich lohnen würde, all seine Sinne darauf zu verschwenden, doch es verblüffte Arthur. Und er wünschte sich, dass er es irgendwann einmal verstehen könnte. Das es ihn genauso faszinieren würde wie Merlin.   „Nein, Jagen ist wirklich nicht seins“, gab Arthur zu und kurz schien er wirklich zu grübeln, was seine Königin verunsicherte. Doch schnell begann er wieder zu grinsen und ging auf sie zu. Die Briefe in seiner Hand legte er auf den Tisch. Arthur legte seine Hände auf ihre Hüfte und zog sie an sich. Gwen legte ihrerseits ihre Hände um seinen Nacken und sah ihren Mann erwartungsvoll an. „Glaubst du ernsthaft, diese Tatsache hätte ich vergessen?“ Er hauchte die Worte nur. Sein Gesicht war nur Zentimeter von ihrem entfernt. Seine belustigter Blick bohrte sich in ihren Verstehenden. „Wer weiß, an was du so manches denkst und an was nicht?“, wollte sie wissen und ein lieblicher Ton schwang in ihrer Stimme mit, der Arthur einen wohligen Schauer über den Rücken jagte. „Wer weiß?“ „Nur ein Ausflug?“, riet sie daraufhin. Arthur nickte. „Nur ein Ausflug. Schließlich habe ich nie etwas von einem Jagdausflug gesagt.“ Kurz zuckte Arthur mit den Schultern. „Die Zeiten sind im Moment ruhig. Natürlich besteht durch Morgana immer eine Bedrohung, doch der Waffenstillstand mit Odin ist ein großer Fortschritt. Wir sollten die Zeit genießen, solange es so friedlich ist.“ Gwen nickte und stimmte ihm zu. Sie beugte sich vor und küsste ihren Gatten. Als er sich breit grinsend von ihr löste, sagte er noch  „Und Merlin soll sehen, dass ich es als König schaffe, dass mein Königreich sicher und friedlich ist. Er soll sich nicht über so viele Dinge den Kopf zerbrechen, denn dadurch ist er in seinen bereits mehr als bescheidenen Fähigkeiten als Diener noch mehr eingeschränkt.“ Gwen lächelte. „Dir liegt sein Wohl also doch am Herzen, ja?“ Es war eher eine Feststellung als eine Frage, da sie beide bereits die Antwort bestens kannten. Arthur seufzte und entließ Gwen aus seinen Armen. „Das muss aber nicht unbedingt jeder wissen, ja?“ Seine Stimme klang beinahe anklagend, doch die Freude und seine freundschaftlichen Gefühle für Merlin waren deutlich herauszuhören. „Was würden die Leute sonst von mir denken?“ Gwen lachte.     Kapitel 5: Ausflug mit Hindernissen ----------------------------------- Kapitel 5 - Ein treuer Freund     „… doch der Kerl wollte einfach nicht lockerlassen. Tja, und so haben wir weitergespielt, bis er sein ganzes Geld, welches er dabeihatte, an mich verloren hatte. Wenn er nicht auch noch darauf bestanden hätte, seine Kleidung zu verwetten, dann hätte er mir ja wirklich Leid getan.“ Lautes Lachen war zu hören, nachdem Gwaine seine Erzählung beendet hatte. Wie es Arthur gewünscht hatte, gab Merlin den vier vertrautesten Ritter Bescheid, Gwaine, Elyan, Leon und Percival, bevor er die Pferde sattelte. Nun waren er, Arthur, Gwen und die Ritter zu Pferd schon eine Weile in den Wäldern von Camelot unterwegs. Dabei unterhielten sie sich über alles Mögliche und Gwaine erzählte ihnen manche Geschichten aus der Taverne, in welchen er beinahe seine gesamte freie Zeit zu verbringen schien. Und diese waren unterhaltsam, das mussten alle zugeben. Arthur ritt natürlich ganz vorne, doch anstatt einer Rüstung trug er die normale Kleidung, welche er sich am Morgen angezogen hatte. Nur auf sein Schwert konnte der König nicht verzichten und so hing es an seinem Sattel. Auch Gwen hatte sich für diesen Ausflug etwas bequemeres als ihre königlichen Kleider angezogen. Sie trug nun ebenfalls eine braune Stoffhose, dazu ein weißes Leinenhemd und eine braune Weste darüber. Ihr Haare hatte sie zu einem Zopf zusammengebunden, so, wie sie es früher immer tat. Sie ritt direkt neben Arthur und die beiden warfen sich ab und an verliebte Blicke zu und lächelten sich an. Wie schön war es doch, einfach mal entspannen zu können, ohne von den Lasten des Königreiches erdrückt zu werden. Natürlich, sie wussten beide, dass es eine gewaltige Verantwortung war, ein Königreich zu führen und doch sehnten sie sich manchmal nach Zeit, die sie zusammen und ohne Druck verbringen konnten. Die Ritter hingegen trugen ihre übliche Rüstungen, dazu ihre Schwerter und Umhänge. Zumindest sie sollten auf der Hut sein, wenn es zu Problemen kommen sollte, mit denen allerdings keiner von ihnen rechnete. Da sie nun auch mit Odin einen Waffenstillstand vereinbart hatten, waren die Zeiten noch friedlicher und das Königreich noch sicherer geworden. Umso mehr konnten sie alle solch einen Ausflug genießen. Merlin, welcher etwas weiter hinten von allen ritt, lächelte leicht. Arthur wollte doch keinen Jagdausflug veranstalten, so wie er es vermutet hatte. Sie hatten Decken und alles mit dabei, um sich einen schönen Tag außerhalb von Camelot zu machen. Nahe der Natur. Merlin liebte die Natur, war er doch intensiv durch seine Magie mit ihr verbunden und er war seinem Herrn sehr dankbar für diesen Ausritt. Auch, wenn er jetzt schon wusste, wer beim späteren Lager die meiste Arbeit haben wird… Tief atmete Merlin durch, als sein Blick nach vorne wanderte. Es war ein schönes Bild, seine besten Freunde so versammelt zu sehen. Freudig. Lachend. Ohne Sorgen. Es war wirklich friedlich in Camelot, dass konnte der Zauberer nicht bestreiten. Eine Wärme breitete sich in ihm aus. Doch Merlin wusste auch, dass es nicht mehr lange so bleiben würde. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis Morgana mit ihrer Kreatur Camelot angreifen würde. Solange musste Merlin auf der Hut sein und alles tun, um den König zu schützen. Ob da ein Ausritt so eine gute Idee war, bezweifelte der Zauberer stark, doch wie sollte er Arthur überreden, in Camelot zu bleiben, wenn er es anscheinend nur für Merlin tat? Es hätte den König wahrscheinlich verletzt und außerdem hätte er ihm damit nur noch einen Grund mehr gegeben, um misstrauisch zu sein.… Nein, Merlin musste einfach ein noch besseres Auge auf seinen Herrn haben und ihn so gut es ging beschützen. Und doch fürchtete er sich vor der Begegnung mit Morgana und dieser seltsamen Kreatur, welche ein ungutes Gefühl in ihm wachgerufen hatte…   Das kleine Lächeln, welches sich durch die witzigen Erzählungen Gwaines und der Nähe seiner Freunde auf seine Lippen geschlichen hatte, erlosch so schnell, wie es erschienen war. Leise seufzte Merlin. Sein Blick fixierte den Kopf seines Hengstes ohne diesen allerdings wirklich zu sehen.   Natürlich bemerkten alle die Stimmung, in der Merlin noch immer steckte. Arthur seufzte und auch die Ritter warfen immer wieder besorgte Blicke zu dem Diener. Niemand sagte etwas dazu, jeder machte sich seine eigenen Gedanken. Nur Gwen richtete sich an ihren Mann. „Rede mit ihm“, sagte sie plötzlich und Arthur wusste erst überhaupt nicht, was sie meinte. „Was?“ „Nimm ihn mit und ihr reitet ein bisschen alleine weiter“, schlug die Königin vor. „Dann kannst du in Ruhe mit ihm reden.“ Kurz schien der König zu überlegen, bevor er seine Augenbrauen zusammenzog. „Und du meinst wirklich, er würde mir dann erzählen, was mit ihm los ist?“ Arthur schien nicht wirklich davon überzeugt zu sein, Gwen hingegen schon. Sie lächelte. „Du bist sein bester Freund, Arthur“, sagte sie vollkommen überzeugt „Wenn er jemandem erzählen würde, was mit ihm los ist, dann bist du das.“ Noch immer war sich der König unsicher, ob er auf den Vorschlag seiner Frau eingehen sollte. Doch sie hatte vermutlich Recht. Er vertraute sich stets Merlin an, wenn er Probleme hatte oder einen Rat brauchte. Vielleicht sah er ihn ja auch als seinen besten Freund an und erzählte ihm, was den jungen Mann so bedrückte. Also nickte Arthur zustimmend und lächelte seine Frau sanft und anerkennend an. „Wie kommt es nur, dass du so unsagbar klug bist, Guinevere?“ Die Königin lächelte, in ihren Augen funkelte es. „Wer weiß?“, sagte sie leise lachend „Vielleicht ist es angeboren.“ Auch Arthur lachte. „Wahrscheinlich.“   Das Königspaar hielt ihre Pferde an und die Ritter und Merlin taten es ihnen gleich. „Hier scheint ein guter Ort zu sein“, verkündete Arthur. Und das war er tatsächlich. Eine kleine Lichtung im Wald, Sträucher voller Beeren am Rand und ein ebener Boden. Ja, Arthur hatte wirklich einen schönen Platz für ihr Lager gefunden. Sie stiegen allesamt von ihren Pferden. Alle außer Arthur. „Merlin“, rief er seinen Diener, welcher gerade die Decke von seinem Pferd herunterholen wollte. Fragend drehte er sich zu seinem Herrn. „Ja?“ „Gib Gwaine die Decke und einen geeigneten Platz dafür finden. Percival und Leon sehen nach, ob sie an einem Bach oder ähnliches unsere Wasserschläuche auffüllen können. Elyan passt auf Gwen auf. Du steigst wieder aufs Pferd und folgst mir. Wir beide gehen Feuerholz sammeln.“ Verwirrt zog Merlin seine Augenbrauen zusammen. „Feuerholz?“, wiederholte der Diener beinahe ungläubig und ließ seinen Blick zum Himmel schweifen, an welchem die Sonne noch in ihrer vollen Pracht stand. Arthur nickte, während er sein Pferd bereits in die entsprechende Richtung lenkte. „Wir machen uns einfach einen schönen Tag… und wenn die Nacht hereinbricht, dann sollten wir vorbereitet sein.“ Merlin runzelte die Stirn, als er die Worte von Arthur hörte. Was sollte er davon halten? Wie lange wollte er denn bitteschön außerhalb von Camelot bleiben? Nun gut, an manchen Tagen hätte es der Schwarzhaarige willkommen geheißen, doch zu dieser Zeit… Sich dem Befehl des Königs konnte er sich allerdings nicht verwehren, also seufzte Merlin nur einmal, stieg wieder auf sein Pferd und folgte dann Arthur, welcher bereits zwischen den Bäumen verschwunden war. Einen Blick warf Merlin noch zurück. Die Ritter hatten sich bereits aufgeteilt und erledigten ihre Aufgaben und Gwen holte bereits die Satteltaschen mit ihren Proviant von den Pferden. Sie bemerkte den Blick des Schwarzhaarigen und warf ihm ein aufmunterndes Lächeln zu. Nicht anders könnend erwiderte Merlin das Lächeln seiner besten Freundin und folgte dann seinem Herrn.     Sie wanderten einige Zeit durch den Wald. Sie sprachen nicht miteinander, hörten nur auf die Geräusche des Waldes und genossen die Ruhe. Merlin schloss ab und zu die Augen, lauschte dem Wind und dem Rascheln der Bäume. Er hörte das Flüstern des Waldes, welcher ihm so viel zu erzählen hatte. Arthur hingegen überlegt, wie er am besten mit seinem Diener reden sollte. Er war noch nie gut darin, über Gefühle oder seine Sorgen zu reden, doch nun ging es nicht um ihn, sondern um seinen Diener und Freund. Und dieser hatte Sorgen, dass sah man ihm an. Und Arthur wollte ihm diese Sorgen nehmen. Nur wie, dass wusste er noch nicht. Sie erreichten einen kleinen Bach, welcher sich rauschend einen Weg bahnte. Erleichtert, eine kleine Rast einlegen zu können, schwang sich Merlin vom Pferd. Arthur tat es ihm nach und zusammen löschten sie ihren Durst. Arthur besah sich die Umgebung und Merlin füllte ihre Wasserschläuche auf. Sie waren zwar noch fast voll, doch sicher war sicher.   Es war wie damals. Als Arthur seinem Diener offenbarte, dass er in Guinevere verliebt war, doch glaubte, dass sie niemals zusammen sein könnten. Merlin hatte ihm damals Mut gemacht und ihm gesagt, dass er es schaffen könnte, wenn er nur dafür kämpfen würde. Arthur hatte auf ihn gehört. Nun war Gwen seine Königin und er hätte keine bessere Frau an seiner Seite haben können. Nicht, dass er eine andere Frau wollte. Hätte er nicht auf Merlin, sonder eher auf seinen Vater gehört, dann wäre er nun nicht glücklich geworden. So gesehen… war er dem Schwarzhaarigen etwas schuldig. Und wenn er es genau nahm… nicht nur dafür.   „Merlin“, begann Arthur zu sprechen und bekam so die Aufmerksamkeit Schwarzhaarigen, welcher ihn fragend ansah. „Ich weiß, dass dich etwas bedrückt“, erklärte der König und sah auf das Wasser. Er konnte seinem Freund dabei nicht in die Augen sehen. „Jedem von uns ist es aufgefallen. Gwaine, Leon, Percival, Elyan, Gwen… mir…“ Zum Ende hin war die Stimme des Königs immer leiser geworden, sodass sie einem Flüstern glich. Es schien ihm nicht leicht zu fallen zuzugeben, dass er sich so viele Gedanken um seinen Diener machte. Er hoffte aber, dass Merlin wusste, dass es auch für ihn galt. „Uns allen ist es aufgefallen und wir machen uns Sorgen.“ Es schien dem Blonden leichter zu fallen, über dieses Thema zu sprechen, wenn es nicht nur ihn selbst und Merlin alleine betraf. Wenn er die Anderen mit einbezog, dann war es einfacher für den stolzen König. Merlin seufzte. Er wusste, dass er seinen Freunden Sorgen bereitete und es tat ihm Leid. Doch er konnte ihnen nichts von seinen Sorgen erzählen ohne sich zu verraten. Obwohl… „Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll. Ich… mache mir Sorgen“, gestand er langsam. Seine besorgten blauen Augen blickten direkt in Arthurs. Er konnte nicht direkt sagen, was ihn bekümmerte, aber er wollte seinen Freund auch nicht weiter anlügen. „Dort draußen lauern so viele Gefahren. Für Euch, für Camelot…“ `Und für Albion´, dachte sich Merlin noch, doch das konnte er seinem besten Freund natürlich nicht sagen. Noch wusste Arthur nichts von seinem Schicksal. Sein Schicksal, Albion zu vereinen. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Morgana wieder zuschlagen wird. Und ich weiß nicht, wie ich Euch dann helfen soll.“ Merlin wusste wirklich nicht, wie er sich Morgana UND dieser Kreatur, dem Roch, entgegen stellen sollte. Er hatte zwar Kilgharrah auf seiner Seite, doch dafür befehligte Morgana eine Armee…   `Also doch´, waren Arthurs Gedanken. Seine Frau hatte wirklich Recht. Merlin machte sich also Sorgen darum, dass Morgana sie alle wieder bedrohen würde und jemand zu Schaden kam. Doch am größten schien seine Sorge zu sein, dass er vielleicht niemanden helfen konnte. Ihm nicht helfen konnte. Arthur stand schweigend da und sah seinen Diener an. Sein Diener, welcher sich um sich selbst keine Gedanken machte, sondern nur um andere und ganz besonders um seine Freunde. Arthurs Miene war ausdruckslos. Nach kurzer Zeit seufzte der Blonde wie sein Diener zuvor bereits. „Ich kann verstehen, dass du dir Sorgen machst. Mir geht es nicht anders“, gab der König zu und sah seinem besten Freund fest in die Augen. „Doch wir sollten uns nicht verstecken oder einigeln“, erklärte er weiter. „Wir müssen unser Leben genießen, wir müssen die friedlichen Zeiten genießen, solange sie andauern. Denn man weiß nie, wann sie enden. Und was deine Hilfe angeht…“ Arthur trat auf seinen Diener zu. Er legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Ich bin dir wirklich dankbar für deine Hilfe und deine Ratschläge. Ich bin froh, dich an meiner Seite zu haben.“ Merlin sah seine Herrn mit großen Augen an. Die Worte seines besten Freundes erfüllten ihn mit einer Wärme, welcher er selten gespürt hatte. Noch nie war der König so offen zu ihm und sprach aus, dass er ihm wichtig war. „Doch du machst dir zu viele Sorgen. Es ist friedlich und wenn uns Gefahr droht, dann werden wir gewarnt. Und was auch passiert…“ Ein Lächeln schlich sich auf die Züge von Arthur und es war ebenso wie seine Worte ein Abbild seiner Überzeugung und seiner Dankbarkeit. „Solange du da bist, ist uns genug geholfen. Kümmere dich um die Ritter und sorg dafür, dass sie was essen können, dann sind wir alle fröhlich.“ Sein zuvor freundliches Lächeln verwandelte sich in ein Grinsen, welches jedoch ebenso echt und aufrichtig war wie sein Lächeln. Arthur drückte noch leicht Merlins Schulter, bevor er sie wieder losließ. „Wenn du irgendjemanden erzählst, was ich dir gerade gesagt habe, dann landest du für eine sehr lange Zeit am Pranger. Haben wir uns verstanden?“ Leicht spöttisch sah der König zu dem Schwarzhaarigen, doch in seinen Augen funkelte es belustigt. „Nun lass uns Feuerholz sammeln. Es wäre wirklich peinlich, wenn wir ohne wiederkommen würden.“ Merlin konnte die Verlegenheit und das Unwohlsein seines Herrn beinahe spüren, weswegen dieser gar nicht erst auf eine Antwort wartete. Der König war noch nie ein Mann großer Worte gewesen oder gut darin, seine Gefühle auszudrücken. Das er sie nun nicht an seinen Diener, sondern an seinen Freund richtete, hob Merlins Lauen deutlich.    Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen und für einen Augenblick fühlte sich Merlin wieder so wohl wie sonst. Keine Bedrohung schwebte über ihnen, niemand wollte ihnen Schaden und seinen Freunden und den Menschen von Camelot ging es gut. Zumindest für diesen Tag. „Natürlich, Mylord“, sagte Merlin breit grinsend und folgte seinem Herrn, welcher sich bereits auf sein Pferd geschwungen und losgetrabt war.     Nachdem sie beide (genauer gesagt Merlin) genug Feuerholz für die Nacht gesammelt hatten, wanderte Arthurs Blick nach oben. Die Sonne war schon ein gutes Stück weitergewandert und es war bereits später Nachmittag. „Es ist bereits spät“, verkündete er und sah zu seinem Diener, welcher gerade das gesammelte Feuerholz auf dem Rücken seines Pferdes verstaute. „Wir sollten zurück zu den Anderen.“   „Das ist Eure beste Idee heute“, gestand Merlin ihm seufzend, ohne mit der Wimper zu zucken. Die beinahe schlaflose Nacht forderte langsam ihren Tribut, auch wenn der Tag für den jungen Mann nicht so anstrengend war wie sonst.   Arthur sah zu seinem Diener und sein Blick war zum Teil belustigt und zum Teil verärgert. Er hatte diesen Ausflug schließlich nur für Merlin veranstaltet. Doch es tat Merlin gut, dass sah Arthur ihm an. Auch wenn sein Diener noch immer ziemlich müde aussah, er wirkte gleich viel entspannter und friedlicher. Und er hatte wieder zu seiner normalen Form zurückgefunden, wie der König soeben feststellte. Niemand wagte es so mit ihm zu sprechen, wie Merlin es tat. Er sagte ihm seine ehrliche Meinung und das völlig offen. Ob Arthur sie hören wollte oder nicht, war dem jungen Mann dabei völlig egal. Der Schwarzhaarige war von Anfang an der Einzige, welcher ihn nicht wie einen Prinzen oder gar König behandelte. Arthur würde es wahrscheinlich niemals vor anderen zugeben, aber er genoss es sehr, so behandelt zu werden. Ihn erdrückte dann nicht die Last ein König zu sein. Nein, er konnte sich wie ein gewöhnlicher Mann fühlen, der auch mal einen schlechten Tag hatte. Wenn sie zusammen für sich alleine unterwegs waren, dann waren sie nicht mehr Herr und Diener, sondern einfach Arthur und Merlin. Natürlich, Arthur gab Merlin Befehle und Merlin befolgte sie auch so weit wie möglich, doch es war für sie beide mehr so etwas wie freundschaftliches Geplänkel. Und Arthur liebte es. Er musste keine Maske tragen. Er musste nicht so tun, als wenn es leicht wäre, der König über solch ein großes Königreich wie Camelot zu sein. Der Blonde konnte in ihrer Zweisamkeit über das Land, die Feinde und seine Pflichten fluchen und beschweren. Denn er wusste ganz genau, dass Merlin niemals auch nur eines seiner Worte an jemanden weitergeben würde. Auch wenn er ein Idiot und ein völlig inkompetenter Diener war, zumindest in Arthurs Augen, so war Merlin doch ein treuer Idiot. Er war ein loyaler Mann, auf den er sich immer verlassen konnte und dessen Rat ihm wichtig war.   Es erfüllte Arthur mit Wärme, Stolz und Dankbarkeit zu wissen, dass er sich immer auf Merlin verlassen konnte und dieser an seiner Seite war. Das Merlin ihm solch ein treuer Freund war. Er hoffte wirklich, dass es Merlin genauso erging wie ihm.     Es dauerte nicht lange und der König erreichte mit seinem Diener das Lager, welches sie zuvor als solches auserkoren hatten. Percival, Leon und Gwaine saßen auf den Decken und lachten, Leon sah sich dabei aufmerksam um. Das einzig Seltsame daran war allerdings, dass Gwen und Elyan ebenfalls noch auf ihren Pferden saßen und gerade die kleine Lichtung betraten. Arthur zog verwirrt die Augenbrauen hoch. „Wo warst du?“, fragte er seine Frau. Gwen sah ihn an und sagte „Ich war mit Elyan an dem kleinen Bach, an welchem Percival und Leon Wasser holten. Ich habe mich etwas frisch gemacht.“ Verstehend nickte Arthur und stieg von seinem Pferd. Gwen hingegen sah zu Merlin, welcher ebenso gerade auf sie zutrabte, sah, wie er grinste. Es schien ihm wirklich besser zu gehen. Sie richtete ihren Blick auf ihren Mann und lächelte. „Wie ich sehe, konntest du mit ihm reden“, stellte sie fest und wirkte erfreut. Arthur grinste sie an und war ebenso erfreut. Er ging gerade zu seiner Frau und wollte ihr von ihrem Pferd helfen, Gwen schüttelte jedoch leicht den Kopf. „Lass nur“, sagte sie „Ich will noch mit Merlin reden.“ Da der Diener immer näher kam und ebenfalls noch auf seinem Pferd saß, wollte sie so mit ihm reden und sich von ihm vom Pferd helfen lassen. Er würde wahrscheinlich grinsen, ihr helfen und irgendetwas sagen. So wie sie ihn kannte, etwas nettes und doch neckisches. Und sie würde lächeln und etwas erwidern, worauf sie beide lachen mussten. Und endlich wäre er wieder der Merlin, den sie alle kannten und mochten. Ihr Merlin. Ihr bester Freund.   Merlin war bereits abgestiegen und dabei, sein Pferd zu den Anderen zu bringen. Er bemerkte, dass jemand näher kam und drehte sich um. Sofort bildete sich auf seinen Lippen ein Lächeln, als er seine beste Freundin sah, welche ebenfalls lächelte. Er wartete, bis die Königin gleichauf mit ihm war. „Es ist schön, dass wir Zeit finden, etwas zusammen zu unternehmen“, sagte sie und Merlin nickte. „Das ist wahr“, gab er ihr Recht „Ansonsten würden uns wahrscheinlich noch Camelots Mauern auf den Kopf fallen!“ Sie begannen beide zu lachen und erreichten die restlichen Pferde. Merlin drehte sich bereits geschwind um und streckte seine Arme aus, um Gwen von ihrem Pferd zu helfen. Gwen lächelte und ließ sich von ihm halten und glitt herunter. Merlin war stärker, als er aussah und man ihm zugetraut hätte. Er hielt sie fest und setzte sie sachte auf den Boden ab. „Vielen Dank, Merlin“, bedankte sich die Braunhaarige grinsend und Merlin erwiderte es mit Freuden. „Aber doch nicht dafür, Mylady“, sagte er neckend und Gwen lachte abermals, glücklich darüber, dass er wieder so war wie sonst.   Doch plötzlich änderte sich alles. Merlin hörte abrupt auf zu lachen und riss seine Augen auf. Sein Mund klappte auf, doch kein Ton kam heraus. Gwen erschrak und starrte ihn an. „Merlin was - ?!“, doch weiter kam sie nicht, denn Merlin kam näher, rammte sie mit seinem ganzen Körper, schubste sie zur Seite, sodass sie auf den Boden fiel, wodurch sie leise aufschrie und hart auf dem Boden aufkam. Arthur wirbelte herum, als er den Aufschrei seiner Frau hörte. „Gwen?!“ Doch weiter kam er nicht, denn plötzlich schossen Sachsen um sie herum aus den Büschen und hinter den Bäumen hervor und griffen sie an. Blitzschnell sprangen die Ritter auf und zogen ihre Waffen, ebenso wie Arthur, welcher noch bei seinem Pferd stand. Die ersten Hiebe wurden von den Rittern blockiert, als die Sachsen sie erreichten. Es waren viele, ungefähr 20 Männer, doch davon ließ sich keiner der Ritter beeindrucken. Leon und Percival waren zu Gwen und Merlin geeilt und hatten sich vor ihnen aufgebaut. Niemals würden sie zulassen, dass ihnen etwas geschah. Die Königin hatte selbst kein Schwert dabei und sie bereute es bereits zutiefst. Sie hätte darauf vorbereitet sein müssen, man konnte nie sicher sein, nicht in Gefahr zu geraten.   Merlin atmete schnell und seine Augen wanderten unruhig umher. Wo war er nur, wo - ?! Da! Merlin sah den Mann, den er gesucht hatte, der es gewagt hatte, mit einer Armbrust auf seine beste Freundin und Königin zu schießen. Er stand weiter hinten zwischen den Bäumen. Schnell sah Merlin zurück, sah, dass niemand genau auf ihn achtete und er wandte sich wieder dem Mann zu, der gerade einen neuen Pfeil auf seine Armbrust legte. Bevor er allerdings auch noch diesen Pfeil abschießen konnte, glühten Merlins Augen golden auf und ein Ast von dem Baum, unter dem der Sachse stand, brach ab und begrub den Mann unter sich.   Die Gegner hatten sie überrascht und waren in der Überzahl, doch das half ihnen nicht gegen die Erfahrung und die Stärke von Camelots Rittern. So dauerte es auch nicht lange und der Kampf war zu Ende. Der Atem von Arthur und den Rittern ging schneller und ihre Herzen klopften lautstark. Natürlich, sie waren Ritter und mussten immer damit rechnen, kämpfen zu müssen, doch meistens kommt der Angriff trotzdem überraschend. Aber wozu waren sie so gut ausgebildet? Die Anwesenden sahen sich um. Die Angreifer waren allesamt tot. Von keinem ging mehr eine Gefahr aus. Während des Kampfes schienen sich die Pferde losgerissen zu haben, denn sie waren verschwunden. Arthur umklammerte nichtsdestotrotz sein Schwert fester und rannte zu seiner Frau. Die Besorgnis war ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Schnell schlang er einen Arm um sie. „Alles in Ordnung?“, fragte er und blickte ihr direkt in die Augen. Gwen wirkte vollkommen ruhig, als sie den Kopf schüttelte und ihren Mann anlächelte. „Keine Sorge“, sagte sie beruhigend „Leon und Percival haben sich gut um meine Sicherheit gekümmert.“ Arthur nickte den beiden genannten Rittern dankbar zu, welche es stolz erwiderten. Es war ihnen eine Ehre, die Königin zu beschützen. Doch sie hatten nicht nur Gwen beschützt, wie Arthur wusste und nun kochte die Wut in ihm hoch. Beinahe schon knurrend wandte sich der König an seinen Diener.    „Was sollte denn das werden, Merlin?!“, wollte er aufgebracht wissen und erregte damit die Aufmerksamkeit der Ritter und Gwen, welche ihren König ansahen. „Deine dämliche Aktion hat Gwen in Gefahr gebracht! Bist du nun von allen guten Geistern verla - ?!“ Sein Satz ging in einem schockierten Luftholen unter. Der Blonde hatte seinen Blick gehoben und sah den Schwarzhaarigen an, welcher sich an einen Baum lehnte. Ebenso blickten nun auch die Anderen zu Merlin. Und ihnen allen schien das Blut in den Adern zu gefrieren, sie rissen ihre Augen auf, ihre Münder klappten auf, Gwen schlug sich ihre Hände vor den Mund. Sie keuchte erschrocken.   Auch Merlin keuchte auf, doch sein Keuchen war schmerzerfüllt. Sein leicht verschleierte Blick richtete sich auf seine Freunde, welche ihn geschockt ansahen, bevor seine Augen wie in Zeitlupe seinen Körper hinabwanderten - und direkt den Pfeil fixierten, welcher sich in seine linke Seite gebohrt hatte. Schmerz erfasste ihn, ausgehend von dem Pfeil, welcher sich in seinen Körper grub und nun dort steckte. Merlin konnte zwar Gwen vor dem Pfeil bewahren, doch er konnte ihn nicht aufhalten, ohne das Risiko einzugehen, dass es nicht jemand gesehen hätte. Und er hatte auch keine Zeit mehr, um selber dem Geschoss auszuweichen. So blieb ihm also nichts anderes übrig… Krampfhaft drückten sich seine Finger an die Rinde des Baumes, an welchem er sich abstützte. Leicht hatte sich Merlin nach vorne gebeugt und sich nun aufgerichtet, da die Gefahr vorbei war. Lange konnte er sich allerdings nicht mehr halten. Alle Kraft und das Adrenalin schienen seinen Körper zu verlassen, als Merlin keuchend rücklings gegen den Baum fiel und daran herunterrutschte, eine Hand auf die Wunde gepresst, an welcher das Blut entlang lief, die Augen schmerzerfüllt zusammengekniffen, den Pfeil zwischen den Fingernd spürend.   Geschockt standen Arthur, Gwen und die Ritter da, bis sie sich alle mit einem mal wieder regten und auf den Schwarzhaarigen zuliefen. „MERLIN!“ Kapitel 6: Ein loyaler Freund ----------------------------- Hey Leute! Bitte nicht wundern, ich habe die Überschrift des letzten Kapis geändert, denn ich finde hier passt sie besser hin! ^^ Eigentlich sollte noch etwas in dieses Kapi hinein, aber das hätte dann doch langsam den Rahmen gesprengt, also könnt ihr euch jetzt schon mal auf ein neues Kapitel freuen! Ich hoffe doch, ich bringe niemanden durcheinander! XD Aber nun viel Spaß bei dem neuen Kapi von "Merlin - Das Schicksal von Camelot"! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kapitel 6 - Ein loyaler Freund       Schnell kniete sich Arthur neben den Verletzten und versuchte, die Situation zu begreifen. Wann wurde Merlin verletzt? Er hatte nicht mitbekommen, wie jemand einen Pfeil abschoss. Doch darüber konnte er sich später Gedanken machen. Jetzt war es wichtig, Merlin zu helfen. „Merlin?“, sprach der König den Schwarzhaarigen an. Er keuchte und öffnete seine Augen mehr schlecht als recht. Sie waren noch immer vor Schmerz zusammengekniffen. „Kannst du laufen?“, wollte Arthur wissen und war schon dabei, sich einen Arm seines Freundes über die Schulter zu legen. Er wollte ihn hier wegschaffen, weg von den Leichen der Männer, welche sie soeben töten mussten. Vorsichtig, um ihn nicht zu viele Schmerzen zu bereiten hievte er Merlin hoch. Kurz war er erstaunt darüber, wie leicht dieser doch war. Unbeachtet seiner Statur hätte Arthur ihn für schwerer gehalten. Schmerzerfüllt atmete Merlin tief ein und aus, was die Schmerzen in seiner Seite allerdings nur verschlimmerten. Doch er biss die Zähne zusammen und schob sich mit der Hilfe seines Herrn so gut es ging den Baum hoch, sodass er stand. Leicht schwankte der Zauberer, doch Arthur war bereits zur Stelle und hielt ihn. Zischend zog Merlin die Luft ein, als er spürte, wie sich der Pfeil bewegte. Seine Hand lag noch immer um seine Wunde. Arthur hob den Blick und sah seine Frau und seine Ritter um sie herum stehen, alle mit der gleichen Sorge im Blick. So sehr es Arthur auch berührte, dass sie sich alle Sorgen um Merlin machten, im Moment konnte er solch einen Haufen um sich herum nicht gebrauchen. „Percival, Gwaine“, sagte Arthur laut und die beiden genannten Ritter wandten ihre Blicke nun auf ihren Herrn. „Seht nach, ob Ihr die Pferde finden und zurückbringen könnt. Vielleicht sind sie nicht weit gelaufen. Und überprüft, ob noch mehr Feinde in der Nähe sind, was ich allerdings nicht glaube.“ In ihren Blicken waren noch immer deutlich voller Sorge um ihren Freund, doch sie sahen wohl ein, dass sie im Moment nicht viel tun konnten. Obwohl es ihnen widerstrebte, machten sich die beiden Ritter auf, um dem Befehl ihres Königs nachzukommen und verschwanden im Unterholz. Arthur wandte seine Aufmerksamkeit inzwischen seinen beiden verbliebenen Rittern zu. „Leon, Elyan, ihr werdet unsere Habseligkeiten einsammeln und uns dann folgen. Ich gehe mit Gwen und Merlin - “ Sein besorgter Blick flog zu Merlin, welcher keuchte und sich an ihn lehnte. „ - ein Stück weiter. Wir müssen unser Lager nicht hier haben, inmitten der Leichen unserer Feinde.“ Er nickte zu den toten Sachsen, welche über der Lichtung verstreut lagen. Sir Leon und Sir Elyan nickten und sie machten sich ebenfalls auf den Weg. Elyan blickte nochmals zurück und nickte seiner Schwester aufmunternd zu, welche es nach kurzen Zögern erwiderte.   Mit einem leisen Schnaufen hob Arthur seinen Diener höher, was dieser mit einem leisen Keuchen quittierte. Er zog ihn mehr, als das Merlin selber ging durch den Wald. Gwen, deren Gesicht blass war und deren Sorge deutlich in den Augen stand, direkt hinter ihnen. Etwa hundert Meter weit entfernt von ihrem letzten Lagerplatz hielt Arthur endlich an und lehnte seinen Freund an einen der Bäume. Kaum, dass Merlin an dem Baum lehnte und beinahe in sich zusammensank, knieten sowohl Arthur als auch Gwen bereits neben ihm. „Merlin?“, sprach der König seinen Diener an, worauf Merlin die Augen leicht öffnete, welche er zuvor zusammengekniffen hatte. „Hmm?“, machte er nur, als Zeichen, dass er seinen Herrn vernommen hatte. „Ich habe nicht viel Ahnung von Verletzungen und wie ich sie behandle“, gestand der König und nahm sich im gleichen Atemzug vor, dass er sich in Zukunft mehr mit solchen Dingen auseinandersetzen sollte. Was war er für ein König, welcher seine Männer verlieren würde, nur weil er nichts von den Heilkünsten verstand? „Aber ich weiß, dass man den Pfeil nicht drin lassen kann“, erklärte er weiter und es schauderte ihm bereits bei dem Gedanken, was er seinem besten Freund gleich antun musste. Die blauen Augen Merlins fixierten ihn, die Intensität seines Blickes wurde allerdings von einem Schatten aus Schmerz geschmälert und beinahe hätte Arthur gedacht, dass sein Diener ihn nicht verstanden hatte, als dieser ebenfalls etwas sagte. „Dann… schaut… in… meinen Beutel…“, gab er von sich und man merkte, dass ihm selbst das Sprechen Schmerzen bereitete.   Verwirrt über diese Aufforderung kam Arthur näher und kramte in Merlins Beutel, welchen dieser an seinem Gürtel trug. Als er ein Tuch, Verbandszeug und Heilsalbe hervorholte, hob der König eine Augenbraue. „Wieso hast du so etwas bei einem normalen Ausflug bei dir, Merlin?“, wollte Arthur wissen, kam jedoch nicht umhin, seinen Diener in Gedanken dafür beinahe zu umarmen. Wie vorausschauend dieser Idiot manchmal sein konnte… Merlin grinste schief, doch es war schmerzverzerrt. „Für all… diejenigen, welche Schwierigkeiten… nicht… aus dem Weg… gehen können.“ Auch Arthur grinste leicht. „Also ist das nur für dich?“ „Im Moment… ironischerweise… ja.“ Kurz herrschte Stille, welche nur von dem keuchenden Atem Merlin unterbrochen wurde, als dieser erneut zu sprechen begann. Obgleich der Schmerzen, die er hatte, klang seine Stimme heiter und beinahe neckend. „Außerdem… habt Ihr… je einen Ausflug… unternommen,… der nicht… in einem Kampf oder… Ähnliches endete?“ Es war keine Frage im eigentlichen Sinne, mehr so etwas wie eine Feststellung, welche leicht übertrieben klang. Und doch wussten alle Anwesenden, dass diese Worte der Wahrheit entsprachen. Arthur drückte seiner Frau die Sachen aus Merlins Beutel in die Hände und wandte sich schluckend wieder seinem Diener zu. Leicht drückte er ihn mit seiner linken Hand an der Schulter hinunter, seine rechte Hand umfasste den Pfeil. Die Hand, welche Merlin zuvor auf die Wunde gedrückt hatte, klammerte sich nun beinahe an Arthurs Arm. „Bereit?“, fragte er und sah Merlin ins Gesicht. Leichte Schweißperlen hatten sich bereits auf dessen Haut gebildet und der Schwarzhaarige war blasser als sonst. Mit zusammengepressten Lippen nickte er. Plötzlich nahm Arthur eine Bewegung neben sich wahr. Gwen war näher gekommen und nahm die freie Hand von Merlin in ihre und strich beruhigend darüber. Sie wusste, dass es Merlin schmerzen würde und sie wollte, dass er spürte, dass sie bei ihm war. Arthur lächelte seine Frau dankbar an, ebenso Merlin. „Los!“, sagte Arthur. Blitzschnell kniff er die Augen zusammen, ballte seine Hand um den Pfeil zur Faust, bevor er ihn mit einem Ruck aus dem Körper seines Dieners zog. Er hatte einen lauten Schrei erwartet. Wimmern und Schluchzen, Tränen des Schmerzes. Es hätte ihm das Herz zerrissen, doch Merlin war für ihn ein Mensch, welcher seinen Schmerz auf diese Weise Ausdruck verleihen würde und er würde es ihm niemals übel nehmen oder sich gar darüber amüsieren. Doch Arthur irrte sich. Ein schmerzhaftes hastiges Aufkeuchen war das einzige Geräusch, welches Merlin von sich gab. Die Hand an seinem Arm verkrampfte sich und drückte erbarmungslos zu. Er stellte sich unwillkürlich vor, wie stark Merlin nun die Hand von Gwen drückte, doch sie beschwerte sich nicht, im Gegenteil. Beruhigend und vorsichtig strich sie Merlin durchs Haar. Leicht hatte sich der zitternde Körper des Zauberers aufgebäumt, bevor er sich mit einem tiefen Seufzen und Zischen wieder entspannte. Obwohl die Situation dafür mehr als unangebracht war, blickte Arthur verblüfft auf seinen Diener hinab. Es überraschte ihn, wie stark Merlin zu sein schien. Den Pfeil schmiss er davon. Abwesend rutschte er zur Seite, als Gwen nun näher kam, um Merlin zu verarzten. Er half ihr noch Merlin die Jacke auszuziehen, bevor seine Möglichkeiten, ihr zu helfen, erschöpft waren und er seinen Freund in den Händen seiner Frau lassen musste. Vorsichtig zog Gwen das Hemd Merlins hoch und legte somit die Verletzung frei. Tief atmete sie ein, ebenso wie Arthur. Es war nicht leicht, den besten Freund verwundet vor sich zu sehen. Wortlos begann die Königin die Wunde zu reinigen, mit dem Wasser aus Arthurs Wasserschlauch, welchen er ihr reichte. Vorsichtig tupfte sie über die Verletzung, worauf Merlin zischte und sich seine Hände, welche er neben sich gelegt hatte, ballten. Arthur hielt das Schweigen nicht länger aus. „Was ist passiert, Merlin?“, wollte Arthur wissen. „Wie kommt es, dass wir nicht einfach einen ruhigen Tag genießen können, da du dich unbedingt von einem Pfeil treffen lassen musstest?“ Seine Stimme sollte aufgebracht klingen und das war sie auch. Allerdings vor Sorge. Merlin bemerkte diesen Ton natürlich und grinste leicht. Schnell wurde dieses Grinsen allerdings durch ein zischendes Lufteinziehen und ein Zusammenbeißen der Zähne ersetzt. „Ihr hättet Euch… nur noch mehr… aufgeregt,… wäre Eure Frau… getroffen worden…“ Nun war es an Arthur und Gwen, scharf die Luft einzuziehen. Sie hatte aufgehört, sich um Merlins Verletzung zu kümmern. „Und… das hätte ich… niemals zulassen… können…“ Leicht lehnte sich Merlin zurück, das Sprechen strengte ihn sehr an. Doch darauf achteten weder Arthur noch Gwen. Denn die Bedeutung von Merlins Worten war im Moment viel wichtiger und gleichzeitig auch viel erschreckender. „Was soll das heißen, Merlin?!“ Wenn es das hieß, was der König vermutete, dann… Gott, er wollte sich gar nicht ausmalen, was hätte passieren können. „Glaubt… Ihr ernsthaft, ich… schubse… die Königin… zum Spaß…?“ Es war wie eine ernsthafte Frage gestellt, aber sie alle wussten, was Merlin damit meinte. Sie beide, Arthur und Gwen, konnten geradezu vor sich sehen, was passiert war. Im Glauben, dass es friedlich war und ihnen keine Gefahr drohte waren sie nachlässig geworden. Sie achteten kaum auf ihre Umgebung. Völlig sorglos ließ sich Gwen von ihrem Freund vom Pferd helfen und bot somit eine perfekte Zielscheibe für jeden Angreifer. Und einer nutzte diese Gelegenheit. Womit aber niemand gerechnet hatte, weder die Angreifer noch Merlins Freunde, dass der Schwarzhaarige die Gefahr kommen sah. Er bemerkte den Pfeil und stieß Gwen aus der Flugbahn des Pfeils. Sie wurde zu Boden geworfen, aber das war geradezu nichtig, wenn man bedachte, das Merlin sie gerettet hatte. Wie, dass wusste keiner von ihnen. Woher sollte Merlin wissen, dass ein Pfeil genau auf die Königin abgeschossen wurde? Doch es war gleich. Alles was zählte war, dass Merlin sich in Gefahr gebracht hatte, nur um Guinevere zu retten. Er hatte bereitwillig sein eigenes Leben aufs Spiel gesetzt, nur um das ihre zu retten…   Arthur ballt die Fäuste, als er darüber nachdachte und sein Kiefer mahlte, als sein Blick die Wunde fixierte, welche in den Körper seines Freundes geschlagen wurde. Verärgert biss er die Zähne zusammen und wandte sich ab. Er konnte den Anblick kaum ertragen. Merlin hatte sich in tödliche Gefahr gebracht, nur um Gwen zu beschützen. Wenn der Pfeil nur ein paar Zentimeter weiter oben eingeschlagen wäre, dann… Arthur erschauderte. Sie konnten beide von Glück reden. Ein Glück, dass die Königin ein Stück kleiner als der Diener war. Wo es ihn glücklicherweise „nur“ in die Seite getroffen hatte, wäre ihr Ziel wohl ihr Herz gewesen… Abermals erschauderte Arthur. Was für eine schreckliche Vorstellung… Gwen hatte die Behandlung von Merlins Verletzung wieder aufgenommen und mehrmals zischte dieser schmerzhaft auf. Arthur erhob sich beinahe ruckartig und drehte sich um. Er konnte nicht mehr hinsehen. Merlin war verletzt worden und das nur, weil jemand es wagte, auf seine Frau zu schießen. Auf Gwen… wenn Merlin nicht gewesen wäre, dann wäre sie… Kälte erfasste Arthur. Er bemerkte, dass Leon und Elyan bereits dabei waren, ihr Lager neu aufzubauen. Selbst an das Feuerholz hatten sie gedacht, welches Merlin und er zuvor bereits von den Pferden holen konnten, bevor die Sachsen sie angriffen. Arthur atmete tief durch und versuchte, eine Beschäftigung zu finden. Etwas, was ihn von seinen wachsenden Schuldgefühlen ablenkte…       Es verging nur wenig Zeit, da waren die Ritter bereits damit fertig, dass Lager erneut aufzuschlagen. Auch Gwaine und Percival waren bereits zurück, beide mit ernsten und besorgten Mienen, was vor allem für den sonst so leidenschaftlichen Tavernengänger äußerst selten vorkam. Er musste sich wirklich große Sorgen um Merlin machen. Das einzig Positive schien zu sein, dass sie tatsächlich einige der Pferde wieder auftreiben konnte. Der stolze Hengst von Arthur, der von Merlin und die Stute von Gwen. Es war natürlich nicht direkt das Pferd von Merlin, doch es war das Pferd, welches nur von dem Schwarzhaarigen geritten wurde, dafür sorgte der König. Als Gwen damit fertig war, die Wunde von Merlin zu versorgen, zog sie ihm vorsichtig seine Jacke wieder an. Langsam lehnte er sich zurück, seufzend vor Erschöpfung. „Du solltest schlafen“, meinte Gwen und tupfte leicht seine Stirn mit einem Lappen und kalten Wasser ab. Der Schwarzhaarige hatte leichtes Fieber bekommen, welches vom Blutverlust herrührte. „Schlaf wird dir gut tun.“ Merlin war müde, dass sah man ihm deutlich an. Nur schwer gelang es ihm, die Augen noch offen zu halten. Leicht grinste der Schwarzhaarige, doch es verlor deutlich an Wirkung durch den Schmerz und die Müdigkeit, welche sich auf seinem Gesicht abzeichnete. „Und wer… beschützt dich… vor dem nächsten… Pfeil…?“ Die Frage war neckend gemeint, Merlin wollte seine Freundin nicht vorführen oder ihr einen Vorwurf machen. Seine Worte dienten alleine dazu, um die Situation zu entschärfen. Gwen stutzte kurz, die Trauer und die Schuldgefühle meldeten sich zurück, doch schnell verdrängte sie diese Gefühle und lächelte Merlin warm an. „Keine Sorge“, sagte sie beruhigend und tupfte noch kurz über seine Stirn, bevor sie den Lappen zur Seite legte. „Ich bin sicher, die Anderen werden mich ebenfalls beschützen können. Wenn auch nicht so effektiv wie du.“ Merlin grinste leicht, musste es jedoch schnell wieder unterlassen, als ihm ein lautes Gähnen entfuhr. Wie von selbst schienen sich seine Augen langsam zu schließen, doch er kämpfte verbissen gegen die Müdigkeit an. Vergeblich. „Schlaf, Merlin“, wiederholte Gwen ihre Worte und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Es wird nichts geschehen. Konzentriere du dich nur darauf, dass es dir besser geht.“ Merlin konnte nur noch schwach nicken, bekam ihre Worte kaum noch mit, bevor sich seine Augen vollends schlossen und sein Atem ruhig und gleichmäßig ging. Er war eingeschlafen. Zufrieden, dass sich ihr Freund nun endlich etwas Ruhe gönnte, erhob sich die Königin. Sie strich Merlin noch eine Haarsträhne aus dem Gesicht, bevor sie die Decke, welche Gwaine ihr für Merlin gegeben hatte, über diesen zog. Einen letzen Blick auf den Schlafenden werfend drehte sich Gwen um und begab sich zu ihrem Mann und ihren Freunden.   Die Ritter, welche kreisförmig um das Lagerfeuer saßen, hatten die ganze Szenerie aufmerksam beobachtet. Nur Arthur nicht, er hielt seinen Blick stur in die Flammen des Lagerfeuers gerichtet. Gwen setzte sich neben ihren Mann. Sanft strich sie ihm über den Arm, worauf Arthur aufschaute. Leicht lächelte er seine Frau an und legte seine Hand auf die ihre. Behutsam streichelte er ihre Hand, bevor er sie mit der seinen umschloss. Gwen erwiderte den Druck lächelnd.   „Erstaunlich…“, sagte Gwaine plötzlich leise. Fragend sahen die restlichen Anwesenden zu ihm. „Was meinst du?“, wollte Percival wissen. „Ich meine Merlin. Egal, was wir für Gefahren überstehen müssen, egal, welche Missionen wir antreten. Er ist immer bei uns. Immer bei Arthur.“ Sein Blick ruhte nun auf seinem König, welcher seine Muskeln anspannte. Der Druck an der Hand der Königin wurde fester. „Er bringt sich mehr in Gefahr als sonst einer der Diener aus Camelot“, erklärte Gwaine weiter. „Sogar mehr als manche der Ritter unserer Tafelrunde. Ich finde es einfach faszinierend.“ „Das ist wahr“, stimmte Elyan zu und richtete seinen Blick abermals auf die schlafende Gestalt des Schwarzhaarigen. „Für jeden von uns würde er durchs Feuer gehen.“ „Für jeden von uns würde er sterben“, mischte sich nun auch Arthur ein. Sein Blick glitt zurück in die Flammen. Seine Augen spiegelten Leere und Schuld wider. „Doch so sollte es nicht sein. Er ist ein Diener. Er sollte nicht mit uns zusammen auf solchen Missionen sein. Er sollte überhaupt nicht hier sein und für uns sein Leben riskieren.“ Er ließ die Hand der Dunkelhaarigen los und ballte seine Hand so stark zu einer Faust, dass seine Knöchel bereits weiß hervor traten. „Es sollte ein einfacher Ausflug werden. Und kein Kampf um Leben und Tod.“ Wieder wanderte der Blick des Königs zu dem Gesicht seines Dieners, welches blass aussah. Im Schlaf hatte sich Merlin eine Hand auf seine Verletzung gelegt. Sein Atem ging ruhig und gleichmäßig. Gwen legte ihrem Mann wieder die Hand auf die Schulter und strich beruhigend darüber. „Selbst, wenn du ihn nicht dabei haben wolltest…“, sagte sie leise und doch laut genug, sodass es alle hören konnten. Auf ihren Lippen lag ein sanftes Lächeln und doch hatte es etwas trauriges. „Selbst dann würde er noch mitkommen. Gerade dann. Er sieht es als seine Pflicht an, uns zu begleiten und dich zu beschützen, Arthur. Als dein Diener. Aber vor allem als dein Freund.“ Gwen konnte gar nicht sagen, wie dankbar sie ihrem Freund für seine Taten war. Nicht nur für die, welche er an diesem Tag begannen hatte. Merlin beschützte nicht nur sie oder ihren Mann, sogar für die Ritter würde alles tun. Ebenso für ganz Camelot. Nein, die größte Dankbarkeit empfand die Dunkelhaarige gegenüber Merlin für dessen Loyalität und Freundschaft, welche er Arthur entgegenbrachte. Sie wusste am Besten, wie gut Merlin ihrem Mann tat. Er nahm ihn so, wie er war und ließ sich nicht so schnell einschüchtern. Guinevere war froh, dass es den Schwarzhaarigen an die Seite des Königs verschlagen hatte. Und wenn sie ehrlich war… sie fühlte sich wohler, wenn ihr bester Freund mit auf solchen Reisen war. Gwen wusste nicht wieso, aber ein Gefühl der Sicherheit und des Wohlbefindens überkam sie, wenn Merlin in der Nähe war. Sie konnte es sich nicht erklären. Doch eines wusste sie jedenfalls. Nämlich, dass es Arthur in diesem Punkt ebenso ging wie ihr. Ebenso wusste sie allerdings auch, dass sie ihr Mann genauso große Sorgen machte wie sie. Wie er es schon sagte, Merlin war ein Diener, kein Soldat, kein Ritter, kein Krieger. Er war nicht für den Kampf gemacht, er verabscheute das Kämpfen gar, das wussten sie alle. Es beunruhigte die Königin aber, dass es dem jungen Mann egal zu sein schien, was er tun musste, um die zu retten, welche er liebte und beschützen wollte. Sein Leben würde er geben, für jeden von ihnen. Und das war etwas, was Gwen verstand, doch vor dem sie auch große Angst verspürte. Sie wusste nicht, ob sie es verkraften würde, wenn Merlin sterben würde, nur weil er sich für sie alle in Gefahr gebracht hatte. Wenn er wieder einen Pfeil mit seinem Körper abfangen würde, welcher vielleicht wieder für sie bestimmt war und es das nächste Mal nicht so glimpflich ausgehen würde… Leicht erschauderte Gwen, was glücklicherweise ungesehen blieb. Sie war mehr als froh, dass sie Arthurs Hand losgelassen hatte. Hätte er Zittern bemerkt, dann hätte er sich womöglich noch mehr Gedanken gemacht und das wollte sie nicht. Es war an diesem Tag schon genug passiert und sie wollte nicht, dass es ihrem Mann noch schlechter ging.   Lange Zeit herrschte Stille nach diesen Worten und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, bis Gwaine das Wort ergriff. „Er ist wirklich loyal“, sagte er und lächelte anerkennend. Die Ritter nickten und auch auf ihren Gesichtern bildeten sich Lächeln, ebenso auf Gwens. Ihnen allen war der Schwarzhaarige wichtig und sie alle respektierten ihn sehr. „Ja, das ist er“, bestätigte Arthur leise. Ein leichtes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Für einen Augenblick vergaß er seine Schuldgefühle, vergaß, was passierte. Er konzentrierte sich nur darauf, was ihm schon seit so langer Zeit klar war und was Merlin ihm am heutigen Tag wieder bewiesen hatte. Arthur wusste, was Merlin war. „Ein loyaler Freund.“ Kapitel 7: Eine wichtige Bitte ------------------------------ Hey Leute! Und schon steht ein neues Kapi an! Ich konnte mich mit dem Schreiben einfach nicht zusammenreißen! XD Viel Spaß! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kapitel 7 - Eine wichtige Bitte Die Nacht war längst hereingebrochen. Es war ruhig und nur die nächtlichen Geräusche des Waldes waren zu hören. Guinevere und die Ritter hatten sich bereits zur Ruhe begeben und schliefen. Leise schnarchten Percival und Gwaine um die Wette. Gwen hatte sich an die Seite ihres Mannes gekuschelt und atmete ruhig und gleichmäßig. Nur Arthur fand keinen Schlaf. Er war der Meinung, wenn sie bereits am Tag angegriffen wurden, dann sollte er erst Recht in der Nacht ein wachsames Auge auf alle haben. Zudem… plagten ihn noch immer Schuldgefühle. Es machte ihn wütend, dass er nichts tun konnte, um den Angriff auf seine Frau, welcher dann seinen Diener traf, zu verhindern. Ja, er hatte ihn ja noch nicht einmal kommen sehen! Immer wieder liefen diese Bilder vor seinem inneren Auge ab. Wie er und die Anderen zu Merlin sahen, als dieser seinen Blick senkte und sie allesamt den Pfeil anstarrten, welcher sich in den schlaksigen Körper des Schwarzhaarigen gegraben hatte. Die Schmerzen, welche Merlin gehabt haben musste und dann sein Zusammensacken… Arthur erschauderte. Er fand einfach keine Ruhe. Also beschloss er, sich wieder zu erheben. Vorsichtig, um Gwen nicht zu wecken, wand er sich aus ihren Armen, welche sie im Schlaf um ihn geschlungen hatte und stand auf. Sie erwachte glücklicherweise auch nicht, sondern kuschelte sich selbst noch weiter zusammen und schlief seelenruhig weiter. Der König bewunderte sie für ihre Ruhe. Er wusste, dass sie sich ebenfalls Vorwürfe machte und die Schuld gab, was mit Merlin passiert war. Schließlich war sie das eigentliche Ziel dieses Pfeils. Arthur seufzte. Egal was geschah, keiner von ihnen konnte es wieder rückgängig machen. Sie konnten alle von Glück sagen, dass nichts schlimmeres passiert war. Mit gemächlichen Schritten ging der Blonde leise durch das Lager und setzte sich an einen Baum. Genau an den Baum, unter welchem sich sein bester Freund befand. Und so hielt er Wache. An der Seite von Merlin. Der Mond schien hell an diesem Abend, keine Wolke verdeckte sein Licht und so war es für Arthur kein Problem in dem Wald etwas zu sehen. Es war ruhig und so konnte sich Arthur seine Gedanken machen. In dem Moment seufzte Merlin leise im Schlaf und versuchte, sich auf die Seite zu drehen. Die Bewegung war schwerfällig und er brach sie mittendrin mit einem leisen Zischen ab und legte sich wieder auf den Rücken. Anscheinend war es ihm zu anstrengend und zu schmerzhaft. Arthur biss die Zähne zusammen und ballte seine Fäuste. Er sah in das schlafende Gesicht seines Dieners. Es war blass und fahl, so wie es auf dem roten Umhang von Gwaine lag, welcher als Kissen fungierte. Merlin sah so erschöpft und schwach aus, dass Arthur gar nicht anders konnte, als sich schuldig zu fühlen. Sein Kiefer mahlte. Der Atem des Dieners war ruhig und doch machte es den König wütend. Sein Freund war so wehrlos in seiner Erschöpfung. „Es tut mir Leid“, sagte Arthur leise und seine Stimme klang ebenso ernst wie aufrichtig. „Hätte ich besser aufgepasst, dann wären weder du noch Guinevere oder die Anderen in Gefahr geraten.“ Er war sich im Klaren darüber, dass sein Freund ihn nicht hören konnte, doch es erleichterte ihn um einiges, diese Worte zu sagen und sich zu entschuldigen. Auch wenn er sie wiederholen sollte, wenn Merlin ihm wieder antworten konnte. Merlin konnte die Worte seines Herrn und Freundes an dem Ort, an welchem er war, tatsächlich nicht hören. Er hörte gar nichts. Doch dafür sah er etwas. „Wer seid Ihr?“, wollte er wissen und starrte die vermummte Gestalt an, welche  ein paar Meter entfernt von ihm stand. Als die Müdigkeit ihn übermannt hatte, nachdem Gwen seine Verletzung behandelt hatte, driftete er in einen traumlosen Schlaf ab. Doch dieser währte nur für wenige Sekunden, so wie es ihm vorkam. Denn nur Augenblicke schienen vergangen zu sein, als er seine Augen wieder öffnete. Er lag nicht mehr an einen Baum gelehnt auf einer Lichtung. Es war auch nicht Abend. Nein, es schien Tag zu sein, jedenfalls wenn man der Helligkeit, welche durch den dichten Nebel drang, welcher um ihn lag, Glauben schenken konnte. Der Diener konnte nur ein paar Meter weit sehen. Er sah sich um. Niemand war zu sehen. Weder Arthur, noch Gwen. Auch von den Rittern fehlte jede Spur. Nur diese vermummte Gestalt vor ihm war zu sehen. Sorge stieg in Merlin auf. Wo waren die Anderen? Waren sie fort? Oder war er gar an einem anderen Ort? Doch wie er feststellte war es dieselbe Lichtung, auf welcher er stand. Die, auf welcher er und seine Freunde Rast gemacht hatten, nachdem er verletzt wurde. Wie von selbst legte Merlin eine Hand auf seine Seite, in welcher der Pfeil zuvor steckte. Doch der Zauberer spürte nichts. Keinen Schmerz. Alles was er unter seinen Fingern spürte, war der Stoff seines Hemdes und darunter verborgen der Verband. Kurz ließ er seinen Blick schweifen, bevor Merlin ihn auf den Fremden richtete. „Wer seid Ihr?“, wiederholte er seine Frage. Er hatte keine Ahnung, wer dort vor ihm stehen könnte. Es war ein Mensch und augenscheinlich ein Mann, soweit er sagen konnte. Er trug einen schwarzen Umhang, welcher bereits alt und zerfleddert aussah. Er hatte Löcher, war an den Enden ausgefranst, Risse zogen sich durch den schwarzen Stoff. Seine Kapuze hing ihm tief ins Gesicht, sodass Merlin gerade einmal den Mund des Mannes sehen konnte. Merlin wusste nicht warum, doch ein seltsames beklemmendes Gefühl ergriff ihn bei dem Anblick dieses Mannes. Oder eher dieses Wesens. Nur zu deutlich spürte er die Macht, welche von dem Mann auszugehen schien. Stark, mächtig und… alt. Die Magie, welche seinem Gegenüber inne wohnte, war alt und Merlin spürte nur zu deutlich, wie sich seine Magie an dieses Gefühl, welches in ihm ausgelöst wurde, erinnerte. Irgendwo hatte er bereits eine ähnliche Macht und Ausstrahlung gespürt. Doch er wusste nicht genau, woher dieses Gefühl kam. Mit zusammengezogenen Augenbrauen betrachtete Merlin den Mann und wartete auf eine Antwort. Der Fremde hatte seinen Kopf gesenkt, während Merlin sich seine Umgebung näher besehen hatte. Als er zum wiederholten Male angesprochen wurde hob er seinen Kopf und schaute zu seinem Gegenüber. Noch immer war der größte Teil seines Gesichtes im Schatten verborgen. Nur die Partie des Mundes blieb Merlin nicht verborgen und er sah, dass die Haut kränklich blass war, dennoch glatt und ohne Falten. Unter der Kapuze schien sich ein junges Gesicht zu verstecken. Leicht neigte der Mann seinen Kopf, als er mit einer Stimme zu sprechen begann, welche so alt klang wie er scheinbar selbst war, auch wenn er nicht danach aussah. Eine tiefe, rauchige Stimme voller Weisheit, Autorität und Macht. „Man nennt mich Calest, den Wächter über die Sterbenden.“ Merlin runzelte die Stirn und sah die vermummte Gestalt fragend an. „Ihr kümmert Euch um die Sterbenden?“ Calest nickte, doch dann legte er leicht den Kopf schief. „Ich erscheine nur den auserwählten Wesen, vom Schicksal gezeichnet und bereits mit einem Fuß in der Welt der Toten, ohne Chance, wieder aus dem Schleier hinauszutreten.“ Er klang erklärend und schien seine Worte sehr genau zu wählen. Vermutlich, weil es nicht oft vorkam, dass jemand mit ihm sprach. „Wie ich weiß, seit Ihr bereits meinem Gegenpart, meiner Schwester, wenn Ihr so wollt, begegnet. Die Cailleach.“ Merlin nickte daraufhin. Deswegen kam ihm diese Macht also so bekannt vor. Er erinnerte sich. Die Cailleach. Die Wächterin über die Toten. Die alte Frau, welche er damals traf, als er den Schleier zur Geisterwelt, aus denen die Dorocha strömten, wieder schließen wollte. Nun stand er also ihrem `Bruder´ gegenüber. Calest. Der - Plötzlich schienen die Worte gänzlich zu Merlin durchgedrungen zu sein, denn er zog scharf die Luft ein und riss seine Augen auf. Er taumelte einen Schritt zurück. „Wächter über die Sterbenden?!“, wiederholte er krächzend und seine Hand legte sich ruckartig an seine Seite, in welche der Pfeil eingeschlagen war. Diese Verletzung konnte doch nicht wirklich seinen Tod bedeuten. Oder doch? Verzweiflung machte sich in ihm breit. Er konnte nicht sterben! Er musste Arthur und Camelot beschützen! Besonders jetzt, wo Morgana solch eine mächtige Kreatur an ihrer Seite hatte. Er hatte ein Schicksal zu erfüllen! Über die wachsende Verzweiflung des Schwarzhaarigen konnte der Wächter nur lauthals lachen. Obgleich seine Stimme rauchig klang, war sie doch in Gewisserweise hell und ehrlich erfreut, als er lachte. „Bitte beruhige dich, Emrys“, sagte er und lächelte noch immer. Er schien sich wirklich über Merlins Reaktion zu erfreuen. Dies blieb natürlich auch dem Schwarzhaarigen nicht verborgen. Wütend blitzten seine blauen Augen auf. „Warum seid Ihr hier?!“, fauchte er beinahe. Natürlich war ihm bewusst, wem er sich gegenübersah und das er seine Situation mit seiner Unbeherrschtheit nur noch schlimmer machen könnte, doch er hasste es einfach, wenn man sich über die Verzweiflung anderer lustig machte. Was ihm im Moment aber wirklich wütend machte und auch verzweifeln ließ war die Tatsache, dass er dem Wächter der Sterbenden gegenüberstand. Was sollte er tun, wenn er wirklich bereits dem Tode geweiht war? Wer sollte Morgana aufhalten und Camelot beschützen? Und Arthur? In Gedanken berichtete er sich. Was KONNTE er tun, sollte er wirklich jetzt oder in absehbarer Zeit sterben? Er kannte die Antwort nur zu gut. Nichts. Absolut gar nicht. Beschwichtigend hob Calest die Hände. „Ich bin nicht hier, um zu tun, was du denkst“, versuchte er ihn zu beruhigen. „Ich wollte dich lediglich mit dir reden.“ Nun war Merlin völlig verwirrt. Er schob seine aufgewühlten Gefühle beiseite, was ziemlich schwierig für ihn war. Der Wächter wollte also nur mit ihm reden? „Ich muss… also nicht sterben…?“, wollte der Zauberer wissen, auch wenn er Angst vor der Antwort hatte. Nachsichtig lächelte der Wächter und schüttelte den Kopf. „Eines Tages wird es vielleicht soweit sein. Doch im Moment kannst du dich noch an deinem Leben erfreuen.“ Pure Erleichterung durchflutete Merlin und er konnte nicht anders, als einmal erleichtert aufzuseufzen. Was für schlimme Folgen sein Tod für Camelot hätte haben können, wollte er sich lieber gar nicht genau vorstellen. Jedenfalls im Moment noch nicht. Arthur und die Ritter waren stark, ohne Frage, doch gegen Morgana und diese Kreatur, den Roch… gegen keinen von beiden würden sie ankommen. Das musste er übernehmen. Merlin musste sich diesen Feinden entgegenstellen und sie besiegen. Zum Wohle Camelots. Wieder lächelte Calest, nun allerdings über die sichtliche Erleichterung seines Gegenübers. Und diese war auch verständlich. Wer würde sich nicht freuen, wenn man mitgeteilt bekam, dass man noch nicht sterben muss? Doch schnell wurde der Wächter wieder ernst. Seine Zeit, um mit Emrys zu sprechen, war nicht unbegrenzt und sein Anliegen war äußerst wichtig. Merlin bemerkte die plötzliche Ernsthaftigkeit des Wächters. Sein Lächeln erstarb und machte ebenso einem ernsten Gesichtsaudruck Platz. „Ich bin hier, um dich um etwas zu bitten“, gestand der Vermummte. Verwirrt wanderte eine Augenbraue Merlins nach oben. Was könnte es geben, um das ihn der Wächter der Sterbenden bitten müsste? „Wie du vielleicht schon bemerkt hast, bin ich dir in deinem Schlaf erschienen. Zu einem Zeitpunkt, an dem du dem Totenreich näher bist, als in einem Zustand völliger körperlicher Unversehrtheit. Und keine Angst, dein Tod ist wahrlich noch weit entfernt“, wiederholte er noch einmal, um jegliche mögliche Unterbrechung Merlins diesbezüglich zu unterbinden. „Doch wie du auch weißt wurde der Schleier zur Totenwelt ein weiteres Mal beschädigt, wodurch es möglich ist, dass ich dir erscheinen kann“, erklärte er weiter und Merlin konnte nur nicken. Langsam dämmerte ihm, worauf der Wächter hinauswollte. „Der Schaden ist zwar nicht so gravierend wie das letzte Mal, als es geschah, doch trotzdem könnten die Folgen nicht schlimmer sein. Das Gleichgewicht ist gestört und die Seelen der Toten unruhig, doch das ist noch nicht einmal das Schlimmste.“ Calest verschränkte die Arme vor der Brust und sah direkt zu Merlin. Jedenfalls nahm dieser es an, denn der Zauberer konnte nur den Mund seines Gegenübers sehen, der zu einer schmalen Linie zusammengekniffen war. Der Wächter schien wirklich nicht erfreut über diese Situation zu sein. „Du hast von der Kreatur gehört.“ Es war keine Frage, eher eine Feststellung. Merlin nickte. „Der Roch.“ Dieses Mal war es an Calest zu nicken. „Der große Drache erzählte mir von ihm“, erklärte Merlin. „Er soll vor langer Zeit bereits Angst und Schrecken verbreitet haben. Erschaffen aus den Seelen der Toten, welche damals durch den Schleier traten, als dieser zum ersten Mal zerrissen wurde.“ Calest wartete, bis Merlin zu Ende gesprochen hatte, bevor er begann zu sprechen. „Ah, ja. Kilgharrah.“ Leicht lächelte der Mann. Es schien, als würde er sich an etwas angenehmes erinnern. „Der große Drache. Ja, er war schon immer größer als seine Artgenossen. So kam er selbst unter seinesgleichen zu diesem Beinamen. Er war wirklich groß. Und mächtig. Seine Kräfte ließen sich nicht mit denen der anderen Drachen vergleichen.“ Die Stimme des Wächters war ruhig und erinnerungsselig, ein Hauch von Ehrfurcht und Respekt schwangen in seiner Stimme mit. Er schien Kilgharrah bereits lange zu kennen, wie Merlin verblüfft feststellte. „Es scheint mir, als wären nur wenige Tage vergangen, seit er den finalen Schlag gegen den Roch unternahm und ihm seinen Körper stahl.“ „Er ist eine Bedrohung“, mutmaßte Merlin. „Doch im Moment kann er nichts ausrichten.“ Wieder wurde Calest ernst. „Der Roch ist eine Kreatur, welche seine Macht aus der Verzweiflung der Menschen und der Toten erhält.“ Seine Hände strichen durch den Nebel, schienen ihn vor sich zusammenzutragen, bis er sich verdichtete. Calest trat einige Schritte zurück. Langsam bildete sich aus dem Dunst eine Kreatur, mannesgroß und stark. Ein kräftig gefiederter Körper, endend in zwei muskulösen Beinen, an welchen sich je eine messerscharfe Klaue mit drei Zehen befand. Wer einmal in diese Fänge geraten würde, den würde die Bestie zerfetzen. Drei Schlangen, welche leise zischten, wanden sich an der Kehrseite der Kreatur. Selbst, wenn man ihm von hinten zu nahe kam, wäre er nicht schutzlos. Eine gefährlich aussehende Halskrause aus spitzen, scharfen und gehärteten Federn verhinderte einen festen Griff oder einen tödlichen Schwertstoß in den Hals. Zwei Flügel ersetzten die Arme, doch sie waren kräftig. Kräftig genug, den massigen Körper in die Lüfte zu erheben und ihn dort für lange Zeit zu halten. Der Kopf ein einziges Gebilde aus Eisen. Zwei lange spitze Hörner bogen sich aus dem Metall hervor. Der unsichtbare Blick schien sich direkt in den seinen zu bohren. Merlin schluckte hart. Dieses Wesen war wirklich beängstigend. Obgleich seines Aussehens oder seiner Ausstrahlung, welche selbst diese Nachbildung der Kreatur hatte. Der Roch. „Wo er wandelt sät er Misstrauen, Angst und Hass“, erklärte Calest weiter. „Diese Gefühle stärken ihn. Seine Macht wird nie vergehen. Aber…“ Es schien, dass sich der Wächter plötzlich an etwas erinnerte, was er ihm noch mitteilen wollte. „Als sich die Seele des Rochs in die Totenwelt zurückziehen musste, konnten meine Schwester und ich seine Macht noch weiter eindämmen. Er war wieder in das Reich der Cailleach zurückgekehrt und er war schwer verletzt, dem Tode nah. So konnten meine Schwester und ich unsere Kräfte zusammentun und dem Roch eine Art Siegel auferlegen, welches ihn beinahe vollkommen wehrlos machte.“ Er deutete auf den Kopf der Bestie. Dieser wurde komplett durch eine eiserne Maske verhüllt. Lediglich eine Kerbung für das Maul zum Atmen und zwei Sehschlitze waren in der Maske zu sehen. „Doch all die Zeit, welche er in der Totenwelt gefangen war, hat seine Gestalt noch weiter verändert und ihn noch gefährlicher und trotz unsere Anstrengungen mächtiger gemacht.“ Leise seufzte Calest und es klang bedauernd. „Wir hätten vorsichtiger sein sollen“, sagte er leise und senkte den Kopf. Es sah aus, als schäme er sich. „Wenn meine Schwester und ich nicht diesen Bann auf den Roch ausgeübt hätten, dann wäre die Bestie vielleicht wieder in die Seelen zerfallen, aus denen sie entstand.“ Der Wächter senkte die Schultern, als würde eine schwere Bürde darauf lasten. Merlin verstand ihn. Im Bestreben, den Roch aufzuhalten und ihn unschädlich zu machen, haben er und die Cailleach dafür gesorgt, dass die Kreatur in der Totenwelt weiterexistierte. Die Eisenmaske, welche seine Macht im Zaum halten sollte diente ebenfalls dazu, ihn selbst zusammenzuhalten. Es war eine gute Absicht der beiden gewesen. Doch die Folgen konnte keiner von ihnen bedenken. Merlin seufzte. Auch ihm passierte dies mehr als einmal. Wie oft tat er etwas, das er für richtig hielt und dennoch richtete er manchmal mehr Schaden als nutzen an. Es war wirklich schwierig, das Richtige zu tun, vor allem, wenn es einem falsch vorkommt. „Nun, es kam, wie es kam“, sagte er laut und machte eine unwirsche Bewegung mit der Hand. Die Nachbildung des Rochs löste sich wieder zu dem auf, was es letztendlich war. Nebel. „Weder meine Schwester noch ich haben die Macht, Vergangenes rückgängig zu machen. Ebenso wenig wie du oder sonst irgendein Zauberer.“ Die Augen des Wächters schienen direkt in Merlins Seele sehen zu können, dass konnte der junge Mann ganz deutlich spüren. Auch wenn er es nicht sehen konnte. „Doch es gibt etwas, dass du tun kannst“, ließ Calest plötzlich verlauten. Seine Arme hingen an seinem Körper herunter, angespannt, die Hände zu Fäusten geballt. Trotz seiner vorhergegangenen Worte schien er viel von Merlin zu halten und an ihn zu glauben. „Deine Magie ist groß, Emrys, auch, wenn sie noch nicht ihre volle Macht entfaltet hat.“ Wieder verschränkte der Wächter die Arme vor der Brust und starrte Merlin an. Jedenfalls glaubte Merlin, dass sein Gegenüber dies tat. „Irgendwann ist es soweit“, sagte Calest und klang absolut überzeugt. „Deine Macht wird ihre wahren Ausmaße noch finden. Eines Tages bestimmt.“ Es herrschte eine Zeit lang Stille zwischen den beiden magischen Wesen. Merlin war erstaunt, wie viel man ihm zutraute und wer alles Vertrauen in und Ehrfurcht vor seiner Macht zeigte. Irgendwie gefiel Merlin dieses Gefühl. Es machte ihn wohl wirklich zu etwas besonderem. Er war stolz auf sich. Andererseits… fühlte er sich unwohl und von der Last, welche auf seinen Schultern lag, der Bürde und der Aufgabe, welche alle magischen Wesen und die alte Religion selbst ihm auferlegt haben, beinahe erschlagen… „Ich bin sicher, dass es dir und Kilgharrah gelingen wird, den Roch ein für alle Mal zu vernichten, sodass er nie wieder Unheil über die Welt wird bringen können.“ Calest sprach in ruhigem Ton, doch Merlin spürte, dass er wirklich hoffte, seine Worte mögen der Wahrheit entsprechen. Er und seine Schwester konnten die Macht dieser Kreatur damals nur eindämmen und sie nicht töten. Nun musste jemand anderes diese Aufgabe übernehmen. Und es tat ihm Leid. Er, Merlin, musste nun etwas wieder in Ordnung bringen, was Anhänger der Alten Religion, Calest und die Cailleach auf die Welt losgelassen hatten. Der Wächter seufzte. „Noch ist er schwach und die Maske hält ihn auch schwach. Doch sollte genug Zeit vergehen und er kann genug Macht ansammeln, dann wird die Maske und somit der Bann, den meine Schwester und ich ihm auferlegt haben, brechen. Und nur die Göttin alleine weiß, wie sehr die Welt leiden muss, sollte dies geschehen.“ Ein leichter Schauer durchlief den alten Körper des Wächters und Merlin erging es nicht anders. Er wollte sich lieber nicht vorstellen, was alles passieren würde, wenn der Roch wirklich diesen Bann brechen konnte. Er war sich sicher, noch nicht einmal Morgana selbst könnte mit ihren Methoden an die Grausamkeiten und die Pein, welche die Bestie über die Welt bringen würde, heranreichen. Um jeden Preis musste Merlin das verhindern. Der Nebel um sie herum wurde plötzlich dichter, Merlin konnte mit einem Mal Calest kaum noch sehen. „Was - ?“ Der Wächter seufzte leise. „Unsere Zeit ist abgelaufen, Emrys“, sagte er, wobei seine Gestalt langsam gänzlich im Nebel verschwand. Seine Stimme hallte verzerrt durch den weißen Dunst. „Die einzige Bitte, welche ich und auch jedes Wesen der Alten Religion an dich äußern, ist folgende.“ Nur noch leise reichte die Stimme des Wächters zu Merlin, welcher sich mit einem Mal entsetzlich schwach fühlte und kaum noch die Augen offen halten konnte. Er verlor beinahe jedes Gefühl für seinen Körper und fühlte sich schwerelos. So leicht… „Bitte tue alles in deiner Macht stehende, um den Roch zu vernichten…“ Nach diesen Worten verstummte Calest, der Wächter über die Sterbenden, und ließ Merlin wieder alleine. Diesem wurde schwummrig und er schloss die Augen, ließ sich treiben. „Ich versuche es…“, konnte er noch nuscheln, bevor er sich wieder völlig der Dunkelheit und der Müdigkeit hingab, welche ihn abermals heimsuchten und in ihre wohltuenden Umarmungen zogen. Kapitel 8: Eine Nacht der Entscheidungen ---------------------------------------- Kapitel 8 - Eine Nacht der Entscheidungen     Arthur hatte immer wieder etwas von dem Holz, welches er und Merlin gesammelt hatten, in die Flammen geworfen, um das Feuer am Leben zu halten. Solange er wach war musste er sich keine Gedanken über einen Überraschungsangriff im Schlaf machen. Allerdings wanderten seine Gedanken dafür zu den Ereignissen des Tages zurück. Eigentlich sollte es für sie alle ein ruhiger und erholsamer Tag werden. Arthur seufzte. Zwar war die Idee gut, doch die Realität sah dann doch ganz anders aus, als sich der König gewünscht hatte. Beinahe geschlagen sackte Arthur leicht zusammen und schloss die Augen. Eigentlich sollte dieser Ausflug eine Aufmunterung für Merlin werden, sollte ihn von seinem Kummer und seinen Befürchtungen ablenken. Und nun war dieser verletzt. Verletzt durch einen Pfeil, welcher seiner Frau gegolten hatte. Wut züngelte in dem König hoch, gemischt mit Selbstvorwürfen. Wieder seufzte Arthur auf und sein Blick glitt zurück in die Flammen. Natürlich wusste er, dass der Schwarzhaarige jederzeit sein Leben für ihn, den König, die Königin oder einen der Ritter geben würde. Sie alle waren seine Freunde und würden selbstverständlich dasselbe für ihn tun. Und doch behagte dem Blonden dieser Gedanke nicht, ganz und gar nicht. Viel zu oft hatte Merlin sein Leben bereits aufs Spiel gesetzt, um den König zu schützen. So oft… Arthur kam nicht umhin große Dankbarkeit für seinen Diener zu empfinden. Er war stets an seiner Seite, munterte ihn auf, stand ihm näher als sonst ein Mensch. Der König konnte sich glücklich schätzen jemanden wie Merlin um sich zu haben. Und er wollte ihn auch nie wieder missen müssen. Doch war es fair, Merlin deswegen immer wieder in Gefahr zu bringen? Konnte Arthur es verantworten, dass sein bester Freund leichtsinnig sein Leben wegwarf, nur um seines zu schützen? Arthur kannte die Antwort nur zu gut… Geschlagen stöhnte der König auf. Seine Augen, welche er kurzzeitig geschlossen hatte, öffneten sich wieder und blickten beinahe gequält in die Flammen. Er konnte Merlin nicht mehr solch ein Wagnis eingehen lassen. Sollte dem Schwarzhaarigen jemals wirklich etwas geschehen, dann könnte es sich Arthur niemals verzeihen. Er musste sich entscheiden. Lange überlegte er, bis seine Aufmerksamkeit jedoch mit einem Mal von etwas anderem gefesselt wurde.     Unruhig versuchte sich Merlin plötzlich im Schlaf umherzuwälzen, doch seine Verletzung behinderte seine Bewegungsfreiheit sehr. Die Augen unter den geschlossenen Lidern bewegten sich unruhig. Ein gedämpftes Stöhnen erklang aus seiner Kehle, seine Hände ballten sich zu Fäusten und sein Körper spannte sich an.     Verwirrt zog Arthur die Augenbrauen zusammen und richtete seinen Blick auf seinen Diener. Sorge stieg in ihm auf. Was war los? „Merlin?“, sprach er seinen Freund an. Es schien, als würde dieser jeden Moment erwachen. Besorgt blickte er auf seinen Diener hinab und beugte sich über diesen, sah, dass dessen Augen sich immer schneller hinter den Lidern bewegten. Er schien aufzuwachen. „Merlin? Kannst du mich hören?“     Erst tauchte er zurück in die Dunkelheit, nachdem Calest wieder verschwand, schlief ein und erholte sich, bis er sich scheinbar im nächsten Moment wieder seines Körpers bewusst wurde. Zischend zog er die Luft ein, als sich der Schwarzhaarige bewegte und die Schmerzen abermals wellenartig durch seinen Körper schossen. Eine Stimme hallte in seinen Ohren wider, doch er konnte nicht verstehen, was sie sagte. Merlin kniff die Augen zusammen, bevor er versuchte, sie zu öffnen. Schwerfällig hoben sich die Lider Zentimeter für Zentimeter. Es war unglaublich schwer. Seine Sicht war verschwommen und doch machte er vor sich ein Gesicht aus, welches ihn betrachtete. So unklar seine Sicht auch war, er konnte blonde Haare und blaue Augen ausmachen… Blonde Haare und blaue Augen… `Arthur!´, schoss es Merlin durch den Kopf. Er blinzelte ein paar Mal, um seine Sicht zu klären. Je öfter er die Augen öffnete und schloss, desto leichter fiel es ihm, sie beim nächsten Mal offen zu halten. Und tatsächlich. Genau vor ihm kniete der König und sah ihn an, Sorge war in seinen Augen zu sehen und doch blitzte in diesem Moment Erleichterung in ihnen auf. „Merlin“, sagte Arthur und klang erfreut. „Wie geht es dir?“ Vorsichtig versuchte Merlin sich aufzurichten, der Schmerz pulsierte durch seinen Körper. Die Zähne zusammenbeißend und mit etwas Hilfe seines Königs setzte sich der Verletzte aufrecht gegen den Baum. „Es ging schon einmal besser“, gestand er wahrheitsgemäß und seufzte leise. Seine Kehle brannte und fühlte sich trocken an. „Und ich habe Durst.“ Arthurs Mundwinkel zuckten leicht nach oben, als er diese Worte hörte. „Warte“, sagte er und entfernte sich leise von Merlins Seite. Als der König weg war nutzte Merlin die Zeit und sah sich um. Es war Nacht. Tiefe Nacht. Der Vollmond stand hoch am Himmel. Die Anderen schliefen tief und fest wie es aussah. Doch warum war der König dann noch wach? Dieser kam gerade zurück und hielt dem Verletzten einen Wasserschlauch hin. „Hier“, sagte Arthur. Merlin griff nach dem Schlauch. Er merkte, dass er seine rechte Hand ununterbrochen auf seiner Verletzung liegen hatte. Beim Vorbeugen zogen sich seine Muskeln zusammen und er zischte schmerzerfüllt auf. Seine Hand um den Schlauch verkrampfte sich. Besorgt rückte der König näher und seine Augen fixierten jede Bewegung seines Gegenübers. „Alles in Ordnung?“, fragte er und wieder hatte seine Stimme diesen ungewohnt besorgten Unterton. Merlin biss die Zähne zusammen, als er antwortete. „Ja“, sagte er „Es geht mir gut. Ich muss nur daran denken, mich langsamer zu bewegen.“ Er trank einen Schluck Wasser, wohl wissend, dass ihn die Augen seines Freundes nicht eine Sekunde verließen. Nachdem Merlin seine Kehle befeuchtet hatte, gab er den Wasserschlauch dankend seinem König wieder und lehnte sich zurück. Er fühlte sich müde, obwohl er bereits so lange geschlafen hatte. Sein Blick glitt in den Himmel zu dem Vollmond, welcher die gesamte Lichtung in sanftes Licht tauchte. „Eine schöne Nacht“, sagte Merlin und ein leichtes Lächeln schlich sich auf seine Lippen, die Schmerzen für einen Augenblick vergessend. Arthur nickte zustimmend und blickte ebenfalls in den Himmel. „Es ist lange her, dass wir einen solch ruhigen Abend im Freien verbringen konnten.“ Ein Seufzen entfuhr dem König. „Wenn der Tag doch auch nur so schön gewesen wäre.“ „Ja.“ Plötzlich grinste Merlin breit. „Es hätte wirklich ein weitaus schönerer Tag werden können, wenn Ihr das Unglück nicht magisch anziehen würdet, Sir.“ Eingeschnappt zog Arthur die Oberlippe hoch und funkelte seinen Diener ärgerlich an und doch war deutlich die Erheiterung in seinen Augen zu sehen. „Und wie kommst du darauf, dass es an mir liegen würde?“, wollte er wissen, seine Stimme eine Mischung aus Verärgerung und Belustigung. „Immerhin bist du es, der keine fünf Schritte gehen kann ohne zu stolpern. Es würde mich nicht wundern, wenn dein Trampeln die Feinde direkt zu uns geführt hätte.“ Natürlich war es Unsinn, was Arthur da sagte und das wusste er ganz genau. Ebenso hoffte er, dass Merlin es ebenfalls wusste. Und wie zur Bestätigung fing Merlin leise an zu lachen. Leise, weil er noch immer Schmerzen hatte, zum anderen wollte er seine Freunde nicht wecken. Arthur war über diesen Zustand allerdings mehr als erleichtert. Sein Diener lachte so sorglos und frei wie sonst auch. Wie sehr hatte er sich gesorgt, dieses Lächeln und diese typische positive Ausstrahlung an Merlin nicht mehr zu sehen? Es war vielleicht ein vorschneller Gedanke, doch bei der Laune, welche sein Freund die vergangenen Tage an den Tag gelegt hatte, war seine Sorge nicht unbegründet gewesen. Und auch, wenn er die Sorge seines Freundes nur zu gut nachvollziehen konnte… nun war Arthur einfach nur erleichtert. Es herrschte Ruhe zwischen dem König und seinem Diener. Nur das Knistern des Feuers, das Rauschen des Waldes und das leise Schnarchen der Ritter waren zu hören. Arthur hatte sich ebenfalls an den Baum gelehnt und saß nun neben Merlin. Es war friedlich und sie beide genossen die Nacht.   Nach und nach drängten sich allerdings die Gedanken wieder in Arthurs Bewusstsein, welche ihn bereits heimsuchten, bevor Merlin erwachte. Merlins Sicherheit… und Arthurs Gewissheit, ihn nie wieder solcher Gefahr aussetzen zu wollen… Er musste etwas dagegen tun… auch wenn es den Blonden mehr als anderes schmerzte. Er konnte nicht zulassen, dass Merlin sein Leben noch einmal einfach aufs Spiel setzte. Wenn ihm wirklich etwas Schlimmeres passieren sollte… würde das Arthur nicht verkraften.   Noch immer herrschte Schweigen kehrte ein. Und es hielt an, lange, sodass Merlin bereits glaubte, sein Herr wäre doch noch eingeschlafen. Er hätte es ihm nicht verübeln können, sah er so müde und erschöpft aus wie Merlin sich fühlte. Plötzlich begann der Blonde zu sprechen. Leise, so wie ihre vorherige Unterhaltung es ebenfalls war. Und sehr bedacht.   „Bist du glücklich? In Camelot meine ich.“ Merlin war schon beinahe wieder eingeschlafen, als er die Worte seines Herren hörte. Träge versuchte er, seine Augen zu öffnen. „Wie meint ihr das, Sire?“ Der Zauberer sah zu dem König hinüber, dieser hielt seinen Blick jedoch stur in die Flammen gesenkt. Der Schein der Flammen tanzte in seinen Augen. Arthur schwieg. Er schwieg solange, dass Merlin erneut nachfragen wollte, doch da ertönte bereits die Stimme des Königs. „Du bist mein Diener“, sagte er leise. `Und mein Freund´, doch das konnte der König nicht so direkt aussprechen. Noch konnte er nicht über seinen Schatten springen. Vielleicht eines Tages… „Es liegt mir viel daran, dass mein Volk und die Menschen um mich herum glücklich sind.“ Verblüfft blinzelte Merlin mehrmals, versuchte, die Müdigkeit, welche ihn befiel, abzuschütteln. Arthur sprach weiter. „Ich...“ Leicht schluckte Arthur und räusperte sich. „Ich bin froh, dass du mein Diener bist, obwohl es wohl niemand inkompetenteren geben könnte.“ Ein leichtes Lächeln schlich sich auf die Lippen des Blonden in seinem Versuch, seine Beklemmung und seine Verlegenheit hinter diesem Witz zu verstecken. „Aber ich bin froh darüber“, fuhr er fort, die Augen noch immer an jeden anderen Punkt gerichtet, als ihn in Merlins Richtung zu lenken. „Ich hätte mir niemand anderes vorstellen können, der so loyal und treu an meiner Seite steht.“ Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen, ein ehrliches und dankbares Lächeln. „Und deswegen ist es mir sehr wichtig, dass du glücklich bist.“ Die letzten Worte waren leise, leiser als die Worte zuvor und Merlin hätte seinen Herrn beinahe nicht verstanden. Umso überraschter war er nun. „Sire...“, flüsterte Merlin leise und genoss die Wärme, welche sich in seinem Inneren ausbreitete. Noch nie hatte Arthur so offen über ihre `Freundschaft´ gesprochen und dass er sich Sorgen um ihn machte. Merlin wusste natürlich, dass es der König nicht so einfach zugeben konnte, er aber genauso empfand. Er sah den Schwarzhaarigen als seinen Freund an. Und Merlin Arthur als den Seinen. Und sie wussten ebenfalls beide, dass sie für den jeweils anderen ihr Leben geben würden.   „Sire“, wiederholte Merlin und gewann somit endlich die Aufmerksamkeit seines Herrn, welcher seinen Blick nun ihm zuwandte. Blaue Augen trafen sich. „Ich habe es Euch bereits schon einmal gesagt und Euch auch schon mehr als einmal bewiesen. Doch ich sage es Euch gerne noch einmal.“ Tief holte Merlin Luft, nun lächelte auch er. „Ich bin glücklich, solange ich Euer Diener sein kann. Ich bin glücklich, an Eurer Seite stehen zu dürfen. Und ich bin glücklich, ein solch schönes Leben in Camelot führen zu können.“ Sein Blick schweifte zu den Schlafenden und sein Blick und sein Lächeln war sanft. „Um nichts in der Welt würde ich dieses Leben eintauschen wollen. Und um nichts in der Welt würde ich zulassen, dass Euch oder meinen Freunden etwas geschehen würde.“   Diese Worte meinte er ehrlich. Und der Zauberer wusste, dass er sie bald einhalten müsste. Arthurs Zeit war nahe und damit auch seine. Merlins Magie pulsierte in ihm und wollte sich zu ihrer gesamten Macht entfalten. Der Moment, indem sich das Schicksal ganz Albions entschied, stand kurz bevor. Und Merlin musste auf diesen Augenblick vorbereitet sein. Und er wusste… bevor der Augenblick anbrechen würde, müsse er kämpfen. Denn sie lauerte dort draußen. Morgana. Unbemerkt ballte sich seine Hand zur Faust. Welche Bande auch immer zwischen ihnen bestanden hatten… sie waren zerstört. Niemals wieder würde die gleiche Verbundenheit zwischen ihnen herrschen. Sie beide waren Feinde. Todfeinde. Und dieser Kampf um die Sicherheit und die Zukunft Albions würde auch erst enden, wenn einer von ihnen tot war. Es gab sonst keinen Ausweg mehr. Es gab für Merlin nur Sieg oder Niederlage. Und er wollte siegen. Er musste siegen. Er hatte sich entschieden. Er musste Morgana töten. Für all das, was sie ihrem Volk und ihrer eigenen Familie angetan hatte. Und dieses Mal würde ihn kein Mitleid mehr aufhalten. Mehr als einmal hatte er die Gelegenheit, sie zu töten, aber er hatte es nie über sich bringen können. Doch das war vorbei. So wie Kilgharrah einst sagte. Ihre Schicksale sind miteinander verbunden. Sie war die Dunkelheit zu seinem Licht, der Hass zu seiner Liebe. Er liebte Camelot und er würde nicht zulassen, dass es in die Hände von Morgana fiel und sie es mit ihrem Hass zerstörte. Er würde nicht mehr zögern, ebenso wenig, wie Morgana zögern würde ihn zu töten. Merlin würde alles in seiner Macht stehende tun, um sie aufzuhalten.   „Egal, was es mich kosten würde. Ich werde Euch und meine Freunde beschützen.“ Seine Stimme klang verändert. Wo zuvor die Sanftheit herrschte, hatte sich nun Entschlossenheit einen Platz gemacht. Arthur glaubte die Worte seines Dieners sofort, hatte er diese doch bereits mehr als einmal bestätigt. Und genau das machte dem König Angst…   Mit einem Mal änderte sich Arthurs Gesichtsausdruck und dieser ließ leicht den Kopf hängen. Er lehnte sich zurück, lehnte sich ebenfalls an den Baum. Ein Bein winkelte er an und er legte seinen Arm darauf. Sein Kopf legte er gegen die raue Rinde. „Genau das ist das Problem“, sagte er murrend und seine Stimmer klang belegt. „Du solltest dich nicht dieser Gefahr aussetzen. Du bist ein Diener. Kein Kämpfer!“ Es war ungerecht, dass wusste Arthur. Merlin hatte ihm immer zur Seite gestanden und war in manchen Schlachten eine große Hilfe. Und doch war es für ihn nicht ungefährlich. Und genau das bereitete Arthur Kummer. Gequält schloss er die Augen, blendete für einen Moment seine Umgebung aus.   Eigentlich sollte er glücklich sein. Er hatte die beste Frau, welche auf der ganzen Welt wandelte, heiraten dürfen und genoss ihre Liebe. Er konnte manchmal noch immer nicht glauben, dass Gwen seine Liebe erwiderte und dass er sie verdiente. Doch es war so. Seine Ritter waren nicht nur seine Ritter. Sie waren auch seine Freunde geworden. Und ganz besonders seine vier obersten Ritter. Leon, Gwaine, Percival, Elyan. Keinen dieser vier hätte sein Vater je zum Ritter geschlagen, doch die Treue, welche sie ihm gegenüber bereits zeigten, als er noch ein Prinz war, beeindruckte ihn sehr. Natürlich, sie waren ihm loyal ergeben und er erteilte ihnen Befehle, doch das änderte nichts. Die Konkurrenzkämpfe fanden noch immer statt, sie wollten sich immer wieder übertrumpfen, doch sie waren trotzdem Freunde. Er und seine Ritter unternahmen viel miteinander, selbst wenn keine Übungen oder Besprechungen anstanden. Manchmal gingen sie zusammen in die Taverne, um etwas zu trinken und Spaß zu haben, wenn genug Zeit blieb, unternahmen sie Ausritte, so auch an diesem Tag. Und bei solchen Ausritten war meist auch Gwen mit dabei, was ihn außerordentlich freute. Und eine Person durfte dabei nicht fehlen. Merlin. Längst war sich Arthur darüber im Klaren, dass sein Diener nicht mehr nur sein Diener war. Schon seit langer Zeit war der Schwarzhaarige für den König so viel mehr. Er war von dem Tag ihres ersten Treffens an von all den Menschen, welche Arthur bis dahin kennen gelernt hatte, der Einzige gewesen, der ihn wie einen gewöhnlichen Menschen behandelt hatte. Es war dem Schwarzhaarigen von Anfang an egal gewesen, wer Arthur war. Es war ihm egal, dass der Blonde der Prinz war. Es war ihm egal und er machte aus seiner damaligen Meinung und seiner Abneigung gegenüber dem Sohn des Königs auch kein Geheimnis. Und doch war Merlin seit Jahren immer bei ihm, egal wo. Im Thronsaal, auf dem Übungsplatz, im Kampf oder auf der Jagd. Merlin war da, bevor er morgens aufwachte (jedenfalls meistens) und vorwiegend war er der Letzte, den er sah, bevor er zu Bett ging. Merlin war ein wichtiger Teil seines Lebens geworden. Der Blonde konnte sich einfach nicht vorstellen, wie es wäre, wenn Merlin nicht mehr da wäre. Und ehrlich gesagt wollte er das auch gar nicht. Umso mehr wollte er verhindern, dass Merlin weiter an seiner Seite war, wenn er sich in Kämpfe verstrickte.   Seufzend fuhr sich Arthur durch seine Haare. Wie konnte er seinem Diener nur klarmachen, dass er ihn nicht in Gefahr bringen wollte, ohne diesen vor den Kopf zu stoßen? Es erschien dem König unmöglich, denn er war noch nie ein Mann großer Worte.   Seine Gedanken wurden jedoch unterbrochen, als Merlin plötzlich zu sprechen begann. „Ihr seid Arthur Pendragon, der König von Camelot. Es wird immer Menschen geben, die für Euch ihr Leben geben würden.“ Der Blick Arthurs wurde deprimierter, wie Merlin fand. „Etwa nur, weil ich der König bin?“ Trauer schwang in der Stimme des Königs mit. Er wusste, dass viele seiner Ritter ihr Leben für ihn geben würden, doch das würden sie nur seiner Position wegen tun. Außer seinen engsten Vertrauten würde niemand das Leben von Arthur schützen, nur das des Königs. „Das habe ich nie gesagt, Arthur.“ Die Weise, wie Merlin den Namen seinen Namen aussprach, ließ Arthur aufhorchen. Verwirrt sah er seinen Diener an. „Glaubt Ihr etwa, wir alle sind nur hier, weil Ihr der König seid?“ Der Sarkasmus in der Stimme des Schwarzhaarigen war fast greifbar. „Ganz gewiss nicht. Die Ritter sind hier, weil sie Euch loyal sind und Euch als Freund ansehen. Gwen ist hier, weil Ihr ihr Gemahl seid, den sie mehr als jeden Anderen liebt. Und ich...“ Plötzlich grinste Merlin breit. „Ehrlich Arthur, glaubt Ihr wirklich, Euer Titel als König könnte mich so sehr beeindrucken? Der Titel eines Prinzen konnte das schon nicht und daran wird sich so schnell auch nichts daran ändern.“ Obwohl er lächelte seufzte Merlin leise und schloss die Augen, das viele Sprechen hatte ihn doch mehr angestrengt, als er angenommen hätte. „Ihr seid mein Freund, Arthur“, fuhr er fort und blickte nun seinerseits in die Flammen, in der Hoffnung, dass das Flackern ihn von der bleiernen Müdigkeit ablenken würde. „Genauso wie die Ritter und Gwen. Das ist Grund genug für mich, um Euch zu begleiten. Und vor Dummheiten zu bewahren. Wenn es Euer Dickkopf zulässt.“ Wieder grinste Merlin, aber durch seine Schwäche war es nur klein und doch groß genug, sodass Arthur es sah und sich ein Glücksgefühl in ihm breit machte. Natürlich, wie konnte er auch nur einen Moment daran zweifeln? Die meisten Menschen sahen in ihm immer nur den König, doch es gab unter ihnen welche, die ihn sahen. Arthur, den Menschen Arthur. Gaius, Percival, Leon, Gwaine, Elyan, natürlich Gwen... Und allen Anderen voraus Merlin. Nie zuvor hatte es ein Diener gewagt, so mit ihm umzugehen, geschweige denn, so mit ihm zu sprechen. Erst war Arthur dieses Verhalten von Merlin ein Dorn im Auge, doch er würde sich keinen anderen Diener an seiner Seite wünschen wollen. Und man konnte Merlin nicht aufhalten. Er hatte solch einen Glauben in ihn, seine Loyalität überstieg die anderer bei Weitem. „Merlin, ich - “, doch Arthur verstummte, als er einen Blick auf seinen Diener riskierte. Dieser war wieder eingeschlafen. Die Wunde machte ihm wohl mehr zu schaffen, als dieser zugeben wollte. Und das nur, um keinen von ihnen Sorgen zu bereiten. Dennoch leicht besorgt beugte sich der König über seinen Diener. Manchmal fragte er sich, wer Merlin denn war. Natürlich, er wusste einiges über ihn, woher er kam, was er gerne aß, dass er absolut loyal war… doch mehr eigentlich auch nicht. Und das machte Arthur traurig. Er hatte sich vorher nie sonderlich für seinen Diener interessiert, wie er nun feststellte. Sein Stolz stand ihm im Weg, doch in diesem Moment beschloss Arthur, dass er seinen Freund besser kennen lernen wollte. Er wollte wissen, wer sein Diener war. Arthur lächelte. Es war eigentlich nicht wichtig, wer Merlin wirklich war. Schließlich kannte er die wichtigsten Antworten darauf bereits seit langem. Er war sein persönlicher Diener. Ein guter Freund der Ritter. Der beste Freund von Gwen. Und was am Wichtigsten war... Merlin war Arthurs bester Freund. Sein Berater. Und das würde er hoffentlich auch bleiben. Arthur wusste, dass es egoistisch war. Er brachte Merlin nur in Gefahr, wenn er ihm weiterhin erlauben würde, ihn zu begleiten. Doch genau das war es, was ihn zu Höchstleistungen antrieb. Wenn Merlin dabei war, dann war Arthur sich sicher, dass er jeden Gegner besiegen konnte. Schließlich musste er den schlacksigen Mann beschützen. Und dieser Mann hatte es wahrlich verdient, dass er vom König beschützt wurde.   Sanft lächelte Arthur und sagte leise „Danke Merlin.“ Nun wandte sich der Blick des Königs wieder Richtung der Flammen, ohne zu sehen, wie sich ein Lächeln auch auf Merlins Lippen ausbreitete. Kapitel 9: Das Ende der friedlichen Zeit? ----------------------------------------- Soooooo, es ist endlich soweit, hier ist das neue Kapi von "Merlin - Das Schicksal von Camelot"! Und ich habe um 02:00 Uhr morgend auch nichts anderes zu tun, als mein neues Kapi zu posten, extra für euch! XD Da könnt ihr mal sehen, wie wichtig ihr mir seid! ^^ Und im Übrigen... für mich wären auch ein paar Kommis wichtig und schön! XD Auf jeden Fall erst einmal viel Spaß beim Lesen! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kapitel 9 - Das Ende der friedlichen Zeit?     Am nächsten Tag weckte Arthur Gwen, Merlin und die Ritter zeitig, damit sie sich auf den Heimweg machen konnten. Der König wollte so schnell wie möglich zurück in sein Schloss, damit sich Gaius Merlin einmal ansehen konnte. Auch wenn dieser schon deutlich besser aussah als am Tag zuvor, wollte Arthur kein Risiko eingehen. Vorsichtig bugsierten Percival und Arthur Merlin auf dessen Pferd. Leicht zischte der Schwarzhaarige, doch als er endlich vernünftig auf dem Pferd saß, seufzte er erleichtert. Es war erträglicher, als er angenommen hatte. Er durfte nur nicht an den Ritt und das Schaukeln denken, welches ihm nun bevorstand… Doch genau genommen würde es nicht so schlimm werden. Die Wunde heilte bereits, dass konnte er spüren. Manchmal war Merlin wirklich froh darüber, so anders als seine Freunde zu sein. Seine Magie war stark und würde solch eine kleine Wunde schnell heilen. Doch er musste sie im Zaum halten, wenn er nicht wollte, dass Arthur und die Anderen misstrauisch wurden. Wie sollte Merlin auch erklären, dass seine Verletzung innerhalb eines Tages verheilt war?   Die Luft ausstoßend klammerte sich Merlin an die Zügel seines Pferdes. Er wünschte sich, er könne seinen Freunden endlich die Wahrheit sagen. Doch noch war die Zeit dazu noch nicht gekommen. Wieder ein Seufzen. Manchmal war das Leben schon schwer…   Die Umstehenden vernahmen natürlich die Geräusche, welche der Diener von sich gab. Besorgt wurde dieser gemustert. „Ist wirklich alles in Ordnung, Merlin?“, wollte Gwaine wissen. Er und Percival gingen neben dem Hengst des Dieners her, um ihn wenn nötig zu stützen. Es wurmte ihn sehr, dass er nicht viel tun konnte, als sein bester Freund verletzt wurde. Ihm hätte doch auffallen müssen, dass etwas nicht stimmte. Dass sie nicht alleine waren. Gwaine kniff so fest die Lippen zusammen, dass sie nur einen schmalen Strich bildeten. Es machte ihn wütend, dass sein Freund verletzt wurde, anstatt einer von ihnen. Wozu waren sie denn mitgekommen? Sie sollten das Königspaar beschützen, sogar mit ihrem Leben, wenn es notwendig war. Und die Ritter waren sich im Stillen einig darüber, dass sie Merlin ebenfalls beschützen würden. Er war ihr aller Freund, schon beinahe so etwas wie ein kleiner Bruder. Und zu viert schafften sie es nicht, ihren Freund vor einem Angriff zu schützen? Gwaines Kiefer mahlte. Er kam sich so unnütz und schwach vor. Er wusste nicht, dass ähnliche Gedanken auch Leon, Percival und Elyan plagten. Ein Grinsen seitens Merlin war die Antwort auf die Frage des Ritters. Doch sie alle konnten sehen, dass es nicht so sorglos und ehrlich war wie sonst. „Keine Sorge, Gwaine“, sagte Merlin „Du weißt doch, mich wird man nicht so schnell los.“ Die Aufheiterung schien zu funktionieren, denn die Ritter grinsten schief.   Arthur und Gwen saßen ebenfalls bereits auf ihren Pferden. Sie sahen sich an. Und selbst wenn sie nicht sprachen konnten sie sich gegenseitig doch die Sorge in den Gesichtern und der Mimik ablesen. Auch der Witz von Merlin konnte sie nicht aufheitern. Zu große Sorgen machten sie sich noch um Merlin. Und zu groß war die Sorge bezüglich der Tatsache, dass sich Sachsen im Königreich herumtrieben. Was wollten sie hier? Sie konnten kaum die Annahme haben, dass sie das Königspaar töten könnten. Nun gut, sie hatten sie sozusagen waffenlos erwischt, doch das war mehr als Zufall. Arthur hatte sich erst am vergangenen Morgen dazu entschlossen diesen Ausflug zu unternehmen. Selbst wenn es einen Spitzel im Schloss geben würde, was er allerdings nicht glaubte, dann hätte die Zeit niemals ausgereicht, um jemanden zu informieren. Nein, es musste einen anderen Grund für die Anwesenheit der Sachsen geben. Und sie mussten wissen welcher.   Jeder seinen eigenen Gedanken nachhängend machte sich die Gruppe auf den Weg zurück nach Camelot.       Nachdem sie eine zeitlang unterwegs waren, die Ritter ohne Pferde brauchten schließlich ein wenig länger und Merlin hatte sich strikt geweigert, mit Arthur vorzureiten, erreichten sie schließlich Camelot. Kaum, dass sie im Innenhof waren, rief Arthur bereits Diener herbei, welche sich um die Pferde kümmern sollten. Gwaine half Merlin von seinem Hengst, obwohl dieser lautstark protestierte. „Merlin!“, ermahnte Arthur seinen Diener scharf, worauf dieser sofort verstummte. „Wenn du nicht bereits verletzt wärst, dann würde ich dir jetzt höchstpersönlich einen Knüppel über deinen Dickkopf ziehen!“ Kurz hob Merlin seine Augenbraue, als ob er Zweifel daran hegte, dass sein König ihm wirklich etwas antun würde. Doch er kannte Arthur inzwischen gut genug, um es lieber nicht darauf ankommen zu lassen. Seufzend ergab sich der Schwarzhaarige seinem Schicksal und ließ sich von seinem Muskelbepackten Freund zu Gaius bringen. Die übrigen Ritter sahen unentschlossen zwischen dem Königspaar und Merlin und Percival hin und her. Arthur bemerkte natürlich den Konflikt, in dem seine Ritter steckten und seufzte leise. Ihm war klar, dass sie sich für den Vorfall die Schuld gaben und nun unbedingt wissen wollten, wie es Merlin ging. Und er sah auch keinen Grund, es ihnen zu verwehren, also… „Erkundigt euch nach Merlin und sagt ihm, er soll sich nicht zu sehr anstellen.“ Die Ritter grinsten und dann verneigten sich Leon, Gwaine und Elyan, bevor sie ihren Freunden folgten. Arthur und Guinevere hingegen blieben noch im Hof und sahen den Rittern nach, bevor sie sich aneinander zuwandten. Stumm standen sie da und blickten sich einfach nur an. Schließlich seufzte Arthur ergeben und sagte „Du solltest ebenfalls zu Merlin gehen“, sagte der König und strich seiner Frau über den Arm. „Ich weiß, dass du dir Sorgen machst.“ Gwen lächelte. „Nicht weniger als du“, erwiderte sie. „Keiner macht sich um ihn so viele Sorgen wie du.“ Ertappt sah Arthur verlegen zur Seite, doch Gwen drehte seinen Kopf wieder zu sich. „Du bist derjenige, welcher zu ihm gehen sollte. Ich kümmere solange um alles, was hier liegen geblieben ist“, schlug sie vor und Arthur war ihr dankbar dafür. Sie hatte recht, mit allem. Er wollte wirklich sehen, wie es Merlin ging, doch jemand musste sich um die königlichen Angelegenheiten kümmern. Und er war ihr dankbar dafür, dass sie das übernehmen würde. „Womit habe ich nur eine so gutherzige und weise Frau wie dich verdient?“, fragte er und nahm ihre Hand in seine, um einen sanften Kuss auf ihren Handrücken zu platzieren. Gwens Augen funkelten. Sie lächelte liebevoll. „Das frage ich mich ebenso, jeden Tag aufs Neue, wenn ich dich sehe“, gab sie zu. „Womit habe ich dich nur verdient? Solch einen starken, stolzen Krieger.“ Arthur lächelte über dieses Kompliment, sichtlich stolz mit sich selbst, beugte sich zu ihr runter und gab ihr einen sanften Kuss auf die Lippen. Als sie sich trennten zog die Königin an der Hand von ihrem Mann und legte ihm eine Hand auf den Rücken. „Nun geh“, sagte sie sanft. „Sag ihm, er solle ja wieder gesund werden. Wir brauchen ihn schließlich noch.“ Arthur kam ihrer Aufforderung nach und begab sich eiligen Schrittes die Treppe hinauf. Oben auf dem Absatz blieb er noch einmal stehen und drehte sich zu seiner Frau um. „Ich werde… nach ihm schauen und dann… werde ich mich umziehen. Danach bin ich sofort bei dir!“ Er wirkte leicht hibbelig und wedelte seltsam mit seinen Armen, zudem ging er vereinzelte Schritte rückwärts, als er sprach. Gwen lächelte. Sie war froh, dass Arthur im Herzen noch immer ein Hitzkopf und doch wie ein verliebter Heranwachsender war. Unbeschwert und glücklich. So hatte sie ihn lieben gelernt.   „Meine Königin?“, ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihr, nur Sekunden, nachdem Arthur verschwunden war. Verwundert drehte Gwen sich um und sah direkt in das freundliche Gesicht von Tyr, dem Stallmeister Arthurs. Normalerweise hatte er stets ein Grinsen im Gesicht, ebenso wie Merlin. Nur das es bei ihm manchmal etwas dümmlich wirkte und doch ehrlich und offen. Doch in diesem Augenblick war sein Gesichtsausdruck überaus besorgt. Froh, mit einem Außenstehenden über ihre Gefühle und die Erlebnisse zu sprechen, seufzte sie erleichtert. „Es ist eine Menge geschehen, Tyr“, sagte sie und ließ sich auf die Bank neben den Ställen nieder. Der Stallmeister tat es ihr nach. „Wollt Ihr darüber sprechen?“, fragte er ehrlich interessiert und musterte sie neugierig. „Ich kann gut zuhören.“ Gwen lächelte leicht. Es stimmte, mit Tyr konnte man sich gut unterhalten, er hörte einem zu. Zudem war es erleichternd, wenn man ein schwieriges Problem zu lösen hatte und Tyr mit seiner einfach denkenden Art etwas dazu beitrug. Manchmal sah er eine Lösung, so offensichtlich, dass sonst keiner darauf kam. Zudem war er der Beste Stallmeister, den man sich wünschen konnte. Er konnte nicht nur mit Menschen gut umgehen, auch die Pferde fraßen ihm wortwörtlich aus der Hand. Camelot konnte sich glücklich schätzen, solch einen Mann als Stallmeister zu haben. Für ihn war es nicht nur einfach eine Tätigkeit. Es war sein Leben. Und jeder sah ihm an, wie viel Spaß ihm diese Arbeit machte. Nicht nur sie unterhielt sich gerne mit Tyr. Guinevere wusste, auch ihr Mann und Merlin redeten gerne mit dem Stallmeister. „Es ist eine längere Geschichte…“, gab sie zu und begann damit Tyr von den Ereignissen des Vortages zu erzählen.         Arthur klopfte an der Tür zu den Gemächern des Hofarztes, als er dort ankam und betrat sie nach einem „Herein“ seitens Gaius`. Als er eintrat, war Gaius bereits mit der Behandlung von Merlin fertig, so wie es aussah. Der Verletzte lag auf der Liege, welches für Patienten vorgesehen war und wirkte bereits wieder fidel und munter. Gaius stand direkt daneben. Die Ritter standen ebenfalls im Raum und ließen diesen vollkommen überfüllt wirken. Sie hatten ihre Blicke gehoben um zu sehen, wer dort eintrat. Zuvor schienen sie die Behandlung von Merlin genauestens beobachtet zu haben. „Und?“, fragte Arthur, ein überhebliches und neckendes Grinsen auf den Lippen. „Wie geht es unserem Übertreiber und Schwerverletzten? Kann man noch etwas für ihn tun oder ist bereits alle Hoffnung auf Besserung vergebens?“ Merlin wollte bereits protestieren, doch der Hofarzt schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab. „Keine Sorge, Mylord“, sagte Gaius und räumte seine Utensilien wieder weg, welche er brauchte, um Merlin zu verarzten. Seine Hände wusch er in einer Schüssel mit Wasser. „Es sieht wirklich schlimmer aus, als es ist. Ein paar Tage Ruhe und er wird Euch wieder so gut wie zuvor zu Diensten sein können.“ „Oder so schlecht“, gab Arthur in seiner üblich neckenden Art zu Bedenken. Der erleichterte Ausdruck in seinem Gesicht entging allerdings niemandem. „Idiot…“, murmelte Merlin leise und grummelte irgendetwas vor sich hin., was sowohl Arthur, als auch die Ritter breit grinsen ließ. Ihm schien es wirklich schon viel besser zu gehen. Auch Gaius wirkte amüsiert, als er die üblichen Kabbeleien zwischen seinem König und seinem Ziehsohn verfolgte. Es war schön zu sehen, dass es Merlin trotz seiner Verletzung gut ging. „Wie ich sagte, wenn Merlin sich ein bis zwei Tage ausruhen kann, dann sollte die Verletzung ohne weiteres verheilt sein.“ Arthur nickte verstehend. Er trat näher an das Bett und drückte Merlins Schulter. „Ruh dich aus, solange es nötig ist“, sagte er voller Ernst und wandte sich bereits zum Gehen um, schließlich hatte er seiner Frau versprochen, bald wieder bei ihr zu sein. Die Ritter blickten verwundert zu ihrem König, ebenso wie Merlin und Gaius. Sie mussten erst überlegen, ob ihr König diese Worte eben ernst meinte. Und Merlin wäre nicht Merlin, wenn er diese Frage unbeantwortet lassen würde. „Meint Ihr das ernst, Arthur?“, wollte er vollkommen verblüfft wissen. Es kam schließlich nicht oft vor, dass sein Herr ihn wirklich Freizeit gewähren würde. Na ja, es kam schließlich auch nicht jeden Tag vor, dass er verletzt wurde. Seit er in die Dienste von Arthur getreten war, allerdings viel zu häufig, wie Merlin selbst fand…   Der König blieb an der Tür stehen. Er hatte bereits die Klinke in der Hand und die Tür geöffnet, als er sich zu seinem Diener herumdrehte. „Natürlich“, sagte er, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. „Du brauchst deine Kraft. Es gibt noch viel zu tun. Guineveres und meine Gemächer müssen aufgeräumt werden, unsere Wäsche gewaschen, meine Rüstungen poliert, die Stalle ausgemistet… und noch so vieles mehr, dass alleine aufzuzählen würde ewig dauern!“ Arthur seufzte einmal wehleidig, als wenn er derjenige war, der all das erledigen sollte. Merlin klappte erst ungläubig der Mund auf, bevor er die Unterlippe vorschob und leise schnaubte. Das war wohl nichts mit der Sorge des Königs seinem Diener gegenüber.   Arthur blickte seinem Diener noch einmal in die Augen und Merlin konnte deutlich das amüsierte Funkeln in den blauen Iriden des Königs entdecken. Und Erleichterung. Erleichterung darüber, dass es Merlin wirklich gut ging und er ihn bald wieder mit Aufgaben überschütten konnte. Eine Tatsache, die auch Merlin lächeln ließ. Als Arthur schlussendlich die Gemächer des Hofarztes verließ und die Ritter ihm feixend folgten, klopften sie Merlin noch vereinzelt auf die Schulter und wünschten ihm Gute Besserung. Der Diener grinste breit, anscheinend voller Vorfreude auf seine neue Freuzeit. Doch kaum, dass die Tür zurück ins Schloss fiel und die Schritte auf den Gängen verstummten, erlosch Merlins Grinsen und er seufzte. Auch Gaius wandte sich nun mit weitaus ernsterer Miene an seinen Ziehsohn. „Nun?“, fragte er. Natürlich hatten ihm die Ritter bereits erzählt, was auf dem Ausritt passiert war und warum Merlin verletzt wurde. Und obwohl Gaius stolz auf Merlin war, dass dieser den Angriff auf Gwen abwehren konnte, empfand er dennoch Sorge. Was hätte dem Schwarzhaarige nicht alles passieren können, vor allem, wenn der Pfeil nur etwas weiter oben eingeschlagen wäre… Aber er hatte das Gefühl, dass noch etwas anderes geschehen war. Etwas, was weder die Ritter, noch Arthur dem Hofarzt hätten sagen können. Etwas, was ganz alleine Merlin wusste.   Nochmals seufzte Merlin auf. Er ließ sich wieder zurück auf die Liege sinken. Doch ein seltsames, kleines, selbstzufriedenes Grinsen zierte seine Lippen. „Nun Gaius, vielleicht sollten wir als Erstes darüber reden, wie man reagieren sollte, wenn ich eine dunkle Vorahnung habe!“         Merlin erzählte Gaius alles, was ihm Kilgharrah über diese fremde Macht, den Roch, berichtete und worum ihn Calest, der Wächter über die Sterbenden, ihn bat. Als Gaius von dem Wächter hörte weiteten sich seine Augen entsetzt. Er befürchtete bereits, dass ihm bezüglich der Verletzung von Merlin etwas verschwiegen wurde, doch Merlin konnte ihn beruhigen und seinem Ziehvater die Situation erklären.   „Also ist es wirklich eine uralte Bestie, welche von Zauberern geschaffen wurde, um ihre Macht zu vergrößern und Unsterblichkeit zu erlangen“, fasste Gaius die Erzählungen Merlins zusammen, worauf dieser zustimmend nickte. Gaius verschränkte die Arme vor der Brust. „Es ist wahr, ich habe noch nie von diesem Roch gehört. Und wenn er wirklich so alt ist und Chaos und Zerstörung verbreitete, bezweifle ich auch, dass er in irgendeinem Buch erwähnt wird. Die Anhänger der Alten Religion würden verhindern wollen, dass das Wissen über ihre Schande weiter besteht.“ Merlin nickte und gab seinem Lehrmeister Recht. Es war höchst unwahrscheinlich, dass der Roch irgendwo erwähnt wurde. Wahrscheinlich war Kilgharrah wirklich das einzig noch lebende Wesen, welches noch Erinnerungen an diese Bestie hatte. `Kilgharrah!´, schoss es Merlin unwillkürlich durch den Kopf. Er hatte seinem Freund noch gar nicht berichtet, dass er den Wächter der Sterbenden getroffen hatte. Dadurch, dass er verletzt war und sich nicht unbemerkt hätte wegschleichen können, wenn Arthur Wache hielt, konnte er dem Drachen noch keinen Bericht erstatten. Dies musste er in nächster Zeit unbedingt nachholen. „Ich glaube, dass der Wächter recht hat“, holte Gaius Merlin aus seinen Gedanken. Verwirrt blickte dieser zu dem Hofarzt und fragte „Was?“. „Calest sagte, dass du und der Große Drache die Einzigen wärt, welche diese Kreatur vernichten könntet.“ Merlin schaute noch immer verwirrt, er wusste nicht, worauf Gaius hinauswollte. „Und…?“, fragte er nach, worauf Gaius seufzte. „Deine Macht ist groß, Merlin“, erklärte er und in der Stimme des Hofarztes schwang sowohl Ehrfurcht als auch Hoffnung mit und doch schien es Merlin so, als wenn er auch Bedauern und Sorgen in der Stimme von Gaius hörte. „Ebenso wie die von dem Drachen. Du musst unbedingt mit Kilgharrah sprechen, bevor es zu spät sein könnte.“ Seufzend ließ sich Gaius neben seinem Ziehsohn nieder, welcher sich bei den Worten seines Gegenübers leicht aufgerichtet hatte. „Ich wünschte, du müsstest diese Aufgabe nicht alleine bewältigen“, gab Gaius zu und ließ seine Schultern sinken. In diesem Moment sah er wirklich so alt aus, wie er war. „Es lastet bereits so viel auf deinen Schultern. Ich wünschte wirklich, ich könnte dir irgendwie helfen…“ Merlin war sichtlich gerührt von den Worten seines Ziehvaters. Vorsichtig legte er diesem eine Hand auf die Schulter. „Gaius…“, begann Merlin, doch ein lautes Klopfen an der Tür ließ in verstummen.   Ohne eine Aufforderung abzuwarten betrat Sir Leon den Raum und neigte leicht den Kopf. „Bitte verzeiht mein überstürztes Hereinkommen, Gaius, doch es gibt ein Problem.“ Der Hofarzt und sein Schüler sahen sich kurz an, waren sich im Stillen darüber einig, ihr Gespräch auf später zu verschieben. Gaius wandte sich wieder dem Ritter zu. „Um was für ein Problem handelt es sich, Sir Leon?“ „Ein Dorf nahe der Grenze wurde überfallen. Von einer seltsamen Kreatur. Ihr solltet mit in den Thronsaal kommen. Der König erwartet Euch bereits.“ Gaius nickte und erhob sich von der Liege. Merlin wollte es ihm bereits gleich tun, doch der Hofarzt drückte den Jungen sanft an der Schulter zurück. „Du bleibst hier, Merlin“, bestimmte Gaius, worauf Merlin ungläubig den Mund aufriss. „Aber es könnte wichtig sein!“, protestierte Merlin bereits, doch Gaius schüttelte den Kopf. „Das ist es durchaus“, räumte er ein „Doch für dich gilt immer noch, dass du dich ausruhen sollst.“ Widerwillig ließ sich Merlin zurücksinken. Der Hofarzt sah seinen Patienten noch einmal streng an, bevor er sich aufrichtete und dem Ritter folgte, welcher ihm bereits die Tür aufhielt. Zusammen verschwanden sie, worauf sich Gaius noch einmal mit einem strengen Blick Merlin zuwandte, bevor er den Raum verließ und die Tür schloss.   Merlin ließ nun auch seinen Kopf zurück auf das Kissen sinken und starrte an die Decke, seine Hand krallte sich in den Stoff seines Hemdes. Tief atmete er durch und schloss die Augen. Er versuchte es. Er versuchte es wirklich. Es vergingen etwas fünf Sekunden, bis - „Ach verdammt!“, fluchte er, bevor er sich doch noch ächzend erhob und so schnell, wie es ihm möglich war, seinem Ziehvater und dem Ritter folgte.     Zum seinem Glück holte der Schwarzhaarige die Beiden noch ein, bevor sie den Thronsaal betraten. Gaius sah seinen Schützling mit geschürzten Lippen an. Ihm missfiel es deutlich, dass Merlin im Schloss umherspazierte, obwohl er sich eigentlich ausruhen sollte. Natürlich wusste Gaius, dass die Verletzung von Merlin dank seiner Magie weitaus schneller heilen würden als bei anderen, doch er war ganz und gar Arzt und konnte es kaum verantworten, dass sein Schützling schon wieder herumlief. Doch Merlin wäre nicht er selbst, wenn er nicht seinen Dickkopf durchsetzen würde. Und in einem musste Gaius Merlin zustimmen. Es könnte wirklich sein, dass in diesem Raum ein Thema zur Sprache kam, welches auch den jungen Zauberer interessieren könnte. Innerlich seufzte Gaius. Er wusste, wenn Merlin sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann konnte man ihn nicht mehr so schnell davon abbringen, dass war ihm klar. Sir Leon nickte den Wachen zu, welche die Tür für sie öffneten, damit sie eintreten konnten. Zu Dritt traten sie ein und verschafften sich erst einmal einen Überblick über die Situation, welche im Moment im Thronsaal herrschte. Ein älterer Mann kniete beinahe in der Mitte des Raumes, umgeben von Rittern und im Angesichts mit dem König von Camelot, Arthur Pendragon. Gwen saß auf ihrem Thron und sah sehr besorgt aus. Ebenso ihr Mann, doch Arthur versteckte diese Sorge hinter seiner königlichen Fassade.   Inzwischen hatte sich der König umgezogen. Er trug nicht mehr die einfache Kleidung, welche er für den Ausflug ausgewählt hatte. Nun trug er seine Rüstung, welche er meist bei wichtigen Anlässen oder Besprechungen im Ratssaal trug. Auch wenn Arthur der König war, in seinem herzen würde er immer eines bleiben - ein stolzer Ritter von Camelot und wahrscheinlich bester Kämpfer der fünf Königreiche. Über seiner Rüstung trug er seinen roten Umhang und natürlich nicht zu vergessen seine Krone. Leicht zog Merlin eine Augenbraue hoch. Es erstaunte ihn schon sehr, dass der König vollkommen bekleidet - RICHTIG bekleidet - im Raum stand. Alleine brauchte er normalerweise entweder Stunden oder es saß kaum etwas am richtigen Platz. Als der Schwarzhaarige seinen Blick schweifen ließ, da erkannte er schnell den Grund für Arthurs gut hergerichtetes Aussehen. George, der Diner des Königs, wenn Merlin abwesend oder, wie in diesem Fall, verletzt war, stand weit hinter dem Thron im Schatten verborgen. Ein Platz, der sich für einen Diener gehörte. Merlin allerdings wäre niemals so weit in den Schatten zurückgegangen. Er hatte stets neben dem Thron des Königs gestanden und das würde er auch in Zukunft tun. Leicht runzelte Merlin die Stirn. Er mochte es nicht, wenn George sich um Arthur kümmerte. Es war SEINE Aufgabe. Im Moment musste er allerdings damit zurecht kommen. Und immerhin hatte Merlin endlich ein bisschen Freizeit. Welche Arthur ihm wahrscheinlich auch gleich wieder streichen würde, wenn er sah, dass sein Diener munter durch das Schloss schlenderte…   Arthur sah auf, als er hörte, wie die Tür geöffnet wurde und begrüßte seinen Hofarzt mit einem Nicken. „Gaius.“ Der Arzt neigte leicht seinen Kopf. Arthur zog seine Augenbrauen zusammen, als er sah, dass Merlin ebenfalls anwesend waren. Es schien ihn zu verstimmen, doch darüber könnte er sich im Moment nicht auslassen. Das würde er später mit seinem Diener klären. Merlin schluckte leicht, als er diesen Blick von Arthur sah. Da kam wohl noch einiges auf ihn zu…   Nun wandte Arthur seine Aufmerksamkeit wieder auf den Mann vor ihm zu. „Bitte berichtet uns, was sich zugetragen hat.“ Kurz erschauderte der Mann. Es schien ihn einige Überwindung zu kosten, über die Geschehnissen zu sprechen. „Es… es war schrecklich, Mylord“, begann er mit heiserer und erstickter Stimme zu sprechen. Angst schwang darin mit. „Sachsen… Sachsen fielen in unser Dorf ein.“ Arthur spannt deutlich seine Muskeln an, so wie jeder andere im Raum. Sie alle wussten nur zu gut, was es hieß, wenn die Sachsen ein Dorf angriffen. „Doch sie waren nicht alleine!“ Nun wurden die Anwesenden erst Recht hellhörig. Konnte es sein, dass…? „Wer war bei ihnen?“, wollte Arthur wissen. Der Mann zitterte. „Eine Frau…“, sagte er leise und schluckte hart. Gemurmel entstand. Niemand musste aussprechen, wer diese Frau wohl war. Sie alle wussten es. Morgana. Merlin warf Gaius einen Blick zu, welcher in etwa heißen sollte `Habe ich es Euch nicht gesagt?´   „Ich konnte sie… nicht richtig sehen…“, gestand der Mann und ließ sich nun gänzlich auf die Knie fallen. „Sie trug einen langen Mantel und hatte die Kapuze über ihr Gesicht gezogen.“ Tief atmete der Mann ein und aus, seine Stimme schien langsam zu versagen. „Doch es ist mir egal, wer das war. Es war uns allen egal.“ Seine Hände versuchten sich in den Steinboden zu krallen. Verwirrte Blicke trafen den Dorfbewohner. „Wie meint Ihr das?“, fragte Arthur und zog aus Verwirrung und Unbehagen seine Augenbrauen zusammen. Wenn Morgana ihre Hände im Spiel hatte, dann konnte es nichts Gutes bedeuten. Nun war die Panik auch in den Augen des Mannes zu sehen und Angst. Nackte Angst. „Eine Bestie!“, keuchte er auf. Sein Atem ging schnell, viel zu hastig. Er hyperventilierte schon fast. „Sie ließ eine grässliche Bestie auf unser Dorf los. Eine große Kreatur, größer als jeder Mann, größer als ein Haus! Sie hatte lange Krallen und Flügel. Ihr Schädel war aus Eisen, doch die stechenden roten Augen bohrten sich beinahe durch das Metall. Nebel tauchte auf und schien direkt von dieser Kreatur zu kommen. Und diese Kälte!“ Er griff sich an sein Herz, ächzte, als müsse er sich davon überzeugen, dass es noch schlug. „Ich habe nie zuvor mehr Angst verspürt. Diese Kreatur… sie schien nicht wirklich zu existieren. Und doch war sie stark und mächtig genug, Menschen einfach in der Luft zu zerfetzen!“ Tränen drangen plötzlich aus den zusammengekniffenen Augen. Die Lider konnten die verräterische Flüssigkeit nicht aufhalten. „So viel Menschen fielen den Sachsen, dieser Hexe oder der Bestie zum Opfer. Gerade eine Handvoll konnte entkommen. Und das auch nur, um Euch zu erzählen, was dort vor sich ging.“ Der Mann sank in sich zusammen, blieb beinahe auf dem Boden liegen, als immer mehr Tränen über seine Wangen liefen und sein Körper von unzähligen Schluchzern geschüttelt wurde. Unschlüssig standen die Ritter da und sahen auf den Mann herab, welcher gebrochen schien. Schon oft hatten sie erleben müssen, wie Überlebende eines zerstörten Dorfes im Thronsaal zusammenbrachen, doch so schlimm war es noch nie. Was auch immer das für eine Kreatur war… sie schien mächtig zu sein. Mächtig und gefährlich…   Der König straffte die Schultern und schluckte einmal, bevor er zu sprechen begann. „Gaius“, sprach Arthur diesen direkt an, worauf der Arzt vortrat. „Wisst Ihr vielleicht, um was für eine Kreatur es sich handeln könnte?“, wollte er wissen und erhoffte sich eine Antwort von Gaius, welche dieser allerdings nicht geben konnte. Noch nicht. „Ich bin mir nicht sicher, Sire. Dafür muss ich mich meinen Büchern zuwenden. Darin könnte ich eine Antwort auf Eure Frage finden.“ Arthur nickte verstehend. Im Moment konnte er nicht viel tun. „Bevor Ihr dies tut, kümmert Euch um die Verletzten unten im Hof. Wenn Ihr Hilfe braucht, nehmt Euch so viele Männer wie nötig.“ „Natürlich“, antwortete Gaius. „Sir Percival, könntet Ihr diesen Mann bitte in meine Gemächer bringen? Dort kann ich ihm besser helfen als hier.“ Der Ritter nickte. Dem Mann, welcher noch immer halb am Boden lag, wurde von Percival aufgeholfen und dieser half ihm, zu den Gemächern des Hofarztes aufzumachen. „Und Merlin kann Euch gewiss auch dabei helfen“, ertönte noch dessen Stimme, bevor Arthur sich umwandte und seine Ritter an die Seite zog, um ihnen Anweisungen zu geben   Merlin nickte seinem König zu, seine Miene ungewöhnlich ernst. Unter normalen Umständen hätte er protestiert und auf seine Freizeit bestanden, welcher der König ihm zugesagt hatte. Aber einerseits war er selber Schuld, was kam er auch mit in den Thronsaal und zeigte Arthur damit, wie gut es ihm ging? Doch anderseits stieg die Sorge in ihm und er würde sich ganz gewiss nicht in dieser Situation dem Befehl des Königs verweigern. Dafür machte er sich viel zu viele Gedanken. Doch einer stand ganz oben auf seiner gedanklichen Sorgenliste.   Wenn Morgana mit dem Roch bereits ein Dorf angreifen und zerstören konnte,… wie lange würde es noch dauern, bis sie sich entschlossen, Camelot anzugreifen?     Gaius und Merlin verließen den Thronsaal, um den verletzten Menschen zu helfen. Die Ritter machten sich auf den Weg, um ihren Pflichten nachzukommen oder den Befehlen des Königs Folge zu leisten.       Dabei bemerkte niemand die Gestalt, welche hinter einer Mauer im Schatten lauerte und die Königin mit einem finsteren Lächeln bedachte.         Kapitel 10: Das Attentat ------------------------ Kapitel 10 - Das Attentat     Es dämmerte bereits, als Gaius und Merlin wieder in ihre Gemächer zurückkehrten. Erschöpft ließ sich der Schwarzhaarige auf der Liege nieder, auf welcher er schon am Morgen lag, und atmete ein paar Mal tief ein und aus. Natürlich hatte er Gaius bei der Behandlung der Verletzten geholfen, auch wenn dieser alles andere als erfreut darüber war. Doch Arthur hatte einen Befehl gegeben und diesen hätte sich keiner der Beiden widersetzt. Zudem war der alte Hofarzt froh, dass er eine helfende Hand zu Seite hatte. Es waren mehrere Menschen, welche verletzt waren. Manche schwerer als andere. Merlin musste allerdings zugeben, dass es ihn durch seine Verletzung doch ziemlich anstrengte, Gaius zur Hand zu gehen. Die Wunder pochte leicht und brannte, am Liebsten hätte er seine Magie fließen lassen und dieses Hindernis beseitigt. Oder er hätte sich einfach in sein Bett gelegt und hätte geschlafen, tagelang… Doch dafür war keine Zeit. Während sie die Verletzten behandelten hatten diese ihnen noch weitere Einzelheiten darüber erzählt, was im Dorf vor sich gegangen war. Und eine Erzählung war schrecklicher als die Andere. Ein Wesen aus Nebel, welches Menschen mit seinen Blicken durchbohrte, die Kälte in ihr Herz trieb und den Willen eines Menschen brach. Viele waren zusammengebrochen und blieben bewegungslos liegen, nur weil der Roch sie berührte. Merlin schluckte hart. Es war erschreckend einen Beweis vor sich zu haben, wie stark Morgana und ihre Kreatur bereits waren. Und es war durchaus fraglich, ob er es wirklich schaffen könnte, sie aufzuhalten…   „Was sagst du dazu?“, wollte Gaius plötzlich wissen und riss seinen Lehrling aus dessen düsteren Gedanken. Merlin seufzte leicht und beugte sich vor. Natürlich wusste er, wovon der Arzt sprach. Er knetete nervös seine Hände. „Es war ein Test“, vermutete der Zauberer und sah aus dem Augenwinkel den Hofarzt zustimmend nicken. „Sie wollten wissen, wie mächtig der Roch ist und ob Morgana ihn für längere Zeit beschwören kann. Und ich fürchte, das Ergebnis ist mehr als eindeutig.“ Wieder nickte Gaius, doch gleichzeitig ließ er die Schultern hängen, als ob ein schweres Gewicht sie herunterziehen würde. „Ich habe noch nie von einer Kreatur gehört, welche so mächtig ist“, gab er zu und ihm war bei dieser Tatsache mehr als unwohl, dass war ihm deutlich anzusehen, „Es bestätigt nur das, was sowohl Kilgharrah, als auch Calest sagten“, erwiderte Merlin. „Der Roch wird stärker, je mehr Verzweiflung die Menschen verspüren und je mehr Tod es in seiner Nähe gibt.“ Die blauen Augen suchten den Blick seines Lehrmeisters. „Seine Macht wird mit jedem Tag, der verstreicht, größer. Irgendwann kann ihn niemand mehr aufhalten. Nicht einmal ich…“ Merlin verstummte. Er wollte nicht daran denken, was wäre, wenn er wirklich nicht gegen Morgana und diese Kreatur ankam. Was dann alles verloren wäre… „Das glaube ich nicht“, widersprach Gaius ihm sofort und setzte sich ihm gegenüber auf einen Stuhl. Ernst sah der alte Arzt seinen Schützling an. „Du bist stark, Merlin, daran darfst du niemals zweifeln.“ Durchdringend sah Gaius Merlin an. In seinem Blick sah der Zauberer, dass sein Ziehvater es ernst meinte. Er glaubte an ihn. Nun musste er nur an sich selber glauben. Er war stark, dass wusste Merlin selbst. Stark und mächtig. Und mit der Hilfe von seinen Freunden mächtig genug, Arthur und auch Camelot bisher vor jeglichen Gefahren zu schützen. Merlin lächelte. „Na siehst du!“ Erfreut darüber, dass es seinem Ziehsohn nun besser zu gehen schien, erhob sich Gaius mit einem Ächzen. „Werde niemals alt, Merlin“, seufzte er wehleidig und machte sich daran, das Abendessen für sie beide zuzubereiten. Merlin grinste leicht, als er Gaius so sah. Sie beide wussten, dass es schlimmeres gab, als alt zu werden. Viel schlimmeres. Das Grinsen verflog und ein nachdenklicherer Ausdruck erschien auf Merlins Gesicht. Er wusste, was schlimmer war, als alt zu werden. Und er selbst hatte die Möglichkeit dazu. Er alleine…   Mit einem Seufzen ließ sich der Zauberer seitlich fallen, zog seine Beine die Liege hoch und machte es sich bequem. Eine Hand wanderte zu seiner Verletzung, einen Arm legte er über seine Augen. Gaius beobachtete ihn verwirrt, was Merlin ignorierte.   Er wollte diese Macht nicht. So sehr er seine Magie schätzte und glücklich war, über sie zu verfügen, konnte stolz darauf sein, dass so viele an ihn glaubten, in ihm einen großen Zauberer sahen, er mit seiner Zauberkraft seine Freunde beschützen konnte… Diese eine Macht… das, was sich so viele vor ihm gewünscht hatten und nach ihm auch immer wünschen würden… er konnte es nicht verstehen. Wirklich nicht. Denn die Unsterblichkeit war wirklich das Letzte, was er wollte.         Arthur ging vor seinem Thron auf und ab, immer wieder. Nur gelegentlich blieb er stehen, schien über etwas nachzudenken, bevor er den Kopf schüttelte und sein Umherwandern wieder aufnahm. „Arthur“, sagte Gwen leise und doch laut genug, dass ihr Mann es hören würde. Abrupt blieb er stehen und ließ seinen Blick zu seiner Frau wandern. Besorgte braune Augen trafen auf ebenso besorgte blaue Augen. Verständnis in ihren, Rastlosigkeit in seinen. Ertappt stand er da. Er hatte sich gehen lassen. Seine Sorge um sein Volk und diese Bedrohung, seine Schwester und diese seltsame Kreatur, welche sie befehligte, übermannte ihn fast. Er hatte keine Ahnung, was da auf sie alle zukam, wie man sie stoppen konnte, doch Arthur kannte seine Schwester. Er wusste nur zu gut, zu welchen Grausamkeiten sie fähig war. Und er vermutete, diese Kreatur würde ihr um nichts nachstehen. Zu beunruhigend waren die Berichte der Menschen, welche fliehen konnten. Verletzte fliehen zu lassen, um dem Feind zu berichten, was vorgefallen war… ja, so grausam konnte nur Morgana sein.   Arthur seufzte und trat an seine Frau heran, welche sich von ihrem Thron erhoben hatte und ihrem Mann entgegenkam. Sanft legte sie ihm eine Hand an den Hals. „Ich weiß, es ist schwer“, sagte Gwen und gab ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. „Du hast getan, was du konntest. Du hast Ritter zu dem Dorf geschickt, um zu sehen, wie zerstört es ist und um die Lage auszukundschaften. Mehr können wir im Moment nicht tun.“ Leicht lächelte Gwen und wollte Arthur damit beruhigen. Es funktionierte teilweise auch. Arthur atmete tief ein und aus und schloss die Augen. Er legte seine Hand auf eine der ihren und umschloss sie. „Ich weiß“, sagte er leise. „Ich weiß, dass ich im Moment nichts tun kann, nicht, wenn ich nicht weiß, womit wir es zu tun haben. Doch genau das macht mich verrückt.“ Die Königin verstand ihren Mann gut. Er war ein guter König, fürwahr, doch an Geduld mangelte es ihm noch. Er wollte Problemen mit einem Schwert in der Hand und Mut im Herzen zu Leibe rücken. Er wollte selber tätig sein und die beschützen, die er liebte. Sein Volk, seine Ritter, seine Freunde und seine Königin. Er war froh, wenn er selber an der Front stand und seinen Männern Mut machen konnte. In solchen Momenten herrschte noch immer der junge, leicht ungestüme Prinz in dem nun jungen König, welcher mit einem Schwert in der Hand besser zurechtkam als mit der Krone auf seinem Haupt. Welcher mit seiner Waffe besser umgehen konnte als mit Worten. Doch im Moment waren ihnen allen vorerst die Hände gebunden. Und es machte Arthur verrückt. Verständlich. „Ich kümmere mich schon einmal um die Briefe und Dokumente, welche noch in unserem gemach liegen und durchgesehen werden müssen“, sagte sie und gab ihm einen leichten Kuss auf die Lippen. „Komm nach, wenn du kannst.“ Gwen war nicht dumm. Sie wusste, so sehr ihr Mann manchmal Unterstützung und gute Worte brauchte, so sehr brauchte er auch einfach Ruhe, um über alles nach denken zu können. Sie wollte ihm diese Zeit geben. Sie würde sich inzwischen um alles kümmern, was während des Ausfluges liegen geblieben war. Arthur nickte dankbar und küsste sie auf die Stirn. „Danke“, sagte er leise und lächelte seine Frau an. Immer wieder fragte er sich, womit er nur solch eine wunderbare Frau verdient hatte.   Die Königin verließ den Thronsaal und ließ ihrem Mann damit seine Ruhe. Arthur sah ihr nach. Ein seltsames Gefühl machte sich in seinem Inneren breit. Er wusste nicht, was es war, doch irgendwie… schien etwas nicht zu stimmen. Als ob eine Gefahr über ihnen hing. Er wusste natürlich, woher eine Gefahr kommen konnte, doch dieses Gefühl war anders. Es schien, als ob in unmittelbarer Zeit etwas passieren würde. Arthur seufzte. Er wollte noch ein bisschen nachdenken, bevor er seiner Frau folgte.         Gwen schritt durch die Gänge des Schlosses, erhobenen Hauptes und ein leichtes Lächeln für jeden, an dem sie vorbeiging oder der ihren Weg kreuzte. Es war im Schloss bereits bekannt, was in dem kleinen Dorf nahe der Grenze passiert war. Es herrschte getrübte und teilweise auch angstvolle Stimmung unter den Menschen. Doch Gwen war die Königin von Camelot. Und als solche war es ihre Aufgabe, den Menschen Hoffnung zu machen und sie zu beruhigen. Sie durfte niemandem zeigen, was für Sorgen sie sich in Wahrheit machte. Kaum war Gwen in Arthurs und ihren Gemächern angekommen, verschwand das Lächeln allerdings von ihren Lippen. Sie seufzte leicht. Wenn sie unbeobachtet war, dann konnte die Königin ihre wahren Gefühle zeigen. Sie konnte die Sorge sich in ihrem Gesicht widerspiegeln lassen, sie konnte aufgrund dieses Problems seufzen und in nachdenkliches Schweigen verfallen, wenn sie über eine Lösung nachdachte. Sie konnte einfach eine junge Frau sein, welche ebenfalls Angst vor dem Kommenden hatte. Doch im Moment wussten weder sie noch Arthur, womit sie es wirklich zu tun hatten. Und solange sie das nicht wussten, konnten sie nicht viel tun, außer mehr herauszufinden und die Sicherheit zu verstärken.   Abermals seufzte Gwen, als sie zu dem Arbeitstisch ging. Es stapelten sich bereits mehrere Rollen Pergament darauf, welche durchgesehen werden mussten. Liebend gerne widmete sich die Königin nun dieser Aufgabe. Brauchte sie im Moment eine Beschäftigung, um sich abzulenken. Also ließ sich Gwen auf einem Stuhl nieder und begann damit, dass erste Dokument zu lesen.       Eine Gestalt, vollkommen in einen dunklen Umhang gehüllt, die Kapuze über das Gesicht gezogen, trat hinter den teuren Vorhängen aus königlichem Stoff hervor. Vollkommen unbemerkt war sie in das Gemach des Königspaares eingedrungen und näherte sich nun völlig ungesehen der Königin. Sie saß mit dem Rücken zu ihr. Dummes Ding. Lautlos schlich sich die Person an Gwen ran, zog einen Dolch aus ihrem Gürtel. Sie hörte schon beinahe die Stimme Lady Morganas in ihrem Kopf. „Gwen ist seine Schwachstelle. Wenn du sie tötest, dann tötest du damit auch Arthur.“ Ja, das war ihr Ziel. Arthur Pendragon sollte sterben. Schon viel zu viel Leid hatte er und bereits sein Vater vor ihm über die Welt gebracht. Das sollte nun ein Ende haben. Immer näher kam die Person der Königin, immer näher kam sie ihrem Ziel. Sie hob ihren Arm, der Dolch in ihrer Hand blitzte im Sonnenlicht auf -   Die Tür wurde geöffnet und Arthur trat herein. „Gwen, hast du - ?“ Er erstarrte, ebenso die Person, welche bereits hinter der Königin stand, doch bei dem König dauerte dieser Zustand gerade einmal den Bruchteil einer Sekunde. Er war ein ausgebildeter Krieger, wurde darauf trainiert, auf verschiedenste Situationen, sofort reagieren zu können. Und genau das tat Arthur. „GWEN!“, schrie Arthur und preschte vor. Die Königin drehte sich erschrocken um und war im Angesicht mit dem Angreifer. Blitzschnell ließ sich Gwen vom Stuhl gleiten und entging somit den sonst tödlichen Dolchstoß. Sie landete auf dem Boden. Arthur versetzte dem Angreifer einen Stoß, sodass dieser seine Waffe fallen ließ, packte ihn an den Armen, verdrehte sie auf den Rücken und hielt ihn im Klammergriff. Arthur schnaubte vor Wut. Bei dem kleinen Gerangel war die Kapuze vom Kopf des Angreifers gerutscht. Zum Vorschein kam eine junge Frau mit dunkelbraunen, fast schwarzem Haar. Sie knirschte verärgert mit den Zähnen. Gwen hockte am Boden und sah ihren Mann und die Frau geschockt an. Ihr Atem kam stoßweise, ihr Herz raste und Adrenalin wurde durch ihren Körper gepumpt. Ebenso die Angst. Wäre ihr Mann nicht im richtigen Augenblick hereingekommen, dann wäre sie jetzt… Gwen schluckte.   Arthur knurrte, als die Frau versuchte sich zu befreien. Doch die Versuche waren zu schwach, um sich aus dem festen Griff zu befreien. „Ihr habt es gewagt, die Königin anzugreifen“, grollte der König und seine Stimme bebte vor Zorn. „Darauf steh die Todesstrafe.“ Gwen erhob sich langsam vom Boden. Die Ehe mit ihrem Mann und alles, was er ihr bisher beigebracht hatte, erlaubten ihr, ihre aufgewühlten Gefühle beiseite zu schieben und das zu tun, was jetzt wichtig war. „Wachen!“, rief sie laut. Es vergingen nur wenige Sekunden, als bereits die Tür aufgestoßen wurde und zwei Wachmänner hineinstürmten. Sie besahen sich schnell die Situation und begaben sich dann bereits zu ihrem König, um ihm die Gefangene abzunehmen. Kaum, dass Arthur die Hände frei hatte und sicher war, dass seine Männer die Frau festhielten, eilte er zu seiner Frau und betrachtete sie besorgt. „Ist alles in Ordnung?“, wollte er sofort wissen und betrachtete jeden Zentimeter ihres Körpers mit seinen Augen in der Befürchtung, eine Wunde zu entdecken. Die Königin schüttelte den Kopf und nahm seine Hände beruhigend in ihre. „Es ist alles gut. Ich bin nicht verletzt. Danke.“ Das letzte Wort sagte sie leise, war es nur für ihren geliebten Mann bestimmt. Überaus erleichtert stieß Arthur die Luft aus, welche er unbewusst angehalten hatte, während er seine Frau untersuchte. Er wusste nicht, was er getan hätte, wenn sie wirklich verletzt gewesen wäre. Er glaubte nicht, dass er sich hätte zurückhalten können, diese Frau nicht an Ort und Stelle zu töten. Beruhigt sah Arthur seine Frau an, welche immer noch verschreckt aussah und ihn dennoch leicht anlächelte. Wie gern hätte er sie geküsst, ihr ihre Angst genommen, doch dafür hatte er keine Zeit. Er musste sich um die Frau kümmern, welche es gewagt hatte, seine anzugreifen. „Bringt sie ins Verließ!“, wies er seine Ritter an. Die Sorge um seine Frau war vollkommen aus seinem Gesicht verschwunden, kaum, dass er sich wieder der Angreiferin zugewandt hatte. Nun herrschte dort blanke Wut. Die Wachen nickten und drehten sich bereits mit der Gefangenen um, als dem König noch etwas einfiel. „Halt!“, sagte Arthur und die Ritter folgten diesem Befehl und blieben stehen, auch wenn man ihnen die Verwirrung ansehen konnte. Arthur war es so, als  hätte er an der Hand der Frau etwas gesehen, als er sie zur Seite stieß. Nun wollte er sich vergewissern. Also ging er mit energischen Schritten auf die Gefangene zu. Er blickte sie mit seinem königlichen gefühlslosen Gesichtsausdruck an, welches sie emotionslos erwiderte. Er packte ihre Hand. Sie wehrte sich nicht. Arthur drehte ihre Hand um, schob den Ärmel ein wenig nach oben und betrachtete das Zeichen auf der Haut unterhalb der Handfläche. „Ein Symbol der Druiden“, sagte Arthur tonlos und ließ die Hand dann so schnell wieder los, als wenn er sich verbrannt hätte. Seine Lippen waren fest zusammengepresst und er zog die Augenbrauen zusammen. Doch er ließ kein Gefühl sehen. Mit einem undefinierbaren Ausdruck in den Augen starrte Arthur die junge Frau an und genau dieser Ausdruck in den Augen des Königs schürte ihre Abneigung gegen den Herrscher von Camelot noch. „Bestätigt sich Eure Meinung, Mylord?“ Das letzte Wort sagte sie in einem spöttischen Tonfall, sie spuckte das Wort geradezu aus, als wäre es Gift in ihrem Mund. Arthur ging nicht weiter auf die Gefangene ein, sondern nickte nur seinen Wachen zu, welche ihren Kopf senkten, bevor sie die junge Frau mit sich zerrten.   Die Frau wurde abgeführt, direkt an Gwaine und Mordred vorbei, welche nachsehen wollten, was geschehen war. Die beiden Wachen zerrten sie weiter die Gänge entlang, nur einen kurzen Blick konnten die beiden Ritter auf die Gefangene werfen. Gwaine war nur kurz verwirrt, doch Mordred entgleisten alle Gesichtszüge. ~ Kara?! ~ Vollkommen entsetzt wandte sich der junge Ritter in Gedanken an die junge Frau, welche plötzlich zurückblickte und ihn aus emotionslosen Augen anblickte. ~ Hallo, Mordred. ~   Kapitel 11: Was soll ich tun? ----------------------------- Kapitel 11 - Was soll ich tun?       Die junge Frau wurde ins Verließ gebracht. Nach ihrem Angriff auf Gwen wurden Leon, Gwaine, Percival und Elyan in den Ratssaal beordert und Gaius und Merlin wurden ebenfalls informiert, dass sie sich dorthin begeben sollten. Allerdings konnte keiner der Wachen ihnen sagen, was geschehen war. Sie eilten beide in die Ratskammer, um der anstehenden Besprechung beizuwohnen. Bevor Arthur den Rat zusammenkommen ließ, um über die Strafe der jungen Frau zu entscheiden, wollte er die Situation mit seinen Vertrauten besprechen.   Niemand anderes wusste, was genau geschehen war. Im Schloss hatte es sich allerdings bereits wie ein Lauffeuer verbreitet, dass etwas in den Gemächern des Königspaares vorgefallen war und jemand in das Verließ gebracht wurde. Genaueres war unbekannt. Deswegen wollte der König von seinen Vertrauten wissen, wie er damit umgehen sollte. Er selbst war völlig durcheinander. Natürlich wusste er, dass es für den Angriff auf die Königin nur eine Strafe geben konnte. Doch etwas hinderte ihn daran. Er wusste nicht was es war, aber tief in seinem Inneren herrschte eine Unruhe, die sich über seine Aufgebrachtheit, welche er über diese abscheuliche Tat empfunden hatte, gelegt hatte. In Guineveres und seinen Gemächern wühlten ihn ihm der Zorn und die Wut auf diese junge Frau, welche es gewagt hatte, seine Ehefrau anzugreifen. Doch warum wollte sie gerade die Königin angreifen? Weil sie schwächer und leichter zu überwältigen war als er selbst? Er war ebenfalls alleine gewesen. Und er zweifelte nicht daran, dass, wenn sie es wirklich gewollt hätte, sich die junge Frau einen Weg zu ihm hätte bahnen können. Allerdings… so schnell, wie Arthur sie hatte überwältigen können, da glaubte er nicht, dass sie ihn hätte töten können. Er war ein ausgebildeter Ritter und er hätte sie mit Sicherheit lange vor ihrem Angriff bemerkt. So war also Gwen das leichtere Opfer. Und wenn ihr etwas geschehen wäre, dann hätte dies auch Arthur unweigerlich getötet… Als er dann auch noch das Zeichen auf ihrem Handgelenk sah, da wichen die Gefühle aus ihm und hinterließen eine seltsame Leere. Arthur erkannte dieses Zeichen. Er hatte es noch nicht oft in seinem Leben gesehen, aber die wenigen Male, welche er es vor Augen hatten, genügten, um sich sicher zu sein. Es war ein Symbol der Druiden. Diese Frau war eine Druidin. Arthur konnte nicht mehr. Er wollte sie nicht mehr sehen und ließ die Angreiferin ins Verließ bringen. Sein Inneres war leer. Er nahm Gwen in die Arme und führte sie in den Ratssaal. Auf den Weg dahin befahl er einigen Wachen, dass diese die Ritter Leon, Gwaine, Elyan und Percival sowie Gaius und Merlin in den Ratsaal schicken sollten. Den ganzen Weg über hielt Arthur seine Frau im Arm. Ansonsten war er stumm. Sein Kopf schien mit einem Mal völlig leer zu sein. Im Ratssaal angekommen ließ sich die Königin auf ihren Stuhl nieder, welcher sich am Ende des eher länglichen Raumes befand, direkt neben dem ihres Mannes. Arthur hingegen strich ihr einmal sanft über den Handrücken, bevor er sich abwandte und zu einem der Fenster ging. Mit verschränkten Armen stand er da und starrte aus dem Fenster. Langsam begann er, über das Geschehen nachzudenken.   Eine Druiden war ins Schloss eingedrungen und hatte die Königin in Tötungsabsicht angegriffen. Arthur kam gerade rechtzeitig und konnte seine Frau retten und die Angreiferin überwältigen. Sie wurde ins Verließ gebracht und wartete dort nun auf ihre Strafe. Der Fall schien klar, doch irgendetwas kam Arthur daran merkwürdig vor.   „Bestätigt sich Eure Meinung, Mylord?“   Unwillkürlich drängten sich ihre Worte in seine Gedanken. Was sollten sie bedeuten? Seine Meinung worüber? Über die Menschen, welche über Magie verfügten? Es hatte sich wieder gezeigt, dass eine Druidin einem Menschen Schaden zufügen wollte und dann auch noch dem Königshaus. Schon oft hatte der König miterlebt, wie die Magie nur Unheil anrichtete und Menschen leiden ließ. Andererseits… wenn Arthur an all die Dinge dachte, die sein Vater magisch begabten Menschen antat, dann konnte er verstehen, wieso man Uther und seine Familie tot sehen wollte. Ihm selbst wäre es wahrscheinlich nicht anders ergangen. Wenn es der jungen Frau wirklich gelungen wäre, Gwen zu töten, dann hätte sich Arthur garantiert nicht zurückhalten können, sie auf der Stelle umzubringen. Warum aber dann diese Worte? Wenn sie wütend oder zornig darüber gewesen wäre, dass sie die Königin nicht hatte töten können, dann hätte sie mit Sicherheit etwas anderes gesagt. Es schien, als wollte sie ihn darauf aufmerksam machen, dass sie eine Druidin war. Es schien, als wollte sie, dass „sich seine Meinung bestätigte“, wie die junge Frau es ausdrückte. So wie es aussah, wollte sie, dass er der Magie die Schuld gab. Doch wieso? Worin bestand der Sinn, seine eigene Art so zu hintergehen und zum Ziel des Königs von Camelot zu machen? Seinen Hass auf die Magie zu schüren? Arthur wusste keine Antwort darauf.     Arthur stand an einem Fenster und starrte weiter mit verschränkten Armen nach draußen. Gwen saß auf einem thronartigen Stuhl, Elyan an ihrer Seite, welcher sich immer wieder besorgt nach ihrem Wohlergehen erkundigte. Die Ritter waren zwischenzeitlich eingetroffen. Gwaine, Leon und Percival diskutierten bereits leise miteinander. Sie hatten die Wachen im Schloss bereits Bescheid gegeben und die Sicherheit verdoppeln lassen. Solch ein Zwischenfall hätte niemals stattfinden dürfen.   Die Tür wurde geöffnet und Gaius und Merlin traten herein. Kurz ließen sie ihre Blicke durch den Thronsaal schweifen, über die Anwesenden, den König am Fenster und Gwen, welche leicht blass auf ihrem Thron saß. „Was ist passiert?“, wollte Merlin sofort in seiner ungestümen Art wissen und wandte sich direkt an die Königin. Leise seufzte Elyan, bevor er von den Vorkommnissen berichtete, weswegen sie sich alle versammelt hatten. Arthur, auf den Merlin ab und an ein Auge warf, verspannte sich zusehends. Mit besorgten Mienen traten sowohl Gaius und Merlin dicht an Gwen heran. „Geht es dir gut?“, fragte Merlin sofort, ohne jemand anderes zu Wort kommen lassen zu können. Wieder zeigte sich, dass der königliche Stand von Gwen für ihre Freundschaft keinen Unterschied auftat. Er sprach sie noch immer so an wie früher und behandelte sie auch so. Abgesehen von den Momenten, um den König zu necken. Darüber war die junge Königin auch mehr als froh. Gwen nickte und beteuerte abermals, dass es ihr gut ging. Doch sofort stieg ihre Sorge um Merlin wieder. Er war ebenfalls blass und sah so müde aus. „Ist denn mit dir alles in Ordnung, Merlin?“, stellte Gwen einen Gegenfrage und sah ihren besten Freund besorgt an. „Du siehst erschöpft aus.“ Sie war sich sicher, dass er sich keinen Augenblick lang ausgeruht hatte, seit sie wieder im Schloss waren. Arthur hatte Gaius und Merlin geschickt, damit sie sich um die Verletzten kümmerten. Und solange nicht allen Menschen geholfen war, würde sich Merlin auch nicht zur Ruhe begeben. Und genau das bereitete der Königin Kummer. Vielleicht sogar mehr als normalerweise. Schließlich gab sie sich noch immer die Schuld an Merlins Verletzung…   Kurz war Merlin verwundert, doch er schaffte es, ein kleines Lächeln aufzusetzen. „Keine Sorge, Gwen. Ich bin härter im Nehmen, als ich aussehe“, sagte er und klopfte leicht auf seine Verletzung. Vielleicht etwas zu fest, denn es breitete sich doch ein leichter brennender Schmerz in seinem Körper aus. Zu seinem Glück bemerkte dies allerdings keiner. Gwen und auch die Ritter sahen nicht wirklich überzeugt aus, doch in diesem Moment drehte sich Arthur zu ihnen und hinderte so jede weitere Frage. Er schritt zu seinem Stuhl und ließ sich darauf nieder. Seine Hände verkrampften sich an den Stuhllehnen. Er schloss die Augen und atmete tief ein. Leicht beugte er sich vor, als sich seine Ellbogen auf die Stuhllehnen legten und er seinen Kopf auf seine verschränkten Hände abstützte. Gespannt blickten die Anwesenden zu ihrem König. Seine blauen Augen öffneten sich wieder und fixierten den Boden vor seinem Stuhl. Für wenige Augenblicke saß der König einfach nur so da und wurde von seinen Freunden und Vertrautesten gemustert, bevor er sich besann und sich aufrichtete und vernünftig auf seinem Stuhl Platz nahm. Gespannt wurde der Blonde von den Anwesenden gemustert. Arthurs Gesicht war ausdruckslos und doch entging keinem von ihnen die Anspannung, welche den König befallen hatte. Ebenso die Unsicherheit. Keiner von ihnen bedrängte Arthur. Sie alle spürten seine Aufwühlung und wollten ihm daher die Zeit geben, die er brauchte.   Arthur holte tief Luft und erzählte den Anwesenden von den Vorkommnissen in Gwens uns seinen Gemächern. Jeder warf der Königin sorgenvolle Blicke zu, welche sie mit einem leichten Lächeln abtat. Der König berichtete alles mit einer tonlosen Stimme, doch die unterdrückte Wut war deutlich an seinen geballten Fäusten zu erkennen. Zuletzt berichtete er von seinen Überlegungen und seinen Gedanken bezüglich ihrer Worte.       Als er geendet hatte holte Arthur abermals tief Luft und schloss die Augen. Es war schwierig, das alles noch einmal zu durchleben und seine Gedanken so zu ordnen, dass seine Freunde ihn auch verstanden.   Die Ritter begriffen natürlich, was ihr König ihnen sagen wollte, doch in ihren Augen stand die Tat der jungen Frau im Vordergrund. Sie waren Ritter von Camelot, die hochrangigsten und vertrautesten des Königs. Ihnen allen lag das Wohl des Königspaares und von Camelot am Herzen und sie würden jeden bestrafen, der es wagte, sie zu bedrohen. Allen voran Elyan wollte etwas gegen Angreiferin unternehmen, hatte diese es gewagt, seine Schwester anzugreifen, das letzte Stück Familie, welches ihm geblieben war. Die letzte blutsverwandte Person. Denn auch die Anwesenden wurden ihm mit der Zeit so wichtig wie eine Familie…   „Ich verstehe durchaus, was Ihr uns sagen wollt, Mylord“, begann Sir Leon zu sprechen, da er immer noch der Ranghöchste der Ritter war und somit seine Meinung vor Arthur am besten auf die angemessene Art verdeutlichen konnte. „Doch diese Frau hat eine schwere Straftat begannen, eine der Schlimmsten, die man sich vorstellen kann. Sie hat versucht, die Königin zu töten.“ Bei seinen Worten verkrampfte sich Arthur abermals und ballte die Hände zu Fäusten. Elyan nahm die Hand seiner Schwester wieder in seine und drückte sie fest. „Ich denke daher, dass auch die Strafe für diese Frau hoch ausfallen sollte.“ Die restlichen Ritter murmelten Zustimmungen und nickten, die Worte von Leon bestätigend. Gaius sah seinen König aufmerksam an und seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Er wusste selbst, wie schwer das Verbrechen dieser Frau war, doch er verstand auch die Ausführungen von Arthur. Und auch dem Hofarzt kamen die Worte, welche die Angreiferin benutzte, seltsam vor. Doch wie sollte er das Arthur klar machen? Vor allem, hier vor den Anwesenden?     Während die Ritter untereinander flüsterten, Elyan leise mit seiner Schwester sprach und Gaius in Überlegungen versunken war, traf der Blick von Arthur auf den von Merlin, welcher ungewohnt ernst aussah und bislang still geblieben war. Und es überraschte Arthur. Sonst hatte Merlin zu allem eine Meinung und teilte sie auch mit, ob jemand sie hören wollte oder nicht. Nun allerdings stand er mit hinter dem Rücken verschränkten Armen da und wirkte seltsam angespannt. Er nickte seinem König leicht zu und schloss kurz die Augen. Und Arthur hatte Merlin bereits zu viele Jahre an seiner Seite, als dass er nicht verstehen würde, was sein Diener ihm damit sagen wollte.   „Gwen?“ Zum ersten Mal, seit er sie in die Arme schloss, kur nachdem sie angegriffen wurde, sprach er sie wieder direkt an. Es tat weh, die folgenden Worte auszusprechen, doch es war das Beste. Denn in dieser Nach würde Arthur wohl nur schwer zur Ruhe kommen. Es kam manchmal vor, dass Arthur bis in die späten Stunden über Pergamente, Briefe oder Karten brütete und nicht zur Ruhe kam. Und da er nicht wollte, dass er seine Frau um ihren Schlaf brachte, hatte er beschlossen, ein Gemach neben ihrem gemeinsamen Zimmer einzurichten, in welches sie gehen konnte, um zu schlafen. Glücklicherweise hatte sie sich nur zweimal bisher zurückgezogen, da er wirklich lange wach blieb, doch an diesem Abend war es ihm wichtig, dass er nachdenken konnte. Und Gwen sollte seine Unsicherheit nicht sehen. Auch, wenn er wusste, dass es ihr nichts ausmachen würde und sie ihn mit allem, was sie hatte unterstützen würde. „Würdest du dich heute Nacht in deine Gemächer begeben? Ich glaube nicht, dass ich heute besonders viel und gut schlafen werde.“ Kurz sah er die Enttäuschung in ihren Augen aufblitzen und schon wollte er seine Worte wieder zurücknehmen, als sie verständnisvoll nickte. „Das werde ich tun“, sagte sie und lächelte ihn leicht an. Dann wandte sie ihren Blick Merlin zu. „Kann ich mich darauf verlassen, dass du dafür sorgst, dass er sich zur Ruhe begeben wird?“ Merlin lächelte leicht und nickte. „Du kennst mich doch.“ Sie wusste, dass Arthur noch mit Merlin über diese Angelegenheit reden wollte. Natürlich. Eigentlich hätte es jedem in diesem Raum klar sein müssen. Vielleicht war es das auch. Egal, wie lange sie noch darüber diskutiert hätten und wie viele Meinungen es gegeben hätte, am Ende würde sich Arthur mit Merlin zurückziehen und sich in Ruhe seine Meinung anhören. Und sie alle wussten, dass er dann mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Merlins Rat hin handeln würde. Merlin war, abgesehen von Leon, am längsten an der Seite von Arthur. Und das zu jeder Tages- und manchmal auch Nachtzeit. Merlin war meist der Erste, den der König am Tag sah und der Letzte, wenn Arthur sich zur Ruhe begab. Abgesehen von Gwen war Merlin am Meisten bei Arthur. Und das schon seit vielen Jahren. Es war nur verständlich, dass Arthur Merlin am meisten vertraute.   Der König erhob sich von seinem Stuhl. „Sir Elyan. Ihr begleitet die Königin in ihre Gemächer und gebt auf sie Acht. Sir Leon, Sir Percival, Sir Gwaine. Ihr patrouilliert vor den Gemächern und in den Gängen. Niemand soll eindringen können.“ Die Angesprochenen nickten die Ritter. Für viele wäre es eine Übertreibung gewesen, dass ganze vier Ritter in der Nacht auf die Königin Acht geben sollte, doch nach diesem Vorfall wollte keiner von ihnen ein Risiko eingehen. Und eines war für sie alle klar. Würde der Königin etwas geschehen, dann würden Camelot auch seinen König verlieren…   Arthur wandte sich an Gaius. „Ich danke Euch, dass ihr zu so später Stunde noch zu mir gekommen seid, Gaius“, sagte er und in seiner Stimme konnte man die Dankbarkeit heraushören. „Nun geht und genießt Eure verdiente Ruhe.“ Der alte Hofarzt verneigte sich leicht vor seinem König. „Ihr wisst, sollte es ein Problem geben oder Ihr braucht einen Rat, dann könnt Ihr mich jederzeit rufen lassen, Mylord.“ Arthur nickte nochmals. „Ihr könnt gehen.“ Er wandte sich seiner Frau zu und gab ihr einen sanften Kuss auf die Lippen, welche sie gerne erwiderte. Er wünschte ihr leise eine gute Nacht und drehte sich um, ging in Richtung Tür. Merlin nickte Gaius einmal zu, bevor er seinem Herrn folgte.         Stillschweigend gingen Merlin und Arthur die Gänge des Schlosses entlang, ab und an auf eine Wache treffend. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden sofort erhöht, als die Ritter kurz nach dem Angriff den Befehl dazu gaben. Die Wachen verbeugten sich leicht vor ihrem König und nickten Merlin zu, bevor sie ihre Rundgänge wieder aufnahmen.   An den königlichen Gemächern angekommen, ließ sich Arthur auf einen Stuhl sinken und lehnte sich zurück. Er sah erschöpft und müde aus. Merlin ging zum Tisch und goss seinem Herrn etwas Wasser in den Kelch, welcher darauf stand. Arthur setzte den Kelch an seine Lippen und leerte ihn mit wenigen Schlucken. Beinahe geräuschlos stellte er ihn wieder auf den Tisch ab. Noch immer schwiegen sie. Nach mehreren Augenblicken beschloss Merlin ein Feuer anzuzünden, bevor er das Bett seines Herrn herrichtete. Den ganzen Tag hatte er sich mit Gaius um die Verwundeten gekümmert und durch seine eigene Verletzung, welche bereits gut verheilt war, konnte er sich nicht um die Gemächer des Königspaares kümmern. Und dementsprechend sah es auch aus.   Merlin wollte seinen Herrn nicht zum Reden zwingen. Wenn Arthur etwas zu sagen hatte und sich ihm mitteilen wollte, dann sollte er dies von sich aus tun und nicht, weil er von seinem Diener bedrängt wurde. Auch wenn es Merlin mehr als schwer fiel. Er spürte geradezu die innerliche Zerrissenheit seines besten Freundes und wollte ihm helfen. Wenn er auch noch nicht ganz genau wusste, wie er das anstellen sollte…     „All die Jahre…“, begann Arthur leise zu sprechen und Merlin unterbrach seine Tätigkeit, um den König anzusehen. Dieser hatte seinen Blick allerdings auf die Tischplatte vor ihm gesenkt, doch er sah sie nicht an. Sein Blick ging ins Leere. „All die Jahre dachte ich, dass Zauberei etwas Böses ist. Mein Vater lehrte mich, die Menschen, welche Magie einsetzen, zu hassen und sie zu töten. Seiner Meinung nach waren sie böse. Alle. Oft habe ich auf seinen Befehl hin Menschen getötet, weil sie zaubern konnten oder auch nur der Verdacht bestand, dass sie magische Fähigkeiten besaßen.“ Leise seufzte der König und stand auf. Er begab sich zu seinem Bett und ließ sich langsam darauf nieder. Die Arme lagen auf seinen Beinen und er hatte sich weit vornüber gebeugt. Sein Blick galt dem Boden. Merlin beobachtete ihn genau. „In der Zeit, in der ich nun schon König bin, habe ich mir Mühe gegeben, mir selber ein Bild über die Magie zu machen. Ich habe versucht, sie von allen Seiten zu betrachten und nicht nur daran zu denken, was mein Vater mir über sie erzählt hatte.“   Arthur dachte an Situationen, in denen Magie ihm geholfen hat. Damals, als sie in das Heimatdorf von Merlin geritten waren, Ealdor, um die Menschen dort vor Banditen zu beschützen und Will, der beste Freund Merlins Magie einsetzte, um ihnen zu helfen. Dieses Licht, welches ihn damals aus der Höhle rettete, in welche die Hexe Nimueh ihn zum Sterben zurückließ. Er hatte keinen Zweifel daran, dass es einen magischen Ursprung besaß. Und das Gespräch damals mit Gaius, in welchem er ihm nahe gelegt hatte, dass Magie nicht böse war. Sie konnte nicht böse sein. Die Menschen welche sie einsetzten allerdings schon. Und es lag immer an denen, die Magie für ihre eigenen, selbstsüchtigen Zwecke einsetzten und damit die Menschen in ihrer Umgebung verletzten.   Arthur hatte nur wenige Situationen erlebt, in denen Magie hilfreich gewesen war, doch es gab sie. Und vielleicht würde es mehr solche Moment geben, wenn er der Magie die Chance dazu gab. Also hatte er beschlossen, keine Jagd mehr auf Menschen zu machen, welche über Magie verfügten, ob sie es wirklich konnten oder nicht. Denn oft genug hatte Arthur gesehen, wie sein Vater auch unschuldige Menschen töten ließ, auf den einfachen Verdacht hin, dass eine Person zaubern konnte. Oft sah er die Angst der Menschen, dass der damalige König sie verdächtigen könnte, dass sie zaubern konnten. Und er hatte auch gesehen, wie viele Feinde sich Uther damit machte. Und so sollte es nicht sein. So musste es nicht sein. Arthur wollte nicht die gleichen Fehler wie sein Vater machen. Doch natürlich konnte er nicht anders, als auch an die Male zu denken, bei welchen die Magie nur Unheil anrichtete…   Diese Frau allerdings, die Frau, welche seine Königin töten wollte… vor allem, die Person, an wen sie ihn erinnerte, brachte ihn völlig aus dem Konzept. Morgana… Wenn Arthur daran dachte, wie sie früher einmal war und was aus ihr geworden war… was die Magie aus ihr gemacht hatte… Wenn er sah, dass die Magie ihm seine Schwester genommen hatte,… eine Frau, welche früher so liebevoll und freundlich war und nun vom Hass verzehrt wurde… wie konnte Arthur die Magie dann tolerieren?   „So vielen Leuten haben bereits versucht, Camelot mit ihrer Magie zu schaden“, führte er seine Gedanken weiter und Merlin wurde immer unwohler. „Ich habe gesehen, dass Magie den Menschen auch helfen kann“, gab der König zu, doch in seiner Stimme konnte Merlin deutlich die Unsicherheit und die Skepsis heraushören. Und er konnte es ihm nicht verübeln. Oft genug musste sich der junge Zauberer seinesgleichen stellen, um Arthur und Camelot zu schützen.   Es herrschte eine zeitlang Stille zwischen Beiden, bevor Arthur abermals seufzte und seinem Diener eine Frage stellte. Er blickte nicht auf. „Was denkst du darüber, Merlin?“, wollte Arthur wissen. „Was würdest du an meiner Stelle tun?“   Merlin dachte über die Worte seines Freundes nach. Über das, war Arthur bis jetzt gesagt hatte. Und er war sich nicht sicher, wie er darauf antworten sollte. „Seid Ihr sicher, dass Ihr in dieser Angelegenheit meinen Rat hören wollt?“, fragte er unsicher und der Frage ausweichend. Arthur hob seinen Kopf, sah seinen Diener mit durchdringenden blauen Augen an. Sein Blick war undurchschaubar, seine Mimik verschlossen. Es fiel Merlin schwer, zu erahnen, was sein Herr dachte und wie er sich fühlte. „Du bist eine der wenigen Personen, deren Meinung mich wirklich interessiert, Merlin“, gab Arthur völlig offen zu und schien es auch vollkommen ernst zu meinen. „Ich schätze deine Meinung sehr und würde gerne wissen, was du dazu sagst.“   Zu behaupten, Merlin wäre erstaunt, dann war dies eine gewaltige Untertreibung. Merlin dachte daran, dass Arthur selten so offen ihm gegenüber war. Meistens war dies der Fall, wenn der König nicht weiterwusste und einen Rat brauchte. So wie in diesem Moment. Doch nie, wirklich noch nie, hatte Arthur zugegeben, dass er seine Meinung hören wollte, dass er auf das Wort seines Dieners vertraute und darauf hörte, dass er wissen wollte, was er über etwas dachte. Und Merlin dachte daran, was er antworten sollte. Seine nächsten Worte könnten über die Zukunft von Camelot und ganz Albion entscheiden. Eine falsche Äußerung und es wäre vorbei. Er wählte seine Worte mit Bedacht.   „Es gibt Dinge, die durch die Magie zerstört wurden, dass ist wahr“, begann Merlin. Seine Stimme war fest und sicher, doch in seinem Inneren wühlten Unsicherheit und Angst. Angst, gerade in dieser mehr als wichtigen Situation, welche die gesamte Zukunft beinhalten könnte, zu versagen. „Doch wie Ihr bereits sagtet, es gibt Situationen, welche nur durch die Magie gerettet werden konnten. Die Magie ist nichts, was hilft. Ebenso wenig, wie sie Leid zufügt. All das tun die Menschen, welche sich der Magie bedienen. Sie können die Zauberei für Gute Dinge einsetzen… oder um Menschen wehzutun.“ Zum Ende hin wurde Merlin immer leiser. Es tat ihm weh, immer wieder zu sehen, wie Menschen ihre Macht benutzten, um sich Vorteile oder noch mehr Macht zu verschaffen. Er verstand es nicht und das würde er wohl auch nie. „Nicht nur in der Magie ist es so“, fuhr Merlin fort. Er hatte sich an ein Fenster begeben und lehnte sich daran, sein Blick galt allerdings dem Boden. Er wagte es nicht, seinem Herrn in die Augen zu sehen, obwohl er dessen stechenden Blick nur zu deutlich in seinem Rücken spürte. „Sobald Macht im Spiel ist, kann es passieren, dass sich Menschen verändern. Je größer die Macht ist, umso größer ist die Versuchung. Und das Verlangen, noch mehr Macht zu besitzen. Natürlich ist das nicht bei jedem so“, warf Merlin schnell ein, da er sich vorstellen konnte, dass sich Arthur durch diese Äußerung angegriffen gefühlt haben könnte.   Breit grinste er und sah nun - endlich - zu seinem König. Schnell wurde seine Miene jedoch wieder ernst. Blaue Augen bohrten sich ineinander. „Es wird immer und überall das Risiko bestehen, dass Menschen den Weg des Bösen einschlagen oder den Weg des Guten benutzen. Und jeder von ihnen wird Mittel und Wege finden, sich dafür Macht anzueignen. Sei es, um andere zu beschützen oder Angst zu verbreiten. Nur wie diese Macht eingesetzt wird bestimmt, auf welcher Seite eine Person steht. Und ob man einem Menschen seine Taten verzeihen kann oder nicht.“ Merlin stieß sich von dem Fenster ab, sah seinem König fest in die Augen, worüber Arthur mehr als erstaunt war. Kaum ein Mensch, den er kannte, schaffte es, ihm so lange und so intensiv in die Augen zu sehen. Die meisten wandten ihre Blicke schnell wieder ab oder fixierten einen Punkt an ihm oder in seiner Umgebung. Als hätten sie Angst, dass er sie bestrafen könnte, wenn sie ihn zu lange anstarrten. Natürlich, es gehörte sich nicht für die einfachen Bürger, den König anzustarren oder lange in die Augen zu sehen. Doch hat sich Merlin jemals groß darum geschert, was sich gehörte und was nicht? „Es gibt Menschen, die sich leicht beeinflussen lassen“, fuhr Merlin fort. „Sei es aus Angst oder weil sie ebenfalls nach Macht dürsten. Sie lassen sich beeinflussen und tun alles, was man ihnen sagt.“ Leicht seufzte Merlin und trat näher an den König heran, bis er genau vor ihm stand. Von oben blickte er zu seinem Herrn hinunter. Wieder etwas, was sich außer ihm Niemand trauen würde. Und für diese seltene Eigenschaft, welche nur Merlin zu besitzen schien, war der König schon mehr als einmal sehr dankbar. „Seid ehrlich zu Euch selbst, Arthur.“ Merlins Stimme war ernst und durchdringend. „Würdet Ihr beispielsweise einen einfachen Bauern töten, weil er bedroht wurde und etwas tat, was er überhaupt nicht wollte, doch ihm wurde keine Wahl gelassen?“   Sie hatten beide oft genug erlebt, dass Menschen manipuliert wurden, Dinge zu tun, die sie niemals tun würden. Doch man konnte Menschen bedrohen, ihre Liebsten bedrohen und sie dazu zwingen, dass zu tun, was man wollte. Mit Rittern und Soldaten war das natürlich eine ganz andere Sache. Sie hatten einen Schwur geleistet, den Befehlen ihres Herrn zu gehorchen und sie ohne zu zögern auszuführen. Wenn sie angriffen, dann musste Arthur sein Reich verteidigen und sein Volk beschützen. Auch, wenn er dadurch gezwungen war, Menschen zu töten. Doch eine Frau, welche vielleicht sogar von Morgana selbst gegen ihn aufgehetzt wurde - und er hegte keinen Zweifel, dass Morgana dazu durchaus fähig war - war vielleicht unschuldiger, als Arthur vermutet hatte. Und diese Aussage von ihr… ob seine Meinung bestätigt sei… es könnte ein Versuch gewesen sein, ihn zu verwirren und noch mehr gegen die Magie aufzubringen. Oder ihm klar zu machen, wie machtlos er gegen die Magie war. Eine junge Frau drang in sein Schloss ein und war im Begriff die Königin zu töten. Und Morgana wusste genau, wenn Gwen etwas geschehen würde, dass ihn dieser Verlust innerlich töten würde. Ihr war jedes Mittel recht, um ihn zu zerstören. Warum also nicht auch eine junge Frau manipulieren und die Drecksarbeit machen lassen? Die Frage, welche nun allerdings am Wichtigsten war: Konnte man dieser Frau verzeihen, wenn sie wirklich nur von jemandem gezwungen wurde?   Weiterhin bohrten sich ihre Augen ineinander, schienen gegenseitig zu versuchen, die Gedanken und Empfindungen ihres Gegenübers zu lesen.   Merlin bebte innerlich beinahe vor Anspannung. So viele Dinge, die er vor Arthur gesagt hatte, trafen auch auf ihn zu. Menschen begangen gewisse Taten, um die, die sie lieben, zu beschützen. Aber wie weit durfte ein Mensch gehen, um noch Vergebung erbitten zu können? Wenn er nun diese Frau töten würde, eine Frau, die möglicherweise weitestgehend unschuldig war… was würde der König dann mit ihm machen? Merlin benutzte seine Magie meistens dann, um Camelot und ganz besonders Arthur zu beschützen. Doch er hatte gegen die Gesetze von Camelot verstoßen, den König hintergangen, ihn und das, wofür er kämpfte, verraten… den König und seine Meinung verraten… ihn belogen und betrogen… Merlin konnte sich nicht vorstellen, dass Arthur ihm jemals würde verzeihen können. Nicht seine Taten, seine Geheimnisse, sein Selbst… Wenn es aber nur eine kleine Chance gab, dass Arthur die Magie akzeptieren würde, sie tolerieren konnte, bevor er das größte Geheimnis seines Dieners herausfand… dann musste Merlin diese Chance nutzen… und hoffen, dass Arthur, sollte er ihn wirklich aufgrund seiner Magie töten, danach nicht die gleichen Fehler wie sein Vater machen würde…   „Manche Menschen verdienen keine zweite Chance“, sagte er leise, blickte seinem König direkt in die Augen, obwohl er am Liebsten den Blick abgewandt hätte. „Doch man sollte nicht nur die Taten der Menschen beachten.“ Seine Stimme wurde leiser, fast ein Flüstern, welches beinahe gänzlich von dem Knistern des Kaminfeuers verschluckt wurde. „Ein wahrer König sieht auch hinter die Menschen, sieht, was ihn dazu bringen konnte, so weit zu gehen. Dann sollte man entscheiden, ob man verzeihen kann oder nicht. Ob Vergebung angemessen wäre oder diese Person eine Strafe oder gar den Tod verdient hat.“   Natürlich wusste Merlin, dass er ein gefährliches Spiel spielte. Alles, was er bisher gesagt hatte, konnte Arthur auch auf seine Schwester beziehen. Sie wurde böse und voller Hass, als niemand für sie da war und Morgause sie manipulieren konnte. Der König gab allerdings der Magie die Schuld, wusste er von den damaligen Ereignissen nichts. Merlin wusste, dass tief in Arthur die Hoffnung bestand, dass Morgana den schwarzen Weg, welche sie eingeschlagen hatte, verließ und zurückkehren würde. Zurück nach Camelot. Zurück zu ihnen. Gleichzeitig verstand der König aber auch, dass man Morgana nicht mehr helfen konnte. Sie hatte sich für einen Weg entschieden und würde davon nicht mehr abzubringen sein. Die einzige Erlösung, die man der Hexe noch bringen konnte, war der Tod. Der junge Zauberer hoffte von ganzem Herzen, dass Arthur nicht zögern würde. Oder er es verstehen würde, wenn Merlin Morgana tötete. Vorausgesetzt, Arthur würde ihn nicht ebenfalls töten, nachdem er erfahren hatte, was und wer Merlin wirklich war…       Noch lange starrten die beiden Freunde sich einfach nur an. Blaue Augen besahen sich ihr Gegenstück. Es schien, als würden sie beide nur mit Hilfe ihrer Gedankenkraft miteinander kommunizieren. Lange Zeit bewegte sich keiner von ihnen, nur das Knistern des Feuers war zu hören, bis sie stillschweigend eine Entscheidung trafen. Eine Entscheidung, die über das Schicksal von Camelot entscheiden könnten.     Kapitel 12: Das Urteil ---------------------- Kapitel 12 - Das Urteil      „Bist du unerlaubterweise in das Schloss eingedrungen?“ „Ja.“ „Hast du dabei den Tod einiger Soldaten in Kauf genommen?“ „Ja.“ „Hast du die Königin von Camelot angegriffen, in dem Versuch, sie zu töten?“  „Ja.“ Lautes Gemurmel entstand in dem Ratsraum, in dem die Gefangene dem König und der Königin vorgeführt wurde. Die Ritter und die Mitglieder des Rates standen versammelt im Raum, bildeten einen Kreis um die Gefangene und das Königspaar. Kara stand in der Mitte des Raumes. Ihre Hände waren gefesselt. Merlin stand abseits und beobachtete genau das Geschehen. Ebenso Mordred, welcher an einer Säule nahe des Königs und der jungen Frau stand. Arthur stand vor seinem Thron und sah der jungen Frau direkt ins Gesicht. Doch Kara schien vollkommen unbeteiligt und desinteressiert. Sie machte den Eindruck, als würde sie all das nicht das Geringste angehen. Sobald Arthur erneut begann zu sprechen, verstummten alle Nebengespräche. „Und handelst du auf Befehl von Morgana Pendragon?“, stellte Arthur die Frage, welche ihn wirklich beschäftigte. Würde seine Schwester wirklich soweit gehen und eine unschuldige Person in diese Angelegenheit mit hineinziehen, welche eigentlich nur sie beide etwas anging? „Was ich tat, tat ich für mich selbst, für mein Volk... und unser Recht, frei zu sein.“ Die Worte kamen kalt und berechnend über ihre Lippen. Es war nicht zu überhören, dass Kara bereit war zu töten, um ihre Ziele zu erreichen. Arthur ging langsam um die junge Frau herum. Der Blick von Kara folgte ihm solange, bis sie sich hätte umdrehen müssen, um ihn weiterhin im Auge behalten zu können. „Ich habe nichts gegen Druiden“, gestand er langsam und klang dabei völlig aufrichtig. Doch seine Gefangene sah das anders. „Ich war mein Leben lang wegen meiner Überzeugung auf der Flucht und ich habe gesehen, wie die, die ich geliebt habe, getötet worden sind“, bemerkte Kara voller Verbitterung in ihrer Stimme und stummen Vorwurf. Arthur blieb stehen und blickte Kara an. Sie stand nun mit dem Rücken zu ihm. „Früher, das mag sein“, räumte der König ein und seine Stimme hatte einen bedauernden Unterton angenommen. „Aber ich bin nicht mein Vater“, gab er zu bedenken. Er ging weiter langsam um Kara herum. Ihr Blick begann abermals, ihm zu folgen. „Ihr tötet nicht die, die zaubern können?“ Kara erwartete keine Antwort, ließ Arthur noch nicht einmal Zeit für eine solche, denn sie sprach bereits weiter. „Nicht ich, Arthur Pendragon, muss für meine Untaten zur Rechenschaft gezogen werden,… sondern Ihr. Ihr und Euer Vater habt brutal und unerbittlich unendlich viel Leid über meinesgleichen gebracht. In einen Krieg getrieben habt Ihr ein friedliches Volk. Und Ihr… und Camelot werdet dafür bezahlen.“ Deutlich war ihre Abscheu und ihr Hass gegenüber diesen Taten zu spüren. Und das stille Versprechen, dass Arthur büßen wird. Arthur ließ sich von ihren Worten allerdings nicht beeindrucken. „In deinen Worten höre ich die Stimme Morganas“, sagte er und erntete einen einerseits verwirrten, andererseits finsteren Blick von der Gefangenen. „Es sind sie und andere wie sie, die die Macht der Zauberei missbraucht haben“, erklärte er Kara seine Meinung. „Sie sind es, die einen Keil zwischen uns getrieben haben. Es sind ihre Taten, die Camelot terrorisiert haben und die uns dazu gezwungen haben, derartige Bräuche zu ächten.“ Endlich hatte der König seinen Gang um die Gefangene beendet und stand nun wieder direkt vor ihn und vor seinem Thron. Sein Blick war unergründlich. „Aber du stehst hier vor Gericht nicht wegen Zauberei“, gab er ihr deutlich zu verstehen und auch jedem anderen in dem Raum. „Nicht etwa, weil du gezaubert hast oder wegen Aufruhr. Du stehst hier wegen Mordes. Und wegen versuchten Mordes. Deine Taten kosteten vielen guten Männern das Leben und gefährden das Leben vieler weiterer. Nicht zuletzt das Leben meiner Frau.“ Leicht drehte sich Arthur und der Blick des Königs glitt zu seiner Frau, welchen Gwen erwiderte. Wieder überkam ihn die pure Erleichterung, dass ihr nichts weiter geschehen war. Den Göttern sei dank… Kara blieb selbst bei diesen Anschuldigungen völlig ungerührt. „Krieg fordert nun mal Opfer“, sagte sie nur. „Und ich würde es wieder tun, weil ich erst ruhen werde, wenn Ihr tot seid und Euer Königreich untergegangen ist.“ Es trat Stille ein. Keiner in diesem Raum zweifelte daran, dass die junge Frau ihre Worte ernst meinte. Das wussten alle, so auch Merlin und Arthur. Nur ein Mensch wollte dies nicht einsehen. Mordred verkrampfte sich immer mehr. „Du zeigst keine Reue für deine Taten“, stellte Arthur nüchtern fest und sah der Gefangenen direkt in die Augen. Die nächsten Worte kamen beinahe tonlos über seine Lippen. „Ich erkläre dich aus diesem Grund zur Feindin von Camelot.“ Tief holte Kara Luft, ihre so selbstsichere Fassade bekam die ersten Risse. „Morgen bei Tagesanbruch wirst du gemäß den Gesetzen unseres Landes aus deiner Zelle geführt und gehängt.“ Mordred versteifte sich, Merlin holte tief Luft, Gwen verkrampfte ihre Hände in ihrem Schoß und wieder entstand Gemurmel. Doch Arthur ließ sich von nichts davon stören. Er nickte den Wachen zu. Sofort traten diese vor und packten Kara an den Armen, um sie aus dem Raum zurück ins Verließ zu führen. Fast schien Kara wie in Trance, doch kaum spürte sie die Hände, welche grob an ihr zerrten, kehrte sie in die Wirklichkeit zurück. Plötzlich schien sie Angst zu haben. Ihre Stimme klang nun nicht mehr so sicher wie zuvor. „Tut doch, was Ihr wollt“, sagte sie, als sie umgedreht wurde. Kurz, bevor die Wachen sie aus dem Raum führten, sagte sie noch etwas, ohne sich zum König herumzudrehen. „Aber das wird Morganas Aufstand nicht verhindern. Euer Untergang naht.“ Einem Geständnis gleich schwebten ihre Worte über den Anwesenden, welche nun keinen Zweifel mehr daran hatten, dass Kara Morgana unterstand. Deutlich konnte man das Lächeln in ihrer Stimme vernehmen, als sie die folgenden Worte aussprach. „Ich bedaure nur, dass ich ihn nicht miterleben kann.“ Es herrschte Stille nach ihren Worten, selbst dann, als die Türen bereits lange geschlossen waren.       Der Tag verging schnell. Zu schnell für jene, welche den nächsten Tag ungeschehen werden lassen wollten. Es kam zu keinen weiteren Zwischenfällen, worüber alle mehr als erleichtert waren. Vor allem Arthur, Gwen, Gwaine, Percival, Leon, Elyan und Merlin. Ihnen allen steckte noch der Überfall im Wald und die Verletzung von Merlin in den Knochen, nicht zu vergessen der Angriff auf Gwen. Es war gut, dass wieder Ruhe eingekehrt war. Auch, wenn es in allen innerlich noch brodelte aufgrund der kommenden Hinrichtung.       Nur einer fand keine Ruhe. Ein Mann konnte und wollte nicht einsehen, dass es so enden sollte. Er wollte sie nicht verlieren. Mordred brach auf, um die Gefangene unten in den Kerkern zu besuchen. Entschlossen stieg er die Treppen zu den Verließen hinunter. „Halt! Was wollt Ihr?“ Eine der Diensthabenden Wachen stellte sich ihm in den Weg. Der Blick des Mannes war kühl, doch der Blick des Druiden stand diesem um nichts nach. „Ich will die Gefangene sehen“, sagte er geradeheraus. Er war einer der Ritter des Königs, die gewöhnlichen Wachen hatten sich ihm zu fügen. Und selbst, wenn sie es nicht tun würde, er hatte Mittel und Wege sie dazu zu bringen. Unsicher sahen sich die beiden Wachen an, bevor der, welcher am Tisch saß nickte und sich wieder seinem Essen zuwandte. Der Mann, welcher Mordred den Weg versperrte, starrte ihn noch kurz an, bevor er den Weg freimachte und sich nun wieder an dem Tisch niederließ. „Beeilt Euch!“, rief er ihm noch hinterher, als Mordred durch die Gänge ging. Es herrschte Dunkelheit in den Gängen des Verlieses. Einzig vereinzelte Fackeln und der Schein des Mondes, welcher durch die Gitterfenster in den Zellen herein schien, sorgte für etwas Licht in den steinernen Gewölben. Es dauerte nicht lange, bis Mordred die Zelle mit der zuvor verurteilten Frau fand. im Moment war es die einzige besetzte Zelle in diesem Verließ. Sie saß vorne auf einer Pritsche gegen die Gitter gelehnt und hatte die Beine an sich gezogen, von ihren Armen umschlungen und ihren Kopf darauf abgelegt. Es brach dem Druiden beinahe das Herz, die junge Frau so zu sehen. Er trat näher an die Gitter heran, schleichend, beinahe lautlos. „Kara…“ Ein Ruck ging durch ihren Körper. Langsam hob sie den Kopf und sah ihn an. Ihre Mimik verriet nichts über ihre Gefühle. „Mordred…“ Der Ritter kam näher und kniete sich an die Eisenstäbe, seine Hände ruhten daran. „Oh Kara… was ist passiert?“, wollte er wissen. „Warum bist du hier?“ Die junge Frau rutschte näher an das Gitter, näher zu ihm. Sie gab ihm keine Antwort. Mordred steckte seinen Arm durch die Gitter und berührte Kara an der Wange. Zärtlich strich er darüber. Doch irgendetwas war merkwürdig. Sie reagierte kaum auf seine Berührungen. „Du darfst Arthur Pendragon nicht trauen“, sagte sie finster und ihre Miene spiegelte ihre Abscheu wider. Ihre Hand suchte die Seine. Verwirrt sah Mordred Kara an. „Wieso. Warum sollte ich ihm nicht trauen können?“ Er wusste nicht, wie Kara auf solche Gedanken kommen konnte. Hatte Morgana wirklich ihre Hände im Spiel? Er konnte es nicht sagen. „Er wird jede Chance nutzen, um unsereins zu töten“, erklärte sie ihm und drückte seine Hand fester. „Vertrau ihm nicht.“ Mordred ließ sich ihre Worte durch den Kopf gehen. Er wusste, dass sie Unrecht hatte. Er kannte Arthur. Der König würde niemanden töten, nur weil jemand Magie beherrschte. Auch ihn würde er gewiss nicht töten lassen, wenn er die Wahrheit erfahren würde. Dafür hatte er dem König bereits zu bereitwillig gedient und ihm das Leben gerettet. Mordred glaubte einfach nicht, dass Arthur jemandem Schaden wollen würde, solange sich niemand etwas zu Schulden kommenließ. „Kara“, versuchte er die Frau zu überzeugen „Arthur würde nie - “ „Vertrau ihm nicht!“, fiel sie ihm ins Wort. Es schien ihr mehr als wichtig zu sein, dass er ihren Worten Gehör schenkte, dass er dem König von Camelot nicht trauen sollte. Aber es gab jemandem, dem sie vertrauen konnte. „Wenn du ihm nicht vertrauen kannst… dann vertrau mir“, bat er sie und sah ihr fest in die Augen, welche Kara nun auf ihn gerichtet hatte. Etwas seltsames war in ihrem Blick. „Vertrau mir…“, flüsterte Mordred noch, bevor er Karas Gesicht näher zu sich zog. Sanft verschloss er seine Lippen durch die Gitterstäbe mit ihren. Ewigkeiten schienen zu vergehen, bis sich die Beiden wieder voneinander lösten. Mordred lächelte leicht. Kara schien wie in Trance, ihr Blick verschleiert. „Ich werde alles dafür tun, das du hier raus kommst“, versprach Mordred seiner Geliebten und drückte ihr nochmals einen Kuss auf die Lippen, bevor er sich erhob. „Vertrau mir“, sagte er noch, bevor er sich abwandte und verschwand. Kara blieb alleine zurück, noch immer mit leeren Blick. Als er weg war ging ein Ruck durch sie und sie richtete sich leicht auf. Ihre Hände umklammerten die Gitterstäbe. „Mordred…“, hauchte sie leise, bevor sie zusammensackte. Wie zuvor zog sie ihre Beine an, umschlang diese mit ihren Armen und legte ihren Kopf darauf. „Bitte… hilf mir…“ Beinahe lautlos verklangen ihre hilfesuchenden und verzweifelten Worte und wurden doch von niemandem gehört…       Merlin wollte gerade seinem Herrn dabei helfen, sich für die Nacht umzuziehen, damit dieser endlich wieder vernünftig schlafen konnte, als es plötzlich an der Tür klopfte. Höchst alarmiert, dass es abermals einen Vorfall gab, sagte Arthur schnell und barsch „Herein!“   Zögerlich wurde die Tür geöffnet und Mordred trat herein. Zu seinem Glück hatte sich Merlin bereits von seinem Herrn entfernt, ansonsten hätte diese nur zu deutlich bemerkt, wie sich der Zauberer verkrampfte. Merlin wusste nicht, was er von Mordreds Besuch zu so später Stunde halten sollte, aber etwas in ihm riet ihm zur Vorsicht. Sein Gefühl sagte ihm, dass es um die junge Frau ging, welche im Verließ saß.   Mordred stellte sich in gebührenden Abstand zu seinem König auf und sah ihm tief in die Augen. Seine Mimik sprach von Verzweiflung und Angst. Doch wieso? „Mein König“, grüßte Mordred und neigte leicht den Kopf. „Was kann ich für Euch tun?“, fragte Arthur. Der Druide schluckte leicht, wusste nicht, wie er seine Bitte vortragen sollte. Wie würde sein König reagieren? Würde er ihm diesen Wunsch gewähren? Und was sollte er tun, wenn Arthur es nicht täte? All seinen Mut zusammennehmend holte Mordred tief Luft. So wie Merlin war auch Arthur überrascht, als der junge Mann mit einem Mal vor Arthur niederkniete und seinen Kopf senkte. Keiner der Beiden verstand, warum Mordred sich so unterwürfig gab. Es war sonst nicht seine Art. „Was soll das bedeuten, Mordred?“, verlangte Arthur zu wissen. Seine Augen zeigten seine Verwirrung. Er hatte sich nun völlig zu seinem Ritter umgedreht und bemerkte so das Mienenspiel seines Dieners nicht. „Ich bitte Euch, Sir, bitte verschont die Frau im Verließ.“ Die Worte kamen bittend über die Lippen des jungen Mannes, der Wunsch erhört zu werden sprach deutlich aus seinen Augen. Merlin zog die Augenbrauen zusammen. Sein Gefühl hatte ihn also nicht getäuscht. Scheinbar war die junge Frau, welche Gwen angegriffen hatte, dem Druiden wirklich wichtig. Er wusste aber nicht, ob das gut war oder nicht. Auch Arthur schien kurz verwirrt, doch schon im nächsten Moment übernahm der König in ihm die Oberhand. „Ihr wisst, dass ich das nicht tun kann, Mordred“, sagte Arthur und seine Stimme klang ernst. Nochmals erhob der Ritter seine Stimme, um seine Bitte ein weiteres Mal vorzubringen und seinen Worten Nachdruck zu verleihen. Weder Merlin noch Arthur überhörten den weinerlichen Unterton in der Stimme Mordreds. Grüne Augen sahen beinahe flehend zu dem König hinauf. „Arthur, ich flehe Euch an“, bat Mordred. Seine Stimme war belegt. „Bitte überdenkt Euer Urteil. Kara ist ein guter Mensch und will nichts Böses. Ihr dürft ihr nicht die Schuld geben. Morgana benutzt sie in ihrer Gier nach Macht.“ Fragen sah Arthur Mordred an. Er gab keine Antwort auf die Bitte seines Ritters, sondern stellte selber eine. „Und Ihr kennt sie?“ Mordred nickt heftig. Es war ihm gleich, was sein König nun von ihm halten sollte. Er würde alles tun, damit dieser Kara am Leben lassen würde. „Sie ist jemand… schon als kleiner Junge…“ Mordred wusste nicht, wie er es ausdrücken sollte, wusste nicht, wie er Arthur klar machen sollte, wie viel ihm Kara bedeutete. Trotz dieser beinahe verzweifelten Situation schlich sich ein kleines liebevolles Lächeln auf die Lippen des Ritters. Er hob den Blick. „Schon als kleiner Junge…wohnte sie stets in meinem Herzen.“ Diese Worte schienen ein Auslöser zu sein, denn Arthur trat auf Mordred zu und brachte ihn dazu aufzustehen. Er legte ihm eine Hand auf die Schulter. Fest sah der König seinen Gegenüber an. „Ihr wisst, ich tue alles für Euch“, sagte er und sprach mit absoluter Ehrlichkeit. „Ihr seid ein Ritter von Camelot, das verbindet uns beide.“ Kurz senkte Arthur den Blick, sammelte Kraft, um die nächsten Worte seinem Freund gegenüber auszusprechen. „Doch was Ihr von mir verlangt…“ Sein Griff wird fester, worauf sich Mordred verkrampfte. „Diese Druidin… sie ist eine Gefahr, nicht nur für mich. Sie ist ein Todfeind Camelots.“ Mordred schüttelt den Kopf, immer wieder. Kein Ton entwich ihm. „Gnadenlos, rücksichtslos“, erklärte Arthur weiter. „Nein“, krächzte Mordred fast, er wollte nicht wahrhaben, was Arthur ihm zu verstehen geben wollte, wollte dessen Entscheidung nicht akzeptieren. „Das werde ich ändern. Sie wird auf mich hören.“ Nun war es an dem König, seinen Kopf zu schütteln. Seine Stimme wurde mitfühlender, doch seine Entscheidung schien besiegelt. „Ich kann nicht das Leben meiner Bürger gefährden, egal, wer mich darum bittet.“ „Ich flehe Euch an, Arthur.“ Eine Träne rann seine Wange hinab, vereinzelt immer mehr, doch der Schock schien zu tief in Mordred verwurzelt zu sein, als das er in diesem Moment wirklich weinen könnte. „Sie hat ihre Schuld eingestanden“, gab Arthur zu Bedenken. „Ich hab keine andere Wahl.“ Nun war die Stimme des Königs leise, sehr leise und das Mitgefühl schwang darin mit. Er schien den Schmerz seines Ritters zu spüren. „Es tut mir leid.“ Mordreds Blick glitt zu Boden, keine Regung war an ihm noch zu erkennen. Der Schock saß tief, dass wussten alle im Raum. „Sir.“ Leise, fast wie ein Hauch verließ dieses eine Wort die Lippen von Mordred, bevor er sich umdrehte. Beinahe wie in Trance begab er sich zur Tür.   Einen letzten Blick warf Mordred zurück, welchen Arthur fest erwiderte. Doch Mordred sah beinahe durch ihn hindurch. Seine gesamte Aufmerksamkeit galt dessen Diener. ~Bitte~, erschall die beinahe gebrochene Stimme des Druiden in Merlins Kopf, worauf sich dieser leicht versteifte. ~Ich bitte dich inständig, Merlin. Bitte rede mit ihm. Du bist der Einzige, der ihn jetzt noch umstimmen kann. Ich flehe dich an.~ Mordred schien mehr als verzweifelt zu sein, wenn er sich an ihn wendete, vermutete Merlin. Es tat ihm in der Seele weh. Er wusste natürlich, dass Arthur recht hatte. Kara hatte nicht nur ein, sondern mehrere Verbrechen begannen. Sie musste bestraft werden.  Doch andererseits verstand Merlin auch Mordred. Wenn es um seine Geliebte gegangen wäre… wenn Arthur Freya verurteilen würde… Alleine bei diesem Gedanken schnitt ein heißer Schmerz durch sein Herz und schien es bluten zu lassen. Es schmerzte so stark, dass er beinahe aufgekeucht hätte. Merlin verstand Mordred. Das tat er wirklich. Und etwas sagte ihm, wenn Arthur Kara wirklich würde töten lassen, dann würde sich Mordreds Loyalität in Hass umwandeln. Und Merlin hatte bereits vor seinen eigenen Augen gesehen, was dann geschehen würde. Ein Schauer durchfuhr den Zauberer. Er musste alles tun, was in seiner Macht stand, damit diese Prophezeiung niemals Wirklichkeit werden konnte. Es konnte also nur eine Antwort geben. ~Ich versuche es.~ Mehr konnte Merlin nicht tun. Er konnte nicht versprechen, dass er Arthur wirklich würde umstimmen können. Das konnte niemand versprechen. Er würde mit Arthur reden und versuchen, ihn zu überzeugen. Merlin konnte nur hoffen, dass es ihm gelingen würde. Wenn er es schon nicht für Mordred tun würde, dann wenigstens für Arthur. Merlin hoffte wirklich, der Druide würde es verstehen. Doch Mordred war bereits über dieses Versprechen mehr als erleichtert, dass konnte Merlin deutlich spüren. ~Danke~, hallte es noch in seinem Kopf wider, bevor der Ritter das Gemach endgültig verließ.   Noch für einige Momente blieben Merlin und Arthur stehen, sahen die Tür an, durch welcher der beinahe gebrochene Ritter verschwunden war. Der König seufzte und drehte sich langsam um, begab sich zu seinem Schreibtisch. Merlin ignorierte er dabei, wusste er nur zu genau, was sein Diener von dieser ganzen Sache hielt.   „Was ist mit der Verbundenheit unter Rittern?“ Seine Stimme klang wie die von Mordred leicht belegt, als Merlin diese Frage stellte. Wieder seufzte Arthur und versuchte, dem Schwarzhaarigen die Situation zu erklären. „Das Gesetz muss geachtet werden“, sagte Arthur, doch er blickte Merlin dabei nicht an. Er stellte sich an seinen Schreibtisch und versuchte, seinen Blick auf die vor ihm liegenden Pergamentrollen zu lenken. „Das hat Vorrang.“ Merlin hingegen ließ nicht locker. Er stellte sich dicht an den Tisch seines Königs und sah ihn durchdringend an. „Ihr brecht ihm das Herz.“ Wenn er wieder daran dachte, wie es ihm dabei ergehen würde… „Und verliert sein Vertrauen“, gab Merlin weiter zu bedenken. „Denkt doch - “ Arthur unterbrach ihn barsch „Ich kann nichts tun. Und irgendwann wird Mordred das auch verstehen. Und dann wird er mir vergeben.“ Obwohl seine Worte tonlos klangen und wie eingeübt, konnte Merlin etwas Gewisses darin ausmachen. Die Ungewissheit und die Ungläubigkeit darüber, dass Mordred ihm wirklich verzeihen könnte. Und ebenso sah es auch Merlin. Wenn Kara wirklich durch das Urteil von Arthur sterben sollte… würde dieser den König töten. Ohne Skrupel. Und langsam dämmerte es Merlin. Langsam verstand er, wie es zu dieser Prophezeiung kommen konnte. Doch das durfte nicht geschehen. Er musste etwas dagegen tun. „Ich fürchte, da irrt Ihr Euch“, versuchte Merlin, seinen Herrn von seiner Entscheidung abzubringen. Denn die Folgen wären wahrlich katastrophal. Arthur ließ sich jedoch nicht beirren und sagte nur „Die Zeit wird es zeigen.“ Das Gespräch schien für den König damit beendet zu sein. Er widmete sich abermals seinen Unterlagen und ließ seinen Diener stehen. Er dachte, dass sich Merlin nun wieder auf seine Aufgaben konzentrieren würde. Doch da hatte er sich in Merlin getäuscht. „Arthur - “, begann Merlin, doch wieder wurde er von seinem Herrn unterbrochen. „Ich weiß, was du sagen willst“, sagte der Blonde ohne von den Pergamenten aufzuschauen. Kurz war Merlin verwirrt, doch er fasste sich schnell wieder. „Das Mädchen…“ „Ihr Schicksal ist besiegelt.“ Seufzend wandte Arthur seinen Blick nun doch von seinen Unterlagen ab und stützte sich mit den Armen auf seinem Tisch ab. „Aber Mordred macht mir Sorgen“, gab der König zu und tat wieder etwas, was Merlin so sehr berührte: Er teilte seine Ängste und Sorgen mit seinem Diener und besten Freund. Und gerade in dieser Situation war dies von größter Wichtigkeit. Arthur fuhr sich seufzend mit einer Hand durch die Haare. „Wie kann ich ihm helfen?“ Abwartend sieht er Merlin mit verschränkten Armen an, während er sich an das Fenster hinter seinem Schreibtisch lehnte. Für Merlin war die Sache klar. „Lasst sie frei.“ Arthur wendet den Blick ab. Seufzend sah Arthur mit starrem Blick nach draußen. „Dieses Mädchen hat kaltblütig Menschen ermordet“, erläuterte er eine Tatsache, die Merlin mehr als bekannt war. „Wir sind im Krieg, ich muss entschlossen handeln.“ „Wie kann noch ein Toter den Frieden bringen, den wir uns ersehenen?“, warf Merlin ein. Entschlossen blickte er seinen König an, welcher seinen Blick nun wieder seinem Diener zuwandte. „Sie ist noch jung. Ich glaube nicht, dass sie nicht mehr zu retten ist. Ihr habt die Liebe, welche Mordred für sie empfindet, doch gesehen. Sie ist viel größer als die Verbundenheit zu Morgana oder deren Sache. Ich bin sicher, dass auch Kara so fühlt. Gebt ihr noch eine Chance, sie wird sie ergreifen.“ Merlin sprach voller Überzeugung. Und in seiner Stimme konnte Arthur etwas ausmachen. Etwas, was überhaupt nicht zu seinem Diener passen wollte und er doch schon so oft bei dem Schwarzhaarigen zu hören und sehen bekam. Weisheit. „Der König muss zuerst das Gesetz achten.“ Obwohl er es wollte, klang Arthurs Stimme nicht so überzeugt, wie er es gerne hätte oder wie es in dieser Situation für einen König angemessen wäre. Zweifel beschlichen ihn. „Es geht um die Zukunft von Camelot.“ Merlin bemerkte den Konflikt von Arthur. Und so Leid es ihm tat, seinen besten Freund und Herrn in solch eine Situation zu bringen, verstand der Zauberer auch Mordred. Außerdem kämpfte Merlin. Für eine sichere Zukunft. Für die Zauberei. Für Albion. Und vor allem… für Arthur. „Bitte Arthur, Ihr müsst auf mich hören - “ „Das habe ich zu entscheiden.“ Stille. Nachdem Arthur seinen Diener so rüde unterbrach blieb Merlin stumm. So sehr er sich bis eben noch über die Offenheit von Arthur freute, so sehr verletzten ihn nun diese Worte. „Ich ganz allein.“ Nur noch leise kamen diese Worte über die Lippen des Königs, schon längst hatte er sich von seinem Diener abgewandt und blickte aus dem Fenster. Schweigen hüllte ihn ein. Kein Wort fiel mehr zwischen den Beiden Männern, doch das war auch nicht nötig. Für Merlin war es ein untrügliches Zeichen, dass er gehen sollte. „Sir“, sagte Merlin noch, bevor auch er sich abwandte und ging. Deutlich konnte man in seiner Stimme hören, wie verletzt er war. Er versuchte es erst gar nicht zu verbergen. Arthur schloss die Augen, als sich die Tür hinter Merlin ins Schloss fiel und nun völlige Stille in den Gemächern des Königs herrschte.       Am nächsten Tag waren bereits alle Vorkehrungen zu der geplanten Hinrichtung abgeschlossen. Zu frühester Stunde versammelten sich die Menschen bereits langsam um das Podest, auf welchem der Galgen stand, um diesem Spektakel beizuwohnen. Die Menschen konnten es nicht erwarten, jemanden hängen zu sehen, der Unheil über Camelot bringen wollte. Doch soweit war es noch nicht.   Erneut sollte die junge Frau dem König vorgeführt werden. Ein letztes Mal wollte er ihr Gehör schenken. Und ein letztes Mal wollte Arthur Worte an sie richten.   Die Situation war dieselbe wie am Vortag. Die Ritter waren anwesend, ebenso die Ratsmitglieder. Merlin stand neben der Tür und beobachtete das Geschehen. Sir Leon stand neben dem Thron von Arthur. Zwei Wachen behielten neben der Gefangenen Stellung. Mordred wurde von dieser Besprechung ausgeschlossen, da der König unvorhersehbare Reaktionen vermeiden wollte. Nur Arthur schien verändert. Im Gegensatz zum vorherigen Tag trug er nicht seine königliche Tracht, keinen Umhang, keine Krone. Arthur saß auf seinem Thron, als wäre es ein gewöhnlicher Stuhl, nach vorne gebeugt, die Arme auf den Beinen abgelegt, in seiner Rüstung, welche er bereits seit so vielen Jahren trug. Er wirkte nicht wie ein König. Eher wie ein gewöhnlicher Mann, welcher ein einfaches Gespräch mit jemanden führen wollte. Nicht wie jemand, der die Frau zum Tode verurteilen wollte, sondern wie jemand, der sich dem Leben zuwandte. „Alle Anwesende hier wissen, welcher Verbrechen du dich schuldig gemacht hast“, begann Arthur zu sprechen und erlangte somit die Aufmerksamkeit aller Anwesenden. Viele hielten den Atem an, obwohl sich kaum einer erklären konnte, wieso sie sich nochmals in dem Raum eingefunden hatten. Das Urteil war gesprochen. Was also gab es noch zu besprechen? „Aber ich gebe dir noch eine Chance.“ Merlin atmete erleichtert aus. Er hatte gar nicht wahrgenommen, wie er nach dem letzten Satz von Arthur die Luft angehalten hatte. Doch es war verständlich. Und umso größer war der Stolz, den Merlin seinem Herrn gegenüber empfand. Nicht alle sahen es so wie Merlin. Die Gesichter der Ritter und Ratsmitglieder waren von Verwirrung gezeichnet und den älteren Herrschaften konnte man ebenso die Empörung ansehen. „Ich weiß, dass Druiden friedfertige Menschen sind. Du. Du bist jung. Schnell zu beeindrucken. Eine leichte Beute für Leute wie Morgana.“ Dies waren wahre Worte, dass mussten auch die Ältesten zugeben. Jeder von ihnen konnte sich vorstellen, wie manipulativ Morgana sein konnte. „Wenn du für deine Verbrechen Reue zeigst, verschone ich dein Leben.“ Bei diesem Satz konnte Arthur nicht anders. Sein Blick wanderte zu seinem Diener und mit Freuden sah der König ein Lächeln auf den Zügen des Schwarzhaarigen erscheinen. Merlin lächelte stolz, er freute sich sichtlich über die Entscheidung von Arthur. Aufmunternd nickte Merlin seinem Herrn zu, welcher es gerne erwiderte, bevor er sich wieder der Gefangenen zuwandte. Kara schluckt hart. Sie schien mit sich zu kämpfen. Bis sie langsam den Mund öffnete und es den Eindruck erweckte, als würde sie das Angebot von Arthur annehmen. Und im nächsten Moment änderte sich alles. Mit einem Mal breitete sich Kälte aus. Eine eisige Kälte, welche sich tief in seine Seele zu graben schien. Leise keuchte Merlin auf, Übelkeit stieg in ihm auf, sein Körper verkrampfte sich und erzitterte. Eine eisige Welle an Macht schien plötzlich von Kara auszugehen. Er ließ seinen Blick durch den Raum schweifen und bemerkte, dass es niemandem so wie ihm erging. Nur er schien sie zu spüren. Er spürt die Macht, welche dahinter steckte. Der Roch. Er hatte seine Klauen anscheinend in die Seele von Kara geschlagen und sie unter seine Kontrolle gebracht. Ließ alles Gute und die Einsicht in ihr erstarren und legte ihr Worte in den Mund. Gerade, wo sie bereit war, ihre Fehler einzusehen dem König zu vertrauen, welcher ihr Unglaublicherweise eine zweite Chance anbot, mischte sich die Bestie ein und ließ die junge Frau direkt in den Tod laufen. Denn an Arthurs Urteil gab es nach ihren nächsten Worten keinen Zweifel mehr. „Ich kann kein Verbrechen bereuen, dass ich nicht begangen habe.“ Ihre Stimme war kalt und berechnend, kein Mitgefühl und keine Reue waren darin zu hören. Sie schien es nicht zu kümmern, dass einige Menschen durch sie den Tod gefunden hatten und sie nun das selbe Schicksal erwartete. Er war ihr gleich. Doch Merlin wusste, dass es nicht der jungen Frau gleich war, dass sie sterben würde. Arthur versuchte es noch ein letztes Mal, versuchte an ihre Vernunft zu appellieren. „Kara…“ Sie ließ ihn nicht weiter zu Wort kommen. „Es ist kein Verbrechen, für seine Freiheit zu kämpfen“, sagte sie voller Überzeugung und ihr kalter Blick durchbohrte den König beinahe. Arthur suchte die Augen seines Dieners und tauschte mit ihm einen traurigen Blick. Sie wussten, dass sie nach solchen Worten seitens Karas nichts mehr für sie tun konnten. Merlin überlegte fieberhaft, doch ihm fiel keine Möglichkeit ein. Er wusste nicht, wie er den Roch austreiben sollte. Wie er Kara von dessen Einfluss befreien sollte. Vor allem nicht, da das Urteil kurz nach der Besprechung vollstreckt werden sollte. „Es ist kein Verbrechen, für das Recht zu kämpfen, der zu sein, der man ist.“ Kara reckte ihr Kinn, sah den Herrscher von Camelot beinahe spöttisch an. Ein finsteres Lächeln erschien in ihrem Gesicht. „Ihr verdient alles, was Euch ereilen wird, Arthur Pendragon.“ Es herrschte Stille in dem Raum und die Anwesenden warteten gespannt darauf, was der König darauf erwidern würde. „Wenn das deine Entscheidung ist“, sagte Arthur und klang tonlos, kein Gefühl war in seiner Stimme auszumachen; nun sprach der König aus ihm „dann wirst du in der nächsten Stunde deinen Tod finden. Durch den Galgen.“               Kapitel 13: Das wirst du mir büßen, Emrys! ------------------------------------------ Kapitel 13 - Das wirst du mir büßen, Emrys!     Unruhig wanderte Mordred vor dem Saal hin und her, er konnte keine Ruhe finden. Er fand es merkwürdig, dass der König Kara noch einmal sehen wollte. Das Urteil war gesprochen. Und nach den Worten Arthurs am Abend zuvor schien es festzustehen, was mit der Gefangenen passieren sollte, auch wenn es Mordred das Herz brechen würde. Doch warum wollte Arthur dann noch mal mit Kara reden? Und warum durfte er, Mordred, nicht dabei sein? Gab es vielleicht doch noch Hoffnung? Vielleicht - Die Flügeltüren wurden geöffnet. Ruckartig blieb Mordred stehen, beendete somit sein Umhergehen vor den Türen, welches von den Wachen permanent beobachtet wurde. Ritter kamen heraus, vereinzelt Mitglieder des Rates, doch Mordred konnte nicht sehen, was geschehen war, wieso es ein weiteres Gespräch gab. Er verstand es nicht - doch das brauchte er auch nicht. Denn schon traten zwei Wachen aus dem Saal heraus, gingen an ihm vorbei und zerrten Kara mit sich, deren Hände noch immer gefesselt waren und mit kaltem Blick stur geradeaus sah. Geschockt blickte der Ritter seine Freundin hinterher, war zu sehr in einer Schockstarre gefangen, um wirklich zu realisieren, was da vor sich ging. Zu sehr weigerten sich sowohl sein Verstand als auch sein Herz, zu begreifen. Zu begreifen, dass es vorbei war…   Mordred blickte auf, als Arthur aus dem Saal geschritten kam, übersah dabei die Trauer hinter der königlichen Maske, übersah das Mitleid für ihn und die junge Frau, dessen Leben beendet werden würde…    „NEIN!“ Mordred schrie auf, konnte nicht verstehen, wie sein Herr seine Geliebte zum Tode verurteilten konnte. Es war ein Fehler, ein schrecklicher Fehler, Kara würde niemals jemandem wehtun! Mordred wusste nicht, was in dem Thronsaal vor sich gegangen war, doch es war ihm gleich. Das Einzige, was zählte war, dass der König Kara töten lassen wollte. Er preschte vor, wollte sich auf Arthur stürzen, doch Gwaine und Percival waren schneller. Sie schnappten sich Mordred, hielten ihn fest, beschützten ihren König. Bestürzung war ihnen anzusehen, als sie Zeugen davon wurden, wie ein sonst so loyaler Ritter den König angreifen wollte. Und das alles wegen einer Frau, welche Unheil über Camelot bringen wollte.   „Das könnt Ihr nicht tun!“, schrie Mordred und wehrte sich gegen den Griff von Gwaine und Percival, doch es brachte nichts. Sie waren zu stark. Verzweiflung begann in dem jungen Druiden aufzusteigen. Sein logisches Denken wurde von der Verzweiflung hinweggespült. Er war kurz davor seine Magie einzusetzen. Es war ihm gleich, ob es auch sein Todesurteil sein sollte. ~ Mordred! ~, hallte plötzlich eine ernste Stimme in seinem Kopf wider. Sofort hielt Mordred inne und sah zum Sprecher, welcher direkt hinter Arthur zum Vorschein kam. Langsam schüttelte Merlin den Kopf. Die Trauer in den Augen des Zauberers übersah Mordred, wie bereits zuvor beim König. Die Verzweiflung strömte durch seine Adern und der Druide wehrte sich abermals mit Leibeskräften gegen die Griffe seiner Kollegen. Doch er blieb gefangen. Er konnte nicht verstehen, wollte nicht verstehen, wieso Merlin nichts dagegen unternommen hatte. Wieso hatte er nicht mit Arthur geredet und ihn davon abgehalten, Kara endgültig zum Tode zu verurteilen? Und wieso sollte er nicht bei der erneuten Zusammenkunft des Rates und der Besprechung über Kara dabei sein? Hatten sie der jungen Frau erneut ihre Verbrechen vorgeworfen und sie damit konfrontiert, dass es für sie keine Zukunft gab? Das es keine Zukunft für sie gab, da sie an diesem Tag sterben würde? Tief in sich wusste Mordred, dass weder Arthur noch Merlin jemals so grausam waren und Kara so behandeln würden, doch die Panik und die Angst, Kara nun auf ewig zu verlieren, flossen durch seinen Körper wie Blut. Ebenso wie der Hass, welcher durch diese Gedanken geschürt wurde. Wenn sie wirklich so mit Kara umgesprungen waren, er würde sie alle - !   Merlin war näher an Mordred herangetreten, ohne dass dieser etwas davon gemerkt hatte. Arthur legte Merlin ein Hand auf die Schulter und nickte ihm zu. Es war ein Zeichen dafür, dass er für seine Worte am Abend dankbar war und sich daran halten wollte, doch er hätte selber gesehen, dass sich Kara nicht umstimmen ließ. In seinem Gesicht war deutlich sein Unmut über dieses Urteil zu sehen, doch er konnte nichts tun. So, wie sich Kara vor wenigen Augenblicken vor dem rat gezeigt hatte, war sich jeder der Anwesenden sicher, dass niemand in Camelot je wieder sicher wäre, wenn Arthur sie am Leben ließe. Er hatte keine Wahl. All das sah Merlin in diesen beiden einfachen Gesten. Er nickte ebenfalls nur. Er wusste, sein König würde auch ihn verstehen. Würde wissen, dass es auch ihm schwer fiel, Kara dem Tod zu überlassen, wo er ihr gerne noch eine zweite Chance gegeben hätte, besonders Mordred zuliebe. Denn ihm war nun vollends bewusst, wie es zu dieser Prophezeiung und der Vision von Arthurs Tod kommen konnte. Sie hofften beide, dass sie den jungen Ritter nicht für immer gebrochen hätten. Das gegenseitige Nicken war für sie beide ein Zeichen des Dankes und des Trostes. Doch einer verstand es vollkommen falsch. Die Augen des Druiden weiteten sich. ~ Du. ~ Vollkommen fassungslos erklang Mordreds Stimme in Merlins Kopf, worauf dieser ihn nur verwirrt ansah. ~ Was - ?! ~ ~ DU warst es! Du hast Arthur geraten, sie töten zu lassen! ~ Nun weiteten sich Merlins Augen vor Fassungslosigkeit. Wie kam Mordred nur auf solch eine verrückte Idee?! ~ Mordred, ich würde nie - ! ~ ~ Diesmal bist du zu weit gegangen! ~ Mordred ließ ihn gar nicht erklären. Die Wut war deutlich in seinen Augen zu sehen. Seine Zähne waren gefletscht. Der Hass, welcher in ihm aufstieg, verhinderte jeden klaren Gedanken. Die Griffe um seine Arme wurden fester, er wurde zurückgezogen, als er sich abermals aufbäumte. Mordreds gesamte Körperhaltung sprach von Hass und Wut. Doch keiner von den Anwesenden wusste, dass all das nicht direkt auf Arthur gerichtet wurde. ~ Das wirst du mir büßen, Emrys! ~, waren die letzten Gedanken, welche Mordred ihm teilte, bevor er sich verschloss und von Gwaine und Percival ins Verließ gebracht wurde.   Verzerrt vor Hass und Abscheu hallte Mordreds Stimme gefährlich leise in seinem Kopf wider und Merlin konnte nicht verhindern, dass ihm ein Schauer über den Rücken lief. Mordred wurde ebenfalls in das Verließ gebracht. Dort konnte er sich beruhigen. Doch sie alle wussten, dass dies nicht so einfach passieren würde.   Nach und nach verstreuten sich die Menschen, welche sich vor dem Thronsaal befanden. Auch Merlin ging, machte sich auf den Weg in seine Gemächer, wollte sich über dieses Gefühl der Macht, welches der Roch in Kara hinterlassen hatte, mit Gaius unterhalten. Doch seine Gedanken rasten. Er zweifelte nicht einen Moment daran, dass Mordred seinen Worten Taten folgen lassen würde. Dazu steckte zu viel Ernsthaftigkeit in diesen. Und in seinen Worten steckte noch etwas anderes. Mordred nannte ihn Emrys. Dies tat er nie. Sonst nannte er ihm beim Namen. Sonst nannte er ihn immer Merlin. Immer. Der junge Mann bezweckte mit dieser Anrede etwas, da war sich Merlin sicher. Mordred hatte ihn nicht aus reiner Wut und Enttäuschung Emrys gerufen. Es war eine Botschaft. Es war eine Warnung. Diese Worte waren nicht an den tollpatschigen Diener Merlin gerichtet. Sondern an den mächtigen Zauberer Emrys. Den Beschützer des Königs. Und davor hatte Merlin Angst. Mehr als alles andere. Dass Arthur und seine Freunde in diesen Konflikt zwischen ihm und Mordred hineingeraten würden. Dass es irgendwann eskalieren würde und er gezwungen sein würde, seine Kräfte zu offenbaren, um seine Freunde und Camelot zu beschützen. Denn anders konnte es sich Merlin nicht vorstellen.   Mordred würde ihn nicht verraten. Nein, dass würde dem Druidenjungen nicht ähnlich sehen. Zu groß war die Gefahr, dass Merlin auch ihn verraten könnte, doch keiner von beiden würde dem jeweils anderen an den König verraten. Mordred, weil er wollte dass Arthur ein Königreich erschafft, in den magisch begabte Menschen frei leben konnten. Dafür brauchte er Merlin an seiner Seite. Ohne ihn würde wahrscheinlich niemals solch ein freies Königreich entstehen Merlin hingegen würde den Jungen nicht verraten, egal was geschah. Auch wenn er immer diese Vision vor Augen hatte, wie der Druide den König tötete, hätte er ihn nie verraten können. Nun allerdings schien es Mordred egal. Mit der Verurteilung und dem nahenden Tod von Kara wurde auch die Treue und Freundschaft Arthur gegenüber zerstört. Es blieb nichts anderes als Rachegelüste und Hass. Sollte Kara wirklich bei Sonnenuntergang sterben… Merlin wollte sich nicht vorstellen, wie sehr es Mordred ergehen würde… Aber er hatte keine Wahl. Noch war nicht der Moment gekommen, dass Arthur erfuhr, wer Merlin in Wirklichkeit war. Allerdings lag nicht genau da das Problem. Irgendwie hätte er  Kara helfen können ohne sein Geheimnis zu offenbaren. Er hätte es vielleicht hinbekommen. Aber sie ließ sich nicht helfen. Weder Arthur noch er konnten die junge Frau umstimmen. Keiner konnte sie davon überzeugen, dass Morgana sie nur benutzen wollte. Sie war nur hinter dem Thron von Camelot her, wem sie dabei wehtun musste war ihr völlig gleich. Und ebenso gleich schien es Kara zu sein, dass ihr der Tod drohte, wenn sie Morgana weiterhin treu ergeben sein sollte. Und doch stand sie voller Überzeugung vor ihnen allen und bezeugte, dass Morgana eine viel größerer Herrscherin sein würde, als Arthur Pendragon jemals sein könnte. Aber es war unklar, ob es wirklich ihre eigene Überzeugung war.   Merlin spürte es. Er spürte, dass es nicht wirklich die Worte von Kara waren. Natürlich, sie glaubte daran. Morgana hatte ebenso magische Fähigkeiten wie sie selbst und jene, welche in Arthur einen ebenso großen Tyrannen sahen, wie es einst sein Vater war, folgten lieber einer Hexe, welche mit Gewalt versuchte, den magisch begabten Menschen wieder Respekt zu verschaffen, als einem Mann, der keinerlei Bereitschaft dazu zeigte. Doch er hatte es bewiesen. Arthur war bereit, der Magie eine Chance zu geben. Er hätte eine mildere Strafe für Kara gefunden. Er hätte ihr und auch der restlichen magischen Bevölkerung zeigen könne, dass es ihm gleich war, ob der Mensch magische Fähigkeiten besaß oder nicht. Darüber würde er nicht richten, nur über das Verbrechen, welches begannen wurde. Und alleine das war für Merlin schon ein Grund zur Hoffnung. Durch die Magie war Arthur so viel Böses widerfahren, dass es Merlin im Herzen wehtat. Und doch war Arthur bereit, zu vergessen. Jenen eine Chance zu geben, welche sich vielleicht keine Zweite verdient hatten. Und zu so etwas war wahrlich nur ein großer König im Stande. Vielleicht hing es mit dem Treffen zusammen, welches er vor Kurzem mit Odin hatte. Der Mann, welcher seinen Vater auf dem Gewissen hatte. Nur Merlins Worte konnten den Tod Odins verhindern und ließen Arthur die Augen öffnen. Denn auch der junge König schöpfte Hoffnung. Hoffnung auf ein Königreich in Frieden. Und ganz deutlich konnte Merlin spüren, dass irgendwo tief in Kara eine Hoffnung keimte. Die Hoffnung, dass man sein Ziel nicht mit Gewalt erreichen musste. Das sie vielleicht doch auf Arthur und Emrys vertrauen sollte. Aber genauso konnte Merlin die Macht spüren, welche Kara in ihren Klauen festhielt. Eine Macht, welche die Frau nicht gehen lassen wollte. Diese ekelerregende Macht dieser Bestie, welche Morgana leichtsinnigerweise entfesselt hatte. Und welche nicht ruhen wird, bis sie ihre Freiheit endlich wiedererlangt hatte. Und vor nichts würde sie Halt machen.   Merlin konnte nichts tun. Selbst, wenn er die Macht oder das Wissen dazu besessen hätte, den bann des Rochs zu brechen, es fehlte ihm etwas ganz entscheidendes. Zeit. Er hatte nicht genug Zeit. Die Macht, welche der Roch besaß, war groß, sehr groß, wenn man bereits von Hass und negativen Gefühlen befallen war. Solch eine Macht zu brechen brauchte ebenso große Macht und Zeit. Zeit, welche er und auch Kara nicht hatten. Es gab keinen Weg, wie er Karas Tod noch würde verhindern können… Und auch, wenn er dem Druiden noch immer misstraute, er könnte niemals so grausam sein. Denn er wusste, wie es war, den Menschen zu verlieren, den man wirklich liebt. Merlin hatte selbst am eigenem Leib erfahren, wie es sich anfühlte, wenn man die Liebe seines Lebens verlor. Wenn die Umstände anders gewesen wären, dann wäre auch Merlin daran verzweifelt und hätte begonnen, den Menschen zu hassen, der für ihren Tod verantwortlich war. Dann hätte er vielleicht damit begonnen, Arthur zu hassen… Doch mit dieser Entscheidung, die Arthur gefällt hatte, könnte die gesamte Zukunft von Camelot und den fünf Königreichen in Gefahr sein…         Die Menschen hatten sich im Schlosshof versammelt, wollten dem Tod der Frau beiwohnen, welche ihnen und ihrem König schaden wollte. Das Laute Reden schrumpfte zu einzelnen Getuschel und Verwünschungen, als die Gefangene von einem der Wachen zum Galgen geführt wurde. Noch immer war ihr Gesicht ausdruckslos und niemand hätte sagen können, was die junge Frau empfand. Die Wachen übergaben sie dem Henker, ein Mann, in schwarz gekleidet und eine ebenso große schwarze Kapuze übergezogen hatte und welcher sichtliche Freude daran hatte, endlich wieder das Leben in den Augen eines Verbrechers erlischen zu sehen. Kara stand vollkommen ruhig da, es schien als würde es sie nicht interessieren, dass alle Menschen sie anstarrten und auf ihren Tod wartetet. Selbst als der Henker ihr die Schlinge um den hals legte, blieb sie stumm und starrte weiterhin ins Nichts.   Vorfreudig stellte sich der vollkommen in schwarz gehüllte Mann neben die Gefangene, sah zu seinem König hinauf und wartete auf das Zeichen. Und endlich regte sich Kara. Sie hob ihren Kopf, ließ ihren Blick schweifen, bis dieser den König fand, den Mann, den sie so sehr hasste. Er stand oben auf einem der Balkons, wieder einen roten Umhang übergeworfen. Mit starrem Blick sah er auf sie hinab. Neben ihm stand seine Frau, in ihrem roten Kleid, die Hände vor dem Körper zusammengelegt, ein trauriger Ausdruck in ihren warmen Augen. Doch das alles interessierte Kara nicht. „Ihr habt Angst, nicht wahr, Arthur Pendragon?“ Kalt und doch freudig kamen diese Worte über ihre Lippen. Es war eine rhetorische Frage, denn Kara wartete keine Antwort des Königs ab. „Eure Angst wird seine Nahrung, Eure Verzweiflung seine Stärke. Es gibt nichts, was Ihr gegen Lady Morgana und ihre Bestie ausrichten könnt.“ Der Henker schien ungeduldig zu werden, denn seine Hand lag bereits auf dem Hebel, welcher Kara den Boden unter den Füßen wegziehen sollte. Unruhig spielten seine Finger an dem Holz. Das Königspaar sowie das Volk lauschten ihren Worten, auf den Gesichtern der Menschen konnte sie die unterschiedlichsten Gefühle erkennen. Angst. Hass. Abscheu. Panik. Nun endlich zeigte sich auch eine Regung in ihrem Gesicht. Ein finsteres vorfreudiges Lächeln erschien auf ihren Lippen. „Erwartet ihr Kommen in genau 3 Tagen. Sie wird Euch zeigen, was es bedeutet, ein wahrhaft großer Herrscher zu sein.“ Ein letztes Mal holte die junge Frau tief Luft, sammelte sich für ihre letzten Worte auf dieser Welt. „Camelot wird untergehen.“ Kara verstummte und ließ den Kopf hängen. Sie würde nichts weiter sagen, es war auch nicht nötig. Sie hatte alles gesagt, was sie sagen wollte und musste. Lady Morgana würde stolz auf sie sein…     Mordred saß in seiner Zelle, in welche Gwaine und Percival ihn zuvor gebracht hatten. Die Beine angezogen und den Blick stur auf die Zellentür gerichtet. Er hatte jedes Wort vernommen, was seine Geliebte gesagt hatte und auch, dass Arthur sich nicht umstimmen ließ.     Merlin stand an einer Säule, abseits der Menge, welche der Hinrichtung beiwohnte. Er wusste, es war falsch. Jedes Blutvergießen war so unnötig und nur zu gerne hätte Merlin Kara gezeigt, dass Arthur anders als sein Vater war, dass er ein Königreich erschaffen würde, in denen sie frei waren. Doch mit ihrem Angriff auf Gwen und ihren Worten, nach denen sie treu an Morganas Seite stand hatte die junge Druidin sich selbst ihr Leben zerstört und beinahe auch die Zukunft von Albion. Für Merlin war es schon schwer zu fassen, dass er Kara wirklich vergeben hätte, wenn sie ihre Schuld eingesehen und zugegeben hätte, dass Morgana sie zu dieser Tat getrieben hatte. Er hatte ihr gesagt, dass er nicht nur das Schlechte in der Magie sah, doch Merlin verstand auch, dass die Tat von Kara gewaltig an dieser Sicht gerüttelt hatte. So oder so, durch den Einfluss des Rochs war Kara nicht bereit, Einsicht zu zeigen und auch, wenn Arthur es gewollt hätte, sie musste bestraft werden. Er war der König von Camelot und musste die Gesetze achten und jeder wusste, was für eine Strafe auf jemanden wartete, der es wagte, den König oder die Königin zu attackieren. Merlin seufzte. Arthur und er hatten Kara jede Chance gegeben, die sie ihr hätten geben konnten. Doch er bezweifelte, dass Mordred das einsehen würde.     Arthur schluckte einmal hart, bevor er nickte und dem Henker ein Zeichen gab.     Mordred ertrug die Stille kaum, wusste er doch genau, was sie zu bedeuten hatte. Sein Körper begann zu zittern, immer stärker und stärker. Zudem spürte er wie seine Magie, welche er seit so vielen Jahren kaum gebraucht hatte, in ihm brodelte und zusammen mit seiner Wut ausbrechen wollte. Ebenso wie er selbst begannen auch die Gitterstäbe und die Tür zu seiner Zelle heftig zu beben.     Seine Arbeit nun endlich erledigen dürfend, packte der Henker den Hebel, machte eine übertrieben lange Pause und betätigte schlussendlich den Hebel. Mit einem Knarren klappte der Holzboden unter Kara weg und sie fiel in die Tiefe. Nur der Strick um ihren Hals hinderte sie daran, auf dem Boden zu landen.     „UAAAAHHHHHH!“ Laut schrie Mordred seinen Schmerz in die Welt hinaus, als er den Tod von Kara spürte, Tränen liefen ihm über die Wangen und seine Magie brach aus seinem Körper und sprengte die Zellentür auf.   Im selben Moment zuckte Merlin zusammen. Er spürte, wie Mordred seine Magie explosionsartig frei ließ. Übelkeit stieg in ihm auf, Schmerzen erfassten sein Inneres. Eine schlimme Vorahnung ergriff Besitz von ihm. Ein dunkles Gefühl der Gefahr. Und plötzlich, Merlin konnte es sich nicht erklären… plötzlich wusste er, dass die Prophezeiung, in der Mordred Arthur töten würde, sich in naher Zukunft erfüllen wollen würde…     Merlin blickte auf, im gleichen Moment, als Arthur zu ihm heruntersah. Der König hatte wieder seine undurchschaubare Maske aufgesetzt, doch Merlin wäre nicht schon seit mehreren Jahren der persönliche Diener des Königs, wenn er nicht sehen könnte, wie leid es seinem Herrn tat. Wenn auch nicht unbedingt um die junge Frau, dann wenigstens um seinen jungen Ritter. Mordred war ihm wirklich wichtig, seid er Arthur das Leben gerettet hatte. Und er hegte die Befürchtung, dass sich der junge Mann durch den Tod seiner Liebe verändern würde. Das die Treue, welche er seinem König stets entgegenbrachte sich nun in Hass verwandeln würde. Trotzdem hoffte Arthur wirklich, dass Mordred darüber hinweg kommen würde. Irgendwann. Auch wenn er in tief in seinem Herzen die Wahrheit kannte.  Arthur würde es verstehen. Wenn er daran dachte, was er tun würde, wenn jemand seiner Guinevere etwas antun würde,… er wüsste nicht, wen er dann alles beginnen würde zu hassen.   Unbemerkt seines Volkes seufzte er. Nur die Zeit würde zeigen können, was mit dem jungen Ritter geschah. Natürlich bekam Gwen seine Trauer und seine Sorge mit. Mitfühlend nahm sie seine Hand in ihre und drückte sie. Arthur erwiderte den beruhigenden Druck ihrer Hand. Kurz sah er sie an, bevor sein Blick wieder zu dem seines Dieners wanderte. Allerdings zog er die Augenbrauen zusammen bei dem, was er sah. Merlin sah ihm fest in die Augen, nickte in die Richtung der Verließe und formte ein einziges Wort mit den Lippen. Arthur konnte es nicht genau sagen, doch es kam ihm so vor, als würde sein Diener ihm das Wort `Problem´ mitteilen wollen. Ein Problem im Verlies… Die Augen von Arthur weiteten sich. War etwas mit Mordred? Er ließ die Hand seiner Frau los und stürmte an ihr vorbei nach unten, sagte ihr zuvor noch, sie solle in den Ratssaal gehen. Er müsse etwas nachprüfen.   Mit wehendem Umhang rannte der König nach unten in den Hof, wo Merlin schon auf ihn wartete. Zusammen eilten sie in das Verließ hinunter. Arthur war viel zu aufgewühlt über das, was sie vorfinden würden um sich darüber zu wundern, woher Merlin das wusste. Und darüber war dieser mehr als nur froh…   Kaum, dass sie in den Verließen ankamen, sahen sie, dass die Wächter bewegungslos am Boden lagen. Sie überprüften, ob sie noch lebten und tatsächlich. Die Wachen atmeten noch. Schnell liefen sie die Gänge entlang, doch bereits am Anfang des Ganges, welcher zur Mordreds Zelle führte blieben sie erstarrt stehen. Die Zellentür war aus den Angeln gerissen worden und lag nutzlos am Boden. Die Gitterstäbe waren teilweise leicht verbogen. Der Boden der Zelle wies Risse auf. Weder Arthur und Merlin übersahen das Wesentliche. Mordred war weg!       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~       Keuchend ging sein Atem. Er hatte schon viel zu lange seine Magie ungenutzt in seinem Körper gefangen gehalten und zu wenige Zaubersprüche angewandt. Er hatte nur einen Zauber benutzt, um sich zum Schloss zu bringen, wo die Sachsen sich aufhielten, doch dieser Zauber hatte ihn mehr angestrengt, als er vermutet hatte. Es war eine weite Strecke und er war ungeübt, natürlich. Dafür sah er nun endlich das Schloss vor sich, welches die Sachsen und Morgana beherbergte. Morgana. Wie hatte Mordred sich nur so täuschen können? Sie alleine war würdig auf dem Thron von Camelot zu sitzen. Sie, niemand sonst. Und schon gar nicht Arthur, welcher die magische Bevölkerung jagte wie Tiere, nur um sie dann zu erlegen. Kalte Wut und Hass durchströmten den Druiden. Er wollte Rache und er würde sie bekommen. und er war sich sicher, dass Morgana ihm mit Freuden dabei helfen würde. Vor allem, wenn sie erfuhr, was er ihr sagen konnte…   Mordred seufzte einmal und erhob sich ächzend aus seiner hockenden Position. Der Zauber hatte ihm viel abverlangt, doch er musste hinein. Morgana würde ihm helfen, da war er sich sicher. Und zusammen würden sie Arthur und Emrys vernichten und die Zauberer aus ihrer Versenkung befreien…     Endlich kam Mordred an dem Schlosstor an. Es waren keine Wachen zu sehen, was ungewöhnlich war. In seiner Zeit in Camelot hatte er gelernt, dass, egal wie verlassen das Schloss auch war, es immer Wachen am Tor geben sollte. Aber was hatten die Sachsen hier auch zu befürchten, wenn die mächtige Lady Morgana in diesem Schloss verweilte?   Mordred durchtrat das Tor und überquerte den Schlosshof. Auch dort war niemand zu sehen, es schien, als sei das Schloss verlassen. Seine Schritte wurden allerdings immer langsamer. Ein seltsames Gefühl beschlich ihn. Es war so, als wenn er beobachtet werden würde. Irgendetwas lauerte dort. Etwas mächtiges… Nebel bildete sich plötzlich mitten im Schlosshof und Mordred schrak zurück. Dieser Nebel war alles andere als normal. Der junge Druide spürte die dunkle Magie, welche in dem Nebel steckte. Aus Reflex zog er sein Schwert und versuchte, die Quelle dieser Macht ausfindig zu machen. Unruhig und beinahe schon panisch zuckten seine Augen umher, versuchten, den Ursprung dieser Macht zu finden. Wolken bildeten sich vor seinem Mund, als er hektisch ein- und ausatmete. Eisige Kälte erfüllte den Hof und ließ ihn bis auf seine Seele erzittern. „Hast du Angst, kleiner Wicht?“, hörte Mordred eine Stimme plötzlich ganz nah an seinem Ohr krächzend fragen. Ein eiskalter Schauer lief über seinen Rücken. Blitzschnell drehte sich der junge Ritter, schwang sein Schwert, doch es nützte nichts. Das Metall traf auf eine ebenso harte Substanz. Funken sprühten, als das Schwert auf eine schaurige Maske aus Eisen prallte, doch nicht die kleinste Spur blieb zurück. Dampfwolken kamen aus dem Mundschlitz der Eisenmaske. Langsam richtete sich die Kreatur, welche mitten in dem Nebel erschienen war, zu ihrer vollen Größe auf und überragte den jungen Mann um ein vielfaches. Dieses Wesen war beinahe doppelt so groß wie Mordred, welcher das Geschehen mit immer größer werdenden Augen beobachtete. Kalte gelbleuchtende Augen drangen durch weitere Schlitze in der Eisenmaske hindurch und beobachteten den Mensch. Es war der Roch. Voller Schrecken sah sich Mordred seinem Feind gegenüber. Panisch klammerte er sich an seine Waffe, versuchte das drückende Gefühl, diese ekelhafte Kälte in seinem Inneren zu ignorieren. Zitternd vor Kälte und teilweise auch Angst hielt Mordred seine Waffe in zitterten Händen. Mit einem Schrei ging Mordred auf die Kreatur los, schlug mit seinem Schwert zu, doch blitzschnell wich das geflügelte Wesen immer wieder aus. Mit der Kralle seines Hinterbeines trat der Roch auf das Schwert und hinderte Mordred damit, noch einmal nach seiner Waffe zu greifen. Er versuchte es, zog und zerrte verzweifelt an seinem Schwert, doch es kam nicht frei. Plötzlich sammelte sich Nebel an dem Leib des Roch und verdichtete sich blitzschnell, sodass es Sekunden später über einen Arm verfügte. Schnell, so schnell, dass Mordred nicht reagieren konnte, packte die Kreatur den überrumpelten Mann am Hals und hob ihn hoch. „Himpfe!“ Mordred brüllte, er wollte um Hilfe rufen, doch die Kreatur hatte ihn so fest gepackt, dass die Fläche seiner Vorderklaue den Mund des Menschen bedeckte. Freudig betrachtete das Wesen sein gerade dazugekommenes Körperteil. Nicht mehr lange und er wäre frei. „Niemand wird dir helfen, Mensch“, flüsterte die Bestie leise und man konnte deutlich das finstere Lächeln in seiner Stimme hören. „Nicht, bis ich mit dir fertig bin.“ Die Augen der Kreatur bohrten sich direkt in die des jungen Mannes, welchem Schauer über den Rücken jagten, kalt und doch ein Ausdruck dunkelster Freude in den gelben Seelenspiegeln. „Du weißt nicht, wer sich hinter Emrys verbirgt“, krächzte die dunkel Stimme des Roches direkt in das Ohr von Mordred. Sie hatte einen seltsamen Klang, beinahe hypnotisierend. Die Augen von Mordred wirkten mit einem Mal vernebelt, sein Gesichtsausdruck wurde ausdruckslos, seine Gegenwehr erstarb völlig. Ein finsteres leises Lachen drang durch die Maske nach außen. Wie leicht es doch ist, ein durch Verzweiflung durchtränktes Herz zu manipulieren. Vor allem, wenn es bereits anfing, vom Hass zerfressen zu werden. Wenn die Bestie daran dachte, wie einfach es bei diesem dummen Ding in dem Dorf war… „Du hast von ihm gehört. Du weißt, er ist mächtig. Du weißt, er beschützt den König von Camelot. Doch du weißt nicht, wer es ist. Hast du verstanden?“ Ein leichtes Nicken kam von dem Gefangenen, die einzige Reaktion, zu der dieser im Moment willenlose Körper zustande war. Breit lächelte die Bestie, ein finsteres, erwartungsvolles Lächeln, was allerdings für die Außenwelt verborgen blieb. Es lief alles nach Plan. „Lass ihn los!“, hallte eine Stimme über den Hof. Sofort öffnete sich die Klaue des Rochs und Mordred stürzte zu Boden. Hustend hielt er sich die Kehle, an der zuvor noch die Klaue dieser Kreatur gelegen hatte. Beinahe anmutig drehte sich der Roch zu der Sprecherin um, welche aus dem Tor zum Schloss heraustrat und bereits auf dem Weg zu ihnen war. Auch Mordred, welcher noch leicht hustete, hob seinen Blick.   Morgana wirkte geschwächt, ausgelaugt. Müde. Sie schwankte leicht und doch zierte ein ebenso finsteres Lächeln ihre Lippen wie die ihrer Beschwörung. Sie trug ein schwarzes, einfaches Kleid und ihre Haare waren länger geworden, seit er sie das letzte Mal gesehen hatte. Weit hinter ihr konnte Mordred sehen, wie ein weißer Drache in der Tür stand, aus dem Morgana zuvor geschritten kam. Er schien Angst zu haben, näher zu kommen. Den Roch nicht beachtend ging Morgana an ihm vorbei, ignorierte seine Verbeugung und trat direkt auf ihren alten Freund Mordred zu. Zuerst sah sie von oben auf ihn herab. „Mordred.“ Beinahe freundlich kamen diese Worte über die Lippen der Hexe, doch der Angesprochene wusste, welchen Argwohn und Missmut sie gegen ihn haben musste. Mordred schluckte, versuchte ebenfalls, die Bestie, welche sich hinter Morgana befand zu ignorieren. Es schien, als würde sie darüber verfügen. „Morgana“, grüßte er sie, seine Stimme krächzend, weswegen er sich räusperte. Er setzte sich auf und kniete sich vor die Hexe. Voller Schuld sah er auf den Boden vor sich. „Bitte verzeih mir, dass ich nicht früher zu dir gekommen bin“, sagte der ehemalige Ritter von Camelot. „Ich hätte Camelot schon viel früher verlassen sollen. Arthur…“ Kaum sprach der Druide den Namen des Königs auf, verkrampfte sich sein Körper, er ballte die Fäuste und seine Magie pulsierte. Sein Hass gegen den König von Camelot war deutlich zu spüren. Über diese Tatsache überaus entzückt kniete sich Morgana neben den jungen Mann. “Ich bin froh, dass du doch noch den Weg zu mir gefunden hast, Mordred.“ Sie zog ihren Gegenüber auf die Beine und sah ihn mit einem für sie untypischen gütigen Lächeln an. „Komm mit hinein“, sagte sie und zog ihn sanft mit sich. „Erzähl mir alles, was geschehen ist und was der ach so große König von Camelot getan hat, um deinen Hass zu schüren.“ Morgana spürte, wie sich Mordred weiter verkrampfte und Freude stieg in ihr auf. Solch ein großer Hass. Er wäre mehr als nützlich in ihrem Kampf gegen ihren Bruder. Und es schien, als hätte sie ab den heutigen Tag einen Verbündeten mehr. Die beiden gingen zusammen in Richtung des Schlosses. „Du kannst dich nützlich machen“, sagte sie herablassend zu der Bestie, welche noch immer im Schlosshof stand. „Flieg über dem Schloss und der Umgebung und halt Ausschau. Vielleicht besitzt irgendwer die Frechheit und will uns hier überraschen.“ Der Roch neigte sein Haupt vor der Hexe, welche sich anmaßte, über ihn verfügen zu wollen. Oh, wenn er könnte, wie er wollte… wenn er bereits seine gesamte Macht wiedererlangt hätte, dann - Doch gut, im Moment brauchte er sie noch. Er war noch nicht stark genug, um alleine in der Welt der Lebenden zu verweilen und Chaos und Verwüstungen anzurichten. Es dauerte allerdings nicht mehr lange. Es schien ein Glücksfall gewesen zu sein, dass dieser Narr hier auftauchte und für den Roch ein wahres Festmahl bedeutete. Es herrschten keine Gefühle in dem Mann, außer seine Rachegelüste, unsagbare Trauer, Verzweiflung… Alles Emotionen, die ihn erstarken lassen konnten. Bösartig verzerrte sich von Eisen umhüllter Schnabel zu einem Lächeln. Wenn er daran dachte, wie sehr er diese junge Frau in dem kleinen Dorf manipulieren konnte. Morganas Worte hatten sie bereits beeinflusst, doch durch seine Macht hatte die Frau alles getan, was er ihr eintrichterte. Angst sollte sie in Camelot verbreiten und den König innerlich töten, indem sie die Königin tötete. Es hatte zwar nicht funktioniert, doch dafür hatte Camelot nun einen Feind mehr. Und die Verzweiflung über den Tod seiner Liebe war alles, was der Roch brauchte. Im Moment. Denn einzig die innerliche Zerstörung der Hexe, welche noch über ihn herrschte, konnte ihm schnell genug die Macht verschaffen, die er brauchte, um endlich frei zu sein. Und dann würde er jeden dieser Narren töten, begonnen mit dieser närrisches Hexe, welche ihn wie einen ihrer Untergebenen behandelte. Dafür könnte er ihr schon jetzt ihr ach so hübsches Gesicht zerfetzen. Doch er musste geduldig sein. Und wenn er in all der Zeit, in welcher er nun gebannt war, eines verinnerlicht hatte, dann, dass er geduldig sein musste. Er hatte alle Zeit der Welt. Er musste nur warten… dann könnte er sie töten. Endlich. Danach sollten diese Menschen daran glauben, welche sich unter dem Schutz eines mächtigen Zauberers befanden, ohne es zu ahnen. Alle Hoffnung in den ach so großen König wären vergebens und die Menschen würden ihren König sterben sehen, würden sehen, dass sich dem Roch niemand in den Weg stellen konnte. Und zu guter Letzt… Emrys. Er sollte zusehen. Er konnte jedem Tod beiwohnen, hilflos, unfähig, etwas dagegen zu unternehmen. Er sollte von Anfang an zu sehen und als Letzten abtreten müssen. Die kalten gelben Augen glänzten freudig. Emrys hatte sich der Hexe schon unzählige Male widersetzt und dabei besaß diese über mehr als genug Macht, das musste der Roch zugeben. Dieser Zauberer interessierte ihn wirklich. In Prophezeiungen erwähnt, lange bevor er geboren wurde. Ein Schicksal, bestimmt seit Anbeginn der Zeit. Und eine Macht, welche ihresgleichen sucht. Oh ja, diesem Zauberer galt wirklich sein ganzes Interesse. Und der Roch konnte es kaum erwarten, dass sich ihre Wege kreuzten. Er wollte sich Emrys stellen und die Hoffnung in dessen Augen verlöschen sehen und sich an dessen Verzweiflung laben, wenn ihm klar wurde, dass seine ganze Macht, all seine Magie nutzlos gegen eine Kreatur wie ihn war. Unheilvoll grinste der Roch unter seiner Maske. Ein raues, krächzendes Lachen erschall innerhalb seiner eisernen Maske. Es würde ein Fest werden. Ein Fest aus Abschlachtung und Zerstörung…               Kapitel 14: Letzte Vorbereitungen --------------------------------- Kapitel 14 : Letzte Vorbereitungen     Menschen liefen durch das Schloss, es herrschte helle Aufregung. Die Hinrichtung von Kara war erst wenige Stunden her, doch deren Nachwirkungen waren noch deutlich zu spüren und wären es mit Sicherheit auch noch eine Weile.   Wie ein Lauffeuer hatte sich die Nachricht von den letzten Worten der Druidin im Schloss und in der ganzen Stadt herumgesprochen. Angst und Panik griffen um. Und jeder im Schloss wusste bereits, dass Mordred geflohen war. Die Umstände seiner Flucht waren verwirrend. Niemand wusste, wie er es geschafft hatte zu entkommen. Doch jeder, der sich die Zelle, in die er gesperrt war, ansah, der konnte sich denken, was geschehen sein musste. Die Zellentür war aus den Angeln gerissen worden und lag am Boden, welcher Risse aufwies. Die Wachen waren bewusstlos, ohne zu wissen, was geschah. Keine Wache hat bemerkt, wie der junge Ritter das Schloss verließ. Obwohl es niemand gesehen hatte, jeder konnte sich zusammenreimen, wie der junge Mann entkam. So wie es aussah… war er ein Zauberer.     „Ein Zauberer…“, stöhnte Arthur leicht und ließ sich nach hinten in seinen Stuhl fallen. Mit den Armen verdeckte er seine Augen. Er wusste nicht, wie er mit dieser Situation umgehen sollte. Merlin beobachtete seinen Herrn mit gemischten Gefühlen. Einerseits war er froh, dass das Geheimnis von Mordred nicht direkt durch ihn ans Licht kam, doch andererseits… wenn er sich vor Augen führte, was für Probleme ihnen nun bevorstanden… Mordred war verschwunden… und Merlin schien zu wissen, wohin er ging… war Morgana doch die einzige Person, welcher der junge Druide noch vertraute… Und die Tatsache, dass diese beiden, welche nur Arthurs Tod wollten, sich zusammentaten… und dann auch noch eine Bestie wie den Roch an ihrer Seite hatten… es lief Merlin eiskalt den Rücken runter. Er wusste nicht genau, wie er gegen diese Übermacht bestehen sollte… Doch für Merlin war es das Schlimmste, die Reaktion von Arthur zu sehen. Er wusste nun, dass Mordred ein Zauberer war. Und es schien für den König der größtmögliche Verrat zu sein.   „Ich hätte ihm nicht trauen sollen“, sagte Arthur, seine Stimme klang bitter und enttäuscht und riss Merlin aus seinen Gedanken. Wie ein Dolchstoß durchdrangen diese Worte sein Herz und ließen es schmerzen. Es tat dem Schwarzhaarigen weh, seinen König so reden zu hören. Er verstand ihn natürlich. Mordred floh mithilfe seiner Zauberkräfte und verriet Arthur damit. Der König war enttäuscht, verletzt. Nach allem, was er bis dahin von der Magie erlebt hatte, wunderte es den Schwarzhaarigen nicht, dass Arthur der Magie dafür die Schuld gab, nicht seinem eigenen Handeln oder dem seines Vaters. Er war der König, musste das Gesetz achten. Und hätte sich der Roch nicht eingemischt, dann hätte Kara überleben können und Mordred würde nicht im Hass versinken. Es war alles nur die Schuld von Morgana und dem Roch. Arthurs Meinung nach war daran Morgana und somit auch die Magie schuld. Es war wirklich zum Verzweifeln.   Für Merlin stellte sich nun jedoch nur eine Frage.   Mordred hatte Arthur bis dahin treu gedient, ihm sogar das Leben gerettet. Es brauchte nur einen Tag, nur wenige Stunden, eine einzige Tat, um all das zu zerstören, Treue in Verrat zu verwandeln, Freundschaft in Hass. Das Band, welches Arthur und Mordred miteinander verband, wurde zerrissen. Nun blieb nur noch der Hauch davon übrig, was das Schicksal für sie bereithielt. Wie auch immer es ausgehen sollte. Merlin hatte schon immer Angst vor der Antwort gehabt, mit der Zeit allerdings bekam er den Eindruck, sein Herr hätte die Magie mit der Zeit immer mehr akzeptiert. Ein einziges Ereignis, welchem so viele schreckliche Taten folgen sollten, schienen die Erkenntnis des Königs nun wieder in ihren Grundfesten erschüttern zu wollen. Wenn der Verrat von Mordred die Furcht und das Misstrauen gegen die Magie erneut in Arthur aufleben ließ… wie würde er dann reagieren, wenn er von Merlins Zauberkräften erfahren würde? Merlin stellte sich magischen Wesen, Räubern, Sachsen, Rittern, Morgana… jeder Gefahr würde er sich mit Freuden stellen, den Tod in Kauf nehmen, wenn er dadurch das Leben seines besten Freundes retten konnte. Davor hatte Merlin keine Angst. Wenn es um den König von Camelot ging dann würde ihn nichts aufhalten.   Nur vor einem hatte er Angst… Nichts fürchtete Merlin mehr, als den Hass von Arthur ertragen zu müssen…   „Vielleicht habe ich mich geirrt“, sprach Arthur erneut. Er schien sich in keinster Weise darüber zu wundern, dass sein Diener noch kein Wort gesagt hatte. „Vielleicht ist Magie wirklich bösartig.“ Kälte durchdrang Merlin, ersetzte das warme Blut in seinen Adern durch Eis. „Glaubt Ihr das wirklich?“, fragte er, seine Stimme war belegt. Die Frage kam so schnell aus seinem Mund, dass er gar nicht darüber nachdachte. Er wollte diese Frage nicht stellen. Denn er hatte große Angst vor der Antwort. „Vielleicht“, murmelte Arthur. Er wusste nicht, was er von der ganzen Situation halten sollte. Und auch nicht, wie er in Zukunft mit der Magie umgehen sollte. Sein Verstand wusste, dass die Magie nicht böse war, nicht böse sein konnte. Sein Herz hingegen war im Zwiespalt. Es tat weh nach all diesen Verraten, pochte schmerzhaft in seiner Brust. Morgana, Agravine, Mordred… Andererseits wollte es auf die Worte seines besten Freundes vertrauen. Es wollte nicht weiter schmerzen, sondern durch die Zuversicht Merlins heilen und glücklich sein. Eine schwierige Situation. Im Moment allerdings sah es so aus, als würde der Verstand diesen Kampf gewinnen…     Merlin schluckte hart, seine Kehle war trocken. Er wollte etwas sagen, versuchen, seinen König von seinen jetzigen Gedanken abzubringen, doch kein Ton kam über seine Lippen. Mit welchen Worten könnte er seinen Freund auch davon überzeugen, dass die Magie nicht böse war, sondern nur die Menschen, welche sie nutzten? Vor allem, wenn der Verrat von Mordred so tief in seinen Knochen saß? Schon einmal haben Merlin und Arthur über die Magie geredet, schon einmal konnte der Schwarzhaarige den Blonden davon überzeugen, dass nicht die Magie, sondern die Menschen, welche sie ausübten, entschieden, für was die Magie diente. Dem Guten oder dem Bösen. Doch bei all den Vorkommnissen… da konnte Arthur nur glauben, dass die Magie die Menschen verdarb. Vielleicht konnten Worte da nicht mehr helfen. Vielleicht konnten nur noch Taten den König überzeugen…   Nochmals schluckte Merlin hart, ein Kloß steckte ihm im Hals. Bevor er allerdings auch nur versuchen konnte, etwas zu sagen, ergriff Arthur das Wort. „Ich wäre jetzt gerne alleine“, sagte der König und sein Blick war auf seinen Tisch gerichtet. Merlin öffnete den Mund, wollte widersprechen, doch er blieb stumm. In diesem Moment gab es nichts mehr zu sagen, dass wusste auch der geschwätzige Diener. Kurz schüttelte er den Kopf, bevor er diesen neigte und sich umdrehte und ging. An der Tür blieb Merlin noch einmal stehen und sah zu Arthur. Dieser hatte sich erhoben und blickte aus dem Fenster, mit dem Rücken zu seinem Diener und Freund. Lautlos seufzte Merlin und verließ die Gemächer seines Herrn, welcher tief einatmete, nachdem er alleine war und die Schultern hängen ließ. Zweifel überkamen ihn. Zweifel und Angst. Angst um sein Königreich, seine Freunde und seine geliebte Frau…       Merlin lehnte sich gegen die geschlossene Tür. Seine Beine waren so weich, dass er sich am Liebsten einfach fallen lassen wollte, doch das konnte er nicht tun, nicht vor dem Gemach des Königs. Das Einzige, was Merlin tun konnte, war, sich zu fragen, wie all das passieren konnte. Wie es soweit kommen konnte, dass nicht nur Arthur, sondern ganz Camelot der Untergang drohte…               „Wo stehen wir?“ fragte Arthur. Der König hatte sich am Abend mit seinen Rittern versammelt, um zu beratschlagen, was sie als nächstes tun sollten. Sie hatten sich alle vor einer großen Landkarte versammelt, um alle Möglichkeiten mit einbeziehen zu können. Wenn Morgana wirklich einen Angriff gegen Camelot beginnen sollte, dann mussten sie so gut wie möglich vorbereitet sein. Arthur schlug sich gut. Er hatte seine königliche Maske aufgesetzt. Erhaben, immer einen kühlen Kopf, emotionsarm. Merlin beobachtete seinen Herrn von der Säule aus, an welcher er stand, ganz genau. Von der Aufwühlung und der Verzweiflung des letzten Tages war nicht mehr zu sehen. Natürlich war Arthur den Rest des Tages nicht untätig gewesen. Kurz nach der Hinrichtung von Kara hatte er bereits Truppen entsandt, welche auskundschaften sollten, was Morgana vorhatte und wie weit sie bereits war. Vor wenigen Augenblicken kam der Trupp wieder und erstattete Bericht. „Sir“, meldete sich der Ritter zu Wort, welcher die Auskundschafter anführte.  „Morgana hat eine riesige Armee zusammengestellt und ist bereits auf dem Weg nach Camelot. Wie die Druidin es vorhergesagt hat, sie wird keine zwei Tage mehr brauchen, bevor sie hier ist.“ Stille herrschte im Raum, jeder musste mit dem Gedanken zurechtkommen, dass die Hexe Morgana wirklich auf dem Weg war. Und sie war zu allem bereit, da waren sich die Anwesenden sicher. „Was können wir tun?“, wollte Elyan wissen und sah in die Runde, erwartete Vorschläge. „Wir können sie hier erwarten“, schlug Gwaine vor. „Camelot ist fast uneinnehmbar. Hier können wir kämpfen und wir wären geschützt.“ „Nein“, sagte der König, welcher auf die Landkarte starrte und dennoch völlig in Gedanken versunken wirkte. „Das wäre fatal. Wenn wir belagert werden, dann sind wir vollkommen abgeschnitten. Die Lebensmittel würden uns ausgehen. Wir müssen an die Menschen denken, die hier leben. Wir können sie solch einer Gefahr nicht aussetzen.“ Gemurmel entstand auf die Worte des Königs hin. Er hatte Recht. Sie konnten nicht hier warten und so viele Menschenleben in Gefahr bringen. Für viele würde dieses Vorgehen tödlich enden. „Ich denke, es wäre besser wir kommen ihr entgegen und treffen sie genau hier!“ Arthur zeigte auf eine Stelle auf der Karte. Alle beugten sich über die Landkarte und besahen sich die gezeigte Stelle. „Eine offene Schlacht?“, fragte Gwaine, kurz noch skeptisch, doch schon hellte sich seine Miene auf. „Ja, das wäre gut. Dieses Gelände ist zerklüftet und würde auch etwas Schutz bieten. Und außerdem ist es der einzige Weg nach Camelot. Morgana hätte keine andere Möglichkeit, sie müsste uns dort treffen.“ „Wie heißt der Ort?“ fragte Percival und betrachtete nachdenklich die Karte. Arthur war derjenige der antwortete, doch dessen Worte ließen Merlins erstarren. „Camlann.“ Merlins Augen weiteten sich. Sein Herz schlug wild. Ihm wurde kalt. Eiskalt. Er hatte inständig gehofft, dass er diesen Namen nie zu hören bekam. Die Prophezeiung kam ihm in den Sinn.   Wenn das große Horn in der kalten Dämmerung ertönt, in Camlann. Die Propheten lügen nicht… Dort wird Arthurs Leben enden. Am Rande der großen Ebene…   Merlin konnte und wollte es nicht glauben. Sollte es wirklich passieren? Sollte sich an diesem Ort die Zukunft von Camelot entscheiden? Musste er sich jetzt seinem Schicksal stellen? Hart schluckte Merlin. Egal, was geschah. Er musste Arthur schützen, ganz gleich, was es ihn kostete!   Die Ritter und Arthur hatten wohl noch weiter diskutiert, als Merlin in Gedanken versunken gewesen war, denn als nächstes hörte er nur noch die endgültige Entscheidung von Arthur. „Dann ist es entschieden. Wir werden morgen früh bei Sonnenaufgang nach Camlann reiten!“           Die Nacht brach nur langsam an, so fühlte es sich jedenfalls für Merlin an. Es erschien ihm wie eine Ewigkeit, dass sich Arthur zur Ruhe begab, er die Lichter löschte und sich ebenfalls zu Bett begeben konnte. Doch von Schlafen konnte keine Rede sein. Er hatte noch etwas zu erledigen.       Der Wald war dunkel, als sich Merlin einen Weg durch das Unterholz bahnte. Er konnte nicht mehr den einfachen Weg wie sonst nehmen, denn die Sicherheitsvorkehrungen waren noch immer verstärkt und er konnte von Glück sagen, dass er es geschafft hatte, aus dem Schloss herauszukommen. Nun gut, er gab zu, ohne seine Magie wäre ihm das wahrscheinlich nicht gelungen… Doch er konnte nicht an Schlaf oder seine Begabung, die Wachen auszutricksen, denken. Er musste weiter. Er musste unbedingt mit ihm sprechen. Kilgharrah.       „Oh drakon…“ Laut rief Merlin die Worte, welche seinen Freund und Bruder zu ihm bringen würden. Er hoffte, dass es nicht allzu lange dauern würde. Die Geschehnisse der letzten Tage nagten an ihm und er konnte kaum richtig schlafen. Merlin brauchte seine Kraft und Konzentration, wenn er es mit Morgana, Mordred und dem Roch aufnehmen wollte. Er brauchte wirklich alles, was er hatte.     Es dauerte tatsächlich nicht lange und er hörte die vertrauten Schläge der großen Schwingen, welche den Drachen durch die Lüfte trugen und ein Schatten vor ihm auftauchte. Die bernsteinfarbenen Augen Kilgharrahs betrachteten ihn, als er vor ihm landete und Merlin konnte deutlich ein warmes Glänzen darin sehen und ein leichtes Lächeln ließ sich bei dem Drachen ausmachen. Ein wenig wunderte sich Merlin darüber, doch er verstand seinen Freund. Seit sie beide sich geschworen haben, Arthur zu beschützen und gemeinsam zu kämpfen, glaubte Merlin eine noch tiefere Verbindung zu dem Drachen zu spüren, als sowieso schon.   „Was ist geschehen, Merlin?“ Eine weitere Tatsache, die den Angesprochenen erstaunte. Merlin. Nur selten nahm Kilgharrah seinen Namen in den Mund. Sonst nannte er ihn meist `Junger Zauberer´.   Leise seufzte Merlin. Er ging zum Rande der Lichtung und setzt sich auf einen Baumstamm, sich dem Blick seitens des Drachen durchaus bewusst. „Es gibt eine Menge zu erzählen“, sagte Merlin und sah zu seinem Freund hinauf, welcher ihn genau beobachtete.   „Dann erzähl es mir“, sagte Kilgharrah, während er sich ebenfalls niederließ. Er knickte seine Beine ein und legte sich auf den Boden, seine Flügel klappte er ein. Diese Tatsache erstaunte den Zauberer. Noch nie zuvor hatte sich Kilgharrah in seiner Gegenwart niedergelassen. Immer stand er aufrecht vor ihm und zeigte nie irgendeine Form von Schwäche. Und irgendetwas kam Merlin dabei auch völlig falsch vor. Er wusste nicht, wie er es beschreiben sollte, aber irgendwie passte es einfach nicht zu solch einem imposanten Wesen wie dem Drachen. Vor allem nicht zu Kilgharrah. Er war immer stolz und erhaben. Er hatte sich noch nie so vor ihm verhalten. Und irgendwie war Merlin davon beunruhigt. Sehr beunruhigt.   „Nun? Was ist geschehen?“, fragte Kilgharrah und wartete auf eine Antwort. Merlin schüttelte langsam den Kopf. Es gab im Moment andere Dinge, um die er sich Gedanken machen musste. „Morgana ist auf dem Weg nach Camelot. Und sie ist nicht alleine.“ Merlin holte tief Luft. Es fiel ihm schwer, die folgenden Worte auszusprechen, da er der Meinung war, das ein Teil der Schuld auf seinen Schultern lastete. „Ich vermute, Mordred hat sich Morgana angeschlossen.“ Diese Tatsache schien den Drachen nicht zu verwundern, im Gegenteil. Er nickte bloß, schien diese Entwicklung bereits vorhergesehen zu haben. „Erzähl mir, was geschehen ist“, forderte Kilgharrah und Merlin erzählte. Er erzählte von dem Eindringen Karas in das Schloss, ihren Versuch, Gwen zu töten und ihre Kaltblütigkeit während der Verhandlung. Und Merlin erzählte auch von diesem seltsamen, kalten Gefühl, welches er hatte und von dem er annahm, dass es der Einfluss des Rochs war, welcher den wahren Charakter von Kara unter sich begrub. Während dieser Erzählung wurde die Stimme Merlins leiser und belegter. Als er fertig war, seufzte er leise. Kilgharrah bemerkt natürlich, wie traurig sein Bruder war, da er nicht verhindern konnte, dass Kara hingerichtet wurde. Nachsichtig senkte Kilgharrah seinen Kopf und hauchte einen warmen Lufthauch in Merlins Richtung. „Es war nicht deine Schuld, Merlin“, sagte er und seine Stimme hatte einen beruhigenden Ton angeschlagen. „Wenn der Roch einmal seine Klauen um ein Opfer geschlungen hatte, dann konnte man seinen Einfluss nur schwer brechen. Vor allem, wenn dann auch noch diese Hexe ihre Hände im Spiel hat. Kara trug selbst den Hass gegen das Königshaus in ihrem Herzen. Ihr Ziel war das vieler Anderer, doch sie schlug den falschen Weg ein. Einen, der sie direkt in die Klauen des Rochs trieb. Es hätte viel Zeit gebraucht, um seine Herrschaft über die zu zerstören, Zeit, die er dir nie gegeben hätte. Du hättest nichts für sie tun können.“   „Er wird stärker“, murmelte Merlin bestätigend und ein Schauer lief ihm über den Rücken. „Er ist bereits zu stark geworden. Wir dürfen nicht zulassen, dass er seine volle Kraft erreicht.“ In diesem Moment fiel Merlin eine weitere Begegnung ein. „Ich habe jemanden getroffen“, sagte er unvermittelt und sah zu seinem Gegenüber hoch. Interessiert legte Kilgharrah seinen gewaltigen Kopf schief. „Und wen?“ „Calest.“ Die Augen des Drachen weiteten sich. „Du hast Calest getroffen?“, fragte er nach. Seine Stimme hatte einen Hauch von Ungläubigkeit. „Den Wächter über die Sterbenden?“ Merlin nickte nur. Kurz schien sich Kilgharrah zu sammeln, bevor er fragte „Und was hat Calest dir erzählt?“   Und so erzählte Merlin ein weiteres Mal. Dieses Mal, wie das Treffen zwischen ihm und dem Wächter abgelaufen war und was Calest ihm alles erzählt hatte.   Nachdem Merlin seine Erzählungen beendet hatte holte Kilgharrah tief Luft. „Calest setzt die Hoffnung der Alten Religion also in dich“, fasste Kilgharrah zusammen. Merlin nickte leicht. „Ich kann mir vorstellen, dass es eine große Belastung für dich sein muss, Merlin. Und da hilft dir die Erfahrung, das Schicksal eines ganzen Königreiches auf deinen Schultern lasten zu haben, wahrscheinlich auch nicht viel weiter.“ Merlin ließ leicht den Kopf hängen und seufzte leise. Manchmal wünschte er sich wirklich, dass sein Schicksal nicht immer solch einen schwierigen Weg für ihn bereit halten würde.   Nachsichtig lächelte Kilgharrah. „Ich weiß, dass es nicht einfach für dich ist. Und du bist nicht alleine. Ich werde dir bei diesem Kampf zur Seite stehen.“ Trotz der schwierigen Situation und den dunklen Aussichten auf die Zukunft beruhigten Merlin die Worte seines Bruders. Dankbar lächelte er. „Danke, Kilgharrah.“   Stille herrschte auf der Lichtung. Sie beide hingen ihren eigenen Gedanken und Gefühlen nach. Doch noch immer spürte Kilgharrah deutlich die Angst seines Bruders. Merlin hat Angst, dass Arthur dort wirklich sterben würde. Diese Angst würde er ihm nicht nehmen können. Erst wenn alles vorbei war, dann würde Merlin seine Ruhe finden und die Angst abschütteln können. Aber Kilgharrah musste ihm noch etwas mitteilen. Etwas, was den jungen Zauberer traurig machen würde. „Wir haben uns beide geschworen, dass wir bis zum letzten Atemzug Camelot verteidigen werden. Wenn es sein muss, bis zu unserem Tod.“ Merlin, welcher den Kopf gesenkt hatte hob seinen Blick und sah zu seinem Bruder hinauf. Er erinnerte sich an diesen Abend. Der Abend, an dem sein Bruder ihm vom Roch erzählt hatte und sie die Entscheidung laut aussprachen, alles für Camelot und für Arthur zu geben. Aber warum konnte der Zauberer dann tief in den Augen des Drachen Trauer lesen? „Ich werde diesen Schwur aller Wahrscheinlichkeit nach einhalten.“ Merlin war verwirrt. „Wie meinst du das?“, fragte Merlin. Sorge schwang in seiner Stimme mit. Sorge und auch eine gewisse Befürchtung. Kilgharrah lächelte traurig. „Ich bin alt, Merlin. Meine Zeit auf dieser Welt neigt sich dem Ende zu.“ Die Augen des jungen Zauberers weiteten sich. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch er blieb stumm. Alles, was er nach mehreren Augenblicken noch herausbringen konnte war ein einziges Wort. „Wann?“ Der Drache schüttelte seinen Kopf. „Das kann ich nicht sagen. Ich merke, wie ich schwächer werde. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis mein Leben zu Ende geht.“   Merlin sah noch immer fassungslos zu seinem Freund hinauf und schüttelte langsam den Kopf. Kilgharrah lächelte leicht. „Hab keine Angst, Merlin“, versuchte er den Schwarzhaarigen zu beruhigen. „Ich lasse dich in dieser Schlacht nicht alleine. Wir werden beide um die Zukunft Albions kämpfen.“ Obwohl ihn diese Worte tatsächlich beruhigten konnte Merlin sich mit dieser Tatsache jedoch nicht einfach abfinden. „Du wirst wirklich… sterben?“, fragte Merlin mit brüchiger Stimme nach. Seine Augen glänzten. „Natürlich freut es mich, dass du mir noch zur Seite stehen wirst, aber… ich wäre noch glücklicher, wenn du noch viele Jahre bleiben würdest.“ Die Stimme des Zauberers brach. Der alte Drache lächelte. „Alles auf dieser Welt hat einmal ein Ende, Merlin. Da bilde auch ich keine Ausnahme.“ Der Blick Kilgharrahs war für den Zauberer undefinierbar, als er die folgenden Worte aussprach. „Nur dir wird es vergönnt sein, die Zeit zu überdauern.“ Merlin verzog das Gesicht. Es war für ihn noch immer nicht einfach, diese Tatsache zu verarbeiten. Was hatte er auch schon davon, Unsterblichkeit zu besitzen? Nichts als Qualen, Leid und Einsamkeit. Er wollte nicht ewig leben, wenn alle um ihn herum starben. Was sollte das für ein Leben sein?     Plötzlich zog Nebel auf. Wie ein Schleier lag er über der Lichtung und überflutete sie mit einer eisigen Kälte. Erschrocken sprang Merlin von dem Baumstamm auf. Hektisch sah er sich um, ließ seinen Blick über die gesamte Lichtung schweifen. Ein beklemmendes Gefühl machte sich in seiner Brust breit, ließ ihn erzittern. Merlin kannte diese Kälte, die an seinen Knochen schabte. Es gab nur eine Sorte von Wesen, welche solch eine Kälte verbreiten konnten. Die Geister der Toten. Ein Geschöpf der Toten. Der Roch.   Ein schneller Seitenblick auf Kilgharrah ließ seine Vorsicht für einen Moment in den Hintergrund gleiten und Erstaunen auftreten. Der Drache war bereits wieder erhoben und stand auf allen Vieren vor ihm. Wie konnte er so schnell wieder auf den Beinen sein? Wenn er die noch vorhandene Schnelligkeit des Drachen sah, dann konnte Merlin kaum glauben, dass diesem nicht mehr viel Zeit auf dieser Welt blieb…   Der Nebel verdichtet sich vor Merlin und ließ die Gestalt des Rochs erahnen, gerade einmal einen Kopf größer als Merlin. Es war ein Gebilde aus Dunst, nur schwache Konturen, doch die gelben Augen stachen bis zum Grund der Seele. Merlins Körper erbebte. „Ah, jaaa…“ Krächzend schüttelte der Roch sein Haupt. „Einen Zauberer zu benutzen, der so lange in deiner Nähe war, hat seine Vorteile, Emrys!“ Er sprach den Namen langsam und bedacht aus, als wolle er prüfen, wie er sich anhörte. Laut hallte die Stimme des Wesens in seinem Kopf wider. Das Gebilde des Roch schien nicht selbst sprechen zu können. Anscheinend war es nur in der Lage, seine Worte direkt an ihn zu richten. Ein eiskalter Schauer überkam Merlin. Es war ein entsetzliches Gefühl, diese Kreatur in seinem Kopf zu haben. Lange war Merlin dieser Folter glücklicherweise nicht ausgesetzt, denn schon spürte er die Wärme seines Bruders. Kilgharrahs Präsenz war ihm nun näher als zuvor. Er konnte hören, wie er ihm beruhigende Worte zuflüsterte und seine Präsenz ihn wärmte. Und im Gegensatz zu dem Roch begrüßte Merlin Kilgharrah mit offenen Armen.    „Was willst du, Roch?“, brachte Merlin zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Seine Angst paarte sich mit seiner Aufgebrachtheit gegenüber diesem Wesen. Der Roch lachte nur krächzend darüber. „Ich will dir nur versichern, dass du in Sicherheit bist. Noch!“, fügte er mit einem krächzenden Lachen hinzu. Verwirrt hoben sich Merlins Augenbrauen. „Was soll das heißen?“, fragte er knirschend. „Das heißt, dass dein kleines Geheimnis bei mir in guten Klauen ist“, antwortete das Gebilde aus Nebel und reckte die Genannten genüsslich. Zuvor waren sie Merlin nicht aufgefallen, doch beim Anblick der Klauen, welche das Wesen zuvor nicht hatte, weiteten sich seine Augen. „Dieser kleine mickrige, so genannte Ritter wird der Hexe nichts erzählen. Sie soll es mit eigenen Augen sehen, nicht wahr?“ Ein hinterhältiges, krächzendes Lachen ertönte, schallte leicht innerhalb der metallenen Maske. Also hatte Merlin Recht. Mordred war wirklich zu Morgana gegangen und hatte sich ihr angeschlossen. Und nun versuchten sie beide, Camelot einzunehmen und Arthur zu töten. Wenigstens stand auch Merlin nicht alleine da. Er hatte Arthur, die Ritter und vor allem Kilgharrah an seiner Seite. Doch dieser Gedanke tröstete ihn nicht, nicht in diesem Moment. Die Kälte bereitete sich immer mehr in seinem Körper aus. Merlin wurde übel, er wusste nicht, wie lange er die Nähe dieser Bestie noch ertragen konnte. Nur schwach tröstete ihn die Präsenz von Kilgharrah, welche versuchte, ihm Wärme zu schenken.   „Wie herrlich ist die Vorstellung, dass sich die Hexe auf den Weg macht, im Glauben, zwei loyale Wesen neben sich zu haben?“ Noch einmal lachte die Bestie auf, bevor sich seine stechend gelben Augen in Merlins bohrten und diesem einen weiteren Schauer über den Rücken jagte. Leicht verengten sich die Augen des Rochs und Merlin war sich sicher, dass das Ungetüm unter seiner Maske lächelte. Erfreut und finster. Der Rest seines Körpers hatte sich bereist fast gänzlich wieder verflüchtigt. „Und wie groß muss erst ihre Verzweiflung sein, wenn alle beide sie verraten?“ Laut hallte das Krächzen und Lachen auf der Lichtung wider, bevor der Roch gänzlich in der Dunkelheit der Nacht verschwunden war.   Kaum, dass der Roch und diese elendige Kälte verschwunden war, fiel Merlin auf die Knie und atmete heftig. Es kam ihm so vor, als wenn selbst sein Atem so kalt war, dass sich kleine Dampfwolken vor seinem Mund bildeten. Glücklicherweise war dem nicht so.   Kilgharrah trat auf seinen Bruder zu und betrachtete ihn besorgt. „Alles in Ordnung?“, wollte er wissen. Noch immer atmete Merlin schneller, schien nur schwer zu Atem zu kommen. „Ja“, sagte er keuchend „Gib mir nur ein bisschen Zeit.“ Und die gab Kilgharrah ihm. Geduldig wartete der Drache, bis sich sein Meister von dieser Begegnung erholt hatte. Als dies der Fall war, kniete Merlin auf der Lichtung und sah zu Kilgharrah hoch. „Was war das?“, wollte er wissen. „Wie ist es möglich, dass der Roch direkt zu mir spricht?“ „Dadurch, dass der Roch Mordred manipuliert hat, konnte er durch den Kern dieser Manipulation in dessen Geist blicken. Er erfuhr, wer Emrys ist. Das du Emrys bist. Und er konnte eine Verbindung zu dir aufbauen, damit er mit dir sprechen konnte. Doch glücklicherweise seid Mordred und du nicht verbunden genug, um die Erscheinung lange aufrecht zu halten.“ Beruhigt seufzte Merlin. Er glaubte nicht, dass er es länger ertragen hätte, den Roch so intensiv zu spüren. Kilgharrah bemerkte natürlich seine Angst. „Fürchte dich nicht“, sagte er. „So etwas sollte nicht wieder vorkommen können. Mordred ist dir gegenüber nun genauso mit Hass erfüllt wie gegenüber Arthur. Und dieser Hass hat das Band, welches vielleicht zwischen euch beiden einmal bestand, zerrissen. Und nun werdet ihr nur noch durch das Schicksal aneinander gebunden. Selbst eine Kreatur wie der Roch ist nicht mächtig genug, um sich des Schicksals zu bedienen.“ Kurz betrachtete Kilgharrah seinen Bruder eingehend, als sein Blick um Entschuldigung bat. „Es tut mir leid, dass ich mich so plötzlich eingemischt habe“, erklärte der Drache. „Doch er war kurze Zeit mit dir verbunden, also konntest nur du ihn hören. Ich war auf seine Worte gespannt und habe mich ebenfalls in deine Gedanken geschlichen. Und das tut mir Leid.“ „Deine Einmischung war genau das Richtige,“ erwiderte Merlin. Ein Lächeln lag auf seinen Lippen. „Wenn du nicht gewesen wärst, dann wäre ich wahrscheinlich mittendrin zusammengeklappt.“ Bei der Erinnerung daran schauderte Merlin. Kilgharrah nickte und hauchte seinen warmen Atem in seine Richtung, welche die Kälte in seinem Körper und seiner Seele restlos vertrieb. „Danke“, sagte Merlin und neigte seinen Kopf vor dem Drachen, welcher diese Gestik erwiderte. „Gerne. Nun, ich schätze, du hast nun einen Einblick in die Kraft des Rochs bekommen.“   Merlin nickte. Er hatte nun am eigenen Leib gespürt, wie stark die Macht des Rochs war. Und sie war beängstigend. Das einzig Gute an der Kraft des Roches war, dass sie seine Freunde nicht würde beeinflussen können. Er war eine Kreatur des Hasses und der Zwietracht. Nur durch solche Gefühle würde der Roch einen anderen wirklich manipulieren können.   „Der Roch hat bereits einen Großteil seiner früheren Stärke wiedererlangt“, sagte Kilgharrah und Merlin hörte deutlich die Sorge in seiner Stimme. „Er sieht anders aus“, erinnerte sich Merlin. Als er mit Calest sprach, hatte der Roch keine Arme gehabt. Das schien sich in der Zeit seitdem allerdings geändert zu haben. Ein weiterer Beweis für die Entwicklung dieser Bestie.   „Auch wenn er noch nicht seine volle Stärke erreicht hat, ich bin mir sicher sowohl Morgana, als auch der Roch selber werden keine Sekunde länger warten wollen. Morgana will Camelot und der Roch will alles zerstören. Dazu muss er erst Morgana loswerden. Und was eignet sich dabei mehr, als Kraft aus derjenigen zu beziehen, welche ihn zurück ins Leben rief?“ Es war eine rhetorische Frage, dass wussten sie beide. „Der Roch hilft Morgana also, nur um sie anschließend ebenfalls zu töten?“ Der Drache nickte. „Der Roch kennt kein Mitgefühl“, erklärte der Drache weiter. „Er verspürt kein Mitleid oder Reue. Nur das Gelüst nach Rache erfüllt ihn, ebenso wie die wahnsinnige Freude, wenn er seine Feinde vernichtet.“ Der Drache schüttelte seinen riesigen Kopf. Er konnte dieses Verhalten eines Wesens einfach nicht verstehen. „Für ihn wäre es eine große Verlockung, Morgana im Dunkeln zu lassen und sie im geeigneten Moment zu verraten und sie zu töten. Auch, wenn ich es nicht gerne sage, in diesem Fall hält der Roch sein Wort. Ihm macht allein die Vorstellung, die Hexe vollkommen verzweifeln und innerlich sterben zu lassen, zu großes Vergnügen, als das er sich diese Gelegenheit entgehen lassen würde.“   Das glaubte auch Merlin. Auch, wenn er den Roch erst einmal selbst gesehen und mit ihm gesprochen hatte, er hegte keinen Zweifel an den Ausführungen Kilgharrahs. Aber etwas kam ihm merkwürdig vor. „Er konnte dich nicht sehen oder spüren?“, fragte Merlin verwirrt nach, worauf Kilgharrah den Kopf schüttelte. „Er hat Mordred benutzt, um mit dir zu sprechen, Merlin“, erklärte er und seine bernsteinfarbenen Augen blickten den Zauberer an. „Er konnte nur dich sehen und spüren. Ich hatte mich genug im Hintergrund gehalten, damit er nicht auf mich aufmerksam wurde. Die Umgebung war vollkommen unsichtbar für ihn. Ebenso jede Person oder jedes Wesen, welches sich in deiner Nähe aufhalten würde. Und zu so später Stunde war es höchst unwahrscheinlich, dass du nicht alleine bist. Doch mit mir konnte und wird er nicht rechnen.“ „Aber kann Morgana ihm nicht sagen, dass ich einen Drachen auf meiner Seite habe? Das ich der letzte Drachenmeister bin?“ Kilgharrah schüttelte abermals den Kopf. „Das glaube ich nicht“, sagte er. „Sie weiß nichts von den Drachenmeistern. Oder das du der letzte Drachenmeister bist. Zudem wird sie wohl nicht an mich denken. Sie hat nur einmal von mir gehört und mich selber noch nicht zu Gesicht bekommen. Sie war zwar der Meinung, ich gehorche dir, doch dafür gab es nie einen konkreten Beweis. Schließlich hast du mich nie wieder gerufen, wenn sie in der Nähe war.“ Seine Miene verfinsterte sich plötzlich merklich. „Außerdem hat sie selbst Aithusa an ihrer Seite.“ Ein zorniges Funkeln erschien in seinen Augen und Merlin konnte ihn verstehen. Wie konnte sich Aithusa nur auf diese Hexe einlassen? „Sie wird mich nicht fürchten. Nicht so, wie sie sollte. Vielleicht wird sie Emrys erwarten, doch in erster Linie ist es ihr Anliegen, dass Arthur stirbt und sie Camelot übernehmen kann“, erklärte er weiter. „Durch den Einfluss des Roch ist sie zu sehr machttrunken, als dass sie auch nur einen Gedanken daran verschwenden würde, dass etwas stärkeres auf sie warten könnte. Dafür ist sie viel zu sehr von sich und dem Roch überzeugt. Zudem ist nun auch noch der junge Druide auf ihrer Seite. Ich stelle ihrer Meinung nach keine Bedrohung für sie da, wenn sie denn noch an mich denken sollte und ich dir denn wirklich gehorche.“ Das klang in Merlins Ohren plausibel. Schon früher hat Morgana kein Risiko ausgelassen, um endlich das zu bekommen, was sie wollte. Camelot. Und nun schien sie alles zu haben, was sie brauchte. Sie besaß gewaltige Kräfte. Mordred stand ihr zur Seite. Auch seine Magie war stark. Sie hatte eine Armee, über welche sie befehligte. Und zu allem Überfluss folgte ihr auch noch der Roch mit seinen ungeahnten Kräften. Gut, Merlin hatte Arthur und die Ritter, Kilgharrah und seine eigene Magie, doch wie sollten sie gegen solch eine Übermacht gewinnen? Es bestand durchaus die Chance, dass Merlin und seine Freunde gegen ihre Gegner bestehen konnten, wenn sie alles gaben, was sie hatten. Doch etwas machte Merlin Sorgen.   „Wie soll ich Arthur beschützen?“, fragte Merlin und sah hoch zu Kilgharrah, der aufgrund dieser Frage erstarrte. „Es ist eine zu große Übermacht. Selbst wenn ich offen kämpfe… selbst wenn ich mein Geheimnis offenbare…“ Leise seufzte Merlin. Er hatte noch immer Angst vor der Reaktion von Arthur, wenn er erfuhr, dass sein Diener ein Zauberer war. „Ein einziger Moment der Unachtsamkeit und alles wäre verloren. Morgana könnte so schnell zuschlagen, dass ich keine Chance zum Eingreifen hätte. Ebenso Mordred. Ich kann mich nicht um beide zusammen kümmern und gleichzeitig dafür sorgen, dass Arthur nichts geschieht.“ Fest sah Merlin Kilgharrah in die Augen hoffte auf eine Antwort für sein Problem. Der alte Drache schloss für einen Moment die Augen, atmete tief durch, bevor er die Luft mit einem Seufzen wieder ausstieß. Verwirrt sah Merlin Kilgharrah ins Gesicht. Es schien, als müsse der Drache mit sich hadern, um die folgenden Worte auszusprechen. „Vielleicht gibt es einen Weg“, sagte Kilgharrah.     Kapitel 15: Die Zeit verrinnt ----------------------------- Kapitel 15 - Die Zeit verrinnt     Merlin wühlte in seinem Schrank. Kleidungsstücke und Bücher flogen umher, wurden achtlos beiseite gewischt. Meistens doch sehr penibel mit seinen Sachen war es Merlin in diesem Moment gleich, wo irgendetwas landete. Immer schneller wurden die Bewegungen des Zauberers, hektischer seine Suche.   Er hatte keine Zeit.   Eigentlich sollte er nur seine Sachen packen, alles, was er für den bevorstehenden Kampf als hilfreich erachtete. Heilkräuter, Verbände und vieles weitere musste er noch vorbereiten, was Gaius eventuell brauchen würde. Natürlich hoffte jeder, dass der Hofarzt keine gebrauchen musste, doch sie konnten sich vor der Wirklichkeit nicht verschließen. Sie alle wussten, dass es Verletzte geben würde. Auf beiden Seiten. Wenn nicht sogar Tote…   Seine Finger ertasteten plötzlich ein Stück Stoff, in welches ein harter Gegenstand eingewickelt schien. Endlich hatte Merlin gefunden, wonach er gesucht hatte. Mit einem erleichterten Seufzen nahm Merlin vorsichtig einen kleinen Beutel aus seinem Schrank. Der Schwarzhaarige schloss die Augen und drückte das in Stoff aufbewahrte Bündel an seine Brust. Ihm bedeutete der Inhalt dieses Beutels viel, so viel, wie kaum ein Mensch nachvollziehen könnte. Ihm wurde so viel anvertraut. Von der Alten Religion, von seinen Freunden, Gaius, Kilgharrah, Arthur… Und ebenso, wie Arthur ihm bereits so viel anvertraut hatte, so wollte Merlin, dass der Prinz wenigstens eine Erinnerung an ihn hatte. Für den Fall, dass er im Kampf mit Morgana sterben sollte… oder Arthur ihn eigenhändig tötet…   Merlin öffnete den Beutel und lugte hinein. Es waren zwei Gegenstände darin. Merlin holte einen der Gegenstände heraus. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Es war das Siegel von Arthurs Mutter. Ygraine de Bois. Das einzige Erbstück seiner Mutter, welches er besaß. Abgesehen von einem Ring, den er inzwischen als Ehering an Gwen weitergegeben hatte. Damals konnte Merlin es kaum glauben, dass der damalige Prinz ihm ein solch wichtiges Erinnerungsstück anvertrauen wollte, doch es hatte ihn damals so froh gemacht und ihn zutiefst berührt. In diesem Augenblick fühlte er sich Arthur näher und verbundener als je zuvor…   Doch es war nicht der einzige Gegenstand in dem kleinen Stoffbeutel. Das Siegel war wichtig, aber es gab noch einen anderen Gegenstand, der Merlin sehr am Herzen lag. Hatte er diesen doch ebenso von einer geliebten Person bekommen. Mit einem Lächeln und erinnerungstrüben Augen nahm Merlin nun auch den zweiten Gegenstand in die Hand und besah ihn sich. Er dachte an den Moment, als er ihn bekommen hatte. Erinnerungen wurden wach. Schöne… als auch traurige… Es vergingen einige Moment, bis sich Merlin wieder besann.   Tief atmete der Zauberer ein. Die beiden Gegenstände fest in seinen Händen verschlossen. Nun verstand er seinen Herrn endlich. Er verstand, warum Arthur ihm damals etwas so wichtiges anvertraut hatte. Sie waren auf den Weg, den Schleier zwischen den Welten wieder zu schließen. Und Arthur war bereit zu sterben. Mit diesem kleinen Geschenk wollte er sichergehen, dass seinem Diener bewusst wurde, wie wichtig er für den König war. Er hatte fest mit seinem Tod gerechnet. Und er hatte das Siegel auch nie wieder zurückgefordert. Und das würde Arthur wohl auch nicht… Nun war die Zeit von Merlin gekommen, seinem Freund zu zeigen, wie wichtig er ihm war. Er würde ihm ebenfalls etwas schenken. Für den Fall, dass er den Kampf nicht überleben würde… oder Arthur ihn tötete…   Entschieden schüttelte Merlin den Kopf. Es war nicht an der Zeit über die Konsequenzen der bevorstehenden Schlacht zu denken. Wichtig war nur, dass er entschlossen war. Und das war er. Merlin würde Camelot, seine Freunde und vor allem Arthur beschützen. Egal, was es ihn kosten würde.         „Wo bleibst du denn so lange, Merlin?!“, wurde der Schwarzhaarige knurrend von Arthur empfangen. Dessen Unmut war ihm deutlich anzusehen. Ebenso seine Anspannung. Und es war Merlin so, als könnte er tief in den Gesichtzügen des Königs auch dessen Angst sehen. Könnte er es ihm verübeln? Schließlich ging es dem Zauberer nicht anders… Merlin seufzte. „Verzeiht Arthur. Es hat doch länger gedauert als ich dachte, Heilsalben und Verbände zu verstauen.“ Das war nicht ganz die Wahrheit. Natürlich nahm es einige Zeit in Anspruch, alles zusammen zu sammeln und in seiner Tasche zu verstauen, doch die meiste Zeit hatte Merlin mit der Suche nach seinen beiden wichtigsten Habseligkeiten verbracht.   Arthurs Mimik wurde mit einem Mal ausdruckslos. Er nickte nur. Auch der König machte sich Sorgen, dass seine Freunde und Ritter verletzt oder gar getötet werden könnten. Wie sehr wünschte sich Arthur, dass es zu keinem Kampf kommen musste. Doch er hatte keine Wahl. Wenn er wollte, dass Camelot sicher war, dann musste er kämpfen. Es blieb keine andere Möglichkeit.   Hart schluckte Merlin. Arthur kannte vielleicht keine andere Möglichkeit. Im Gegensatz zu ihm.   „Wir sind bereit, Mylord“, sagte Leon, als er an Arthur herantrat. Gwaine, Elyan, Percival traten ebenfalls näher, jeder von ihnen mit den Zügeln ihrer Hengste in den Händen. Als die Obersten der Ritter hatten sich stets in der Nähe des Königs aufgehalten, um etwaige Befehle sofort befolgen zu können. Sie alle machten ernste Gesichter. Merlin konnte es ihnen nicht verübeln. Arthur nickte und gab die Befehle, das alles noch einmal überprüft werden sollte, damit sie auch alles hatten, was sie für den Kampf brauchten. Die vier Ritter entfernten sich, gaben ebenfalls Befehle weiter, bevor sie sich in ihre Sattel schwangen. Merlin hatte inzwischen alles, was er brauchte in den Satteltaschen seines Hengstes, welches ihm ein Diener gebracht hatte, verstaut. Mit einem Seufzen begab sich auch Merlin in seinen Sattel. Auch die Ritter waren aufbruchbereit. Arthur half seiner Gemahlin auf ihr Pferd, bevor er sich ebenfalls in den Sattel schwang. Er gab den Befehl und die Pferde setzten sich in Bewegung.         Der Ritt verlief zum größten Teil schweigend. Die Ritter besprachen unter sich die Vorgehensweise und die Pläne für den Kampf. Gwaine versuchte seine Freunde mit seinen Witzen ein bisschen aufzumuntern, Gwen sprach mit Gaius über die Verpflegung eventueller Verletzter. Nur derjenige, welcher seinen Mund meist nicht halten konnte, schaffte es nicht, seinem Ruf gerecht zu werden. Nur selten hatte sich Merlin dazu durchringen können, das Wort an Arthur zu richten. Eigentlich wollte er versuchen, seinem Herrn die Angst vor der bevorstehenden Schlacht zu nehmen, doch das konnte er nicht. Denn Merlin hatte selber Angst. Wer wusste schon, ob er Morgana, Mordred und den Roch besiegen konnte? Der Zauberer konnte sich nicht vorstellen, wie er solch eine Übermacht bezwingen sollte. Aber er war glücklicherweise nicht alleine. Kilgharrah war an seiner Seite und würde es bis zu seinem Tod auch sein. Merlin seufzte leise. Es war ein schwerer Schlag für ihn zu erfahren, dass sein Freund und Bruder diese Welt bald verlassen musste…    „Woran denkst du, Merlin?“, erklang plötzlich eine Stimme genau neben dem Schwarzhaarigen. Erschrocken zuckte er zusammen und ruckte mit dem Kopf in die Richtung, aus der die Stimme kam und fand sich im Angesicht mit Gwen, welche ihn besorgt ansah. In ihrer Mimik konnte er keinen Anflug von Heiterkeit erkennen, welcher für gewöhnlich bei seiner Schreckhaftigkeit bei ihr zu sehen war. Sie sah so besorgt aus wie er sich fühlte. „Verzeih, Gwen, was hast du gerade gesagt? Ich war in Gedanken“, entschuldigte sich der Zauberer. Mitfühlend und verstehend nickte die junge Königin. „Ich kann verstehen, dass du dir Sorgen machst. Mir geht es nicht anders“, gestand sie und ihre Augen senkten sich auf ihre Hände, welche die Zügel ihres Pferdes umschlangen. „Ich habe Angst. Angst davor, was dieser Krieg gegen Morgana anrichten könnte. Was uns alles genommen wird. Wer uns genommen wird…“ Sie hob ihren Kopf und ihre braunen, vor Sorge durchtränkten Augen wandten sich nach vorne, wo ihr Mann stillschweigend an der Spitze ritt. Gwen konnte deutlich die Anspannung ihres Mannes sehen. Und ihr Herz wurde schwer, wenn die Königin an die Schlacht dachte. Auch Merlin sah es. Er sah gestrafften Schultern von Arthur, welche leicht zu hingen schienen und das obwohl auch der Rest seines Körpers angespannt war. „Mach dir nicht zu viele Gedanken, Gwen“, versuchte Merlin seine beste Freundin zu beruhigen, obwohl die Angst auch tief in ihm selbst saß. Aber er würde sie beschützen. Sie alle.           Es dauerte nicht lange und sie erreichten endlich den Ort, an welchem sich so viel entscheiden sollte. Camlann. Merlin erschauderte, als er sich den Namen dieses Ortes durch den Kopf gehen ließ. Hier sollte also die letzte Schlacht gegen Morgana und ihr Gefolge stattfinden. Hier sollte sich sein Schicksal und das von Arthur erfüllen. Genau an diesem Ort sollte Arthur sterben. Energisch schüttelte Merlin den Kopf. Er würde nicht zulassen, dass Arthur sterben würde. Niemals.   Es war eine zerklüftete Schlucht. Nur ein Zugang war von ihrer Seite aus zu erreichen. Rings um sie herum waren Felswände, welche Schutz boten und keine Überraschungsangriffe ermöglichten, denn sie waren zum Klettern zu steil und zu zerklüftet, um Halt zu finden. Ein guter Ort für eine Schlacht.   Arthur stieg vom Pferd, seine Ritter folgten ihm. Er erteilte allen Befehle und die Männer verteilten sich, um ihr Lager aufzubauen und stellten Zelte auf, sicherten die Umgebung. Merlin versorgte die Pferde, während die Ritter um ihn herum mit finsteren Minen umhergingen und ihre Arbeit nachgingen. Merlin konnte es ihnen nicht verübeln. Sie alle würden ihrem König folgen und ihn, wenn nötig, mit ihrem Leben verteidigen. Ebenso ihre Königin Gwen. Ohne zu zögern würde jeder Einzelne von ihnen einen tödlichen Schwertstoß abfangen. Und doch konnten sie alle ihre Furcht nicht verleugnen, sich dieser gewaltigen Übermacht stellen zu müssen. Ebenso existierten die leisen Vorwürfe, dass Arthur Morgana schon viel früher hätte umbringen können. Doch es konnte sich keiner der Ritter auch nur ansatzweise vorstellen, wie furchtbar das Gefühl sein musste, seiner eigenen Schwester gegenüberzustehen und sie töten zu müssen, um selbst zu überleben und, was viel wichtiger war, dein Volk zu schützen. Würde Arthur Morgana nicht töten, dann würde sie ihre Schreckensherrschaft über Camelot ausbreiten und jeder Mensch wäre zu einem armseligen Leben in Dunkelheit verdammt.   Arthur hatte keine Wahl. Er war der König. Egal, wie viele Privilegien es mit sich brachte, ebenso viele Verpflichtungen musste man nachgehen. Und dazu gehörte es, Bedrohungen von seinem Volk und seinem Königreich abzuwehren. Morgana und der Roch waren die größte Bedrohung für Camelot und mussten beseitigt werden, damit sie alle in Ruhe leben konnten. Es war ein hoher Preis. Ein Preis, den das Leben als König mit sich brachte.   Merlin streichelte dem Pferd, um welches er sich gerade kümmerte, sanft über den Hals. Er würde Arthur zur Seite stehen und dafür sorgen, dass sein Herr diesen Preis nicht alleine zu zahlen brauchte. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~         Auf dem Rand der Schlucht, in welchem die Truppen aus Camelot ihre Zelte aufgeschlagen hatten stand eine Gestalt, vermummt in einen dunklen Mantel, die Kapuze weit ins Gesicht gezogen. Die Augen waren im Schatten verborgen und doch konnten sie ganz genau die Vorgänge dort unten erkennen. Über die Lippen zog sich ein finsteres Lächeln. `Perfekt´, dachte sich die Gestalt. Ohne ein Wort zu sagen verschwand sie in einem Wirbel aus Blättern und Staub.         Vor dem Schloss der Sachsen saß Morgana aufbruchbereit auf ihrem schwarzen Pferd, welches schnaubend an der Spitze der Armee stand. Die Männer waren kampfbereit und stießen bereits Kampfschreie aus. Es dauerte nicht mehr lange, dann könnten sie sich auf den Weg machen. Sie musste nur noch auf ihn warten… Freudig lächelte die Hexe. Diesmal würde sie Arthur und alle, die hinter ihm standen, töten, da war sie sich sicher. Aithusa, zu Füßen ihrer Herrin, winselte leise und humpelte unruhig hin und her. Sie hatte Angst vor dem Kommenden, hatte Angst um ihre Herrin und ganz besonders hatte sie Angst vor der Kreatur, welche Morgana nun diente. Nein, sie diente ihr nicht. Der Roch war nicht loyal, dass konnte Aithusa spüren. Sobald sich eine Gelegenheit für dieses Wesen ergab, dann würde sie Morgana im Stich lassen und tun, was sie wollte. Aithusa wollte ihre Herrin davor warnen, sie aufhalten, eine große Dummheit zu tun, aber Morgana hörte nicht auf sie, ignorierte sie, wollte nur, dass sie das tat, was ihr befohlen wurde. Die Hexe sah nicht, dass sie in ihr Verderben rannte und sie würde auf niemanden hören. Aithusa war verletzt. Sie wollte gehen, sich in Sicherheit bringen, solange sie noch konnte, doch es war zwecklos. Sie war bereits zu sehr an Morgana gebunden, konnte nicht mehr entkommen, selbst, wenn sie es wirklich wollen würde. Es war klar. Würde Morgana sterben, dann wäre dies auch Aithusas Tod.   Unruhig humpelte der Drache umher, versuchte ein letztes Mal ihre Herrin umzustimmen, als das Knurren des Rochs sie innehalten ließ. Die Kreatur schlug nach ihr. Mit einem erschrockenen Kreischen sprang Aithusa zurück, die scharfe Klaue verfehlte sie um Zentimeter. Er hätte sie zerrissen, wenn sie nicht ausgewichen wäre! „Komm uns nicht in die Quere, du missratenes Vieh!“, knurrte der Roch und funkelte den Drachen durch seine Eisenmaske mit kalten roten Augen an. Wie sehr er diese ekelhaften Wesen doch verabscheute. Wenn er daran dachte, was sie ihm alles angetan hatten… Der Roch zischte. Nachdem er diese törichte Hexe vernichtet hätte würde er diesen weißen Abschaum mit dem größten Vergnügen in der Luft zerfetzen! „Schluss!“, war alles, was Morgana dazu sagte. Und tatsächlich. Der Roch senkte seine Klaue und zog sich zurück. Und Aithusa erstarrte. Früher, als der Roch noch keine Gewalt über Morgana hatte, hätte diese niemals zugelassen, dass jemand Aithusa Schaden zufügte. Doch das war vorbei. Aithusas Herz brach, als sie die Gleichgültigkeit in der Stimme ihrer Herrin hörte. Sie konnte nicht sagen, ob sie ihr überhaupt geholfen hätte, wenn der Roch sie wirklich verletzt hätte. Und es verletzte die Drachendame mehr als es die Klaue des Rochs es je gekonnt hätte.   Ein Wirbel aus Blättern und Staub riss Aithusa aus ihren trüben Gedanken. Eine vermummte Gestalt trat hervor und kniete vor Morgana nieder. Lächelnd betrachtete sie den Ankömmling, welcher seine Kapuze zurücklegte.   „Nun, was bringst du mir für Neuigkeiten, Mordred?“   Die grauen, verhärteten Augen des Druiden sahen zu ihr hinauf. Seine Miene war unbewegt. „Die Ritter von Camelot sind genau da, wo wir sie haben wollen“ verkündete Mordred „Es wird ein Leichtes sein, unsere Feinde zusammenzupferchen.“ Ein finsteres Lächeln legte sich auf die Lippen der Hohepriesterin. „Ausgezeichnet“, sagte sie. Morgana erhob ihre Stimme, doch es war kein Rufen oder Brüllen. Die Männer hingen wie gebannt an ihren Lippen und sogen jedes ihrer Worte, es herrschte völlige Ruhe im Schlosshof. „Endlich ist der Zeitpunkt gekommen, in der wir die Ritter von Camelot überrennen werden. Ihr könnt euch an ihrem Leid ergötzen und ich werde endlich meinen rechtmäßigen Thron besteigen.“ Ihre Hände krallten sich regelrecht in das Leder der Zügel. Sie hatte schon einmal auf dem Thron von Camelot gesessen. Da, wo sie seit Geburt an hingehörte. Doch ihr Vater Uther, dieser verdammte Mistkerl, wollte sie nie auf dem Thron. Sondern seinen Sohn, Arthur. Doch das würde sie nicht zulassen. Dieser Platzt gehörte ihr, Morgana. Sie hatte bereits einmal über Camelot geherrscht und sie war sich sicher, die Menschen konnten sich noch lebhaft an ihre Herrschaft erinnern.    „Los!“ Laut hallte die Stimme Morganas über die Männer, welcher dem Befehl, brüllend nachkamen. Sie schwangen ihre Schwerter und Waffen, ihre Schilder und Keulen. Morgana zog an den Zügeln ihres Hengstes, welcher sich wiehernd in Bewegung setzte und langsam durch das Tor des Schlosses ritt. Mordred schwang sich in den Sattel seines eigenen Pferdes und folgte ihr. Die Männer brüllten, riefen Befehle und setzten sich ebenfalls in Bewegung. Sie alle konnten das Blutvergießen nicht mehr erwarten.   Der Roch hingegen wartete, bis der Hof völlig leer war, bevor er sich zu Aithusa umdrehte und sich seine kalten roten Augen direkt in ihr Seele bohrten. Der weiße Drache erzitterte. „Nur keine Angst“, ertönte die krächzende Stimme des Rochs aus seiner Eisenmaske. „Du wirst deiner geliebten Herrin schon noch folgen können. Bis in den Tod! Hähähähä!“ Der Roch kreischte laut, bevor er sich in Nebel auflöste, um sich der Schlacht anschließen zu können.   Aithusa wimmerte. Der Schlosshof war völlig leer. Sie war alleine. Völlig allein. Sie spürte den Ruf ihrer Herrin. Bis in ihre Seele. Doch selbst dieser Ruf konnte das Gefühl der Einsamkeit nicht durchdringen. Der Drache jammerte. Sie wollte Morgana nicht folgen. Sie wollte fliehen und nie wieder zurückkommen. Doch ihre Beine bewegten sich wie von alleine. Als wären Fäden in ihre Beine und Muskeln eingehakt, die sie zum Weitergehen zwangen. Der Roch hatte Recht. Und Aithusa wusste es. Sie würde sterben, egal, wie dieser Kampf enden würde…         Kapitel 16: Die Schlacht kann beginnen -------------------------------------- Kapitel 16 : Die Schlacht kann beginnen       Es war den restlichen Tag sehr ruhig geworden. Die Zelte waren aufgestellt, Feuer entfacht, die Pferde versorgt, die Truppen eingeteilt. Doch es ließ sich keiner täuschen. Es war nur die Ruhe vor dem Sturm.   Späher waren unterwegs und sollten herausfinden, wie lange die feindliche Armee noch brauchen würde, um die Schlucht zu erreichen. Eine Patroullie kundschaftete die nahe Umgebung aus, damit es zu keinen bösen Überraschungen kommen konnte.     Arthur war im größten Zelt und beratschlagte mit Gwen, Gaius und seinen vier obersten Rittern über den Schlachtplan. Merlin stand an der Seite und hörte aufmerksam zu. Sie hatten in der zerklüfteten Schlucht nicht allzu viele Möglichkeiten, ihre Gegner allerdings auch nicht.   „Wir treffen Morgana und ihre Männer genau hier“, sagte Arthur und deutete auf einen Teil der Schlucht, welcher ein wenig entfernt von ihrem Standort lag. Zwei Wege mündeten in einen breiten Teil, wo es für sie alle Platz zum Kämpfen gab. Einen Weg würden sie nehmen, den anderen müsste Morgana benutzen. „Dort können sie uns nicht überraschen und wir sind weit genug von unserem Lager entfernt.“ Zustimmungen wurden ausgesprochen und weitere strategische Kleinigkeiten besprochen, bei denen Merlin kaum hinhörte. Er wusste, wo gekämpft wurde und er wusste, wo Arthur sein würde. Nämlich an der Spitze seiner Ritter. Er würde Gaius und Gwen im Lazarett helfen, die Verwundeten zu versorgen. Merlin müsse dann nur einen Vorwand finden, um zum Schlachtfeld zu gelangen, um Arthur zu unterstützen. Er glaubte nicht, dass sich Morgana sofort in den Kampf stürzen würde, ebenso wenig wie Mordred und der Roch. Sie würden die Sachsen vorschicken, damit diese die Ritter in Schach hielten. Und dann, wenn sich Arthur und seine Ritter schon beinahe in Sicherheit wiegen würden, dann würde Morgana zuschlagen und mit ihr Mordred und der Roch. Und sie würden töten. Doch vorher würde Merlin eingreifen. Er würde alles in seiner Macht stehende tun, um die Feinde Camelots zu vernichten.   „Was ist mit Morganas Bestie?“, fragte Gwaine und holte Merlin aus seinen Gedanken. Sofort richtete sich seine Aufmerksamkeit auf seinen Herrn, auf welchem nun alle Blicke lagen. Arthur richtete sich auf, den Blick auf den Plan von Camlann gerichtet. Seine Miene war ausdruckslos. „Habt Ihr Informationen über dieses Wesen finden können, Gaius?“, wollte Arthur von seinem Hofarzt wissen. Deutlich war in seiner Stimme die Hoffnung auf eine positive Antwort zu hören. Gaius räusperte sich und trat einen Schritt vor. „Zu meinem Bedauern, Mylord, muss ich Euch mitteilen, dass ich in keinen Aufzeichnungen etwas über diese Kreatur gefunden habe, wie sie der Mann aus dem Dorf damals beschrieben hat. Ich weiß nicht, um was es sich handelt.“ Es tat ihm Leid, dass er seinem König nicht helfen konnte. Das sah man Gaius an. Und doch war es für die Anwesenden wie ein Schlag ins Gesicht. Wenn selbst der Hofarzt, der weiseste Mann von ganz Camelot, nichts, wirklich gar nichts, über dieses Wesen wusste, wer konnte ihnen denn dann eine Antwort darauf geben? Gwen klammerte sich angstvoll in den Arm von ihren Mann, welcher Gaius mit zusammengepressten Lippen ansah. Er sah gefasst aus, doch hinter seiner Stirn arbeitete es. Konnte er es mit einer solchen Kreatur aufnehmen, über die er rein gar nichts wusste? Doch die wichtigere Frage: konnte er seine Männer in den Kampf mit einer solch unbekannten Macht schicken? Wie sollten sie bestehen, wenn sie nicht wussten, wogegen sie kämpften? Arthur wusste darauf keine Antwort. Er wusste jedoch, dass sie keine Wahl hatten. Das er keine Wahl hatte. Wenn sie Camelot wirklich beschützen wollten, dann mussten er und seine Ritter sich dieser Gefahr stellen, egal, wie groß sie war. Bevor auch die Ritter in trüben Gedanken an die bevorstehende Schlacht versinken konnten, räusperte sich Gaius noch einmal. „Ich kann Euch da zwar leider nicht weiterhelfen, Mylord, doch soweit ich weiß, hat Merlin einiges über diese Kreatur gehört, was er Euch vielleicht berichten kann.“   Merlins Augen weiteten sich leicht, als Gaius ihn erwähnte und sich alle Augen nun auf ihn richteten. Dabei wusste er gar nicht, was er seinem König dazu erzählen sollte. „Merlin?“, fragte Arthur beinahe ungläubig nach. Seine Augen waren groß, als er seinen Freund betrachtete, als könne er nicht glauben, das ausgerechnet sein unfähiger Diener ihnen helfen sollte. Dies führte dazu, dass Merlin eine Grimasse zog, als er vortrat. „Auch, wenn Ihr es kaum glauben wollt, Mylord, doch auch ich habe einiges an Wissen und Informationen in meinem bisherigen Leben gesammelt“, sagte er und in seiner Stimme schwangen Selbstgefälligkeit und ein Hauch von Vorwurf mit. Arthur hob abschätzend eine Augenbraue und wartete ungeduldig auf eine Antwort. Merlin seufzte. Er überlegte fieberhaft, was er ihnen nun allen erzählen sollte. Merlin konnte ihnen ja schlecht die Wahrheit sagen. Doch da kam ihm eine Idee. „Ich bin nicht in Camelot aufgewachsen, wie Ihr wisst. Und in meinem Dorf wird viel erzählt. Geschichten, Legenden, Mythen. Auch über die Magie wird einiges erzählt. Ich hätte allerdings nicht gedacht, dass ausgerechnet diese Geschichte einmal ausschlaggebend sein würde.“ Merlin sah zu seinem König und seinen Freunden, welche ihn aufmerksam musterten. Mit einer Handbewegung deutete Arthur ihm, fort zu fahren. „Eine bekannte Geschichte, um den Kindern in Ealdor Angst zu machen. Sie handelt von einer alten Kreatur, geschaffen aus Nebel und Tod. Eine Kreatur jenseits dieser Welt, verborgen hinter einem grauen Schleier. Ein mehr als mannesgroßes Wesen, der Körper von Federn bedeckt. Drei Schlangen dienen ihm als Schweife, zwei große Flügel tragen ihn durch die Lüfte. Kräftige Arme und Beine, Klauen, die einen ausgewachsenen Mann hinfort tragen können, auf das man ihn nie wieder sieht. Eine Bestie, die man den Roch nennt. Eine alte Geschichte, die schon seit Generationen in meinem Heimatdorf erzählt wird. Sie soll die Kinder lehren, niemals nach Einbruch der Nacht alleine in die Wälder zu gehen, vor allem dann nicht, wenn Nebel herrscht. Denn dann würde der Roch das Siegel, hinter welchem er eingesperrt ist, brechen, das Tor zu dieser Welt passieren und die Seelen der Lebenden jagen, um seinen Körper wiederzuerlangen. Und die Seelen der Kinder sind ihm am Liebsten. Natürlich wird den Kindern eine harmlosere Variante als diese erzählt. Doch so in etwa lautet die Legende vom Roch.“   Merlin verstummte und ließ das Erzählte auf seine Freunde wirken. Er hatte so viel preisgegeben, wie er wusste, ohne sich selbst zu verraten. Er hatte seinen Freunden so viel berichtet, wie es ihm möglich war. Doch ein kleiner Stich fuhr Merlin durchs Herz. Er hatte gelogen. Merlin kannte natürlich keine Geschichte von dem Roch, erst Kilgharrah hatte ihm von dieser Kreatur berichtet. Doch es war die einzige Möglichkeit, Arthur und die Ritter über die kommende Gefahr zu unterrichten. Doch es tat weh. Wieder war Merlin gezwungen, seinen König und seine Freunde anzulügen. Merlin hatte all die Jahre seine Freunde bereits unzählige Male anlügen müssen, da es meist irgendwelche Schwierigkeiten gab, welche er mit seiner Magie wieder richten musste und keiner davon erfahren durfte. Sie kamen ihm schon beinahe wie von selbst über die Lippen, obwohl Arthur immer behauptete, er wäre ein miserabler Lügner. Doch es tat weh. Immer noch. Deswegen hoffte Merlin, dass es irgendwann damit vorbei sein würde.   Merlin wartete noch einen Moment, bevor er weiter sprach. „Der Roch wurde wohl aus den Seelen der Toten geschaffen. Und so wie es aussieht, kam er durch den Schleier der Totenwelt hierher in unsere.“   „Der Schleier der Totenwelt…“, wiederholte Arthur leise und den Anwesenden rann ein Schauer über den Rücken. Schon einmal war der Schleier zerrissen wurden und die Seelen der Toten streiften durch diese Welt. Viele Menschen sind damals gestorben. Und beinahe wäre auch Arthur gestorben, bereitwillig. Er hätte sich geopfert, wenn sich nicht Lancelot für sie alle aufgeopfert hätte und durch sein Leben das Tor wieder verschlossen hätte. Sollte dieses Opfer umsonst gewesen sein?   „Soll das heißen, das Tor ist wieder geöffnet worden?“, wollte Sir Leon wissen. Merlin schüttelte den Kopf. „Das glaube ich nicht“, beruhigte er den Ritter. „Wäre dies der Fall, dann wären wieder überall Dorocha unterwegs. Nein, Lancelot hat mit seinem Opfer das Tor endgültig verschlossen.“ Ein trauriger Ausdruck huschte über Merlins Gesicht. Die Ritter verstanden ihn. Auch ihnen war Lancelot ein treuer Freund und ganz besonders er und Merlin hatten ein festes Band zueinander. Es war für den Jüngeren wirklich ein großer Verlust. Auch die Ritter hatten einen treuen Freund und Weggefährten verloren. Lediglich Arthur schien von der Erwähnung seines ehemaligen Ritters wenig zu halten, konnte er die Geschichte von Lancelot und Gwen wohl nicht vergessen. Aus diesem Grund fuhr Merlin hastig fort. Es war noch nicht an der Zeit, das Ansehen von seinem alten Freund Lancelot wieder herzustellen, auch wenn es ihm im Herzen wehtat. „Es scheint allerdings, als hätte Morgana das Siegel, in dem der Roch eingesperrt gewesen war, gebrochen und er wäre von der Welt der Toten in unsere Welt gekommen. Nun untersteht er ihr. Und ich bin sicher, weder sie noch diese Kreatur haben Skrupel, irgendjemanden zu töten.“   Wieder herrschte Stille, als die Anwesenden versuchten, diese Informationen zu verdauen. Sie alle schienen langsam zu begreifen, was Merlin längst wusste. Es würde bereits schwer genug werden, mit Morgana fertig zu werden. Doch dann auch noch gegen ihre Bestie zu kämpfen… wie sollten sie das schaffen?   „Sagt die Geschichte auch irgendetwas darüber, wie man dieses… Ding besiegen kann?“, kam Gwaine auf seine Ursprungsfrage zurück. Merlin überlegte. Was konnte er antworten? Er konnte niemandem sagen, dass er sich um Morgana und den Roch kümmern würde. Oder besser Kilgharrah und er. Merlin konnte ihnen keine Möglichkeit nennen, mit welcher sie sich dem Biest stellen konnte.   Er wusste nur, dass sie nicht von ihm beeinflusst werden konnten, doch wirklich gegen ihn kämpfen konnten sie nicht. Sie hatten keine Waffen, welche wirksam gegen die Bestie wären. Ihre Schwerter würden an seinen Klauen wirkungslos entlangschleifen, geschweige denn, er würde sein Reich, den Himmel, verlassen, um einen Kampf mit ihnen zu wagen. Und selbst, wenn sie ihn treffen sollten, er war ein Wesen der Alten Religion und des Todes. Keine sterbliche Klinge konnte ihn töten. Genauso wenig wie Morgana. Nein, die Ritter konnten nichts tun, nur Merlin konnte mit seiner Magie etwas ausrichten. Ebenso Kilgharrah. Und da fiel es Merlin wie Schuppen von den Augen. Dem Drachen stand nicht nur seine Magie zur Verfügung. Er hatte noch andere Möglichkeiten. Und Kilgharrahs mächtigste Waffe war - „Feuer.“ „Was?“ Überrascht sahen die Anwesenden Merlin an, welcher leicht mit den Schultern zuckte. „Dieselbe Frage stellten auch die Kinder sehr oft. Wie denn die Erwachsenen dann im Wald sicher wären. Doch die Antwort darauf war Feuer. Genauso wie es schon bei den Dorocha war. Mit Feuer konnte man die Dorocha vertreiben. Und mit Feuer kann man vielleicht auch den Roch in Schach halten.“ Merlin atmete tief ein und aus. „Es wird ihn nicht vernichten. Ich glaube, der Roch wird erst endgültig verschwinden, wenn Morgana tot ist.“ Das war eine Lüge. Der Roch konnte selbst dann noch weiterexistieren, wenn die Hexe stirbt. Geschwächt, doch nach all der Zeit, die er bereits wieder in dieser Welt verweilte, sollte er in der Lage sein, ohne Morgana zu überleben. Und nur Merlin konnte ihn töten. Doch das Feuer war keine schlechte Idee. So konnten sich die Ritter wenigstens ansatzweise gegen diese Bestie zur Wehr setzen, denn mit ihren Schwertern würden sie bei dem Roch nicht viel ausrichten können. Es war eine Möglichkeit, sich zu schützen, für den Fall, dass Merlin oder Kilgharrah noch nicht zur Stelle waren.   Arthur sah seinen Diener an und nickte. „Dann wissen wir jetzt, worauf wir uns einstellen müssen.“ Nochmals nickte Arthur Merlin zu und dieses Mal sahen sie sich direkt in die Augen. Und Merlin konnte es sehen. In den Augen des Königs sah der Schwarzhaarige eine Dankbarkeit, welche dieser ihm selten Zuteil werden ließ. Er gab ihnen eine Antwort für ein Problem, bei welchem ihnen noch nicht einmal Gaius helfen konnte. Merlin war ihre aller Rettung. In welchem Ausmaß… das sollten die Anwesenden noch erfahren.   Gwen lächelte Merlin ebenfalls dankbar an. Ohne ihn wüssten die Männer nicht, wie sie gegen dieses Wesen würden vorgehen sollen. Und das würde die Königin nicht überstehen. Sie könnte es nicht ertragen, ihren Mann, ihren Bruder und ihre Freunde in einen Kampf mit einem unbekannten und übermächtigen Gegner ziehen zu lassen. Auch, wenn sie wusste, dass Morgana und ihre Kreatur trotz allem mächtig waren, dank Merlin wussten sie wenigstens, wie sie den Roch aufhalten konnten. Und dafür war sie ihrem besten Freund mehr als dankbar.   Auch die Ritter nickten ihm zu, schenkten ihm anerkennende Blicke. Sie alle liebten ihren König und ihre Königin, würden ihr Leben für das Herrscherpaar und Camelot geben, doch keiner von ihnen war wirklich versessen auf einen Kampf gegen einen Feind, von dem sie nichts wussten. Schon gar nicht, wenn nicht einmal der weiseste Mann von ganz Camelot wusste, wie man gegen diese Kreatur bestehen konnte. Umso ermutigter waren sie, dass Merlin ihnen einen Hinweis geben konnte. Auch wenn niemand damit gerechnet hätte, dass ausgerechnet der schlaksige Diener von ihrem König ihnen helfen konnte. Aber sie hatten schon öfter festgestellt, dass sie Merlin ziemlich unterschätzten. Ihn ihm schien mehr zu stecken, als es den Anschein hatte. Wie viel, sollten sie bald mit eigenen Augen sehen.   Und Merlin genoss die Wärme, welche die Dankbarkeit und Annerkennung seiner Freunde in ihm auslösten. Es war nicht viel, was er ihnen sagen konnte, das Meiste nur vage Theorie, doch es war den Anwesenden so viel wert, wie in Stein gemeißelte Worte, deren Glaubhaftigkeit man nicht anzweifeln konnte. Seine Freunde wussten noch nicht einmal ansatzweise, was Merlin alles tun konnte, doch er hatte ihnen auf die Art geholfen, die ihm bis jetzt zur Verfügung stand, ohne sein Leben zu riskieren.   Merlin wusste nicht, wie die Schlacht ausgehen würde, aber er würde alles in seiner Macht stehende tun, dass sie zu ihren Gunsten entschieden wurde. Er würde seine Freunde beschützen, er würde Arthur beschützen.   Das Einzige, was Merlin nicht beeinflussen konnte… war Arthurs Entscheidung. Wie würde er auf Merlins Magie reagieren? Würde er es verstehen? Würde er ihm verzeihen` Würde Arthur Merlin töten? Doch egal, wie Arthur sich entscheiden würde, Merlin würde selbst sein Leben in dieser Schlacht geben, wenn es das Leben seines Königs retten würde.       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~       Nach der Besprechung wollte Arthur noch einige Worte an seine Ritter richten, welche auf seine endgültigen Befehlte warteten. Inzwischen waren auch die verschiedenen Patroullie, welche Arthur ausgesandt hatte, wieder zurück. Die Gegend war gesichert und die Männer hatten festgestellt, dass die Armee von Morgana in der Nacht in der Schlucht eintreffen würde. Also hatten sie nur noch wenige Stunden Zeit.   Zusammen verließen Arthur, Merlin, Gwen, Gaius und die vier obersten Ritter das Zelt. Vor dem Zelteingang blieben sie stehen und sahen sich im Lager um. Die Nerven aller waren zum Zerreißen gespannt. Keiner wusste, wer und ob überhaupt jemand diese Schlacht überleben würde. Und niemand konnte ihnen darauf eine Antwort geben. Doch Arthur wollte trotzdem etwas unternehmen.   Leon, Gwaine, Elyan und Percival sahen sich an, bevor sie ihren Blick zu ihrem König wandten, welcher ihnen zunickte. Also verteilten sich die Ritter und riefen die Männer zusammen, damit Arthur das Wort an sie richten konnte. Gwen zog sich ein wenig zurück, damit Arthur die Aufmerksamkeit seiner Ritter bekam. Merlin stellte sich zu Gaius an die Seite und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Er war gespannt, was sein Herr zu sagen hatte. Schließlich war Arthur nicht gerade der Typ für große Worte. Aber wenn es darauf ankam, dann konnte einen der Blonde schon ziemlich überraschen.   Es dauerte nicht lange, bis die Ritter vor dem königlichen Zelt versammelt waren. Arthur sah sich um, blickte mit geschwellter Brust und voller Stolz zu seinen Rittern. Sie hatten alle schon viel zusammen durch gestanden, hatten schon viele Kämpfe und Schlachten bestritten, doch diese Schlacht wird die Schwierigste überhaupt. Doch ebenso würde es der größte Sieg sein, den sie je errungen würden. Und das musste er ihnen allen klar machen. Der König holte tief Luft.   „Meine tapferen Freunde“, begann Arthur mit lauter Stimme zu sprechen und seine Worte wurden über den gesamten Platz getragen.   „Gemeinsam haben wir viel erlebt. Freud und Leid mussten wir erdulden, doch wir haben nie aufgegeben. Wir haben für unseren Frieden und unsere Träume gekämpft. Unsere Feinde waren uns nicht gewachsen, keinem von uns. Die Ritter von Camelot sind ein Mann und stehen füreinander ein. Egal, wie groß die Bedrohung war, wir haben ihr standgehalten!“ Bejahende Rufe waren die Antwort auf diese Worte. Mit einer Handbewegung verlangte Arthur nach Ruhe.   „Nun stehen wir vor einer neuen Bedrohung. Uns steht eine große Schlacht bevor. Vielleicht die größte Schlacht, welche es je in Albion gab und je geben wird. Ich weiß nicht, wer leben und wer sterben wird. Das kann euch niemand sagen. Doch eines weiß ich sicher. Die Menschen werden sich an uns erinnern. Und sie werden sich an diese Schlacht erinnern. An die tapferen Ritter, welche sich der Gefahr stellten, um ihr Königreich zu schützen. Und welche siegreich aus dieser Schlacht hervorgehen werden!“   Arthurs Stimme hob sich, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. Und als wäre er der Zauberer und nicht Merlin, hatte der König es geschafft, die Zweifel und die Angst in seinen Rittern zu zerstreuen. Sie alle wollten nur eines. Ihren König, ihre Königin und ihr Königreich beschützen. Alles andere… Ruhm und Ehre… das spielte für die edlen Ritter von Camelot nichts als eine kleine Nebenrolle. Und Arthur wusste das. Er wusste, wie er seine Ritter anspornen konnte.   Arthurs blauen Augen wanderten über die Reihen seiner Ritter, welche ihn nun voller Zuversicht zu ihrem König sahen und bereit waren, ihm zu folgen. Ihm bis auf den Grund der Hölle zu folgen, wenn es nötig war. Seine vier obersten Ritter standen vor allen anderen und sahen ihn an, mit geschwellter Brust und wehenden Umhängen. Sie erwarteten mit Spannung die Schlacht und wollten für ihren König siegen. Arthur war froh, dass er solche treuen Männer und Freunde hatte. Sein Blick wanderte zur Seite, wo seine Frau stand, welche ihn mit ihren strahlenden Augen ansah, welche Arthur so liebte. Sie war ergriffen von seiner Rede und die Liebe in ihren Augen ließ Arthur noch mehr Zuversicht verspüren. Wie viel es ihm bedeutete, dass sie an seiner Seite war, konnte er gar nicht in Worte fassen. Apropos… Wie von selbst wanderte Arthurs Blick zu seinem Diener, welcher noch immer mit Gaius neben dem Zelteingang stand. Und doch waren dessen blaue Augen auf den jungen König gerichtet. Merlin. Er war immer an seiner Seite, noch vor Gwaine, Percival oder Elyan. Und auch vor Gwen. Arthur konnte… wollte sich schon gar nicht mehr an eine Zeit erinnern, in welcher er den Schwarzhaarigen noch nicht kannte. Wo er ihm noch nicht zur Seite stand. Arthur wusste nicht, wie die Jahre ohne Merlin verlaufen wären. Und er wollte es auch nicht wissen. Für Arthur zählte es, dass diese Menschen an seiner Seite waren und es auch blieben. Leon. Percival. Gwaine. Elyan. Gwen. Merlin. Ohne diese Menschen… wäre er nicht der König, welcher er sein sollte.   Merlin nickte ihm zu und es schien Arthur, als könne er die Worte von Merlin in seinem Kopf hören. Eine ferne Erinnerung, doch noch immer so klar, als hätte er diese Worte erst gestern gehört.   `Die Menschen werden sich an Euren heutigen Sieg erinnern. Durch alle Generationen hindurch. Bis ans Ende der Zeit.´   Worte, welche ihn wie keine anderen inspiriert hatten und die Arthur in seinem ganzen Leben nie wieder vergessen würde.   Arthur zog sein Schwert, das Licht der untergehenden Sonne spiegelte sich in der Klinge wider, als er es in die Luft hob und über seine Haupt hielt. Wie ein wahrer König stand er da und verströmte eine Aura von Macht und Stärke. Er wollte, dass Merlins Worte wahr wurden. Das sie den Sieg davontrugen und sich die Menschen in ferner Zukunft an sein geliebtes Camelot erinnern würden. Etwas, was er, seine Ritter und die Menschen, welche er liebte, zusammen geschaffen hatten. Ein goldenes Königreich. In Frieden.   „Für Camelot!“   Die edlen Ritter zogen ebenfalls ihre Schwerter, schwangen sie in die Luft und wiederholten voller Elan die Worte ihres Königs. Alle Zweifel, alle Bedenken, waren restlos vernichtet.   Merlin holte tief Luft und schloss sich den Rufen der Ritter an. Er selbst würde kämpfen, ob im Verborgenen oder endlich an der Seite seines Königs, das würde sich zeigen. Doch er würde Arthur nicht alleine kämpfen lassen. Denn gegen Morgana, Mordred und den Roch würde er nicht alleine bestehen können und keiner seiner Ritter würde ihm helfen können. Das war Merlins Schicksal. Und er würde es erfüllen.       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~       Es war soweit.   Sie alle hatten sich ausgeruht, hatten versucht zu schlafen, in Schichten, damit auch ja Wachposten vorhanden waren. Arthur hatte versucht zu schlafen, mit Gwen im Arm, um wenigstens ein wenig Ruhe zu finden. Sie machten sich beide Sorgen. Keiner von beiden wollte den Anderen oder einen ihrer Freunde da draußen verlieren. Und sie hofften inständig, dass es nicht soweit kommen würde. Sie hofften, dass ei die Zeit einfach würden anhalten können. Doch das konnten sie nicht. Es wurde Nacht. Und so mussten sie sich trennen. Gwen zog sich die Kleidung an, welche sie bereits damals trug, als sie Camelot verlassen hatte. Ihr Mann hatte die Lippen zusammengekniffen, doch er musste akzeptieren, dass dies ein Teil ihrer gemeinsamen Vergangenheit war. Und das dieser vorbei war. Für immer. Sie gab ihm noch einen Kuss, bevor sie sich zu Gaius und Merlin ins Lazarett begab.     Und Arthur stand nun hier. Vor seinen Rittern. Den feindlichen Sachsen gegenüber.   Tief holte Arthur Luft. Er konnte Morgana nirgends entdecken. Sie führte die Armee nicht an. Das wäre aber auch zu einfach gewesen. So wie er sie einschätzte wartete sie im Verborgenen auf einen günstigen Moment, um zuzuschlagen.   Nostalgie und Wehmut überschwemmten plötzlich die Gefühlswelt des Königs. Innerlich seufzte er.   Früher, als Morgana noch sie selbst war und nicht durch die Magie verdorben wurde, hatte sie sich nur versteckt, als sie noch ein Kind war. Da hatte sie sich vor Uther versteckt gehalten, wenn dieser wütend auf sie war, wenn Morgana wieder etwas angestellt hatte. Das kam relativ selten vor, wenn man bedachte, dass meistens Arthur die Schuld dafür bekam und von seinem Vater gemaßregelt wurde. Arthur nahm früher häufig die Schuld von Morgana auf sich. Sie war das Mündel des Königs und immer schon wie eine Schwester für ihn gewesen. Und Geschwister mussten zusammenhalten, so war seine Meinung. Gequält schloss Arthur die Augen. Wenn er nur damals nur mehr für sie da gewesen wäre… ganz gleich, dass sie wirklich seine leibliche Schwester war… hätte er sich mehr um sie gekümmert, hätte es vielleicht nie so kommen müssen…   Arthur straffte die Schulter, versuchte seinen Kopf frei zu bekommen und öffnete die Augen. Es brachte nichts, wenn er jetzt daran dachte, was hätte sein können. Er musste sich auf die Schlacht konzentrieren, welche jeden Augenblick in dieser Schlucht toben würde. Und er musste sie gewinnen. Um jeden Preis.   Seine gesamte Aufmerksamkeit lag nun auf seinen Gegnern. Auf den Gegnern seiner Ritter. Auf den Feinden seines Königreiches.   Beinahe konnte er die Mordlust und die Blutgier in den Augen der Sachsen sehen, welche Morganas Befehl unterstanden.   Der vorderste Mann grinste, seine Zähne gelb und es waren einige Lücken vorhanden. Er ergriff sein Schwert und zog es langsam aus der Scheide.   Arthur tat es ihm gleich, wusste, dass der Augenblick gekommen war.   Der Sachse brüllte etwas, seine Männer schwangen ihre Waffen in die Luft und brüllten, setzten sich in Bewegung, genau auf die Ritter von Camelot zu.   Der König hörte es nicht, doch es war ihm auch gleich, denn er wollte seinen Männern nur noch eines sagen. Er hatte ihnen bereits am Abend so viel sagen können und doch würden Worte nie reichen, vor allem nicht für ihn. Arthur war der Sohn seines Vaters. Er konnte die Dinge, welche in seinem Herzen lagen, nicht zum Ausdruck bringen, jedenfalls nicht, wenn es nicht um Leben und Tod ging. Er hatte es nie gelernt und es gehörte einfach nicht zu seinem Wesen. Doch sie alle waren Ritter von Camelot und so brauchten sie nicht viele Worte, um sich im Herzen einig sein zu können. Außerdem… es gab Menschen, welche ihn auch so verstanden und ihn so liebten wie er war. Seine vier Ritter. Gwen. Merlin. Und für sie würde Arthur kämpfen.   Und so rief Arthur nur zwei Worte, welche für seine Ritter und ihn die Welt bedeuteten und sie setzten sich gemeinsam in Bewegung, der feindlichen Macht entgegen.   Und der letzte Schritt in Richtung Schicksal wurde getan!     „TÖTET SIE!“   „FÜR CAMELOT!“     Die Schlacht konnte beginnen!       Kapitel 17: Die Falle schnappt zu --------------------------------- Kapitel 17 : Die Falle schnappt zu     Arthur zog sein Schwert aus einem der Sachsen, wodurch dieser zu Boden fiel. Um ihn herum lagen seine Feinde am Boden und es griffen keine Neuen an, was ihn erlaubte, Luft zu holen. Sein Atem ging schnell, als er über die Situation nachdachte. Er und seine Ritter kämpften nur gegen die Sachsen. Noch immer war keine Spur von Morgana. Weder von ihr noch von ihrer Bestie. Wie lange wollte sie sich noch im Verborgenen halten? Langsam wurde Arthur unruhig. Es war einfach nicht Morganas Art, so lange abzuwarten, während ihre Männer kämpften. Vor allem dann nicht, wenn sie eine Kreatur auf ihrer Seite hatte, gegen die Arthur und seine Männer nur schwer ankommen würden. Worauf wartete sie also noch?   So in Gedanken versunken sah Arthur sich um. Und was er sah, gefiel ihm überhaupt nicht.   Er hatte es nicht bemerkt, doch beim Kämpfen hatte er sich verrannt, war in einen kleinen Teil der Schlucht gelangt, wo kaum Kämpfe stattfanden. Arthur runzelte die Stirn. Er war sonst so aufmerksam. Jedenfalls, wenn es um solche Schlachten und Kämpfe ging. War es Zufall, dass er hier gelandet war? Oder wurde er absichtlich hierher gelockt? Sollte es eine Falle sein? …Nein. Denn dann hätte sich Morgana schon längst gezeigt, gleich nachdem er den letzten Sachsen getötet hatte. Arthur hätte wahrscheinlich gar nicht so schnell schauen können, wie er schon am Boden liegen würde. Es konnte keine Falle sein, beruhigte sich der König selber.   Arthur atmete tief durch, packte sein Schwert fester in der Hand, wandte sich um, wollte sehen, wie er wieder zu seinen Männern kam, als er stockte. Sein Blick war geradeaus gerichtet, seine Augen weiteten sich und sein Mund klappte leicht auf. Er hätte nie gedacht, dass er ihn ausgerechnet hier wieder sehen würde. Was tat er hier? Warum war er hier?   Arthur konnte seinen Augen kaum trauen, doch sein fassungsloser Blick wurde stumm erwidert. Die blauen Augen blickten in ein paar grüner Seelenspiegel, welche ihn ansahen. Einfach nur ansahen.   Emotionslos blickte Mordred zu seinem ehemaligen Herrn. Mit einem Blick hatte der junge Druide die Situation erfasst. Arthur schien sich der Gefahr gar nicht wirklich bewusst zu sein. Sein Schwert hielt er einfach in der Hand. Zwar fest, aber nicht in der Bereitschaft, es auch einzusetzen. Ihm Schaden zuzufügen. Arthur sah in ihm keinen Feind. Nicht wirklich. „Mordred…“ Der König sagte den Namen einfach, als wären sie nicht im Streit auseinander gegangen, als hätte Arthur nicht seinen Lebensinhalt getötet, als läge es nicht in der Absicht von Mordred, den Blonden zu töten. Die Wut und der Hass züngelten in dem jungen Mann hoch. Oh, wie einfach wäre es, ihn hier und jetzt zu töten. Mordred ballte die Fäuste, er wollte seine Hand an sein eigenes Schwert legen, diesen verfluchten Bastard töten - `Nein!´, zischte eine kalte Stimme in seinem Kopf `Bring ihn her. Sofort!´, befahl die Stimme und seine Gedanken lagen mit einem Mal blank. Seine Muskeln lockerten sich und er machte keine Anstalten mehr, nach seinem Schwert zu greifen. Mordreds Augen wurden von einem seltsamen Schleier überzogen und waren nur noch halb geöffnet. Er verspürte keine Gefühle mehr, so als wären sie einfach ausgeschaltet worden. Er stand einfach nur da. Als wäre er in Trance.   Arthur blieb ruckartig stehen. Er war näher an den jungen Mann herangetreten, auch, wenn seine Sinne ihm etwas anderes rieten. Sie waren nicht im Besten auseinander gegangen, doch Arthur hoffte, dass Mordred irgendwann verstehen konnte, wieso er als König so handeln musste. Doch irgendetwas stimmte nicht. Vorsichtig legte er eine Hand auf sein Schwert. Er verstand nicht, was geschah. Was mit dem jungen Mann los war. Arthur hatte es gesehen. Diesen kleinen Schimmer des Hasses, welcher in den grünen Augen aufglomm und wachsen wollte. Er hatte das Zucken seiner Muskeln gesehen, konnte beinahe schon das Ziehen seines Schwertes erahnen… „Mordred?“ Doch was nun mit seinem ehemaligen Ritter los war, konnte der König beim besten Willen nicht sagen. Es schien, als wäre plötzlich ein ganz anderer Mensch vor ihm. Nein, kein Mensch. Eine leblose Puppe. Eine Marionette.   Der junge Druide antwortete nicht, stand einfach nur da, sah ihn aus ausdruckslosen grünen Augen an. Bis er seinen Arm hob und mit der Handfläche auf den Blonden zeigte. Zuerst verstand Arthur nicht, zu aufgewühlt war er durch die plötzliche Begegnung mit seinem ehemaligen Freund und zu alarmiert von dessen seltsamen Benehmen, doch dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen und diese weiteten sich, doch zu spät. Arthur flog bereits in hohen Bogen nach hinten und kam mit einem harten Aufprall, welcher ihm die Luft aus den Lungen presste, auf dem Boden auf. Sein Kopf knallte auf den harten Stein, sein Blickfeld verschwamm und es wurde schwarz um den König von Camelot. Er blieb einfach liegen. Ohne Bewusstsein.   Mit langsamen Schritten überbrückte Mordred den Abstand zwischen sich und seinem ehemaligen König, ging vor ihm in die Knie und starrte mit ausdruckslosen Gesicht auf den blonden Mann herab. Es lief alles nach Plan. `Jaaa´, krächzte die Stimme in seinem Kopf. `Er ist nur der Anfang. Hol die Anderen, dann kann unser Spiel beginnen! Hähähähä!´ Mordred widersprach nicht und sagte auch nicht zu. Er tat einfach nur, was das Wesen ihm befahl. Denn so war ihr Plan.   In einem Wirbel aus Staub und Wind verschwand Mordred und nahm den König von Camelot mit sich.       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~       Die Ritter schlugen sich gut gegen die Sachsen. Die Männer Morganas kämpften verbissen, doch gegen die Ritter von Camelot, welche weitaus besser trainiert waren und ihr ganzes Herzblut in den Kampf legten, hatten sie nur wenige Chancen. Die Meisten von Arthurs Mannen erfreuten sich an ihren raschen Siegen, welche sie über ihre Gegner errangen. Die vier obersten Ritter allerdings waren nicht so euphorisch. Sie waren in Sorge. In großer Sorge. Nicht nur, dass sie Morgana noch nicht einmal zu Gesicht bekommen hatten oder auch nur eine Ahnung hatten, wo sie steckte. Nein, irgendwie hatte es auch noch ihr König geschafft, sich von ihnen abzukapseln und sonst wo hin zu verschwinden. „Verdammt!“, knurrte Gwaine, seine Miene war so ernst wie selten. „Wie konnte er so schnell verschwinden?“, wunderte sich Elyan und sah sich in der Umgebung um, in der Hoffnung, ein Zeichen seines König zu finden. „Es bringt nichts, wenn wir hier rum stehen und nichts tun“, sagte Percival und packte sein Schwert fester. „Wir müssen ihn suchen“, bestätigte Leon und erhielt ein Nicken von seinen Freunden. Ihre Feinde waren in der Überzahl, doch die übrigen Ritter wurden mit ihnen fertig. Doch solange Morgana ihre Finger im Spiel hatte und keiner wusste, wo sie war, mussten sie besonders achtsam sein.  Ihre oberste Pflicht bestand nun darin, ihren König zu finden und zu beschützen. Wenn nötig, mit ihrem Leben und das war jedem der Vier bewusst. „Los, suchen wir Arthur!“, sagte Gwaine laut und wollte bereits loslaufen, als er von einer anderen Stimme daran gehindert wurde. Ruckartig blieb er stehen, als er diese vertraute Stimme hörte, von der er nicht dachte, dass Gwaine sie so schnell wieder hören würde.   „Die Suche könnt ihr euch sparen.“   Die Ritter wirbelten herum, suchten den Sprecher und starrten fassungslos den jungen Mann an, den sie mehrere Meter von sich entfernt erblickten. „Mordred?“, fragte Leon nach, als ob er nicht glauben könnte, dass es wirklich ihr ehemaliger Kamerad und Freund war, welcher sich auf diesem Schlachtfeld aufhielt. Wie erstarrt standen die Ritter da und konnten Mordred einfach nur anstarren. Mehrere Sekunden vergingen, in denen keiner der beiden Parteien etwas tat oder auch nur sagte. Der Lärm der Schlacht schien sie völlig zu umgehen. „Was tust du hier?“, wollte Gwaine wissen. Er war einerseits froh, seinen alten Kameraden wohlbehalten zu sehen, doch gerade dort, mitten auf einem Schlachtfeld, inmitten von Blut und Leichen… Gwaine wusste, er konnte auf seine Instinkte hören, wenn sie ihn warnten und in diesem Moment schallten all seine Alarmglocken. Nicht nur, dass das gerade jetzige Auftauchen Mordreds seltsam war… auch die Umstände, mit denen sie auseinander gingen, waren mehr als schwierig. Gwaine wusste nicht so recht, wie er nun mit dieser Situation umgehen sollte. Percival und Elyan ging es nicht anders.   Sir Leon, der am Längsten von ihnen als Ritter diente und auch der Älteste von ihnen allen war, stutzte, als er sich die Worte von Mordred ins Gedächtnis rief. „Was meinst du damit, dass wir uns die Suche sparen können?“ Nun horchten auch die anderen Ritter auf. Nach einem kurzen Blick auf den Ranghöchsten griffen sie zu ihren Schwertern und zogen sie langsam. Sie wussten nicht, ob Mordred kämpfen wollte oder nicht, ob er gegen oder für sie war, was er dort tat oder sonst etwas. Aber anscheinend hatte er etwas mit dem Verschwinden von ihrem König zu tun. Und alleine das war ein Grund für sie, sich dem jungen Mann zu stellen. Wenn nötig, in einem Kampf.   Mordred erwiderte darauf nichts, sondern ging langsam auf die Ritter zu. Schritt für Schritt. Die Ritter wichen nur Zentimeter zurück, sie waren achtsam. Jeder von ihnen wusste, dass der Mann vor ihnen ein guter Ritter war, doch nicht nur das. Er war ein Zauberer. „Sag uns, wo Arthur ist“, verlangte Gwaine zu wissen. Langsam trat er wieder näher, wollte so schnell es ging eine Antwort auf seine Frage. Denn in ihnen allen ging ein schrecklicher Verdacht auf.   „Bei Morgana.“   Als wären diese Worte eine Bestätigung für ihre schlimmsten Befürchtungen konnten sich Gwaine und Elyan nicht mehr zurückhalten. Mit gezogenen Schwertern griffen sie Mordred an, ignorierten die Rufe von Leon und Percival hinter sich. Weiter stürmten sie auf den Druiden zu, welcher einfach nur seelenruhig da stand und es schien, als wolle er nichts unternehmen. Doch gerade, als sie die beiden Angreifer ihre Schwerter hoben und zuschlagen wollten, hob Mordred seine Arme, seine Augen glühten golden auf und er ließ seine ehemaligen Freunde in hohem Bogen nach hinten fliegen.   Leon und Percival rissen ihre Augen auf, als sie sahen, was passierte. Die beiden wollten ihre Freunde auffangen, doch sie wurden mit zu Boden gerissen. Keuchend kamen sie auf dem Boden auf. Stöhnend schoben sie Gwaine und Elyan, welche beide das Bewusstsein verloren hatten, von sich und sprangen schnell wieder auf die Beine, suchten mit den Augen den Boden nach ihren Schwertern ab. Sie hatten sie während des Falls losgelassen, um ihre Freunde nicht zu verletzen, doch die Ritter brauchten ihre Waffen, um gegen Mordred ankommen zu können.   Der junge Mann war verschwunden. Egal, wie sehr sie sich umsahen, sie konnten ihn nirgends entdecken. Sie standen Rücken an Rücken und wichen langsam an eine der Steinwände zurück, welche das Areal, in welchem sie sich befanden, abgrenzte, damit sie ihn sahen, wo auch immer er war. Doch das brachte ihnen nichts.   „Brecan!“   Ihr Stand war ungünstig. Steine regneten von oben auf sie herab und begruben Percival und Leon unter sich. Selbst der Stärkste Ritter aus Camelot war gegen die Macht der Natur wehrlos. Mordred trat näher an die beiden Ritter, welche von den Steinen bewusstlos geschlagen wurden. Sie waren am Leben, natürlich, ein paar Kratzer und Schrammen hier und da, doch ohne Bewusstsein. So sollte es ein. So musste es sein. `Bald ist es so weit´, frohlockte die kalte Stimme wieder in seinem Kopf, wodurch Mordred kurz das Gesicht verzog, bevor er die Ritter zusammentrug. Es schmerzte mit jedem Mal mehr, wenn der Roch zu ihm sprach. Er wusste, es war notwendig, doch es tat weh… Allerdings nicht so weh, wie es den Rittern und Arthur tun wird, wenn Morgana und er erst einmal mit ihnen fertig wären.   Mordred hatte die vier Ritter auf einen Haufen geschafft, damit er es einfacher hatte. Tief einatmend schloss er die Augen und schon wirbelte Staub und Dreck um ihn herum, verdeckten die Sicht auf die bewusstlosen Männer und den Zauberer. Kaum war der Wirbel wieder verschwunden, war es Mordred mitsamt den Rittern ebenso.         ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~       Gwen machte sich Sorgen. Sie war gerade dabei, einem der Ritter, welcher im Kampf verwundet wurde, einen Verband anzulegen. Sie konzentrierte sich auf ihre Arbeit, um keinen Fehler zu machen und dem Ritter nicht noch mehr Schmerz zu bereiten, doch trotzdem wanderten ihre Gedanken immer wieder zurück zu ihrem Gemahl und ihren Freunden. Ging es Percival, Gwaine und Leon gut? Ging es ihrem Bruder gut? Aber die wichtigste Frage von allen: Ging es Arthur gut? Guinevere kannte ihren Mann, sie wusste, dass er alles tun würde, um sein Königreich und seine Männer zu beschützen. Er würde alles Leid, allen Schmerz auf sich nehmen, wenn es auch nur einen seiner Männer retten würde. Es war eine der vielen Eigenschaften, welche sie so sehr an ihm liebte, doch in solchen Situationen wie diesen… da hatte sie Angst um ihn. Große Angst. Und sie hatte so ein merkwürdiges Gefühl. Als wenn irgendetwas passiert wäre… oder noch passieren würde…   „Du sorgst dich um sie, nicht wahr?“   Gwen sprang auf, wirbelte erschrocken herum, doch bevor sie die Situation überhaupt begreifen konnte, wurde ihr der Arm schmerzhaft verdreht. Gwen keuchte, und der Mann, der hinter ihr stand, trat näher. „Zu Recht, wie ich sagen muss“, hauchte er ihr ins Ohr. Seine Stimme, welche sonst immer einen freundlichen Klang hatte, war nun dunkel und emotionslos. Sie ließ der Königin einen Schauer über den Rücken jagen. Gwen wusste, was Mordred durch gemacht hatte, wusste, dass er eine geliebte Person verloren hatte, und doch… Er war so anders…   Nun hatten auch noch andere den Eindringling bemerkt. Schreie ertönten, als klar wurde, wer aufgetaucht war und was gerade mit der Königin geschah. Aufgerissene Augen wurden auf das ungleiche Paar gerichtet, welche sich langsam dem Ausgang des Zeltes näherte.   Mordred zerrte sie nach draußen, weg von den Anderen, welche wie erstarrt da standen und sich nicht trauten, näher zu kommen, wussten sie nicht, wie sie reagieren sollte. Vor ihnen stand ein ehemaliger Ritter aus Camelot, welcher sich als Flüchtling und, noch viel schlimmer, als Zauberer, entpuppt hatte. Und nun hatte er auch noch die Königin als Geisel!   Gaius war nicht wie die Anderen, er trat näher. Mit blassem Gesicht sah er den jungen Mann an, welcher die Königin im Griff hatte. Er konnte sich den Grund dafür nicht erklären, doch er konnte es nicht noch schlimmer werden lassen. „Mordred“, versuchte Gaius auf den jungen Druiden einzureden „Bitte. Mach die Situation nicht noch schlimmer, als sie ist.“   „Nicht Ihr seid unser Ziel, Gaius“, sagte Mordred und seine Stimme war noch immer ohne Emotion. „Wir wollen ein Publikum für das große Finale. Nur ausgewählte Gäste. Und ich werde die Plätze zuweisen.“ `Endlich.´ Wieder hörte Mordred den Roch in seinem Kopf. `Nur noch sie. Dann haben wir alle, die wir brauchen. Und unser Spiel beginnt! Hähähähä!´   „Mordred!“ Der Name des jungen Mannes kam knurrend, als sich Merlin seinen Weg durch die Menschen bahnte, welche vor dem Zelt standen und versuchten, zu helfen. Doch keiner von ihnen fand den Mut dazu. Der schlaksige Diener scherte sich nicht um die Menschen um sich herum, er schubste sie zur Seite, wenn nötig. Endlich kam er neben Gaius zum Stehen und seine Augen verengten sich zu Schlitzen, als er die Situation vor sich erfasste. Mordred war hier im Lazarett aufgetaucht und bedrohte Gwen. Hielt sie gefangen. Merlins Körper bebte. Seine Wut stieg. „Du hast dich ihr also wirklich angeschlossen, Mordred.“ Die Wut in der Stimme von Merlin war kaum zu überhören. Natürlich wusste er, dass mit der Hinrichtung von Kara der Grundstein gelegt wurde, doch wenn sich die Kreatur von Morgana, der Roch, nicht eingemischt hätte, dann wäre vielleicht alles gut ausgegangen. Diese Hexe war an diesem Unglück Schuld. Sie alleine. Und sie sollte dafür büßen. Doch wenn sich Merlin die momentane Situation so ansah, dann würde er nicht nur sie zur Rechenschaft ziehen. „Dein Misstrauen in mich schien wohl letzten Endes doch berechtigt gewesen zu sein“, war Mordreds einzige Erwiderung. Merlin zischte. „Ich hätte dich damals töten sollen, als ich die Gelegenheit dazu hatte!“ Gwen riss die Augen auf, als sie die Worte von ihrem besten Freund hörte und seine Mimik dazu, welche Wut und einen Hauch Verzweiflung zeigte. Was war mit ihm los? So hatte sie Merlin noch nie gesehen. Und seine Worte. Niemals hätte sie gedacht, dass Merlin, der gutherzige und liebenswürdige Merlin, jemanden mit dem Tode drohen könnte. Mordred schien darauf jedoch nicht weiter eingehen zu wollen. „Du gehörst zum finalen Akt, Merlin. Enttäusche uns nicht,… sonst enttäuschst du auch deine Freunde.“ Sein Griff um Gwens Arm wurde fester. Seine Augen glühten golden, worauf Merlin seine Augen aufriss. Gwen erzitterte. „MERLIN!“, schrie Gwen, doch zu spät. Staub und Wind umgab den Druiden, bevor er mit der Königin zusammen verschwand, sein Gesicht ausdruckslos.  „NEIN!“, brüllte Merlin und rannte zu der Stelle, an welcher seine beste Freundin und sein Feind vor wenigen Sekunden verschwunden waren. Merlin atmete heftig ein und aus, als er stand, konnte nicht glauben, dass seine beste Freunden vor seinen Augen entführt werden konnte. Seine Hände ballten sich zu Fäusten, er knirschte mit den Zähnen. Der Zorn und die Wut auf seine Feinde in seinem Inneren wuchs, vermischte sich mit seiner Angst vor dem Ausgang dieser Schlacht und… der mögliche Reaktion Arthurs. Alles staute sich in ihm, kochte hoch… …bis er alles in einem einzigen Schrei ausstieß. Ein Schrei, welcher an den steinernen Wänden widerhallte und den Anwesenden in den Ohren schmerzte. Gaius starrte den Schwarzhaarigen erschrocken an. Sie konnten von Glück sagen, dass die Magie von Merlin nicht nach außen drang, obwohl sie brodeln musste. Aber… war es wirklich Glück? Oder war Merlin doch bereits weiter, als Gaius gedacht hätte? Konnte der Jüngere seine Magie bereits so gut im Zaum halten?   Abrupt verstummte Merlin. Er kniff die Augen zusammen und biss sich auf die Unterlippe, bis er Blut schmeckte. Vor seinem inneren Auge sah er Gwen, mit diesem verzweifelten Gesichtsausdruck, als Mordred sie packte und mit sich nahm. Seine Fingernägel gruben sich tief in seine Handflächen. Merlin hätte es verstanden, wenn er Mordred in diesem Leben nie wieder gesehen hätte. Er hätte es verstanden, wenn er gegen die Ritter und ihn kämpfen wollte, um sich für den Tod seiner Geliebten zu rächen. Selbst wenn er Arthur in einem Mann-gegen-Mann Kampf heraufgefordert hätte, ohne Tricks, ohne Magie. All dies hätte Merlin verstehen können, auch wenn es auf einen Kampf gegeneinander hinausgelaufen wäre. Nie hätte er zugelassen, dass sich Arthur alleine gegen den jungen Mann stellte, welcher zu allem bereit war. Denn er konnte sich vorstellen, dass Mordred in seiner Verzweiflung zu allen Mitteln greifen würde. Doch DAS! Er hatte die Königin entführt! Er hatte GWEN entführt! Das war etwas, was er Mordred niemals durchgehen lassen würde!     Helle Aufregung herrschte im Lazarett, nachdem die Königin offenkundig entführt wurde, doch es kümmerte Merlin nicht. Er hatte nun etwas anderes zu tun. Er musste sie finden. Mit der einzigen Möglichkeit, welche ihm im Moment zur Verfügung stand.   Merlin schloss die Augen, holte tief Luft. Er blendete die Umgebung aus, ließ die Geräusche verstummen. Die Aufregung, welche hinter ihm herrschte, die Aufgebrachtheit, welche in ihm tobte. Er war sich der Blicke seines Mentors, welcher noch immer neben ihm stand, mehr als bewusst, doch sie waren nun unwichtig. Merlin musste sich nun auf seine Magie verlassen, auf sein inneres Auge, nicht auf seine Sinne. Er suchte die Schlucht ab, tastete sich durch Abgründe und Berge. Sein Kopf ruckte leicht hin und her, als er die Umgebung in sich aufnahm und versuchte, sie zu finden. `Warum?´, fragte er sich, als er seinen Geist immer weiter ausschickte, die Gegend immer weiter absuchte. `Warum Gwen?´ Es machte für Merlin keinen Sinn. Arthur und er selbst waren für Morgana das Ziel, sie waren diejenigen, welche die größte Bedrohung für die Hexe darstellten, auch wenn sie es in seinem Fall noch nicht wusste. Warum also sollte sie Gwen haben wollen? Sie war keine Bedrohung, könnte Morgana nie das Wasser reichen, sie war eine Frau, eine… Merlins Kopf ruckte hoch, seine Augen blieben jedoch geschlossen. Natürlich! Arthur hatte Gwen geheiratet und sie zu seiner Königin genommen. Sie zu der wichtigsten Person in Camelot gemacht, gleich nach ihm. Alleine durch diese Demütigung, dass ein ehemaliges Dienstmädchen an ihrer Stelle auf dem Thron saß, war für Morgana ein Antrieb, das Gwen den Tod verdiente. Selbst wenn Morgana es schaffen würde, Arthur zu töten, wäre da noch immer Gwen. Arthur würde nach seinem Tod Camelot an Gwen weiterreichen. Sie war seine Frau. Seine Königin. Niemand sonst würde er sein geliebtes Königreich übergeben. Sollte Morgana ihren Plan verwirklichen können und Arthur würde sterben… dann müsste sie trotzdem Gwen töten, um den Thron von Camelot endlich für sich alleine haben zu können.   Merlins Körper verkrampfte sich. Er musste sich beeilen, musste Gwen finden und sie in Sicherheit bringen, damit er Arthur helfen konnte. Seine Magie floss schneller, legte sich über ganz Camlann, versuchte zu finden, was ihr Gebieter erfahren wollte. Er dachte schon, sie wären verschwunden, als - Merlin riss seine Augen auf, welche für einen Moment in Gold getaucht waren, bevor sie ihre blaue Farbe zurückerlangten. Er hatte gefunden, wonach er gesucht hatte. Doch das Ergebnis war nicht gut, ganz und gar nicht gut! So, wie es aussah, war nicht nur Gwen gefangen worden.   „Merlin?“ Gaius trat näher, schien bemerkt zu haben, dass sein Schützling nun wieder ansprechbar war. Er wusste nicht genau, was Merlin zuvor getan hatte, obwohl er eine Vermutung hatte. „Ich weiß, wo sie sind, Gaius“, beantwortete Merlin die unausgesprochene Frage seines Mentors. „Und es ist nicht nur Gwen“, sagte Merlin und seine Stimme klang bitter. Er ahnte, worauf das alles hinauslief. Und er hatte Angst davor. Große Angst. Gaius Augen weiteten sich. „Du meinst - ?!“ „Ich werde sie retten, Gaius“, unterbrach Merlin den Älteren, bevor er die furchtbare Tatsache aussprechen konnte. Es brauchte keiner aussprechen. Denn sie wussten es beide. Morgana hatte sie in ihrer Gewalt. Sie alle. Leon. Gwaine. Percival. Elyan. Gwen. Arthur.   Merlin erschauderte. Sie waren in der Gewalt der Hexe. Der Bestie. Von Mordred. Erst verstand er nicht, was das alles sollte, doch seine Gedanken ordneten sich sehr schnell… Und langsam dämmerte es Merlin, welchen Plan diese Kreatur verfolgte. Verzweiflung nährte den Roch, gab ihm Kraft. Und es war ihm gleich, wessen Verzweiflung er heraufbeschwor, sie stärkte ihn. Ohne Ausnahme. Wie der Roch es voraussagte, wenn er die Identität von Merlin aufdeckte, dann würden auf beiden Seiten die Gefühle kippen. Sobald der Roch verkündete, dass Mordred davon wusste, dann würde es Morgana in ein Loch stürzen, dass wusste Merlin, auch wenn sie es sich nie eingestehen würde. Und auch gleich, dass der Roch es war, der Mordred diese Tatsache vorerst vergessen ließ, sie würde nicht hören wollen, es wäre ein Verrat. Ein Verrat von Mordred an Morgana. Der Verrat einer Person, welcher Morgana vertraut hatte und welcher sie brechen lassen würde.   Wenn seine Freunde sein Geheimnis erfahren sollten… Merlin konnte noch nicht einmal ahnen, wie groß der Hass von Arthur und den Anderen auf ihn sein würde. Die Wut. Die Verachtung. Die Verzweiflung. Er konnte es nicht erahnen. Und er wollte es auch nicht wissen.  Oh, der Roch hatte sich den schrecklichsten Plan von allen ausgesucht, um sie alle zu vernichten…   Kalte Schauer rannen Merlin über den Rücken, ebenso wie heiße Wellen der Magie. Tief atmete Merlin ein und aus. Egal, welche Reaktionen ihn seitens seiner Freunde erwarten würden… Auch wenn er Angst hatte… entsetzliche Angst… Er war bereit für den Kampf. Und Merlin würde kämpfen.   „Macht`s gut, Gaius“, sagte Merlin noch, bevor er seine Beine in die Hand nahm und loslief. Er wollte seinem Mentor und Ersatzvater noch so viel sagen, doch dazu hatte er nun weder die Zeit, noch den Mut. Vielleicht würde Merlin es später bereuen, doch es ließ sich nicht ändern. Denn er hatte eine Aufgabe. Er wusste, wo er hinmusste. Er kannte sein Ziel. Nun musste es der junge Zauberer nur noch erreichen.   „Merlin!“, rief Gaius, doch vergebens. Merlin lief weiter, ließ sich nicht aufhalten. Niemand konnte ihn aufhalten, wenn es um sein Schicksal ging. Und um seine Freunde.     Gaius seufzte leise, als er Merlin in der Dunkelheit verschwinden sah. Die Fackeln in ihrem Lager konnten nicht die Nacht oder das Böse vertreiben, welches in Camlann wütete. Das konnte nur er. „Viel Glück, mein Junge“, murmelte Gaius noch, bevor er sich abwandte und ins Lazarett zurückkehrte.   Der alte Hofarzt konnte nun nichts mehr zun. Nun lag es alleine in der Hand von Merlin. Sein eigenes Schicksal. Das Schicksal von Arthur. Und das Schicksal von Camelot.     Kapitel 18: Im Angesicht des Feindes ------------------------------------ Kapitel 18 - Im Angesicht des Feindes     Er wusste gar nicht, wie ihm war. Benommen versuchte Arthur, sein Bewusstsein zu ordnen. Wo war er? Was war passiert? Er spürte, dass er lag. Auf einem steinigen, unebenen Boden. Spitze Steine bohrten sich in seine Rüstung und in sein Gesicht. Die Dunkelheit hielt Arthur in ihrem Bann und wollte ihn nicht gehen lassen. Doch er musste. Denn er musste etwas erledigen. Es war Arthur so, als wenn er eine Aufgabe zu erfüllen hatte. Und sie war wichtig. Sehr wichtig. Das war das Einzige, woran er sich entsinnen konnte.   Kampfschreie und Brüllen ließen plötzlich den Boden beben und erschrocken riss Arthur die Augen auf. Wie vom Blitz getroffen versuchte er sich aufzurichten, sich zum Kampf bereit zu machen, auch wenn er nicht wusste, wo er war und wer den Lärm verursachte. Nur schwer konnte der König seine Gedanken ordnen, nur langsam kam sein Körper den Befehlen seines Gehirnes nach. Was auch immer mit ihm passiert war, es zeigte Wirkung, lähmte seinen Körper und seinen Geist. Bis seine Erinnerung mit einem Schlag wieder zurückkehrten und der König erschrocken aufkeuchte. Natürlich. Er befand sich in Camlann. Seine Ritter und er kämpften gegen die Armee von Morgana. Doch er hatte sie bisher noch nicht gesehen. Darüber hatte er sich Gedanken gemacht. Bis Mordred aufgetaucht war. Der König erstarrte. Mordred! Er hatte ihn angegriffen. Mit Zauberei. Und so wie es aussah, an einen anderen Ort verschleppt. Ein Gefühl stieg in Arthur auf, eine dunkle Vorahnung, dass eine ganz bestimmte Person an diesem Ort wartete…   „Arthur!“ Arthur erstarrte, als er die Stimme einer Frau hörte. Der Frau, welche er liebte und einst geehelicht hatte. Wie sehr wünschte er sich, dass er es sich nur eingebildet hätte, doch die grausame Wahrheit traf in wie ein Schlag in die Magengegend. Geschockt drehte sich der Blonde um und sah sich im Angesicht mit Guinevere, welche ihn ebenso erschrocken und panisch ansah. Eine Hand hatte sie sich an die Brust gedrückt. In ihren braunen Augen konnte er ihre Angst sehen, was ihm das Herz und die Kehle zuschnürte.   Arthur überlegte nicht lange, seine Beine bewegten sich bereits, bevor der König auch nur einen klaren Gedanken fassen konnte. Mit nur wenigen Schritten war er bei ihr und nahm sie in den Arm, wollte sie vor allem beschützen, was dort auf sie lauerte. `Wie kommt Gwen hierher?!´ Das war die einzige Frage, welche ihn in diesem Moment beschäftigte. Wie konnte es sein, dass sich Gwen hier inmitten der Feinde befand? Sie wäre niemals von selbst in die Schlucht gekommen, da sie ganz genau wusste, welche Schlacht dort tobte und sie ihm nicht viel helfen konnte. Da wurde ihre Hilfe im Lazarett schon dringender gebraucht. So hart es auch klang, sie würde ihrem Mann und den Rittern nur im Weg stehen. Das würde Gwen nicht riskieren. Konnte es also sein, dass Mordred sie genauso hierher gebracht hatte wie ihn? Das war die einzige Erklärung, welche Arthur einfiel.   „Arthur!“ Weitere Stimmen riefen den Namen des Königs, ließen den blonden Mann seinen Kopf drehen. Vier Männer traten näher. Ein Gefühl der Freude kam in Arthur auf. Er war nicht alleine. Gwen und er waren nicht alleine. Seine vier obersten Ritter waren ebenfalls dort, wo auch immer sie hingebracht worden. Leon, Percival, Gwaine und Elyan. Sie schienen unverletzt und kampfbereit. „Was ist geschehen?“ Doch seine Ritter antworteten nicht, sie hatten ihre Schwerter in den Händen und sahen sich grimmig um. Und endlich tat es nun auch Arthur, welcher durch das Erscheinen seiner Frau völlig aus der Bahn geworfen wurde.   Sie befanden sich scheinbar in einem Teil der Schlucht von Camlann. Wände aus Stein umrandeten den Platz, mehrere Meter hoch, schienen kein Entkommen zuzulassen. Ein großes Gebiet, welches für einen Kampf geeignet war. Und wohl auch für die Falle, welche ihnen gestellt wurde. Sie waren völlig abgeschieden von dem Rest seiner Ritter, wie Arthur befürchtete.   Und etwas weiteres sah der König jetzt erst, was ihm vorher entgangen war. Etwas überaus Bedrohliches.   Arthurs Augen weiteten sich vor Entsetzen. Eine große Gruppe von Feinden stand ihnen entgegen. Reflexartig griff er an seine Hüfte, wo sich sein Schwertgurt befand und stellte mit unendlicher Erleichterung fest, dass sein Schwert noch da war. Warum hatte er die Feinde nicht vorher bemerkt?! Seine Sinne waren geschärft gewesen, er hätte jeden Angriff kommen sehen, doch die Sachsen hielten sich im Hintergrund, nur ihr Brüllen und ihre Schreie, welche sie gelegentlich ausstießen, zeugte davon, wie bereit sie für einen Kampf waren. Sie hielten sich am Rand des Platzes auf, vor ihnen, als wenn sie sie überrennen wollten. Es schienen nicht viele zu sein, vielleicht dreißig Männer, doch wenn das eintrat, was Arthur befürchtete, dann hätte ihre letzte Stunde geschlagen…   Arthur schob Gwen hinter sich, wollte sie vor den Sachsen beschützen, sollten diese sich plötzlich doch noch dazu entschließen anzugreifen. Er bemerkte, wie seine Ritter sich ebenfalls vor Gwen stellten, beinahe einen Kreis um die Königin formten. Keiner von ihnen würde zulassen, dass ihr etwas geschah. Arthur zog sein Schwert, machte sich bereit, sich dem Sturm entgegenzustellen, doch er kam nicht, auch wenn er deutlich die Kampfbereitschaft und die gezwungene Zurückhaltung der Feinde sah.   Stattdessen lichteten sich die Reihen der Sachsen und sie ließen einen Gang entstehen. Und bevor sich die Ritter auch nur darüber Gedanken machen konnten, schritt eine Gestalt die Reihe entlang, vermummt unter einem langen Mantel, das Gesicht im Dunkeln verborgen. Doch sie wussten alle, wer es war. Die vermummte Person blieb vor den Sachsen stehen und blickte Arthur und seine Freunde an. Die Sachsen brüllten und schienen ihre Mordlust kaum noch zügeln zu können, doch schon verstummten die Menge, als die Gestalt ihre Hand erhoben hatte und den Männern somit Stillschweigen befahl. Sie nahm die Kapuze ab und ließ ihre lange lockige Mähne ihren Rücken herabfallen. Ihre stechend grünen Augen sahen kalt zu den Anhängern Camelots und ihr Mund verzog sich zu einem spöttischen Grinsen, als sie sie alle auf einen Haufen sah. Dieser jämmerliche Haufen von so genannten Rittern aus Camelot. In der Falle. In ihrer Falle.   „Morgana“, hauchte Arthur beinahe. Es war noch nicht lange her, seit er seine Schwester gesehen hatte, doch es war jedes Mal wie ein Dolchstoß ins Herz. Wenn er sich vor Augen hielt, wie sie damals war und sie nun ansah… da brach es ihm das Herz. Morgana lächelte kalt.   „Wie schön, dass du und deine Freunde es zu uns geschafft habt, Arthur“, sagte Morgana und ihre Stimme klang so lieblich und dennoch falsch, dass es in den Ohren wehtat. „Auch wenn ich zugeben muss, dass es der Verdienst von meinem lieben Freund und Verbündeten hier war.“ Sie neigte sich leicht zur Seite und deutete mit der Hand neben sich. Kurz darauf trat ein junger Mann hinter der Hexe hervor, welcher den Anwesenden bestens bekannt war. „Mordred“, knurrte Gwaine und war kurz davor, sich erneut auf seinen ehemaligen Freund zu stürzen, doch Leon hielt ihn zurück. Der junge Druide sah den Anwesenden nur emotionslos entgegen. Er erwiderte nichts.   „Dein Ende ist gekommen, lieber Bruder“, sagte nun wieder Morgana und sie schien es gar nicht abwarten zu können, dass sie ihr Ziel nun endlich erreichte. „Ebenso das deiner liebsten Freunde.“ Sie hatte sie alle nun da, wo sie sie haben wollte. Sie würde die Ritter zuerst töten. Arthur würde für jeden sein Leben geben und ihren Tod nicht verhindern zu können, wird ihn zerreißen. Ebenso wie es der Tod von Gwen wird, der danach drankommt. Es würde sein Herz zerfetzen, seine ach so geliebte Frau sterben zu sehen. Es fehlte allerdings noch eine Person, dessen Tod Arthur Pendragon vollkommen zerstören würde. Eine Person, welche Arthur die Wichtigste war, vielleicht ebenso wichtige, wenn nicht sogar wichtiger als Gwen. Morgana fragte sich, was der Roch damit bezwecken sollte, dass Mordred ihn nicht herholen sollte. Er hielt ihn anscheinend für keine Bedrohung, egal, wie sehr Morgana auf sein Erscheinen bestanden hatte. Vielleicht hatte er aber auch Recht. Immerhin war er nur ein Diener. All seine Erfolge waren nur seinem unverschämten Glück zu verdanken. Was musste sie sich Sorgen um solch einen nichtsnutzigen Diener machen? Er hatte keinen Einfluss, keine Macht, noch nicht einmal körperliche Fähigkeiten oder Vorteile, so wie die Ritter. Ein schlaksiger, dünner, junger Narr war er, sonst nichts. Morgana wusste gar nicht mehr, wieso sie sich solche Sorgen gemacht hatte. Sie musste allerdings zugeben, dass es höchst amüsant gewesen wäre, ihn hier zu haben und ihn qualvoll sterben zu sehen. Ihn für all seine Einmischungen büßen zu lassen und all seine Mühen in Rauch aufgehen zu lassen. Denn letztendlich würde dieser liederliche Bauernsohn es nicht verhindern können, dass Arthur Pendragon an genau diesem Tag sterben würde.   Morganas kaltes Lächeln wurde breiter. Sie wollte keine Verzögerungen mehr, nicht über das wenn und aber oder andere Möglichkeiten nachdenken, sie wollte endlich das, was ihr zustand. Sie wollte endlich beginnen. Also hob sie ihre Hand und streckte sie in die Richtung ihres Bruders und seiner jämmerlichen Freunde. „Sag deinen Freunden noch Lebewohl, wenn du möchtest, Arthur. Es wird das Letzte sein, was du in dieser Welt noch tun kannst.“   Arthur zuckte auf, als Morgana ihre Hand hob und in ihre Richtung drehte, die Augen auf ihn gerichtet, kalt und mordlustig. Und in diesem Moment wurde Arthur klar, dass es für seine Frau, seine Freunde und ihn diesmal kein Entkommen gab. Sie würden sterben. Hier in Camlann. Durch die Hand Morganas. Und Arthur bereute aus tiefstem Herzen, dass er seine Frau und seine vier obersten Ritter…nein… seine vier Freunde da mit hineingezogen hatte. Denn eigentlich wollte Morgana ihn. Niemanden sonst. Er stand ihrem Machtwunsch im Weg. Sie wollte Camelot. Und das bekam sie nur durch seinen Tod. Arthur lag noch so viel auf dem Herzen. So viele Dinge, die er den Menschen in seinem Rücken gerne sagen wollte, doch ihre Zeit schien um zu sein. Zeit, die er nicht genutzt hatte, nicht nutzen konnte. Als Sohn seines Vaters konnte  er nicht so offen über seine Gefühle oder das, was er im Herzen trug sprechen, wie er es gerne hätte. Doch im Moment vor dem eigenen Tod zählte kein Stolz und keine Regeln. Da waren die Gefühle das Einzige, was wirklich zählte. Und auch, wenn es ihm höchst zuwider war, Morganas Vorschlag anzunehmen, so wollte er doch noch letzte Worte an die Menschen richten, welche ihm die Wichtigsten auf der Welt waren. „Ich bin froh, glücklich und stolz“, flüsterte er leise, denn diese Worte waren nur für seine geliebte Frau und seine Freunde bestimmt, „das ihr immer an meiner Seite wart, dass ich mich immer auf euch verlassen konnte. Ihr seid meine vier obersten Ritter, meine Freunde. Ich danke euch für all die Jahre, welche ich eure Treue und eure Freundschaft genießen durfte. Ich hätte mir keine besseren Männer an meiner Seite wünschen können.“ Seine Ritter antworteten nicht, doch er spürte ihre Zustimmung und hörte dann ihr einstimmiges Gemurmel „Lang lebe der König.“ Hart schluckte Arthur. Seine Hand suchte blind nach der von seiner Frau, welche tastend nach seiner fasste. Sie zitterte leicht. „Ich liebe dich, Gwen“, sagte Arthur und seine Stimme bebte leicht. Vor Gefühlen und vor Angst wegen dem Kommenden. Er hörte ihr leises Schluchzen. „Ich weiß nicht, wann es begannen hat, doch irgendwann konnte ich meine Gefühle nicht mehr ignorieren. Selbst, als mein Vater noch gelebt hat. Doch was hätte er gesagt? Er hätte es verboten und dir wer weiß was angetan. Das konnte ich nicht zulassen, auch wenn mein Herz schmerzte. Doch“, Nun schlich sich ein kleines Lächeln auf die Lippen des Königs „Wenn diese sture Idiot damals nicht gewesen wäre und mir mehr als einmal den Kopf gewaschen hätte, dann weiß ich nicht, ob ich dir jemals näher gekommen wäre.“ Gwen lachte leise auf und er konnte leises Lachen von seinen Rittern vernehmen. Ja, sie alle wussten, wen ihr König meinte und sie konnten sich vorstellen, wie der schwarzhaarige Diener sich seinen Herrn mal wieder zur Brust genommen und auf ihn eingeredet hatte, etwas, was er besonders gut konnte. Und sie mussten alle zugeben: Ohne ihn wären sie wahrscheinlich alle nur halb so glücklich.   Es war wahr. Sein Vater stand ihm damals mehr als im Weg. Er hätte niemals eine Beziehung zwischen seinem Sohn und der Tochter eines Schmieds geduldet. Doch durch die Worte und den Einfluss eines ganz besonderen Menschen konnte Arthur mit Gwen doch noch sein Glück finden.   Und als er sich daran erinnerte, bemerkte er, dass er noch eine Sache bereute. Merlin. Er hatte ihm nie wirklich ins Gesicht sagen können, dass Merlin mehr als nur ein Diener für ihn war. Das sie Freunde waren. Das der Schwarzhaarige sein bester Freund war. Arthur sah Merlin wie einen Bruder, welchen er necken und ärgern konnte, der ihm aber immer zur Seite stand und die sich gegenseitig halfen. Sie kannten sich nun schon so viele Jahre, viel länger als Arthur Percival, Elyan oder Gwaine kannte. Selbst bevor er Gwen richtig bemerkte, war Merlin da. Der König dachte eigentlich, dass er den Schwarzhaarigen so gut kannte, wie es ihm möglich war, doch er war ihm manchmal noch immer ein Rätsel, das er wohl niemals ganz schaffen würde zu entschlüsseln. Arthur war sich immer Merlins Loyalität bewusst und das könnte er sich auch immer sein, da war sich der Blonde sicher, auch, wenn er sie nie verstanden hatte. Denn die Treue, welche Merlin Arthur gegenüber zeigte, ging über die eines einfachen Dieners zu seinem Herrn weit hinaus. Sie war in nach Arthurs Ansicht sogar größer, als die seiner vier obersten Ritter.   Arthur wusste nicht, woher dieser Gedanke kam, doch er war wahr. Merlin war ein Mann, welcher sich durch Loyalität auszeichnete, mehr, als es sonst ein Mensch auf dieser Welt wohl konnte.   Wie sehr wünschte sich Arthur in diesem Moment, dass Merlin nun an seiner Seite stehen würde. Das er neben ihm stehen und ihm Mut machen würde, so wie er es immer tat. Ob mit seinen blöden Sprüchen, seinem aufmunternden Lächeln oder seinen weisen Worten, wenn er über ihn, Arthur, als größten König, sprach. Seine Treue war es, die Arthur immer wieder dazu brachte sein Bestes zu geben und sich seines Titels auch würdig zu fühlen. Merlins unerschütterlicher Glaube an seinen Herrn war es, aus dem er immer wieder Kraft schöpfen konnte. Merlin hatte sich über all die Jahre nicht nur zu einem festen Bestand in seinem Leben entwickelt, sondern auch zu einem Teil von ihm selbst. Arthur wusste nicht, wann genau es geschah, doch irgendwann hatte es sich entwickelt. Merlin wurde ein Teil von ihm, den er nicht mehr missen wollte. Den er nicht verlieren durfte.   Und doch kam er nicht umhin erleichtert zu sein. Erleichtert, dass Merlin nicht bei ihm war. Arthur konnte nicht sagen, ob er es überstanden hätte, wenn er hätte zusehen müssen, wie Merlin von Morgana getötet worden wäre. Selbst wenn er Merlin ein Schwert in die Hand gegeben hätte, die Verletzung, die er von dem Pfeil, vor dem er Gwen bewahrt hatte, erlitten hatte, machte ihm gewiss noch zu schaffen, auch wenn er sich nichts anmerken ließ. Arthur wollte kein Risiko eingehen. Leon, Percival, Elyan, Gwaine, Gwen… keinen von ihnen wollte er sterben sehen, lieber sprang er selbst in den Zauber, um jeden von ihnen zu retten. Aber Merlin… er war nicht hier. Er konnte rechtzeitig fliehen, wenn sie bemerkten, dass die Schlacht verloren war. Morgana war nur an Camelot interessiert. Vielleicht konnte Merlin Gaius und alle anderen in Sicherheit bringen. Vielleicht zuerst nach Ealdor, in seine Heimat. Dort konnten sie leben oder sich irgendwo ein neues Leben aufbauen und ihn vergessen… Arthur schloss die Augen und atmete tief ein und aus. Merlin war in Sicherheit. Und er war kein so großer Idiot, wie Arthur gerne behauptete. Wenn er bemerkte, dass die Schlacht verloren war, dann würde er nicht zulassen, dass noch irgendwer verletzt wurde. Er würde sie in Sicherheit bringen. Alleine aus dem Grunde, weil er, Arthur, so gehandelt hätte…   „Eure Zeit ist um“, hallte die Stimme von Morgana über den Platz. Arthur erstarrte und schützte Gwen noch immer mit seinem Körper. Egal, was die Hexe vor hatte, er würde nicht zulassen, dass sie Gwen etwas antat. Nicht, solange er noch atmen konnte. Morgana reckte ihre Hand, lächelte noch einmal kalt, ihre Augen blitzten, als sie den Mund öffnete, um den tödlichen Zauber zu verrichten, als -       „Hast du nicht jemanden vergessen, Morgana?“, hallte plötzlich eine Stimme über die zerklüftete Schlucht, in der sie von Feinden umzingelt festsaßen.   Ein Blitz schoss in Arthurs Kopf ein. Diese Stimme hätte er unter Tausenden erkannt, kreisten seine letzten Gedanken doch beinahe nur von diesem Menschen. Ruckartig drehte er seinen Kopf, ebenso seine Freunde und Gwen, und sie sahen zum Sprecher, welcher inmitten der felsigen Wand stand, als sei er dort wie aus dem Nichts aufgetaucht. Beim näheren Hinsehen konnte Arthur sehen, dass sich hinter der Person im Felsen ein Loch auftat, durch welches er wohl gekommen war. Diese Schlucht, in der sie steckten schien nicht gänzlich vom Rest Camlanns abgeschnitten zu sein.   Doch das interessierte den König im Moment herzlich wenig, als er seinen Blick wieder zu seinem Diener schweifen ließ. Arthur wusste nicht, wie Merlin sie gefunden hatte, denn anscheinend hatte Mordred ihn nicht mitgenommen. Er konnte sich nicht erklären, wie Merlin sich so schnell einen Weg zu ihnen bahnen konnte. Arthur wusste nur, dass er seinen Augen kaum trauen konnte.   Merlins Körper war angespannt. Arthur glaubte, selbst aus der Entfernung das Zucken seiner Muskeln zu sehen. Seine Fäuste waren geballt. Mit erhobenem Haupt stand er dort und besah sich mit einem wachsamen und emotionslosen Blick die Situation. Die Umgebung und die Feinde, welche im Rücken von Morgana lauerten, schienen ihn nicht zu interessieren. Seine gesamte Aufmerksamkeit war auf seine Freunde, Morgana und Mordred gerichtet.   Ein Ausdruck in den blauen Augen, den Arthur nicht deuten konnte und auch noch nie zuvor bei seinem Diener gesehen hatte. Und aus irgendeinem Grund… machte er ihm Angst.   `Merlin?!´ Arthur brachte keinen Ton heraus und da war er nicht der Einzige. Die Ritter sahen ihren Freund mit großen Augen an, Gwen fasste sich ans Herz. Keiner wusste, was sie sagen sollten, obwohl tausende von Fragen in ihren Köpfen umherzuschwirren schienen. Wie kam er hierher? Wie hatte er sie gefunden? Was wollte er hier? In Arthur kämpften zwei Gefühle: Freude, seinen besten Freund noch ein letztes Mal sehen zu können und Entsetzen, dass er sich wirklich auf die Suche gemacht und sie auch noch, wie auch immer, gefunden hatte. Wusste Merlin überhaupt, was er tat?! Morgana würde ihn töten! Doch das schien Merlin nicht zu interessieren, sonst wäre er nicht dort.   Die Zeit schien still zu stehen. Die Rufe und das Brüllen der Sachsen, welche zwischenzeitlich wieder eingesetzt hatten, verstummten augenblicklich wieder, als Morgana einfach so angesprochen wurde und sie ihren Kopf hob und Merlin anstarrte. Ebenso wie alle anderen Anwesenden. Merlin starrte einfach nur zurück.   Langsam kam er näher. Es hielt ihn keiner auf. Keiner sagte etwas oder rührte sich auch nur. Sie ließen Merlin einfach gewähren, Morgana ließ ihn gewähren. Ließ ihn einfach so in ihr Spiel und in ihre Falle hineinplatzen, doch es kümmerte keinen. Bei seinen Freunden stoppte der Schwarzhaarige. Arthur und Gwen starrten ihn an, ebenso die vier Ritter. „Merlin“, zischte der König, gefangen zwischen Verwirrung und Wut „Was zum Teufel tust du hier?!“ Merlin sah seinen König in die Augen und Arthur erschauderte. Wieder sah er etwas in den blauen Augen, was er nicht deuten konnte, doch es machte ihm immer mehr Angst. Plötzlich lächelte Merlin, sein übliches Lächeln, welches seine Freunde in diesem Moment jedoch nur erstarren ließ. „Habt keine Angst, Arthur“, sagte er und in seiner Stimme klang die Überzeugung seiner nächsten Worte mit „Ich bin hier, um Euch zu helfen. Keiner wird Euch oder meinen Freunden Schaden zufügen. Sollten sie es wagen…“ Sein Lächeln verschwand vollständig von seinen Zügen, seine Augen hatten einen dunklen Glanz „…dann werden sie meinen Zorn fürchten müssen.“   Merlin ging an seinen Freunden vorbei, wollte sich den Feinden stellen, welche es wagten seine Freunde zu bedrohen. Die Männer und Gwen sahen ihrem Freund nur fassungslos nach. Sie waren wie gelähmt. Was war nur mit Merlin passiert? Er war so anders. Beinahe wie eine vollkommen andere Person. Was war nur mit ihrem lieben Freund Merlin geschehen? Sonst war er immer so liebenswürdig, ein wenig naiv, doch immer freundlich. Nun strahlte er etwas anderes aus, Autorität und, beinahe ungläubig schüttelten sie die Köpfe bei der Erkenntnis, Macht. Sie konnten sich den Grund dafür jedoch nicht erklären, denn es war einfach nur unsinnig. Merlin und Macht?     Merlin ging nur wenige Schritte, wollte seinen König und seine Freunde nicht ohne seinen Schutz lassen, stand deswegen genau vor ihnen. Sein Blick wanderte zu seinen beiden Feinden, welche ihm gefährlich werden konnten. Die Hexe zischte, doch der Druide blickte in seine Richtung. Merlin und Mordred sahen sich an. Keiner der Beiden rührte sich. Schließlich war es Mordred, welcher die gespenstische Stille durchbrach. Mit nur einem Wort. „Merlin.“ Mordreds Stimme war ruhig, doch in ihm brodelten die Wut und der Hass. Jeder konnte es hören. Obwohl der Roch seinen Geist manipulierte, konnte er die Gefühle, welche direkt unter der Oberfläche brodelten, nicht einfach ausschalten. Davon ließ sich Merlin jedoch nicht beeindrucken. „Mordred.“   Ein Schauer rann Arthur über den Rücken. Merlin sagte den Namen des jungen Mannes einfach. Ohne Emotionen. Weder wütend. Traurig. Verwirrt. Überrascht. Der König hatte sich neben seinen Diener gestellt, wollte er nicht, dass sich der Schwarzhaarige praktisch als Zielscheibe anbot. Doch noch immer war er von dem Verhalten seines Dieners schockiert. Und nun das. Merlin schien keineswegs verwundert, Mordred hier zu sehen.  Alleine in seinen Augen schien Arthur sehen zu können, dass er damit gerechnet hatte. Nein. Er hatte nicht damit gerechnet. Merlin wusste, dass er Mordred wieder begegnen würde. An genau diesem Tag, an genau dieser Stelle. An Morganas Seite. Mit dem Ziel, sie beide zu töten.   Die Augen von Arthur weiteten sich leicht.   Die Ritter verfolgten die Mimik des Schwarzhaarigen mit wachsender Verwirrung. Sie fragten sich ebenso, woher Merlin das Wissen besaß, dass Mordred an der Schlacht teilnahm. Keiner von ihnen konnte es sich erklären. Gwen war die Einzige, die sich daraus einen Reim machen konnte. Schließlich war Merlin dabei, als Mordred sie mit sich nahm. Doch irgendwas war da noch. Die Königin konnte aber nicht sagen, was es war. Mit Skepsis und Verwirrung betrachteten sie das Schauspiel vor ihren Augen.   Merlin hingegen ignorierte die Reaktionen seiner Freunde. Seine gesamte Aufmerksamkeit galt Morgana, Mordred und den Sachsen, welche sich um sie herum befanden. Sie waren diejenigen, welche eine Bedrohung für seine Freunde darstellten. Allerdings machte er sich um die Sachsen keine großen Sorgen. Arthur und die Ritter würden mit denen fertig werden, auch wenn sie in der Überzahl waren. Das Einzige, was ihm Magenschmerzen bereitete, war Gwen. Das Mordred es gewagt hatte, sie da mit hineinzuziehen, dieser - !   Merlin besah sich den Druiden bei dieser Gelegenheit genauer. Er schien sich kaum verändert zu haben und doch erkannte er ihn kaum wieder. Als er Gwen vor seinen Augen mitnahm hatte er sich zu sehr aufgeregt und seiner Wut hingegeben, um darauf zu achten. Der junge Mann trug nun komplett schwarze Kleidung, wie auch Morgana. Seine Gesichtszüge sind härter geworden. Doch seine Augen waren seltsam verschleiert. Als würde Nebel über diesen liegen… Und da fiel es Merlin wieder ein. Der Roch sagte etwas davon, dass er verhindern würde, dass Mordred Morgana sein Geheimnis verraten würde. Er manipulierte ihn. Ein kleiner Schauer rann Merlins Rücken hinunter. Der Roch schien wirklich mächtig zu sein, wenn er es schaffte, Morgana zu beeinflussen und gleichzeitig einen Zauberer wie Mordred zu manipulieren. Doch jedes Wesen hatte einen Schwachpunkt. Und auch Merlin hatte noch einen Trumpf in seiner Hinterhand…   „Merlin!“, rief Morgana freudig aus, nachdem sie sich augenscheinlich von dieser unangenehmen Überraschung seines plötzlichen Auftauchens erholt hatte. Schließlich konnte sie sich nichts besseres wünschen. „Wie schön, dass du es doch noch zu uns geschafft hast.“ Wie weit konnte Heuchlerei gehen? Und wie weit konnte eine Hexe wie Morgana damit gehen? Ihre Worte klangen so falsch in seinen Ohren, dass Merlin sein Gesicht verzog. „Hör auf damit, Morgana, davon wird einem ja ganz schlecht.“ Die Sachsen keuchten erschrocken auf, doch Morgana lachte nur, ein lautes, kaltes, beinahe wahnsinniges Lachen. „Nein, nein, du verstehst mich falsch, Merlin. Ich bin wirklich froh, dass du es noch rechtzeitig geschafft hast. So wird mir die Freude zuteil, dich zu töten und ich muss nicht in allen fünf Königreichen nach dir suchen lassen.“ Arthur zuckte leicht zusammen, während Merlin keine Reaktion zeigte. Morgana blieb das natürlich nicht unbemerkt. „Oh, mein lieber, naiver Bruder, hast du etwa wirklich geglaubt, ich würde deinen kleinen trotteligen Diener davonkommen lassen? Nach allem, was er mir antat? Nach all den Malen, als er meine Pläne durchkreuzte?“ Nun war der König verwirrt, ebenso Gwen und die vier Ritter. Fragend sah Arthur seinen Diener an. Er wusste nicht, was seine Schwester damit meinte. Merlin ballte die Hände zu Fäusten und schien nicht bereit, eine Antwort geben zu wollen.   „Dich wird man einfach nicht los, nicht wahr, Merlin?“, fragte Morgana und für einen kurzen Moment verrutschte ihre aufgesetzte freundliche Fassade und machte ihrer Wut und dem Hass Platz. Merlin war gefasster. “Nicht, solange das Königspaar und Camelot von dir bedroht werden.“ Morgana zischte. „Jaaa, deine ungebrochene Treue zu meinen Bruder.“ Sie spukte das letzte Wort förmlich aus. „Egal, was ich oder meine liebe Schwester Morgause auch geplant haben, du konntest es stets vereiteln, Merlin. Als Cendreds Armee mit der Hilfe meiner Schwester Morgause Camelot angriff hat sie dich den Serkets im Wald ausgeliefert. Und wie du entkommen bist, kann ich mir bis heute nicht erklären.“ Merlins Körper verkrampfte sich, als er an diese Zeit erinnert wurde. „Ich hatte Hilfe“, brachte er zwischen zusammengebissenen Zähnen zusammen. „Glücklicherweise muss ich sagen, denn es erschien ziemlich aussichtslos, vor allem als eines dieser Mistviecher seinen Stachel in meinen Rücken gerammt hat.“   Arthurs Augen weiteten sich voller Schrecken. Er erinnerte sich an diese Zeit. Merlin war für mehrere Tage verschwunden gewesen und niemand hatte ihm sagen können, wo er war. Nicht einmal Gaius. Zwar tauchte Merlin wieder auf, doch wirklich erfahren, wo er war, hatte der König nie. Ein Schauer überkam Arthur, als er an die Worte seines Dieners dachte. „Und wenn ich im Sterben gelegen hätte?!“ Serkets. Riesige Skorpione mit giftigen Stacheln. Das Gift dieser Wesen war tödlich, wenn einem nicht schnellstens geholfen wurde. Hart schluckte Arthur. Der Schwarzhaarige meinte seine Worte damals also wirklich ernst. Er lag wirklich im Sterben. Merlin hätte vor vielen Jahren sterben können und Arthur hätte es möglicherweise nie erfahren.   Den Anderen schien diese Erkenntnis ebenfalls gekommen zu sein, denn sie zogen geschockt die Luft, Gwen sagte entsetzt „Merlin!“, doch dieser winkte ab. „Es ist alles in Ordnung“, sagte er nur, wollte nicht darüber reden.   „Du scheinst mehr Glück als Verstand zu haben, Merlin“, mischte sich nun wieder Morgana ein. Mordred stand noch immer hinter ihr und taxierte den Diener mit seinem vor Hass brennenden Blick. Die Sachsen wurden langsam unruhig, doch sie wagten es nicht, etwas ohne den Befehl ihrer Herrin zu unternehmen. „Sieh es, wie du willst. Ich werde jedenfalls nicht zulassen, dass du deine Pläne umsetzt. Ich habe dich schon mehr als einmal  aufgehalten und ich werde es wieder tun.“ Morgana schnaubte wütend. Nun ließ sie ihre aufgesetzte Freundlichkeit vollkommen fallen. „Ja, ich muss zugeben, du hast bisher all meine Pläne vereiteln können. Die Armee der Toten, die du aufgehalten hast… Der Schlafzauber, welcher über Camelot lag… Der Wahnsinn von Uther, den wir sorgsam in seinen Geist gepflanzt hatten…“ Morgana zischte wütend. Sie war schon damals kurz davor, Uther zu vernichten.   Arthur erschauderte, als sie so von seinem Vater sprach und konnte kaum an sich halten, sein Schwert zu ergreifen und sich auf Morgana zu stürzen, doch Merlin hinderte ihn daran. „Bitte, provoziert sie nicht auch noch“, bat er seinen Herrn. Erst, als sich Arthur wieder beruhigt hatte, drangen die Worte von Morgana vollkommen zu ihm durch und seine Augen weiteten sich. Unglaube erfüllte ihn. Merlin sollte all dies vollbracht haben? Sollte Camelot wirklich all die Male nur knapp dem Untergang entkommen sein, weil Merlin zur Stelle war? Arthur konnte es fast nicht glauben. Ebenso wenig wie es Gwen und die Ritter konnten. Bei all diesen Taten, die Merlin vollbracht hatte, fragten sich die vier Männer, was sie im Gegenzug großartig geleistet hatten, dass sie jedes Mal gefeiert wurden und Merlin nicht einmal vom Volk erwähnt wurde.   „Du scheinst wirklich viel Glück auf deiner Seite zu haben, Merlin“, sagte Morgana und ihre Stimme klang kalt. „Viel zu viel. Mehr, als eigentlich gut für dich sein sollte.“ Merlin schnaubte. „Lieber habe ich eine übergroße Portion Glück auf meiner Seite und Vertrauen in mir, als so von Hass zerfressen zu sein, wie du!“ Ein finsteres Lächeln bildete sich auf Morganas Lippen, als sie die Worte des unnützen kleinen Dieners hörte. Ganz gleich, was dir zur Seite steht… Sie hob ihre Hand und lächelte Merlin kalt an. „Du wirst alles verlieren, was du all die Jahre so verzweifelt beschützen wolltest!“ Merlin ging einige Schritte vor, wollte nicht, dass einer seiner Freunde getroffen wurde. Gerade, als auch er seine Hand heben wollte, hallte plötzlich eine krächzende Stimme über den Platz, worauf die Anwesenden zusammenzuckten. Alle, außer Morgana, Mordred und Merlin, welche seine Präsenz bereits wahrgenommen hatten.   „Halte dich zurück, Hexe! Zuerst will ich mit diesem Jungen sprechen!“   Ein Nebel zog auf, legte sich zuerst über das gesamte Areal, bevor er sich an einem Platz sammelte und sich dort verdichtete. Morgana keuchte leise auf, als der Roch ihre Magie nahm, um seine körperliche Form anzunehmen. Eine eisige Kälte zog mit dem Nebel auf und ließ sie alle erzittern. Der Nebel verdichtete sich genau vor Merlin, welcher seine Muskeln anspannte. Zuerst erkannte man den Körper der Kreatur, die kräftigen Beine mit den langen Krallen an den Füßen. Die Schlangen an seiner Rückseite zischten und schnappten. Große Schwingen wurden sichtbar, weit ausgeklappt, damit er noch größer und Furcht einflößender erschien. Arme erschienen, genauso muskulös wie die Beine, mit Klauen, welche zerfetzen konnten. Der Kopf erschien zuletzt. Eine Maske aus Eisen verdeckte sein Antlitz vor der Welt und hielt seine wahre Macht im Zaum. Nur seine stechend gelben Augen konnten der Welt nicht verborgen bleiben. Zwei Hörner aus Eisen würden jeden durchbohren, der ihm zu nahe kommen würde.   Er war erschienen. Endlich stand Merlin der Bestie gegenüber, gegen die einst Kilgharrah gekämpft hatte und dessen Kampf nun an ihm lag. Der Roch.   Der Kopf des Roch war genau vor Merlins Gesicht, was seine Freunde aufkeuchen und ihre Schwerter ziehen ließ, Gwen schrie leise auf, sie alle konnten die Macht des Rochs beinahe greifen. Sie zogen sich leicht zurück, Arthur wollte nach Merlin verlangen, doch seine Stimme versagte. Merlin hingegen stand einfach nur da und sah in die Schlitze der eisernen Maske, in welche er die Augen vermutete. Gelbe, leuchtende Punkte erwiderten seinen Blick. „Endlich begegnen wir uns also, Merlin!“ Er zog seinen  Namen in die Länge, betonte ihn so merkwürdig. Natürlich, der Roch wusste, wer er war, doch dieses Geheimnis schien er noch nicht aufdecken zu wollen.   „Ich habe schon viel von dir vernommen Junge. Deine Taten und dein Heldentum. Deine Fähigkeiten und dein Schicksal.“ Auch das Wort Schicksal entfloh seltsam betont dem krächzendem Rachen des Roch. „Du glaubst, dein Schicksal zu kennen. Doch das ist ein Irrtum, Junge. Ein großer Irrtum. Hähähä!“ Der Roch gab keine Erklärung zu seinen seltsamen Worten, er richtete sich zu seiner vollen Größe auf, was die Bewohner von Camelot zusammenzucken ließ, doch die Bestie wandte sich um und ging zu Morgana, ließ sich vor ihr auf seine Vorderbeine fallen und stand nun auf allen Vieren vor der Hexe. Morgana legte eine Hand auf den Kopf des Rochs, als wenn sie seine Gebieterin wäre.   „Wie ihr vielleicht schon wisst, habe ich einen neuen Verbündeten auf meiner Seite. Ein Wesen, welchem keiner von euch gewachsen ist. Sag `Hallo´, Roch!“ Der Roch richtete sich erneut auf, breitete seine Flügel aus und kreischte, ließ seine Flügel schlagen und erzeugte einen Wind, welcher Arthur und seine Freunde beinahe von den Füßen wehte, wenn sie sich nicht dagegen gestemmt hätten. Merlin blieb beinahe unbeeindruckt. Er hatte vor diesem bisschen Wind keine Angst. Seine Sorge galt der wahren Macht des Roch.   Arthur sah die Dinge ganz anders. Sie konnten nicht entkommen. Egal, wie groß ihre Chancen vorher vielleicht gewesen waren, nun waren sie bei null. Sie konnten es mit den Sachsen aufnehmen, keine Frage. Vielleicht auch noch mit Mordred, wenn sie zusammenarbeitetet. Bei Morgana sah es schon anders aus. Und nun auch noch diese Bestie. Sie standen einer Übermacht entgegen.   Den Sachsen Der Hexe Morgana. Dem Druiden Mordred. Der Bestie Roch.   Arthur schluckte hart und konnte beinahe die Angst seiner Freunde in seinem Rücken spüren. Es war die gleiche Angst, welche auch er empfand. Wie sollten sie das nur überleben?   Kapitel 19: Die Zeit ist gekommen --------------------------------- Kapitel 19 : Die Zeit ist gekommen     Morgana lächelte ihre Gegner kalt und überheblich an, sie war sich ihres Sieges nun endgültig gewiss. Mordred stand nur da, doch seit der Roch aufgetaucht war, schien sein Körper zu zittern, als hätte er Angst vor der Kreatur. Der Roch selbst wetzte seine langen Krallen an dem steinernen Boden, Funken sprühten und seine stechend gelben Augen fixierten gierig seine Beute. Die Sachsen waren unruhig, doch dieses Mal nur, weil die Kreatur erschienen war. Keiner von ihnen traute dieser Bestie, sie brachte nur Unheil und Tod mit sich. Sie konnten nicht verstehen, warum sich Morgana mit solch einem Wesen einließ und jeder von den Männern hoffte, dass die Bestie die Leute aus Camelot töten und dann zufrieden sein würde. Aber hoffentlich nicht alle. Denn die Sachsen wollten auch ein bisschen Spaß für sich haben.     Die Ritter von Camelot, Gwen und auch Arthur wussten nicht, was sie tun sollten. Egal, wie sehr sie kämpfen, sie würden sterben. Denn keiner von ihnen konnte es auch nur im Geringsten mit dem Roch aufnehmen. Gegen solch eine mächtige magische Bestie wären sie rettungslos verloren.   Arthur erinnerte sich plötzlich an den Kampf mit dem Drachen. Damals hatte er auch geglaubt, dass er es nicht schaffen konnte, doch er hatte den Drachen erlegt. Er hatte zwar das Ende des Kampfes nicht mitbekommen, doch der Drache war fort und Merlins glückliches Gesicht danach sprach Bände. Zudem der Drache nie wieder gesehen worden war. Und das war nicht das einzige Wesen, welches seinem Schwert zum Opfer fiel. Schon mehrere magische Wesen hatten versucht, sich Camelot zu bemächtigen und jedes konnte er vernichten. Doch der Drache und auch alle Kreaturen danach waren aus Fleisch und Blut. Sie konnte man verletzten. Dieses Wesen, der Roch, bestand aus Nebel und Tod. Wie konnte man etwas töten, was mit Waffen nicht wirklich zu töten war? Welches den Tod selbst verkörperte? Aber hatte Merlin ihnen nicht einen Tipp gegeben? „Mit Feuer kann man vielleicht auch den Roch in Schach halten.“ Wenn sie doch nur Feuer dabei hätten. Eine Fackel würde schon genügen, dann hätten sie vielleicht eine Chance, eine winzig kleine wenigstens… Da hatte sein Diener schon einmal einen Hinweis für sie und den konnten sie noch nicht einmal umsetzen...   „Was glaubst du, von meinen Schicksal zu wissen?“, wollte Merlin plötzlich wissen und holte Arthur somit aus seinen Gedanken. Verwirrt sah der König zu seinem Diener. Stimmt, der Roch hatte solch eine seltsame Andeutung gemacht, sich aber noch nicht weiter dazu geäußert. Nun sah auch der König von Camelot zu der Kreatur.   Doch der Roch gab keine Antwort darauf, er entfernte sich nur plötzlich von Morgana und ihren Mannen und stellte sich genau zwischen die beiden Gruppen, den jungen Zauberer nicht aus den Augen lassend. Seine gelben Augen bohrten sich in die blauen Augen Merlins und sie fochten einen stillen Kampf aus. Bis der Roch das Wort erhob.   „Warum schließen wir uns nicht zusammen?“ ertönte mit einem Mal die krächzende Stimme des Roch, schmeichelnd und doch lauernd, vollkommen ungeachtet der Frage, welche ihm zuvor gestellt wurde. Die Anwesenden erstarrten. Merlin hatte jedoch nur Augen für die Bestie. „Wir könnten Camelot übernehmen. Mit dir als König!“ Die geschockten Blicke und stummen Aufrufe seitens Morgana ignorierte das Biest, die Schlangen zischten sie an, brachten sie zum Schweigen. Arthur und seine Leute tauschten verwirrte Blicke. Wovon redete das Wesen da? „Stell dir nur vor: Dein erbärmliches Leben als Diener wäre vorbei. Du könntest den König als deinen eigenen Diener haben und ihn herumschubsen. Er würde alles tun, was du sagst. Und du würdest über dieses Reich herrschen und jeder, der sich gegen dich auflehnt, wird bestraft.“ Der Roch hob seine Arme und streckte sie in die Luft. „Wäre das nicht ein herrliches Leben? Was hält dich noch auf der Seite dieser niederen Menschen?“ Der Roch zeigte auf die Menschen hinter Merlin, welche diesem wichtiger waren, als sonst etwas auf dieser Welt. „Du glaubst dein Schicksal zu kennen, doch in Wirklichkeit kannst du es jederzeit ändern. Höre auf mich und du wirst mächtiger, als du es dir jemals hättest erträumen können!“ Leichter Nebel floss ausgehen vom Roch über den Platz, schlich sich durch die Beine von Merlin, haftete an seinem Körper. Merlin spürte es genau. Er spürte, wie sehr der Roch versuchte, ihn zu manipulieren. Der Nebel umschmeichelte seinen Körper und wollte ihn steuern, seine Sicht verschwimmen lassen, seine Sinne beeinflussen. Nicht nur seine Worte, welche lockend und schmeichelnd klangen, sollten ihn in die Knie zwingen und zu einer Marionette des Rochs machen, nein, er benutzte auch seine Macht, um sich Merlin zu bemächtigen. Doch seine Magie und sein Wille waren stärker als es der Einfluss der Bestie sein konnten. Er würde sich diesem Monster nicht unterwerfen.   Der Roch merkte, dass Merlin sich seiner Macht nicht beugte und knurrte. Er war noch nicht stark genug, um einen solch mächtigen Mann wie Merlin zu kontrollieren. Und auch die anderen waren zu entschlossen und hatten zu gute Absichten, um seinem Einfluss zu verfallen. Ihre Herzen waren rein. Ein finsteres und bösartiges Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, verborgen durch die Eisenmaske, ungesehen von seinen Feinden. Es war ein Ärgernis, doch davon ließ sich der Roch nicht unterkriegen. Es gab schließlich genug Wege, um Menschen zu verletzen und zu töten. Oh, und was es für Möglichkeiten gab…     Voller Entschlossenheit und offener Abscheu starrte Merlin mit geschmälerten Augen zu der Bestie. Morgana und Mordred ließ er dabei nicht eine Sekunde aus seinem Blickfeld. Sein Mund verließ ein einziges Wort. „Niemals.“   Arthur zog verblüfft die Luft ein, als er den unnachgiebigen Tonfall in Merlins Stimme hörte und er bemerkte, dass er nicht der Einzige war. War das dort vor ihm wirklich sein tölpelhafter Diener, der da gesprochen hatte? Er konnte es fast nicht glauben. Nicht ein Hauch von Naivität oder Unsicherheit klang in dem einen Wort mit, nur reine Entschlossenheit, gepaart mit unterdrückter Wut.   Die Arme des Rochs senkten sich wieder, die gelben Augen des Wesens richteten sich abermals auf den Schwarzhaarigen. „Was hält dich bei diesem Entschluss, Narr?“, krächzte der Roch und die Eisenmaske konnte den Groll in seiner Stimme nicht dämpfen. Dieser Mensch wagte es, sich ihm zu widersetzen. Ihm und seiner Macht.   Tief holte Merlin Luft. „Die Menschen von Camelot“, begann er zu sprechen, Unerschrockenheit war in seiner Stimme zu hören, „mögen Fehler begangen haben, doch sie sind ihrem König treu ergeben. Sie würden sich niemals jemand anderem unterordnen wollen.“ Kurz machte Merlin eine Pause, bevor er weiter sprach. „Die Ritter,… die vier obersten Ritter des Königs, welche ihm in jeder Situation eher zur Seite stehen würden, als seine Befehle auszuführen… sie sind meine Freunde. Sie würden jederzeit ihr Leben geben, um den König, die Königin, das Königreich, das Volk und sogar mich zu retten. Dafür bin ich jedem Einzelnen von ihnen dankbar. Und ich werde es immer sein.“ Merlin schloss nach diesen Worten kurz die Augen, doch als er sie wieder öffnete, waren sie noch wilder entschlossen. „Ich habe den König begleitet. Viele Jahre lang. In seinen dunkelsten und -“ Sanft lächelte der Dunkelhaarige, als er zu Gwen sah, deren Augen sich weiteten „ – in seinen schönsten Stunden. Ich habe stets mein Bestes gegeben, um ihn zu stärken und ihm eine Stütze zu sein. Und ich habe es gesehen.“ Siegessicher lächelte Merlin, als er sich wieder an seine Feinde wandte. „Arthur wurde ein besserer Mann, ein König, den sich das Volk wünscht und den sein Volk braucht. Und ich bin mir sicher, das wird er auch weiterhin. Mein Leben würde ich für Arthur geben und er hat bewiesen, dass er es auch jederzeit für mich tun würde. Er ist zu meinem besten Freund geworden. Und ich weiß, er wird eines Tages der König, welchen ich immer in ihm sah. Der einstige und zukünftige König. Er wird es schaffen, die Königreiche zu vereinen und Albion leben zu lassen. Und bis zu meinem Tode und auch darüber hinaus wird eines immer gleich bleiben.“ Nochmals holte Merlin tief Luft. „Meine Loyalität gehört Arthur Pendragon!“ Laut hallte die fast schon feierliche Stimme des jungen Mannes über den gesamten Platz, die Ernsthaftigkeit darin war nicht zu übertreffen.   Mit aufgerissenen Augen und offenem Mund starrte der König zu seinem Diener. Sein Herz setzte für einen Moment aus, bevor es heftiger in seiner Brust pochte. In all den Jahren, die er Merlin nun schon kannte, hatte er ihn oft gehört, dass er an ihn glaubte, dass er in ihm einen großen König sah, hatte gesehen, wie groß sein Vertrauen in ihn war, niemand glaubte sonst so bedingungslos an ihn. Doch in all der Zeit hatten seine Worte noch nie so groß und überzeugend geklungen wie in diesem Augenblick. Natürlich war sich Arthur immer Merlins Loyalität bewusst, eines der wenigen Dinge, welche sich der König in seinem Leben wirklich sicher sein konnte, doch es ihn jetzt so einfach aussprechen zu hören, machte dem König das Atmen schwer. Wieder einmal konnte Arthur seinen Diener darum bewundern, wie er so offen über seine Gefühle sprechen konnte. Etwas, was Arthur selbst nur selten gelang. Und… Merlin hatte Arthur seinen Freund genannt. Seinen besten Freund. Wusste der Schwarzhaarige also, wie wichtig er dem König war? Arthur wusste es nicht und konnte seinen Freund einfach nur anstarren. Auch die Ritter und Gwen sahen Merlin mit großen Augen an. Wussten sie von seiner Freundschaft zu Arthur und seiner ungebrochenen Loyalität, waren sie dennoch mindestens ebenso überrascht wie der Blonde selbst, Merlin nun so inbrünstig davon sprechen zu hören.   Und, ohne es zu bemerken, schaffte Merlin etwas, was nur er zu schaffen vermochte. Er hatte nur wenige Worte gewählt, doch er hatte es geschafft, die Angst aus seinen Freunden zu vertreiben. Sie wussten nicht, ob sie nicht jeden Moment wieder mit voller Wucht zuschlagen würde, aber in diesem Augenblick waren Merlins Worte in ihren Köpfe und sein unerschütterlicher Glaube an seinen Herrn und König gaben ihnen allen die Kraft, um gegen die Übermacht kämpfen zu können.   „Du willst ihm also immer noch dienen? Ihn immer noch beschützen?“, Lauernd kamen die Worte über die unsichtbaren Lippen des Rochs. „Auch wenn es bedeutet, dass er dich wird töten lassen? Oder dich gar selber tötet?“ Alleine die Vorstellung schien die Bestie zu erfreuen.   Merlin schluckte leicht. Das war es also. Dies war der Anfang. Von seinem möglichen Ende. Die Zeit der Geheimnisse war so gut wie vorbei.   Merlin drehte seinen Kopf, ließ seinen Blick zu Arthur gleiten, zu seinen Freunden, welche hinter dem Blonden standen und welche ihn nun allesamt erstarrt und verwirrt ansahen. Merlin schloss die Augen. „Wenn es wirklich soweit kommen sollte…“, begann er, seine Stimme laut genug, dass es die Bestie in seinem Rücken hören konnte. „Wenn Arthur wirklich zu der Entscheidung gelangen sollte, dass ich den Tod durch seine Hand oder auf seinen Befehl hin verdient habe… dann soll es so sein.“ Merlin öffnete seine Augen und sah die schockierten Gesichter seiner Freunde. Er nahm seine Kraft zusammen und schenkte ihnen ein Lächeln, vielleicht das Letzte, welches er ihnen in diesem Leben noch mit auf den Weg geben konnte. Er hoffte wirklich, dass ihn so in Erinnerung behalten würden, sollte Arthurs Entscheidung entsprechend ausfallen. Er drehte sich wieder zum Roch. „Doch ich würde… mit Freude mein Leben dafür geben, dass meine Freunde und Camelot vor euch sicher ist. Mit einem Lächeln würde ich mich von meinem Herrn töten lassen, solange er sein Schicksal erfüllen kann.“   Arthur zischte, er wollte diese Worte von seinem Diener nicht hören, machten sie ihm Angst, so viel Angst, wie er noch nie verspürt hatte. Dabei konnte er sich den Grund für den Inhalt dieser Worte noch nicht einmal erklären. Er konnte diese ganze verquere Situation einfach nicht begreifen. „Merlin, was zur Hölle - ?!“, doch die laute krächzende Stimme des Rochs unterbrach den König. „Ohne dich ist dieser Wicht ein Nichts!“, kreischte die Bestie voller Wut, worauf die Menschen zusammenzuckten. „Ich werde Arthur beschützen und dich vernichten!", rief nun Merlin in erhöhter Lautstärke zurück und auch seiner Stimme konnte man nun deutlich die Wut anhören, doch ebenso groß die Entschlossenheit, seine Worte wahr werden zu lassen. „Du hast keine Chance, du Narr!" Merlin und der Roch schrieen sich fast an. Die Sachsen im Rücken der Bestie wichen zurück, wollten sich der wütenden Bestie nicht  nähern, ebenso erging es Mordred, welchem die Angst noch tief in den Knochen saß, obwohl der Roch seine Klauen noch immer tief in seinem Geist versenkt hatte. Morgana zischte leise, der Roch verbot ihr den Mund, niemand ging so mit ihr um, doch er hatte seinen Grund dafür, bestimmt, sie musste nur warten. Zu sehr war sie von der Macht trunken, welcher die Bestie in ihr wachgerufen hatte, als dass sie ihm widersprochen hätte. Irgendetwas braute sich da zwischen dem närrischen Diener und ihrer Kreatur zusammen, sie wusste nur noch nicht, was es war.   „Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um meine Freunde zu beschützen!“ sagte Merlin mit lauter Stimme und blitzte den Roch mit seinen blauen Augen gefährlich an. „Auch wenn es meinen Tod bedeuten sollte!“   Der Roch lachte, ein krächzendes Geräusch, welches vom Eisen seiner Maske gedämpft wurde. „Soweit sollte es nicht kommen. Denn…“ Ein finsteres, unheimliches Lächeln erschien auf dem Gesicht des Roch, ungesehen von seinen Feinden, als er seine Flügel ausbreitete und seine Klauen hob. „…euer gemeinsamer Weg endet genau hier…“ Er kniff die Augen zusammen, bevor er sie aufriss, zwei leuchtende, gelbe Punkte starrten Merlin voller Wahnsinn an. „…EMRYS!“ Mit einem Flügelschlag schlugen aus seinen metallenen Hörnern schwarze Blitze umher, direkt auf die Ritter und das Königspaar Camelots zu. Erstarrt sahen sie alle ihrem Tod entgegen, denn diese Blitze würden sich nicht aufhalten lassen. Doch zuerst würden die Blitze jemand anderes treffen. Merlin! Er stand ganz vorne und würde sich auch nicht in Sicherheit bringen, selbst wenn es möglich gewesen wäre. Dafür waren ihm seine Freunde zu wichtig, das wusste jeder der Anwesenden.   Diese verloren keine Zeit. Arthur und die Ritter stürmten nach vorne, wollten ihn vor dem Angriff schützen. Was auch immer die Worte zuvor bedeuten sollten, sie würden nicht zulassen, dass Merlin, absolut wehrlos, wie er war, sich für sie opferte. Lieber starben sie zusammen, als dass sie ihren Freunden beim Sterben zusehen mussten. Gwen lief ebenfalls nach vorne und klammerte sich an Merlins Arm fest. Sie wollte die Nähe eines geliebten Menschen spüren, wenn es enden sollte. Sie hätte gerne Arthur im Arm gehabt, doch sie verstand vollkommen, dass er Merlin nicht sterben lassen konnte. Ihr ging es genauso. Und… wenn sie ehrlich war… sie war mehr als froh, wenigstens in der Nähe ihres Mannes und ihrer Freunde zu sein, wenn alles vorbei war…     Merlin hingegen war mit einem Mal vollkommen ruhig. Er hatte seine Magie nicht benutzt, doch trotzdem erschien für ihn die ganze Situation wie in Zeitlupe. Der Angriff des Rochs. Die wutverzerrte Miene Morganas, als ihre Kreatur ihre Feinde vernichten wollte. Seine Freunde, welche ihn beschützen wollten. Gwen, die sich an seinen Arm klammerte. Die Erkenntnis, welche ihn selbst ergriff… „Dumpfschädel…“, konnte der junge Mann nur seufzen und hoffte wirklich, dass Arthur und die Anderen es wenigstens auch gehört hatten. Doch das war egal. Nun war alles egal. Nur eines war jetzt noch wichtig. Die Erfüllung seines Schicksals.   Tief atmete er durch. Jetzt war der Moment gekommen. Der Moment, vor dem er sich gefürchtet hatte, seit er in Arthurs Dienste getreten war. Seit er in Arthur einen Freund sah. Seit sie sich gegenseitig so schätzen gelernt hatten. Der Moment, der alles zerstören würde, was er sich so mühsam in Camelot, seiner Heimat,  aufgebaut hatte. Angefangen bei Arthurs Vertrauen in ihn und seiner Freundschaft bis hin zu Merlins Leben. Aber nun gab es kein Zurück mehr. Nicht für ihn. Es gab keine andere Möglichkeit. Er musste seine Freunde retten. Er musste Arthur retten. Selbst, wenn es ihm das Herz zerriss… Selbst, wenn Arthur und die anderen ihn hassen sollten… Selbst, wenn er sterben sollte… Was nützte Merlin all seine Macht und seine Magie, wenn er Arthur nicht vor dem Tode bewahren konnte? Wenn er dessen Schicksal nicht beeinflussen konnte? Lieber nahm er selber den Tod in Kauf, als Arthur sterben zu sehen…     Seine Magie baute sich auf, wallte in ihm hoch, sammelte sich, war bereit, nach außen zu brechen. Sie spürte den Angriff des Rochs, machte sich bereit, sich dem, was kam, entgegen zu stellen.   Merlin kniff seine Augen zusammen, er war im Zwiespalt, er wollte nicht, dass sie es sahen, doch es musste sein. Sie sollten es erfahren. Arthur sollte es endlich erfahren. Wen er an seiner Seite geduldet hatte, wem er mehr als sonst jemanden offenbart hatte. Wem er all die Jahre vertraut hatte… Also riss Merlin seine Augen auf, damit sie es sehen konnten. Damit sie sehen konnten, was er war. Grimmig riss er seine Arme hoch, stieß somit Gwen von sich, welche leicht zurückstolperte, doch darauf achtete er nicht. Nun galt es einzig und alleine, sie alle zu beschützen.       Arthur und die Ritter sahen ihrem nahenden Tod mit erhobenen Häuptern entgegen. Sie waren sich stillschweigend darüber einig, dass die edlen Ritter von Camelot keinen würdigeren Tod würden finden können, als im Kampf um ihr geliebtes Königreich. Vor allem, als sie ihren gemeinsamen Freund beschützen konnten. Auch, wenn es nicht von langer Dauer sein würde…   Die schwarzen Blitze sollten allerdings nie bei ihnen ankommen. Erstarrt beobachteten die Ritter das Schauspiel vor ihren Augen. Wie abgewehrt bogen sich die Blitze plötzlich nach oben und zur Seite, als würden sie an einer unsichtbaren Wand abprallen. Krachend schlugen sie in den Stein der Wände und des Bodens ein, rissen diesen auf und hinterließen tiefe Furchen, bewiesen somit ihre ungeheure Zerstörungskraft. Sie schienen auf ein unsichtbares Hindernis gestoßen zu sein, welches die schwarze Macht der Bestie nicht durchdringen konnte. Wie durch Geisterhand. Oder eher… …durch die Hand eines Zauberers.   Es konnte sich in diesem Schreckmoment erst keiner erklären… doch der laute Aufschrei von Gwen ließ sie schon im nächsten Moment ihre Köpfe herumreißen. Tief in ihnen, in ihrem Unterbewusstsein, reifte in jedem von ihnen bereits eine Vermutung, was sie aber erst mit ihren eigenen Augen sehen mussten, um es auch wirklich zu verstehen. Jeder von ihnen sah es, der Verstand nahm es auf, doch ihre Herzen weigerten sich, zu verstehen und zu glauben.   Gwen stand da, die Hände auf den Mund gepresst, ihre braunen Augen aufgerissen und ängstlich auf ihren besten Freund gerichtet. Tränen schimmerten darin. Sie war einige Schritte von ihrem besten Freund zurückgewichen. Ihr Körper zitterte. Und jeder konnte sehen, was sie so in Angst versetzte.   Merlin hatte die Arme nach vorne ausgestreckt. Seine Finger waren weit gespreizt und die offenen Handflächen zeigten in Richtung ihrer Feinde. Genau in die Richtung, aus welcher der Angriff der Bestie kam. Seine Muskeln waren angespannt, seine Lippen zusammengekniffen. Seine Miene zeigte eine nie zuvor dagewesene Ernsthaftigkeit.   Natürlich, schon in den letzten Minuten - oder waren es Stunden? -  schien er nicht mehr ihr aller Freund Merlin zu sein. Er zeigte eine Seite, welche seinen Freunden völlig unbekannt war. Doch der Anblick, der sich ihnen nun allen bot, war noch viel schlimmer. Der naive, trottelige liebenswerte Diener, welcher über seine eigenen Füße stolperte, war verschwunden. Vollkommen. Kein Lächeln auf den Lippen. Keine spöttischen Bemerkungen. Das Erschreckendste jedoch waren seine Augen. Das Funkeln und das Strahlen in ihnen war weg. Der Schalk war ausgelöscht. Aber das war nicht der Grund, warum jeder am eigenen Verstand zweifelte. Nein.       * Lied an       Wo sonst immer strahlendes Blau zu sehen war, herrschte in diesem Moment glühendes Gold.   Merlin wirkte mit einem mal so mächtig, wie er da stand, so unglaublich überlegen, eine Aura der Macht um sich herum, welche beinahe greifbar war. Es gab keinen Zweifel daran, dass er den Angriff auf sie abgewehrt hatte. Was er getan hatte. Der Goldschimmer in seinen Augen verschwand wieder und die strahlend blauen Augen Merlins kehrten zurück. Seine Arme waren noch immer erhoben. Sie alle hielten den Atem an.   Arthurs Gedanken schienen still zu stehen, obwohl sie rasten. Sein Atem ging keuchend. Fassungslos blickten seine aufgerissenen Augen zu Merlin, der scheinbar seelenruhig da stand. Sein Körper begann zu zittern, das Blut wich ihm aus dem Gesicht.   Die Ritter, sowie auch Gwen betrachteten ihren Freund mit vor Schock aufgerissenen Augen. Keiner von ihnen war in der Lage auch nur einen Ton von sich geben. Zu sehr lähmte sie die Erkenntnis, welche ihre Gemüter wie eine Steinlawine überrollte.     Ihre Beine fühlten sich wie gelähmt an, als sie langsam zurückwichen, nur wenige Schritte, doch diese Schritte waren so unglaublich schwer, denn noch immer versuchten die Menschen, welche den Schwarzhaarigen ins Herz geschlossen hatten, zu begreifen, was soeben passiert war. Es gab nur eine Erklärung, für das, was er gerade getan hatte, was vor ihren Augen passiert war, doch diese war so unglaublich und unmöglich, dass es schon fast wieder lächerlich war.   Doch so sehr sie es auch gewollt hätten, keiner von ihnen konnte sich vor der Tatsache verschließen.     Merlin… war ein Zauberer. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ * Black Holes and Revelations - Knights of Cydonia http://www.youtube.com/watch?v=heE__3yGRcg Ab 3:17 das passt einfach perfekt! O_o Kapitel 20: Emrys, der Beschützer von Camelot --------------------------------------------- Kapitel 20 - Emrys, der Beschützer von Camelot     Zauberer. Zauberer. Zauberer. Immer wieder schoss dem König dieses eine Wort durch den Kopf. Und mit jedem Mal schien es ihm, als könne er ein weiteres Teil seines Herzens brechen und ein Teil seiner Seele splittern hören. So vielen Menschen hatte er vertraut. Und der Schwarzhaarige war derjenige gewesen, von dem er dachte, dass er ihm am Meisten vertrauen konnte. Immer stand er dem König zur Seite. So viele Jahre hatten sie miteinander verbracht, Freud und Leid miteinander geteilt. Arthur hatte noch keinen anderen Menschen so nah an sich heran gelassen, seine Gefühle so offen geäußert und sich jemanden gegenüber geöffnet wie ihm. Und sein Diener hatte mehr als einmal bewiesen, dass Arthur sich ihm zu Recht öffnen konnte. Doch so oft wurde sein Vertrauen auch missbraucht. Es hatten Arthur schon so viele Leute hintergangen, so viele Menschen hatte er falsch eingeschätzt. Morgana, Agravaine, Mordred… Aber jedes Mal, wenn Arthur dachte, es wäre aus, dann war er bei ihm und hatte ihm wieder Mut gemacht. Hatte sein gebrochenes Herz wieder zum Schlagen gebracht, egal, was kam. Und jedes Mal konnte er sich mit der Hilfe seines Freundes wieder aufrappeln und stärker als zuvor zurückkehren. Doch das ... das war das Einzige, das er nicht verkraften konnte. Er hatte ihn verraten. Ein Wort, welches er niemals mit seinem Diener und gleichzeitig besten Freund in Verbindung gebracht hätte. Verrat. Arthur keuchte, sein Herz verkrampfte sich schmerzhaft in seiner Brust. Merlin. Zauberer. Verräter.       Merlin stand beinahe in der Mitte des Areals und ausnahmslos alle Augen waren auf ihn gerichtet. Die überraschten Blicke der Sachsen… Der entsetzte Blick in den aufgerissenen Augen von Morgana… Die fassungslosen und geschockten Blicke seiner Freunde… Er war sich all dieser Blicke bewusst, doch er blendete sie aus. Er musste sich nun auf wichtigere Dinge konzentrieren.   Merlin schloss seine Hände zu Fäusten, anschließend ließ er sie hinunterfallen. Seine Arme hingen neben seinem Körper. Seine Muskeln waren angespannt. Er wagte es nicht, sich umzusehen, seinen Freunden in die Augen zu sehen. Denn Merlin hatte Angst vor dem, was er sehen könnte…   „Hähähähä!“ Laut krächzend lachte der Roch. Seine Wut schien verflogen und hatte der Schadenfreude Platz gemacht. „Deine Macht ist wirklich beeindruckend, Emrys. Nur die wenigsten könnten meinen Angriff abwehren.“ Die Bestie schien überaus erheitert über diesen Zustand zu sein. Morgana inzwischen war vollkommen entsetzt und stammelte vor sich hin. „Nein…“ stammelte sie ungläubig. „Nein… du- du kannst- kannst nicht- du kannst nicht Emrys sein!“ Ihre Stimme versagte bei seinem wahren Namen fast, wurde zu einem hohen Quietschen. Wäre die Situation nicht so lebensbedrohlich und ernst gewesen, dann hätte Merlin über sie lachen können. Ihr Körper erbebte unter dem ständigen Zittern, welches sie befallen hatte, seit sie mit eigenen Augen die Wahrheit erkannt hatte.   Weder Merlin noch der Roch beachteten sie. „Doch glaub ja nicht, dass du mich besiegen kannst“, behauptete der Roch weiter. „Selbst deine ganze Macht könnte mich nicht töten, obwohl ich zugeben muss, dass sie mich doch erheblich schwächen würde. Doch töten, nein. Das kann niemand. Und schon gar kein kleiner, jämmerlicher Zauberer, der nun vollkommen alleine dasteht!“ Die Gehässigkeit, mit welcher der Roch die letzten Worte sagte, war nicht zu überhören und es schien ihm unendliche Freude zu bereiten. Obwohl sich so gut wie alles dagegen sträubte, obwohl ihn die Angst innerlich zerfraß, ließ Merlin seinen Blick über die erstarrten und schockierten Ritter wandern, über Gwen, deren Tränen nun über ihre Wangen liefen. Das alles ließ den Schmerz in Merlin aufflammen, niemals wollte er seine Freunde so sehen. Ihnen so viel Leid zufügen. Wie viel Mühe hatte er sich immer gegeben, sie zu beschützen und sie glücklich zu sehen… und nun war es ironischerweise Merlin selbst, der seinen Freunden diese Qualen bereitete… Doch die größte Qual empfand wohl nur einer… Merlins Blick wanderte weiter bis er an seinem besten Freund… seinem König haftete. Er wusste nicht, ob der Blonde ihn noch als Freund, wenn überhaupt als Verbündeten ansehen würde… Er bezweifelte es stark… Eine durch Schock und Unglauben verzerrte Maske sah ihm entgegen, doch auch Schmerz war in den blauen Augen des Königs zu sehen, welcher Merlin das Herz zerriss. Doch wenn dieser sich von seinem Schreck erholt hätte, würde Merlin in Arthurs Gesicht Wut und Hass sehen. Auch… wenn er sich etwas anderes wünschte… doch Merlin konnte nicht glauben, dass Arthur ihm verzeihen würde… diese Hoffnung wollte er sich nicht machen, da es ihn noch mehr zerreißen würde, wenn diese Hoffnung zerstört werden würde… dafür… war Merlins Verrat an seinem besten Freund zu groß… `Verräter´, hallte eine Stimme in Merlins Kopf wider, die Erschreckenderweise Arthur ähnelte. Und bei diesem Wort und der Stimme seines Herrn in seinen Gedanken… da hörte Merlin sein Herz brechen… Doch er musste sich zusammenreißen. Er durfte sich jetzt nicht seinen Gefühlen unterwerfen… sonst würde er diesen Kampf nicht für seine Freunde entscheiden können…   „Selbst wenn es so sein sollte…“, sagte Merlin und seine Stimme klang mit einem Mal dumpf. „Selbst, wenn ich alleine sein sollte. Ich glaube an die Zukunft von Albion. Ich glaube an die Zukunft von Camelot. Und ich werde alles tun, dass diese Zukunft auch eintreten wird. Ich werde Arthur helfen, sein Schicksal zu erfüllen.“ Tief holte Merlin Luft, bevor er seine nächsten Worte aussprach. „Übrigens… hast du Unrecht.“ Verwirrt legte der Roch den Kopf schief. „Was meinst du?“, wollte die Bestie wissen. „Glaubst du, du kannst gegen mich bestehen?“, stellte Merlin eine Gegenfrage. Sein Gesicht war ausdruckslos. Seine Stimme war es ebenso, doch es war eine Autorität darin, welche die Anwesenden erschaudern ließ. „Ich bin Emrys, der Beschützer von König Arthur und von Camelot. Seit Jahren beschütze ich das Reich und seinen Herrscher vor Angriffen durch Zauberer und magischen Wesen. Unzählige Menschen und Wesen habe ich auf meinem Wege schon töten müssen und du wirst da keine Ausnahme sein.“ Beinahe konnte er den weiteren Schock seiner Freunde aufgrund seiner Worte spüren. Das er Menschen und Kreaturen getötet haben sollte, war auch für ihn selbst manchmal noch unbegreiflich, aber dennoch notwendig. Auch wenn es ihm noch immer höchst zuwider war.   Der Roch bewegte den Kopf, schien etwas erwidern zu wollen, doch Merlin schnitt ihm das Wort ab.   „Ich kann dich nicht aufhalten, das ist wahr. Doch ich bin auch nicht alleine. Und dank meinem Vater mit einer Gabe gesegnet, die dir zum endgültigen Verhängnis werden wird.“ „Und was soll das bitte sein?“ fragte der Roch und schnaubte verächtlich. Was sollte dieser kleine Zauberer auch für eine letzte Waffe gegen ihn in der Hinterhand haben? „Durch Waffen kann man dich nicht verletzen, mit meiner jetzigen Magie würde ich dich nicht endgültig töten können. Doch, “ Nun erschien ein seltsames Funkeln in Merlins Augen, „ein Wesen, ebenfalls durch die Magie entstanden, ein Wesen der Alten Religion, mächtig genug, deinen Nebel verdunsten zu lassen.“   Zuerst sah der Roch seinen Gegenüber mit schief gelegten Kopf an, bevor er ihn ruckartig aufrichtete. Der Roch schien erkannt zu haben, worüber Merlin sprach. Dementsprechend wurde er unruhig, seine Krallen zuckten, und seine Flügel ruckten unruhig, doch er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. „Selbst wenn es solch ein Wesen noch geben würde. Wie kommst du darauf, dass es dir helfen würde?“ Ein Hauch von Panik schwang in den Worten der Bestie mit, auch, wenn sie es zu unterdrücken versuchte. Der Roch wollte nicht wahrhaben, was die Worte seines Feindes bedeuten könnten. Was sie für ihn bedeuten könnten.   „Ich bin der letzte Drachenmeister!“ Voller Autorität und Macht kamen diese Worte über die Lippen des Schwarzhaarigen, worauf ihn seine Freunde noch mehr anstarrten. Keiner von ihnen konnte dem Gespräch mehr folgen, zu sehr waren sie noch von Merlins Offenbarung schockiert. Doch seine letzten Worte ließen ihnen kalte Schauer über den Rücken jagen. Die Augen des Rochs weiteten sich. „Und es gibt da jemanden, der dich nur zu gerne in die Hölle befördern möchte.“ Kurz senkte Merlin den Kopf, bevor er ihn hochriss und den Kopf in den Nacken legte. Ein bestialisches, uraltes Brüllen und Fauchen drang aus seiner Kehle, Worte einer uralten Sprache, welche so unmenschlich klangen, dass ihn alle entsetzt anstarrten.   „Oh drakon, e male so ftengometta tesd'hup'anankes!“   Erschrocken taumelte der Roch zwei Schritte zurück, wollte nicht glauben, was er da hörte, was diese Laute zu bedeuten hatten, bevor er sich wieder besann. „Selbst wenn es wahr sein sollte!“ Die Panik schwang nun deutlich in seiner Stimme mit, auch wenn er es immer noch zu verbergen versuchte. „Wer weiß, wo er sich befindet! Er wird nicht schnell genug hier sein, um dir auch nur ansatzweise zu nützen!“ „Das stimmt.“   Dann, aus dem Nichts, durchschnitt ein lautes, tiefes Brüllen allerlei Geräusche und schreckte die Anwesenden, einschließlich den Roch, auf. Keiner von ihnen wagte es auch nur ein Wort zu sagen oder gar zu atmen. Arthur, welcher noch weiter von seinem Diener zurückgetreten war, riss seine Augen auf, sein Kopf schnellte herum, sein Blick glitt in den Himmel und er betrachtete vollkommen entsetzt das Schauspiel, was ihnen allen geboten war.   Die Reaktion des Rochs amüsierte Merlin. Mit einem leichten Grinsen sagte er „Wenn wir nicht schon vorher mit deiner Anwesenheit gerechnet hätten.“ Jenseits des Areals, in welchem sie sich befanden, drang Geschrei an ihre Ohren, Schmerzens- und Todesschreie. Anscheinend waren auch noch außerhalb ihrer Reichweite Kämpfe im Gange, welche keiner von ihnen registriert hatte und welche nun abrupt unterbrochen wurden. Sie hörten ein Rauschen, welches schnell lauter wurde, das Licht von gewaltigen Feuerschwallen erhellte den Nachthimmel. Das Rauschen schwoll zu einem Sturm an, als auch schon ein riesiger Schatten über sie hinweg flog. Einmal kreiste er über der Schlucht, bevor er sich herabsenkte und hinter Merlin landete, nachdem dessen Freunde sich weiter als zuvor entfernt hatte, beobachtet von allen Anwesenden, welche sich mit Schrecken an dieses Ungetüm erinnerten. Voller Furcht packten sie ihre Schwerter, sowohl Ritter und Sachsen, welche sich in ihren Händen befanden, fester, sodass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten. „Der große Drache!“ flüsterte Sir Leon voller Entsetzen. „Aber das kann doch nicht - !“, stammelte Sir Elyan. „Wie ist das möglich?!“, wollte Sir Gwaine wissen, dessen Stimme absolut fassungslos klang. Percival brachte kein Wort heraus. Er war blass im Gesicht geworden und besah sich mit Schrecken das Ungetüm, welches ihnen entgegenstand. Gwaine, Elyan und Percival waren damals nicht in Camelot, als der Drache in der Stadt wütete, doch sie haben genug Geschichten und Berichte von diesem Vorfall gehört. Und die Angst kroch ihnen jedes Mal in die Glieder. Sie waren froh über die Umstände ihres Fernbleibens. Sie wollten nicht gegen den Drachen kämpfen und waren froh, dass er tot war, dass Arthur es geschafft hatte, ihn zu töten. Doch sie hatten sich zu früh gefreut. Diesem Wesen nun gegenüber zu stehen, war, als wäre ein Alptraum wahr geworden. Gwen krallte sich voller Angst in den Arm ihres Mannes. Sie erinnerte sich noch zu genau an den Schrecken, welcher der Drache damals über Camelot gebracht hatte. Und an die Angst, welche sie damals empfunden hatte, doch nun war diese noch viel größer. Denn nie hätte sie gedacht, sich noch einmal einem Drachen gegenüber zu wissen. Der Große Drache war der Letzte seiner Art, hieß es. Und Arthur hatte ihn getötet, dass wussten sie alle. Schließlich hatte er auch nie wieder Camelot überfallen. Doch scheinbar war das ein Irrtum.       Arthurs Herzschlag setzte aus. Sein Atem ging stoßweise. Diese ganze Situation war verkehrt, einfach verkehrt. Und total verrückt. Sein Diener, welcher seine Aufgaben mehr schlecht als recht ausübte, der Tollpatsch, welcher jede zwei Schritte über seine eigenen Füße stolperte… diesen Mann sah Arthur jeden Tag. Doch nun hatte der Schwarzhaarige nichts mehr mit dem Mann von früher gemein. Nun strahlte er eine solche Macht aus, überschäumende Macht, unbändige Stärke. Er besaß eine Macht, dem Angriff einer Bestie wie dem Roch zu trotzen, sie einfach abprallen zu lassen. Niemals hätte Arthur gedacht, dass jemand dazu in der Lage wäre, weder Mensch noch Zauberer. Und diese Laute, welche seine Kehle verließen… es waren kehlige Laute, feines Fauchen und tiefes Grollen, Geräusche, die eine Sprache bildeten, welche nur der Schwarzhaarige und der Drache zu verstehen vermochten. Noch nie hatte der König etwas Vergleichbares gehört. Es war ein Schock für Arthur, seinen sonst so trotteligen Diener so mächtig zu sehen.   Aber etwas anderes schockierte ihn noch viel mehr. Das war nicht möglich. Das war einfach nicht möglich! Er hatte den Drachen besiegt! Arthur hatte dem Drachen den Gnadenstoß versetzt, bevor sich dieser schwer verletzt zurückzog, um zu sterben. Er hatte ihn getötet! So hatte man es ihm doch gesagt - ! Seine geweiteten Augen richteten sich auf den Schwarzhaarigen, welcher den Großen Drachen gerufen hatte. Sein Herz setzte aus und sein Verstand weigerte sich, die Ausmaße dieser ganzen Situation mit einem Mal begreifen zu wollen. Er hatte ihm damals gesagt, dass der Drache tot wäre. Er, der nun den Drachen gerufen hatte. Er, der ein Zauberer war. Merlin. Zauberer. Verräter. Arthurs Welt zerbrach beinahe.     Merlin neigte kurz seinen Kopf vor dem gewaltigen Wesen. „Ich danke dir, dass du gekommen bist.“ „Um nichts in der Welt hätte ich versäumt, dir zu helfen und diesen Abschaum der magischen Welt zurück in die Hölle zu befördern, aus welcher er kommt.“ Die Anwesenden zuckten zusammen, als so plötzlich die tiefe Stimme des Drachen hörten. Das hätten sie niemals erwartet. Sie dachten, er wäre ein Tier. Einfach ein Tier, welches tat, was es tun musste, tun wollte. Rachegelüste gehörten nicht zu einem Tier, doch es konnte sich sonst keiner erklären, wieso der Drache Camelot sonst angegriffen hatte. Vielleicht lag es auch nur an der Magie. Denn damals haben sie noch gedacht, Magie sei das reine Böse. Er schien allerdings bei weitem intelligenter zu sein, als sie auch nur vermutet hätten. Keiner von ihnen hätte dem Wesen Worte oder gar tiefgründige Gedanken zugetraut. Den Drachen nun sprechen zu hören, zeigte ihnen, wie falsch sie gelegen hatten. Wie falsch sie alle gelegen hatten.   Mit zusammengekniffenen Augen blickte der Drache zum Roch, welcher ihn wütend anzischte. „Kilgharrah!“ „Roch!“ „Du willst also noch einmal versuchen, mich aufzuhalten, häh?! Das wird dir dieses Mal nicht gelingen!“ „Deine Zeit ist längst vorbei, Roch. Deine Rückkehr bringt das Gleichgewicht der Welt durcheinander und bringt sie in Gefahr. Und das werde ich nicht zulassen!“ „Du hörst also einfach auf den Befehl dieses kleinen Narren und beschützt diesen wertlosen Abschaum?!“ Kreischend kamen die Worte über die unsichtbaren Lippen der Bestie. Seine Worte hallten in seiner eisernen Maske nach. „Selbst wenn Merlin es mir nicht befohlen hätte,“ Kilgharrah neigte seinen riesigen Kopf und sah Merlin an. „Ich glaube an die Fähigkeiten des jungen Zauberers. Und ich glaube auch an sein Schicksal, welches er erfüllen wird.“ Der Blick des Drachen wanderte zu Arthur, welcher wie erstarrt da stand und direkt in die bernsteinfarbenen Augen des Drachen blickte, welche voller Wärme zu ihm heruntersahen. Es war ein merkwürdiges Gefühl für Arthur. Sah er bei dem damaligen Kampf nur Hass und Verachtung in den Augen des Drachen, konnte er sich diese Wandlung nicht erklären, vor allem in seinem verwirrten und schockierten Zustand nicht. „Ebenso wie ich an den jungen Pendragon glaube. Er wird der König, den die fünf Königreiche und auch Albion brauchen.“   Der Roch knurrte schrill, seine Wut stieg, bis er sich auf seine Hinterbeine erhob uns sich zu Morgana umdrehte, welche mit bleichem Gesicht hinter ihm stand und mit geweiteten Augen Merlin beobachtete. Sie schien es immer noch nicht glauben zu wollen, wer er war und schien umso mehr Angst vor den Worten der Cailleach zu haben. „Warum hast du verdammte Hexe mir nicht gesagt, das Emrys einen Drachen auf seiner Seite hat?!“, schrie der Roch Morgana an, welche leicht zusammenzuckte. „Wenn ich gewusst hätte, dass Merlin - “, begann Morgana mit zitternder Stimme, die starke Präsenz des Rochs zerrte an ihren Kräften. Und nun, da sich Merlin als Emrys entpuppt hatte, war sie sich nicht mehr sicher, dass sie so einfach gewinnen konnte. Zudem hatte er auch noch einen Drachen auf seiner Seite. Das hatte sie vollkommen vergessen. Die Anwesenheit des Roch hatte sie benebelt und kaum einen klaren Gedanken fassen lassen. Langsam aber sicher klärte sich der vor Macht vernebelte Verstand von Morgana wieder. Merlin. Er war Emrys! Wie konnte sie das nur übersehen?! „Du bist so einfältig, wie du dumm bist, Hexe! Durch deine Schuld stehen wir nun diesen beiden Hindernissen gegenüber! Selbst Mordred wusste davon, Weib!“ „Was!?“ Fassungslos sah Morgana zu dem Mann, welchem sie zu vertrauen geglaubt hat und von welchem sie nun so bitter enttäuscht wurde. Große Augen starrten zurück. „Du hast es gewusst?! DU HAST ES GEWUSST?!?“, schrie sie ihn an. Mordred zitterte, als er sich gegen die Macht des Rochs erhob. Nur mit Mühe konnte er sich gegen die dunklen Klauen, welche sich in seinen Verstand und seine Seele geschlagen hatten, erheben, doch seine Angst und sein Wunsch nach dem Überleben wurde stärker. „Er hat mir befohlen, zu schweigen!“ Anklagend deutete der junge Mann auf den Roch, welcher knurrte. „Ich hätte es dir gesagt, damit du nicht blindlings in die Falle läufst, doch er - !“ „SEI STILL!“, kreischte Morgana, ihre Augen glühten golden auf und Mordred flog in hohem Bogen nach hinten. Die Sachsen konnten rechtzeitig zur Seite weichen, sodass Mordred auf dem harten Steinboden aufkam und dort regungslos liegen blieb.   Der Roch knurrte, das alles lief überhaupt nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte. Er wollte sich an der Verzweiflung und den Hass der Beiden laben und nun das! Zwar konnte er sich an der wachsenden Verzweiflung Morganas laben, doch sie hatte Mordred außer Gefecht gesetzt und zudem stand er nun Kilgharrah gegenüber, einem Feind, den er schon einmal unterschätzt hatte. Dieser Fehler durfte ihm kein zweites Mal passieren.   Sein Körper bebte. „Hast du etwa Angst, Roch?“ Natürlich bemerkte Kilgharrah, wie aufgebracht der Roch war und wollte ihn aus der Reserve locken, ihn einen Fehler begehen lassen. Der Roch kreischte entrüstet. „Vor dir alterschwachen Echse?! Nicht in diesem Leben Kilgharrah und auch in keinem Anderen!“ „Für dich wird es hiernach kein nächstes Leben mehr geben!“ Kilgharrah breitete seine Flügel aus und das keinen Moment zu spät, denn schon war der Roch im Himmel verschwunden. Das Biest hatte einen kleinen Vorteil, er war kleiner und somit auch wendiger als Kilgharrah, dafür hatten die Angriffe des Drachen mehr Kraft. Beide flogen hoch, um über Camlann ihre Schlacht auszutragen. Kilgharrah spie Feuer, während der Roch seinen Nebel und schwarzen Blitze einsetzte. Schwarze und helle Lichter zuckten im Himmel umher.   Und als wäre dies das Startsignal gewesen, befahl Morgana ihren Männern den Angriff. Ihr war es inzwischen egal, wer Arthur tötete, doch sie wollte ihn, seine Freunde und Merlin… nein, Emrys endlich tot sehen. Zu groß war die Angst, doch noch zu versagen und sich alleine der Macht von Emrys entgegen zu stellen. Der Roch war selber in einen Kampf verwickelt, Mordred hat ihr Vertrauen missbraucht… Sie war alleine… vollkommen alleine…   Auch Merlin setzte sich in Bewegung, würde diese Hexe, welche seinem besten Freund und Camelot so viel Leid gebracht hatte, endlich zur Strecke bringen. Er rannte den Sachsen entgegen, wollte endlich diesen Kampf bestreiten. Die Rufe seiner Freunde ignorierte er. Merlin konnte auch ihre Gefühlslage nicht richtig ausmachen. Bittend. Wütend. Verzweifelt. Zornig. Merlin wusste es nicht und er wollte es auch nicht wissen. Jedenfalls im Moment nicht. Irgendwann würde er sich seinen Freunde und ganz besonders Arthur stellen müssen, dass wusste er. Doch in diesem Moment… zählte der Kampf. In diesem Moment… zählte das Schicksal.   Arthur und seine Ritter blieben stehen. Sie mussten sich ebenso am Kampf beteiligen, auch wenn ihnen der Schock noch so tief in den Knochen steckte. Doch sie konnten Gwen nicht schutzlos zurück und sie nicht mit sich laufen lassen. Arthur und seine Ritter bauten sich wie eine Mauer vor der Königin auf, nur Elyan blieb direkt neben Gwen, falls einer ihr zu nahe kommen sollte. Sie riefen nach Merlin, als dieser einfach losstürmte, den angreifenden Sachsen entgegen. Völlig unbewaffnet lief er den Feinden in die Arme, schien nicht nachzudenken… … doch Merlin brauchte keine Waffe. Keinen kalten Stahl in der Hand, keinen Pfeil im Anschlag. Er hatte eine eigene Waffe, gegen die keiner von ihnen ankommen würde. Merlin. Zauberer. …Verräter.     Merlin Augen glühten golden auf, er schleuderte die Sachsen, welche direkt auf ihn zuliefen, einfach davon. Es waren kleine Fische, mit denen er sich nicht aufzuhalten hatte. Sein Ziel war ein anderes. Mordred war außer Gefecht. Kilgharrah kümmerte sich um den Roch. Seine Aufmerksamkeit galt einzig und alleine Morgana, welche ihn mit so unendlich großem Hass und genauso großer Furcht entgegensah. Es würde der entscheidende Kampf werden. Gut gegen Böse. Zauberer gegen Hohepriesterin. Emrys gegen Morgana.   …Merlin gegen das Schicksal…     Der Schwarzhaarige hatte die Sachsen hinter sich gelassen. Er vertraute auf Arthur und seine Freunde. Er vertraute auf ihr Können und war sich sicher, dass sie mit den übrigen Feinden fertig werden würden. Sein Ziel war genau vor ihm. Merlin rief „Forbærnan!“, seine Augen leuchteten golden und er schickte Morgana somit Feuer entgegen. Nur knapp konnte die Hexe ausweichen, streckte ebenfalls ihre Hand aus und rief „Gesǣgan!“, wollte ihn zu Fall bringen, doch Merlins „Wėrian!“ wehrte den ihren gekonnt ab. Morgana zischte. Sie wusste nicht, ob es an ihrer Schwäche durch den Roch lag, welcher immer mehr ihre Magie beanspruchte oder ob Merlin so viel mächtiger war als sie. Verbissen schüttelte die Hexe den Kopf. Das konnte nicht sein. Egal, wer Merlin angeblich war, sie war eine Hohepriesterin der Alten Religion. Sie hatte Mächte und Zaubersprüche gemeistert, welche sich die meisten Zauberer noch nicht einmal vorstellen konnten. Niemand konnte es mit ihr aufnehmen. Selbst Emrys nicht. Schon gar nicht Emrys!   Voller Wut schrie sie ihm ihren nächsten Angriff entgegen „Drȳcræft!“ Ein Ball aus reiner magischer Energie schoss auf Merlin zu und hätte er nicht rechtzeitig einen Schild vor sich aufgebaut, an welchem die Energie zischend verdampfte, dann wäre er jetzt womöglich hinüber. Ernst sah er zu Morgana, welche ihn voller Hass ansah. Die Spielereien waren nun endgültig vorbei. Nun ging es um Leben und Tod.     Arthur streckte einen der angreifenden Sachsen nieder, welche um ihn und seine Freunde lauerten. Sie griffen nicht gleichzeitig an, immer wieder preschten welche vor, doch sie wurden schnell erledigt oder zurückgeschlagen. Die Kämpfe beruhigten Arthur ein wenig, lenkten ihn von den Vorkommnissen ab. Und er begrüßte die Ablenkung. Wie gerne hätte er sich seinem Schmerz hingegeben, der Verzweiflung, von dem wichtigsten Menschen in seinem Leben so verraten worden zu sein. Wie gerne hätte er sein Schwert und sich selbst einfach fallen lassen, wäre am Boden liegen geblieben, ewig lange, um dieses Leid zu überstehen. Doch würde er es jemals überstehen? Er hatte Merlin verloren, seinen besten Freund, die wichtigste Stütze in seinem Leben. Nun schien nur noch ein Zauberer dort zu sein, wo er einst Merlin sah. Wie nannte er sich? „Ich bin Emrys.“ Emrys. Emrys, ein Zauberer.   Sein Herz pochte qualvoll in seiner Brust, es fühlte sich an, als würden sich Risse hindurch ziehen, der König musste mehrmals ein schmerzhaftes Aufkeuchen unterdrücken. Der Verrat seines Dieners und besten Freundes raubte dem König beinahe den Verstand. Wenn er nicht für die Sicherheit seiner Freunde und seiner Frau verantwortlich wäre und sie unter keinen Umständen verlieren wollen würde… so wie er bereits ihn verloren hatte…   Apropos Sicherheit… Sagte nicht auch… Merlin… etwas davon? Wie schwer es Arthur fiel, an seinen Diener zu denken… alleine sein Name, ihn auch nur in Gedanken zu formen… es pochte in seinem Schädel und zog unangenehm und schmerzhaft in seiner Brust.   „Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um meine Freunde zu beschützen! Auch wenn es meinen Tod bedeuten sollte!“   Ruckartig riss Arthur die Augen auf, welche er kurzfristig geschlossen hatte und das gerade rechtzeitig, um dem Angriff eines Sachsen zu entgehen, diesen taumeln zu lassen und einen Tritt in den Rücken zu verpassen, welcher den Angreifer hart auf den Boden aufkommen ließ.   Dröhnend hallten die Worte des Schwarzhaarigen im Kopf des Königs wider. Der Ernst, mit welchem Merlin sprach, war für Arthur und auch die Anderen so ungewöhnlich, dass sie ihn alle nur anstarren konnten. Doch seine Worte… die Worte, welche Merlin dem Roch entgegenbrachte, wollten seine Gedanken nicht verlassen.   „Er ist zu meinem besten Freund geworden.“ „Ich werde ihn beschützen!“ „Meine Loyalität gehört Arthur Pendragon!“   Diese Worte… sie klangen so ehrlich wie kaum etwas, was Merlin je gesagt hatte. Tatsächlich hatte Arthur solch eine Inbrunst und Ehrlichkeit bei seinem Diener nur erlebt, wenn er über seine Freunde, das Schicksal oder die Zukunft von Camelot sprach. Oder ihn. Arthur. Besonders bei Arthur. Merlin sah in ihm einen großen König. Den größten König von allen. Und das sagte Merlin immer und immer wieder. Bei all ihren Abenteuer, immer, wenn Arthur dabei war, sich selbst aufzugeben. Wenn er dabei war, sich selbst zu verlieren. Es war jedes Mal Merlin, der ihn aufgebaut hatte. Der ihm Mut zugesprochen hatte. Der sein Herz wieder zusammengesetzt hatte. Das alles hätte der Schwarzhaarige doch niemals getan, wenn er den König hintergehen wollen würde. Oder?   Merlin. Zauberer. …Verräter…? Arthur begann zu zweifeln.       Der Roch landete knurrend auf allen Vieren auf dem steinernen Boden am Rande der steinernen Schlucht, in welcher sich die `Gäste´ seines Spiels befanden. Beinahe knickten seine Vorderbeine unter der plötzlichen Belastung ein. Sein Kampf sah dort oben am Himmel auch nicht besser aus als der von Morgana. Keuchend schnappte der Roch nach Luft, während er dort am Boden hockte, wie ein geschlagenes Tier. Er war es nicht mehr gewohnt zu kämpfen und seine Macht war nicht groß genug, um seinen Feind zu schlagen. Doch was ihn wirklich wütend machte, war die Tatsache, dass Kilgharrah gealtert war und trotzdem mit ihm mithalten konnte. Eine Demütigung, die der Roch niemals hinnehmen würde. `Verdammt!´ Wütend knurrte er auf und sein Hass wuchs. `Ich kann nicht zulassen, dass dieser verdammte Drache mich ein weiteres Mal besiegt. Dieses Mal wäre es endgültig.´ Die Bestie ballte seine Klauen, welche im Stein entlang schliffen und tiefe Furchen hinterließen. Sein Hass kannte keine Grenzen mehr. Und seine Geduld war am Ende. Zwar konnte er auch Kilgharrah verletzen und Wunden zufügen, doch es genügte nicht. Er wollte den verdammten Drachen töten. Er brauchte mehr Kraft und das auf der Stelle. Der Roch knurrte. `Gib mir mehr Macht, Hexe! Sonst wird das hier auch dein Untergang!´, wandte er sich gedanklich an Morgana, welche leicht zusammenzuckte, als sie so plötzlich die krächzende Stimme der Bestie vernahm. Sie wich einem weiteren Feuerball von Merlin aus. Sie schleuderte einige Energiebälle in seine Richtung, um ihn abzulenken und versteckte sich für einen Moment hinter einem großen Felsen, welche es zur Genüge in dem Areal gab. Die Stimme des Rochs hatte durch seinen Hass und seiner Mordlust einiges an Überzeugungskraft verloren, doch er war mit der Hexe verbunden, also hatte sie sich ihm zu beugen. Doch Morgana weigerte sich, dem Roch ein weiteres Mal nachzugeben. `Nein!´, widersprach sie der Bestie. Ihr Atem ging keuchend. Der Kampf mit Merlin zerrte an ihren Kräften und da würde sie den Roch nicht noch weiter in seinem Wahn unterstützen. `Du bist stark genug! Und du unterstehst noch immer mir! Ich gebe die Befehle!´ Der Roch kreischte wütend auf. Voller Zorn richtete er sich zu seiner vollen Größe auf und spannte die Flügel. `Ich unterstehe niemandem, Hexe!´, kreischte er voller Zorn. Seine Geduld war nun endgültig am Ende. Er wollte frei sein. Jetzt! `Und wenn du mir keine Macht geben willst, dann nehme ich sie mir!´ `NEIN!´ Der Roch entzog Morgana immer mehr ihre Magie und diese wurde immer schwächer. Keuchend sank sie an dem Felsen herunter. So würde sie Merlin nie töten können. Und der Roch würde ihr nicht mehr gehorchen, dass wurde der Hexe nun bewusst. Sie hätte sich niemals von der Bestie so einwickeln lassen sollen. Ebenso wenig von Mordred. Hätte sie von Anfang an alleine gehandelt, auf ihre übliche Weise Menschen manipuliert und sie zu ihren Bauern auf ihrem Schachbrett gemacht, dann hätte Morgana schon längst gesiegt. Aber so… Sie hatte keine Wahl. Mit einem Mal unterbrach Morgana ihre Magiezufuhr zu dem Roch.   Der Roch erstarrte und seine Augen weiteten sich. Sein Körper fühlte sich mit einem Mal so seltsam an. Er konnte sich kaum rühren und seine Bewegungen waren langsam. Und er wusste, was geschehen war. „VERDAMMTE HEXE!!!“, kreischte der Roch voller Zorn und Hass. Wie konnte es dieses verdammte Miststück wagen, ihn so in den Rücken zu fallen?! Wusste sie nicht, was sie da tat?! Dafür würde er sie in der Luft zerfetzen! Doch der Roch fühlte, dass seine Kraft nachließ. Keuchend fiel die Bestie wieder auf alle Viere. Was sollte er nun tun?! Er hatte keine Machtquelle mehr, die er anzapfen konnte. Und auf diesem Feld gab es nicht genug Hass und Verzweiflung, um ihn zu stärken. Die Sachsen waren durch den Einfluss von Morgana, welchen sie mit ihrer Magie verstärkte, zu Blutdurstig, als dass sie Verzweiflung verspürten. Die Ritter von Camelot kämpften für ihre Liebsten und schoben die Gedanken der Verzweiflung beiseite, der Roch musste dabei beinahe würgen und knurrte. Es gab zu wenig offene, negative Gefühle in seiner Nähe, als dass es ihm reichen würde. Er war seinem Ziel so nah gewesen, so verdammt nah!   Ein gequältes Stöhnen drang an durch Metall verhülltes Ohr, was den Roch seinen Kopf heben ließ. Seine stechend gelben Augen fixierten den Mann, welcher das Geräusch von sich gegeben hatte und unter dem Eisen verzog sich sein Schnabel zu einem finsteren Grinsen. Das wäre eine hervorragende Alternative!       Nur langsam konnte Mordred der Bewusstlosigkeit entkommen, in welche Morgana ihn mit ihrem Angriff geschickt hatte. Stöhnend versuchte sich der Druide aufzurichten. Sein Körper schmerzte. Sein Kopf dröhnte. Es war ein starker Schlag, den Morgana gegen ihn gerichtet hatte. Doch wunderte es ihn? Nachdem der Roch ihn so als Verräter hingestellt hatte, war ihr Vertrauen, welches sie vielleicht in ihn gehabt hatte, zerstört. Morgana wollte nicht hören, dass ihre Kreatur ihn dazu zwang, ihr nichts über Emrys und seine Identität zu verraten, welche für den Schwarzhaarigen zwischenzeitlich in Schwärze gehüllt war. Sie wollte nicht hören, dass es niemals in Mordreds Absicht lag, sie zu täuschen. Es war ebenfalls sein Ziel gewesen, Arthur und Emrys tot zu sehen, doch dieser verdammte Roch hat alles zunichte gemacht. Wäre diese Bestie nicht gewesen, dann hätte Mordred mit Morganas Hilfe sein Ziel erreichen können und Arthur und Emrys wären tot. Aber so…   Stöhnend wollte sich Mordred aufrichten, wollte sehen, was er noch tun konnte, doch er kam nicht weit. Kaum, dass seine wackeligen Beine ihn trugen, spürte er eine eisige Kälte vor sich, welche ihn erstarren ließ. Der junge Mann konnte gerade noch so seine Augen aufreiße, bevor sich eine kräftige Klaue um sein Gesicht schloss und jeden Laut des Schocks und jeden Widerstand im Keim erstickte.   Schon einmal wurde er gepackt, schon einmal musste er die kalte Klaue dieser Bestie um sein Gesicht spüren. Und mit einem Schlag kehrte die Angst von Mordred zurück. Denn egal, wie stark er war, egal, wie groß seine Magie war… gegen den Roch konnte er nicht bestehen. Das konnte niemand. Weder Morgana, noch Emrys. Und er schon gar nicht. Mit einem Mal wünschte er sich, dass alles anderes gekommen wäre. Das Morgana diese Bestie nicht befreit hätte… Das er selbst noch immer in Camelot wäre… Das er Kara niemals wieder gesehen hätte… es hätte ihn geschmerzt… doch sie wäre am Leben…   Der Roch hatte Mordred gepackt, drückte ihm den Mund zu und starrte ihn aus seinen Schlitzlöchern in seiner Maske kalt an. Mordred erstarrte. Seine Augen waren mit Angst gefüllt. „Es hätte alles so gut laufen können“, zischte der Roch gefährlich leise. „Es hätte nicht mehr viel gefehlt, dann hätte ich diese jämmerliche Hexe töten können und wäre endlich frei. Doch du und dieser verfluchte Emrys musstet mir alles ruinieren!“ Schrill und voller Wut zischte der Roch, das Geräusch hallt im Inneren seiner Maske wider. „Du bist genauso unnütz wie diese kleine dumme Kara.“ Mordreds Augen weiteten sich voller Entsetzen und Schmerz. Ein Verdacht regte sich in ihm… ein schrecklicher Verdacht. Mordred hatte die dunkle und gefährliche Macht des Rochs am eigenen Leib erfahren müssen. Und er wusste, wenn dieses Wesen Morgana und ihn manipulieren konnte, dann wären auch andere Menschen ein leichtes Ziel für ihn. Besonders solche, die Hass, Wut, Zorn und ähnliche Gefühle in ihren Herzen trugen. Und Mordred wusste nur zu gut, wie Kara gegenüber dem Königshaus Pendragon empfand… Doch das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein!   Der Roch lachte eisern, als er die Verzweiflung und die Trauer des Mannes spürte, welche ihn bereits stärkte. Er reckte seine freie Klaue, ballte sie und erfreute sich an dem Gefühl, seinen Körper nun wieder richtig zu spüren.  „Ja, du denkst ganz richtig. Ich war es, der Kara dazu gebracht hatte, ins Schloss einzudringen und die Königin anzugreifen, niemand sonst. Meiner Macht war es zu verdanken, dass sie sich gegen das milderer Urteil des Königs gewehrt hat. Es war alles Teil meines Plans.“ Die aufgerissenen Augen Mordred füllten sich mit Tränen. Hass war in ihnen zu sehen. Hass und Verzweiflung. Heiß liefe die salzige Flüssigkeit über seine Wangen. Er trat nach der Bestie, doch der Roch lachte nur hämisch. „Sie hat es damals schon nicht geschafft, Arthur zu töten und du ebenso wenig. Aber das brauchtet ihr auch nicht. Denn alles, was ich wollte, war euer Hass, eure Verzweiflung. Und natürlich…“ Der Roch hob eine Klaue, reckte sie und legte die Krallen zusammen, welche nur ein Ziel hatten. Mordred erstarrte. „…brauchte ich euren Schmerz!“ Mit diesen Worten rammte der Roch seine Krallen direkt in das Herz des Druiden, welcher seine Augen so weit es ging aufriss und sein Leid zum Himmel hinausbrüllen wollte, doch das wurde ihm durch die Klaue des Rochs, welche um seinen Mund lag, verwehrt. Der Kopf des Wesens kam Mordred näher, doch die Sicht des Druiden verschwamm immer weiter. „Wie ist es, die Menschen verraten zu haben, welche dich geschätzt und als Freund angesehen zu haben? Welche ihr Leben für dich gegeben hätten?“, flüsterte die Bestie dem sterbenden Mann ins Ohr, der kalte Atem ließ ihn erzittern, doch schon spürte Mordred so gut wie gar nichts mehr. Der Tod griff nach ihm und seine letzten Gedanken galten Arthur und Merlin, welche er verraten hatte, welche für all das nichts konnten und nur getan hatten, was sie mussten. Die Erkenntnis, dass der Roch sie alle gegeneinander aufgebracht und getäuscht hatte, steigerte den seelischen Schmerz von Mordred um ein vielfaches. Es tat ihm Leid. Es war die Schuld von dem Roch und somit Morganas Schuld. Es war seine Schuld. Doch nicht die Schuld von Arthur und Merlin. Mordred hätte Morgana niemals trauen dürfen…   `Verzeih mir… Merlin…´   Es waren seine letzten Gedanken, welche Mordred in dieser Welt an jemanden richten sollte. Und wenn er schon nicht Arthur selbst um Verzeihung bitten konnte, dann wenigstens Merlin, dessen Last um einiges größer war, als die des König je sein konnte. Und plötzlich wünschte sich Mordred nichts mehr, als dass Arthur Merlin verzeihen würde, dass dieser ihn all die Jahre angelogen hatte und dass der König die Magie seines Dieners und aller Menschen akzeptieren würde. Er wünschte Merlin ein Leben voller Freude und Glück… ein Leben, welches Mordred ihm beinahe genommen hätte… Er wünschte Merlin und Arthur alles Glück dieser Welt… Mordred wünschte es sich so sehr…   Ein Bild tauchte plötzlich vor seinem geistigen Auge auf. Eine Person stand vor ihm. Eine Frau. Sie lächelte sanft, ihre Augen glänzten. Sie hatte ihre Arme ausgestreckt und wartete auf ihn. Seine Augen hatten sich bereits geschlossen. Wenn er die Kraft gehabt hätte, dann hätte Mordred gelächelt. Ihr gegenüber konnte sein Lächeln nicht größer sein. Seine Arme streckten sich ebenfalls und er ergriff ihre Hände. Endlich konnte er sie wieder sehen und ihr sagen, dass ihm das alles Leid tat, was er getan hatte, auch wenn es für sie war… Die Kälte ergriff ihn und ließ den Schmerz verschwinden… Und wie sehr er sich freute, endlich mit ihr zusammen sein zu können… Seine Kara…   Kapitel 21: Das Ende von Vielen (Teil 1) ---------------------------------------- Kapitel 21 - Das Ende von Vielen (Teil 1)     Merlin ließ Feuer in seiner Hand entstehen. Er trat vorsichtig einige Schritte an den Felsen näher, hinter welchem sich noch immer Morgana versteckte. Er wollte kein Risiko eingehen, falls es eine Falle sein sollte und sie irgendetwas plante, deswegen lieber ein Angriff von weitem. Merlin wollte ihr das Feuer gerade entgegenschleudern, als er eine Stimme in seinem Kopf hörte. Eine bekannte Stimme.   `Verzeih mir… Merlin…´   Es war Mordred. Seine Stimme war schwach und dünn, er hatte Mühe, ihn in Gedanken zu erreichen. Und in dem Moment, in welchem er die Stimme hörte, da spürte Merlin es ganz deutlich. Der junge Druide starb. Und es waren seine letzten Worte, welche er an seinen, in Mordreds Augen, größten Feind richtete. Doch sah der junge Druide noch einen Feind in ihm? Er hatte ihn Merlin genannt. Nicht Emrys. Und seine Stimme… so schwach wie sie war, Merlin konnte dennoch deutlich das Flehen darin hören… das Flehen um Vergebung…   In diesem Moment war es Merlin gleich, was sich vor ihm abspielte. Er dreht Morgana den Rücken zu, welche im Moment weniger eine Gefahr für ihn darstellte, und blickte dorthin, wo er Mordreds immer schwächer werdende Präsenz wahrnahm. Er wollte wissen, was geschehen war. Er musste es wissen. Merlin musste wissen, wer Mordred getötet hatte. Und damit das Schicksal in eine andere Richtung gelenkt hatte.   Und was der Schwarzhaarige sah, ließ ihn seine Augen aufreißen.     Der Roch kreischte freudig auf. Kehlig lachend reckte er seine Klauen, dehnte seinen Körper, spannte seine Flügel. Die Schlangen an seiner Kehrseite, welche zuvor wie leblos herabhingen, zischten nun gefährlicher als zuvor. Achtlos warf er den Körper, dessen Blut an seiner Klaue entlang lief, von sich. Für diesen hatte er nun keine Verwendung mehr. Lieber ergötzte sich die Bestie an der Macht, welche seinen Körper erfüllte. Was für ein herrliches Gefühl! Und das alles hatte er nur diesen idiotischen Menschen in seinem Spiel zu verdanken. Solche Narren! Mit jedem Tod, den sie verursachten, wurde er stärker. Die Sachsen, welche unter den Schwertern der Ritter von Camelot fielen… All die Seelen, die außerhalb dieses Areals umherwandelten… Und vor allem Mordred, der die größtmögliche Verzweiflung vor seinem Tode verspürte… Es war ein wahres Fest für den Roch! Sollte dieser Narr im Tode noch seinen Frieden gefunden haben und diese ekelhafte Zufriedenheit verspürt haben. Es war ihm gleich. Für den Roch zählte nur, dass er sich an seiner schier unermesslichen Verzweiflung laben und stärken konnte. Sein Körper gehorchte ihm wieder vernünftig und nun würde ihn nichts mehr aufhalten können. Auch dieser ach so große und mächtige Zauberer Emrys nicht!   Die kalten gelben Augen blitzten durch die Sehschlitze auf, als der Roch seinen Kopf hob und hinauf in den Himmel blickte, in welchem Kilgharrah mit seinen Flügeln schlug und auf seinen Gegner wartete. Der Drache wagte es nicht, einen Feuerstoß auszuüben, könnte dieser einen Verbündeten treffen, wenn der Roch auswich, doch das war der Kreatur nur Recht.   „Sieh es dir ganz genau an, Kilgharrah!“, kreischte der Roch und seine Klaue zeigte auf seinen Todfeind. Freudiger Wahnsinn erfüllte seine Stimme und die Umgebung. „Sieh dir an, wie ich deinen ach so tollen Meister versklave und auch du mir unterstehen wirst! HÄHÄHÄHÄHÄ!“ Die Augen des Drachen weiteten sich, worauf der Roch noch lauter lachte.   Wieso war er nicht schon früher darauf gekommen? Es war einfach perfekt! So viel Tod und Verzweiflung, Hass und Zorn… Der Roch fühlte sich so stark wie seit ewigen Zeiten nicht mehr. Und nun fühlte er sich auch endlich stark genug, um diesen großmäuligen Zauberer zu übernehmen. Ihn endlich in seine Gewalt zu bekommen. Denn tief in ihm spürte der Roch die Verzweiflung des Zauberers, nun, da seine Freunde von seinem Geheimnis wussten und er den Tod fürchten musste. Er würde sich diesen Funken zu nutze machen, ihn wachsen und gedeihen lassen, bis Emrys seine willenlose Marionette wäre. Was nützte ihn da schon diese armselige Hexe? Nur an ihrer Verzweiflung konnte er sich noch laben, doch das war auch schon alles. Wenn er erst Emrys unter Kontrolle hatte und damit auch Kilgharrah, dann konnte ihm keiner mehr gefährlich werden. Keiner!   Der Roch stieß sich ab, erfreute sich an dem leichten Gefühl, welches die Schwere von seinem Körper schüttelte und schlug mit den Flügeln. Noch nie war es ihm so leicht vorgekommen in sein Reich, den Himmel, emporzusteigen. Kilgharrah haderte nicht lange, sofort sandte er seinem Gegner ein Flammenmeer entgegen, doch darüber lachte die Bestie nur. Mit Leichtigkeit legte der Roch die Flügel an, stürzte sich hinunter, um den Flammen zu entgehen und schlug schnell wieder mit seinen Schwingen, um seinen Flug zu stabilisieren. Er fühlte sich so mächtig, er hatte das Gefühl, er könnte den Drachen mit seinen bloßen Klauen zerteilen. Doch das würde nur halb so viel Spaß machen. Der Angriff von Kilgharrah gab dem Roch die Zeit, sein Opfer ausfindig zu machen. Und es dauerte nur einen Augenblick, denn Emrys war in diesem Moment für ihn so auffallend wie ein Stern. Weit ab vom Geschehen. Alleine. Ohne seine Freunde. Und ohne die Hexe.   Der Roch fragte sich nicht eine Sekunde lang, was mit Morgana geschehen war, es interessierte ihn nicht. Und wenn sie bereits tot war, was kümmerte es ihn? Er hätte sie allerdings gerne selbst getötet, sie mit seinen eigenen Klauen zerfetzt… Doch das war nun unwichtig. Nun galt es, diesen Wicht unter seine Kontrolle zu bringen und damit für Kilgharrah die größte Schmach hervorzurufen. Denn er müsste auf ihn, den Roch hören, denn er würde Emrys die Befehle erteilen. Welch herrliche Vorstellung! Und wie es der Zufall so wollte, hafteten die Augen des Zauberers in diesem Moment genau auf der Bestie. Für den Roch war es eine noch viel größere Genugtuung, denn so würde er seine Niederlage unaufhaltsam auf sich zukommen sehen.   Der Roch konzentrierte sich, legte all seine Kraft, all seine schwarze Magie und die Macht der Beeinflussung, über welche er verfügte, zusammen und formte seinen Nebel, welcher ihm die Kontrolle über Emrys und somit über Kilgharrah verschaffen sollte. Eine Nebelwand, so dicht, dass man die Hand vor Augen nicht würde sehen können, schoss genau auf Merlin zu, welcher seine Augen aufriss. Schützend hob er seine Arme, versuchte sich vor der Macht seines Gegners zu schützen, welche ihn traf, Merlin vollständig einhüllte, doch über diesen jämmerlichen Versuch konnte der Roch nur hämisch lachen.   Er hörte das wütende und auch verzweifelte Brüllen von Kilgharrah und es entlockte ihm ein lautes, kreischendes Lachen. So gut hatte er sich noch nie gefühlt. Und gleich müsste seine Freude ihren Höhepunkt erreichen. Der Roch breitete die Arme aus und es schien, als erkläre er sich bereits jetzt zum Herrscher über diese Welt.   Jeden Moment müsste sich der Nebel verziehen, vollständig in den Schwarzhaarigen eingedrungen sein und dem Roch die vollständige Kontrolle über den angeblich größten und stärksten Zauberer aller Zeiten gewähren. Und mit ihm die Gewalt über Kilgharrah. Und er würde dem Drachen jede Demütigung, jeden Schmerz hundertfach zurückzahlen, dass schwor sich der Roch. Jeden Moment musste es soweit sein und grenzenlose Macht und Möglichkeiten würden ihm gehören. Ebenso die gesamte Welt!   Doch stattdessen befiel eine Schwere seinen Körper, wodurch er sich kaum noch bewegen konnte. Erschrocken riss der Roch seine Augen auf und schlug schwer mit seinen Flügeln. Was sollte das?! Was ging da vor?! Der Roch spürte ganz deutlich die Verzweiflung und den Tod, vernahm die Schreie der Seelen, welche das Schlachtfeld bewanderten und an deren Macht er sich zuvor labte. Er spürte all das und konnte doch keine eigene Stärke mehr aus all dem beziehen. Was war los?!   Der Roch drehte mit Mühe seinen Kopf, versuchte, seinen Feind am Boden zu erspähen. Emrys. Irgendetwas hatte er getan. Irgendetwas musste er getan haben. Anders konnte sich die Bestie seine plötzliche Schwäche nicht erklären.   Der Nebel verzog sich tatsächlich und gab den Blick auf den Schwarzhaarigen wieder frei. Und was der Roch da sah ließ ihn geschockt seine Augen hinter der Eisenmaske aufreißen.   Merlin hatte die Augen geschlossen und die Hände seitlich ausgestreckt. Er murmelte einige Worte vor sich hin, doch zu leise, als das es der Roch aus dieser Entfernung hätte hören können. Die Reste des Nebels, welcher sich noch an den Zauberer schmiegte und sich seines Körpers und seines Geistes bemächtigen sollte, verschwanden langsam. Und zwar vollkommen wirkungslos. Ein geschocktes Kreischen entfuhr der Bestie. Wieso konnte sich dieser Wicht gegen seine Macht wehren?! Niemand konnte seinen gewaltigen Kräften etwas entgegensetzen! Vor allem jetzt nicht, wo der Roch solch eine Stärke besaß! Wie ist es Emrys also gelungen?! Er war nur ein Mensch, verdammt!   `Nein.´   Merlins Stimme in seinem Kopf klang so fest und emotionslos, dass der Roch erstarrte, während er noch immer versuchte, mit seinen immer schwerer werdenden Flügel in der Luft auszuharren. Doch wieso hatte er ihm geantwortet? Und wie konnte er überhaupt seine Frage hören? Es war, als hätte Emrys seine Gedanken gelesen. Aber - ! Die Augen des Rochs weiteten sich.   Merlin atmete tief durch und ließ die Magie durch seinen Körper strömen, ließ sie pulsieren und freudig die Macht des Rochs zurückdrängen. Niemals könnte die schwarze Macht dieser Bestie gegen die reine Macht, die Magie, welche die seine war, bestehen. Mit der Magie, welche Merlin zur Verfügung stand, konnte er den Nebel der Bestie abwehren. Und mit dem Versuch, sich Merlin Untertan zu machen, hatte sich der Roch sein eigenes Grab geschaufelt. Denn durch die Verbindung, welche die Bestie zu dem Schwarzhaarigen mit Hilfe seines Nebels aufbauen wollte, war Merlin in der Lage, den gesamten Magie- und Kraftzufluss des Rochs zu unterbrechen. Er hatte ihn von sämtlichen magischen Intervallen und Gefühlen außerhalb seines Körpers abgeschnitten. Und somit von all dem, was ihm Kraft und gab und die Möglichkeit, in dieser Welt zu verweilen. Der Schwarzhaarige wusste selber nicht genau, wie er das bewerkstelligen konnte, doch seine Instinkte und seine Magie taten es und dieses Wissen genügte ihm. Es war anstrengend, doch das war es dem Zauberer wert. Merlin hätte nie gedacht, welche Ausmaße seine Magie annehmen könnte. Doch er hatte all seine Gefühle, all seine Emotionen tief in sich vergraben, um sich den Roch zu stellen, sich seiner Macht zu entziehen. In dem Moment, wo er alles andere außer seiner Magie abschaltete, konnte er sie so gut und intensiv spüren wie noch nie zuvor. Merlins Magie war groß, größer, als er es jemals für möglich gehalten hätte. Und damit war die letzte Chance auf einen Sieg für die Kreatur verspielt. Der Roch konnte ihm nichts anheben. Das wusste Merlin. Das wusste Kilgharrah. Und nun sollte es auch der Roch erfahren.   `Ich wurde durch die Magie geboren´, begann Merlin mit langsamer Gedankenstimme zu erklären, als hätte er es mit einem Schwerverstehenden, kleinen Kind zu tun. Doch durch den Verlust seiner Kraft und seiner Magie war es wahrscheinlich auch um das Verständnis und das Denken des Rochs geschehen. `Mein Schicksal ist schon seit Jahrhunderten vorherbestimmt. Ich bin kein Mensch. Und ich bin auch kein Zauberer. Ich bin ein Wesen der Alten Religion. Und ich bin mächtiger, als du es dir jemals vorstellen könntest.´ Der Roch sah entsetzt hinunter zu dem Mann, welcher zu ihm sprach und er versuchte die Worte zu verstehen. Doch durch den Verlust seiner Kraft war auch sein Denken stark verlangsamt. Seine Gefühle jedoch befielen den Roch noch immer so schnell wie zuvor. Und nun verspürte die Kreatur etwas, was er noch nie während seiner gesamten Existenz spüren musste. Angst. Echte, wahre Angst.   Merlin riss die Augen auf und starrte mit seinen goldenen Augen, welche stärker glühten als je zuvor, zu dem Roch hinauf, welcher voller Furcht in die leuchtenden Augen seines Feindes blickte.   `Ich bin der Sohn von Feuer, Luft, Erde und Wasser! Ich bin kein Mensch. Ich bin kein Zauberer. Ich bin die Magie selbst!´   Entsetzt riss der Roch die Augen auf. Er verstand endlich, was Emrys sagte. Er verstand endlich, warum sein Nebel und seine Macht versagte. Und mit der Erkenntnis kam auch das Wissen, dass er verloren hatte. Der Roch konnte Menschen manipulieren, ihnen seinen Willen aufzwingen, selbst bei Zauberern und Hexen funktionierte es, wenn sie negative Gefühle in ihren Herzen trugen. Je größer die Verzweiflung, der Hass, der Zorn, desto leichter fiel es dem Roch, die Menschen zu manipulieren. Doch Merlin… Emrys… er war kein Mensch. Er war kein Zauberer. Er war die Magie selbst! Und egal wie mächtig der Roch auch sein sollte… die personifizierte Magie konnte niemand kontrollieren oder gar aufhalten. Niemand!     Kilgharrah, welcher durch Merlin dem Gespräch gefolgt war und seinen Todfeind nicht einen Augenblick aus den Augen ließ, nutzte die Chance und sandte seinem Gegner ein verheerendes Flammenmeer entgegen. All seine verbliebene Kraft legte er in diese Flammen, wollte es endlich beenden. Und er war froh um diese Chance. Als er sah, wie stark der Roch in den letzten Minuten geworden war und es dann auf Merlin abgesehen hatte… da hatte auch den Großen Drachen die Verzweiflung gepackt. Denn auch, wenn er von Merlins Macht wusste, so war sich der Drache nicht sicher, ob es der junge Zauberer wirklich schaffen würde, den Einfluss des Roch zu überstehen. Vor allem… als Merlin sein Geheimnis vor seinen Freunden Preis geben musste. Denn der Drache hatte es gespürt. Merlin und Kilgharrah hatten eine Verbindung zueinander, eine tiefgehende Verbindung durch ihre Magie, seine Macht als Drachenmeister, ihre Freundschaft und als Brüder. Und der Drache hatte es nur allzu deutlich gespürt. Die Verzweiflung. Die Angst. Die Trauer. All die Gefühle, welche sein Freund und Bruder ertragen musste, so sehr sie den Drachen selber schmerzten, waren ein gefundenes Festmahl für den Roch. Doch die Überraschung von Kilgharrah hätte nicht größer sein können. Merlin schob die negativen Gefühle in sich zur Seite und ließ seine Magie aufblühen, in dem Wunsch, seine Freunde zu beschützen und seine Feinde zu vernichten, ganz gleich, was mit ihm geschehen sollte. Und die Magie in Merlin wallte auf, mächtiger als je zuvor und sie streckte den Roch nieder, machte ihn zu einem leichten Ziel für die Flammen des Drachen. Umso glücklicher war Kilgharrah, dass der Roch nun endlich Geschichte sein würde.   Der Roch drehte sich mit letzter Kraft, welche Emrys ihm noch nicht entzogen hatte, um und sah sich im Angesicht mit dem Feuer, welches sein Todfeind ihm entgegenbrachte. Sein Denken war beinahe bis zum Stillstand gekommen, er konnte nur einen klaren Gedanken fassen. Er konnte nur an die Person denken, welche es geschafft hatte ihn, den Roch, zu schlagen. An den einen Mann, welcher vom Schicksal vorherbestimmt war und den er dennoch als klein und unwürdig hielt. Ein Narr. Und doch… Nur langsam kam ihn ein Gedanke, langsam, schleichend. Sein Denken stoppte beinahe. Wer war in diesem Kampf, mit solch einem Ausgang, wohl der größere Narr? Sein Name huschte durch den Kopf des Roch, seine beiden Namen, sie sollten dort auch nach seinem Tod noch verbleiben. So wie in den Köpfen aller Menschen. `Merlin… Emrys…´   Der Roch kreischte, als das Feuer ihn traf und der Himmel in eine flammende Explosion getaucht wurde. Die Sachsen und die Ritter warfen sich zu Boden, war die Explosion nah und die Druckwelle hätte sie alle zu Boden geworfen. Sie kniffen die Augen zu, die Helligkeit war überwältigend. Arthur drückte Gwen an sich.   Die Bestie war geschlagen. Nichts blieb von dem Roch übrig. Nichts außer die Eisenmaske, welche wie ein Stein vom Himmel fiel und scheppernd zu Boden ging. Es herrschte mit einem Mal eine Totenstille und niemand konnte auf die Maske achten, aus deren Augenschlitze noch leichter Nebel stieg, bevor sie zu schwarzen Staub zerfiel und in alle Winde zerstreut wurde.     Dies war das Ende vom Roch.       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~       Mit einem Schlag verschwand plötzlich der Druck und die Kälte, welcher die Seele des Rochs in ihr hinterlassen hatten. Beinahe erleichtert wollte Morgana aufseufzen, doch damit verschwand auch beinahe sämtliche Magie, welche Morgana noch ihr eigen nannte. Erschrocken keuchte die Hexe auf, ihre Beine zitterten und sie konnte sich kaum noch auf diesen halten. Zitternd rutschte die Hexe an dem Felsen, hinter welchem sie sich versteckt hielt, herunter. Sie fühlte sich mit einem Mal so schwach wie nur selten zuvor. `Verdammt!´ Morgana fluchte, die Verzweiflung übermannte sie beinahe. Natürlich hatte sie das Kreischen der Bestie vernommen und die Explosion hatte ihr übriges getan, sodass der Hexe klar wurde was passiert war. Nun hatte sie einen endgültigen Beweis. Der Roch war vernichtet. Endgültig.   Morgana biss sich auf die Lippe, bis diese blutete. Die Erkenntnis, welche zusammen mit dem Tod des Rochs kam, erschlug sie beinahe wie der Schlag eines Morgensterns. Diese Schlacht war verloren. Sie hatte verloren.     Morganas Hände verkrampften sich, bis ihre Fingerknöchel weiß hervortraten und ihr Körper bebte. Die Hexe wusste, dass sie verloren hatte, doch sie wollte nicht aufgeben, nicht so! Sie stand auf, ihre Beine zitterten und wollten sie nur schwer tragen, doch sie musste sich erheben. Denn niemals würde sie diese Schande über sich ergehen lassen, sich feige hinter diesem Felsen zu verstecken, wenn ihr Gegner zu einem weiteren Schlag ausholen würde. Merlin… Wie sehr sie ihn hasste! Noch mehr als die Ritter von Camelot, mit ihrer Güte, ihrer Loyalität. Noch mehr als Gwen, welche immer so tat, als wäre sie ihre Freundin und ihr nun hinterrücks ein Messer in den Rücken rammen würde. Noch mehr als Arthur, welcher ihr ihren rechtmäßigen Platz auf dem Thron verwehrte. All diese Menschen hasste Morgana, doch keinen so sehr wie Merlin. Schon mehr als einmal hatte er sie aufgehalten, mehr als einmal war er ihr ein Dorn im Auge und auch mehr als einmal war sie wegen diesem verdammten Bastard beinahe gestorben. Dieser verfluchte Mistkerl… war ihr vielleicht wirklich über… Doch in dem Moment, wo sie alle Hoffnung aufgeben wollte, da schoss der Hexe ein Bild in den Kopf. Schon einmal hatte Morgana die Hoffnung aufgegeben, schon einmal war sie dem Tod näher als dem Leben. Und es gab ein Wesen, welches sie gerettet hatte. Ein Wesen, welches immer zu ihr gehalten hatte. Ein Wesen… welches bis zu ihrem Tod an ihrer Seite wäre.   `Aithusa!´, rief Morgana so laut es ihr möglich war in Gedanken und hoffte von ganzem Herzen, dass die Drachendame sie erhören möge. Nach allem, was Morgana ihr angetan hatte, wie sie sie behandelt hatte… da würde es die Hexe nicht verwundern, wenn Aithusa sie niemals wieder sehen wollen würde. Doch noch deutlich spürte Morgana das Band, welches den Drachen und sie aneinanderknüpfte, welches entstand, als die Drachin ihr das Leben rettete und durch ihre gemeinsame Gefangenschaft gefestigt wurde. Nun hoffte Morgana, dass dieses Band stark genug war, um sie beide zu retten… So gerade und aufrichtig, wie es Morgana in ihrer jetzigen Verfassung möglich war, kam sie hinter dem Felsen hervor und trat dem Unvermeidbaren entgegen.       Merlin atmete tief ein und aus. Es hatte ihn einiges an Kraft gekostet, den Roch seiner Macht zu berauben und sie gegen ihn zu verwenden. Es war ein gefährliches Manöver und Merlin war mehr als froh, dass es geklappt hatte. Doch noch waren sie nicht sicher. Denn noch war eine Bedrohung übrig. Merlin drehte sich um und besah sich die Hexe, welche gerade hinter dem Felsen hervorkam. Beinahe wie ein Häuflein Elend stand sie vor ihm. War sie zu Beginn der Schlacht voller Zuversicht, dass sie endlich ihr Ziel erreichen und Arthur würde töten können, so war nun nichts mehr davon übrig. Ihre Magie war so gut wie verbraucht, sie konnte sich nicht mehr lange auf den Beinen halten. Merlin atmete tief ein und aus. Er wollte noch eine Sache tun, bevor er sich Morgana stellte. Eine Sache war er noch schuldig geblieben, auch wenn es ihm das Herz zerreißen würde, doch er wusste, dass es nötig war.   Merlin schien zu warten. Genauso wie Morgana. Worauf er wartete, wusste sie nicht, doch er schien zu wissen, worauf sie wartete. Er hoffte jedenfalls darauf. Ein Zittern befiel Morganas Körper und ihre Beine wären beinahe weggeknickt, wenn sie nicht plötzlich trampelnde Schritte vernommen hätte. Etwas kam auf sie zugelaufen. Und plötzlich, Morgana konnte es kaum fassen, tauchte Aithusa an ihrer Seite auf und wollte sie beschützen. Mit grollenden Geräuschen aus ihrer Kehle und leicht umhertänzelnd versuchte sie, Merlin von Morgana fernzuhalten, obwohl sowohl sie als auch Merlin selbst wussten, dass sie es nicht könnte, wenn er der Hexe wirklich etwas antun wollte.   Morgana keuchte, sah sich ihrem Todfeind gegenüber, welcher allerdings nur Augen für den Drachen an ihrer Seite hatte. Seit Aithusa an ihrer Seite aufgetaucht war, hielt Merlin seine blauen Augen direkt auf sie gerichtet. Er schenkte Morgana keine weitere Beachtung. Also schien er auf die Drachin gewartet zu haben. Wo sein eigener Drache war, wusste Morgana nicht. Seit er den Roch getötet hatte, war er vom Himmel verschwunden. Und sie wusste auch nicht, in wie weit er Kontrolle über Aithusa haben würde. Er war ein Drachenmeister. Vielleicht würde auch Aithusa ihm gehorchen müssen. Sie wusste es nicht. Morgana wusste nur eines. Sie mussten verschwinden. Jetzt. Sie hatte eingesehen, dass sie verloren hatte. Diesmal. Sie würde wieder eine Gelegenheit bekommen, um Arthur und Merlin zu töten. Nun, da sie sein Geheimnis kannte, konnte Morgana sich ihnen noch besser entgegen stellen, bessere Pläne schmieden, um ihn zu töten, Arthur zu töten und endlich ihren rechtmäßigen Platz auf den Thron von Camelot zu erlangen. Emrys… Die Worte der Cailleach hallten plötzlich in ihren Ohren wider und für einen Moment überkam Morgana wieder die Angst. Emrys befehligte einen riesigen Drachen und gemeinsam hatten sie es geschafft, den Roch zu vernichten, eine Kreatur, welche den Tod selbst verkörperte. Seine Macht schien keine Grenzen zu kennen. Ein Zittern befiel die Hexe, worauf sie hart schluckte und ihre Fäuste ballte. Doch Morgana würde nicht aufgeben. Niemals. Es war ihr einziges Ziel, ihr Lebensinhalt sozusagen, dass sie den Thron von Camelot an sich reißen würde. Sie hatte dort zu sitzen. Niemand sonst!   Emrys mochte einen Drachen auf seiner Seite haben, doch Morgana hatte Aithusa. Und sie war sich sicher, die Drachendame würde immer zu ihr stehen, egal, was geschah.   Zudem war sie eine Hohepriesterin. Und Emrys… Merlin… Er war ein Stümper… er würde es niemals mit ihr aufnehmen können… Vielleicht… nur vielleicht… wenn sie mehr Macht ansammelte und einen besseren Plan hätte… dann könnte sie das Schicksal, welches die Wächterin der Toten ihr mitgeteilt hatte, zerschlagen. Morgana klammerte sich an diese Hoffnung, so irrsinnig und waghalsig sie auch erschien. Sie klammerte sich mit ihrem letzten Rest an Verstand daran, welcher noch nicht vom Wahnsinn und Hass zerfressen war.   Morgana legte eine Hand zitternd an Aithusas Hals, wollte zusammen mit ihr verschwinden. Der Drache sah mit leeren, blauen Seelenspiegeln zu ihr hoch. Und dieser Blick ließ Morganas Herz schmerzen. Sie hätte nie gedacht, dass sie noch zu solchen Empfindungen in der Lage wäre. Umso mehr tat es der Hexe leid, dass die junge Drachendame so eine schreckliche Zeit durchmachen musste. Aithusa war immer an ihrer Seite, ließ sie nie im Stich, sogar jetzt, wo es für Morgana mehr als schlecht aussah, war Aithusa da. Und Morgana hatte sie so schmählich im Stich gelassen… Ihre Hand verkrampfte sich an dem Hals von Aithusa, welche zusammenzuckte. Merlins Augen verengten sich zu Schlitzen. Er schien zu ahnen, was sie vorhatte. Morgana musste schnell handeln. Ihre Augen glühten golden auf, als der Staub zu ihren Füßen bereits umherwirbelte. Es würde nur Sekunden dauern, dann wäre Morgana fort, zusammen mit Aithusa, zwar nur knapp außerhalb von Cammlan, doch weit genug, dass Merlin ihr nichts mehr anhaben konnte.   Doch Merlin hatte einen anderen Plan.   Der Zauberer öffnete seinen Mund und Morgana rechnete bereits mit einem Zauberspruch, doch stattdessen drangen kehlige Laute und Fauchen aus seiner Kehle, welche sie erstarren ließen. Die Stimme des letzten Drachenmeister donnerte über die Felsenlandschaft und durch die Seelen der Anwesenden, welche seine Stimme hörten und jagte ihnen heiße und kalte Schauer über den Rücken.   „Aithusa! Geh weg von der Hexe! Du bleibst hier! Komm zu mir! Sofort!“   Aithusa schüttelte die Hand von Morgana ab und strauchelte einige Schritte nach vorne, musste dem Befehl ihres Meisters gehorchen, obwohl sich alles dagegen sträubte. Sie wollte nicht gehen. Doch sie musste. Ihre blauen Augen blickten voller Trauer und Verzweiflung zurück zu Morgana. Sie wirkten gebrochen. Morgana hatte ihre Augen aufgerissen, es war bereits zu spät, den Zauber abzubrechen. Die Hexe streckte noch eine Hand nach dem Drachen aus, doch Aithusa wich mit Tränen in den Augen nur noch weiter zurück.   Staub und Dreck wirbelten auf, verdeckten vollkommen die Sicht auf Morgana. Alle wussten, dass die Hexe verschwunden sein würde, wenn sich der Wind wieder gelegt hätte, doch noch konnte keiner sagen, ob sie sich darüber freuen sollten oder nicht. Morgana war verschwunden. Der Staub legte sich, der Dreck fiel zu Boden. Nichts deutete mehr darauf hin, dass bis vor kurzem noch eine Person an dieser Stelle stand. Nur ihr schrilles und verzweifeltes „NEEEIIIN!!!“, war noch klar und deutlich zu vernehmen, wie ein Echo hallte es an den steinernen Wänden wider.     Kaum war Morgana verschwunden befolgte Aithusa den letzten Befehl von Merlin. Mit Tränen in den Augen trugen ihre Beine sie langsam und zitternd zu ihrem Meister. Kurz vor ihm blieb sie stehen und wartete. Wartete darauf, was er nun mit ihr vorhatte.   Tief holte der Schwarzhaarige Luft. Alles andere um ihn herum hatte seine Bedeutung verloren. Er beachtete niemanden um sich herum. Jetzt gab es nur noch sie und ihn. Merlin ging vor der Drachendame in die Knie, blickte ihr in die Augen. Und ihm schossen selbst die Tränen in die Augen, als er den gebrochenen Blick von Aithusa sah. Es brach ihm jedes Mal das Herz, dieses Wesen zu sehen, zu welchem der Drache verkümmert war, doch diese Augen… Zitternd tastete seine rechte Hand nach seinem Gürtel. Als er einen länglichen spitzen Gegenstand mit seinen Fingerspitzen spürte, stockte Merlin. Beinahe wünschte er sich, dass er nicht da gewesen wäre. Doch das war er. Merlin trug ihn bei sich. Einen kleinen Dolch, mit denen er Kräuter und Heilpflanzen von ihren störrischen Wurzeln trennte oder Rinde von einem Baum. Es hatte sich als praktisch erwiesen, denn Merlin konnte nicht zu jeder Gelegenheit seine Magie verwenden. Es konnte ihn sonst wer sehen. Deswegen hatte er ihn bei sich.   Doch nie hätte Merlin gedacht, dass er seinen Dolch einmal dazu einsetzen müsste, jemanden umzubringen. Und dann auch noch ein Wesen, welches er selber auf die Welt geholt hatte.     Wie gut er sich daran erinnerte, als er das Ei von Aithusa sah. Hoch oben in dem Turm. Seit so vielen Jahrhunderten. Es war wie ein Schatz. Und wie froh er war, dass er diesen Schatz geborgen hatte. Ebenso Kilgharrah, als er ihm das Ei präsentierte. Und er verstand seinen Bruder zu diesem Zeitpunkt nur zu gut. Wenn das Junge schlüpfte, dann bedeutete das, Kilgharrah wäre nicht mehr alleine und es bestand sogar die Hoffnung, dass seine Rasse weiter bestehen würde. Niemals hätte Merlin ihm diese Hoffnung nehmen wollen. Ihm und sich selbst als Drachenmeister nicht.   Und so lernte er eine der wichtigsten Aufgaben eines Drachenmeisters kennen. Die Geburt eines Drachen. Nur ein Drachenmeister konnte einen Drachen auf die Welt holen. Und zwar, indem er dem Drachen einen Namen gab. Zuerst hatte Merlin Angst. Was, wenn er den falschen Namen auswählte? Doch das konnte er nicht. Er musste den Namen nicht auswählen, denn dieser existierte bereits ebenso lange, wie es das Ei selbst gab. Die Laute bildeten sich wie von selbst tief in seiner Brust und fanden ihren Weg hinaus aus seiner Kehle in die Welt bis hin zu dem Wesen, dem sie gebührten: „Aithusa!“   Tiefe Freude erfüllte seine Seele und sein Herz, so groß, wie er sie noch nie zuvor empfunden hatte. Er war sich sicher, so musste sich auch eine Mutter im Moment der Geburt fühlen, sobald sie ihr Kind im Arm halten konnte. Merlin sah die Geburt des kleinen Wesens, wie die Schale von dem Ei brach, hörte das leise Knacken und Knarren, als immer mehr Risse entstanden und das kleine Wesen immer weiter zum Vorschein kam. Ihm schossen die Tränen in die Augen. In diesem Moment zu weinen erschien ihm als die natürlichste Sache der Welt, denn noch nie zuvor in seinem Leben hatte er mehr Glück empfunden. So konnte sich wahrlich nur ein Vater fühlen, wenn dieser zum ersten Mal sein eigenes Kind sah. Wenn er spürte, dass ein Teil von ihm selbst in dem jungen Wesen weiterleben würde... Dieser Abend hatte sich unweigerlich in Merlins Gedächtnis eingebrannt und er wusste, er würde den Augenblick von Aithusas Geburt nie wieder vergessen. Und das wollte er auch gar nicht. Zu überwältigend war dieses Wunder, welchem er beiwohnen und selber einleiten durfte und zu schön waren die Gefühle, welche er dabei spüren durfte.     Doch das alles durfte Merlin nicht davon abhalten, die Fehler, welcher er begangen hatte, wieder gut zu machen. Es tat ihm im Herzen weh, dass dafür andere leiden mussten. Er hatte stets nur das Beste gewollt… Und das Beste für Aithusa war das, was Merlin für sie nun im Sinn hatte. Sie sollte nicht weiterhin als Sklavin an Morgana gekettet sein, sondern frei sein. Egal wie…   Also nahm Merlin all seine Kraft und seinen Mut zusammen, packte den Dolch fester, sodass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. Er umarmte Aithusa, welche unaufhörlich zitterte, bettete seinen Kopf an ihrer Schulter. Mit dem Instinkt eines magischen Wesens und Tieres schien sie zu spüren, was auf sie zukam. Und Merlin zwang sie, ruhig stehen zu bleiben und es über sich ergehen zu lassen… Tränen rannen Merlin über die Wangen, Schmerz und Selbsthass erfüllten ihn, er spürte die Angst, Verzweiflung und tiefe Enttäuschung von Aithusa. Und er wusste, er war Schuld. Was war er nur für ein Monster… Das Einzige, was Merlin noch für sie tun konnte, war…   „Verzeih mir…“, flüsterte er kaum hörbar, bevor er ausholte und den Dolch direkt in Aithusas Brust stieß. Genau an die Stelle, an welcher ihr Herz schlug. Die Drachendame riss ihre Augen auf, schrie und brüllte ihr Leid zum Himmel hinauf, ließ die Felsen der Schlucht erbeben. Die Menschen mussten sich die Ohren zuhalten. Es war ein hohes Geräusch, welches in den Ohren wehtat. Doch Merlin war es egal. Es war ihm egal, dass sein Ohr genau neben ihrem Maul war und wie laut und hoch ihr Schrei war. Er konnte davon keinen Schmerz empfinden… … denn sein Herz und seine Seele schmerzten noch viel mehr…   Aithusa brach zusammen. Kraftlos lag sie in Merlins Armen und konnte sich nicht mehr bewegen. Sie wimmerte vor Schmerzen. Ihr Blut lief in Strömen aus der Wunde, welcher ihr `Vater´ Merlin ihr zugefügt hatte. Der Drache kniff die Augen zusammen, Tränen traten hervor und liefen ungehindert über ihre schuppigen Wangen. Aithusa weinte. Sie konnte nicht verstehen, wieso Merlin ihr so etwas antun konnte. Wie er sie so einfach töten konnte. Und Morgana. Wieso kam sie nicht zurück und holte sie? Natürlich, sie war geschwächt, doch wenn ihr wirklich etwas an der Drachin liegen würde, dann wäre sie zurückgekommen. Aithusa verstand. Sie bedeutete Morgana nichts. Sie bedeutete niemandem etwas. Und mit einem Mal verstand sie. Sie wurde verraten. Von allen, die ihr einmal etwas bedeutet hatten. Kilgharrah. Morgana. Merlin. Wozu sollte sie noch leben, wenn sie niemanden mehr wichtig war? Wenn ihr niemand das Gefühl gab, dass jemand sie in diesem Leben haben wollte? Die Tränen flossen immer schneller und wurden mehr. Aithusas Herz riss, als sie diese Erkenntnis hatte und nun wünschte sie sich den Tod beinahe herbei. Doch als sie sich dem Schmerz hingeben und in der Kälte des Todes eintauchen wollte, da bemerkte sie etwas. Etwas, was ihr Bewusstsein aus der Dunkelheit herauszog, in welcher sie zu versinken begann.   Sie spürte deutlich, wie die Kette, welches sie an Morgana fesselte, zerbrach. Nichts band sie mehr an die Hexe, welche sie all die Jahre begleitet hatte und welche ihr mehr Schmerzen als alles andere gebracht hatte. Es bestand keine Verbindung mehr zwischen ihnen. Die Drachendame verspürte eine Leichtigkeit wie schon seit ewigen Zeiten nicht mehr. Sie war frei.   Tief und zittrig holte Aithusa Luft, als sich in ihrem inneren eine Wärme entfachte, welche die Schmerzen und die Taubheit, welche der Blutverlust und der nahende Tod mit sich brachte, fortwischte und einem neuen Gefühl Platz machten. Geborgenheit. Die Wärme breitete sich aus, durch ihren ganzen Körper. Von ihrer Stirn bis zu der Schwanzspitze. Es war ein wunderbares und mächtiges Gefühl. Und Aithusa erkannte dieses Gefühl wieder. Sie hatte es schon einmal spüren dürfen. Vor langer Zeit. Es war Magie. Die Magie der Drachenmeister, welche Merlin damals benutzt hatte, um sie in diese Welt zu holen. Diesen Moment würde sie nie vergessen. Ebenso wenig wie das Gefühl seiner Präsenz und seiner Macht. Merlins Präsenz füllte sie aus, begann ihr ganzes Sein zu umfangen und von der Dunkelheit zu reinigen, in welche Morgana sie gestoßen hatte. Und plötzlich hörte Aithusa sie. Merlins Stimme. Er flüsterte ihr leise Dinge ins Ohr, in der alten Sprache der Drachen. Sie hörte zu und ihre Augen weiteten sich. Und langsam begann Aithusa zu begreifen, was Merlin vorhatte. Merlin war die Magie. Und er war ein Drachenmeister. Er konnte so vieles mit seiner Macht vollbringen… wahre Wunder… und er tat es für sie… sie, die ihn so hintergangen hatte… Er nutzte seine unglaubliche Macht… und machte ihr ein so wundervolles Geschenk… Aithusa konnte gar nicht sagen, wie unendlich dankbar sie ihm dafür war…   „Kuääaaah“, hauchte Aithusa lautlos, ein `Danke´ aussprechend, die Angst vor dem Kommenden und die Enttäuschung über Vergangenes war vollkommen verschwunden. Aithusa hatte sich geirrt. Sie war nicht alleine. Merlin war bei ihr. Gerade jetzt. Besonders jetzt. Wo sie allein gelassen wurde war er an ihrer Seite. Sie war ihm wichtig. Sie konnte ihm vertrauen. Und das hätte sie immer tun sollen. Merlin war derjenige, welcher ihr Vertrauen und ihre Loyalität verdient hatte. Es war der Zauberer, dem sie hätte folgen sollen. Sein Herz war loyal, ebenso wie das der Drachen. Er hätte sie niemals fallen lassen können. Er war würdig, ihr Meister zu sein. Merlin war der geborene Drachenmeister.   Eine einzelne Träne floss ihre Wangen noch hinab, als Aithusa langsam ihre Augen schloss. Die Wärme hüllte sie nun vollkommen ein, genauso wie Licht, welches ihren Körper einschloss. Kleine Partikel aus Licht drangen aus ihrem Körper hervor und entschwanden zum Himmel. Es sah aus wie kleine Sterne. Aithusa lächelte. Zum ersten Mal seit Jahren und das letzte Mal in ihrem Leben. Sie spürte nur noch die Wärme und die sanften Hände von Merlin an ihrem Kopf, bevor ihr bewusstes Denken und somit ihr Leben endete und sich wohlige Schwärze über Aithusa legte…     So endete das Leben von Aithusa. Kapitel 22: Das Ende von Vielen (Teil 2) ---------------------------------------- Kapitel 22 - Das Ende von Vielen (Teil 2)     Arthur stand mit erhobenem Schwert da und sah mit Entsetzen, wie Merlin am Boden kniete, nachdem er den Drachen von Morgana getötet hatte. Der Drache, welcher in einem Schauer aus Licht im Nichts verschwunden war. Nie hätte Arthur gedacht, dass er einmal Zeuge eines solchen Schauspiels werden würde. So traurig und entsetzlich die vorhergegangene Situation auch war, es war trotzdem ein Phänomen, welches er in seinem ganzen Leben niemals wieder vergessen würde.  Doch die Reaktion seitens Merlin… Sie erfüllte den sonst so stolzen und starken König mit schierer Fassungslosigkeit.   Tränen schimmerten auf den blassen Wangen seines Dieners, welche noch blasser als gewöhnlich schienen. Seine rechte Hand, welche blutverschmiert war und den Dolch hatte fallen lassen, hatte sich über seinem Herzen verkrampft und es schüttelte seinen Körper immer und immer wieder vor unterdrückten Schluchzern. Ob vor Schmerzen oder Trauer konnte Arthur unmöglich sagen. Wahrscheinlich beides. Und nur schwer konnte Arthur die Kämpfe wieder aufnehmen, denn noch waren nicht alle Sachsen besiegt.   Es herrschte zwar kurze Zeit Ruhe, nachdem der Roch in der flammenden Explosion verschwunden war, doch die Sachsen waren umso entschlossener, das Königspaar und die Ritter aus Camelot endlich zu töten. Es war wie verhext. Denn egal, was Arthur und seine Ritter taten, die Anzahl der Gegner wurde nur langsam weniger. Und irgendwie schien Morgana dabei ihre Hände im Spiel zu haben. Denn egal, wie tief die Wunden waren, welche die Ritter den Sachsen zufügten, solange diese nicht absolut tödlich waren, standen sie wieder auf. Arthur verstand nichts von Magie, er wusste aber trotzdem, dass Morgana mächtig war und für ihr Ziel über Leichen gehen würde. Und ihr schien es egal zu sein, wie viel Schmerzen sie den Sachsen mit dieser Aktion antat. Und sie hatten Schmerzen, dass war ihnen deutlich anzusehen. Doch sie schienen wie Berserker, jede Wunde verstärkte ihren Blutdurst scheinbar nur noch.   Und so konnte Arthur sich nicht weiter auf Merlin konzentrieren, obwohl sein Herz zerreißen wollte bei dem Anblick, welcher sein Diener da bot… Voller Trauer. Geschlagen. Beinahe… zerstört.   Aber eines wurde Arthur in diesem Moment bewusst.   Merlin hatte den Roch vernichtet. Merlin hatte Morgana vertrieben. Merlin hatte einen Drachen getötet. Er hatte sich so vielen Gefahren gestellt und sein Leben riskiert und das wahrscheinlich öfter, als Arthur oder sonst jemand in Camelot auch nur ahnen konnte. Und das alles nur, um ihn, Arthur, und seine Freunde zu beschützen.   Merlin. Zauberer. …Verräter…? Nein. Merlin war kein Verräter. Das konnte Arthur einfach nicht glauben.       Merlin hingegen konnte kaum klar denken. Der Schmerz, welchen er verspürte, war überwältigend. Kaum, dass der Schauer aus kleinen Lichtern, zu welchem Aithusa geworden war, nicht mehr zu sehen war, brach auch Merlin beinahe zusammen. Tränen rannen über seine Wangen. Seine Hand hatte er über seinem schmerzenden Herzen zusammengekrampft, sein Körper erbebte in unregelmäßigen Abständen. Er hatte bei eigenem Leibe den Schmerz von Aithusas Tod verspürt. Ihre Verzweiflung. Ihre Enttäuschung. Ihr Leid. Es war, als wäre Merlin selbst gestorben. Merlin keuchte, sein Atem ging schwer, Schweiß stand ihm auf der Stirn. So sehr er sich auch zusammenreißen wollte, gegen diese Übermacht an Gefühlen konnte sich niemand wehren. Schon gar nicht er. Egal, wie mächtig Merlin sein sollte, wie stark seine Magie war oder was er dem Roch gesagt hatte… er war noch immer ein menschliches Wesen, welches Gefühle hatte. Und seine Gefühle waren in dieser Situation schon schwer zu ertragen gewesen. Nun auch noch diesen Schritt zu gehen und Aithusas Schmerz zu ertragen, ihren Tod zu spüren… Merlin wusste, er hatte es verdient, doch es zwang in die Knie. Und wie schleichend der Tod kam. So wohl sich Aithusa dann in ihren letzten Atemzügen gefühlt hatte… den Tod konnte Merlin nicht aufhalten. Und es riss ihm das Herz aus der Brust, es ausgerechnet Aithusa angetan haben zu müssen. Er, der für all ihr Leid verantwortlich war. Seine Schuldgefühle drohten den jungen Zauberer zu zerreißen.   Doch lange konnte Merlin sich dem Schmerz nicht hingeben. Denn schon drang der Lärm der Schlacht wieder zu ihm herüber. Merlin hob unter großer Anstrengung den Kopf und sein gehetzter und schmerzhafter Blick richtete sich auf die Feinde, welche seine Freunde bedrohten. Und er sah es. Die Magie, welche Morgana an ihnen gewirkt hatte, diese seltsame Langlebigkeit, welche er zuvor nicht bemerkt hatte. Egal, wie oft die Schwerter der Ritter sie trafen, die Sachsen standen wieder auf, solange sie nicht absolut tödlich getroffen zu Boden gingen.   Die Sachsen kämpften weiter, obwohl Morgana verschwunden war. Ob es aus Blutdurst, Morganas Einfluss oder einfach nur Verzweiflung war, konnte Merlin nicht sagen. Doch es war ihm gleich. Sie hatten seine Heimat bedroht. Seine Freunde. Seine Familie. Chaos herrschte in seinem Kopf, ausgelöst von Schmerz, Trauer und Verzweiflung. Doch der Zauberer war noch so klar im Kopf, dass ihm bewusst war, was er nun zu tun hatte. Sein Beschützerinstinkt war in diesem Moment übermächtig. Er durfte sich dem Schmerz, den er mehr als verdient hatte, nicht einfach hingeben. Er musste kämpfen. Für seine Freunde!   Ein tiefes Grollen entfuhr seiner Kehle und Merlin schlug mit der Hand auf den Boden, ein goldenes Glühen erschien in seinen Augen. Ein Beben erfüllte das Areal und nur schwer konnten sich die Sachsen sowie die Ritter auf den Beinen halten. Es dauerte nicht lange, nur wenige Augenblicke, doch das gab Merlin Zeit. Die Zeit, welche er brauchte, um seine Freunde zu retten. Und das konnte er nur,… wenn er die Feinde vernichtete. Merlin sammelte seine Magie und ließ ihr und seinen unterdrückten Gefühlen freien Lauf, eine mehr als gefährliche Kombination. Merlin keuchte auf, sein Körper bebte. Noch immer kniete er am Boden. Seine Verzweiflung, sein Schmerz und seine Qual, all die negativen Gefühle, welche sich in ihm angestaut hatten und jene, welche er zu unterdrücken versucht hatte, all jene, welche er durch Aithusa gespürt hatte, brachen an die Oberfläche, ließen sich nicht mehr verschließen. Sein Körper, sein Geist und sein Herz schienen unter all dem Druck und den Gefühlen zerreißen zu wollen, doch er hörte nicht auf. Merlin musste alle Macht, die er in diesem Moment aufbringen konnte, bündeln und sie seinen Feinden entgegenbringen. Seine Gefühle und seine Magie. All das entließ Merlin in einem urgewaltigen Schrei aus seinem Mund, welcher von den Wänden widerhallte, Steine bersten ließ und sie zu Staub zermahlte. Und mit diesem Schrei entkam Magie, stark und schnell. Sie raste wie eine Welle über die Reihen der Gegner, absolut tödlich, schleuderte die Sachsen in hohen Bögen von seinen Freunden fort, ließ sie brachial auf dem Boden aufkommen oder gegen die steinernen Wände krachen, das Brechen ihrer Knochen echote in dem Areal wider, ihr dunkles Blut färbte den Boden. Jeder einzelne dieser Sachsen fand den Tod durch seine Magie.   Niemand blieb übrig. Niemand entging Merlins Macht.       Es herrschte Stille. Absolute Stille. Die Magie war noch deutlich zu spüren, doch die tödliche Macht war bereits verflogen, nachdem jeder Feind vernichtet wurde. Schwer atmend stand Merlin da, er hatte sich bereits wieder schwerfällig erhoben, seine Beine zitterten, er hatte den Kopf gesenkt. Nur er stand noch. Er und seine Freunde.   Verwirrt, was überhaupt geschehen war, was mit den Feinden passiert war, richteten sich Arthur und die Anderen wieder vollends auf. Als sie die Welle der Magie spürten, welche über das Areal zog, hielten sie sich geduckt, da sie glaubten, nicht davon verschont zu werden. Aber das wurden sie. Wie durch ein Wunder blieben Arthur und seine Freunde unverletzt. Doch nein, das war kein Wunder. Niemals hätte Merlin einem von ihnen ein Leid zugefügt. Jedenfalls körperlich… Nie würde er seine Magie gegen sie einsetzen, ihnen Schaden zufügen. Merlin hatte seine Magie gezielt gegen die Sachsen gerichtet. Und er hatte sie alle getötet. Langsam schienen Arthur, Gwen und die Ritter zu begreifen, was passiert war, als sie sich umsahen und die toten Sachsen sahen, welche nun wirklich den Tod gefunden hatten. Sie begriffen, was ihr schwarzhaariger Freund getan hatte, doch sie wollten es nicht glauben. Die Ritter und das Königspaar war über die Gnadenlosigkeit Merlins schockiert, aber innerlich begriffen sie, dass Merlin das alles nur getan hatte, um sie zu beschützen.   Sie besahen sich selbst, ihre Freunde, fragten sich stumm, ob auch jeder in Ordnung war, bevor sie sich umwandten und ihre Blicke nun endlich Merlin zuwandten.     Merlin war restlos erschöpft. Durch seinen Kampf gegen Morgana, den Widerstand gegen den Roch, den Mord an Aithusa (Merlin weigerte sich, seine Tat als etwas anderes anzusehen, auch, wenn es ihm das Herz aus der Brust riss) und dem Rückschlag gegen die Angreifer war er schwach. Noch nie in seinem Leben hatte er sich je so schwach gefühlt. Doch das war auch kein Wunder. Er hatte an diesem Tag mehr Magie verbraucht, als er je bewusst wahrgenommen hatte. Doch Merlin spürte, dass Morgana nicht verschwunden war. Sie war ebenfalls schwach, aber sie war noch immer in der Nähe von ihnen. Sie schien auf eine günstige Gelegenheit zu warten, um ihr Ziel zu erreichen. Oder vielleicht wollte sie sich auch bereit halten, um Aithusa zu retten… Der Gedanke an die junge Drachin ließ den Zauberer schmerzhaft aufkeuchen. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Doch daran durfte es jetzt nicht scheitern. Und deswegen wollte Merlin seine letzten Kräfte dazu benutzen, um seinen Herrn zu beschützen und diese Hexe endgültig zu vernichten.   Die Reste seiner Magie pulsierten in ihm, Adrenalin wurde durch seine Adern gepumpt. Diese beiden Dinge hielten ihn aufrecht, bewahrten Merlin davor, dass seine zittrigen Beine einknickten. Diese beiden Dinge… und ein Gedanke, welcher in seinem Kopf herrschte. Ein einziger Gedanke, welcher sich immer und immer wiederholte und für den Merlin lebte. Ein Seufzen entfuhr dem Schwarzhaarigen. Er musste es tun. Wenn er die Hexe wirklich töten wollte… Wenn er sie wirklich für immer vernichten und seinen Herrn beschützen wollte… dann musste er es tun. Es war so still. Es wunderte Merlin, dass selbst seine… Freunde bisher noch kein Ton gesagt oder einen Schritt getan haben. Jedes Geräusch, jeder Atemzug schien die Situation zur Eskalation zu bringen. Aber das war zweitrangig. Nun… musste er es tun.   Merlin hob den Kopf. Seine blauen Augen sahen über das Areal, über die Leichen der Sachsen, welche er zu verschulden hatte, hinüber zu seinen Freunden, welche alle in seine Richtung blickten. Genau in diesem Moment… als wenn es Schicksal war… blickte Arthur zu ihm… zwei blaue Augenpaare trafen sich. War Arthur sonst wie ein offenes Buch für Merlin… so konnte er in genau diesem Moment, wo es ihre Zukunft bedeuten könnte, nicht sagen, was sein Herr, sein König,… sein Freund dachte… Er wusste nicht, ob es an seiner eigenen Erschöpfung lag, an der Tatsache, dass Arthur seine Gefühle vor ihm verbarg oder sich Merlins Geist vor der Wahrheit verschloss… Merlin konnte nicht sagen, was Arthur dachte. Und vielleicht wollte Merlin das auch gar nicht… Denn hätte er in diesen blauen Augen den Schmerz gesehen, die Verachtung, den Hass… dann hätte Merlin vielleicht nicht mehr die Kraft für seine nächste Tat gehabt… die Wichtigste von allen…   Merlin streckte seine Hand in Richtung seines besten Freundes aus. Er konnte sehen, wie Arthurs Augen sich weiteten, wie sein Körper erstarrte, ebenso wie die seiner Freunde. Der Schwarzhaarige wusste nicht, ob sie alle in diesem Moment erwartete, dass er seinen König mit einem Zauberspruch töten würde… Ein schmerzhafter Stich durchfuhr sein Herz, als er über diese Möglichkeit nachdachte und keuchte gepeinigt auf, seine Hand verkrampfte sich leicht. Ob sie es ihm wirklich zutrauten… Nein, Merlin durfte jetzt nicht denken, er musste handeln. Handeln, um seinen besten Freund zu beschützen.   Mordred war tot. Und die Zukunft beinhaltete, dass es der junge Druide war, welcher den König töten würde. Doch dazu würde es nun nicht mehr kommen können. Diese Prophezeiung wurde verhindert, aber es gab einen Knackpunkt. Denn die Propheten hatten von Arthurs Tod gesprochen. Während einer Schlacht. In Camlann. Durch Mordred. Eine Vorraussetzung wurde beseitigt. Aber Merlin würde kein Risiko eingehen. Nie wieder.   „Mìn lìf Ïfter þin!“   Und so hallte seine Stimme laut von den Wänden wider, als sein immer zuversichtliches Blau von Gold überflutet wurde, seine Magie so stark wie noch nie in ihm pulsierte und er den Zauberspruch rief, welcher das vorherbestimmte Schicksal endgültig zerschlagen sollte.   Denn er war die Magie. Er war Emrys. Merlin selbst… war das Schicksal!       Arthur erschauderte, als er Merlin mit diesen goldenen Augen sah, welche in der dunklen Schlucht wie zwei Sterne wirkten, die Hand nach ihm ausgestreckt und die Worte hallten in seinen Ohren wider. Eine fremde Sprache, welche der König nicht verstand, welche ihm beinahe schon Angst machte. Ein Zauberspruch, welcher ihm galt.   Für einen Moment… für einen winzigen Augenblick hatte Arthur die Erwartung, dass er sterben würde. So wie schon die Sachsen. Durch einen Zauberspruch. Durch Merlins Hand. Später würde er sich für solch einen Gedanken einen Idioten schimpfen, sich schämen, dass er jemals so sehr an seinem Diener gezweifelt hatte, doch für einen einzigen Moment war der Gedanke da.   Doch der wahre Schock ereilte ihn, als sich eine Wärme in ihm ausbreitete, welche er sich nicht erklären konnte. Ein erschrockenes Aufkeuchen konnte Arthur nicht verhindern. Sofort spürte er die Hände von Gwen und seinen Rittern auf seinem Körper und hörte ihre erschrockenen Stimmen, doch er konnte nicht antworten. Gwens Gesicht schob sich in sein Blickfeld, die Augen vor Sorge und Angst aufgerissen, aber auch darauf konnte er nicht reagieren. Denn das Gefühl, welches seinen gesamten Körper erfüllt hatte, war bereits wieder verschwunden, so als wäre es nie da gewesen, doch Arthur spürte noch immer dieses Echo davon, welches in seinem Körper verweilte. Der König wusste aus purem Instinkt, was ihn so erwärmte.   Es war Magie. Pure Magie. Sie hatte ihn durchströmt, jede einzelne Zelle durchwandert, von den Zehen bis in seine Haarspitzen. Arthur hatte schon öfter mit Magie zu tun, er war bereits verzaubert worden, konnte sich allerdings kaum daran erinnern. Verletzungen durch Magie taten weh, hätten ihn des Öfteren beinahe das Leben gekostet. Es war nie angenehm gewesen. Aber jetzt! Merlin hatte irgendetwas mit ihm gemacht, doch es war nicht schlecht oder böse, wenn Arthur es beurteilen sollte. Denn diese Magie, Merlins… Magie, welche ihn durchströmt hatte, war nicht dunkel oder schmerzhaft. Sie war… warm. Rein. Und irgendwie… Alt. Mächtig. Arthur konnte beim besten Willen nicht erklären, was Merlin getan hatte. Er wollte Antworten. Er brauchte Antworten. Dringend. Ihm spuckten so viele Fragen im Kopf umher, dass sein Schädel zu platzen drohte. Nun hatte sein Diener seine Magie auch noch gegen ihn gewandt. Aber warum? Nicht um ihm zu schaden, so viel war Arthur klar. Aber weswegen dann?   Er trat einen Schritt vor, bedeutete seiner Frau und seinen Freunden, dass alles in Ordnung wäre. Seine aufgerissenen blauen Augen starrten direkt zu seinem Diener, welcher ihm so weit entfernt wie nie zuvor vorkam. Und er wusste noch nicht einmal, ob diese Entfernung je wieder zu überwinden wäre…     Unendlich erleichtert atmete Merlin aus, pure Freude und Glück durchströmten ihn. Er hatte es getan. Und es hatte funktioniert. Er hatte es wirklich geschafft. Merlin konnte es kaum fassen. Wie viele Zweifel hatte er doch gehegt, dass er es wirklich vollbringen könnte. Die ganze Situation selbst kam ihm nicht halb so schwierig vor wie dieser eine Schritt. Doch es hatte funktioniert. Vor Freude hätte er beinahe laut aufgelacht. Nun musste Merlin es nur noch beenden…   Und er wollte es beenden, jetzt! Also wandte er sich an Morgana und sprach sie zum ersten und letzten Mal in Gedanken an. Er wusste, dass sie es hören konnte, war sie nahe genug, doch er kam nicht umhin, die Worte aus seiner Seele und auch aus seinem Mund zu entlassen. Sie alle, Arthur, Gwen, Gwaine, Elyan, Leon, Percival und Morgana… Sie alle sollten hören, wie ernst er diese Worte meinte. „`Sieh es ein, Morgana!´“ Laut hallte seine Stimme über das zerklüftete Areal wider, ebenso wie in den Gehörgängen der Anwesenden. Wieder haftete der Stimme von Merlin eine Ernsthaftigkeit an, welche das normale Maß weit überstieg. „`Du kannst nicht gewinnen! Auch, wenn du jetzt weißt, wer ich bin, wird das nichts ändern! Du bist nicht mächtig genug, um mich zu besiegen! Und solange ich lebe, werde ich Arthur, Gwen, meine Freunde und das Königreich beschützen! Arthur wird auf ewig über Camelot herrschen, mit Gwen an seiner Seite! Durch sie beide wird Camelot eine goldene Zukunft haben und im Licht erstrahlen! Der Thron wird niemals dir gehören!´“   Die Zukunft von Camelot… Es war Merlins Traum und sein Lebensziel, dass Camelot in Frieden leben und auf ewig bestehen würde. Mit Arthur und Gwen als Königspaar. All das… und noch so viel mehr konnte man in den Worten hören, welche er Morgana entgegenbrachte. Keiner von ihnen wusste, ob er mit dem Wind sprach oder ob die Hexe ihn wirklich noch hören konnte. Keiner von ihnen wusste, dass Merlin Zugang zu ihr hatte… die Worte sie wirklich erreichten… und der Hass neue Wellen schlug…   Merlin hoffte wirklich, dass sie darauf ansprang. Er war sehr geschwächt, doch er wollte sie nicht entkommen lassen und in Zukunft mit der Furcht leben, dass sie jederzeit wieder zuschlagen könnte. Wenn er nach all den Erlebnissen am heutigen Tag noch ein Leben haben würde. Er konnte nicht sagen, was Arthur mit ihm machen würde… Sollte der Roch wirklich Recht behalten und Arthur würde ihn töten… dann wollte er in dem Wissen sterben, dass sein Herr, seine Freunde und ganz Albion in Sicherheit waren…         ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~         Morgana war am Ende ihrer Kräfte. Sie war vollkommen ausgezerrt. Und trotzdem wuchs ihr Hass. Beinahe ihre gesamte Magie löste sich mit der Vernichtung des Rochs ins Nichts auf. Nur noch ein kleiner Rest war ihr geblieben. Dabei war sich Morgana dieses Mal so sicher, dass sie Arthur und seine Freunde endlich würde töten können. Und nun zwang sie dieser närrische Diener auch noch zur Flucht. Doch er zwang nicht nur sie zu etwas, was sie nicht wollte. Aithusa. Das Zittern ihres Körpers… Ihr Taumeln… Dieser gebrochene Blick… Und Morgana begriff. Sie wusste nicht, was Merlin Aithusa befohlen hatte, verstand sie die alte Sprache nicht, welche er benutzte. Doch die Hexe wusste, dass Aithusa Merlin gehorchen musste. Gegen ihren Willen. Morgana konnte gerade noch ihre Hand ausstrecken, doch sie bekam Aithusa nicht zu fassen, welche mit Tränen in den Augen von ihr zurückgewichen war. So, wie es ihr anscheinend befohlen wurde… Morganas Zorn und ihr Hass auf Merlin wuchs. Wie konnte dieser jämmerliche Diener es wagen, Aithusa zu etwas zwingen zu wollen, was sie nicht wollte?! Das würde Morgana nicht zulassen, niemals! Vielleicht konnte sie noch warten, sie würde Aithusa nicht im Stich lassen, nicht noch einmal! Doch sie brauchte Kraft dafür, denn es waren Arthur, die Ritter und Emrys, welche dort auf sie warten würden, von diesem riesigen Drachen ganz zu schweigen. Wenn sie einen Moment warten würde, nur für einen kurzen Moment ausruhen und Kräfte sammeln könnte. Die Überraschung wäre auf ihrer Seite, sie könnte mit Aithusa fliehen und - Morganas Gedanken stoppten, als ein stechender Schmerz durch ihr Herz zog. Keuchend ging Morgana in die Knie, hielt sich mit einer Hand die Stelle, an welchem ihr Herz schmerzhaft und verkrampft in ihrer Brust schlug.   Morgana wusste nicht woher, doch sie spürte sofort, was geschehen war. Sie hatte in diesem Moment das einzige Wesen verloren, welches an ihrer Seite war und ihr immer Hoffnung gespendet hatte, welches noch einen Platz in ihrem vom Hass zerfressenen Herzen hatte.   Aithusa… Sie war tot. Getötet… von Emrys. Gepeinigt keuchte die Hexe auf, Tränen rannen ihr über die blassen Wangen, das von ihrer Flucht zerzauste Haar hing ihr schlaff ins Gesicht. Morgana spürte den Schmerz in ihrem Herzen. Sie war nicht so stark mit Aithusa verbunden, wie es Merlin als Drachenmeister war, doch die Verbundenheit reichte soweit, dass Morgana es spürte, wenn etwas mit der Drachendame passierte. Und dies war nun das letzte Mal, dass sie Aithusa spürte… Die Erkenntnis ließ den Schmerz und die Verzweiflung aufflammen und Morgana aufkeuchen, doch gleichzeitig erreichte der Hass in ihr neue Dimensionen. Merlin… er hatte es gewagt… er hatte es gewagt, Morgana das Einzige in ihrem Leben zu nehmen, was ihr noch Freude bereitete. Das einzige Wesen, welches immer zu ihr gehalten hätte und für sie da war… Umso mehr bereute die Hexe ihr Verhalten gegenüber Aithusa. Wie konnte sie sich nur so von dem Roch und seiner Macht einwickeln lassen? Wie sehr sie es bereute… Aber umso fester wurde ihr Entschluss, Merlin zu zerstören. Sie wollte ihn nicht nur töten… Nein. Nach dieser Tat, nach dieser unverzeihlichen Tat, wollte Morgana die Seele von Merlin zerreißen, so wie er die ihre zerrissen hatte. Wenn sie den Worten der Cailleach allerdings Glauben schenkte… dann würde Emrys ihr Verderben sein. Doch es war ihr gleich. Nun war es ihr gleich. Egal, was mit ihr geschah, sie wollte Rache und Merlin gnadenlos zerstören. Sie wollte ihn sehen, wenn er zerbricht. Morgana wollte Emrys zerstören, seelisch und körperlich. Wenn sie das schaffte,… dann wäre er keine Bedrohung mehr für sie. Nie wieder.   Sie würde ihn zerstören. Ebenso seinen Traum. Seine Worte hallten ihr noch in den Ohren wider.   „Durch sie beide wird Camelot eine goldene Zukunft haben und im Licht erstrahlen!“   Nein. Das würde sie nicht zulassen. Camelot würde untergehen. Entweder würde das Königspaar und somit Emrys sterben oder es würde durch ihren Hass in ewige Dunkelheit getaucht. Wie auch immer die Zukunft aussah… nie wieder sollte in Camelot das Licht herrschen.   Und um das zu erreichen… da gab es nur einen Weg. Und diesen würde sie einschlagen. Jetzt!       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~       Merlin atmete schwer, die Erschöpfung griff nach ihm. Er wusste nicht, wie lange er seine Magie noch so gezielt einsetzen konnte, doch er musste durchhalten. Er spürte die Präsenz von Morgana. Jetzt musste er nur noch ihren Gegenschlag erwarten. Aber einen kurzen Moment würde er brauchen. Erschöpft schloss er die Augen…   Ein riesiger Wirbel aus Staub und Dreck entstand plötzlich. Merlin zischte, riss die Augen auf und wollte dagegen halten, doch plötzlich wurde er von einer unsichtbaren Welle an Magie getroffen und zurückgeschleudert. Hart kam er auf dem steinernen Boden auf und ihm wurde schmerzhaft die Luft aus der Lunge gepresst.   Die Ritter und Gwen erschraken, wollten sich verteidigen, doch gegen die Magie der Hexe hatten sie keine Chance. Mit einem gewaltigen Stoß wurden sie allesamt zurückgeschlagen und ihnen erging es ebenso wie Merlin.   Stöhnend richtete sich Arthur auf, der Schlag war nicht stark genug, um ihn in die Schwärze zu schicken, doch sein Kopf dröhnte. Seine Hand taste nach seinem Schwert, doch als er es mit den Fingerspitzen ertastete, flog es durch einen weiteren Zauber seiner Schwester davon. Fluchend sprang Arthur schwankend auf die Füße, da sein Kopf noch immer von dem Aufprall dröhnte und sah sich Morgana gegenüber, welche ihn mit einem finsteren Lächeln bedachte. Für einen Moment schien die Zeit still zu stehen, bevor Stahl im Mondlicht aufblitzte, als Morgana ihren Arm hob. Arthur hatte gerade noch Zeit, die Augen aufzureißen, bevor er einen Ruck spürte. Als er wie in Zeitlupe den Kopf senkte, sah er die Klinge eines Schwertes, welches sich in seinen Bauch gegraben hatte. Kurz betrachtete er, wie Blut an dem Stahl der hellen Klinge, welche seiner so ähnlich war, entlang lief, bevor er seinen Kopf wieder anhob und in die freudigen und vom Wahnsinn erfüllten Augen Morganas blickte.   Mit einem Ruck zog Morgana das Schwert wieder aus seinem Körper und ließ ihre Augen kurz golden aufleuchten, wodurch Arthur zurückgestoßen wurde. Zurücktaumelnd prallte er mit dem Rücken gegen einen großen Felsen. Stöhnend versagten seine Beine den Dienst und Arthur ließ sich daran herabsinken. Sein Körper wurde schwer.   Die Ritter und Gwen, welche sich wieder aufgerappelt hatten, sahen mit Schrecken, was Morgana getan hatte, wie ihr König schwer verletzt wurde und sie schrieen geschockt auf. Gwen wollte zu ihrem Mann laufen, doch Elyan hielt sie fest. Sie wehrte sich, doch der Ritter ließ sie nicht gehen, auch wenn er selbst sich nur mit Mühe zurückhalten konnte. Seine Aufgabe bestand im Moment darin, seine Schwester zu schützen. Die Königin fing an zu weinen und schrie immer wieder nach Arthur. Bevor die Ritter auf Morgana losgehen konnten, schleuderte sie diese mit einem weiteren Spruch davon. Hart kamen Leon, Gwaine, Percival, Elyan und Gwen auf dem Boden auf und blieben stöhnend liegen. Die Hoffnungslosigkeit und die Verzweiflung nagten an ihnen. Sie konnten Morgana nicht das Wasser reichen, konnten nicht gegen sie bestehen… und nun… nahm sie ihnen das Wichtigste in ihrem Leben…   Morgana keuchte, sie war mehr als erschöpft, ihre Magie so gut wie aufgebraucht, doch ein finsteres Grinsen schlich sich auf ihre Lippen. Genau so musste es sein. Wenn Arthur sterben würde, wenn all seine Bemühungen vergebens wären, dann würde es Merlins Herz und Seele zerreißen. Es würde ihn vollkommen zerstören. Und er wäre nie wieder in der Lage, sich ihr zu widersetzen. Und mit dem Schwert, welches Aithusa mit ihrem Drachenfeuer angehaucht hatte, würde Merlin keine Chance haben, Arthur zu retten. Der König würde sterben. Unwiderruflich. Und mit dem Tod von Arthur würde auch endlich ihr eigener Traum in Erfüllung gehen. Und nicht nur Merlin würde sie auf diese Weise zerstören können, auch Gwen und die Ritter wäre sie endlich los, denn schon jetzt setzte die Verzweiflung bei ihnen ein und ließ sie völlig kopflos werden. Es war einfach herrlich.   Morgana schritt langsam und so hoheitsvoll wie es ihr in ihrem erschöpften Zustand möglich war, auf den noch amtierenden König von Camelot zu. Voller wahnsinniger Freude lächelt sie auf ihn herab. „So endet es also mit dem ach so großen König von Camelot“, sagte sie und ihre Stimme triefte nur so vor Hohn. Langsam kniete sich die Hohepriesterin vor den Blonden und sah ihm direkt in die Augen. Ihr Schwert, welches sie noch immer in der Hand hielt und von dem das Blut tropfte, legte sie neben sich. Es schien, als würde sie diesen Anblick genießen wollen. Arthur saß Morgana gegenüber und sah sie mit großen Augen an. Sein Atem ging schwer. „Weit ab von Zuhause und deiner größten Feindin schutzlos ausgeliefert wirst du sterben, Arthur Pendragon“, sagte Morgana und es schien ihr die größte Freude zu bereiten, ihm das vor Augen zu führen.   Unbemerkt kam Merlin auf sie zu. Der Schlag von Morgana war zu schwach gewesen, um ihn lange außer Gefecht zu setzen, doch seine Schritte waren schleppend und langsam. Mit zitternden Fingern und einer gewissen Anstrengung hob er lautlos das Schwert von Arthur auf, welches sein Herr fallen gelassen hatte. Die einzige Waffe, welche ihm jetzt noch gegen Morgana helfen konnte. In ihrem Wahn bemerkte die Schwarzhaarige nicht, wie Merlin näher trat. Er gab den Anderen, welche sich wieder aufgerappelt hatten, ein Zeichen, sich fernzuhalten. Er würde sich um Morgana kümmern. Merlin würde die Hexe endgültig töten.   „Doch keine Sorge. Du wirst nicht einsam sterben. Ich werde hier bleiben und dir dabei zusehen. Oder…“ Morgana schien ein Gedanke gekommen zu sein. Ihr Gesicht hellte sich in freudigem Wahnsinn auf, worauf Arthur keuchte und die Augen aufriss. „Ich nehme dich mit. In den Wald. Dort können sich die Wölfe an deinem Fleisch laben und in deinem Blut baden. So hättest du bis zu deinem Tod noch einen Zweck gehabt. Wäre das nicht herrlich?“   „Nicht, wenn du vorher stirbst“, sagte plötzlich Merlin, welcher nun direkt hinter Morgana stand und mit dunklen Augen auf sie hinab sah. Erschrocken sprang Morgana taumelnd auf und sah mit großen Augen auf die Klinge, welche sich in seiner Hand befand. Ein spöttisches Lachen entfuhr ihr. „Wie konnte ich es bloß all die Jahre nicht bemerken?“, fragte sie laut und schien sich die Frage selbst zu stellen. Merlin spannte die Muskeln an, seine Fingerknöchel der Hand, mit welcher er das Schwert umklammert hielt, traten weiß hervor. „Kann es sein, dass ich wirklich so blind war? Einen anderen Grund kann es nicht geben, wie hättest du sonst immer wieder siegreich sein können? Immerhin warst du es, der meine Schwester getötet und all meine Pläne vereitelt hast. Oder nicht? Aber zu meiner Freude sehe ich, dass du nicht nur mich getäuscht hast, sondern auch all jene, die du `Freunde´ genannt hast“, sagte Morgana und lachte kalt. Ohne, dass es die Hexe bemerkte, wanderte der Blick von Merlin zu seinem Herrn, welcher noch immer schwer atmend am Boden saß und sich kaum rührte. In den Augen des Königs spiegelten sich hunderte von Fragen und auch die unterschiedlichsten Gefühle, welche Merlin in seinem Zustand gar nicht alle erfassen oder gar deuten konnte und wollte. Doch Arthurs Augen weiteten sich voller Schrecken, als er die sich langsam ausbreitende Leere in den Augen seines Dieners bemerkte. Gepaart mit der Bitte um Vergebung.   Morganas Blick wanderte wieder zu der Klinge. Das spöttische Lächeln kehrte auf ihre Lippen zurück. „Ich bin eine Hohepriesterin der alten Religion. Keine sterbliche Klinge kann mich töten.“ Merlins leerer Blick traf ihren. Morganas Augen weiteten sich. „Ich weiß.“ Und schon stach Merlin zu. Geschockt schnappte Morgana nach Luft, als die Klinge einfach ihren Bauch durchdrang und der unerträgliche Schmerz durch ihren Körper zog. Wie auch alle anderen Anwesenden. Arthur stockte der Atem, als er sah, was sich genau vor seinen Augen abspielte. Als er sah, wie Merlin Morgana einfach tötete. „Wie deines… ist auch dieses Schwert im Atem eines Drache geschmiedet worden“, sagte Merlin mit einer tiefen und doch kraftlosen Stimme. Er ignorierte den geschockten und schmerzhaften Ausdruck, welchen ihre Augen inne hatten, als sie zu ihm hochsah. Mit einem Ruck zog Merlin das Schwert hinaus und Morgana fiel zu Boden, ihre Hände auf die tödliche Wunde gedrückt. Sie keuchte und wand sich unter den Schmerzen. Merlin blickte einfach emotionslos auf sie herab und beobachtete ihre letzten Augenblicke auf dieser Welt.   Und in ihren letzten Sekunden übermannte Morgana Pendragon die endgültige Erkenntnis. Das Schicksal konnte nicht beeinflusst werden. Nicht von ihr. Dazu war sie bei weitem nicht mächtig genug. Nicht so mächtig… wie er. `Merlin… Emrys…´ Gedanklich zischte sie voller Hass und Verachtung seine Namen, bis diese endeten und die Hexe ihr Leben aushauchte.       Dies war das Ende von Morgana Pendragon.       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~       Arthur wusste gar nicht wie ihm geschah. Schockiert saß er an dem Felsen und konnte sich auf nichts anderes als das Bild vor sich konzentrieren.   War Morgana jetzt wirklich tot? Wirklich und wahrhaftig nicht mehr am Leben und außerstande, irgendjemanden Schaden zuzufügen? Nach allem, was sie Camelot und seinem Volk angetan hatte, sollte es jetzt endlich vorbei sein? Arthur konnte es kaum glauben. Ein kleiner Stich des Bedauerns und der Trauer stach in sein Herz, doch die Erleichterung und der Unglaube überwogen. Noch weniger konnte er allerdings glauben, dass das Gefühl der Schwere, welches seinen Körper befallen hatte, seit Morgana ihn mit ihrem Schwert durchbohrt hatte, mit einem Mal verschwand. Arthur fiel auf, dass er keine Schmerzen verspürte, doch er hatte gedacht, dass es der magischen Klinge von Morgana zu verdanken wäre. Aber was war jetzt los? Wieso ging es ihm mit einem Mal wieder so gut? Arthur wunderte sich, betastete und besah sich seinen Körper, die Stelle, welche vom Schwert durchbohrt wurde. Keine Wunde. Kein Blut. Er war nicht verletzt. Seine Augen weiteten sich. Gwen kam mit Tränenverschmierten Gesicht auf ihn zu gerannt. Kurz blieb sie wie erstarrt stehen, als sie die Leiche von Morgana sah, welche unweit neben ihrem Gemahl lag, doch diese interessierte sie in diesem Moment nicht. Auch Merlin warf der Königin einen ungläubigen Blick zu, bevor sie zu Arthur rannte. Ihre Sorge und ihre Angst brachte sie beinahe um den Verstand. Sie untersuchte ihn, ihre Hände wanderten panisch über seinen Körper und versuchten, ihm irgendwie zu helfen. Doch auch sie fand nichts. Absolut nichts! Nicht einmal sein Kettenhemd war beschädigt. Ungläubig starrte sie ihren Mann an, welcher mit großen Augen zurückstarrte. Keiner von beiden konnte auch nur im Ansatz begreifen, wie so etwas möglich war. Morgana hatte die Absicht ihn zu töten. Selbst wenn sie eine Klinge verzaubern sollte, aus welchen Grund auch immer, dann würde sie vorher sichergehen, dass sie damit auch hundertprozentig würde töten können. Doch Arthur lebte und war unverletzt. Also wie…?   Das Scheppern eines Schwertes, welches auf den steinernen Boden prallte, holte sie beide aus ihren verworrenen und sich überschlagenen Gedanken. Sie sahen zu der Quelle des Geräusches und entdeckten Merlin. Das Schwert von Arthur, an welchem noch Morganas Blut klebte, war Merlins kraftlosen Fingern entglitten. Blasser als sonst sah er zu ihnen herüber, sein Gesicht vor Schmerzen verzehrt. Er war einige Meter zurückgetorkelt und schwankte mehr als das er stand. Als der Mond in seiner vollen Pracht das Geschehen beleuchtete sahen sie auch den Grund dafür. Merlins Hemd hatte sich vorne in Höhe seines Bauches dunkelrot verfärbt. Und der Fleck breitete sich immer weiter aus. Aber wieso - ? Ein erschreckender Gedanke kam sowohl Arthur als auch Gwen, doch sie kamen damit nicht bis zum Ende, denn Merlin begann mit leiser und kraftloser Stimme zu sprechen. „Mìn lìf… Ïfter… þin…“ Er sprach die Worte aus, ohne Macht, ohne Zauberkraft, sodass sie das blieben, was sie waren. Worte. Und doch hatten diese eine unglaubliche Wirkung. Arthurs Atem stockte. Es erkannte die Worte wieder. Es war der… Zauberspruch, welchen… Merlin zuvor bereits ausgesprochen hatte. Arthur schluckte hart. Merlin… ein Zauberer… `Verrat´, pochte es leise in Arthurs Kopf, doch nach all seinen Taten und Worten konnte es der König kaum glauben. Er wollte es nicht glauben, denn Merlin hatte ihnen allen offenbar unter Aufbietung aller Kräfte das Leben gerettet. Und anscheinend… war dadurch nun sein eigenes Leben in Gefahr…   Nur schwer brachte Merlin den Satz heraus, welcher alles erklären sollte. Schwach blinzelte der Zauberer auf seine Freunde hinab. „Mein Leben… für deines…“ Während sich die Augen von Arthur und Gwen ungläubig und schockiert weiteten schloss Merlin die Seinen. Seine vor Schmerz vernebelten Gedanken schweiften ab.   Zurück zu jenem Abend, an welchem er seine Entscheidung traf.       Flashback     „Vielleicht gibt es einen Weg“, sagte Kilgharrah und hatte somit sofort die volle Aufmerksamkeit des Zauberers. „Und welchen?“ „Du besitzt eine Macht, größer als alles, das es sonst auf dieser Welt gab, gibt und je geben wird“, sagte Kilgharrah und in seinen Augen spiegelte sich eine Ehrfurcht wider, welche Merlin bei seinem alten Freund noch nie zu sehen bekam. „Deine Magie ist groß. Die Luft, die Erde, das Wasser, das Feuer“, erklärte der Drache weiter und ein kleines Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. „Die Elemente gehorchen dir. Du besitzt die Magie nicht nur. Du BIST die Magie.“ Merlin sah kurz erstaunt auf, doch er unterbrach seinen Bruder nicht. „Wenn du dein Schicksal wirklich angenommen hast und sich deine Magie zu ihrer vollen Stärke entfalten kann, dann kannst du vielleicht Dinge bewirken, die sonst niemand kann.“ Seine bernsteinfarbenen Augen betrachteten den Schwarzhaarigen, intensiv und mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen, den Merlin nicht deuten konnte. „Vielleicht kannst du etwas bewirken, um Arthur zu retten, sollte sich die Prophezeiung wirklich erfüllen… doch ich fürchte, der Preis dafür wäre fatal.“ Merlin kniff die Lippen zusammen. Er musste nicht lange überlegen, was genau der Preis für Arthurs Leben sein könnte. „Mein Leben?“, wollte er wissen, obwohl sich Merlin schon sehr sicher war. Kilgharrah nickte. „Wenn man ein Leben mit Magie retten will, dann ist der Preis dafür stets ein anderes Leben.“ Diese Tatsache hatte der Zauberer schon begriffen, als er sich der Hohepriesterin Nimueh gestellt hatte, damit sie das Leben von Arthur rettete, nachdem dieser von dem Glatisant gebissen wurde. Auch damals war jedes Mal ein Leben in Gefahr, wenn er bereit war, ein anderes zu retten. „Kann ich solch einen Zauberspruch denn wirklich wirken?“ Merlin war sich unsicher. Seine Macht war groß, das spürte er selbst, doch diese Art von Magie war stets den Hohepriestern der Alten Religion vorbehalten. Kilgharrah schien sich sehr sicher zu sein, als er sagte „Nie zuvor wurde ein mächtigeres Wesen als du geboren. Du entstammst der Alten Religion selbst. Du bist ein Teil der Alten Religion, Merlin. Ich glaube nicht, dass sie dir etwas verwehren könnte, wenn du es wirklich mit aller Macht versuchen würdest. Doch du solltest wissen, was dich diese Entscheidung kosten würde.“ „Und du solltest wissen, dass es mir egal ist“, war Merlins prompte Antwort. Er hatte schon oft sein Leben auf die Waagschale geworfen, um sie zu Arthurs Gunsten zu beeinflussen. Wenn es also dieses Mal wirklich sein Leben fordern sollte, um Arthur zu retten,… dann würde Merlin diesen Preis bezahlen. Trauer verdunkelte plötzlich die Zuversicht des Großen Drachen. Leise seufzte er. Der Junge war bereit, alles für sein Schicksal und der Erfüllung eben jenes zu geben. Selbst sein Leben würde er dafür geben, um Arthur zu beschützen und Camelot zu retten. Und genau das bescherte Kilgharrah Kummer. Es war natürlich lobenswert, dass Merlin mit solch einer Hingabe sein Ziel verfolgte. Er musste sein Schicksal erfüllen, egal zu welchem Preis. Doch so dachte nur das magische Wesen. Der Freund, der Bruder von Merlin war der Ansicht, dass es falsch war. Merlin hatte noch sein ganzes Leben vor sich, er sollte es genießen können. Er sollte nicht an ein Schicksal gebunden sein, welches ihn das Leben kosten könnte. Er war noch jung… Wieder seufzte Kilgharrah. „Ich weiß, dass du so denkst. Und genau das macht mir Sorgen“, gestand der Drache. Kurz war Merlin erstaunt über die Worte seines Bruders, bevor er anfing zu lächeln. „Keine Sorge, alter Freund“, versuchte er ihn zu beruhigen. Sein Lächeln erreichte allerdings nie seine Augen. „Ich bin sicher,… es wird das geschehen, was geschehen soll!“     Flashback Ende       ~ Ja ~, dachte Merlin träge. Seine Gedankengänge wurden immer langsamer. Der Schmerz war tosend und pulsierte durch seinen Körper, doch breitete sich in diesem langsam Taubheit aus. ~ Ja, so sollte es sein. Morgana und Mordred sind tot. Arthur, Gwen und die Anderen leben. Und nur das ist wichtig… ~ Ihnen ging es gut. Sie hatten Kratzer und Schürfwunden, doch die würden heilen. Sie lebten. Alles andere hatte für Merlin in diesem Moment keine Bedeutung.   Da erinnerte er sich an den Augenblick, als er das Schicksal veränderte, als der tödliche Schwertstoß ihn traf und nicht seinen König.   Dieser Zauberspruch… „Mein Leben für deines.“ Alle Verletzungen, welche Arthur noch erlitten hätte, wären auf Merlins Körper übergegangen, ohne dass Arthur selbst Schaden genommen hätte. Schwere hätte sich über dessen Körper gelegt, doch diese wäre nur vorübergehend gewesen. Und Merlin war noch nie in seinem Leben so froh über eine von seinen getroffenen Entscheidungen. Was hätte alles passieren können, wenn Merlin diesen Zauber nicht benutzt hätte? Morganas Schwert wurde in Aithusas Drachenatem geschmiedet, dass hatte er deutlich gespürt. Merlin hätte Arthur nicht mehr retten können. Nicht aus eigener Kraft. Doch so… Arthur war gerettet. Er lebte. Ebenso die Anderen. Merlin hatte es geschafft. Er hatte sein Schicksal erfüllt.   Was kümmerte es Merlin also, dass sein Körper nach Erholung schrie und sein Geist langsam in die Dunkelheit abdriftete? Der Schmerz war überwältigend, vor allem, als er völlig überraschend spürte, wie der kalte, von uralter Magie durchtränkte Stahl seinen Körper durchbohrte und sein Inneres zerfetzte. Merlin biss die Zähne zusammen und konnte in diesem Moment einen schmerzhaften Aufschrei nur mühevoll unterdrücken und nur schwer konnte er seinen Körper zum Weitermachen bewegen. Doch Merlin blendete all den Schmerz und all die Erschöpfung aus. Denn seine Aufgabe… sein letzter Gegner war genau vor ihm. Und endlich war Morgana tot und konnte niemandem mehr Schaden zufügen. Und egal wie hoch der Preis für diesen Sieg sein sollte… solange es ihn selbst betraf war Merlin mehr als bereit ihn zu bezahlen…     Die blauen Augen öffneten sich, als Merlin ein Scheppern hörte. Das Scheppern von Metall. Das Scheppern von Rüstungen. Die Ritter waren, nachdem sie sich persönlich davon überzeugt hatten, dass Morgana tot war, zu ihrem König und ihrer Königin gelaufen und hatten Arthur ebenfalls untersucht. Doch wie auch schon Gwen und er selbst konnten sie nichts finden. Stattdessen blickten sie zu Merlin. Noch immer war der Unglaube in ihren Augen zu sehen, gemischt mit der Verwirrung, was überhaupt geschehen war. Nun allerdings blickte Merlin in sechs erschrockene und bleiche Gesichter. „Merlin!“ Gwaines Stimme ertönte. Er erkannte sie kaum, so sehr, wie sie vor Fassungslosigkeit bebte. Als wäre sein Name alleine ein Zauberwort, durchlief ein Schauer den Körper des Zauberers. Das Adrenalin ließ nach und seine Magie war zu geschwächt und aufgebraucht, als dass sie ihn noch weiter hätte halten können. Mit einem schmerzerfüllten Aufkeuchen sank Merlin auf die Knie, eine Hand auf die Wunde gepresst, was den Blutfluss allerdings kaum stoppte.   Leere breitete sich langsam in ihm aus. Durch den steigenden Blutverlust verließen Merlin auch nach und nach seine Sinne. Er konnte nur noch verschwommen seine Umgebung sehen… seine Freunde wurden immer mehr zu schemenhaften Gestalten. Sein Atem wurde schwerer und er spürte durch seine taub werdende Hand das Blut, welches weiterhin aus seiner Wunde sickerte. Sein Geist wurde schwächer und ihm fiel das Denken immer schwerer. Doch es durfte so nicht zu Ende gehen. Nicht so. Merlin wollte Arthur noch etwas sagen. Er musste ihm noch etwas sagen! `Es wird Zeit´, hörte er plötzlich Kilgharrah in seinen Gedanken und Merlin konnte nur nicken. Er wusste, was sein Bruder meinte. Er selber spürte es bereits mehr als deutlich. Die uralte Magie, welche sich wie Säure durch seinen Körper und Geist fraß… die Taubheit, welche sich durch sein bereits schwindendes Bewusstsein grub… der Blutverlust, welcher seinen Tribut forderte… Merlin wusste es selbst. Es war Zeit. Zeit, zu gehen.   Merlin hob seinen Kopf, welcher Tonnen zu wiegen schien und sah zu seinen Freunden, welche noch immer um Arthur standen, welcher sich langsam erhob. Es war ein seltsames und doch so vollkommenes Bild, wie sie da standen. Leon, Gwaine, Percival und Elyan, die vier treuesten Ritter, welche jemals in Camelot verweilen würden, waren um Arthur versammelt und Gwen, die strahlende Königin, stand neben ihrem Gemahl. Dort, wo seit Anbeginn der Zeit ihr Platz war. Alle standen sie da mit der gleichen Furcht in den Augen. Sie hatten Angst. Doch nicht vor ihm. Sie hatten Angst um ihn. Wärme erfüllte Merlins vor Schmerz bebenden Körper und seine vor Verzweiflung und Angst zerschundene Seele. Sie wussten, was er war und doch hatten sie Angst um ihn. Sie hatten nur Kratzer und er war so schwer verletzt worden, weil er sie beschützen wollte. Wie sehr wünschte sich Merlin, dass auch Arthur zu dieser Erkenntnis kam. Wie sehr wünschte sich Merlin, dass Arthur ihn nicht hassen würde… Merlin musste es Arthur einfach sagen.   „Arthur, es... es tut mir leid“, begann Merlin zu sprechen und seine Stimme war leise und kraftlos, der Schmerz, welchen er zu unterdrücken versuchte, war deutlich darin auszumachen. „Verzeiht mir,… dass ich Euch getäuscht habe... die ganze Zeit… all die… Jahre lang. Aber... ich konnte Euch… die Wahrheit… einfach nicht sagen.“ Ein Seufzen entfuhr Merlin. Es hätte so viele mögliche Zeitpunkte gegeben, Arthur die Wahrheit zu sagen, doch nie erschien er wirklich richtig. Nie schien es eine Zeit zu geben, in der Arthur Merlins wahres Wesen akzeptiert hätte. Und nun… rann Merlin die Zeit wie Sand durch die Finger. Welch Ironie. „Alles,… was ich wollte, war,… Euch… zu beschützen.“ Er dachte an die vielen Male, wo Arthur etwas zugestoßen ist oder in denen Merlin seine Magie benutzt hatte, um seinem Herrn vor Schaden zu bewahren. Oder ihm eins auszuwischen. Innerlich lachte der Zauberer. „Ich habe es… versucht. Ich... habe mein Bestes gegeben,… Camelot den Mann… zu erhalten, der es… eines Tages als großer König... nein,… als größter aller Könige regieren wird." Nun schlich sich ein Lächeln auf Merlins Gesicht. „Und… ich kann… mit Stolz behaupten… es ist mir… gelungen…“   Ein warmes Kribbeln stieg in Merlin auf, ließ ihn die Schmerzen für einen Moment vergessen, als er seine Freunde betrachtete. Arthur war nicht mehr allein. Nicht wie zu der Zeit, als Merlin seinen Herrn damals kennen gelernt hatte. Er hatte seine Ritter, die stets zu ihm halten würden. Der König hatte Gwen, welche ihn mehr als jeden anderen liebte und für immer an seiner Seite bleiben würde. Merlin hatte es geschafft. Er hatte sein Schicksal erfüllt. All seine Bemühungen hatten sich gelohnt. Arthur wurde zu dem König, den die Welt brauchte. Den Rest des Weges konnte Arthur ohne ihn bewältigen. Und der junge Zauberer war sich sicher, dass er es mit der Hilfe seiner Freunde schaffen würde.   Merlins verschleierter Blick wanderte über die Reihe seiner Freunde, welche ihn voller Schrecken und Angst ansahen. Sie wollte nicht wahrhaben, was ihr Freund ihnen sagte und was seine Worte zu bedeuten hatte. Er würde sie verlassen. Merlin… würde gehen. Diese Befürchtung war so grausam und surreal, dass sie die Körper der Ritter lähmten, obwohl sie am Liebsten zu dem Schwarzhaarigen gelaufen und ihm geholfen hätten. Gwen hatte sich die Hände vor den Mund geschlagen und die Augen weit aufgerissen. Von neuem liefen ihr die Tränen über die Wangen, als der Gedanke durch ihren Kopf schoss, dass sie ihren besten Freund verlieren sollte.   Doch nun wollte Merlin nur noch einen sehen. Die Blicke beider Freunde trafen sich und Arthurs Augen weiteten sich, als er direkt in das  blasse und beinahe schon ausgemergelte Gesicht Merlins blickte. Die Erschöpfung und der Schmerz waren dem jungen Mann deutlich anzusehen und er schien mit jeder Sekunde schwächer zu werden, je mehr Blut aus dem schlaksigen Körper hinaussickerte. Und seine Worte… nur schwer konnte Arthur sie verstehen, verstand den Sinn dahinter kaum, wurde zu sehr von der Angst gelähmt, welche sich in seinem Körper ausbreitete. Denn Merlins Worte klangen… als würde er sich verabschieden… „Nein…“, hauchte Arthur lautlos. Sein gesamter Körper, jeglicher Muskel war angespannt und jedes Organ schien sich in Arthur zu verkrampfen, als er den Blick von Merlin erwiderte und er den unsagbaren Schmerz sah, mit welchem die blauen Augen des Zauberers gefüllt waren.   `Merlin!´ Drängender wurde die Stimme in seinem Kopf. Merlin hatte gesagt, was er sagen wollte, sagen musste. Zu mehr… fehlte dem Zauber ironischerweise wirklich die Zeit. Merlin holte tief Luft, legte den Kopf in den Nacken und seine Stimme donnerte über den Stein, als er sich ein letztes Mal der alten Sprache der Drachen bediente und seinen Bruder zu sich rief. Seine Freunde erzitterten.   Merlin keuchte. Nun vollkommen am Ende konnte er sich nicht mehr aufrecht halten. Mit einem Stöhnen fiel er zur Seite, nach rechts, eine Hand noch immer auf seine Wunde gepresst. Während seines gesamten Falls verließen seine trüben, vor Schmerz und Erschöpfung verschleierten Augen nicht einmal die Schockgeweiteten und Angsterfüllten Augen Arthurs. Den harten Aufprall auf den steinernen Boden, welchen er bereits so oft in seinem Leben spüren musste, nahm er kaum wahr. Schwach drehte sich Merlin auf den Rücken, verteilte sein eigenes Blut und das von Aithusa, welches noch immer an seiner Hand klebte, auf dem Boden.   Der Schock saß tief in ihren Knochen, als Merlins Freunde sahen, wie der Zauberer zusammenklappte und auf dem Boden lag. Sie wollten zu ihm laufen, als sie plötzlich das Schlagen von großen Flügeln hörten, ein Schatten über ihnen hinweg flog und sich vor ihnen hinabsenkte. Kilgharrah humpelte mehr, als das er ging. Der Kampf mit dem Roch hatte ihm mehr abverlangt als er sich erhofft hatte. Zudem hatte auch die Bestie manche Wunden mit ihren Klauen schlagen können. Zwar konnte sich der Drache eine kurze Zeit zurückziehen und Kräfte sammeln, doch er wollte Merlin nicht alleine lassen. Sein Geist war immer bei dem jungen Zauberer. Also hatte er es gespürt. Aithusas Tod. Merlins Schmerz und Verzweiflung. Und nun… Merlins nahendes Ende. Kilgharrah erschauderte.   Mit wackeligen Beinen, welche er allerdings niemals den Menschen offenbaren würde, ging er auf Merlin zu und Arthur und die Anderen wichen zurück. Allerdings mehr aus Furcht, als alles andere. Die Ritter zogen ihre Schwerter, doch Arthur hielt sie zurück. Er glaubte nicht, dass der Drache ihnen etwas antun würde, so wie in der Vergangenheit. Dafür standen sein Verhalten und seine Worte zu sehr im Kontrast mit damals. Er war auf ihrer Seite, er hatte für sie gekämpft. Zudem… Merlin befehligte den Drachen. Und niemals würde der Schwarzhaarige zulassen, dass ihnen etwas geschah. Das hatte er nun eindeutig bewiesen.   Direkt vor Merlin blieb Kilgharrah stehen und beugte seinen Kopf zu ihm herunter. Der warme Atem des magischen Wesens wehte über den verletzten Körper des Schwarzhaarigen und ließen ihn aufseufzen. Qualvoll öffnete Merlin die Augen, nur einen spaltbreit. Es fiel ihm schwer, bei Bewusstsein zu bleiben, doch umso erleichterter war er, als er in die goldenen Augen seines Bruders sehen konnte. Als er an seine Verbindung zu Kilgharrah dachte stach ihn ein Gedanke im Kopf, eine Frage im Herzen, auf welche er unbedingt eine Antwort haben wollte. Und nur der Drache konnte sie ihm geben. „Glaubst… du,… er wäre… stolz…?“, wollte der Zauberer wissen. „Wer? Balinor?“ Kilgharrah wusste, wovon oder besser, von wem er sprach. Natürlich. Sie waren Drachenmeister und Drache. Sie waren Freunde. Sie waren Brüder. Enger verbunden, als sonst irgendwelche Wesen auf dieser Welt. Die einzige Ausnahme bildeten nur Arthur und Merlin selbst.   Schwach nickte Merlin. Kilgharrah nickte lächelnd, doch es war eine Mischung von Trauer und Stolz. Der Drache wusste, wie sehr Merlin seinen Vater vermisste, die Geborgenheit und die Möglichkeit, ihn stolz zu machen. Viel zu kurz war die Zeit, welche die Beiden miteinander verbringen konnten und wie groß die Schuldgefühle von Merlin waren, dass Balinor gestorben war, um seinen Sohn zu beschützen. Wie gerne hätte er von seinem Vater die Worte gehört, welche Kilgharrah ihm nun voller Überzeugung sagte. „Da bin ich sicher. Er hätte sich keinen besseren Sohn als dich wünschen können. Er wäre so stolz,… wie er als dein Vater nur sein könnte.“ Ein mehr als glückliches und stolzes Lächeln breitete sich auf Merlins Gesicht aus. Mehr wollte er nicht wissen. Mehr musste er nicht wissen. Langsam schloss er die Augen. Mit Kilgharrah neben sich ließ Merlin es zu, dass die erlösende Dunkelheit ihn endlich umfing und der Schmerz verblasste.   Langsam senkte Kilgharrah seine Pranke über Merlin und legte sie sanft um ihn, damit er ihm nicht noch mehr Schmerzen zufügte. Das hatte der junge Zauberer gewiss nicht verdient. Die Ritter wollten auf ihn zukommen, wollten sich Merlin nehmen, um ihn in Sicherheit zu bringen und ihm helfen zu lassen, doch das ließ der Drache nicht zu. Er knurrte die Männer an, worauf sie erstarrte. Der Blick von Kilgharrah wanderte über das Areal und blieben an dem Schwert von Morgana hängen. Mit einem Knurren entsandte er ein Flammenmeer und ließ die verfluchte Klinge in seinem Atem verbrennen, worauf die Anwesenden ruckartig erschrocken zurückwichen. Er war im Moment der Einzige, welcher diese Klinge zerstören konnte. Und Kilgharrah würde niemals zulassen, dass es ein zweites Schwert gab. Arthur allein sollte derjenige sein, welcher ein Schwert, welches im Atem eines Drachen geschmiedet wurde und die damit verbundene Macht sein eigen nennen durfte. Sein goldenen Augen wanderte über die Rittern, bis er schließlich bei Arthur hängen blieb, welcher erschauderte. Diese Augen… Ebenso golden wie Merlins Augen… Für einen unmessbaren Moment sahen sich die beiden einfach nur an, bis der Drache zu sprechen begann. Seine Worte richtete Kilgharrah ausschließlich an den König von Camelot. „Niemand, der von einem Schwert, welches im Atem eines Drachen geschmiedet wurde und so schwer damit verwundet wird, überlebt. Gaius wird ihm nicht helfen können. Ich werde versuchen, ihn zu retten. Doch ich kann es niemandem versprechen. Wenn Ihr ihn noch einmal sehen wollt,… wenn Ihr ihm verzeihen könnt und mit ihm sprechen wollt, dann reist zum See von Avalon. Dort gibt es Wesen, welche ihm helfen können. Dort werde ich Euch erwarten.“ Diese Worte sprach der Drache mit solcher Überzeugung aus, mit solch einer Inbrunst, als ob es undenkbar wäre, wenn Arthur nicht am See erscheinen würde. Darum wartete er auch keine Antwort ab. Kilgharrah breitete seine Flügel aus, welche bisher beinahe schlaff neben seinem Körper hingen und schlug damit, um sich hinauf in die Luft zu befördern, seine Pranke zog Merlin mit sich. Der Kopf des jungen Mannes fiel in den Nacken. Die Ritter und Gwen beobachteten fassungslos und erstarrt das Schauspiel und waren mehr als in Sorge um ihren Freund. Kilgharrah schaute noch einmal zurück betrachtete die Menschen dort unten am Boden, ganz besonders Arthur. Er schaute ihm lange in die Augen, welcher seinen Blick erwiderte. Dann flog er davon.       Und dies war das Ende von Merlin.       Oder?         Kapitel 23: Schwere Entscheidung --------------------------------     Kapitel 23 - Schwere Entscheidung       Die Sonne erklomm langsam den Horizont, sie schien über die Ränder der Schlucht von Camlann und zeigte der Welt die Ausmaße der Schlacht, welche in der vergangenen Nacht dort getobt hatte.   Leichen bedeckten die steinigen Ebenen, vermummte Gestalten und von Rüstungen geschützte Männer lagen dort, ihr Blut durchnässte die Erde. Die in schwarz und dunklen Farben gekleideten Sachsen und die Metallbedeckten Ritter… auf beider Seiten gab es Opfer. Doch nur wenige Träger der voller stolz getragenen roten Umhänge der Ritter fielen zu Boden und blieben leblos liegen. Die dunklen Farben ihrer Gegner überwogen die Anzahl der Gefallenen in dieser Schlacht. Die Sachsen konnten es nicht mit dem Geschick und der Stärke von Camelots Rittern aufnehmen. Und sie hatten Glück. Die Magie, diese seltsame Langlebigkeit, welche Morgana auf ihre Männer gewirkt hatte, schien sich nur auf jene beschränkt zu haben, welche mit ihr den Kern dieser Schlacht gebildet hatten. Welche sich mit ihr dem König und seinem engsten Gefolge gestellt hatte. Wäre es anders gewesen, dann hätte diese Nacht anders ausgehen können… So schien es ein eindeutiger Sieg für die stolzen Ritter von Camelot zu sein.     Doch die wahren Ausmaße dieser Schlacht waren nur wenigen Menschen bewusst.     Arthur und seine Freunde verließen das separate Areal, in welchem sie gekämpft hatten, durch einen kleinen Gang, durch den auch… den sie gefunden hatten. Keiner von ihnen sprach ein Wort, zu aufgewühlt und unrealistisch war die gesamte Situation. Doch ein Teil von Arthur war besorgt, wie es in der Schlucht aussah und wie es seinen Männern ging. Also verschwendete er keine Zeit, wischte jeden anderen Gedanken beiseite und beeilte sich, zu seinem Lager zurückzukehren. Dort erwarteten ihn bereits seine Ritter, welche sich dorthin zurückgezogen hatten, um sich auszuruhen oder sich verarzten zu lassen. Als der König erschien, drehten sich alle Köpfe zu ihm um, jeder Anwesende erhob sich, um seinem König seine Aufmerksamkeit zu schenken. Arthur trat vor seine Männer. Er konnte nichts sagen, seine Kehle war wie zugeschnürt. Er musste aber auch nichts sagen. Der König hob seine Klinge, welche strahlend das Licht der Sonne zurückwarf und seine Männer verstanden auch so. Seine Männer, seine tapferen Ritter jubelten und brüllten voller Freude, schwangen ihre Schwerter, klopften sich gegenseitig auf die Schultern. Die Schlacht war gewonnen. Die Schlacht, welche sie alle gefürchtet hatten und deren Ausgang kaum zu ihren Gunsten stand, war gewonnen. Die Schlacht war gewonnen und die unbändige Freude der Sieger war fast greifbar.   Arthur spürte von alldem nichts. Viel zu sehr war er von den Ereignissen, welche sich direkt vor seinen Augen abgespielt hatte, schockiert und wie gelähmt.   So kam es, dass Arthur nur kurz angebundene Befehle gab. Das Lager wurde abgebrochen und die Verwundeten notdürftig versorgt, sodass sie reiten konnten. Arthur saß auf seinem Pferd und blickte nicht zurück, als er sich mit seinen Freunden und seinen Rittern in Bewegung setzte. Gwen war nur wenige Meter entfernt. Zusammen traten sie die Heimreise an. An diesem Ort hielt sie nichts mehr.   Während der Reise unterhielten sich die Ritter über die Schlacht und über die Zukunft. Natürlich trauerten sie um die gefallenen Kameraden, doch die Freude, diese Schlacht gewonnen und den Feind endgültig besiegt zu haben, war einfach zu groß. Die Stimmung, die herrschte, war das komplette Gegenteil derer, als sie nach Camlann geritten sind. Doch all das blendete der König aus. Und nicht nur er. Fünf andere Menschen waren ebenso wenig erpicht darauf, in eines der Gespräche verwickelt zu werden oder von der Stimmung mitgezogen zu werden.     An den Toren von Camelot angekommen wurde die Armee bereits von jubelnden Menschen begrüßt. Sie schwenkten Fahnen in den Farben von Camelot, sangen und jubelten. Einer der Ritter war bereits voraus geritten und hatte den Sieg in dieser Schlacht bereits verkündet. Sie alle waren unendlich erleichtert, endgültig von dieser Bedrohung erlöst worden zu sein. Und jeder einzelne von ihnen hielt natürlich den König von Camelot, Arthur Pendragon, für den Helden dieser Schlacht. Er hatte Morgana getötet und die Bestie, den Roch, bezwungen. So wurde es von den Rittern verkündet und von den Menschen weiter getragen. Warum sollte man auch etwas anderes glauben? Immerhin hatte der junge König schon mehrere magische Wesen, welche Camelot bedroht, vernichtet, nicht zuletzt den Großen Drachen. Wer sollte also glauben, dass er nicht auch den Roch töten konnte? Ebenso die Hexe Morgana? Arthur griff fester nach den Zügeln, ballte die Hände zu Fäusten.   Wie falsch sie doch alle damit lagen…       Die Wachen öffneten die Türen, als Arthur und Gwen vor der Ratshalle standen. Die Ratsmitglieder waren bereits versammelt und waren auf den Bericht ihres Königs gespannt. Arthur holte tief Luft, spürte kaum, dass Gwen seine Hand ergriff und ihm damit Trost und Sicherheit spenden wollte. Er spürte kaum noch etwas… Arthur trat vor, ließ seine Hand aus der seiner Frau gleiten und nickte seinen Beratern zu. So begannen Gwen und er zu erzählen, was geschehen war. Es erschien Arthur beinahe so, als wenn er die gesamte Erzählung wie in Trance wäre und völlig mechanisch berichten würde, was sich abgespielt hatte. Doch das Königspaar war sich stillschweigend über eine Sache einig: Sie würden nicht verraten, wer Morgana und den Roch getötet hat. Noch nicht. Erst mussten sie beide - und auch ihre Freunde - verarbeiten, was dort in der Schlucht überhaupt geschehen war. Vor allem Arthur. Natürlich fielen den Ratsmitgliedern die Ungereimtheiten in der Geschichte auf und sie hakten nach, doch weder Arthur noch Guinevere wollten dazu etwas sagen. Und so wagten es die Ratsmitglieder auch nicht weiter, die beiden damit weiter zu bedrängen. Irgendwann würden sie die Wahrheit noch erfahren. Arthur atmete tief ein und aus. Seine Muskeln waren angespannt. Die Erzählungen hatten ihn wieder in die Situation zurück befördert, welcher er sich nicht stellen wollte. Jedenfalls nicht in diesem Moment. Im Beisein von anderen. Arthur wusste, was seine Pflicht war, doch es war im nicht möglich diese auszuführen, deswegen sagte er mit gepresster Stimme „Wenn das soweit alles wäre, würde ich mich vorerst in meine Gemächer zurückziehen.“   Ein Raunen ging durch die Reihen, doch es kümmerte Arthur nicht. Im Moment kümmerte ihn nichts, rein gar nichts. Er wollte nur seine Ruhe haben, um über alles nachzudenken. Vor allem aber… um nicht durchzudrehen. Also drehte er sich um und wandte seinen Beratern somit den Rücken zu, ohne auf das verwirrte und empörte „Mylord“ und „Sir“ zu achten. Arthur konnte sich jetzt nicht weiter damit auseinandersetzten. Er musste alleine sein.   Gwen stand an der Tür. Sie wusste, dass die Ratsmitglieder noch einige Dinge mit Arthur klären wollten, doch dieser wäre kaum in der Lage, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Kreisten seine und auch ihre Gedanken doch im Moment ausschließlich um ihn… Ein Schauer durchlief die Königin, als sie die Augen ihres Ehemannes sah. Es war nichts in ihnen zu sehen. Kein Gefühl. Keine Emotionen. Nichts. Gwen wusste, dass Arthur sich diese Maske aufgesetzt hatte, weil er mit den Mitgliedern seines Rates gesprochen hatte, doch es beunruhigte sie auch. War es nicht gut, wenn er seine Gefühle, welcher wie ein wütender Orkan tief in ihm toben mussten, so unterdrückte. Umso mehr wollte sie ihm helfen, Ruhe zu finden, um nachdenken zu können. „Geh ruhig“, sagte sie leise zu ihm, als er neben ihr stand. „Ich werde mit ihnen reden und alles Weitere klären. Ruh dich aus.“ Sie wollte noch so vieles sagen, ihm so vieles mit auf den Weg geben, bevor er sich alleine der gesamten Situation stellte. Sie wusste, er wollte alleine sein, sich all das, was geschehen war, was sie gesehen, erlebt und erfahren hatten, noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Und dafür brauchte er Ruhe. So schnell wie möglich und so viel sie ihm verschaffen konnte. Hart schluckte Gwen. Auch an ihr gingen die Geschehnisse nicht spurlos vorbei. Noch immer hatte sie diese Bilder im Kopf. Ihr bester Freund, mit diesen glühenden goldenen Augen, wie seine Magie die Gegner zu Fall brachte. Seine tiefe durchdringende Stimme, welche Worte formte, die den Großen Drachen befehligten. Seine Hand ein Schwert führte und die größte Bedrohung von ganz Albion durchbohrte. Ihr bester Freund… wie er blutend und dem Tod näher als dem Leben da stand, mit glasigen Augen und einem Lächeln auf den Lippen zu ihnen blickend… und das, weil er den Platz von Arthur eingenommen hatte. Tränen brannten in Gwens Augen, als sie daran dachte, doch sie blinzelte und atmete tief durch. Sie musste Arthur nun die Zeit geben, welche er brauchte. Es war schwer für sie, gewiss, doch sie wollte sich nicht vorstellen, wie schwer es für Arthur selbst sein musste. Hatte der Schwarzhaarige doch all das in erster Linie für seinen König getan und wie so oft sein Leben riskiert.   Ihr geliebter Ehemann Arthur und ihr bester Freund… Merlin… Die beiden waren wahrlich enger miteinander verbunden, als Gwen wahrscheinlich je gänzlich verstehen könnte. Wenn die Königin ehrlich war, dann brauchte sie später selbst Zeit, aber nur um sich zu beruhigen und sich alles noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Doch vor allem brauchte die Königin Zeit, um für Merlin zu beten. Sie betete, dass der Große Drache Merlin retten konnte und er bald wieder hier im Schloss wäre. Sie konnte… sie wollte sich nicht vorstellen, wie es in Camelot ohne Merlin aussehen würde. Camelot wäre ohne Merlin nicht mehr das Gleiche. Aber sah es ihr Mann auch so? Jahrelang hatte Arthur unter der Herrschaft seines Vaters die Zauberer gejagt und getötet, er hat Magie gehasst. Irgendwann begann er sie zu akzeptieren, was auch ein Verdienst von Merlin war. Nicht ihr zu vertrauen, bei Weitem nicht, doch Arthur hätte ihr bei einer günstigen Gelegenheit mit Sicherheit eine Chance gegeben, so wie es damals bei Kara der Fall war. Doch wie dachte er nun darüber, wo sich sein bester Freund, der Mensch, welchem er am meisten auf dieser Welt vertraute, als Zauberer entpuppt hatte? Jahrelang war Merlin an Arthurs Seite… und Gwen war sich sicher, dass Merlin die Zauberei nicht erst seit Kurzem beherrschte. Konnte Arthur mit diesem - Gwen schluckte - Vertrauensbruch - umgehen? Würde er in der Lage sein, die richtige Entscheidung zu treffen? Gwen konnte es nicht sagen. Das konnte niemand. Und sie wollte ihm nicht reinreden. Sie wüsste noch nicht einmal, was sie Arthur hätte sagen sollen. Wenn sie die Worte dafür nicht fand, nicht aussprechen konnte, bevor er mit sich selbst im Reinen war… dann musste sie ihm wenigstens die Zeit dafür verschaffen. Wenigstens das wollte Gwen für ihren Mann tun. Gwen warf Arthur ein leichtes Lächeln zu, obwohl sie mehr als besorgt um ihren Gatten war.   Der König hingegen war beinahe wie benebelt, so sehr wie er seine Gefühle, welche in ihm stürmten, immer wieder beiseite wischte und sie unterdrückte, doch da durchschnitt sein Pflichtbewusstsein seinen Geist. Arthur wollte seiner Frau nicht die Bürde auferlegen, welche eigentlich seine Pflicht war. Er war der König. Er musste mit den Mitgliedern seines Rates reden, ihnen die Vorkommnisse erläutern und die nächsten Schritte besprechen. Das waren seine Pflichten, diesen war er sich auch bestens bewusst, doch wenn er noch länger alle die Gefühle in seinem Inneren wegsperren würde, dann würde er daran kaputtgehen und zerbrechen. Und auch wenn einiges in ihm sich dagegen sträubte, Gwen den Rest aufzubürden, so war er ihr für diese Chance mehr als dankbar. Der König wusste nicht, womit er solch eine gütige und hilfsbereite Frau verdient hatte, aber er dankte jedem, dem er dafür danken konnte und erwiderte ihr leichtes Lächeln und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn, bevor er durch die Türen ging, welche die Wachen ihm öffneten.   Es war ein geschäftiges Treiben auf den Gängen. Überall waren Stimmen zu vernehmen und Schritte zu hören. Von draußen drangen Stimmen vom Burghof zu ihm hoch. Die Ritter, welche noch verwundet waren, wurden versorgt, ihre Pferde ebenso, sie konnten sich ins Schloss zurückziehen, um etwas zu essen und zu schlafen. Überall draußen und in den Gängen wuselten Knechte und Mägde herum. Und, obwohl es Opfer gab, klangen ihre Stimmen fröhlich und glücklich. Die Schlacht war gewonnen. Die Ritter waren wie die Sieger, wie sie waren, aus der Schlacht zurückgekehrt und wurden auch so empfangen. Die freudige Mitteilung wurde in ganz Camelot verbreitet. Arthur ließ ihnen die Freude.   Auf dem Gang, den Arthur entlang schritt, begegnete ihm glücklicherweise niemand. Und darüber war Arthur froh. Er hätte nicht gewusst, wie er sich jetzt einem seiner Ritter oder gar Gaius gegenüber verhalten sollte - Abrupt blieb Arthur stehen. Gaius! Der Hofarzt wusste noch nichts von den ganzen Ereignissen, welche geschehen war. Der König hatte nur einen seinen Ritter direkt zu dem Hofarzt geschickt, um ihn darüber zu informieren, dass er mit der Armee zurück nach Camelot reiten soll. Er hatte wohlweislich weder Gwain, Percival, Leon noch Elyan zu ihm geschickt, denn Arthur war sich sicher, dass keiner der Vier hätten verschweigen können, was geschehen war. Lastete es doch auf ihnen allen schwer und wussten sie doch alle ganz genau, wie nah sich Gaius und der Schwarzhaarige standen. Beinahe wie Vater und Sohn. Der Gedanke ließ Arthur stocken. Die beiden hatten wirklich eine enge Verbindung zueinander, sie sprachen wahrscheinlich über alles. Doch wusste er vielleicht bereits auch, dass er ein - ? Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Er durfte nicht darüber nachdenken, noch nicht. Nicht hier im Gang, wo ihn jeder sehen konnte. Wenn Arthur in seinen Gemächern war, dann konnte alles raus lassen, was er bis jetzt wegschloss. Er ging weiter, seine Schritte jetzt noch schneller.   Als er vor seiner Tür stand, atmete der Blonde erst einmal tief durch. Es ist ihm auf dem Weg niemand von seinen Rittern begegnet oder jemand, der ihn sprechen wollte. Einige Diener sind an ihm vorbeigehuscht, doch keiner von ihnen wagte es, ihn anzusprechen, ja auch nur ihm direkt in die Augen zu sehen. Doch das war nicht verwunderlich. Er war der König. Für einen einfachen Diener wäre es ungeheuerlich und gegen die Etikette, würde er es einfach so wagen, Arthur anzusprechen. Der Einzige, der es je gewagt hatte, war - Arthur knirschte mit den Zähnen und stieß die Tür zu Gwens und seinen Gemächern fester als nötig auf.   Das Erste, was ihm auffiel, war, dass es sauber war. George musste Ordnung geschafft haben, als sie fort waren. Fort um ihre, so wie Arthur und die Ritter befürchteten, ihre letzte Schlacht zu schlagen. George, der Mann, welchen sein Vater damals zu seinem zeitweiligen Diener ernannt hatte, welcher die Pflichten seines eigentlichen Dieners nachkam, sollte dieser… verhindert sein. Arthur schloss die Augen und atmete tief durch. Ein Seufzen verließ seine Kehle. Er war erschöpft und müde, doch sein Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Wenn er nun die Mauer entfernen würde, welche seine Gedanken zurückhielten…   Doch er musste sich den Tatsachen stellen. Der Tatsache… dass Merlin ein Zauberer war. Eine Welle von Schmerz erfasste ihn, größer, als körperlicher Schmerz je sein könnte und die Erschöpfung griff nach dem König. Mit einem schmerzhaften Aufstöhnen ließ sich Arthur in sein Bett fallen, die ersten Tränen sickerten bereits in den Bettbezug. Es war zu viel, viel zu viel, was der Blonde in dem Moment empfand, als das er alles mit einem Mal verarbeiten könnte. Der Schmerz wütete unaufhaltsam und die einsetzende Erschöpfung ließen keinen Platz für irgendwelche Gedanken, bis die erlösende Ohnmacht ihn einholte und alles in Schwärze tauchte.         Es war bereits Abend, als Gwen erschöpft in Arthurs und ihre Gemächer zurückkehrte. Die Planung und Besprechungen mit dem Rat hatten nicht so lange gedauert, doch sie wollte Arthur die Zeit geben, die er brauchte. Die Zeit hatte die Königin genutzt, um sich umzuziehen. Sie trug nun ein bequemes, leichtes rotes Kleid. Sie hat sich zudem ein wenig frisch gemacht.   Als sie eintrat sah sie sich nach ihrem Mann um. Arthur stand mit verschränkten Armen an einem der Fenster angelehnt und sah zum Schlossinnenhof hinaus. Seine Rüstung hatte er bereits abgelegt. Nun trug er ein weißes Leinenhemd mit seine braunen, ledernen Jacke darüber und eine dunkle, braune Hose. Er schien schon eine ganze Weile dazustehen und rührte sich auch nicht, als seine Frau eintrat. „Arthur?“, versuchte Gwen ihn aus seiner Welt herauszuholen. Er senkte leicht seinen Kopf, als Zeichen, dass er sie gehört hatte, doch er antwortete ihr nicht. Gwen seufzte. Natürlich verstand sie Arthur. Sie verstand ihn wirklich. Er war durcheinander. Noch mehr als sie. Weit mehr als sie. Mehr als sie alle. Es war wirklich nur schwer zu glauben, dass Merlin… ein Zauberer war. Anscheinend ein solch mächtiger Zauberer. Eine Kreatur wie den Roch zu besiegen erschien ihr schier unmöglich, doch Merlin hatte es geschafft. Die Angst, welche Morgana befallen hatte, als sie erfuhr, dass er ein Zauberer war… Gwen konnte es nicht vergessen. Die Macht, den Großen Drachen zu befehligen. Und die Sachsen, die durch seine Hand gestorben waren… Sie erschauderte leicht. Direkt vor sich zu sehen, wozu er in der Lage war,... all diese Macht… es war beängstigend… Energisch schüttelte die Königin ihren Kopf. Aber deswegen war Merlin doch niemand anderes. Er war noch immer... Merlin. Ihr aller Freund. Und genau das war sein Ziel. Seine Freunde zu beschützen. Er hatte all das nur getan, um dieses Königreich vor Unheil zu bewahren und es zu retten.   „Eine goldene Zukunft…“   Diese Worte, welche Merlin Morgana entgegen warf, als sie verschwunden war… nie war seine Stimme entschlossener, nie hatten seine Worte überzeugender und wahrhaftiger geklungen als in diesem Moment. Merlin sah für Camelot eine Zukunft voraus, von der die Menschen nur träumen konnten. Und er wollte all seine Macht einsetzen, damit diese Zukunft auch eintrat. Egal, was er dafür erdulden musste. Gleich, was er dafür aufs Spiel setzen oder opfern musste.   Kalte Schauer rannen Gwen über den Rücken. Der Drache, dessen Blut die Hände ihres besten Freundes besudelten, als dieser die Kreatur tötete, und ihn in eine Welt voller Schmerz stieß… Sein Leid… Nie hatte Gwen jemanden gesehen, der mehr Leid verspürt hatte. Nicht die Trauer um die Gefallenen im Krieg, kein Angehöriger eines Verstorbenen, nie. Es schien, als wäre in diesem Moment auch Merlin innerlich gestorben. Die Königin konnte es in diesem Moment nicht verstehen und auch jetzt konnte sie nur Vermutungen anstellen… doch noch mehr verspürte Gwen Mitleid für ihren besten Freund, der sich selbst immer wieder in Gefahr brachte und dann selbst solch einen Schmerz erdulden musste… Er, der so viel für sie alle und für Camelot getan hatte… Selbst sein eigenes Leben auf die Waagschale geworfen, nur um Arthur zu retten… immer und immer wieder…   Gwen atmete tief durch und versuchte, ihre Gedanken und das Bild vom blutverschmierten Merlin zu verscheuchen. Im Moment konnte sie ihm nicht helfen. So wie es aussah konnte das nur der Große Drache. Kilgharrah. Es gab so vieles, was sie nicht verstand, was Gwen wissen wollte. Über die Drachen, über die Magie, über all das, was Merlin ihnen bisher nicht anvertraut hatte, nicht anvertrauen konnte. Sie wollte es erfahren und der Einzige, von dem sie es erfahren wollte, war Merlin. Also musste Gwen etwas tun, was sie wohl noch nie in ihrem Leben getan hatte. Sie musste von ganzem Herzen einem magischen Geschöpf vertrauen. Und die Königin betete, dass es ihm gelang, ihren besten Freund zu retten.   Aber wenn sie selbst schon nichts für Merlin tun konnte, dann wollte sie wenigstens versuchen, für ihren Mann da zu sein. Sie ging zu Arthur und strich ihm sanft über den Arm, zeigte ihm, dass er nicht alleine war. Sie spürte seine Anspannung. Seine Verwirrung. In gewissem Maß auch seine Angst. Alles mehr als verständlich. Als er abermals nicht reagierte, seufzte die Königin, strich noch einmal über seinem Arm, bevor sie sich entfernte. Sie wollte ihn nicht drängen. Wenn Arthur noch Zeit bräuchte, dann wollte sie die Letzte sein, welche sie ihm nicht gab.   Kurz ließ Gwen ihren Blick durch das Gemach schweifen. Es erschien ihr beinahe wie eine Ewigkeit, seit sie das letzte Mal hier war. Das lag vermutlich an der Tatsache, dass sie tief in ihrem Herzen nicht damit gerechnet hatte, zusammen mit Arthur zurückzukehren. Wenn sie überhaupt zurückgekehrt wäre. Und ohne ihn wären diese Räumlichkeiten nie wieder dieselben. Auf dem Tisch stand eine Schale mit Obst. Pergamentrollen lagen an dem Tischende, an welchen Arthurs Stuhl stand. Das Feuer im Kamin war bereits völlig herunter gebrannt. Gwen vermutete, dass George, der Merlin vertrat, bereits ein Neues entfacht und das Abendessen gebracht hätte, wenn sie ihn nicht angewiesen hätte, die königlichen Gemächer zu meiden. Sie hielt es für das Beste, konnte Gwen nicht erahnen, wie ihr Mann reagieren würde, wenn er seinen zeitweise angestellten Diener zu Gesicht bekam… Gwen schloss die Augen. Sie hoffte, dass Kilgharrah Merlin retten konnte und er wieder nach Camelot zurückkehren würde… sie hoffte es wirklich von ganzem Herzen… wären sie alle und auch ganz Camelot nicht mehr das Selbe ohne Merlin… Ihre wieder geöffneten Augen blickten sich weiter um. Das große Bett war gemacht. Auf den jeweiligen Nachttischen standen Krüge mit Wasser und Kelchen für die Nacht. Sie legte ihre Stirn in Falten. Es lag etwas auf Arthurs Nachttisch, etwas, was sie dort vorher noch nie gesehen hatte. Gwen trat langsam näher und betrachtete es. Als die Königin erkannte, was genau dieses etwas war, wurde sie blass. „Arthur...“ hauchte sie beinahe tonlos. Eine Hand wanderte zu ihrem Mund.       Der König, rührte sich nicht weiter und starrte noch immer mit leerem Blick nach draußen und hing seinen Gedanken nach. Nachdem er wieder zu sich gekommen war, nachdem der Schmerz und die Erschöpfung ihn ergriffen hatten, zog er sich um und versuchte irgendwie Ordnung in seine Gedanken zu bekommen. Doch er wusste nicht, wie er das schaffen sollte, es waren einfach zu viele. Sein Diener, sein Freund, der Mensch, welchem er am Meisten vertraut hatte,… war ein Zauberer. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. `Verrat!´, zischte eine Stimme in seinem Kopf, die genau wie sein Vater klang. Doch das konnte und wollte Arthur nicht glauben. Dafür hatte der Schwarzhaarige zu viel auf sich genommen. Aber es war eine Tatsache, das er sich seinem Herrn nie anvertraut hatte und dieses Geheimnis immer bewahrt hatte, obwohl er wusste, dass er verboten war. In Gewisser weise… hatte er ihn wirklich verraten. Arthur knirschte mit den Zähnen. Das durfte doch alles einfach nicht wahr sein! Er war so in Gedanken vertieft, dass er beinahe den seltsamen Unterton in der Stimme seiner Frau überhörte. Fragend drehte er sich um. Obwohl er seine Ruhe haben wollte kam er nicht umhin, besorgt zu sein. Gwen sah allerdings nicht zu ihm, sondern blickte zum Bett. Genauer gesagt, zu seinem Nachttisch. Arthurs Augen folgten ihrem Blick und landeten ebenfalls bei diesem. Auch er bemerkte etwas Seltsames und Unbekanntes darauf liegen, was ihm vorher scheinbar völlig entgangen war. Mit gerunzelter Stirn löste Arthur seine etwas steif gewordenen Arme, drückte sich von dem Fenster weg und trat auf seinen Nachttisch zu, sein Blick auf das seltsame Etwas gerichtet, welches dort lag. Es war rot, so viel konnte er sagen. Arthur Stirnrunzeln verstärkte sich, abgesehen von seinem Umhang besaß er kein rotes Kleidungsstück, jedenfalls kein solch Kleines. Der König stockte. Er besaß so etwas nicht.. Aber… Arthurs Augen weiteten, als auch er erkannte, was dort auf seinem Nachttisch lag. Wieso ist er nicht früher darauf gekommen? Normalerweise würde er diese Ansammlung von Fasern und Stoff doch überall erkennen, trug es doch die eine Person beinahe jeden Tag um den Hals, welche ihm näher stand als sonst jemand in seinem Leben. Es war... ein Halstuch ...ein Halstuch… von Merlin…   Verwirrung machte sich in Arthur breit. Wie kam eines von dessen Halstüchern hier in seine Gemächer? Hatte er es verloren und George hatte es gefunden und auf den Nachttisch gelegt? Nein, da steckte noch mehr dahinter, dass sagte dem Blonden sein Gefühl. Und irgendwie mischte sich dieses Gefühl mit einem Mulmigen.   Zögerlich streckte der König die Hand aus. Er wusste mit der Situation nichts anzufangen. Die umherwirbelnden Gedanken und seine nicht eindeutigen Gefühle Merlin gegenüber… war er sauer? Enttäuscht? Verletzt? Verständnisvoll? - sie kämpften gegen seine Neugier… welche letztendlich auch gewann. Vorsichtig nahm Arthur das Halstuch in seine Hand. Etwas war darin eingewickelt. Etwas hartes. Sogar zwei Dinge, wenn er richtig fühlte. Kurz zögerte der König, bevor er begann es auszuwickeln. Leicht klappte ihm der Mund vor Überraschung auf. Das Siegel seiner Mutter blitzte auf, welches er damals seinem Diener geschenkt hatte. Das mulmige Gefühl drohte ihm beinahe den Magen umzudrehen, doch er versuchte es zu unterdrücken. Arthur hatte Merlin damals das Siegel geschenkt, als sie sich aufgemacht hatten, das Tor zur Totenwelt wieder zu schließen und Arthur war fest entschlossen, sich dafür selbst zu opfern. Keiner seiner Ritter oder schlimmer noch, seiner Freunde sollte den Tod finden. Das war seine Aufgabe. Deswegen schenkte Arthur dem Schwarzhaarigen das Siegel. Er wollte mit dieser Geste Merlin beweisen, wie wichtig er ihm war. Es war vielleicht eine letzte Gelegenheit. Also hatte wohl auch Merlin bereits vor ihrem Aufbruch damit gerechnet, diese Schlacht nicht zu überleben, nicht nach Camelot zurückkehren zu können… oder von Arthur getötet zu werden. Die letzte Möglichkeit ließ Übelkeit in Arthur aufsteigen. Früher. Ja, früher hätte er es vermutlich getan. Als Merlin noch neu war in Camelot. Als er gerade erst sein Diener geworden war. Als Arthur noch nicht wusste, dass der Schwarzhaarige einmal sein bester Freund und loyalster Mitstreiter werden würde. Das sie wie zwei Brüder sein würden. Zwei Seelenverwandte. Da hätte er ihn vielleicht für die Tatsache getötet,… dass er ein Zauberer ist. Doch heute? Nein. Er hätte ihn nicht getötet. Niemals.   Das könnte Arthur nicht. Denn dann würde er einen Teil von sich selbst töten. Aber ob er es ertragen kann, Merlin wieder zu sehen… ihm zu verzeihen… das konnte Arthur nicht sagen. Darauf hatte er noch keine Antwort gefunden.     Doch das Siegel war nicht alles, was in das Halstuch eingewickelt war. Arthur schlug nun auch die andere Hälfte des Stoffes zurück. Eine kleine hölzerne Figur kam zum Vorschein. Arthur nahm sie in eine Hand, um sie genauer betrachten zu können. Den Blick von seiner Frau bemerkte er nicht. Viel zu sehr war er mit diesem Geschenk von Merlin beschäftigt. Es war ein kleiner Drache aus Holz. Eine gute, solide Arbeit, das musste er zugeben, vor allem, da er kein Talent dafür hatte. Die Figur war nicht übermäßig künstlerisch gestaltet, aber doch sehr realistisch in den Details gehalten. Das helle Holz sah rau aus, aber als er mit seinen Fingerspitzen die Kontur des Kopfes entlang strich, war es so glatt wie der Stein, aus welchem sein Schloss bestand. Es musste sehr lange gedauert haben, das Holz so glatt zu schleifen. Derjenige, welcher diese kleine Figur hergestellt hatte, musste sich sehr viel Mühe gegeben haben. Arthur legte den Kopf schräg. Woher hatte Merlin solch eine Figur? Er hielt den Schwarzhaarigen manchmal wirklich für einen Kindskopf, aber dass er wirklich Spielzeug bei sich hatte und es ihm so wichtig war, dass er es seinem König vermachen würde, überraschte und verwirrte ihn gleichermaßen. Das Siegel war immerhin von seiner Mutter und dieser Drache war… war von…   Arthur erinnerte sich. Im Halbschlaf hatte er damals mitbekommen, wie Merlin im Wald erwacht war und sich über diese kleine Figur gefreut hatte. Der Drachenmeister von damals hatte sie ihm geschenkt. `Wie war noch mal sein Name?´, fragte sich Arthur, als er versuchte, sich zu erinnern. `Irgendetwas mit B...´ Wie ein Blitz traf es den jungen König und ließen ihn schockiert nach Luft schnappen. Gwen sah ihn verwirrt an, doch er beachtete sie nicht. Er konnte nicht, seine Gedanken rasten. Balinor. Der Name des verstorbenen Drachenmeisters war Balinor. Arthur ballte seine Faust, in welche er die kleine Figur eines Drachen hielt. Unwillkürlich drängte sich das kurze Gespräch von Merlin und des Großen Drachen in seine Gedanken.     „Glaubst… du,… er wäre… stolz…?“, wollte der Zauberer wissen. „Wer? Balinor?“ Schwach nickte Merlin. „Da bin ich sicher. Er hätte sich keinen besseren Sohn als dich wünschen können. Er wäre so stolz,… wie er als dein Vater nur sein könnte.“     Erst jetzt drängten sich die Worte in sein Bewusstseins, erst jetzt erhielten sie eine Bedeutung, nachdem er sie wie beiläufig gehört hatte, da sie nicht an ihn gerichtet waren. Arthurs Augen weiteten sich.   Die Figur entglitt seinen nun kraftlosen Fingern. Das fein bearbeitete Holz landete auf dem Boden, der Aufprall hallte ihm unnatürlich laut in den Ohren wider. Vollkommen entsetzt stolperte Arthur zurück. Er wurde blass, ihm brach der Schweiß aus und sein Herz raste.   Gwen trat auf ihn zu, packte ihn besorgt am Arm und sah ihn mit aufgerissenen Augen an. „Arthur?! Arthur, was ist denn los?“, wollte sie voller Sorge wissen, doch der Angesprochene schüttelte nur mit dem Kopf, konnte ihr nicht antworten, seine Kehle war wie zugeschnürt.   Es waren zu viele Gemeinsamkeiten, als das es ein Zufall hätte sein können. Der Drachenmeister von damals, welcher ihnen helfen sollte, den Großen Drachen zu töten, hieß Balinor. Er und Merlin freundeten sich unglaublich schnell an. Der Drachenmeister schenkte dem Jüngeren diese kleine Figur. Merlin war untröstlich, als Balinor für ihn gestorben war. Sie konnten den Drachen erst... aufhalten, nachdem Balinor gestorben war und Merlin allem Anschein nach diese Gabe von ihm geerbt hatte. Merlin wollte wissen, ob Balinor stolz auf ihn wäre. Der Große Drache bejahte und nannte sie beide Vater und Sohn.   Ein harter Kloß erschwerte das Schlucken, als Arthur von dieser Erkenntnis überrollt wurde. Ein kalter, eiskalter Schauer lief Arthur über den Rücken. Die Wahrheit über die Ereignisse von damals und deren Tragweite waren ihm völlig unbekannt und sind es ihm teilweise vielleicht immer noch, dass konnte er nicht sagen. Doch Arthur verstand möglicherweise, warum es ihm verschwiegen wurde. Die Wahrheit war grausam. Einfach nur grausam.   Merlin hatte seinen Vater gefunden. Für Arthur erschien es als die einzige Erklärung, dass Merlin selbst erst kurz vor ihrem Aufbruch damals erfahren hatte, dass Balinor sein Vater war. Schließlich hatte er selbst immer gesagt, das er nicht wüsste, wer sein Vater ist. Und Arthur konnte sich noch dunkel an das Verhalten seines Dieners entsinnen. Er war abwesend und nachdenklich, schien verwirrt und auch traurig. Doch die Traurigkeit, welche er danach an den Tag legte, auch wenn er sie zu verstecken versuchte, übertraf alles. Damals konnte sich Arthur keinen Reim darauf machen, warum Merlin so auf den Tod dieses Mannes reagierte. Es hatte nie eine Gelegenheit gegeben, Merlin zu fragen, wieso ihn Balinors Tod so erschüttert hatte… wieso sie so rasch Freunde geworden zu sein schienen.   Nun kannte er die Antwort…     Hart schluckte Arthur, spürte tief in seiner Brust sein Herz schmerzen, schlimmer als zuvor. Wenn er als Außenstehender bereits von dieser Erkenntnis erschüttert wurde, wie musste es dann erst Merlin selbst ergangen sein? Er hatte seinen Vater gefunden, ihn für wenige Stunden kennen dürfen und dann sogleich wieder verloren. Sein eigener Vater war in Merlins Armen gestorben. Wie schrecklich das für den Schwarzhaarigen gewesen sein musste, vermochte sich Arthur nicht vorzustellen.   Wie war er für Merlin möglich, diesen Schmerz auszuhalten? Vor allem, wenn er mit Niemanden darüber reden konnte? Es erschien Arthur unmöglich. Er selbst war damals so unendlich dankbar, dass Merlin an seiner Seite war und auf ihn gewartet hatte, als er die Totenwache für seinen Vater abhielt. Sein Vater! Uther hatte Balinor gejagt, weil er ein Drachenmeister war. Er hatte Merlin den Vater genommen, bevor dieser überhaupt geboren wurde. Er hatte Merlin den Vater und somit einen Teil seiner Kindheit genommen. Und Arthur war kaum besser. Er kam sich so endlos dumm vor aufgrund seiner Worte von damals. „Kein Mann ist deine Tränen wert!“ Wie konnte er nur so dumm sein?! Merlin hatte jedes Recht ihn einen Schwachkopf zu nennen! Merlin versuchte damals alles, um sein Leid zu überspielen und schenkte seinem König sogar ein aufmunterndes Lächeln, damit dieser seine Zweifel zerstreuen konnte, weil er selber Angst hatte, gegen den Großen Drachen in den Kampf zu ziehen. Das alles hatte Merlin für ihn getan, obwohl er erst seinen Vater verloren hatte, den er nur für wenige, kostbare Stunden kennen durfte. Und Arthur, blind wie er war, hatte ihm nicht einmal die Zeit zum Trauern gegeben. Jeder durfte um seinen Vater trauern. Wenn er doch nur die Wahrheit gewusst hätte… Arthur verstand es nicht. Wie konnte Merlin nach alldem noch bei ihm bleiben und ihm immer und immer wieder das Leben retten? Wie konnte Merlin das alles bewältigen und verarbeiten?! Es hätte Arthur nicht gewundert, wenn gerade Merlin an diesem Schmerz kaputt gegangen wäre… Und wieder schienen die beiden etwas gemeinsam zu haben. Arthur kannte das Gefühl, einen geliebten Menschen zu verlieren. Er wusste um den Schmerz, wenn einem der Vater entrissen wurde. Doch im Gegensatz zu ihm hatte Merlin niemanden, mit dem er diesen Wissen teilen konnte, mit dem er reden konnte. Der ihn hätte trösten können… Mit Ausnahme von Gaius vielleicht… Gaius…   Dies war der Moment, in welchem Arthur eine Entscheidung fällte. „Wachen!“     „Arthur, was - ?!“, wollte Gwen fragen, doch da wurde bereits die Tür geöffnet und eine der Wachen, welche in dem Gang positioniert waren, trat ein. „Ihr habt gerufen, Mylord?“ „Bringt Gaius zu mir.“ Gwen holte erschrocken Luft, doch die Wache nickte und machte sich bereits auf den Weg. „Arthur, was ist los?“ Der König seufzte. „Mir ist gerade etwas klar geworden. Und ich muss dringend mit Gaius sprechen.“ „Und was ist dir klar geworden?“ Arthur setzte sich auf das Bett und bedeutete Gwen, sich neben ihn zu setzen. „Als wir damals ausgeschickt wurden, um den… Drachenmeister zu finden,… benahm sich Merlin ziemlich seltsam.“ Arthur schloss die Augen. Die Erkenntnis, welche noch immer in seinem Kopf hämmerte und sein Herz überschwemmte, belastete ihn sehr. „Ich konnte mir keinen Reim darauf machen und ich habe auch die Chance, ihn zu fragen, nicht genutzt. Auch während unseres Aufenthaltes wurde es nicht besser. Doch er schaffte es ungewöhnlich schnell, sich mit dem Drachenmeister anzufreunden und überredete ihn, mit uns zu kommen. Doch dann wurden wir angegriffen und der Mann tödlich getroffen, als er versuchte, Merlin zu beschützen. Als der Drachenmeister… starb, war Merlin untröstlich. Ich dachte mir… es ist halt Merlin, er ist immer besorgt um andere…“ Arthur musste leicht lächeln, ebenso Gwen. Sie wussten beide besser als jeder andere, das Merlin sich für jeden seiner Freunde oder jemand Unschuldigen aufopfern würde, wenn es notwendig war und das er ein großes Herz hatte. „Aber es war etwas anderes…“ Das Lächeln von Arthur erstarb so schnell, wie es gekommen war. „Bevor der Große Drache Merlin… mitnahm…“ Hart schluckte der König, als er an seinen Schwerverletzten Diener dachte. Seinen Schwerverletzten Freund, welcher seinen Platz eingenommen hatte… „Da hat Merlin den Drachen gefragt, ob jemand stolz auf ihn wäre. Ein gewisser Balinor.“ Arthur blickte auf, da er während seiner gesamten Rede auf seine Hände gestarrt hatte. Nun blickte er direkt in die Augen seiner Frau, welche ihn genau beobachtete und ihm bisher schweigend zugehört hatte. Sie runzelte die Stirn und schien zu überlegen. Sich an die Worte erinnern zu wollen. Plötzlich schienen sie ihr wieder in den Sinn gekommen zu sein. Gwen begann zu zittern. „Sein Vater…“, hauchte sie tonlos. Arthur schluckte hart und sagte mit matter Stimme „Das war der Name von dem Drachenmeister, der damals in Merlins Armen gestorben ist.“   Erschrockenes, tiefes Luftholen war die Folge seiner Worte. Voller Entsetzen schlug sich die Königin die Hände vor den Mund. Große braune Augen sahen den König schockiert an. „Der Drachenmeister...Balinor...er war Merlins Vater?” Gwens Stimme war nur ein Hauchen. Der Schock grub sich noch tiefer in ihr Inneres. Tränen traten in ihre Augen. Wie viel hat der junge Zauberer noch verborgen... Wie viel Schmerz und Verlust musste Merlin noch alleine bewältigen?   Arthur sah den Schmerz in den Augen seiner Frau und verstand sie nur zu gut. Seine Wut und seine Enttäuschung wurden von einer Welle Mitleid davon gespült. Doch es gab noch einiges, was er wissen musste. Und dafür brauchte er Gaius. Sanft nahm Arthur Gwens Hände in seine. „Gwen“, begann er leise. „Ich weiß, dass du dir Sorgen machst. Aber im Moment ist es das Beste, wenn ich alleine mit Gaius spreche.“ Große, braune, Tränen gefüllte Augen sahen ihn an und der König musste hart schlucken. „Aber warum?“, schluchzte die Königin. „Warum kannst du ihm nicht einfach verzeihen?“ Arthurs Hände verkrampften sich. „Es gibt Dinge… die ich wissen will, die ich wissen muss. Erst dann kann ich es vielleicht verstehen… und verzeihen. Doch im Moment…“ Unsicher leckte sich der Blonde über die Lippen. „Ich bitte dich einfach, noch etwas Geduld zu haben. Sobald ich alles geklärt habe, werde ich dir alles erzählen, das verspreche ich dir.“ Gwen schluchzte und es schien eine Ewigkeit zu vergehen, wie es dem König vorkam, bevor sie nickte. Anscheinend traute sie ihrer eigenen Stimme nicht. Verständlich. Sie beugte sich vor und hauchte Arthur einen Kuss auf die Wange, bevor sie flüsterte „Ich bitte dich… versuche es.“ Nach diesen Worten erhob sie sich und ging zur Tür, ohne sich noch einmal umzudrehen. Gwen verließ die Gemächer und das anscheinend nicht zu früh, denn nur wenige Augenblicke später klopfte es an der Tür, worauf Arthur „Herein!“ rief. Die Wache führte Gaius herein und verbeugte sich. Arthur nickte. Er hatte sich bereits wieder zum Fenster begeben und sah hinaus. Er wollte nicht auf dem Bett sitzen, wenn er mit Gaius sprach. „Danke. Ihr könnt gehen.“ Die Wache verbeugte sich abermals und verließ den Raum. Nun waren die beiden Männer alleine.   Tief atmete Arthur durch, bevor er sich zu seinem Hofarzt umdrehte. Er hatte ihn seit der Schlacht nicht mehr gesehen. Er hatte damals nur den Abmarsch befohlen und als sie im Camelot waren, hatte Gwen sich um den Rat gekümmert, während sich Arthur in seine Gemächer zurückzog, um die Ereignisse zu verarbeiten. Ein Ritter war auf seinen Befehl hin zwar bei dem Hofarzt gewesen und hatte ihn über den Sieg informiert, aber so wie es aussah hatte noch niemand Gaius von den Vorkommnissen berichtet. Gaius verbeugte sich leicht. „Ihr habt mich rufen lassen, Sir?“ Arthur wandte seinen Blick zurück zum Fenster. Er hatte weder die Zeit noch den Nerv, noch groß um den heißen Brei herumzureden, also fragte er frei heraus, genau das, was er von Gaius wissen wollte. „Wusstet Ihr, dass Merlin… ein Zauberer ist?" Die Frage kam so plötzlich und unerwartet, dass Gaius erschrocken zusammenfuhr und seine Augen aufriss. Seine Stimme versagte. Als der Hofarzt nicht antwortete, drehte sich Arthur wieder zu ihm um. Seine Miene war ausdruckslos. Gaius wirkte mit einem Mal so alt, wie er wirklich war. „Eurer Schweigen spricht für sich“, sagte er, „Ihr wisst es.“ Tief atmete Gaius ein. Demütig senkte er den Kopf. „Ja, Mylord“, gab der Hofarzt zu. Bedauern schwang in seiner Stimme mit und auch so etwas wie… Angst? „Doch bitte glaubt mir. Ich hätte dieses Geheimnis niemals gewahrt, wenn dadurch Ihr, Euer Vater oder Camelot jemals bedroht gewesen wären. Merlin ist ein Zauberer, das ist wahr. Aber er ist kein Feind Camelots." Nachdenklich, mit aus dem Fenster gerichteten Blick, nickte Arthur. „Ich weiß.“, sagte er schließlich. „Er hat mich beschützt. Und nicht nur mich. Gwen, Leon, Percival, Elyan und Gwaine. Uns alle hat er vor den Sachsen, vor Morgana und Mordred und auch vor dem Roch beschützt.“ Arthur erzählte Gaius alles über die Ereignisse in der Schlucht von Camlann und zwar wirklich alles. Dabei erinnerte er sich an die Hoffnungslosigkeit, welche ihn ergriffen hatte, als er dieser Übermacht gegenüberstand. Egal, wie gut sie sich gegen die Sachsen hätten behaupten können, gegen Morgana oder der Roch hätten sie nicht bestehen können. Keiner von ihnen. Und er, Arthur hätte zusehen müssen, wie die Menschen, die ihm etwas bedeuteten, niedergemetzelt werden sollte. Ein Alptraum. Und dann war da Merlin. Alleine stand er da, zwischen seinen Freunden und den Feinden, wollte die einen beschützen und musste die anderen aufhalten. Dabei hat er sich keinen einzigen Augenblick lang um sich selbst gesorgt, sondern nur um seine Freunde. Dabei kam ihm der Große Drache zur Hilfe und gemeinsam schafften sie etwas, das sich ganz Camelot erhofft hatte und sie dennoch nie alleine geschafft hätten. „Merlin hat die Sachsen besiegt, er kann den Großen Drachen befehligen, er hat den Roch vernichtet und er hat Morgana getötet…“ Arthur erschauderte leicht, als er an die Macht dachte, welche Merlin sein eigen nannte. „Er ist so mächtig... mächtiger als ich mir wahrscheinlich vorstellen kann. Und doch hat er mir stets loyal gedient, sich von mir schikanieren lassen. Und doch hat er mich beschützt. Sogar mehr als das." Arthurs Blick fuhr zurück zu Gaius Gesicht, welcher geschwiegen hatte, während der König nachgedacht und geredet hatte. „Warum hat er das getan? Dazu hatte er keinen Grund. Wenn ich das richtig sehe, war er die ganze Zeit über stärker als ich. Weit stärker. Mit nur einer einzigen Handbewegung hätte er mich zu Boden werfen können. Stattdessen wurde er mein Diener und ließ sich von mir herumkommandieren und riskierte ständig sein Leben! Ich verstehe das nicht!“ Die Stimme des König wurde lauter und seine Hände ballten sich. Seine Augen suchten die von Gaius. Er wollte all das endlich verstehen. Nachsichtig erwiderte Gaius den Blick des Königs. Ein leichtes Lächeln erschien auf seinen Lippen. „Wirklich nicht? Merlin ist Euer Freund, Sir. Euer bester Freund. Und in einer Freundschaft, besonders in der Euren, geht es nicht darum, wer der Stärkere ist. Merlin sieht Etwas in Euch. Etwas Besonderes, für das er bereit ist, sein Leben zu geben. Und ich bin mir ganz sicher, dass Ihr bereit wärt, dasselbe auch für ihn zu tun. Ändert denn die Tatsache, dass Merlin ein Zauberer ist, etwas daran?" Mit einem Schlag verpuffte die Wut, welche sich in Arthur verbreitete. Verständnis nahm ihren Platz ein. Natürlich hatte Gaius Recht. Merlin hatte nie auch nur den geringsten Zweifel daran gelassen, dass er sein Leben für Arthur geben würde. Jederzeit und überall. Und auch Arthur selbst hat schon mehrmals sein Leben riskiert, um das von Merlin zu retten. „Er hat sicher schon tausendmal sein Leben für Euch riskiert und im Hintergrund die Fäden gezogen, um Euch zu retten....und Camelot. Er tut es aus Treue, aus Freundschaft und....weil es sein Schicksal ist....euer gemeinsames Schicksal.“ Dieser letzte Satz verwirrte Arthur. „Was meint Ihr mit `gemeinsames Schicksal´?“ Doch darauf schüttelte Gaius nur en Kopf. „Nicht mir gebührt das Privileg, Euch davon zu berichten, Sir, verzeiht. Doch Ihr sollt wissen, dass Merlin immer alles in seiner Macht stehende getan hat, um Euch zu beschützen. Der Gedanke, das ihr sterben könntet, war und ist unerträglich für ihn, dass hätte er niemals verkraftet. Es ist sein Schicksal, Euch zu beschützen. Das hat er all die Jahre getan. Er setzte seine Magie zum Schutz seiner Freunde ein, zum Schutz von Camelot… doch vor allem, um Euch zu beschützen und Camelot seinen wahrhaftigen und größten König zu wahren.“     Jetzt verstand Arthur. So vieles verstand er jetzt....jetzt, wo es schon beinahe zu spät war. Er lebte noch, weil Merlin ihn all die Jahre beschützt hatte.... im Verborgenen. Mit seiner Magie. Alleine.   Er hatte alle Demütigungen, Spott, Launen, kleineren und größeren Gemeinheiten Arthurs über sich ergehen lassen. Manchmal stillschweigend, manchmal mit bissigen Gegenkommentaren. Merlin war immer an seiner Seite und der König wusste, dass er ihm mehr als einmal das Leben gerettet hatte. Wie oft hatte er es getan, als es nicht offensichtlich war? Wie oft war der Schwarzhaarige bei ihm, ohne das Arthur oder jemand anders es ahnte? Nachdem Arthurs damals die Mortäus-Blume für seinen Diener geholt hatte, hatte er die Vermutung, dass es jemanden gab, der über ihn wachte und ihn beschützte. Sollte dieser Jemand wirklich Merlin gewesen sein? Hatte er damals das Licht geschickt, das den damaligen Prinzen aus der Höhle geführt hatte, als dieser gerade versuchte, das Leben von Merlin zu retten? Hatte Merlin schon damals seine Magie benutzt, um seinen Herrn zu beschützten?   Er war so dumm gewesen....so überheblich....so selbstgefällig. Musste sein Freund erst beinahe dem Tod erliegen, sodass Arthur endlich die Augen geöffnet werden konnten? So oft schien Camelot bereits dem Untergang geweiht, doch jeden Feind konnten sie zurückschlagen. Der König konnte es sich nicht erklären, schob es auf Zufälle, auf die herausragenden Fähigkeiten seiner Ritter, dabei hatten sie das alles Merlin zu verdanken. Der Schwarzhaarige hatte recht, ihn einen Trottel zu rufen. Arthur war mehr als das. Tränen stiegen in ihm auf, je mehr er nachdachte, doch Arthur schluckte sie herunter. Wieso war es ihm nie bewusst gewesen? Wieso hatte er nie begriffen, was Merlin alles für ihn und auch für Camelot getan hatte? Und vor allem und das war in Arthurs Augen das Schlimmste: Warum zweifelte er an seinem besten Freund und war im Begriff ihn hängen zu lassen?!?   Merlin war kein böser Mensch. Magie konnte nicht böse sein, wenn jemand wie Merlin sie beherrschte. Das wusste Arthur. Er glaubte fest daran, das die Worte von Gaius wirklich wahr waren. Und tief in seinem Herzen wusste Arthur es auch. Aber… Für einen Moment hatte er gezögert. Da hatte er in Merlin wirklich… etwas anderes gesehen. Für einen Moment… Nein, nicht nur für einen. Um ehrlich mit sich selbst zu sein… Arthur entsann sich an zwei Momente, an denen er an Merlin gezweifelt hatte.   Als er die Sachsen getötet hatte. Wie eine todbringende Welle raste seine Magie über die Sachsen hinweg und ließ fast ihre Knochen zerbersten und sie gegen die steinernen Schluchten krachen. Mit einem Schlag fanden mehrere Menschen den Tod. In diesem Moment dachte Arthur, dass Magie wirklich schlecht war und unter diesen Einfluss schien auch Merlin geraten zu sein. Denn niemals hätte Merlin, der friedvollste Mensch, den er kannte, abgesehen von seiner Frau, jemanden getötet. Schon gar nicht auf so brutale und zerstörerische Art und Weise. Doch das tat er, um seine Freunde Willen. Um sie zu schützen.     Der andere Moment… als Merlin seine Magie gegen Arthur selbst wendete. Als der Schwarzhaarige seine Hand ausstreckte und ihn mit goldenen Augen ansah, da war Arthurs erste Gedanke, dass er sterben würde. Das er dort, in der steinernen Schlucht von Camlann, durch die Hand seines Freundes und Dieners… durch die Hand eines Zauberers sterben würde. Doch das Gefühl, welches sich in dem König ausbreitete, war nicht schlecht, schon gar nicht böse. Es war warm. Machtvoll. Schützend. Es war das gleiche Gefühl, als wenn Merlin in seiner Nähe war. Dann fühlte sich Arthur tief in seinem Inneren ebenso.   Als er die Ausmaße begriff, welche dieser Zauber mit sich brachte… das Merlin sein eigenes Leben auf die Waagschale geworfen hat, nur um seines zu retten… Das riss Arthur beinahe den Boden unter den Füßen weg und er schämte sich, dass er je an Merlin gezweifelt hatte. Und wenn Arthur daran dachte, was für Schmerzen sich Merlin angetan hatte und vor allem, für wen er das alles getan hatte… dann konnte Arthur beim besten Willen nicht glauben, dass die Magie böse war. Das Merlin böse war. Das war unmöglich.     Arthur seufzte. So viele Gedanken schwirrten in seinem Kopf umher, so viele Gefühle drohten sein Herz zu überschwemmen. Der König wollte Antworten und obwohl er kein Mann großer Worte war, wollte er nichts anderes als ein Gespräch mit dem Schwarzhaarigen führen. In Wirklichkeit wollte er jedoch etwas anderes und dieser Wunsch entsprang direkt seinem Herzen: Arthur wollte einfach nur seinen Freund Merlin zurück, dieses völlig unkomplizierte Verhältnis, welches sie beide immer glücklich gemacht hat. Das Band, das zwischen ihnen geflochten worden war, ohne, dass man es sehen oder berühren konnte. Ein Band, welches von nichts oder niemandem jemals zerstört oder zerrissen werden konnte. Der König wusste, so würde es vielleicht nie wieder werden, doch er war bereit, mit Merlin zu reden. Nein, er musste mit Merlin reden und es versuchen. Versuchen, dass sie beide noch immer ein solch glückliches Leben führen können. Das war er ihm, nach allem, was der Schwarzhaarige für Arthur getan hatte, einfach schuldig. Und der König gab zu, er konnte sich ein Leben und Camelot ohne den Schwarzhaarigen gar nicht mehr vorstellen.   „Was denkt Ihr, wie lange es dauern wird, bis Merlin geheilt ist und er wieder zurückkommt?“ Gaius schwieg. Er hatte eine Antwort für den König, doch diese würde diesem gewiss nicht gefallen. Verwirrt sah Arthur zu seinem Hofarzt. In diesem Moment schien es ihm, als könnte er ihm sein Alter wirklich ansehen. Er schien auch ein wenig blass geworden zu sein, seitdem er von dem Zustand seines Ziehsohnes erfahren hatte. Verständlich. Sonst wirkte der Mann vor ihm immer stark und unbändig, doch die Ereignisse schienen auch ihn sehr mitzunehmen. Doch darauf konnte Arthur keine Rücksicht nehmen. Er wollte eine Antwort. „Gaius?“ Der alte Mann seufzte. „Ich kann nicht sagen, wann Merlin zurückkehren wird. Wenn er denn zurückkehren wird.“ Arthur riss die Augen auf. „Was soll das heißen?!“ Gaius schloss ergeben die Augen. „Merlin hatte immer Angst davor, dass Ihr die Wahrheit über seine Magie herausfinden würdet. Er hatte Angst, dass Ihr es nicht verstehen würdet.“ Arthur schüttelte beinahe entsetzt den Kopf. Kein Ton kam über seine Lippen. Merlin hatte Angst? Vor ihm? Aber er würde ihm nie etwas tun, das könnte er gar nicht, es würde den König selbst zerstören. Vielleicht denkt Merlin aber auch, dass er nicht mehr willkommen ist, jetzt da Arthur weiß, dass er ein Zauberer ist. Das er ihn verachtet, ihn hasst und seine Freunde ebenso. Schließlich hatte Arthur früher auch die Magie gehasst. Für Merlin gab es keine Garantie, dass er ihn nicht hassen würde. Für jemanden wie Merlin muss es ein zerstörerisches und zerreißendes Gefühl sein. „So ein Idiot!“, brauste Arthur mit einem Mal auf. „Er glaubt doch wohl nicht im Ernst - !“ Arthur war aufgebracht, konnte sich noch beherrschen, um sich nicht die Haare zu raufen. „Der Junge kann was erleben, wenn ich ihn sehe!“   Gaius sah überrascht aus, seine Augen weiteten sich. „Sir, heißt das…?“ Arthur hörte auf zu wettern und drehte sich seinem Hofarzt zu. „Ich danke Euch für dieses Gespräch, Gaius, es war sehr aufschlussreich. Jetzt hätte ich gerne wieder meine Ruhe, um weiter nach zu denken.“ Obwohl Gaius alles andere als gehen wollte und eine Antwort herbeisehnte, hatte er keine Wahl. Der König würde ihm sonst direkt befehlen, die Gemächer zu verlassen oder die Wachen rufen. Leicht verbeugte er sich, gab ein „Mylord“ von sich und verließ die Gemächer des Königs.     Endlich wieder alleine atmete Arthur erstmal tief ein und seufzte.   Es schien, als wäre durch die Erkenntnis über den Vater von Merlin, dessen weitreichende Loyalität und das Gespräch mit Gaius ein dunkler Schleier von seinen Gedanken und seinem Herzen gewischt worden, ein Schleier, der all die guten Seiten und die guten Taten von Merlin verdeckte. Ein Teil seines alten Selbst, welches die Magie noch verabscheute und verachtete. Der Teil, der um jedem Preis seinem Vater gefallen wollte. Doch die Gedanken dieser Seite hatten nun keinen Wert mehr.   Wir konnte er nur jemals an Merlin zweifeln? Er war der treueste Freund, den man sich wünschen konnte, welcher fest an Arthur und die Zukunft Camelots glaubte. Er konnte es stets in seinen Worten hören, welche nie aufrichtiger klangen als in den Momenten, in denen er von der großen Zukunft Arthurs sprach, an die er glaubte. Die Entschlossenheit in den blauen Augen, wenn er sich einer Gefahr stellte oder sein eigenes Leben aufs Spiel setzte, um seinen König, seine Freunde oder ganz Camelot zu schützen. So viel er ihnen allen verheimlicht hat, so ehrlich war er ihnen gegenüber doch gewesen. Er war ihr aller Freund, er hatte alles getan, um zu helfen und sich ihre Freundschaft zu verdienen. Er war mutig und loyal, einen besseren Mann als Merlin konnte man in allen fünf Königreichen nicht finden.   Merlin war immer an Arthurs Seite, ob in gefährlichen Situationen oder zu völlig belanglosen Festen. Wahrscheinlich selbst zu Gelegenheiten, an denen es Arthur noch nicht einmal aufgefallen war. Arthur fühlte, wie sich ein Kloß in seinem Hals bildete. Merlin war für ihn immer etwas Selbstverständliches gewesen. Jemand, der immer für ihn da war. Jemand, der ihm immer den Rücken stärkte und immer die richtigen Worte fand, egal in welcher Situation. Merlin war immer an seiner Seite gewesen. Von Anfang an, selbst als er noch so ein Ekelpaket von Prinz war. Merlin hatte ihn gelehrt, dass er nur auf sein Herz hören musste, um ein gerechter König zu sein. Er hatte sich vor Merlin nie verstellen müssen. Und selbst wenn Arthur es getan hätte, der Schwarzhaarige hätte ihn mit Leichtigkeit durchschaut. Bei Merlin musste er nicht der großkotzige Prinz oder der allmächtige König sein - Arthur konnte ganz er selbst sein. Über die Jahre hinweg war Merlin sein engster Vertrauter und vor allem sein bester Freund geworden. Arthur konnte selbst nicht sagen, wann er begonnen hatte, mehr in dem schlaksigen, jungen Mann zu sehen als einen miserablen Diener und unfähigen Trainingspartner. Es hatte sich einfach so ergeben. Dabei gab es so viel, dass er Merlin noch nie gesagt hatte und unbedingt noch sagen wollte und noch viel mehr, das er über ihn wissen wollte. Denn immer wieder blitzten Charaktereigenschaften von Merlin auf, die Arthur nie an ihm vermutet hätte und wobei sein Stolz ihm im Weg war, um weiter nachzufragen. Und die größte Eigenschaft war ihnen allen verborgen geblieben. Merlin war ein Zauberer. In all den Jahren, die sie bereits Seite an Seite kämpften, lachten, und auch weinten hatte er es nie bemerkt. Arthur hätte nie auch nur den Verdacht, dass Merlin ein Zauberer sein könnte. Rückblickend erklärte es natürlich auch einige Dinge, auf die Arthur sich bisher keinen Reim hatte machen können.   Aber warum hatte Merlin sein Geheimnis so lange gewahrt? Warum hatte er es nicht wenigstens ihm, Arthur, anvertraut? Ein bitteres Gefühl stieg in dem König auf. `Merlin hatte immer Angst davor, dass Ihr die Wahrheit über seine Magie herausfinden würdet. Er hatte Angst, dass Ihr es nicht verstehen würdet.´ Die Worte von Gaius… Merlin hatte Angst. Angst vor seiner Reaktion. Und das mit Recht, wie der König befand. Denn er war sich vor Kurzem selbst noch unsicher, was er mit Merlin machen würde, wenn er ihn sah. Arthur überraschte sich selbst, als merkte, dass er Merlin verstand. Zumindest zum Teil. Gänzlich würde er sicher niemals verstehen, wie sehr Merlin unter all den Lügen und dem ganzen Versteckspiel gelitten haben musste. Der König musste auch zugeben, dass ein großer Teil, wenn nicht gar der größte Teil der Schuld bei ihm lag. Er hatte Merlin nie einen richtigen Grund gegeben zu glauben, dass er verschont werden würde. Schlussendlich musste Merlin doch sogar fest damit rechnen, dass Arthur es als Verrat ansehen würde und ihn als Verräter auch hätte hinrichten lassen. Wenn auch vollkommen unabsichtlich, Arthur hatte dennoch seinen Anteil dazu beigetragen, dass Merlin niemals offen zu ihm gewesen war. Arthur atmete tief durch und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Sie hatten so viel zu bereden! Es gab so viel, was Arthur wissen wollte, wissen musste! Er schluckte. Wie es Merlin jetzt wohl ging? Seine Verletzung war schwer, dass wusste Arthur. Mit einem Schauer erinnerte er sich an seinen blutverschmierten Freund zurück. Konnte der Drache… konnte Kilgharrah ihn retten? Arthur hoffte es wirklich. Zum ersten Mal in seinem Leben hoffte er auf die Macht der magischen Wesen. Entschlossen öffneten sich die blauen Augen und blickten aus dem Fenster hinaus in den Himmel, welcher bereits dunkel geworden war. Es gab nur einen Weg, das herauszufinden!         Es war bereits später Abend, als Arthur Leon, Percival, Elyan und Gwaine in seine und Gwens Gemächer rufen ließ. Die vier Ritter waren in lockerer Kleidung zu ihrem König gekommen, denn sie hatten im Moment keinen Dienst. Sie wurden freigestellt, denn nach den Ereignissen, dessen Zeuge sie wurden, hätte sich keiner wirklich auf seine Arbeit verlassen können. Für Arthur war es relativ ungewohnt Sir Leon so zu sehen, denn ihn sah er meistens in einer Rüstung, nur selten im Pub, wenn sie Abends noch einen Trinken gingen, dann trug er andere Kleidung. Doch im Moment musste er sich mit anderen Dingen befassen.   „Ich habe mich entschieden.“   Die Schultern seiner Ritter spannten sich an. Sie alle wussten, welche Entscheidung der König gefällt hatte, denn es gab nur eine Sache, welche sie alle mitnahm. Elyans Blick wanderte sofort zu seiner Schwester, doch Gwen stand mit dem Rücken zu ihnen, sodass er nicht einmal erahnen konnte, was Arthur sagen würde. Der König besah sich jeden Einzelnen von ihnen. Elyans Gesicht war ernst. Er war Merlin sehr dankbar, dass er ihm geholfen hatte, als er besessen war. Er würde sich wünschen, wenn er wieder zurückkommen würde. Percival sah nicht anders aus als sonst, aber Arthur wusste, dass er damals ein Versprechen gab, auf Merlin Acht zu geben und ihn zu beschützen. Und unter seinen Muskeln war der große Ritter ein sehr sensibler und fürsorglicher Mann. Leon sah ebenso ernst aus wie Elyan. Er sah Merlin als wertvollen Freund an. In seinen Augen war der Schwarzhaarige nicht nur ein einfacher Diener, sondern ein mutiger Mann, welcher an die Seite des Königs gehörte, damit dieser zu dem König wurde, den das Volk brauchte. Gwaine schien es am Schlimmsten erwischt zu haben. Seine Miene war zerknirscht, seine Hände zu Fäusten geballt. Es schien ihn tief zu treffen, dass Merlin sich ihm nicht anvertraut hatte. Natürlich, er sah Merlin als seinen besten Freund an. Und Arthur wusste, was ihn von Gwaines Seite erwartete, wenn er die, aus dessen Sicht, falsche Entscheidung getroffen haben sollte. Denn Arthur war mit Sicherheit nicht der Einzige, welcher mit Merlin reden und einige Dinge klären wollte. Arthur sah jedem seiner Ritter in die Augen, bevor er sie auch nicht länger auf die Folter spannte. Gwen drehte sich in dem Moment um. Auf ihren Lippen zeichnete sich ein Lächeln ab. „Ich werde mich morgen in aller Frühe aufmachen, um meinen Freund wieder nach Hause zu holen!“ Ein Grinsen begann sein Gesicht einzunehmen. „Wer möchte, kann mich begleiten.“ Ein breites Grinsen auf den Gesichtern seiner Freunde war Antwort genug.   Kapitel 24: Sein Schicksal endet --------------------------------       Kapitel 24 - Sein Schicksal endet       Es war noch immer Nacht. Der Mond wurde von ein paar Wolken verdeckt, doch es war eine ruhige und stille Nacht. Sie hatte sich mit einem Mal komplett gewandelt, dass spürten die magischen Bewohner und Wesen der Welt. Die dunkle Präsenz des Rochs und somit der Totenwelt, welche sich über der Welt ausgebreitet hatte, war verschwunden. Die Dunkelheit und die Kälte der Nacht waren bei weitem nicht mehr so finster und so klirrend wie zuvor. Es war jemandem gelungen, die Kreatur endgültig zu vernichten und den Schleier wieder komplett zu schließen.   Doch vielleicht lag die Veränderung auch daran, dass sich die Sonne immer weiter am Horizont empor kämpfte, um die Welt mit ihren Strahlen zu erhellen und zu wärmen. Daran glaubte allerdings niemand. Die Sonne war aber auf jeden Fall eines: Ein sicheres Zeichen dafür, dass ihnen die Zeit davonlief.     Flügelschlag um Flügelschlag kämpfte sich Kilgharrah durch die Luft, doch seine Energie und seine Kraft waren so gut wie aufgebraucht, es schien, als käme er kaum von der Stelle. Schnaufend versuchte der Große Drache, seine Flügel schneller zu schlagen, doch es war sinnlos, denn die Schmerzen, welche das verursachte, zwangen ihn beinahe, langsamer zu fliegen. Doch er gab nicht auf. „Wir haben es bald geschafft!“ Als keine Antwort kam, hakte er nach. „Merlin?“ Abermals blieb die Antwort aus und so blickte der Drache nach unten. Und seine Goldenen Augen weiteten sich. Der Kopf des Zauberers war in den Nacken gelegt und es schien, als würde er schlafen. Doch durch seinen Flug konnte Kilgharrah nicht spüren, ob er wirklich der Ohnmacht erlag, oder ob er gerade - ! „Merlin?! Kannst du mich hören! Merlin!“ Keine Reaktion.   „Merlin!“   Doch dort, wo der junge Zauberer war, nahm er die Stimme seines Bruder nicht wahr.       Merlin sah nur den Nebel, der die Umgebung einhüllte, so stark, dass er nicht sah, wo er sich befand. Doch es schien ein Waldstück zu sein, allerdings ein anderes als das, wo er die Person, welche ihm gegenüberstand, zum ersten Mal traf. Merlin hatte sein Zeitgefühl vollkommen verloren, die Schmerzen, welche in diesem Nebel verschwunden waren, hatten ihm alle Sinne geraubt. Trotz allem schwirrten so viele Fragen in seinem Kopf umher. Wie es seinen Freunden ging, ob sie sicher zuhause angekommen waren, ob es in Zukunft noch solch starke Feinde geben würde… wie sie dann ohne ihn zurechtkommen sollten… Doch eine stach besonders hervor und nur diese eine Frage war für Merlin in diesem Moment entscheidend. „Werde ich… sterben?“ Auch wenn er Angst vor der Antwort hatte… auch wenn er die Antwort darauf gar nicht wirklich hören wollte… auch wenn alleine sein Auftauchen Antwort genug war… Merlin musste es wissen. Er musste es hören.   Leise seufzte Calest und ließ die Schultern hängen. Auch, wenn Merlin sein Gesicht kaum sehen konnte, war er sicher, dass er traurig war. Zum ersten Mal sah er ein Wesen der Alten Religion, welches ihm gegenüber ein solch menschliches Gefühl wie Trauer zeigte. „Leider… habe ich keine Möglichkeit, dein Leben zu retten, Emrys.“ Merlin kannte die Antwort bereits. Natürlich. Umso weniger war er nun davon überrascht oder entsetzt. Er fühlte sich leer. Nur leer.  „Das Schwert, welches durch deinen Zauber dich anstelle von Arthur Pendragon durchbohrte, war im Atem eines Drachen geschmiedet worden. Es gibt nichts, was tödlicher ist als solch alte Magie. Nur die Shi könnten dich nun noch retten. Doch ich fürchte, ihr werdet es nicht mehr schaffen.“ Geschlagen schloss Merlin die Augen. Natürlich kannte er den Preis und das Risiko, die der Zauber, den er eingesetzt hatte, mit sich brachte. Und eigentlich bereits sein gesamtes Schicksal. Und Merlin war mehr als bereit ihn zu zahlen. Doch irgendwie… Ein kleiner Teil von ihm schien gehofft zu haben, dass es doch noch Hoffnung für ihn geben könnte. Wozu war er denn unsterblich, wie alle behaupteten? Wozu besaß er solch große Magie? Warum konnte er seinen eigenen Tod dann nicht verhindern?! All diese Fragen und noch viele mehr hämmerten in seinem Kopf, wollte er in die Welt hinaus schreien, doch er kam zu keiner Antwort. Und in Wirklichkeit wollte er auch keine. Jetzt, wo er dem Tode so nahe war, schien auch alles andere an Wichtigkeit verloren zu haben. Denn er hatte bereits eingesehen, dass es zu spät für ihn war.   „Es gibt nur eines, was ich tun könnte.“ Nun doch überrascht blickte Merlin auf und sah zu dem Wächter, welcher mit einem zusammengekniffenem Mund zu ihn herübersah. Er schien sehr ernst zu sein. Was konnte jetzt noch kommen? „Du weißt es. Kilgharrah sagte es dir damals. Jede Verletzung kann dich töten, ohne, dass deine Magie etwas dagegen ausrichten kann.“ Merlin nickte, obwohl er nicht wusste, worauf Calest hinaus wollte. Die Zeit war kein Gegner für ihn oder eher für sein eigenes Leben, nur seine Wunde und die dunkle, uralte Magie, sie waren sein Verhängnis. Calest atmete tief durch. „Deine Unsterblichkeit füllt viele Leben, Emrys. Mit deinem Tod wären diese Leben jedoch alle dahin und tot, bevor sie gelebt werden konnte. Deshalb frage ich dich: Bist du bereit, diese unendlich vielen Leben gegen ein Einziges einzutauschen? Deine Leben gegen das Ihre?“ Zuerst wusste Merlin nicht, wen der Wächter damit meinte. So wie Calest sprach, musste es sich um eine Frau handeln, doch um wen? Gwen war unverletzt, dass hatte er gesehen. Er hatte die Sachsen, Mordred und Morgana getötet. Sie konnten niemandem mehr ein Leid zufügen. Und solange Arthur an ihrer Seite war und sie die Ritter hatte, würde Gwen auch nichts zustoßen, da war sich der Zauberer sicher. Doch aus irgendeinem Grund glaubte der Schwarzhaarige nicht, dass es um seine beste Freundin ging. Und eine weitere Frau, welche verletzt sein könnte, fiel ihm nicht ein… vor allem keine, welche ihm so wichtig war, dass er sein Leben für sie geben würde… Dann kam ihm die Erkenntnis und Merlin riss die Augen auf.  Es gab für Merlin nur eine Frau. Die Frau, für welche er seine Unsterblichkeit aufgeben würde, damit sie leben konnte. Ohne Zögern. Sein Herz überschlug sich, seine Hände ballten sich, seine Atmung beschleunigte sich.   Calest nickte. Der junge Mann ihm gegenüber schien verstanden zu haben, wen er meinte. Natürlich hatte er von der Geschichte von Emrys und der Herrin vom See gehört. Wer hatte das nicht? Und es war ein Angebot, welches der Zauberer ganz gewiss nicht ablehnen würde. Schließlich war es eine einmalige Chance und die würde er seiner Geliebten sicher niemals verwehren. Ein Angebot, welches in Zukunft vielleicht noch nützlich sein könnte… „Wenn du stirbst, ist auch deine Unsterblichkeit dahin und niemanden würde sie mehr nutzen. Und auch für dich kann ich sie nicht verwenden. Nicht, wenn du so schwer verletzt bist und deine Magie nicht wirken kann. Selbst du, der du so mächtig bist, kann gegen die uralte Macht, welches in dem Schwert Morganas pulsierte, nichts ausrichten. Jedenfalls im Moment nicht. Vielleicht wärst du eines Tages so stark und mächtig, dass du selbst über Leben und Tod entscheiden könntest. Doch dieser Tag ist nicht heute. So kann ich dir nur diese eine Möglichkeit anbieten.“   Merlin inzwischen versuchte zu schlucken, doch sein Hals war staubtrocken. Ob es an seinem Zustand lag oder den Gefühlen, die in ihm tobten, konnte er nicht sagen. Eines wusste er jedenfalls: Solange es um seine geliebte Freya ging, war Merlin alles recht. Auch wenn er sie dadurch noch nicht wieder sehen würde, er wollte ihr nicht die Chance verwehren, ein Leben zu führen. Schon gar nicht, da ihr das ihre so früh wieder genommen wurde. Merlin schloss die Augen. Ein tiefer Atemzug folgte. „Egal, ob ich heute sterbe oder leben werde… wenn ihr durch meine Unsterblichkeit die Chance zum Leben gegeben werden kann, dann werde ich sie ihr nicht verwehren.“ Tief atmete Merlin durch, auch wenn es im Hals wehtat. Der wundersame Nebel, welcher die Schmerzen linderte versiegte langsam und ließ nur Dunkelheit zurück und die Schmerzen kehrten langsam zurück. Merlin biss die Zähne zusammen. „Wenn ich wirklich sterben sollte… dann soll mein Tod ihr Leben bedeuten. Wenn sie denn leben will… dann nehme ich diesen Preis in Kauf. Bevor ich sterbe und meine Unsterblichkeit, wie ich sie wohl besitze, vergeudet ist, soll lieber sie mein Leben erhalten.“ Calest nickte. Damit hatte er gerechnet. Merlin öffnete die Augen. Er starrte auf seine Hände. Ein sanftes, doch trauriges Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Schweiß begann über seine Stirn zu laufen.  „Wie sehr ich mich nach ihr gesehnt hatte… Immer, wenn ich Arthur und Gwen sah, dann pochte mein Herz sehnsüchtig und doch schmerzhaft in meiner Brust, weil sie nicht an meiner Seite sein konnte. So sehr ich es den Beiden gegönnt habe, ich habe es trotzdem gehasst. Wie sehr ich sie vermisse und wie gerne ich sie wieder sehen würde…“ Ein Seufzen entfuhr dem Zauberer, als er an seine Geliebte dachte. Alles an ihm verzehrte sich nach ihr, sein Körper, sein Geist und seine Seele. Aber niemals würde er ihr diese Chance verwehren. „Sie wurde viel zu früh aus diesem Leben gerissen. Wenn es eine Möglichkeit gibt, dass sie leben kann… wenn es auch bedeutet ohne mich… dann will ich der Letzte sein, der ihr diese Möglichkeit verwehrt.“ Seine Hände ballten sich und das typische Grinsen kehrte auf sein Gesicht zurück. Er blickte zu seinem Gegenüber. „Egal, wie groß der Schmerz auch sein mag oder noch wird, ich weiß eines mit Sicherheit: Eines Tages werden wir wieder vereint sein. Und auf diesen Tag werde ich warten! Egal, wie lange es dauert!“   Calest schwieg. Er hatte sich die Worte von Merlin genau angehört und dabei auf sein Herz gelauscht. Und nie wurden größere Worte der Liebe und Sehnsucht ausgesprochen. Das alles könnte die Situation ändern… „Ich verstehe. Ich werde sehen, was ich tun kann. Du hast der magischen Welt und der Alten Religion einen großen Dienst erwiesen, Emrys. Und dafür solltest du belohnt werden.“ Merlin lächelte. Die Schwärze um ihn herum nahm zu und trübte auch sein Bewusstsein. Seine Augen schlossen sich und er konnte nur mit Mühe die letzten Worte von Calest verstehen, während er langsam wieder in die Bewusstlosigkeit abdriftete. „Ich wünsche dir alles Gute, Merlin. Und möge die dreifache Göttin mit ihrem allsehenden Auge eine Möglichkeit sehen, dass die Zukunft doch noch in vollem Licht erstrahlen kann.“   Es schien Merlin, als würde er treiben. Durch die endlose Schwärze und die Taubheit. Er spürte nichts und hörte nicht. Bis…   `MERLIN!´       L'AME IMMORTELLE - Fallen Angel https://www.youtube.com/watch?v=iMwe8zZg9j0       Wie ein Schlag ins Gesicht war der laute Ruf in seinen Gedanken, welcher bis tief in die Schwärze reichte, in welcher der Zauberer trieb. Merlin riss die Augen auf, doch ein gepeinigtes Stöhnen verließ seine Lippen, als der Schmerz mit voller Wucht zurückkehrte. Beinahe wünschte er sich die Schwärze zurück, in welchem die Schmerzen verschwunden waren, doch Merlin wusste mit einem Mal nur zu gut, was diese bedeutete… Doch er wusste auch, dass er sich nicht mehr lange würde wehren können…   „Du darfst nicht einschlafen, Merlin“, sagte Kilgharrah leise, doch voller Ernst. Merlin hörte aber auch die Schwäche in der Stimme des Drachen. Er spürte die holprigen Flügelschläge, die schwindende Kraft. Calest hatte Recht. Sie würden es nicht schaffen. Er würde es nicht schaffen.   Ein Seufzen verließ seine Kehle. „Sterben… ist schon seltsam…“, sagte Merlin leise. Die Schmerzen, welche seinen Körper in Flammen setzte, die alte und schwarze Magie, welche sich wie Säure durch seinen Körper fraß wurden langsam wieder von Taubheit abgelöst. Und der Zauberer wusste, dass diese Taubheit sich nicht wieder lösen würde…   Kilgharrah sah zu seinem Bruder hinunter, den er noch immer in seiner Klaue hielt, dessen warmes Blut seine Krallen entlang lief. Sie hatten den See von Avalon noch nicht erreicht. Und langsam schwand auch die Zuversicht des Großen Drachen. Er war durch den Kampf mit dem Roch stark geschwächt und konnte kaum noch fliegen. Seine Wunden heilten langsam, doch nicht schnell genug, sodass es nur noch Augenblicke dauern konnte, bis seine Kräfte völlig verbraucht waren. Zudem war Merlin ebenfalls schwächer, als der Drache angenommen hatte. Die alte Magie in ihm schwächte den jungen Zauberer und der Blutverlust forderte seinen Tribut. Lange würde der Schwarzhaarige nicht mehr durchhalten. „Es ist nicht mehr weit“, versuchte Kilgharrah Merlin, aber vor allem sich selbst zu beruhigen. Die Ausmaße der gesamten Situation, die Erkenntnis, all das allerdings sickerte langsam in sein Bewusstsein, je näher sie kamen und je schwächer Kilgharrah selbst jedoch wurde. `Wir schaffen es nicht´, dachte der Drache betrübt und dieser Gedanke verursachte ein Stechen in seinem Herzen.   „Lande…“ murmelte Merlin plötzlich schwach. Die goldenen Augen des Drachen weiteten sich. „Was?“ „Bitte… lande…“ Kilgharrah knurrte. „Nein! Wir werden es schaffen!“ Seine Flügelschläge wurden stärker, doch ein schmerzhaftes Zischen und Fauchen entfuhr dem Großen Drachen. Die Anstrengung war zu groß. „Bitte…“ Die flehenden Worte seines Meisters und Bruders und seine eigenen Kräfte, welche nun vollständig am Ende waren, zwangen Kilgharrah nun endgültig in die Knie. Seufzend ging er tiefer und landete nur Augenblicke später zwischen vielen Bäumen im Wald, welche teilweise entwurzelt wurden. Die Landung war ziemlich holprig, da seine Flügel versagten. Erschöpft knickten die Beine des mächtigen Wesens einfach weg, was leichte Beben verursachte. Merlin aber wurde noch immer sicher in der Kralle gehalten. Beinahe atemlos versuchte der Drache, Luft in seine brennenden Lungen zu bekommen. „Weiter…“, murmelte der Kilgharrah schwach und versuchte, seinen schmerzenden Körper wieder zu erheben. Jedoch knickten seine Beine immer wieder weg, sodass er nicht aufstehen konnte. Seine Kräfte waren restlos erschöpft und auch seine Zeit war bald gekommen. So schwach hatte sich der Drache noch nie in seinem Leben gefühlt. Behutsam legte er Merlin auf den Waldboden ab. Seine goldenen Augen waren voller Trauer. „Ich kann nicht mehr weiter…“, gab Kilgharrah zu und gleichzeitig hasste er sich für diese Schwäche. Er war ein Drache, eines der stärksten, ältesten und gefürchtesten magischen Kreaturen der Welt. Wieso schaffte er es dann nicht, seinen einzigen Freund und Bruder zu retten?! Ein wütendes Fauchen verließ die Kehle des Drachen. „Nein…“, sagte Merlin leise mit kraftloser Stimme. „Wir… schaffen es… nicht mehr…“ „Soll es das also gewesen sein?!“, brauste Kilgharrah mit einem Mal auf. Seine Krallen zogen Furchen in die Erde, als er sie ballte. „Das kann nicht sein! Das darf einfach nicht sein! Was ist mit deinem Schicksal?! Du solltest nicht hier mitten in einem Wald zugrunde gehen, sondern an Arthurs Seite sein und ihn beschützen. Ihn beraten und zusammen solltet ihr ein Königreich errichten, welches heller als jeder Stern am nachtschwarzen Himmelszelt erstrahlen sollte! Du hast es nach allem, was du für Albion und die Alte Religion getan hast, nicht verdient, hier, entfernt von dem Menschen, welchem du dein Leben aufgeopfert hast, zu sterben!“ Der Drache war in Aufruhr, er redete sich völlig in Rage, was Merlin nur ein leichtes Lächeln entlockte. Früher war es Kilgharrah immer egal, wenn Merlin auf dem Weg zur Erfüllung seines Schicksals jemanden schaden musste. Oder wenn er selbst litt, es schien den Drachen nie irgendwie zu kümmern. Dass er seinetwegen nun so seine Ruhe verlor und sich über seinen kommenden Tod so aufregte… es erstaunte und rührte Merlin. Zudem war er immer der Meinung, dass gerade Kilgharrah den Ausgang dieser Schlacht kennen würde. Das er wissen würde, dass es Merlin sein würde, der sein Leben verlieren würde und nicht Arthur. Doch scheinbar hatte Merlin wirklich das Schicksal verändert und das Leben von Arthur nachhaltig gerettet, eine Tatsache, für die Merlin tausendmal sterben würde. Arthur…   Ein leises Lachen entfuhr dem Schwarzhaarigen. Kilgharrah fuhr herum und sah seinen Bruder mit zusammengekniffenen Augen wütend an. „Was findest du daran so amüsant, Merlin?!“ „Ich… glaube… an Arthur…“, gab dieser zu. Dieser Satz… dieser eine Satz brachte den Drachen zum Verstummen. Seine Augen waren geweitet und auf den schwarzhaarigen Zauberer gerichtet. „Wie meinst du das?“ Nun völlig ruhig lauschte Kilgharrah den Worten seines Freundes. Würden es doch vielleicht die letzten Worte sein, die er von ihm hören würde…   Merlin seufzte. „Ich glaube… daran,… dass er… auch ohne mich… dieses Reich… erschaffen… wird,… welches wir… uns… schon so lange… ersehenen…“ Merlin keuchte, das Reden strengte ihn an. Zudem machte ihm seine Wunde zu schaffen, aus der noch immer Blut quoll. Seine Finger krallten sich ins Gras. „Außerdem… hat er… Gwen… an seiner… Seite… die Ritter… Gaius…“ Ein Stich der Trauer und des Bedauerns überkam Merlin. Hatte er doch nie Gelegenheit dazu gehabt, Gaius zu sagen, wie wichtig dieser für ihn war. Er war wie ein Vater für ihn. Und er konnte sich noch nicht einmal von seinem Ziehvater verabschieden… Doch eine Sache musste er Kilgharrah noch mitteilen. „Und… er hat… Aithusa…“ Nun riss Kilgharrah seine Augen noch weiter auf. Verwirrung und Schock waren in den goldenen Seelenspiegeln zu sehen. „Aithusa?“, wiederholte er ungläubig und mit einem Hauch von Bedauern und Trauer.   Es war wie ein Schwertstoß ins Herz, als Kilgharrah damals spürte, wie Aithusa gestorben war. Es war nie leicht für den Drachen, wenn er spürte, das ein Artgenosse getötet wurde, doch dieses Mal war es die schlimmste Erfahrung, die Kilgharrah je gemacht hatte. Nicht nur, dass Aithusa noch ein sehr junger Drache war, welcher sein Leben aushauchte. Es war Merlin, ein Drachenmeister, welcher ihr Leben beendete. Und der Schmerz, welcher von beiden Wesen auf ihn einstürmte, nahm selbst Kilgharrah die Luft zum Atmen. Wobei sein Mitleid in diesem Augenblick weit mehr Merlin galt als Aithusa. Sie hatte Merlin und ihn verraten und sich auf die Seite des Bösen geschlagen. Auch, wenn sie der Hexe gefolgt war und somit einen dunklen Pfad beschritt, sie war doch ein Drache und mit ihm verbunden. Deswegen empfand er auch für sie eine gewisse Trauer. Der Große Drache seufzte. Er hatte damals die Hoffnung, dass es Aithusa wäre, welche die strahlende Zukunft einläuten würde, welche Merlin und Arthur formen sollte. Sie war wie ein Omen für ihn. Ein weißer Drache, welcher in der anfänglichen Ära von König Arthur und dem Zauberer Merlin geboren wurde. Das konnte nur eine strahlende Zukunft bedeuten. Zudem war es die einmalige Chance für die Drachen, neu aufzuerstehen. Durch Merlin als Drachenmeister und Aithusa als weiblichen Drachen war eine Gelegenheit, auf die selbst Kilgharrah nicht mehr zu hoffen gewagt hatte. Doch durch das gute und beeinflussbare Herz des jungen Drachen und die bösartige, manipulierende Hexe Morgana war diese Hoffnung zunichte gemacht worden. Was also meinte Merlin nun damit? Konnte diese Hoffnung trotz allem weiterbestehen?   „Wie meinst du das? Du hast sie getötet.“ Merlin atmete tief durch, sein Atem rasselte. „Sie wird… wiederkehren und… ihm helfen… und… zu Diensten sein… das Band… zu… Morgana… ist… zerstört…“ Merlin fiel das Reden immer schwerer, langsam trübte sich seine Sicht. Der Schmerz, welcher zuvor wie Feuer durch seinen Körper strömte fühlte sich nun so an, als würde Taubheit seine Glieder befallen. Die Kälte und die Dunkelheit um ihn herum nahmen zu. Seine verkrampften Finger lösten sich langsam vom Gras. „Mein… Schicksal… ist er-…füllt… ich konnte… Arthur… und Camelot… beschützen…“ Gequält schloss der Zauberer die Augen. Er hob schwerfällig und ächzend einen Arm, um seine Hand über seine Wunde zu legen. Tränen brannten in Merlins Augen und liefen langsam über seine blassen Wangen. „Ich… wünschte…“, brachte Merlin nur noch leise hervor. So leise, dass sich Kilgharrah zu ihm herunterbeugen musste, um ihn zu verstehen. „Ich… wünschte… ich könnte… Arthur… ein… letztes Mal… sehen… und ihm… sagen,… wie leid… es… mir… tut… ihn belogen… zu haben…“ Merlin wurde immer blasser, seine Augen öffneten sich noch einmal und mit einem Schaudern sah Kilgharrah langsam das Leben in den schwarzen Augen erlöschen. „Ich… wünschte… er würde… mich… nicht… hassen…“ „Das tut er nicht“, sagte Kilgharrah sofort und seine Stimme war ebenso leise wie die seines Bruder und doch sanft und voller Zuversicht. „Arthur weiß, dass du ihm loyal und ein guter Freund warst. Du hast alles getan, um ihn und sein Königreich zu beschützen. Das weiß er und er wird es auch nie vergessen.“ Merlin versuchte, tief einzuatmen, doch es brachte nichts. Seine Lungen versagten langsam. „Ich… hoffe,… du… hast Recht…“ Es herrschte Stille zwischen den beiden so ungleichen und doch gleichen Geschöpfen. „Ich… danke… dir… für… alles…“ Nur noch einem Hauch glich die Stimme Merlins. Seine Augen waren wieder geschlossen und rasselnd wurde die Luft durch die Lunge gepumpt. Nur mit Mühe klammerte sich der Schwarzhaarige noch an das Leben. Doch er war drauf und dran, diesen Kampf zu verlieren. Kilgharrah schüttelte seinen großen Kopf. „ICH danke DIR, Merlin. Dank dir weiß ich, dass jeder Fehler macht und man niemanden dafür verurteilen darf. Man muss versuchen, denjenigen wieder auf den rechten Weg zu bringen.“ Ein seltenes Lächeln erschien auf Kilgharrahs Gesicht. „Und du hast bewiesen, dass man sein Schicksal ändern kann, egal, wer es festgelegt hat.“   Wieder herrschte Stille zwischen den beiden Brüdern. Es war alles zwischen ihnen gesagt. Es gab noch so vieles, worüber sie hätten sprechen können, Geheimnisse, Geschichten, Zauber… so vieles, was sie noch miteinander hätten teilen können. Doch zu diesem Zeitpunkt, wo der Tod sie trennen sollte, gab es nichts mehr von Bedeutung, was sie sich mitteilen mussten. Außer eines.   „Leb… wohl… Bruder…“, waren Merlins letzte Worte, bevor sich seine Brust durch seinen letzten rasselnden Atemzug hob und senkte, nur um schließlich völlig zum Stillstand zu kommen. Keine Bewegung war mehr an dem Körper des jungen Zauberers zu erkennen. Die Wärme des Lebens entschwand nun vollends seinem Leib und hinterließ nur die Kälte des Todes. Blass war die Haut und schien das helle Licht des angehenden Tages, welches langsam darauf fiel, zu reflektieren.   Merlin, der Loyalste und Tapferste von allen, Beschützer des einstigen und zukünftigen Königs, letzter Drachenmeister, mächtigster Zauberer der Welt… …war tot.       Langsam begann die Sonne am Horizont aufzugehen. Eine neuer Tag brach an und somit eine neue Zeit. Eine Zeit, in welcher die Welt, die Alte Religion, Albion und auch Arthur alleine zurechtkommen mussten. Denn es gab keinen mächtigen Zauberer mehr, der das Unheil abwendete und mit seinem Glauben und seiner Macht ganze Königreiche beschützte und untergehen lassen konnte. Der mit seinem Herzen und seiner Magie selbst das Schicksal zu ändern vermochte. Nun gab es keinen Merlin mehr…     Die Sonnenstrahlen der Morgensonne schimmerte auf den Schuppen des goldenen Drachen. Träge hob Kilgharrah seinen Kopf und sah der aufgehenden Sonne entgegen. Die Strahlen spiegelten sich auf der Oberfläche des Sees, welchen er durch die Bäume hindurch bereits sehen konnte. Sie waren nah gewesen....so nah. Selbst er, als magisches Wesen, konnte die Insel in der Mitte des Sees nur schlecht sehen. Dicke Nebenschwaden zogen über den See. Doch er wusste, dort war das Tor zu Avalon. Die Heimat der Sidhe. Die einzigen Wesen, welche in der Lage gewesen wären, Merlin zu retten. Leise seufzte Kilgharrah und sah zu seinem Bruder hinunter. Es war die Heimat der Sidhe, doch auch die Heimat von außergewöhnlichen Menschen, welche den Tod gefunden hatten. Und dorthin gehörte auch Merlin.   „Leb wohl… Bruder…“, sagte Kilgharrah leise. Eine einsame Träne stahl sich aus den goldenen Augen. Es blieb bei der Einen, doch im Inneren war der große Drache aufgewühlt. Sein Herz war gebrochen, seine Seele erschüttert. Er hatte gesehen, wie sein Freund und Bruder starb, doch vor allem hatte er es gespürt. Noch nie zuvor hatte er solch ein enges Band mit einem Drachenmeister geknüpft. Vor allem zu dem jungen Zauberer. Merlin war nicht nur ein Drachenmeister. Er war sein Freund. Sie waren Brüder. Das machte alles noch viel schlimmer und schmerzhafter. Und bei der wenigen Zeit, die Kilgharrah noch auf dieser Welt blieb, hätte er nie gedacht, dass er den letzten Drachenmeister überleben würde. Der Drache ließ die massigen Schultern sinken. Nun musste Aithusa alleine auf der Welt zu Recht kommen. Wie grausam das Schicksal doch sein konnte…     Wieder richtete sich der Blick Kilgharrahs in die Ferne. Vorsichtig nahm er Merlin wieder in die Klaue. Schaudern spürte er die Kälte des Todes, welche sich Merlins Körper bemächtigt hatte. Doch der Drache schüttelte seinen Kopf, um nicht daran zu denken. Humpelnd bahnte sich der Drache einen Weg durch die wenigen Bäume, welche sie noch von dem See von Avalon trennten. Er hatte noch etwas zu erledigen. Er wollte den letzten Wunsch seines Meisters und Bruders erfüllen…         Kapitel 25: Abschied nehmen ---------------------------   Kapitel 25 - Abschied nehmen       Vollkommen erschöpft kam Kilgharrah am See von Avalon an. Dafür, dass der See nicht mehr fern schien, hatte Kilgharrah eine gefühlte Ewigkeit gebraucht, um ihn zu erreichen. Doch wozu sollte er sich noch beeilen? Merlin war tot, es gab nichts mehr, was Kilgharrah noch tun konnte… Außer einer Sache. Der Drache wollte wenigstens den letzten Wunsch seines Bruders erfüllen, wenn er ihm schon nicht das Leben retten konnte, so wie er seines damals verschont hatte. Der Grund, warum Kilgharrah Merlin doch noch zum See gebracht hatte.   Er konnte die Insel in der Mitte nur schlecht sehen, selbst als magisches Wesen. Vielleicht war er dafür wirklich bereits zu alt. Dicke Nebenschwaden zogen über den See, selbst die bereits am Himmel stehende Sonne konnte diesen Nebel nicht durchdringen. Irgendwo bei diesem See war das Tor zu Avalon.... die Heimat der Sidhe und auch die Heimat von außergewöhnlichen Menschen, welche gestorben waren. Sein trauriger Blick wanderte zu Merlin. Wenn es jemand verdient hatte, nach Avalon zu kommen, dann war es Merlin. Er war in der Tat ein außergewöhnlicher Mensch gewesen. Kilgharrah schaute wieder über den See. Niemand der lebte hatte Avalon je gesehen, aber es gab unzählige Geschichten über diesen Ort und Legenden rankten sich darum. Er sollte wunderschön und friedlich sein, vollkommen frei von Dunkelheit und Bosheit. Nur wer eine Erlaubnis hatte, durfte Avalon betreten. Doch Kilgharrah war sich sicher, dass die Herrin vom See Merlin herzlich willkommen hieß.   Die Herrin vom See… Freya… Das war ein anderer Grund, warum der Drache seinen Bruder gerade hier bestatten wollte. Es war Merlins geheimster Wunsch, den er doch nicht vor ihm verbergen konnte. Er wollte wieder zu ihr. Zu der Frau, welche er mehr als alles andere auf dieser Welt liebte und je geliebt hätte. Merlin wollte zu Freya. Damals, nachdem der Schwarzhaarige das Druidenmädchen aus diesem Käfig befreit hatte und sich unsterblich in sie verliebte, war es, als wäre Merlin neu geboren. Kilgharrah spürte die Freude und die Liebe, welche in dem jungen Zauberer heranwuchsen, selbst tief unten in seinem Verließ. Und solch eine mächtige Liebe hatte der Drache, welcher bereits so viele Jahre auf dieser Welt verbrachte, noch nie spüren dürfen. Und obwohl er es nicht gerne zugab, als Merlin seine Liebe verlor und selbst zu Grabe tragen musste, da spürte auch Kilgharrah die tiefe Trauer und die Verzweiflung Merlins und es machte den sonst so mächtigen Drachen ebenso traurig. Umso mehr versuchte er für den Schwarzhaarigen da zu sein, besonders, nachdem dieser die Macht eines Drachenmeisters von seinem Vater übernommen hatte und sein Leben verschont hatte. Eine Geste, die nach all den Taten Kilgharrahs nicht viele Drachenmeister als richtig angesehen hätten. Merlin verdiente es, glücklich zu werden. Und wenn es sein Wunsch war, dann würde Kilgharrah ihm diesen Wunsch, seinen nunmehr letzten Wunsch gewähren und ihn wieder mit seiner geliebten Freya vereinen.     So legte der Große Drache Merlin in das Boot, welches immer dort am See lag, um Menschen zur Mitte des Sees zu befördern. Nur dieses Mal hatte es eine weitaus größere und wichtigere Aufgabe. Kilgharrah blickte traurig hinunter zu seinem Meister und Bruder, erinnerte sich an all die Zeit, welche sie miteinander verbracht hatten, die Abendteuer, welche sie durch ihre Zusammenarbeit bewältigt hatten… und mit einem Seufzen wurde Kilgharrah klar, wie wenig Zeit es doch im Grunde eigentlich war. Die wenigen Jahre, die er Merlin nun schon kannte und die er endlich frei war… Die Zeit mit Merlin hatte bereits ihr Ende gefunden… und sein Ende war bereits auch sehr nah… Kilgharrah atmete tief durch und versuchte ein letztes Mal Kraft zu schöpfen. Denn wenn er wieder fliegen wollen würde, dann würde er jede Kraft brauchen, die er bekommen konnte. Doch nun musste er erst einmal warten… Darauf warten, dass er die Botschaft übermitteln musste, dass eine Hälfte der Medaille fort war…       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~       In Camelot war die Sonne längst weiter am Himmel und doch war es noch recht früh, als sich die ersten Diener und Mägde bereits durch das Schloss bewegten. Für Arthur und die Ritter allerdings kein Grund, sich nicht schon auf den Weg zu machen.   Jeder von ihnen kleidete sich an, zog sich die Rüstung über und begab sich in den Hof, wo die Diener bereits die Pferde vorbereitet und den Proviant zusammengepackt hatten. Eine Tatsache, welche Arthur die Stirn runzeln ließ. Er hatte seine Ritter gestern Abend sehr spät zu sich rufen lassen. Zu spät, als das diese noch einen Diener hätten Proviant zusammenpacken hätten lassen können. Und die Pferde sind auch schon fertig gezäumt. Arthur konnte sich nicht vorstellen, dass seine Ritter bereits so früh unterwegs waren, um alles zu organisieren.   Mit einem fragenden Ausdruck in den Augen drehte sich Arthur zu seinen Männern um, welche in einer Reihe standen. Sie hatten ihn genau beobachtet, wie er die Situation begutachtete. „Nun?“, fragte der König und sie alle wussten, worauf er eine Antwort haben wollte. Dafür kannten sie sich alle bereits zu gut.   Mit einem verschmitzten Lächeln trat Gwaine vor. „Nun“, begann er zögerlich „Wir haben bereits gestern Nachmittag die Anweisungen gegeben, alles für einen Ausritt fertig zu machen.“ Natürlich war ihm bewusst, dass Arthur sie dafür natürlich nachträglich noch bestrafen konnte, denn die Anweisungen, alles vorzubereiten gaben sie, als der König seine Entscheidung noch nicht gefällt hatte. So gesehen könnten sie also auch gegen ihren König gehandelt haben. Doch genau genommen haben die Ritter ihrem König so einiges an Arbeit abgenommen. Elyan trat an Gwaines Seite, um ihm zu helfen. „Wir wussten einfach, dass du nichts anderes sagen würdest“, sagte er, ebenfalls mit einem Grinsen im Gesicht. Arthur zog die Augenbrauen hoch. „Ach ja?“ Seine Stimme klang nicht gerade überzeugt. Die beiden Ritter schluckten leicht. Nun trat Sir Leon vor. Der Älteste der Vier wusste am Besten mit dem König umzugehen, hatte er doch die die längste Zeit an dessen Seite verbracht. „Arthur“, begann er langsam und ruhig zu sprechen, doch nicht das überraschte Arthur und die Anderen, sondern die Tatsache, dass Leon ihn bei seinem Namen genannt hatte. Nicht bei seinem Titel, nicht Sire oder ähnliches. Einfach seinen Namen. Arthur.   „Auch, wenn es Euch selber vielleicht noch nicht wirklich bewusst ist. Ihr braucht Merlin. Als Euren Freund, Euren Vertrauten und… Euren Beschützer. Und nicht nur Ihr. Wir alle brauchen Merlin. Er hat so viel für uns getan. Für jeden Einzelnen von uns. Mehr, als uns wahrscheinlich allen bewusst ist.“ Leon streckte die Arme zur Seite aus, um auf die Ritter und die Menschen zu zeigen. Sie alle standen in Merlins Schuld. Ohne Frage.  „Ihr wollt mit ihm reden und das rechne ich Euch hoch an. Doch wir wissen, dass es für Euch als König und Merlins engster Vertrauter und Freund alles andere als einfach sein dürfte, die Tatsache zu akzeptieren, dass Merlin… ein Zauberer ist.“ Kurz machte Sir Leon eine Pause, in der die Ritter ihre Muskeln strafften und Arthur tief Luft holte. Keiner von ihnen hatte es bisher ausgesprochen, sie hatten es alle in ihren Gedanken wiederholt und es anerkannt, doch keiner hatte mit einem anderen über diese Tatsache gesprochen. Das Sir Leon es nun ausgesprochen hatte… schien sie alle nur noch entschlossener zu machen, Merlin wieder zu sehen. Mit ihm selbst darüber zu reden. „Wir sind bereit, die Strafe für unser `Vergehen´ zu erhalten. Doch Ihr könnt uns nicht davon abhalten, Merlin wieder nach Hause zu holen. Denn hier gehört er her. Ganz gleich, ob er ein Zauberer ist. Als einziges zählt, dass er unser Freund ist.“ Stille herrschte nach den Worten des ältesten Ritters, der in Arthurs Diensten stand. Jeder der Anwesenden war von den Worten von Sir Leon überrascht, sprach er doch selten so offen. Gwaine trat neben seinen Freund und legte ihm eine Hand auf die Schulter, ein breites Grinsen auf den Lippen. Elyan gesellte sich zu den beiden und legte eine Hand locker auf sein Schwert. Er war ein Ritter Camelots, er war Arthur und seiner Schwester treu ergeben, doch er hätte es nicht akzeptiert, Merlin im Stich zu lassen. Percival trat ebenfalls vor. Er nickte nur, doch das waren für den hünenhaften Ritter mehr Worte, als er sagen konnte. Er war noch nie ein Mann großer oder vieler Worte gewesen, doch er vertrat seine Meinung, wenn es sein musste. Und die Menschen, welche ihm etwas bedeuteten, verstanden ihn auch so. Und er war der gleichen Meinung wie seine drei Freunde. Merlin gehörte nach Camelot. Merlin gehörte zu Arthur.   Arthurs Gesicht zeigte seine Überraschung, als er den Worten von seinen Rittern lauschte und er sah, wie sie alle gemeinsam vor ihm standen. Wie eine unüberwindbare Mauer von starken und loyalen Kriegern. Und wieder einmal war der König überrascht, wie sehr Merlin es geschafft hatte, sie alle zu verändern. Nicht nur Arthur selbst. Früher hätte gerade Sir Leon als einer der obersten Ritter niemals gegen den Willen des Königs gehandelt, egal, ob es Recht oder Unrecht war. Und nun schien er bereit zu sein, seinen König in gewisser weise zu hintergehen, um Merlin zu retten und wieder nach Hause zu holen. Schließlich wären sie auch ohne Arthur los geritten, um zum See zu gelangen. Und dafür bewunderte Arthur seine Ritter. Das sie soweit für einen Menschen… für Merlin gehen würden. Würde er doch ebenso weit gehen. Warum also eine Tat bestrafen, die er nicht anders angehen würde?   Stolz wuchs in Arthurs Brust, gemischt mit einer gewissen Wärme. In diesem Moment wurde Arthur deutlicher als jemals zuvor, was sich seit seiner Zeit als Prinz, bevor Merlin nach Camelot kam, geändert hatte. Es gab Höhen und Tiefen, gute und schlechte Zeiten, doch egal, wie dunkel eine Bedrohung aussah, sie konnte gestoppt werden. Durch den starken Zusammenhalt der Ritter von Camelot. Doch nicht nur Schlachten konnten sie für sich entscheiden, auch Situationen im alltäglichen Leben wurden von ihnen bewältigt. Gemeinsam. Dafür hatte Merlin gesorgt. Denn dank ihm versammelte Arthur keine aufgeblasenen Schnösel, welcher er selbst einst  einer war, um sich herum, so wie damals. Nein. Er sammelte Menschen um sich herum, welche ihn achteten und ihn respektierten für das, was er tat und die er ebenso respektierte und schätzte. Sie alle wussten, sie würden gegenseitig ihr Leben geben, um das anderer zu retten. Und das war es, was sie veränderte. Sie waren nicht nur König Arthur und seine Ritter. Sie waren Freunde. Arthur wusste, dass diese Menschen zu seinem Leben dazugehörten und er sie nicht missen wollte. Und tief in sich wusste Arthur, dass auch Merlin dazu gehörte. Tief atmete der König ein.     Gwen trat an ihren Mann heran und berührte ihn sanft am Arm. Sie lächelte. Auch wenn ihre Augen noch leicht rot vom Weinen waren. Sie war so glücklich, als Arthur ihr am Abend zuvor mitgeteilt hatte, dass er Merlin nach Hause holen würde. Er wollte mit ihm reden. Er musste mit ihm reden. Allerdings schienen noch gewisse Zweifel in dem jungen König zu herrschen. Die Worte von Sir Leon hatten Arthur erreicht, dass spürte sie. Und es erfreute sie ungemein. Gwen vertraute auf ihren Mann. Und sie vertraute auf die Freundschaft zwischen Arthur und Merlin. Wenn er dem Schwarzhaarigen nicht wenigstens eine Chance geben würde, sich zu erklären, dann würde er nicht zum See reiten. Doch es war schwierig für ihn, dass wusste die Königin. Das wussten sie alle. So lange hatte er gegen die Magie gekämpft, sie verachtete, ihr versucht eine Chance zu geben. Arthur war in einem Zwiespalt. Das sich ausgerechnet Merlin als ein Zauberer entpuppt hatte… Gwen schüttelte den Kopf. Es war müßig, darüber nachzudenken. Sie würde mit ihm reden, wenn er zurück war und ihm sagen, dass er noch immer ihr bester Freund war. Daran hatte die Erhebung in den Stand einer Königin nichts geändert und das würde auch sein Dasein als Zauberer nicht. Sie vertraute Merlin noch immer genauso sehr wie zuvor.   Gwen strich Arthur über den Arm, als sie ihren Mann näher betrachtete. Arthur sah erschöpft aus, müde. Er hatte nicht viel geschlafen, weder die letzte Nacht, noch die Nächte vor der Schlacht. Es war kaum zu glauben, dass die Schlacht erst einen Tag her war. Noch nicht einmal. Und das sie wirklich gewonnen hatten. Dank Merlin. Ein weiterer Grund, ihn zurückzuholen. Doch Arthur sah wirklich erschöpft aus und sowohl sie als auch der König selbst wussten, dass er sich ausruhen sollte. Bei all den Gedanken, Vorwürfen und Fragen, welche in seinem Kopf umherschwirrten, wäre das allerdings mehr als schwer und Arthur wäre nicht er selbst, wenn er nicht Taten sprechen lassen würde und sich sofort auf den Weg zu Merlin gemacht hätte. Außerdem… der Drache… Kilgharrah… er hatte gesagt, dass er am See von Avalon warten würde. Doch er hatte nicht gesagt, wie lange er warten würde. Sie vermutete, dass er so lange dort bleiben würde, bis es Merlin besser ging. Schließlich sagte er, dass es dort Wesen gab, die ihm helfen konnten. Was, wenn Merlin gehen wollen würde, sobald es ihm besser ging? Sie könnte es ihm nicht verdenken. Aber das durfte nicht passieren. Ein Grund mehr für die Ritter, sich zu beeilen.   Arthur schien ebenfalls daran zu denken, denn er nahm die Hand seiner Frau und drückte sie kurz, bevor er sich zu ihr herunter beugte und sie küsste. Es war der erste Kuss nach dieser schrecklichen Schlacht und Gwen genoss ihn, obwohl etwas fehlte. Ruhe und Geborgenheit fehlten in diesem Kuss, doch es war nur verständlich, so aufgewühlt, wie sie beide waren. Doch es änderte nichts an ihren Gefühlen füreinander, welche auch in dem Kuss zu spüren waren. Als Arthur und Gwen sich voneinander trennten, sahen sie sich noch einmal in die Augen, bevor Arthur nickte. „Wir reiten los“, sagte er. „Pass gut auf dich und Camelot auf.“ Auch Gwen nickte. Sie spürte die aufkommenden Tränen. „Das werde ich. Wenn du Merlin mitbringst.“ Kurz schloss Arthur die Augen und atmete tief ein, bevor er nickte. Er wollte nichts sagen, denn dann wäre es ein Versprechen gewesen. Und Arthur wusste nicht, wie ein Zusammentreffen zwischen Merlin und ihm aussehen würde. Doch er hoffte das Beste.     Die Ritter saßen bereits auf ihren Pferden, als auch Arthur sich auf seinen Hengst schwang. Bevor sie los ritten, zog Arthur etwas aus einem Beutel, welcher an seinem Gürtel hing. Kurz betrachtete er die kleine Figur aus Holz, dieses wertvolle Geschenk, welches Merlin ihm gemacht hatte und welches ihm zuzuflüstern schien, dass er das Richtige tat, bevor er sie wieder wegsteckte und seinem Pferd die Sporen gab. Seine Ritter folgten ihm. Aber egal, wie stark sein Wunsch war, Merlin zu sehen und mit ihm zu sprechen, ein beklemmendes Gefühl hatte sich in Arthur ausgebreitet und es wurde schlimmer, jedes Mal, wenn er an seinen Diener dachte. Arthur wusste, er konnte sich auf sein Gefühl verlassen, auch wenn er das viel zu selten tat. Meist gab ihm Merlin noch einen Schubs in die richtige Richtung. Doch in diesem Fall konnte Arthur beim besten Willen nicht sagen, was dieses Gefühl zu bedeuten hatte. Nichts Gutes, das war sicher. Aber er konnte sich nicht erklären, was.   Die Lösung würde Arthur wohl erst am See von Avalon erwarten…         Die Sonne stand mitten in ihrem Zenit, als der See von Avalon endlich in Sichtweite kam. Sie hatten nur wenige Rasten gemacht, um ihre Pferde ruhen zu lassen und selber einen Schluck zu trinken. Es war erstaunlich, wie ruhig es bereits im Königreich geworden war. Natürlich hatte Gwen und der Rat Ritter in die Ländereien und verschiedenen Königreiche geschickt, um die Nachricht zu verbreiten, dass Morgana tot und die Sachsen besiegt waren, doch Arthur hätte nicht gedacht, dass es so schnell ging. So kamen Arthur und seine Freunde zügig voran und sie erreichten den See. Und von weitem konnten die Ritter bereits die goldenen Schuppen des Großen Drachen sehen. Unbehagen machte sich in Arthur und seinem Gefolge breit, als sie das magische Wesen erblickten. Jeder von ihnen hatte die Macht des Großen Drachen gesehen, Arthur und Leon erinnerten sich zudem lebhaft an dessen Angriff auf Camelot. Er war gefährlich, das ließ sich nicht leugnen. Gefährlich und mächtig. Aber der Drache… Kilgharrah hatte selbst gesagt, dass er dem König vertraute und das Königreich unter Arthurs Herrschaft aufblühen sehen wollte. Zudem… Merlin war ein Drachenmeister. Er befehligte den Großen Drachen. Und niemals würde der Schwarzhaarige zulassen, dass seinen Freunden ein Leid zugefügt wurde. Ein Stich des Mitleids durchfuhr Arthur, als er an die Tatsache dachte, dass Merlin ein Drachenmeister war und was es damit auf sich hatte. Was er vermutete. Doch schnell verdrängte er diesen Gedanken wieder. Nun gab es Wichtigeres, auf das er sich konzentrieren musste. Zum Beispiel darauf, wo Merlin war.   Kilgharrah saß am Ufer des Sees und blickte nach unten. Anscheinend befand sich Merlin vor ihm.   Freude überkam Arthur. Merlin war noch da und somit hatten sie die Chance zu reden. Einige Meter von dem Drachen entfernt hielt Arthur sein Pferd an, seine Ritter taten es ihm gleich. Der König war sich sicher, dass ihre Anwesenheit längst bemerkt wurde. Und doch zeigte sich Merlin nicht. Wenn er denn vor Kilgharrah stand. Die massige Gestalt des Drachen verdeckte beinahe das komplette Bild von dem See, welches sie von ihrer Position aus gesehen hätten. Somit auch alles, was vor ihm lag. Tief atmete Arthur ein und aus, bevor er von seinem Pferd stieg. Mit langsamen, bedachten Schritten näherte sich Arthur dem magischen Wesen. Er wollte ihn nicht in irgendeiner Weise provozieren oder sonstiges.   Das beklemmende Gefühl in Arthur, welches er seit dem Aufbruch in Camelot verspürte, wollte jedoch nicht weichen, es wurde nur noch schlimmer. Es war wie eine dunkle Vorahnung. Der König schluckte. Wie sollte er anfangen? Es war so vieles, was sie zu klären hatten. Vielleicht noch so viele Geheimnisse, die der Schwarzhaarige vor ihm hatte… Arthur schüttelte den Kopf. Selbst wenn, er würde Merlin anhören. Er konnte sich kein Vorurteil bilden, nie wieder und vor allem nicht Merlin gegenüber. Er würde mit ihm reden, von Freund zu Freund und dabei allen Geheimnissen auf den Grund gehen. Doch dann schoss ein dem König ein Gedanke in den Kopf. Was, wenn Merlin dachte, dass Arthur ihn nicht verzeihen konnte? Wenn er wirklich dachte, dass der Blonde ihn nie wieder sehen wollte und deswegen gar nicht erst mit ihm sprechen wollen würde? Arthur schluckte hart. Aber hätte er dann mit dem Drachen gewartet? Der Drache… Kilgharrah sagte, dass er warten würde. Aber warten worauf? Darauf, dass es Merlin besser ging und sie dann zusammen verschwinden konnten, ohne Arthur die Möglichkeit zu geben, mit ihnen zu sprechen? Vielleicht war Merlins Verletzung noch nicht völlig verheilt und nur deswegen waren sie noch hier. Schließlich war er schwer verwundet gewesen und es war kaum einen Tag her. Oder hatte Kilgharrah darauf gewartet, dass Arthur an den See kommen und sich mit Merlin aussprechen würde? Wenn ja, dann musste der König zugeben, konnte der Drache ihn besser einschätzen, als er sich selbst eingeschätzt hätte. Doch alles Grübeln brachte nichts. Nun musste er handeln.   „Kilgharrah“, sagte Arthur mit lauter und deutlicher Stimme und neigte leicht seinen Kopf. Für einen Moment spürte er den Namen auf seiner Zunge, probierte, wie sich die Silben aneinandergereiht von ihm ausgesprochen wohl anhörten. Noch nie hatte er den Versuch gewagt, mit magischen Geschöpfen zu reden. Mit Zauberern und Hexen, natürlich, doch nie mit solch einem mächtigen Wesen. Er war nervös. Sehr nervös. Aber er musste es tun. Für Merlin.   „Wo ist Merlin?“ Allein schon, als Arthur die Frage gestellt hatte, stieg die Hoffnung in ihm auf, dass der Genannte um den Drachen herum auf ihn zutreten würde und das mulmige Gefühl in seinem Inneren endlich nachlassen würde. Doch nichts dergleichen geschah. Es wurde nur noch schlimmer. Es schienen Ewigkeiten zu vergehen, bevor der Drache sich regte. Kilgharrah drehte seinen Kopf in seine Richtung und blickte zu dem König hinunter. Arthur hob seinen Kopf, eine Antwort erwartend. Als diese ausblieb, wollte er seine Frage bereits wiederholen, als er inne hielt. Geschockt riss Arthur die Augen auf und taumelte beinahe einen Schritt zurück. Sein Herzschlag setzte aus. Sein Atem stockte. Kälte erfüllte ihn. Noch nie zuvor hatte der König solch immense Trauer in den Augen und in der Mimik eines magischen Wesens gesehen und er hätte es nicht für möglich gehalten, dass ausgerechnet die Augen eines Drachen so leblos wirken könnten. Kilgharrah wirkte mit einem Mal so alt, wie er wahrscheinlich wirklich war. Alt, gebrochen, müde.   „Es tut mir Leid, Arthur Pendragon.“ Arthur brachte nur ein entsetzen „Was - ?!“, hervor. Eine schreckliche Vorahnung schlich sich in seine Gedanken und sein Herz, eine Vorahnung, welche auch das Gefühl erklärte, welches ihn seit Camelot heimsuchten, doch das konnte nicht sein. Es durfte nicht sein! Kilgharrah schloss seine goldenen Augen, welche Merlins Augen aus dieser Schlacht so ähnlich waren und flüsterte eine Antwort. Flüsterte die unheilvollen Worte, welche Arthurs Leben schlagartig verändern würden, mehr, als er je verstehen würde.   „Wir haben es nicht mehr rechtzeitig geschafft.“   Arthur erstarrte. Die Zeit schien vollkommen still zu stehen. Hinter ihm zogen die Ritter scharf die Luft ein und erschrockene und schockierte Ausrufe waren zu vernehmen, doch das alles registrierte Arthur nicht. Nichts nahm er mehr war, während sein Verstand versuchte, die Worte des Drachen langsam zu verarbeiten. Wie durch Watte kämpften sie sich durch seine Ohren, um zu seinem Verstand zu gelangen, welcher sich weigerte, sie zu akzeptieren. Worte, die er unterbewusst schon erahnt, ja sie gefürchtet hatte, sie aber nicht wahrhaben wollte. „Nein“, flüsterte er, mehr zu sich selbst, als dass sie an Kilgharrah gerichtet waren. Er schüttelte wie in Trance den Kopf. Sein Körper begann zu zittern. „Das kann nicht sein.“   Während der ganzen Zeit, seit Arthur erfahren hatte, dass Merlin ein Zauberer war und diese Tatsache versucht hatte zu verarbeiten, hatte er sich nur Gedanken darüber gemacht, wie er Merlin gegenübertreten sollte, was er ihm sagen wollte. Arthur hatte versucht zu überlegen, wie die Zukunft von ihnen beiden aussehen sollte. Er hatte noch keine endgültige Entscheidung getroffen, doch das würde nach ihrem Wiedersehen nicht lange auf sich warten lassen, da war sich der König sicher. Denn Arthur konnte sich Camelot ohne den Schwarzhaarigen gar nicht mehr vorstellen. Merlin war ein wichtiger Bestandteil von seinem Leben, neben Guinevere vielleicht sogar der Wichtigste. Aber Merlin - ! Sein Diener… sein aufgeweckter, stets gut gelaunter, mehr als tollpatschiger Diener… sein Freund… er konnte, nein, durfte nicht… Arthur mochte die Worte nicht einmal denken. Er - ! Nein. Nein! NEIN!   Obwohl alles in ihm tobte und schmerzte und er das Wort einfach nur zum Himmel hinausschreien wollte, schnürte es Arthur die Kehle zu. Seine Hände ballten sich zu Fäusten, um das Zittern zu unterdrücken, doch es brachte kaum etwas. Sein gesamter Körper bebte. „Wo…?“, konnte der sonst so stolze König noch hervorbringen, bevor seine Stimme versagte. Nichts als ein Krächzen war zu vernehmen, doch es war Arthur gleich.   Als Antwort drehte der Drache seinen Kopf wieder in Richtung des Sees. Es waren keine weiteren Worte notwendig. Auch Kilgharrah brannte es in der Kehle. Arthur schritt an dem Drachen vorbei. Seine Beine und auch der Rest seines Körpers fühlten sich wie taub an. Er hatte das Gefühl, als würden seine Beine jeden Moment zusammenklappen.   Als Arthur es um Kilgharrah herumgeschafft hatte, sah er ein Boot. Ein Boot, welches langsam auf dem See in Richtung Seemitte trieb. Arthur keuchte auf. `Nein, bitte nicht!´, dachte er noch, bevor er losrannte. Sein Herz hatte nun die Kontrolle über seinen Körper erlangt. Er watet mit schnellen Schritten durch das Wasser. Die Ritter blieben am Ufer stehen. Mit Gewissheit und Tränen in den Augen, welche bereits überliefen, sahen sie zu ihren Freunden. Dem, der sich geopfert hatte und nun in einem Boot von ihnen davon trieb und ihrem Freund, der in unsagbarer Trauer nicht zulassen wollte, dass das alles geschah.   Keuchend kam der König an dem Boot an und hielt es fest. Seine Fingerknöchel gruben sich beinahe in das Holz des Bootes, seine Fingerknöchel traten weiß hervor. Das Wasser stand ihm bereits bis zur Hüfte, doch das war ihm egal. Das alles war ihm egal. Arthur musste ihn sehen. Ein letztes Mal sehen…   Mit blassem Gesicht und heftig atmend sah Arthur auf seinen Freund hinab. Er war Zeuge vieler Kämpfe geworden, hatte schon viele Menschen sterben sehen. Doch was er da sah, war beinahe zu viel für ihn. Es war das Gesicht, das Arthur am meisten bedeutete von allen auf der Welt. Merlin sah friedlich aus. Als würde er schlafen. Doch die Wahrheit sah anders aus und war viel grausamer. Noch blasser als sonst lag er da, mit geschlossenen Augen. Kein Heben und Senken der Brust war zu sehen, keine lebensnotwendige Luft wurde mehr durch die Lunge gepumpt. Die Arme waren über den Bauch zusammengelegt. Noch deutlich war die Wunde darunter zu erkennen, die Wunde, welche eigentlich Arthur galt. Der Blutfluss war allerdings bereits versiegt. Kein aufmunterndes Lächeln, welches ihnen allen bereits so oft geholfen hatte, lag auf seinen Lippen. Sie waren zu spät. Er war zu spät. Merlin war tot.   Als Arthur begriff, was es bedeutete, keuchte er auf, Schmerz durchzuckt sein Herz und es verkrampfte sich. Er biss sich auf die Lippen, bis es blutete. „Es tut mir leid“, schluchzte Arthur leise. Er hatte die Tränen nicht bemerkt, welche sich in seinen Augen gesammelt hatten und nun heiß über seine Wangen liefen, doch das war ihm egal. Sollten die Tränen fließen, der, dem sie galten, war fort und konnte sie nicht mehr sehen. Und Arthur wusste, es wäre ihm gleich gewesen. „Es tut mir so leid, Merlin. Wenn ich dir ein besserer Freund gewesen wäre… wenn ich je zugelassen hätte, dass du dich mir anvertrauen kannst… dann wäre das vielleicht nie passiert… und du wärst nicht…“ Arthur schluckte hart, ließ die Tränen ungehindert laufen. Seine Schultern bebten, als unterdrückte Schluchzer für Schluchzer seinen Körper zum Vibrieren brachten. In diesem Moment zerbrach etwas in Arthur, als er Merlin sah, wie er leblos in diesem Boot lag. Noch nicht einmal damals, als sein Vater starb, schmerzte sein Herz so stark. Es kam Arthur so vor, als wäre ein Teil von ihm selbst gestorben. Wie sehr wünschte er sich, dass Merlin diesen Schwertstoß damals nicht abgefangen hätte und stattdessen Arthur selbst in diesem Boot liegen würde. Jeder andere hätte verdient zu sterben, aber nicht Merlin! In diesem Moment empfand der sonst so starke König nichts anderes als Schmerz und Verzweiflung. Merlin durfte nicht fort sein. Das war nicht fair. Er war der Letzte, den Arthur verlieren wollte. Und doch hatte er sein Leben gegeben. Für Arthur. Selbstlos wie eh und je. Arthur keuchte.   „Übergebt ihn dem See, Arthur“, sagt Kilgharrah leise. „Es war sein Wunsch.“ Arthur schien die Worte kaum zu hören. Noch lange haftete sein Blick auf dem Gesicht seines besten Freundes. Dessen Gesicht, sein Körper, sein Geist, sein Selbst, welches noch so viele Geheimnisse barg und von denen Arthur dennoch niemals erfahren würde. Und es war seine eigene Schuld.   Langsam entglitt das Boot seinen kraftlosen Fingern, schien von einer unsichtbaren Macht innerhalb des Sees angezogen zu werden. Er umklammerte das Holz des Bootes so fest, sodass seine Finger bereits blutleer schienen. Arthur wollte ihn nicht gehen lassen. Nicht so. Aber vielleicht hatte der Drache… vielleicht hatte Kilgharrah Recht. Vielleicht war es Merlins Wunsch. Arthur wusste es nicht. In Wahrheit…wusste er kaum etwas über Merlin. Nochmals schluchzte Arthur laut auf. Es war zu spät. Er strafte die Schultern und gab dem Boot einen sanften Stoß. Er wollte selbst seinem Freund diese letzte Ehre erweisen. Arthur stand noch immer mitten im See und starrte dem Boot nach, wie es weiter trieb.   Kilgharrah stand aufrecht da und sah ebenso dem Boot nach. Er wollte es nicht in Flammen aufgehen lassen. Das hätte er nicht ertragen. Zudem hegte er die Hoffnung, dass Merlin auf diese Weise nach Avalon gelangen würde. Dort könnte er endlich glücklich werden. Mit Freya an seiner Seite.   Mit geröteten Augen stand Arthur im See und sah dem Boot nach. Auch die Ritter sahen mit unsagbaren Trauermienen zu dem Boot, in welchem ihr aller Freund lag. Lange standen sie da und sahen ihrem Freund nach, bis er vollkommen im Nebel verschwand.   Und dann brach es plötzlich doch mit einem Mal aus Arthur heraus. Alles, was er die ganze Zeit über unterdrückt hatte. All die Gefühle, Trauer, Angst, Mitleid, Wut, Verzweiflung und so viel mehr. Sie suchten sich in diesem Moment ein Ventil. Arthur schrie. Er schrie unartikuliert in den Himmel. Ihm war, als hätte er Merlin gerade ein zweites Mal verloren. Das erste Mal, als er erfahren hatte, dass er ein Zauberer war. Und nun… war er fort. Diesmal endgültig. Er war sich sicher, er würde in diesem Leben nie wieder wirklich froh werden. Nicht ohne Merlin…       Kapitel 26: Zerreißende Trauer ------------------------------       Zwei Musikvorschläge für das Kapi Merlin - Soundtrack  "Finale" https://www.youtube.com/watch?v=PYROiG9cYmw Evanescence - My Immortal (Rock Version) https://www.youtube.com/watch?v=PlEAlUheg84             Kapitel 26 – Zerreißende Trauer       Der See von Avalon war für gewöhnlich ein ruhiger und mysteriöser Ort. Eine Atmosphäre war zu spüren, welche kaum in Worte zu fassen waren. Für magisch Begabte war es ein Ort, welcher Ehrfurcht in ihnen weckte und für Menschen war es ein Platz, an welchem Wesen hausten, die viel mächtiger waren als sie.       Doch an diesem Tag war alles anders.   Arthur Pendragon, der einstige und zukünftige König, stand bis zu der Hüfte im Wasser des Sees und schrie seine Verzweiflung gen Himmel. Sein Leid und seine Trauer darüber, seinen besten Freund verloren zu haben, zerriss sein Herz. Die Wut, dass es seine eigene Schuld war, zerfraß seine Seele.   Irgendwann begann seine Kehle zu brennen. Zu brennen, von den vielen Schreien, welche Arthur ausgestoßen hatte, um seinen Gefühlen irgendwie Luft zu machen. Seine Stimme wurde heiser und rau, der König hustete und würgte, bis seine Stimme erstarb. Sein Körper erschlaffte und er legte den Kopf in den Nacken. Seine Augen sahen durch Tränen verschleiert zum Himmel. „Bitte… Komm zurück, Merlin… Bitte…“, krächzte er leise. Seine Stimme ein Flehen. Aber Merlin kam nicht zurück. Er würde nie wieder zurückkehren, dessen war sich Arthur schmerzlich bewusst. Und es zerstörte ihn.   Es vergingen noch einige Minuten, bis Arthur sich regte. Mit langsamen, watenden Schritten ging der König erst rückwärts, bis er sich irgendwann umdrehte und zum Ufer zurückging. Sein Kopf blieb gesenkt. Er konnte seinen Freunden nicht in die Augen sehen. Dazu hatte er nicht die Kraft. Kaum, dass Arthur das Wasser nur noch um seine Knöchel schwappen spürte, ließ sich Arthur auf die Knie fallen. Alle Kraft schien den sonst so starken König verlassen zu haben. Seine Hände ballten sich in seinem Schoß zu Fäusten.   Arthur atmete tief ein und aus. Ein und aus. Ein und aus. Er wollte schreien, weiter schreien, alles vergessen, alles verdrängen. Das konnte alles nicht wahr sein, es musste ein Traum sein. Ein schrecklicher Alptraum. Doch er musste sich den Tatsachen stellen. Und dazu gehörte auch, dass Arthur nicht alleine war. Arthur hätte sein Verhalten peinlich sein müssen, war es für einen Mann und dazu einen König mehr als unangebracht… doch das war es nicht. Nicht vor seinen Freunden. Nicht vor dem Drachen. Und nicht bei etwas, was ihn innerlich so sehr zerriss.   Tief und zittrig atmete Arthur durch. Er wollte aufstehen, doch seine Beine versagten. Plötzlich spürte er, wie Hände nach ihm griffen und ihn wieder auf seine wackeligen Beine zogen. Sein Blick richtete sich nach links. Leon sah ihn an, mit Trauermiene und Tränen in den Augen. Er war seit langer Zeit Ritter, hatte bereits Jahre unter Uther gedient. Leon hatte schon viele Menschen sterben sehen. Auch Unschuldige. Es war verständlich, dass er die Fassung bewahren konnte, doch auch an dem Ältesten von ihnen ging die ganze Situation nicht spurlos vorbei. Er trauerte um Merlin. Arthurs Blick wanderte wie in Trance nach rechts. Gwaine blickte ihm entgegen. Er sah beinahe so furchtbar aus, wie Arthur sich fühlte. Seine Wangen waren aufgequollen, noch immer verließen Tränen die Augen des Ritters. An dem Griff an seinem Arm spürte Arthur die Anspannung und das Zittern von Gwaine.   Noch immer atmete Arthur schwer, überlegte für einen Moment, sich einfach in die Griffe seiner Männer zu hängen und sich der Dunkelheit und dem Schmerz hinzugeben, welche ihn zu verschlingen drohten. Doch es ging nicht. Er konnte nicht. Arthur hob stattdessen die Hände und bedeutete seinen Männern damit, dass sie ihn loslassen konnten. Noch unsicher, ob ihr König wirklich alleine stehen bleiben konnte, ließen Leon und Gwaine ihren Herrscher zwar los, doch blieben dicht bei ihm, als sich Arthur mit wackeligen Beinen wieder auf trockenen Boden begab.   Vor dem Drachen machte er halt, seine beiden Freunde noch immer im Rücken, auch wenn er ihre Anspannung beinahe greifen konnte. Es war keinem von ihnen geheuer, sich diesem Wesen so zu nähern, noch zu groß war die Unsicherheit und gewissermaßen auch die Angst vor diesem gewaltigen Wesen. Doch in dieser Situation…   Arthur blickte hinauf zu Kilgharrah und seine Augen verflochten sich mit denen des Drachen. In diesen goldenen Seen konnte er so viel lesen. Trauer, Verständnis und… Mitleid? Mit wem hatte der Drache Mitleid? Mit ihm, Arthur? Er wusste es nicht.   „Es tut mit Leid, Arthur Pendragon“, begann Kilgharrah und wiederholte seine Worte von zuvor noch einmal. Er erwiderte Arthurs Blick. Arthur war überrascht. Der Drache meinte es ernst. Es tat ihm wirklich Leid. „Ihr habt es nicht verdient, diesen Schmerz zu spüren. Kein Wesen, ob Mensch, Zauberer oder Hexe, sollte jemals solchen Schmerz spüren müssen.“ Kilgharrah schloss für einen Moment die Augen. Auch er hatte eine besondere Verbindung zu Merlin. Durch dessen Macht als Drachenmeister hatte auch Kilgharrah den Schmerz und den Tod von Merlin gespürt. Und nun diese unsagbare Trauer. Doch der Drache wusste auch, dass die Verbindung zwischen Merlin und Arthur weit tiefer war, als die von ihm und Merlin. Sie war mächtiger und tiefer, als er sich wahrscheinlich vorstellen konnte. Er wollte sich den Schmerz, den der König von Camelot spüren musste, nicht ausmalen. Reichte ihm seine eigene Trauer und sein Schmerz völlig aus. Der König konnte seinen Freunden offen diese Trauer zeigen. Er könnte seine Gemahlin in den Arm nehmen und zusammen könnten sie weinen. Arthur war nicht alleine. Und deswegen… war Kilgharrah erleichtert.   „Aber… in gewisser Weise… bin ich froh, dass es so gekommen ist.“ Die Ritter schnappten nach Luft. Arthur war noch zu benommen und von Schmerzen taub, als das er die Worte des Drachen sofort verstanden hätte. Als sie endlich sein Gehirn erreichten, weiteten sich seine Augen und er blickte seinen Gegenüber fassungslos an. Kilgharrah schüttelte seinen gewaltigen Kopf. Er wusste, wie sich seine Worte für die Menschen angehört haben musste und wollte sich erklären. „Auf diese Art… muss Merlin nicht diesen Schmerz erleiden. Er muss nicht damit leben, Euch verloren zu haben. Zudem… er wäre mit dieser Trauer und diesem Schmerz alleine gewesen. Sein Geheimnis hatte ihn bereits mehr als belastet. Wie hätte er es seinen Freunden klar machen sollen, nachdem es ihm nicht gelungen wäre, Euch zu retten? Wie hätte er auf seine Freunde vertrauen sollen, wenn diese sich vielleicht so verraten von ihm gefühlt hätten? Seine Angst wäre groß. Zu oft hat er bereits einen geliebten Menschen verloren. Die Trauer und den Schmerz trug er noch immer in sich. Dann noch Euer Verlust… Das hätte er nicht ertragen. Es hätte Merlin zerstört.“ Der Drache seufzte, bevor sich seine goldenen Augen wieder auf Arthur richtete. „Doch so… ich bin froh, dass Merlin all das erspart geblieben ist. Er hat seine Ruhe und seinen Frieden verdient. Mehr als sonst jemand.“   Arthur hätte entrüstet sein müssen. Wütend. Er hätte schreien müssen „Und warum muss ich diesen Schmerz ertragen?!“ Hätte… Irgendwo in ihm jedoch überwog die Freude, welche sich bei diesem Gedanken tief in ihm regte. Merlin musste nicht leiden. Nicht mehr. Arthur konnte sich nicht ausmalen, wie sehr sein Freund unter seinem Geheimnis und manchen Taten gelitten haben musste. Wie viel Schmerz er alleine ertragen musste. Das war gut… oder? Es musste gut sein, dass Merlin frei war, oder nicht? Arthur wusste es nicht. Er wusste gar nichts mehr. Wie eine leere Hülle sah er aus, welche das Wichtigste in ihrem Leben verloren hatte.   Tief holte der Blonde Luft, versuchte seinen brennenden Hals zu beruhigen, indem er schluckte. Es half nicht.   „Wieso…?“, krächzte Arthur leise, seine Fäuste ballten sich. Es war die eine Frage. Die Frage, auf die er unbedingt eine Antwort haben wollte. Eine Antwort von Merlin haben wollte. Eine Erklärung. Doch das ging nicht. Merlin war…   Arthur keuchte, kniff seine Augen zusammen. Seine Stimme versagte und er schaffte es nicht, die Frage, welche ihm so auf der Seele brannte, zu stellen. Doch das brauchte er auch nicht. Seine unausgesprochene Frage wurde auch so verstanden.   Kilgharrah senkte seinen Kopf, die Ritter zuckten zurück, doch Arthur tat nichts anderes als die Augen zu öffnen und in die goldenen Augen des Drachen zu blicken, welche ihn ansahen. Einfach nur ansahen. „Schicksal“, war das Einzige, was Kilgharrah mit tiefer Stimme sagte, worauf Arthur ihn verwirrt musterte. Schicksal? Was für ein Schicksal? „Was soll das heißen?“, verlangte Arthur zu wissen. Wut wuchs in ihm heran und kämpfte sich durch den Schmerz. Eine Antwort. Eine verständliche Antwort. Was war daran zu viel verlangt?!   „Eine Prophezeiung besagte, dass ihr in dieser Schlacht in Camlann Euer Leben verlieren würdet. Durch Mordreds Hand.“ Stille. Arthur war vollkommen erstarrt. Der Mann, dem er einmal sein Leben anvertraut hätte, der treu an seiner Seite gekämpft hatte… Mordred sollte derjenige sein, welcher ihn getötet hätte?! Arthur war im Begriff „Nein“ zu sagen, doch als er an die Schlacht dachte und auf wessen Seite Mordred stand… da wusste der Blonde, was Kilgharrah meinte. Und im Grunde war es Arthurs eigene Schuld. Der König senkte den Blick.   Kilgharrah nickte, als er merkte, dass Arthur verstanden hatte. Doch er hatte noch mehr zu sagen. „Merlin wusste um diese Prophezeiung. Er wusste, dass diese Schlacht Euer Ende bedeuten würde. Und deswegen setzte er seine ungeheure Macht ein. Um Euch zu retten. Und um das Schicksal abzuwehren.“ Kilgharrah schloss die Augen, seine Miene drückte Trauer und gleichzeitig Bewunderung aus. „Niemand sonst hätte die Macht gehabt, den Zauber zu wirken, der Euch gerettet hat. Nicht mehr, seit die letzte Hohepriesterin mit dieser Aufgabe verstarb. Euer Schicksal, Arthur, konnte der junge Zauberer abwenden. Doch an diesem Tag war es vorherbestimmt, dass jemand von der Seite des Lichts starb. Diese Tatsache war unumstößlich und konnte nicht verhindert werden. Noch nicht einmal von dem jungen Zauberer. Doch er hätte niemals zugelassen, dass einer seiner Freunde oder gar Ihr euer Leben verliert. Und so traf es Merlin schließlich selbst.“   Die Schuldgefühle fraßen Arthur von innen heraus geradezu auf. Merlin hatte von Anfang an sein Leben auf die Waagschale geworfen, um ihn zu retten. Nicht nur in dieser Schlacht, sondern all die Jahre, seit sie sich kannten. Und er hatte ihm nie gesagt, was in dieser Schlacht alles passieren konnte. Arthurs Fäuste ballten sich. Warum hatte Merlin ihm nichts gesagt? Hatte er so wenig Vertrauen in ihn? Bei diesem Gedanken wurde Arthur schlecht. Er selbst vertraute Merlin mehr als jedem anderen. Warum also? Hätte Merlin mit ihm geredet, dann hätte das alles vielleicht ein anderes Ende genommen. Wenn Merlin nicht alles immer alleine hätte machen wollen, dann wäre er vielleicht noch am Leben! Doch so ein Mensch war Merlin. Er hatte selten erzählt, wenn ihn etwas bedrückte. Lieber hatte er versucht, alle Probleme dieser Welt alleine zu stemmen und niemanden mit hineinzuziehen oder in Gefahr zu bringen. Erst jetzt, wo es bereits zu spät war, wurde Arthur klar, dass dieses Verhalten von Merlin wohl jedes Mal etwas mit seinem Geheimnis zu tun gehabt haben musste. Aber Arthur war selbst Schuld. Hätte er seinem besten Freund jemals die Chance gegeben, sich zu öffnen, ihm sein Geheimnis anzuvertrauen, dann wäre vielleicht alles ganz anders gekommen. Dann hätten sie alle zusammen eine Möglichkeit finden können.   „Wenn er seine volle Macht hätte ausschöpfen können… dann wäre Merlin vielleicht in der Lage gewesen, sich selbst zu heilen. Und auch diese unumstößliche Tatsache zu zerschmettern. Doch dafür fehlte ihm der Zugang zu seiner Macht, die Erfahrung und die Übung. Ein Jammer, dass er sie nie bis zu ihren Grenzen erkunden konnte. Er wäre der größte Zauberer aller Zeiten geworden.“   Diese Worte bestätigten Arthur in seiner Vermutung, doch sie ließen ihn auch aufsehen und gleichzeitig erschaudern. Merlin und mächtig? Dieser Gedanke war noch genauso absurd wie in Camlann. Doch nun wusste Arthur, dass Merlin ein Zauberer war. Er war wirklich mächtig. Doch wie mächtig konnte der Schwarzhaarige sein? Diese Antwort würde nun keiner von ihnen je erhalten. Doch wenn selbst der Große Drache so hohe Worte für Merlin fand… wie groß war seine Magie dann wirklich? Arthur konnte sich die Ausmaße nicht vorstellen.   „Wie… mächtig…?“ Arthur traute sich nicht, die Frage zu beenden. Würde das Bild seines treuen, tollpatschigen Freundes, welches bereits unzählige Risse erlitten hatte, vielleicht gänzlich zerstört werden. Trotz seiner Trauer schlich sich ein Hauch von Stolz und Ehrfurcht in die Miene des Drachen. „Sogar ich könnte es nicht mit Merlin aufnehmen, wenn er all seine Magie einsetzen könnte. Selbst, wenn er kein Drachenmeister gewesen wäre. Mit der Zeit wäre er mächtiger geworden, als es sich ein Mensch jemals vorstellen könnte. Und diese Macht brauchte Merlin auch. Denn es war sein Schicksal, Euch zu beschützen.“   Arthurs Augen weiteten sich. Er ging einen Schritt zurück. „Was?“ Diese Worte trafen Arthur härter, als es ein Schwertstoß je geschafft hätte. Kilgharrah nickte. Seine Augen waren für Arthur unergründlich. „Es war seine Bestimmung und auch seine sich selbst auferlegte Aufgabe, Euch zu geleiten und Euch vor jeglicher Gefahr zu bewahren. Denn ihr wart verbunden. Ihr und Merlin wart zwei Seiten der selben Medaille.“ Kilgharrahs Miene war voller Wermut. „Bitte versteht, dass ich Euch nicht alles sagen kann. Ihr habt viele Fragen, doch nicht einmal ich kann sie Euch zur Gänze beantworten. Haltet Euch an Gaius. Er wird Euch gewiss mehr sagen können.“ Der Drache seufzte. Es war ein merkwürdiges Geräusch, welches nicht so solch einem imposanten und mächtigen Wesen wie Kilgharrah zu passen schien. „Es gab keinen Tag, an dem Merlin nicht um Euer Leben gefürchtet hat. Mehr als er verkraften konnte, musste er sich Menschen und Wesen in den Weg stellen, die Euch schaden wollten und diese bekämpfen. Dafür brauchte er seine Zauberkraft. Für Euch, Arthur.“   Diese Erkenntnis ließ erneut Tränen über Arthurs Wangen laufen. Seine Körper bebte. Nie hätte der König geglaubt, dass so viel hinter seinem Diener und besten Freund stecken könnte. Niemals hätte er ihm solch eine Macht, solch eine Bestimmung zugetraut. Arthur fragte sich, ob er überhaupt etwas von Merlin wusste. Aber selbst wenn er Fragen gehabt hätte, weitere hundert Fragen, die sich zu den bereits Bestehenden gesellt hatten… Arthur würde keine Antworten mehr bekommen. Merlin… war fort.   Tief in den Augen des Königs konnte Kilgharrah die Erkenntnis aufblitzen sehen. Das Verständnis, wer Merlin war. Und das dieser Weg, den der junge Zauberer geebnet hatte, der Einzige war, den es sich zu gehen lohnte, auch, wenn Arthur es noch nicht bewusst war. Zufrieden nickte Kilgharrah.   „In gewissem Sinne hatten die Propheten sogar Recht. Euer Leben endete in der Schlucht von Camlann. Euer altes Leben. Durch all die Dinge, die ihr dort gesehen und nun erfahren habt, werdet Ihr ein neues Leben beginnen können. Ein Besseres. Ein Leben in Frieden, welches sich Merlin für Euch wünschte.“   Stille herrschte nach den Worten des Drachen. Die Ritter, welch bis dahin nichts gesagt hatten, ließen sich das Gehörte noch einmal durch den Kopf gehen. All die Geschehnisse schienen wie ein Traum. Genauso wie die Erkenntnis, wer Merlin wirklich gewesen sein sollte.   Kilgharrah, welcher spürte, dass seine Kraft nachließ, entschied, dass er genug gesagt hatte. Wenn der König noch Fragen hätte, und da war sich der Drache sicher, dann müsse er sie Gaius stellen. Der alte Mann konnte ihm manche Antworten geben. Doch manche Fragen, dass wusste der Drache selbst, würden unbeantwortet bleiben. Denn weder Gaius noch er hatten das Recht, bestimmte Antworten zu geben. Das sollte nur einer. Kilgharrah richtet sich auf und breitet langsam seine Flügel aus. Arthur dreht sich um und sah mit geröteten Augen zu dem Drachen hinauf. Er hatte noch etliche Fragen, doch die waren nach all diesen Informationen in den Hintergrund gerückt. Es war alles zu viel. Viel zu viel.   „Wohin werdet Ihr nun gehen?“, wollte der König wissen. Kilgharrahs Miene verdunkelte sich. „Auch meine Zeit neigt sich dem Ende zu“, sagte er und seufzte. „Der Kampf mit dem Roch hat mir meine letzten Kräfte abverlangt. Und nun, da mein Meister und Bruder tot ist, kann auch ich nichts anderes tun, als auf meinen Tod zu warten.“ Arthurs Augen weiteten sich leicht. „Ich wusste nicht - “, begann er stockend, wusste nicht, was er sagen sollte. Der Drache, welchen er einst hasste und bekämpfte, hatte seine letzte Lebensenergie aufgebraucht, um ihnen zu helfen. Um für sie zu kämpfen. Der Drache Kilgharrah hatte im Grunde das Gleiche Opfer gebracht wie auch Merlin. Kilgharrah schüttelte den Kopf, worauf Arthur verstummte. „Es gibt vieles, das Ihr nicht wisst. Und nicht ich bin derjenige, welche auf Eure Fragen die Antwort geben sollte. Doch noch eines will ich Euch sagen. Eines müsst Ihr wissen.“ Die goldenen Augen des Drachen blickten genau in Arthurs und der König konnte mit einem Mal so viel in ihnen sehen. Verständnis, Mitleid, Trauer, Hoffnung… es war so viel, dass Arthur es gar nicht alles benennen konnte. „Merlin war Euch stets loyal ergeben. Er hat alles in seiner Macht stehende getan, um Euch und Euer Reich zu beschützen. Das dürft Ihr nie vergessen.“ Arthur blieb stumm. Sein Körper erbebte. Leicht senkte der Drache seinen Kopf. Es sah aus, als würde er sich verneigen. Sein Blick richtete sich gen Boden, bevor er sich abermals an den König wandte. „Ich weiß, ich habe viel getan, weswegen Ihr und Euer Volk mich hasst. Und doch will ich Euch um einen Gefallen bitten. Versetzt Euch in Merlin hinein. Was er bewirkt hat. Was er erreicht hat. Was er für Euch getan hat. Was er für euch aufgegeben hat. Sein größtes Bestreben war es, Euch zu schützen und an Eurer Seite den Magiern und magischen Wesen dieser Welt einen Ort zu schaffen, an welchem sie willkommen sind und niemand sie mehr fürchtet. Dafür zu sorgen, dass dieser Frieden auch Eurem Leben und Eurem Reich Sicherheit bringen würde. Das in Camelot die Magie wieder Einzug hält und sich niemand mehr verstecken muss. Und das Ihr, als der einstige und zukünftige König mit seiner Hilfe und unterstützt durch Eure Freunde, dieses Reich errichten werdet. Das war sein Traum.“ Nach diesen Worten richtete sich Kilgharrah zu seiner vollen Größe auf. Er ließ niemanden zu Wort kommen oder etwas sagen. Sein letzter Blick galt Arthur, welchen dieser erwiderte. Blau traf auf Gold.   „Es wird der Tag kommen, an dem ein weißer Drache in Eurem Königreich erscheinen wird. Aithusa. Merlin hat alles getan, um sie von dem Band zu lösen, welches sie an die Hexe Morgana kettete.“ Kilgharrahs Miene verdunkelte sich wieder, als er die Hexe erwähnte, welche so viel Leid über sie alle gebracht hatte. Arthur verstand ihn. Seine Fäuste ballten sich. Ansonsten blieb er ruhig, um keines der Worte, welches Kilgharrah ihm sagte, zu versäumen. „Merlin hat Aithusa zur Wiedergeburt verholfen. Eines Tages wird sie wiederkehren. Und sie wird Euch zu Diensten sein. Aithusa wird das letzte Überbleibsel sein, welches Merlin in dieser Welt ließ. Für Euch. Für Camelot. Und für Albion.“ Kilgharrah schloss kurz die Augen und atmete tief ein. Sein Atem wehte über Arthur und die Ritter, als er wieder ausatmete. Es war wie ein warmer Lufthauch, der jeden von ihnen ein wenig beruhigte und tröstete. „Möget Ihr der König werden, den Merlin immer in Euch sah. Ich wünschte mir, dass wir uns noch einmal begegnen könnten. Doch das wird nicht in dieser Welt sein.“ Ein letzter Blick wurde getauscht, der König und der Drache. Kilgharrah senkte sein Haupt und verneigte sich nun vollkommen vor dem König von Camelot. Es war eine Geste, die der sonst so majestätische Drache niemandem zukommen ließ. Außer Merlin. Der Zauberer hatte es geschafft, sich seine Loyalität und seinen Respekt zu verschaffen. Merlin war jemand, vor dem sich Kilgharrah jederzeit verneigt hätte. Kurz zögerte der Blonde, bevor er sich ebenfalls leicht verneigte, seinen Respekt und seine Dankbarkeit zollte. Es waren keine weiteren Worte zwischen ihnen nötig. Sie verstanden auch so. „Lebt wohl, Arthur Pendragon“, waren seine letzten Worte, bevor Kilgharrah abermals seine Flügel ausbreitete, sich mit mächtigen Flügelschlägen dem Boden enthob und in den Himmel entstieg, beobachtet von dem König und seinen treuen Rittern. Nur Augenblicke später war er verschwunden und ließ Arthur und seine Freunde alleine mit ihrer Trauer und in Gedanken zurück.         Es verging beinahe ein halber Tag, den Arthur und seine Ritter am See von Avalon verbrachten. Keiner von ihnen hatte den Drang, die Motivation oder überhaupt die Kraft, bereits den Heimweg nach Camelot anzutreten. Jeder von ihnen war mit sich selbst, seinen Aufgaben, doch vor allem seinen eigenen Gedanken beschäftigt.   Percival nahm sich der Pferde an. Er band sie an einen Baum und versorgte sie, doch richtig bei der Sache war er nicht. Immer wieder dachte er an Merlin. Den schlaksigen, kleinen, hilflosen Merlin. All diese Worte schienen jedoch nicht mehr für Merlin zu gelten. Jedenfalls nicht, nachdem sie gesehen hatten, wozu er fähig war. Welche Macht er besaß. Percival hatte seinem guten Freund Lancelot damals das Versprechen gegeben, auf Merlin aufzupassen. Und doch war es scheinbar Merlin, welcher sie alle immer und immer wieder beschützte und die Feinde, welche sie und Camelot bedrohten, aufhielt. Doch dieser letzten Bedrohung, der Hexe Morgana und ihrer Bestie, die der Schwarzhaarige vernichtet hatte, fiel Merlin dennoch selbst zum Opfer. Und keiner von ihnen konnte ihm helfen. Da brachte dem Ritter auch seine Stärke nichts, auf die er sonst so stolz war. Percival ballte seine Fäuste, seine Muskeln traten hervor. Es fühlte sich an, als hätte er sein Versprechen gebrochen. Er hatte versagt.   Elyan hatte ein bisschen Holz gesammelt und ein Feuer gemacht. In Gedanken war er aber bei Merlin. Und bei seiner Schwester. Wie würde Gwen es verkraften, wenn sie erfuhr, dass Merlin… fort war? Die beiden waren beste Freunde, sie erzählten sich wahrscheinlich Dinge, die Gwen noch nicht mal ihm, ihrem Bruder, mitteilte. Doch darüber konnte und würde sich Elyan nicht aufregen. Der Schwarzhaarige hatte es verdient und immer wieder aufs Neue bewiesen, dass man ihm vertrauen konnte. Im Nachhinein betrachtet, brachte es Merlin besser als jeder andere in Camelot fertig, ein Geheimnis für sich zu behalten. Hatte er all die Jahre ein solch großes Geheimnis für sich alleine tragen müssen. Elyan war eher froh darüber, dass seine Schwester jemanden gefunden hatte, dem sie blind vertrauen konnte und der ihr zur Seite stand. Umso schmerzhafter würde es aber auch für sie werden, so wie Elyan befürchtete. Und es machte ihm Angst.   Leon stand etwas Abseits der Gruppe und beobachtete die Umgebung. Wenn sie auf dem Herweg nicht angegriffen wurden, war das keine Garantie dafür, dass sie sicher waren. Seine Augen waren wachsam, doch sein Geist war in Trauer versunken. Wieder war ein Menschenleben erloschen. Wieder forderte die Zauberei ein Leben. Merlin. Ein Mann, bei dem Leon dachte, er kenne ihn bereits beinahe so gut, wie er Arthur kannte. Doch das war falsch. Der Ritter kannte eine Seite von Merlin, doch die andere war ihm völlig fremd. Ihnen allen. Nie hätte Leon gedacht, dass sich so viel hinter dem jungen, tollpatschigen Mann, welcher durch Zufall der Diener des damaligen Prinzen wurde, versteckte. Nein. Halt. Es war kein Zufall. Wenn der Ritter den Drachen zuvor richtig verstanden hatte, dann war es Schicksal. Es war vorherbestimmt, dass Arthur und Merlin sich begegnen würden. Und über diese Tatsache war Leon mehr als erfreut. Sah er damals nur einen einfachen Bauernsohn, so entwickelte sich Merlin über die Jahre zu einem festen Bestandteil von Camelot. Und ihnen allen. Merlin war ein tapferer Mann, welcher stets für die Sicherheit des Königs und des ganzen Königreiches kämpfte und sein Ziel niemals aus den Augen verlor. Und für diese Tatsache empfand Leon den allerhöchsten Respekt. Für Merlin selbst. Es tat ihnen allen weh, dass sie Merlin verloren hatten, dass wusste Leon. Ihren Freund. Ihren kleinen Bruder. Und Leon bedauerte diese Tatsache mehr, als er in Worte fassen konnte.   Gwaine stapfte durch den Wald. Ihm war egal, ob er gehört wurde oder nicht, ob er eine Zielscheibe bot, es war ihm einfach egal. Es herrschten so viele Gefühle in ihm, die er nicht beschreiben konnte. Trauer, Ärger, Verzweiflung. Doch am Stärksten war die Wut, welche in ihm brodelte und einen Ausbruch forderte. Mitten im Wald blieb der Ritter stehen und legte den Kopf in den Nacken, als er es schließlich nicht mehr aushielt. „WARUM HAST DU NIE ETWAS GESAGT?!? DU WARST UNSER FREUND!!!“ Gwaines Schreie hallten durch den Wald und würden jedem, der sich in der Umgebung aufhielt verraten haben, wo er war, doch es war ihm gleich. Heftig atmend sah sich Gwaine um. Außer seinem Geschrei war der Wald friedlich und schien sich durch seine Anwesenheit nicht stören zu lassen. Er verstand die Natur nicht. Anders als Merlin. Der Schwarzhaarige liebte die Wälder, war gerne darin unterwegs und Gwaine sah manchmal diesen Blick in Merlins Augen, diesen sanften und faszinierten Blick, wenn dieser sich umgeben von Baum und Gras befand. Der Ritter verstand es nicht und er würde es auch nie herausfinden. War er sonst nicht in der Lage, sich genug für diese Tatsache zu interessieren, war es jetzt schlicht und einfach zu spät, um nachzufragen. Er war kein Freund. Gwaine hatte seine Chance verspielt und musste diese Schuld, welche er verspürte, nun sein Leben lang ertragen. Für Merlin, welcher so viel mehr ertragen musste und immer alleine seine Kämpfe ausfochten musste, nahm Gwaine dieses Leid allerdings gerne in Kauf. War es nur ein geringer Schmerz verglichen mit seiner Trauer und all den Gefahren und das Leid, welches Merlin auf sich genommen hatte.     Arthur selbst saß am Feuer und stierte in die Flammen. Das Treiben seiner Ritter bekam er nur am Rande seines Bewusstseins mit. Er hatte kaum mitbekommen, wie weit der Tag bereits vorangeschritten war. Sein Gesicht war ausdruckslos, seine Miene unergründlich. Er fühlte sich leer. Ausgelaugt. Müde. All die Ereignisse, die Informationen, die Arthur erhalten hatte und die Dinge, die ihm offenbart wurden. Es war einfach zu viel für seinen bereits überstrapazierten Geist und sein Herz und seine Seele konnten das alles nicht mehr verarbeiten. Normalerweise hätte sich sein Bewusstsein ausgeklinkt, um sich vor diesem Ansturm von Gefühlen und allem vorerst zu schützen. Doch das konnte der König verhindern, auch wenn es ihm schwer fiel. Schon vor Jahren musste er lernen, all das, was ihn ablenkte und verletzen würde, auszublenden und einfach weiter zu machen. Er als König musste so etwas können. Bereits als Prinz wurde es ihm eingetrichtert. Arthur jedoch wollte nicht verdrängen. Er wollte eine Ordnung in seinen Gedanken haben. Und dafür brauchte er Ruhe.   Das rationale und logische Denken fiel ihm schwer, nur mit Mühe konnte Arthur seine Gefühle im Zaum halten und verhindern, dass er sich einfach auf den Waldboden legen und sich seiner Trauer hingeben würde. Es gab nur einen Ort, wo ihm das möglich war. Arthur musste zurück. Und auch, wenn ein Teil von ihm wusste, was dort auf ihn wartete, nämlich erfreute, wartende und gespannte Gesichter, welche er enttäuschen musste, so wollte doch sein Selbst endlich zurück. Er wollte nach Camelot. Arthur wollte nach Hause.     „Freunde.“ Es war das erste Wort, den Arthur seit dem Abschied des Großen Drachen gesprochen hatte. Vorher hatte er von niemandem Notiz genommen oder sich darum geschert, was um ihn herum passiert war. Und es war das erste Mal, dass er seine Freunde direkt als solche ansprach. Aber genau so kam es Arthur mit einem Mal richtig vor. Er hatte gesehen, wie schnell es vorbei sein kann. Wie schnell ein Mensch fort sein kann, ohne, dass man diesem Menschen je gesagt hatte, wie wichtig er war. Solch eine Gelegenheit wollte Arthur nie wieder verstreichen lassen. Kurz holte Arthur tief Luft und schloss seine Augen. Er durfte nicht darüber nachdenken, ansonsten würde er nicht handeln können. Und der Blonde musste handeln. Jetzt.   „Wir reiten zurück.“ Niemand widersprach ihm.         Als sich Arthur und seine Freunde auf den Weg machten, war es bereits Nachmittag. Sie alle wussten, dass sie erst am Abend in Camelot eintreffen würden, doch das würden sie hinnehmen. Sie alle wollten von den heimatlichen Gemäuern geschützt sein, wenn sie sich ihren Gefühlen hingaben. Und noch ungestörter würden sie sein, wenn die Nacht hereingebrochen war. Auf dem Weg sprach niemand ein Wort. Es war ein langsames Traben, welches ihre Pferde vorantrieb. Auch die Tiere schienen die tiefe Traurigkeit ihrer Reiter zu spüren und schienen nicht gewillt, schneller als nötig zu sein.     Als am Abend die Mauern von Camelot endlich in Sichtweite kamen, war Arthur zwiegespalten. Er wollte nichts lieber, als endlich wieder sein Schloss betreten zu können, sich in seine Gemächer zurückziehen und weinen. Sich all den Schmerz und die Verzweiflung, welche er tief in sich vergraben hatte, hinausschreien, wenn es sein musste. Und weinen. Doch gleichzeitig wollte er fliehen. Weit, weit weg. Fort von Camelot, fort von der grausamen Wahrheit, welche er überbringen musste.   Diener kamen angerannt und nahmen ihnen die Pferde ab, kaum, dass Arthur und die Ritter im Schlosshof angekommen waren. Kurz verweilten sie dort, wussten nicht, was sie tun sollten. Zu gelähmt waren sie noch alle. „Ich…“, begann Arthur mit rauer Stimme, worauf er sich räusperte „Ich werde zu Gaius gehen. Er… muss es erfahren.“ Obwohl sich alles in dem König dagegen sträubte, zu dem alten Hofarzt zu gehen und ihm zu sagen, dass sein Ziehsohn, der Mann, der jahrelang unter ihm gelernt hatte, fort war...   „Arthur“, durchbrach Elyan seine Gedanken und drückte seine Schulter. „Es ist besser, wenn wir das übernehmen.“ Leon nickte zustimmend, ebenso Percival, doch Gwaine schien mit seinen Gedanken bereits weit weg zu sein. Vielleicht in der Taverne, wo er seinen Kummer und seinen Schmerz im Alkohol ertränken konnte. Eine verlockende Vorstellung, wie Arthur fand.   Etwas in dem Blonden sträubte sich. Arthur sah es als seine Pflicht an, den Hofarzt von… Merlins… Tod… Arthur schloss die Augen und atmete tief durch. Er musste Gaius darüber in Kenntnis setzen. Das war seine Pflicht. Doch er verstand auch, warum Elyan darauf bestand, dass er nicht zu Gaius ging. Es gab schließlich noch eine Person, welche die Rückkehr von Merlin sehnsüchtig erwartete. Gwen. Arthur schluckte hart. `Nicht darüber nachdenken!´, ermahnte er sich selbst. Diese Vorstellung würde ihn jetzt unfähig machen, in seine Gemächer zu gehen und sich ihr zu stellen. Sobald er dort angekommen war… konnte er alles geschehen lassen. Und Elyan vertraute darauf, dass sich Arthur dann um seine Frau kümmern würde, wenn er auch selbst mehr als Zuwendung gebraucht hätte. Aber Gwen ließ sich wahrscheinlich von niemandem helfen… außer Arthur.   Und so nickte der König widerwillig und entließ seine Ritter, welche sich geschlossen auf den Weg zu Gaius machten. Keiner von ihnen wusste, wie sie es sagen sollten, doch keiner wollte dieser Aufgabe alleine entgegentreten.     Wie in Trance schritt Arthur die Gänge seines Schlosses entlang. An manchen Stellen blieb er stehen und strich über die Mauern. Er seufzte. Jede Möglichkeit, der ihm bevorstehenden Aufgabe zu entkommen wäre ihm jetzt Recht gewesen. Doch es ging nicht. Er musste Gwen von den Geschehnissen berichten. Sie länger in dem Glauben und der Hoffnung zu lassen, ihr bester Freund würde zurückkehren... Es war nicht fair. Für keinen von ihnen.   Arthur blieb vor seinen Gemächern stehen. Tief holte er Luft. Nur am Rande nahm er wahr, dass ihm auf seinem Weg niemand begegnet war. Oder hatte er nur niemanden wahrgenommen? Arthur wusste es nicht. Mit klopfendem Herzen und kalten Händen öffnete er die Tür. Es fühlte sich an, als wäre er Jahre nicht mehr dort gewesen. Die Ereignisse der letzten Tage hatten ihn innerlich um Jahre altern lassen. Ein Feuer prasselte im Kamin. Es war wohlig warm in dem großen Raum, doch diese Wärme erreichte den König nicht. Jedenfalls nicht innerlich. Seine stummen Gebete, dass Gwen vielleicht gar nicht in den Gemächern war und er sich ihr erst später stellen musste, wurden nicht erfüllt. Sie saß am Tisch über einige Rollen Pergament gebeugt. Es war in letzter Zeit einiges liegen geblieben. Vielleicht war es besser so.   Ein freudiges Lächeln war auf ihrem Gesicht erschienen, als sie aufblickte und ihn sah, gemischt mit Erwartung und einem Hauch Unsicherheit. „Arthur!“, rief sie erfreut aus und erhob sich, um ihm entgegen zu gehen. Diese Freude, welche sie ausstrahlte, sei es wegen seiner Rückkehr oder die Aussicht, ihren besten Freund wiederzusehen... Arthur wurde beinahe übel. Sie zog ihn in eine enge Umarmung und unbewusst ließ sich der König ein Stück weit fallen. Fester als gewöhnlich drückte er seine Frau an sich, welche ihren Kopf unter sein Kinn legte. Arthur holte tief Luft und roch den unvergleichlichen Duft seiner Königin. Ihre Wärme und ihre Nähe beruhigten seinen überstrapazierten Geist und seine gebrochene Seele, doch sie würden ihm nicht die Last nehmen können. Einige Momente blieb das Königspaar in einer innigen Umarmung stehen, bevor sich Gwen leicht wegdrückte und Arthur ins Gesicht sah. Beinahe musste er aufgrund des freudigen Funkelns in ihren Augen den Kopf wegdrehen, doch bevor er soweit kam, sprach sie „Wo ist Merlin?“. Sie blickte sich um. Bei der Erwähnung seines besten Freundes zog sich Arthurs Herz schmerzvoll zusammen.Er wusste nicht, was er sagen sollte, um es ihr in irgendeiner Weise einfacher zu machen. Gedanklich schalte er sich einen Narr. Wie sollte er jemanden den Verlust eines geliebten Menschen leichter machen?! „Normalerweise würde er dir doch nicht von der Seite weichen. Ist er bei Gaius? Ich bin sicher, er wird mehr als froh sein, Merlin zu sehen - !“ „Gwen.“, unterbrach Arthur den Redefluss seiner Frau. Er konnte ihre Freude und die Erwartung in ihrer Stimme nicht ertragen. Es schmerzte zu sehr und zerriss ihm das Herz. Noch mehr schmerzte allerdings der Gedanke, was er ihr gleich mitteilen musste. Nun schien auch Gwen zu bemerken, dass etwas nicht stimmte. Ihr eben noch fröhliches Gesicht verwandelte sich in ein besorgtes. „Was ist passiert?“, wollte sie wissen, die Stimme nun ernst. „Geht es Merlin noch nicht besser?“ Kleine Tränen sammelten sich in ihren Augenwinkeln, worauf sich Arthur verkrampfte. Es schmerzte ihn ungemein, wenn seine geliebte Frau weinte. „Bei diesen Verletzungen…“ Sie schluckte. „Es wäre kein Wunder, wenn die Heilung noch Zeit brauchen würde.“ Wie ein Monster kam sich Arthur vor, die Hoffnung, dass Merlin wieder kommen würde, zunichte machen zu müssen. „Oder war er bereits fort?“ Es war eine schreckliche Vorstellung für Gwen, dass Merlin gegangen sein könnte. Sie hätte es verstanden, doch gleichzeitig auch alle Hebel in Bewegung gesetzt, dass er wieder nach Camelot kommen würde. Arthur schüttelte den Kopf. Seine Stimme war belegt und in seinen Augen glitzerte es. Er ergriff ihre Handgelenke, um in irgendeiner Art Halt zu finden. Seine Kraft war verbraucht und er konnte keine weitere Kraft von Gwen erwarten. Würde sie ihre Kraft selbst brauchen. „Sie waren noch da.“ Merlin allerdings… war in gewissen Sinne wirklich fort. Und er würde nie wieder zurückkehren. Gwen runzelte verwirrt die Stirn. Sie wusste nicht, warum Arthur dann so seltsam benahm. Als würde ihn etwas mehr als schwer zusetzen. In ihrem Inneren kämpfte sich eine Ahnung an die Oberfläche, doch Gwen stieß sie zurück. Es wäre zu schrecklich.   Arthur öffnete den Mund, schloss ihn allerdings gleich wieder. Er konnte das nicht! Gwen die Wahrheit zu sagen glich einem Schwertstoß ins Herz! Er wäre zu Gaius gegangen, um ihm diese schreckliche Nachricht zu überbringen, auch wenn es ihn zerrissen hätte, aber Gwen?! Merlin und Gwen waren Freunde, beste Freunde. Sie waren bereits Freunde, bevor Arthur Gwen überhaupt richtig gesehen hatte. Und nun sollte er ihr mitteilen, dass ihr bester Freund… fort war?! „Wir waren zu spät…“ Die Stimme des Königs war nur ein Flüstern. Gwens Augen weiteten sich, als sie langsam verstand. Merlins Abwesenheit. Das keiner der Ritter freudig zu ihr gekommen war. Arthurs gebrochener Blick. Die Königin schüttelte langsam den Kopf. Ihr Körper begann zu zittern. „Ich konnte ihn nur noch dem See übergeben…“ „Nein…“, hauchte Gwen und schüttelte stärker den Kopf, während Tränen bereits ihre Wangen hinab liefen. Ihr Körper bebte. Sie wollte es nicht wahrhaben. Das konnte nicht sein! Das durfte nicht sein! Arthur nahm all seine verbliebene Kraft zusammen und sprach die Worte aus, welche er nie ihm Leben hören oder sagen wollte. „Merlin… ist tot…“ Nach diesen Worten brach Gwen an seiner Seite zusammen, sie schluchzte haltlos an seine Brust, in welche sie ihr Gesicht vergraben hatte. Immer wieder flüsterte sie „Nein…“, doch sie konnte die Wahrheit nicht verdrängen oder gar ändern, so gerne sie es getan hätte.   In diesem Moment ließ auch Arthur ein weiteres Mal seinen Tränen freien Lauf und fand in den Armen seiner Frau Trost, welche sich ebenfalls weinend fest in seinen Rücken krallte. Der Schmerz, welchen sie beide verspürten, konnte nicht beschrieben oder gar gelindert werden. Der Verlust des besten Freundes würde sie beide für immer verfolgen. Sie weinten beide die ganze Nacht. Kapitel 27: Zu Ehren eines Helden ---------------------------------     Kapitel 27 - Zu Ehren eines Helden       Es verging eine Woche. Eine Woche voller Tränen, Trauer, Wut und Verzweiflung, bevor der Tag kam, vor dem Arthur und seine Freunde so große Angst hatten. Merlins Beerdigung. Es waren trostlose Tage. Arthur, Gwen und die Ritter kämpften mit ihrer Trauer und dem Schmerz, die einen mehr als die anderen. Arthur hatte den Rittern über diese Zeit freie Tage eingeräumt. Sie waren dabei und mussten damals am See ihren König auffangen. Nun sollten sie die Tage Zeit bekommen, damit sie sich etwas um sich selbst kümmern konnten. Der Rat hatte bis dahin alle Entscheidungen getroffen und die Führung von Camelot übernommen. Bei wichtigen Fragen traten die Männer an Gwen heran. Arthur hatte über diese Tage seine Gemächer kaum verlassen, weder um sich die Beine zu vertreten, noch um zu trainieren. Selbst Schlaf fand er kaum. Als er aber am ersten Morgen nach den Ereignissen am See von Avalon aufwachte und George, sein zeitweiliger und (zu seinem Leidwesen) neuer Diener bereits die Gemächer aufräumte, hatte Arthur die Kontrolle verloren. Er hatte ihn angeschrieen, ihn mit Gegenständen beworfen wie früher Merlin und befohlen, dass er verschwinden solle, sonst würde er ihn in den Kerker werfen. Der Diener hatte sofort die Flucht ergriffen und sah so nicht, wie Arthur sich völlig fertig auf das Bett fallen ließ und das Gesicht in den Händen vergrub. George war geschockt, verständlicherweise, doch Gwen konnte ihn beruhigen und bat ihn, die nächsten Tage die Gemächer des Königs zu meiden oder nur in ihrer Begleitung diese zu betreten.   Die einzige Gelegenheit, in welcher Arthur seine Gemächer für längere Zeit verließ und George so die Chance gab, seine Arbeit zu verrichten war, als Arthur zu Gaius ging. Der König hatte den alten Hofarzt seit ihrem letzten Gespräch in seinen Gemächern nicht mehr gesehen. Er hatte sich nicht getraut zu Gaius zu gehen. Er wollte sein Leid nicht sehen. Doch irgendwann musste er sich dieser Aufgabe stellen. Und es gab einige Fragen, welche Arthur auf der Seele brannten. Antworten darauf erhoffte er sich von Gaius.           Flashback     Mit schleppenden Schritten begab sich der König von Camelot zu seinem Hofarzt. Er hatte ihn seit drei Tagen nicht mehr gesehen. Seit der Schlacht. Seit ihrem Gespräch. Noch nicht einmal bei der Rückkehr vom See von Avalon. Arthur konnte es nicht. Er konnte nicht einfach zu seinem Hofarzt gehen und ihm mitteilen, dass der junge Mann, welcher ihm wie ein Sohn geworden war… das Merlin fort war. Auch wenn seine Freunde sich angeboten hatten, diese Aufgabe zu übernehmen und Arthur ihnen mehr als dankbar war und das Angebot annahm, kam er sich schäbig vor, sich dieser Situation nicht schon früher gestellt zu haben. Die letzten drei Tage ging er dem alten Mann aus dem Weg. Doch länger konnte und wollte Arthur die Begegnung mit Gaius nicht aufschieben. Es war nicht seine Aufgabe als König, doch als Mensch und guter Freund von Gaius und Merlin sah Arthur es Pflicht an, dem Hofarzt Gehör zu schenken. Und ihm sein Bedauern mitzuteilen. Unbeweglich und wie erstarrt stand Arthur vor den Kammern von Gaius. Ein Teil von ihm wollte weg. Einfach nur weg. Zurück in seine Gemächer, in welchen er die letzten Tage verbracht hatte und mit Sicherheit nach diesem Gespräch wieder zurückkehren würde. Denn der König wollte nicht nur nach dem Befinden von Gaius sehen. Nein. Was Arthur noch wollte waren Antworten. Antworten auf seine Tausend Fragen, welche ihm im Kopf umherschwirrten. Antworten, welche ihm wohl nur noch Gaius geben konnte. So holte Arthur tief Luft, bevor er seine Hand hob und anklopfte. Es kam ihm wie ein lautes, durchdringendes Hämmern vor. Die Sekunden, welche er auf eine Antwort wartete, wirkten wie eine Ewigkeit. Beinahe wünschte sich Arthur, dass man ihn nicht hereinbeten würde, dass Gaius unterwegs wäre… „Herein.“ …doch dem war anscheinend nicht so. Ein Teil von Arthur wollte das alles endlich hinter sich bringen, ein anderer Teil wollte laufen. Laufen und nie wieder stehen bleiben…   Mit klopfendem Herzen betrat Arthur nun doch die kleine Kammer seines Hofarztes. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Die Räumlichkeiten des Hofarztes sahen noch immer so aus, wie bei seinem letzten Besuch. Der Duft von verschiedenen Kräutern wehte um seine Nase. Arthur erinnerte sich nicht mehr daran, zu welchem Anlass das war. Um seinen Diener zu wecken, um sich bei Gaius zu erkundigen, um einen Trank einzunehmen… Es kam ihm vor, als wäre er in seinem letzten Leben in diesen Räumlichkeiten gewesen. Die Tür zur hinteren Kammer war verschlossen. Arthur schluckte schwer. Er wusste, dass irgendwann ein neuer Lehrling bei Gaius anfangen würde. Und der würde in dieser Kammer leben. In der Kammer, in welcher Merlin… Arthur räusperte sich leise und schloss kurz die Augen, um sich zu sammeln.   Gaius drehte sich inzwischen zu seinem Gast um. Er hatte wieder ein wenig Ordnung herstellen wollen. Durch die Schlacht hatte er alles Nötige eingepackt und ein Chaos hinterlassen. Die letzten Tage hatte er kaum Zeit dafür gefunden, gab es noch immer Verletzte, die ihn brauchten. Und einen wirklichen Antrieb um Ordnung zu schaffen hatte Gaius nicht. Nicht mehr. Nicht seit die Ritter in seine Kammer traten und ihm vom Ableben Merlins erzählt hatten. Es war wie eine Hiobsbotschaft, und doch hatte der alte Mann damit gerechnet. Das Merlin eines Tages nicht mehr wiederkommen würde. Das er irgendwann wirklich sein Leben für die Erfüllung seines Schicksals und dem Schutz von Arthur geben würde. Dass er nun seinem König gegenüber stand, überraschte Gaius nicht. Er wusste, irgendwann musste es den König zu ihm verschlagen. „Mylord“, grüßte Gaius sein Gegenüber und verneigte sich leicht. Das gab Arthur Zeit, sich Gaius genauer anzusehen.   Gaius sah schrecklich aus. Als wäre er um Jahre gealtert. Noch nie hatte Arthur dem Hofarzt sein Alter so stark ansehen können wie in diesem Moment. Seine Augen waren leer, der Mund zu einem schmalen Strich zusammengekniffen. Seine Haare waren scheinbar noch stärker ergraut und matt. Und obwohl er es erwartet hatte, schien Gaius keinerlei Groll gegen Arthur zu hegen. Er konnte es weder in seinen Augen noch in seiner Stimme wahrnehmen. Diese Tatsache beunruhigte Arthur.   Gaius bat ihn Platz zu nehmen, dem Arthur zögernd nachkam. Gegenüber nahm Gaius auf einem Schemel Platz. Nun saßen sie beide an dem Tisch, an dem Lehrer und Lehrling oft zusammen saßen. So vergingen einige Momente, in denen Stille herrschte. Selten hatte sich Arthur so nervös gefühlt. Er knetete seine Hände und versuchte, sich an die Worte zu erinnern, welche er sich zuvor zu Recht gelegt hatte. Doch sein Kopf war wie leer gefegt. „Es…“ Arthur räusperte sich. „Es tut mir wirklich Leid, Gaius. Das ich Euch die Nachricht nicht selbst überbracht habe. Das es so lange gedauert hat, bis ich Euch aufsuchte. Und… Euer Verlust.“ Arthur schluckte, seine Kehle war plötzlich staubtrocken. „Merlin… war der Letzte, welcher den Tod verdient hat.“ Gaius schloss die Augen und atmete tief durch. Das gab Arthur die Zeit, den Schmerz in seiner Brust hinunter zu schlucken. Er musste durchhalten. Nun ging es nicht um ihn, sondern um Gaius. „Wenn ich irgendetwas für Euch tun kann… dann lasst es mich wissen.“ Es war nur wenig, was Arthur sagen konnte, doch ihm fiel nicht mehr ein. Er kam sich wie ein herzloser Idiot vor. Gaius öffnete seine Augen, welche schimmerten und nickte leicht. „Ich danke Euch, Sir. Doch seid Ihr gewiss auch aus einem anderen Grund hier.“ Arthur versteifte sich. Gaius hatte ihn also durchschaut. Natürlich. Er war einer der wenigen Menschen, die dies konnten. So sehr er sich meistens über diese Tatsache freute (sahen diese Menschen nicht nur den Prinz ihn ihm), so war es für ihn in diesem Fall wie ein Schlag in den Magen.   Arthur schluckte hart. Nun kam der Teil, welchen er am Liebsten streichen würde. Doch es ging nicht. Er wollte Antworten. Er brauchte Antworten. Und dafür musste er nun ganz König sein und kein Freund.     „Bitte erzählt mir, was Ihr wisst.“ Autorität schwang in Arthurs Stimme mit, die Müdigkeit darin konnte er allerdings nicht ganz verbannen. Gaius atmete tief ein und aus, um sich zu sammeln. „Merlin war ein Zauberer, das ist richtig. Aber er war nie ein Feind von Camelot.“ Arthur verschränkte die Arme vor der Brust. Das war ungefähr der Punkt, an dem sie in ihrem letzten Gespräch geendet haben, bevor sich Arthur auf den Weg zum See von Avalon machte, um seinen besten Freund nach Hause zu holen. Gequält atmete Arthur ein und aus. Wäre er nur schneller gewesen… Seinen Blick hatte Arthur zu Boden gesenkt. Er schien nachdenklich. „Ich weiß“, sagte er schließlich leise. „Er hat mich beschützt.“ Arthur erzählte Gaius die ganze Geschichte, was in Camlann passiert war und wie Merlin es geschaffte hatte, sie alle zu retten. Ihn zu retten. „Er war schwach und verletzt. Doch trotzdem war ihm sein eigenes Wohl vollkommen gleich. Er schien keinen Augenblick an sich selbst zu denken, sondern nur an unsere Sicherheit. Er hat es geschafft, den Sachsen, dem Roch und dem weißen Drachen entgegenzutreten und zu vernichten. Trotz seiner schweren Verletzung war er in der Lage, Morgana zu töten. Wir anderen konnten nur tatenlos zusehen. Er… war so mächtig. Mächtiger wahrscheinlich, als ich mir es je auch nur vorstellen könnte. Ich habe ihn immer nur als naiven, trotteligen Diener gesehen. Und doch… er war stets an meiner Seite, bei Gefahr oder nicht und hat mir gedient. Sogar mehr als das.“ Arthurs Blick fuhr zu Gaius Gesicht. Der alte Mann sah seinen König einfach nur an. Tränen schienen in seinen Augen zu schimmern. „Sagt mir warum, Gaius. Warum hat er das getan? Ich verstehe das einfach nicht!“ Der König hatte sich beinahe in Rage geredet und war während seiner Rede aufgestanden und hatte sich am Tisch abgestützt. Seine Hände ballten sich und er knirschte wütend mit den Zähnen. „Ihr sagtet damals, Merlin würde etwas in mir sehen! Aber was sah er in mir, Gaius? Warum hat er all das Leid auf sich genommen und letzten Endes sogar sein Leben für mich gegeben?!“ Zischend holte Arthur Luft, als sich sein Herz vor Schmerz zusammenzog. Nachsichtig und verständnisvoll sah Gaius Arthur an. „Könnt Ihr das wirklich nicht verstehen? Merlin hat Euch nie einen Anlass gegeben, ihm zu misstrauen. Und er hat auch Euch immer vertraut. Ihr wart Freunde, Arthur. Ich wiederhole meine Frage gerne noch einmal: Ändert denn die Tatsache, dass Merlin ein Zauberer ist, etwas an eurer Freundschaft?"   Beinahe wie erschlagen ließ sich Arthur wieder auf den Stuhl fallen. Er brauchte nicht darüber nachdenken, denn die Antwort lag auf der Hand. Nein. Nein, die Tatsache, dass Merlin ein Zauberer war änderte nichts an ihrer Freundschaft. Es war ein Schock, natürlich, und Arthur war enttäuscht, doch es änderte nichts daran, dass Merlin immer an seiner Seite war. Er hat immer loyal und treu zu ihm gehalten. Doch noch immer wusste Arthur nicht alles über seinen besten Freund. Und er wollte diese Lücke füllen. Und ein Blick zu Gaius verriet dem König, dass da noch etwas war. Etwas, was die Loyalität von Merlin erklären würde.   „Der Drache… Kilgharrah erwähnte… dass es Merlins Schicksal gewesen wäre, mich zu beschützen. Was… meinte er damit?“ Gaius holte tief Luft. Ihm war klar, dass Merlin Arthur schon seit langem die Wahrheit sagen wollte. Die ganze Wahrheit, damit dieser verstehen konnte, warum Merlin all das getan hatte. Doch der alte Hofarzt wünschte sich, dass es Merlin selber es gewesen wäre, der dem König alles berichtet hätte. Doch das war nicht möglich. So blieb Gaius nichts anderes übrig, als sowohl Merlin als auch Arthur zu helfen.   „Merlin und Ihr seit Teil einer uralten Prophezeiung, Mylord. Euch steht Großes bevor. Die Propheten haben vor langer Zeit verkündet, dass Ihr die Magie, welche in Eurem Reich verhasst war, zurückführen würdet und als größter König aller Zeiten die Länder einen würdet. Ihr, Arthur Pendragon, würdet Albion erschaffen und darüber herrschen, als einstiger und zukünftiger König.“ Eine kurze Erklärung. Und doch verwirrte sie Arthur noch mehr, als er bereits war. Er konnte Gaius nur fragend anstarren, worauf dieser fort fuhr. „Merlin… er hat Euch nie leichtfertig begleitet. Er wusste genau, was er tat. Merlin wurde als Euer Beschützer entsandt. Er würde Euch und Camelot vor Schaden bewahren und dafür sorgen, dass Ihr auf dem Pfade gelangen und bleiben würdet, den das Schicksal für Euch vorgesehen hat. Und Merlin würde Euch auf Eurem vorbestimmten Weg beiseite stehen. Durch die Alte Religion selbst mit einer Macht geboren, die niemand würde aufhalten können.“ Gaius richtete sich auf und sein Blick wurde eine Spur weicher. Ein leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen, voller Stolz und Ehrfurcht. „Merlin tat immer alles in seiner Macht stehende, um Euch und seine Freunde zu schützen. Doch nicht nur das. Merlin war immer das, was Ihr am meisten brauchtet, Arthur.“ Nun war der König gänzlich verwirrt. Was sollte das heißen? „Was meint Ihr damit, Gaius?“ „Egal wann oder wo, Merlin war immer das, was Ihr zu welchem Zeitpunkt auch immer am Dringlichsten brauchtet. Freund, Zuhörer,… Beschützer. Er wollte für Euch da sein, Euch beschützen und retten. Den Druiden und Anhängern der Alten Religion… als Emrys bekannt. Der mächtigste Zauberer der Welt.“   Emrys. Dieser Name. Es war der Name, welchen auch Merlin nannte, als er sich dem Roch stellte. Und langsam begann Arthur zu begreifen.   Merlin war ein Zauberer. Und nicht irgendeiner. Merlin war Emrys. Doch nicht nur das. Emrys war Merlin. Emrys, der mächtige Zauberer, welcher durch die Alte Religion selbst geboren wurde, sollte also sein Beschützer sein und über Arthur wachen. Der Beschützer des Königs und zudem der Beschützer von Camelot. Es war seine Bestimmung, dafür Sorge zu tragen, dass Arthur kein Leid zu stieß. Egal, zu welchem Preis. Merlin, der tollpatschige, schlaksige, mutige junge Mann hingegen war sein Begleiter. Er war da, wenn Arthur im Begriff war, eine falsche Entscheidung zu treffen. Aber hauptsächlich war Merlin für Arthur da, wenn dieser jemanden zum Reden brauchte. Jemanden, der ihn aufmunterte, ihn aufbaute, wenn die Pflichten als Königs ihn beinahe erdrückten und auf den sich Arthur verlassen konnte, wenn der Verlust all jener, welche er seine Freunde nannte und ihn verraten hatten, zu groß wurde.   Arthur lehnte sich in dem Stuhl zurück. Es waren so viele Informationen auf einmal. Er konnte beinahe nicht begreifen, wie weit die Loyalität von Merlin ging. All diese Jahre trug Merlin diese Bürde. Diese Last, ein Geheimnis mit sich zu tragen, dass so groß ist. Und sich niemandem anvertrauen zu können, weil es den eigenen Tod bedeutet hätte. Arthur vermochte sich nicht vorzustellen, wie schmerzhaft und schwer es für seinen Freund war. Sein loyaler Freund, der nichts mehr hasste, als seine Freunde zu belügen.   Arthur erinnerte sich. In der Schlacht um Camelot hatte er Merlin gefragt, ob er wüsste, wie es ist, die Zukunft des Königreiches auf seinen Schultern lasten zu haben. Es war eine rhetorische Frage gewesen, auf die Arthur nie eine Antwort wollte oder überhaupt erwartet hätte. Dachte er doch immer, dass ihn in Camelot niemand verstehen würde, noch nicht einmal Merlin. Doch nun kannte er die Antwort. Ja. Ja, Merlin wusste sehr wohl wie es ist, diese Last zu tragen. Und das zu jeder Zeit. Jede Stunde, jede Minute, jeden Augenblick, seitdem er Camelot betreten und Arthur begegnet war. Er musste nicht nur die Zukunft von Camelot gewährleisten, er musste auch das Leben von Arthur beschützen und dafür sorgen, dass dieser ein guter König wird, damit Albion vereint werden kann. Auf Merlins Schultern lastete nicht nur die Zukunft von Camelot, sondern noch so viel mehr. Wie viel mehr, vermag sich Arthur nicht vorzustellen. Und dieses Wissen vermehrte seine Schuldgefühle noch mehr.   Gaius, welcher die wachsende Schuld in den Augen seines Königs sah, versuchte, ihn zu beruhigen. „Ihr müsst Euch keine Vorwürfe machen, Mylord.“ Arthur hob den Kopf und sah seinen Hofarzt beinahe ungläubig an. So viel hatte er falsch gemacht, als König und vor allem als Freund. Wie kam Gaius nur darauf, dass es nicht seine Schuld war? „Auch Ihr standet ihm zur richtigen Zeit zur Seite. Erinnert Euch nur an den Tod von Balinor.“ Arthur verzog das Gesicht. Wie könnte er sich daran nicht erinnern? Wie er Merlin keine Zeit gab, damit er um seinen Vater trauern konnte. Wie ein herzloses Monster kam sich der König vor. „Ich habe ihm damals gesagt, dass kein Mann seine Tränen wert wäre. Wenn ich es nur gewusst hätte, -“ „Dann hättet Ihr Euch gegen Euren Vater stellen müssen. Jeder Drachenmeister gehörte seiner Ansicht nach getötet. Und wenn Euer Vater erfahren hätte, dass Merlin der Sohn Balinors war, dann hätte er ihn ohne zu Zögern auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Er wollte Euch nicht in diesen Zwiespalt bringen, Arthur.“ Arthur schwieg darauf. Und die Schuld wurde größer. Merlin hatte sich der Trauer alleine hingegeben, um ihn nicht zwischen die Fronten zu ziehen. Arthur konnte wirklich nicht sagen, was er getan hätte. Hätte er sich auf Merlins Seite geschlagen? Oder hätte Arthur seinem Vater Bericht erstattet? Selbst wenn nicht, es hätte nur ein falsches Wort genügt und Uther hätte die Wahrheit erfahren. Und sein Vater war zu dickköpfig und stur, als das Arthur ihn hätte aufhalten können, wenn er Merlin hätte tot sehen wollen. Arthur erschauderte. Ihm kam wirklich keine bessere Lösung in den Sinn. Gewisserweise hatte Merlin für alle Beteiligten richtig gehandelt. Doch diese Erkenntnis verminderte das Gefühl der Schuld nicht, ganz im Gegenteil. Denn wieder war es Merlin, welcher zurückstecken musste. „Ihr wart für ihn da, Sir. In Momenten, in denen es Euch nicht bewusst war.“ Arthur sah verwirrt zu Gaius. „Ich verstehe nicht.“ Gaius schloss kurz die Augen. Was auch immer er seinem König erzählen wollte, es schien auch ihn mitzunehmen.   „Als ihr damals von der Mission mit Balinor zurückgekehrt seid, da war Merlin in sich gekehrt. Unglücklich. Verzweifelt.“ Arthur schluckte hart. Natürlich konnte er sich an die Niedergeschlagenheit seines Dieners noch mehr als gut erinnern. Und gleichzeitig rügte er sich in Gedanken dafür, nicht sensibler gewesen zu sein. „Ich habe ihn noch nie so voller Trauer erlebt.“ Gaius nickte. Es gab nur einen Moment, an den er sich erinnern konnte, in dem die Trauer Merlins ebenso groß, wenn nicht sogar noch größer war. Der Tag, an dem die Frau in Merlins Armen starb, welche er so sehr geliebt hatte. Freya. Gaius wusste, wie es war, die Liebe seines Lebens ziehen zu lassen, doch er konnte sich den Schmerz nicht vorstellen, den Merlin erleiden musste, als er seine Geliebte zu Grabe tragen musste. Aber Gaius hütete sich davor, Arthur davon zu erzählen. Der junge König würde alles wissen wollen und der alte Hofarzt wollte nicht, dass Arthur sich noch mehr Schuld auflud. Nicht jetzt, wenn Merlin ihm nicht sagen konnte, dass er ihm verzieh.   „Diese Trauer hätte Merlin beinahe zerstört. Der Tod seines Vaters und eines weiteren geliebten Menschen waren für Merlin so schmerzvoll, dass es ihn gebrochen hätte.“ Arthur sah ihn fragend an. Er wusste nicht, dass noch jemand in Merlin Umfeld verstorben war, der ihm sehr nahe stand. So wie Gaius sprach, vielleicht ebenso nah wie Arthur selbst. Das Kopfschütteln von Gaius sagte ihm allerdings, dass er ihm nicht sagen würde, wer es war. „In dieser Zeit der Trauer… als für ihn alles verloren schien… da fand Merlin etwas, was ihn dazu bewegte, weiter zu machen. Etwas, was ihn am Leben hielt, in Momenten der größten Hoffnungslosigkeit. Er klammerte sich daran, um weiterkämpfen zu können.“ Gaius machte eine Pause und schien Arthur erst einmal alles sacken zu lassen. Es war viel für Arthur, viel was er zu verstehen hatte und viel was er verarbeiten musste. Noch immer schwirrten ihm Gedanken und Fragen durch den Kopf, doch im Moment schien sein Kopf einfach nur bersten zu wollen. Doch diese eine Sache wollte der König noch wissen. „Was war es?“, fragte Arthur mit belegter Stimme wissen. Arthur konnte sich nicht vorstellen, dass Merlin jemals die Hoffnung verlor. Für ihn selbst war der Schwarzhaarige die Hoffnung selbst gewesen. Jedes Mal, wenn Arthur am Boden war, dann wusste er ganz genau, dass Merlin da sein würde, um ihm eine Hand zu reichen und wieder aufzuhelfen. Aber für ihn war niemand da. „Was hat Merlin geholfen, sich wieder aufzurappeln und sich all den Gefahren zu stellen?“ Seine Augen suchten die seines Hofarztes, als er ihn anblickte. Der Ausdruck darin und das Lächeln, welches sich auf Gaius` Lippen legte, ließen Arthur erstarren. „Ihr, Arthur.“       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~       Nach diesem Gespräch hatte Arthur den Rat zusammenkommen lassen. Sein Kopf schmerzte und all das, was Gaius ihm erzählt hatte, nagte an ihm und machte ihn langsam kaputt. Arthur wusste sich nicht zu helfen. Aber er wusste, wie er Merlin helfen konnte. Damit sein Tod einen höheren Sinn bekam. Er würde nur einen Beschluss mitteilen. Egal, wie sehr sich die Mitglieder des Rates über seine Entscheidung aufregen oder vielleicht auslassen würden, es wäre ihm gleich. Denn der Entschluss sollte den Weg ebnen, den Merlin für ihn und Camelot vorgesehen hatte. Zudem… war es Merlins Wunsch. Sein größter und letzter Wunsch. Und diesem würde Arthur entsprechen.   Die Blicke des Rates lagen erwartungsvoll auf ihm, als Arthur in den Ratssaal eintrat. Seit er vom See von Avalon zurückgekehrt war, hatte niemand aus dem Rat den König gesehen. Umso gespannter waren sie nun, was er ihnen zu sagen hatte. Gwen stand neben ihm und nickte ihm aufmunternd zu. Sie wusste, was ihr Mann vorhatte, hatte er ihr in der Zwischenzeit sein Vorhaben in kurzen Worten erläutert und sie würde ihn in allen Belangen unterstützen. Arthur stützte sich auf dem Tisch ab. Er wusste, was er gleich sagen würde, hätte Konsequenzen und würde schwer zu erreichen sein, doch das würde ihn nicht aufhalten. Niemand würde das. Und so verkündete der König seinen Beschluss. „Die Gesetzte werden geändert. Magie wird in Camelot wieder erlaubt sein.“ Lautes Stimmengewirr war die Antwort auf diese Verkündung.     Flashback Ende           Ja, es waren etliche Probleme und Fragen, welche von dem Rat an ihn herangetragen wurde. Und so erzählte Arthur ihnen die Wahrheit. Wie Merlin die Sachsen bekämpft und besiegt hatte. Er hatte die Bestie Roch vernichtet. Das es Merlin war, der Morgana getötet hatte. Die Tatsache, dass der Schwarzhaarige Arthur all die Jahre beschützt hatte. Und diese heldenreiche Tat mit seinem Leben bezahlt hatte. Es war für die älteren Männer, welche lange unter Uther gedient hatten und dessen Abneigungen gegen Magie teils übernommen hatten, eine seltsame und unglaubliche Geschichte. Sie alle kannten den schlaksigen Diener des jungen Königs. Tollpatschig und naiv. Und keiner hätte ihm zugetraut, dass ihn so ein großes Geheimnis umwehen könnte. Doch sie sahen auch viel Gutes in der Magie und nach einigen Diskussionen - welche sie alleine führen mussten, da Arthur sich nicht von diesem Beschluss abbringen lassen würde - hatte der Rat von Camelot zugesagt und wollte die Gesetze ändern. Doch sie alle wussten, dass es Zeit brauchen würde und viel Arbeit auf sie zukam. Arthur jedoch hielt es für möglich und nötig. Nach dem, was er im Kampf gegen Morgana und den Roch gesehen hatte – vor allem, was Merlin geleistet hatte – da glaubte der König tatsächlich an eine Koexistenz zwischen den Menschen in Camelot und Zauberern. Es würde sicher holprig werden und lange dauern, aber dieser stille und letzte Wunsch von Merlin konnte nun wirklich klare Formen annehmen. Dieser Traum konnte wahr werden.       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~       Boten wurden ausgesandt und hatten den Beschluss zur Gesetzesänderung an die anderen Königreiche überbracht. Vielleicht gab es bereits einige Zauberer, welche von den Geschehnissen gehört hatten und bei der Beisetzung dabei sein wollten. Dies würde der König niemanden verwehren. Er würde seinem Volk die Änderung an diesem Tage verkünden. Nun gab es vorher eine größere Hürde zu nehmen, vor welcher der König von Camelot Angst hatte. Merlins Beerdigung. Es war eine rein symbolische Geste.   Arthur hatte Merlins Körper dem See von Avalon übergeben, wie es der Drache damals gesagt hatte. Doch das hinderte ihn keineswegs daran, für Merlin hier eine angemessene Beerdigung abzuhalten. Nichts und niemand hätte den König davon abbringen können. Eine Beerdigung, welche allen Rittern Ehre gemacht hätte und für Camelots - und seinen - Retter angebracht war. So wurde ein Scheiterhaufen errichtet, auf dem traditionsgemäß ein roter Umhang und ein Schwert verbrannt wurden. Noch nie wurde einem Diener solch eine Beerdigung gewährt. Doch Merlin war kein einfacher Diener. Und das wollte Arthur seinem Volk begreiflich machen. Auch wenn Arthur Angst vor diesem Tag hatte. Denn die Beerdigung würde es endgültig machen. Merlin wäre fort. Für immer. Arthur hatte den leblosen Körper seines besten Freundes gesehen, doch die Beerdigung… Es war nötig. Es war richtig. Zudem… Merlin hatte diese Ehre mehr als jeder andere verdient.   Und deswegen standen nicht nur die Ritter auf dem Hauptplatz. Unzählige andere Menschen standen dort, Diener und Mägde, Damen vom Hof, Händler, der Wirt, die Stallburschen, Tyr, der Stallmeister und so viele mehr… In diesem Moment schienen die Schluchten, welche zwischen Adligen und einfachem Volk herrschten, verschwunden zu sein. Sie alle waren in Trauer vereint. Es rührte Arthur, dass Merlin anscheinend noch mehr Menschen verändert und in gewissem Sinne berührt hatte als nur ihn und seine Ritter. So viele Menschen waren gekommen, um dem Helden von Camelot die letzte Ehre zu erweisen. Auch wenn sie die Wahrheit nicht kannten.   Tief holte Arthur Luft. Er hatte keine Rede vorbereitet. Er war noch nie gut darin. Und jegliches geschriebene Wort wäre nicht annähernd an die Wahrheit herangekommen. Wie groß dieser Verlust war. Wie groß er für ihn war. Und auch, wenn er es nie zugeben würde, Arthur hörte in diesem Moment einfach auf sein Herz und sagte das, was er schon längst hätte sagen sollen.   „Wir sind heute hier… um Merlin die letzte Ehre zu erweisen.“ Stille herrschte bereits seit Arthur vor den Scheiterhaufen trat. Alle Augen waren auf ihn gerichtet. Trauer in jedem Gesicht. Sie alle wollten große Worte hören, Worte, die beschrieben, was für ein Held Merlin war.   Doch Arthur hatte nicht vor, das Geheimnis um seinen Diener zu lösen. Nur den Mitgliedern des Rates hatte Arthur die Wahrheit über Merlin erzählt und diese bat er um Stillschweigen. Arthur würde in seiner Rede nicht die Tatsache aussprechen, dass Merlin ein Zauberer war. Es kam ihm nicht richtig vor. Am Liebsten hätte Arthur ihnen alles gesagt, es herausgebrüllt, was Merlin alles für ihn und das Königreich getan hatte, obwohl Arthur wahrscheinlich noch nicht einmal die Hälfte davon wusste, was Merlin wirklich alles vollbracht hatte. Aber es ging nicht. Die Menschen hatten noch Angst vor der Zauberei. Und vielleicht würde auch das Bild von Merlin, welches sie hatten, sich verändern. Ins Negative. Und das wollte Arthur um jeden Preis verhindern. Wenn die Zauberei in Camelot angekommen war… wenn die Menschen sie akzeptierten und sie nicht mehr fürchteten, dann würde Arthur es dem Volk mitteilen. Er würde ihnen sagen, was für ein großer und mächtiger Mann Merlin war und das er sie alle mehr als einmal gerettet hatte. Die Menschen sollten nicht wissen, dass Merlin ein Zauberer war. Noch nicht. Aber die Welt sollte wissen, dass der König von Camelot seinen treuesten und besten Freund verloren hatte. Das Merlin für Arthur sein Leben gelassen hatte.   „Merlin war… ein treuer Diener. Mit Fehlern und Macken, aber immer da, wenn man ihn brauchte.“ Wenn er ihn brauchte. Immer und immer wieder, egal, wie oft Arthur den Schwarzhaarigen verflucht hatte. „Er war zu jederzeit bereit, sein Leben für seine Freunde zu geben.“ Vor allem für ihn, Arthur. „Wir alle haben ihm viel zu verdanken. Ohne Merlin würden wir vielleicht nicht mehr hier in Camelot verweilen können. Ohne Merlin… wäre ich längst nicht mehr am Leben. Er hat sein Leben gegeben, um Camelot zu beschützen und um mich zu beschützen. Und dafür werden wir ihn nie vergessen.“ Gwaine trat vor und gab Arthur die brennende Fackel. Der König selbst wollte das Feuer entzünden. Es war für Arthur eine Ehre und beinahe eine Pflicht. So warf er die Fackel auf das trockene Holz, welches sofort Feuer fing. Zischend schlängelten sich die Flammen auf dem Scheiterhaufen, fraßen das Holz und den Umhang. Kurz blickte Arthur auf sein Handgelenk. Dort hatte er das rote Halstuch von Merlin, welches er in seinen Gemächern fand, umgebunden. Es wäre ihm wie ein Verrat vorgekommen, dieses Markenzeichen seines besten Freundes zu verbrennen. Es war ein Geschenk und sollte bei ihm bleiben und ihn immer an Merlin erinnern. Beinahe wie von selbst wanderte seine Hand an den kleinen Lederbeutel, welcher an seinem Gürtel hing. Kurz drückte er den Inhalt. Es war ihm so, als würde das Siegel seiner Mutter und die kleine Drachenfigur ihm Kraft schenken. Diese beiden Gegenstände, Geschenke seines besten Freundes sollten ihn von nun an begleiten und ihn immer wieder an den Weg, den er gehen wollte, erinnern.   Gwaine, Percival, Elyan und sogar Leon traten plötzlich vor. Sie standen nun direkt vor dem Scheiterhaufen und blickten stur an Arthur vorbei auf das Holz. Gemeinsam gingen die Vier auf die Knie. Überraschtes Gemurmel war die Folge. Die obersten Ritter hatten den Tod von Merlin mit großer Trauer, doch mit noch größerem Respekt aufgenommen. In ihren Augen war Merlin der mutigste Mann, dem sie je begegnet waren und den sie je kennen werden. Jemand, der sich ohne einen Gedanken um das eigene Wohl zu scheren, für jeden Einzelnen von ihnen geopfert hätte. Merlin war ein Mensch, der Camelot und das Volk all die Jahre mit seiner Magie beschützt hatte. Trotz der Furcht der Menschen und den Gesetzen, welche ihm das Leben hätte kosten können. Aber Merlin hatte stets das Wohl seiner Freunde über sein eigenes Leben gestellt. Die vier Ritter wussten, dass Merlin ihre Hochachtung verdient hatte. Er war ihr Freund und war als ihr Freund gestorben. Und deswegen knieten sie nieder, aus Respekt und Achtung für diesen mutigen Mann, welcher viel zu früh sein Leben geben musste.   Arthur hatte die Aktion seiner Ritter mit Überraschung und Ehrfurcht beobachtet. Er wusste natürlich, dass seine Ritter ebenso um Merlin trauerten und ihn vermissten. Diese Haltung jedoch war normalerweise nur dem König vorbehalten. Und doch verstand es Arthur vollkommen, dass seine Freunde ihren Respekt zollten. Er spürte eine kleine Bewegung neben sich, als Gwen seine Hand ergriff. Aus dem Augenwinkel sah er, wie sie auf das Feuer starrte und Tränen ihre Wangen hinunterliefen. Fest und doch tröstend drückte er ihre Hand. Damals, als er Gwen fortschickte, da tat sein Herz ebenso weh und er dachte, er würde nie wieder froh werden können. Doch zu dieser Zeit war Merlin war an seiner Seite, stand ihm bei und brachte es sogar fertig, ihn tatsächlich zum Lachen zu bringen. Nun war es Merlin, der fort war. Er wurde ihm quasi entrissen. Und es war Arthurs eigene Schuld. Hätte er der Magie jemals eine reale Chance gegeben… hätte er Merlin jemals spüren lassen, wie wichtig dieser ihm war und das nichts - wirklich Nichts! - etwas an ihrer Freundschaft würde ändern können… dann wäre er jetzt nicht… Merlin wäre nicht… Arthur schloss die Augen und atmete tief durch. Sein Herz schrie vor Trauer und Verzweiflung. Und keiner, weder die Menschen von Camelot, seine Ritter, seine vier Freunde, ja noch nicht einmal Gwen schafften es, ihn irgendwie ein Fünkchen Freude zu entlocken. Wie sollte er sich auch freuen können. Sein bester Freund… Sein Seelenverwandter… Sein Bruder… Merlin… war tot…   Hart schluckte Arthur und versuchte, den Kloß in seinem Hals loszuwerden. „Merlin… war der treueste Diener, den man sich wünschen konnte, der mutigste Mann, dem ich je begegnen durfte und der beste Freund, den ich je hatte oder haben werde.“ Gwen neben ihm weinte haltlos und kniff die Augen zusammen, um ihre Tränen einzudämmen. Vergeblich. Kurz sah Arthur an den Flammen vorbei zu Gaius, welcher Huinith stützte. Arthur hatte sie ins Schloss eingeladen, damit sie Abschied nehmen konnte. Obwohl sie versuchte stark zu sein rannen ihr Tränen über die Wangen. Und es wunderte Arthur nicht. Schließlich hatte sie ihren einzigen Sohn verloren. Die Ritter hatten sich wieder erhoben und blickten mit betrüben Gesichtern zum Feuer. „Die Welt hätte ihn noch länger gebraucht. Camelot hätte ihn noch länger gebraucht…“ Der König schluckte, seine Kehle brannte und schmerzte. Hastig schluckte er, um die aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Denn er war noch nicht fertig. „Und auch ich hätte ihn noch länger an meiner Seite gebraucht.“ Es waren die letzten Worte, welche bei dieser Beisetzung gesprochen wurden.     Arthur bemerkte nicht, wie sich nach und nach der Platz leerte. Er starrte nur in die Flammen. Irgendwann waren nur noch er, Gwen, Elyan, Gwaine, Percival und Leon da und sie schwiegen in gemeinschaftlicher Trauer über den Verlust ihres Freundes. Doch schließlich wandten sich auch seine Ritter ab und gingen zurück in die Burg, um sich der Trauerfeier anzuschließen, welche vermutlich bereits im Gange war. Ein Fest, welches Arthur organisiert hatte. Sie alle und nicht nur Gwaine würden sich ohne jeden Zweifel an diesem Tag betrinken. So stark, dass sie die Schmerzen nicht mehr spürten.   Und zum ersten Mal erschien Arthur diese Möglichkeit wirklich verlockend. Doch noch konnte er nicht hinein. Arthur sah zu, wie das Holz abbrannte. Wie es alles verschlang, was im Weg war. Sein Kopf sagte ihm, dass er sich nun ebenfalls an den Feierlichkeiten beteiligen sollte, doch seine Beine gehorchten ihm nicht.   Gwen stand weiterhin neben ihm. Das Königspaar hatte die letzten Tage wenig miteinander gesprochen. Seit der Nacht, in der sie beide geweint hatten. Jeder von ihnen musste mit seiner Trauer anders umgehen. Sie hatten sich, doch sie brauchten auch Zeit für sich. Und in der nächsten Zeit brauchten sie vor allem einander.   Irgendwann war das Feuer beinahe erloschen und Arthur stieß die Luft aus, welche er immer und immer wieder tief ein gesogen und wieder ausgestoßen hatte. Dann zog er Gwen mit sich, welche fester seine Hand nahm, und sie gingen gemeinsam die Stufen hinauf ins Schloss. Vor der Tür drehte sich Arthur noch einmal um und blickte hinab zu dem Rest des Ehrenfeuers für den Helden von Camelot. Er atmete tief durch, schloss die Augen und Merlin erschien vor seinem geistigen Auge. Mit seinem breiten Grinsen und den vor Schalk blitzenden Augen. Ein leichtes Lächeln legte sich auf die Lippen des Königs. Eine Reaktion, welche ihm wirklich nur Merlin entlocken konnte. Diesen Merlin wollte Arthur in Erinnerung behalten. Und er würde sie sein Leben lang in Ehren halten. Die Erinnerung an seinen besten Freund.             Kapitel 28: Begegnung mit der Vergangenheit -------------------------------------------   Kapitel 28 - Begegnung mit der Vergangenheit       Die Sonne warf ihre Strahlen auf das Königreich und weckte die Bewohner von Camelot, welche noch nicht auf den Beinen waren. Langsam begann das geschäftige Treiben im Schloss und der Stadt. Die ersten Händler öffneten ihre Stände, der Bäcker verkaufte sein erstes Brot und Diener und Mägde wanderten durch die Straßen, die ersten Arbeiten für ihre Herren zu erledigen. Je mehr Zeit verstrich, desto belebter wurde das Treiben. Ein schönes und harmonisches Bild für jeden, der es sah.   Wie so oft stand Arthur an den Zinnen seines Schlosses, sah in die Unterstadt hinunter und ließ seine Gedanken schweifen. Ein Jahr. Ein Jahr war die Schlacht von Camlann und der damit verbundene Tod von Merlin schon her. Es war ein turbulentes und anstrengendes Jahr. Das Königspaar erholte sich nur langsam und schwerfällig von dem Tod ihres besten Freundes. Arthur tat sich schwerer damit als seine Frau, obwohl auch sie den Schwarzhaarigen unendlich vermisste. Natürlich, aber Arthur plagten noch immer Schuldgefühle. So viel hatte er in der Vergangenheit falsch gemacht, wofür er sich nun nicht mehr entschuldigen konnte oder er hatte so viele Taten seitens Merlin übersehen, ohne sich erkenntlich zeigen zu können. Doch Gwen sagte ihm immer wieder, dass er Merlins größten Wunsch erfüllt hatte. Es war hart gewesen. All die Anstrengung, die Tränen, der Schmerz… All das hatte sich in Arthurs Augen ausgezahlt. Die Magie hatte in Camelot endlich wieder Einzig gefunden. Vereinzelt betraten Zauberer bereits das Königreich, um sich selbst davon zu überzeugen, dass sie nun nicht mehr verachtet wurden. Die Menschen in Camelot akzeptierten ihre Anwesenheit und hießen sie willkommen. Kein Ablehnung, keine Abneigung, kein Hass. Von keiner Seite. Vorsicht natürlich, doch das war verständlich. Nach nur einem Jahr konnten die tiefen Wunden und die Verachtung gegeneinander nicht verschwinden. Doch sie alle veränderten sich Stück für Stück und ließen diese Veränderungen zu. Auch andere Reiche hatten diese Entscheidung mit wohlwollen aufgenommen. War Magie in vielen Reichen nicht geächtet, konnten sie die Entscheidung Arthurs natürlich nur bejahen. Es war, als wäre das alles ein Traum. Und das war es auch. Ein wahr gewordener Traum Der Traum eines großen Zauberers.   Das geschäftige Treiben auf den Straßen amüsierte Arthur und machte ihn stolz. Es war ein Zeichen dafür, dass seine Entscheidung richtig war. Genau das hatte Camelot gefehlt. Menschen, die anders waren und doch wieder nicht und damit eine große Hilfe. Viele Sachen waren so viel einfacher mit Zauberei zu bewältigen. Sie war ein Segen. Das wusste Arthur aus erster Hand. Und nun sah er es endlich ganz deutlich vor sich. So muss es auch gewesen sein, bevor die Magie von seinem Vater verboten wurde. Vor der großen Säuberung. Ein wenig bedauerte Arthur, dass sein Vater diese Tage, den Beginn dieser goldenen Zeit, nicht mehr miterleben konnte. Doch wusste Arthur auch, dass Uther seine Entscheidung nie unterstützt, geschweige denn akzeptiert hätte. Im Grunde war es gut, so wie es war. Nur eine Sache bedauerte der König zutiefst. Eine Tatsache, die sich jedoch nicht mehr ändern ließ. Dafür fehlte die eine Person, der sie all das zu verdanken hatten…   Arthur seufzte und stieß sich von der Mauer ab. Eine Besprechung mit seinen Rittern stand bevor, wodurch Arthur an diesem Tag nur wenig Zeit für sich hatte. Allerdings wollte er heute noch ein wenig trainieren. Deshalb hatte er seine Rüstung an und sein Schwert dabei. Doch er nahm sich ebenfalls fest vor, jemand besonderen später noch einen Besuch abzustatten. Als Arthur durch die Tür schritt, erwartete ihn bereits Gwen. Sie wollte ebenfalls bei der Besprechung dabei sein. Arthur gab ihr einen Kuss auf die Lippen, welchen sie gerne erwiderte. Als sie sich lösten nahm Arthur Gwen an die Hand und zog sie mit sich. Gemeinsam schritt das Königspaar durch die Gänge ihres Schlosses. Sie ließen sich Zeit. Gwen freute sich immer über die gemeinsame Zeit mit ihrem Mann. War sie durch ihre beiden Pflichten manchmal mehr als kurz bemessen. Vor allem, nachdem er einige Zeit in solch einem tiefen Loch war. Der Tod von Merlin hatte sie beide stark getroffen, doch ihn ganz besonders. Vorsichtig schielte sie zu Arthur, um ihn zu betrachtete. Der König von Camelot hatte sich äußerlich nicht verändert. Er war noch immer ein stattlicher, junger Mann mit strahlend blonden Haaren, blauen Augen und mit den besten Schwertkünsten im ganzen Reich. Innerlich und auch einiger seiner Einstellungen hatte sich jedoch grundlegend verändert. Über manche dieser Änderungen war ganz Camelot hoch erfreut. Waren die magischen Künste, welche Einzug halten konnte, für viele eine Erleichterung. Der Verlust von Merlin hatte allerdings ebenso seine Spuren bei dem jungen König hinterlassen. Arthur war öfters ziemlich nachdenklich, manchmal ging sein Blick in weite Ferne und er nahm seine Umgebung kaum noch wahr. Das war auch Arthur mehr als bewusst. Doch er konnte es nicht ändern. Arthur war ein guter König, ein noch besserer als vor einem Jahr oder zu Beginn seiner Herrschaft. Er kümmerte sich um sein Volk und sein Reich. Er hieß die Zauberei willkommen und die Menschen liebten ihn. Aber Arthur selbst war nicht glücklich. Jedenfalls nicht richtig. Vielleicht würde er das auch nie wieder werden. Der König hatte die Schlacht mit Morgana damals zwar gewonnen und Camelot wurde gerettet... und doch war es für Arthur selbst eine Niederlage. Damals hatte Arthur verloren. Vor fast einem Jahr. Arthur kam es so vor, als wäre es gestern gewesen. Als hätte er erst gestern Merlins gewaltige Macht gesehen. Gesehen, wie ein einzelner Mann den Ausgang einer gesamten Schlacht verändern konnte. Es kam Arthur so vor, als wäre es erst gestern gewesen… als er Merlin dem See übergeben hatte. Arthur schluckte. Seine Gedanken schweiften ab. Gaius hatte ihnen im Laufe der Zeit alles von Merlin erzählt, was er wusste. Es war eine Menge, doch wie der Hofarzt ihnen versicherte, sicher noch nicht mal alles. Arthur, Gwen und auch ihre vier Freunde wussten nun mit Sicherheit, was sie Merlin zu verdanken hatten. Und so wurde noch etwas anderes deutlich. Magie war nicht böse. Wenn jemand wie Merlin sie einsetzen konnte, dann konnte die Magie selbst nicht Schlecht sein. Der Schwarzhaarige hatte ihn so viel gelehrt und war immer für ihn da. Deshalb hatte der König die Gesetze, was die Anwendung von Magie betraf, auch in Merlins Sinne geändert. Es war noch immer verboten, Magie für dunkle Zwecke zu benutzen. Dafür war die höchste Strafe der Tod. Aber Magie war im Reich wieder erlaubt. Arthur hatte hart für dieses Gesetz gekämpft und sich auch nicht von seinem Entschluss abbringen lassen. Er sah es als seine Pflicht an. Sein Gefühl und seine Ehre sagten ihm, dass er es Merlin schuldig war. Doch nicht nur das. Wenn Arthur ehrlich war, dann musste er zugeben, dass er viel an den jungen Zauberer dachte. Er fragte sich oft, was Merlin gesagt hätte. Wie hätte er gehandelt? Wie wäre seine Meinung? Selbst im Tod erschien es Arthur, als würde Merlin ihm zur Seite stehen. Arthur musste sich jedoch eingestehen, dass ihm die helfende Hand und die Ratschläge seitens Merlin unglaublich fehlten. Er schien zwar keine falschen Entscheidungen zu treffen, doch die Absprachen oder der Rat, welchen Arthur sich oft bei seinem besten Freund geholt hatte, würden sein Leben noch viel einfacher machen. Doch das war leider vorbei. Es blieb dem König von Camelot nichts anderes übrig, seine Entscheidungen alleine zu treffen. Mit Gwen an seiner Seite natürlich oder der Unterstützung seiner Freunde. Arthur wünschte sich nur… er hätte es früher erkannt. Dann wäre Merlin vielleicht noch da. Und sie würden einander helfen. Nun musste er versuchen, sein Leben zu leben und sein Reich zu führen, wie es für ihn am besten schien. Gwen drückte leicht seine Hand und holte ihn aus seinen Gedanken. Er sah sie verwirrt an, worauf sie nur ein leichtes Lächeln zeigte. Sie wusste natürlich, woran, oder besser an wen er dachte. Deshalb sagte sie nichts. Sie wusste auch so, dass Worte ihrem Mann nicht helfen würden. Das würde nur die Zeit. Jedenfalls hoffte sie das. Arthur begann ebenfalls zu lächeln und erwiderte den sanften Druck an seiner Hand. Er hatte lange nicht mehr Lächeln können. Es war auch noch nicht wirklich glücklich, doch es war ein Anfang. Voller Liebe betrachtete er seine Gemahlin. Mit solch einer wunderbaren Frau und solch treuen Freunden wusste Arthur, dass Camelot aufblühen und strahlen würde. So wie Merlin es wollte und wofür er gekämpft hatte.   Das das Schicksal andere Pläne mit Arthur hatte, ahnte der König noch nicht.           ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~         Die Türen wurden mit großer Wucht aufgestoßen und Sir Leon kam völlig außer Atem in den Thronsaal gestürmt. Die Besprechung, welche Arthur gerade mit seinen Ritter führte, stoppte augenblicklich. Alle Blicke waren auf den Obersten Ritter gerichtet. „Sir Leon? Was ist geschehen?“ Arthur hatte verwirrt die Stirn gerunzelt. Die Zeiten und Umgebung waren friedlich. Jedenfalls friedlicher als die Jahre zuvor. Es herrschte Frieden mit den anderen Ländern und Königreichen. Die Magie war erlaubt und ließ Camelot wieder aufblühen, wie noch nie. Selbst die jetzige Besprechung handelte lediglich von den jeweiligen Patrouillen und ob es irgendwelche besonderen Vorkommnisse gab. Arthur hatte keine Probleme oder Ähnliches erwartet. Vor einigen Monaten waren noch verstreute Truppen von Sachsen verhaftet worden. Nichts ließ darauf schließen, dass es irgendeine Bedrohung gab. Der Gesichtsausdruck von Sir Leon schien allerdings genau das zu prophezeien. Arthur konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was gerade Leon so aus der Fassung brachte. „Auf dem - Schlosshof - da - da ist ein - !“ Sogar der sonst so besonnene Ritter schien völlig neben sich zu stehen. Arthur erhob sich. Seine Frau legte ihm sorgenvoll eine Hand auf den Arm. Leon holte tief Luft und sagte das, was Arthur völlig aus der Bahn war. Die restlichen Anwesenden zogen scharf die Luft ein. „Ein Drache!“       Arthur rannte so schnell es ging zum Schlossplatz. Nie in seinem Leben war er jemals schneller gelaufen, da war sich der König sicher. Wie zuvor auch schon Leon stieß Arthur die Türen zum Schlosshof auf und betrachtete die seltsame Szenerie vor seinen Augen. Sein Atem ging keuchend. Auf dem Platz tummelten sich Ritter. Sie hatten ihre Schwerter nicht gezogen, doch sie waren angespannt. Anscheinend wussten sie nicht, wie sie mit dieser Situation umgehen sollten. Sie warteten auf ihren König, damit er ihnen Befehle geben konnte. Mägde, Diener und andere Schaulustige schienen sich bereits in Sicherheit gebracht zu haben, obwohl Arthur keine Gefahr ausmachen konnte. Und inmitten der Traube Ritter entdeckte Arthur einen Drachen. Einen weißen Drachen. Er war wunderschön. So groß wie ein Pferd und dabei saß er auf dem Boden und hatte die Flügel eingeklappt. Ansonsten wäre der Drache wahrscheinlich so groß wie mehrere Pferde nebeneinander. Zwei gerade Hörner wuchsen an seinem Hinterkopf hervor und zwei weitere Kleine schienen sich bereits darunter zu bilden. Starke Vorder- und Hinterbeine mit langen Krallen konnte Arthur erkennen. Ein langer, prachtvoller Schweif legte sich um die Beine des Wesens. Der gesamte Körper war von strahlend weißen Schuppen bedeckt. Blaue Augen besahen sich voller Ruhe die Umgebung. Die Ritter hatten ihre Hände bereits auf ihre Schwerter gelegt und warteten auf einen Angriff seitens des Drachen. Doch dieser saß vollkommen ruhig mitten auf dem Platz. Die Augen fixierten den herannahenden König von Camelot. Mit schnellen Schritten überbrückte Arthur die letzten Meter, welche ihn noch von dem Drachen trennte. Die Ritter schienen unruhig zu werden. Mit einer Handbewegung teilte er ihnen mit, dass sie sich zurückziehen konnten. Nur widerwillig gingen sie einige Schritte zurück. Arthur wusste selbst nicht wieso, aber sein Gefühl sagte ihm, dass seine Ritter und auch er nichts zu befürchten hatten. Langsam näherte er sich immer weiter dem Drachen. Kurz vor dem Wesen blieb der Blonde stehen. Seine Augen und die des Drachen bohrten sich ineinander. Und wenn er es nicht besser wüsste, dann hätte Arthur schwören können, dass sich ein leichtes Lächeln auf die Züge des Drachen legte und selbst seine Augen strahlten. Plötzlich bewegte sich der Drache. Er stand auf und die Männer zuckten zurück, einige zogen bereits ihre Schwerter, doch Arthur hielt sie zurück. Wenn dieser Drache ihnen etwas hätte antun wollen, dann hätte er es bereits getan. Und mit dieser Entscheidung hatte Arthur Recht, denn das magische Wesen tat nichts anderes, als seine Vorderbeine einzuknicken und sich vor dem König zu verneigen. Seine Schnauze berührte beinahe den Boden. „Ich grüße Euch, Arthur Pendragon“, schall die klare Stimme des Wesens über den Platz und ließ Arthur erstarren. Die Stimme war weiblich. Es war eine Drachin. Eine weiße Drachin. Ein Schauer erfasste Arthur, als er verstand. Es war… „Aithusa…“ flüsterte Arthur leise. Diese Erkenntnis war völlig überwältigen. Dieser Drache hatte nichts mehr mit der Kreatur gemeinsam, welche einst Morgana gedient hatte. Keine Verkrüppelungen waren mehr zu sehen, die Schuppen nicht ergraut. Es war kaum vorstellbar, dass es sich wirklich um ein und dasselbe Wesen handeln sollte. Die Angesprochene hob ihren Kopf und betrachtete den König von Camelot mit einem leichten Lächeln. Ein Funkeln war in ihren Augen zu sehen. Also hatte sich Arthur zuvor doch nicht getäuscht. „Es freut und ehrt mich gleichermaßen, dass Ihr meinen Namen in Erinnerung behalten habt, Mylord. Auch wenn meine Taten es sicherlich ebenfalls sind, wie ich zu meinem Bedauern vermute.“ Leichte Trauer schwang in ihrer Stimme mit. Ihr Blick senkte sich demütig, bevor sie sich wieder an Arthur wandte. „Wäre es möglich, dass ich Euch sprechen kann? Unter vier Augen?“ Arthur war von dieser Bitte überrascht. Damit hatte er nicht gerechnet. Aber er verstand. Sie würden Dinge besprechen, die sie beide aufwühlen würden, da war sich der König sicher. Und dabei brauchten sie keine Zuschauer. „Der obere Balkon“, sagte Arthur und zeigte auf den Balkon nahe dem Thronsaal. „Wartet dort auf mich. Ich werde zu Euch kommen.“ Aithusa nickte, breitete ihre weiten Schwingen aus, machte sich bereit zum Sprung und flog mit leichten Flügelschlägen zu dem Platz, den ihr Arthur zeigte. Kurz sah der König dem Drachen nach, holte tief Luft, bevor er seine Schultern strafte und sich ebenfalls auf den Weg machte. Es würde schwierig werden, sich allem noch einmal zu stellen, doch er musste es tun. Das spürte er. „Mylord!“, hielt Sir Leon ihn zurück. Arthur blieb stehen, vermied es aber, sich zu dem Ritter umzudrehen. „Was gibt es, Sir Leon?“ „Wollt Ihr Euch dem Drachen wirklich alleine stellen?“, fragte er besorgt. Er hatte schon einmal gegen einen Drachen gekämpft und wusste, wie mächtig diese Wesen waren. Auch wenn dieser Drache bei weitem nicht ausgewachsen zu sein schien. Eine Stimme sagte ihm, dass von dem Drachen… Aithusa, wie Arthur ihn genannt hatte, keine Gefahr ausging. Doch er war ein Ritter. Seine Aufgabe war es, den König zu schützen.   Ein kurzer Schauer rann Arthur über den Rücken. „Ich werde nicht gegen den Drachen kämpfen“, sagte er bestimmt. Er glaubte nicht eine Sekunde, dass es auf einen Kampf hinauslaufen würde. Jedenfalls kein körperlicher Kampf. „Dafür ist er… ist sie nicht hier. Sie will reden. Also reden wir.“ Arthur verschwendete keine Sekunde mehr und ließ seine Ritter einfach so stehen und begab sich auf den Weg, sich den Fragen und Worten des magischen Wesens zu stellen.       „Nun? Was führt Euch hierher?“, wollte Arthur mit belegter Stimme wissen, obwohl er die Antwort darauf bereits tief in sich kannte. Arthur versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, doch in Wahrheit wühlte ihn das Erscheinen des weißen Drachen mehr auf, als er je gedacht hätte. Vielleicht, weil er in der Annahme war, dass es noch Jahre dauern würde, bis dieses Ereignis eintreffen würde und es deswegen so weit wie möglich von sich geschoben hatte. Ein Teil von ihm hatte auf dieses Treffen gehofft. Ein anderer Teil… wollte es einfach verdrängen.   „Aithusa wird das letzte Überbleibsel sein, welches Merlin in dieser Welt ließ. Für Euch. Für Camelot. Und für Albion.“   Unwillkürlich drängten sich die Worte des großen Drachen in sein Bewusstsein. Was Kilgharrah damals erklärt hatte. Merlin ließ die weiße Drachin Aithusa sterben, nur um ihr zur Wiedergeburt zu helfen und ihr Band, welches sie an Morgana kettete, zu zerstören. Damit sie frei war. Und damit sie sich an jemand Neues binden konnte. Jemanden, der ihre Treue verdiente und es wert war, dass sich ein Drache an ihn band. An Arthur. Und an Camelot.   Gequält schloss Arthur die Augen. Es schmerzte den König, an seinen besten Freund zu denken. Derjenige, welcher so viel für ihn tat. Und dem er nie auch nur eine Gegenleistung entgegenbringen konnte. Der noch nie eine verlangt hatte. Selbst in diesem Kampf, welcher seinen Tod bedeuten würde, hatte Merlin noch etwas für andere getan. Merlin hatte erwartet, dass er sterben würde. Er wusste, dass er die Schlacht vermutlich nicht überleben würde. Und so kam es dann letztendlich auch. Und doch hatte er sowohl für die Aithusa und auch für Arthur und sein Königreich nur das Beste im Sinn gehabt und ihnen Möglichkeiten eröffnet, die unglaublich schienen. Arthur ballte die Fäuste. Sein Kiefer mahlte. Es war so verdammt unfair! Dieser schwarzhaarige Trottel sollte nun in Camelot sein und sich selber ansehen, was durch ihn alles erreicht wurde. Das Königreich blühte auf, wurde schöner und strahlender als selbst Arthur es sich je hätte erträumen können. Doch derjenige, welcher dafür gekämpft hatte… welcher all seine Macht zur Erschaffung dieser goldenen Zeit eingesetzt hatte… war fort. Die Wunden, welche der Tod Merlins in sein Herz geschlagen hatten und noch lange nicht verheilt waren, rissen wieder auf und ließen es bluten. Es war nicht fair!   Verständnisvoll blickten die blauen Augen der Drachendame zu dem König hinüber, welcher seine Augen zusammenkniff und seine Fäuste ballte. Sie konnte sich genau vorstellen, was in dem sonst so starken und stolzen König vor sich ging. Und sie bedauerte es zutiefst. „Ihr vermisst ihn, hab ich Recht?“, fragte Aithusa. Natürlich kannte sie die Antwort bereits. So wie der König aussah, vermisste er Merlin nicht nur. Es schien, als wäre auch ein Teil des Königs von Camelot gestorben. Als würde ein Teil von Arthur Pendragon fehlen. Die zweite Seite der Medaille…   „Ob ich diesen Idioten vermisse? Hahaha!“ Ein lautes Lachen drang aus der Kehle des Königs, eine Hand wanderte in seine Haare, die Augen vor Lachen zusammengepresst. Empört richtete sich Aithusa auf. Sie konnte die Reaktion ihres Gegenübers nicht begreifen. Ein Fauchen steckte ihr bereits in der Kehle, doch urplötzlich änderte sich die Situation. Denn die Drachendame betrachtete den König nun ganz genau - und ein eiskalter Schauer des Schreckens rann ihren Rücken herunter. Das lachende Gesicht von Arthur hatte sich gewandelt. Es war kein richtiges Lachen mehr, war es nie gewesen. Sondern eines, welches seiner Verzweiflung und seiner Trauer Ausdruck verlieh. Sein ganzes Gesicht verzog sich zu einer leidenden Grimasse. Die Augen waren fest zusammengekniffen und doch konnte Aithusa Tränen in ihnen schimmern sehen, als Arthur seine Augen wieder öffnete und zu Boden blickte. Die Hand in seinem Haar verkrampfte sich. Alles an Arthur schien seine Trauer um diesen Verlust geradezu herausschreien zu wollen. „Wie könnte… ich ihn nicht vermissen…?“, flüsterte Arthur leise, seine Stimme war leise und klang gebrochen. „Er hat so viel für mich getan… er hat uns alle gerettet. Camelot, das Volk,… mich…“ Verzweifelt presste Arthur seine Augen wieder zusammen, eine Träne rann über seine Wange. Bilder schossen vor seinem geistigen Auge vorbei. Bilder von ihren gemeinsamen Abenteuern, bei denen Merlin sich mehr als einmal in Gefahr brachte, wie sie in seinen Gemächern waren und herumalberten, wie Arthur mit ihm über Dinge sprechen konnte und mit sonst niemandem. Bilder von der letzten Schlacht. Merlin, der gegen den Roch kämpfte. Merlin, der den Drachen rief. Merlin, der die feindlichen Soldaten und Morgana tötete. Merlin,… der den für Arthur bestimmten tödlichen Schwertstoß mit einem Zauber abfing und ihn sich selbst auflastete … und mit seinem Leben dafür bezahlte. „Ich vermisse ihn so sehr… ich kann kaum Worte dafür finden. Nur die Göttin alleine weiß… welche Lücke… Merlin… in meinem Leben hinterlassen hat…“   Ein Jahr! Ein verdammtes Jahr war es nun schon her, dass Merlin gestorben war und doch wurde es nicht die Spur leichter für Arthur. Es gab Zeiten, da konnte er diesen Schmerz unterdrücken, sich seinem Volk und dem Rat als guter König präsentieren, doch die meiste Zeit schmerzte sein Herz und seine Seele und schienen bitterlich zu weinen. Besonders jetzt, wo der erste Jahrestag von Merlins Tod nahte. Und das schmerzte mehr, als Arthur beschreiben konnte. Er vermisste Merlin. Ihre Kabbeleien, ihre Streitereien, ihre Gespräche, einfach alles, was sie zu so besonderen Freunden gemacht hatte. Sie waren nicht König und Diener. Sie waren zwei Freunde. Merlin war sein bester Freund. Gott, und egal wo Arthur hinkam, irgendetwas verband er immer mit Merlin. Er war sein ständiger Begleiter, egal wo und wann. Und überall hatte Merlin seine Spuren hinterlassen und überall sah Arthur ihn. Der Schwarzhaarige war stets präsent in seinem Leben, wieso sollte sich das im Tod ändern? Wie könnte sich diese Lücke jemals schließen? Arthur wusste es nicht und er würde von niemandem eine Antwort darauf erhalten können.   Weitere Tränen rannen aus seinen Augen, welche er nicht stoppen konnte, obwohl er sich mit seiner Hand darüber fuhr. Sein von Tränen verschleierter Blick fiel auf seine Gegenüber. Ein leises Schluchzen verließ seine Kehle, welches er rasch unterdrücken wollte. Der König schämte sich für seinen Ausbruch. Arthur blickte direkt in die Augen von Aithusa. Diese blauen Augen, welche denen von Merlin so ähnlich waren, wie er gerade feststellte, und ihn voller Ruhe und Verständnis anblickten. Vielleicht waren diese ihm so ähnlichen Augen der Grund dafür, dass Arthur offen über seine Gefühle reden und sogar Tränen vergießen konnte. Vielleicht vertraute er ihr deswegen so sehr, dass er alleine mit ihr sprechen konnte. War ihm das doch sonst nur in der Gegenwart von seiner Frau oder seinem besten Freund möglich. Umso qualvoller jedoch war dieser Gedanke. Dieser Drache lebte und sollte ihm dienen, wie der große Drache es ausgedrückt hatte. Ihm dienen, zur Seite stehen und mit diesen blauen Augen ansehen. Anstelle von Merlin… Der weiße Drache lebte… und Merlin… musste sterben…   „Glaubt Ihr an Wunder, Arthur Pendragon?“   Unerwartet kam diese Frage und ebenso verwirrt schauten die vor Tränen schimmernden Augen des Königs zu der Drachendame, die ihn mitleidig ansah. Und doch konnte er ein Funkeln in den blauen Augen ausmachen, dass er sich nicht erklären konnte. Ein freudiges und auch irgendwie erwartungsvolles Funkeln…   „Wie meint Ihr das?“, wollte Arthur wissen. Aithusa lächelte leicht. „Alles auf dieser Welt hat seinen Grund und auch seinen Platz. Man kann nichts trennen, was zusammen gehört. Wenn Ihr also an Wunder und Freundschaft glaubt, dann reitet zum See von Avalon. Und wer weiß? Vielleicht werdet Ihr dort Eure Chance bekommen. Die Chance, alles wieder gut zu machen und der König zu werden, den Merlin immer in Euch sah.“ Langsam tapste die Drachendame zum Rand der Mauer. Sie hatte alles gesagt, was sie sagen wollte und musste. Nun lag es in der Hand des Königs. Arthur war wie erstarrt, er wusste nicht, was er von den Worten dieses magischen Wesens halten sollte. „Was meint Ihr damit?“, fragte er verwirrt, doch die Drachin schüttelte nur ihren Kopf, als sie zurücksah. „Versucht es, Arthur Pendragon. Ihr alleine habt das Recht auf die zweite Seite Eurer Medaille.“ Nun war Arthur nur noch verwirrter. Es war fast wie damals, als er die letzten Worte mit dem großen Drachen wechselte. Sprachen alle Drachen so sehr in Rätseln? „Der See von Avalon. Dort werde ich Euch erwarten.“ Arthur erschauderte, bevor er erstarrte. Diese Worte! Es waren dieselben Worte, welche der große Drache damals benutzte, bevor er den verletzten Merlin mitnahm. Drachen! Der See von Avalon! Merlin! „Merlin…“, hauchte der König und doch hörte die Drachendame dieses Wort. Leicht lächelte sie. Freudig und doch geheimnisvoll. „Findet Euren Weg, Arthur Pendragon. Und mögen sich unsere Wege nochmals kreuzen. Ich wünsche Euch alles Glück dieser Welt, sodass Ihr das erlangt, was Ihr verdient!“ Mit diesen Worten knickte Aithusa mit ihren Vorderbeinen ein, nur um sich Sekunden später mit kräftigen Flügelschlägen hoch in die Luft zu befördern. Immer höher und höher stieg die Drachendame. „Wartet!“, rief Arthur ihr noch hinterher, doch ihre Antwort war nur ein Satz. „Ich werde dort auf Euch warten!“ Aithusa verschwand und ließ einen verwirrten und doch hoffnungsvollen König Arthur zurück.   Kapitel 29: Zwei Seiten einer Medaille --------------------------------------     Kapitel 29 - Zwei Seiten einer Medaille       Bärenbrüder - Transformation https://www.youtube.com/watch?v=tv30esjRHiI     17 Knights of the Round Table https://www.youtube.com/watch?v=b2PcvHmAy38         „Jetzt noch einmal langsam“, verlangte Gwaine und starrte seinen König an, als wäre ihm gerade ein zweiter Kopf gewachsen. Arthur hatte nach dem Aufbruch von Aithusa Gwen und seine Freunde in seine Gemächer getroffen, um ihnen von dem Gespräch zu erzählen. Er verbrachte ein paar Minuten länger auf dem Dach, um sich zu beruhigen, die Tränen trocknen zu lassen und wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Als es ihm größtenteils gelungen war, machte er sich auf den Weg in seine Gemächer, wo ihn bereits seine Frau und seine Freunde erwartet haben. Sie schienen sich keine Sorgen gemacht zu haben Doch trotzdem waren sie mehr als gespannt, was ihr König zu berichten hatte. Arthur rieb sich beinahe genervt die Stirn. „Gwaine, ich kann dir nicht mehr sagen, als ich es gerade getan habe.“ Die erwartungsvollen Augen des Ritters durchbohrten ihn beinahe. Arthur seufzte. „Aithusa sagte, dass ich mich auf den Weg nach Avalon machen soll. Sie würde dort auf uns warten. Ich schätze mal, es würde sie und auch sonst niemanden stören, wenn ihr mitkommt.“ Diese Worte besagten, dass Arthur nicht alleine reiten wollte. Wenn es sein musste, würde er es tun, aber der Gedanke, alleine diese emotionsvolle Reise zu unternehmen, ließ ihn erschaudern. Auch, wenn er es niemals zugeben würde. Arthur wollte nicht alleine losziehen. Er brauchte seine Frau und seine Freunde bei dieser Reise an seiner Seite. „Sie sagte, es wäre vielleicht eine Chance. Meine Chance. Sie sprach… sie sprach von den zwei Seiten einer Medaille.“ Arthurs Stimme versagte. Ein Schaudern ging durch sie alle. „Merlin…?“, fragte Gwen leise, ihre Stimme ein Hauch. Ihre Hände hatte sie vor der Brust verschränkt. Ihre Augen schimmerten. Jeder von ihnen wusste natürlich, dass Kilgharrah Arthur und Merlin als solche beschrieben hatte. Ebenso Gaius, der dazu allerdings keine genauere Erklärung abgegeben hatte. Sie waren zwei Seiten derselben Medaille. Keiner von ihnen kannte die wahre Bedeutung dieser Worte, doch sie alle wussten, dass es nur etwas mit ihrem verstorbenen Freund zu tun haben konnte. Arthur nickte, sein Hals war rau. „Allerdings weiß ich nicht, was uns erwarten wird. Er…“ Der König stoppte, sammelte sich kurz, bevor er mit belegter Stimme fortfuhr. „Es wäre nicht möglich.“   Eine kleine Hoffnung war in ihnen erschienen, aber sofort wieder verbannt worden. Keiner konnte glauben, dass Merlin tatsächlich zurückkehren könnte. Das war unmöglich. Aber… ein letztes Wiedersehen… jeder von ihnen hoffte es und wünschte es sich von ganzem Herzen. Ein letztes Wiedersehen sollte ihnen und vor allem Merlin vergönnt sein. Sie wollten ihm danken. Für alles, was er für sie getan hatte und was sie nie erfahren würden. Sie wollten es Merlin sagen. Er war ihr Freund. Und nichts würde an dieser Tatsache etwas ändern können. Weder, dass er ein Zauberer ist, noch dass er so große Geheimnisse vor ihnen hatte. Merlin war ihr Freund. Im Leben und auch im Tode.   Gwaine stemmte die Arme in die Hüfte. „Worauf warten wir dann noch? Auf geht’s!“ Der sonst so lebensfrohe Ritter war in dem letzten Jahr mehr und mehr in sich gekehrt. Sein Erscheinungsbild war ihm immer unwichtiger geworden. Es schien, als gebe sich Gwaine die Schuld an den Geschehnissen und den Tod seines besten Freundes. Nun schien all das unwichtig. Die Stimme von Gwaine hatte eine Festigkeit angenommen, die seit einem Jahr nicht mehr zu hören war. Seine Augen glänzten. Sie alle hatten den einen oder anderen Punkt, in welchem sie sich schuldig fühlten. Nun diese Aussicht zu haben… diese leisen Stimmen im Kopf, Merlin noch einmal sehen zu können… All das schien die Trauer und den Schmerz fortzuspülen. Dem Leben selbst wieder Platz zu machen.   Arthur schloss die Augen, atmete ein paar Mal ein und aus, sammelte sich. Er musste nun einen klaren Kopf behalten und Befehle erteilen. Sie mussten sich zum Aufbruch bereit machen. Denn der König wusste nicht, wie lange Aithusa am See warten würde. Oder ob ihn selbst gar der Mut verlassen würde…   „Leon, gib Befehle an die Ritter. Sie sollen in den geplanten Gruppen patrouillieren und eine neue Einteilung der Wachen vornehmen.“ Der ranghöchste Ritter nickte und stellte sich bereits an die Tür. Allerdings trat er noch nicht hinaus, um noch weitere Befehle seines Königs abzuwarten. „Gwaine, gib George Bescheid. Er soll Gwens und meine Gemächer heute aufräumen. Danach kann er sich bis zu unserer Rückkehr frei nehmen.“ Gwaine machte große Augen, ebenso wie Gwen und der Rest. Es kam mehr als selten vor, dass Arthur jemanden freie Tage einräumte. Doch Arthur beachtete die Blicke nicht. Im Moment war er wieder vollends König und gab Anweisungen. „Elyan, du besorgst Proviant. Und Percival, lass die Pferde satteln. Wir sollten uns so schnell es geht auf den Weg machen.“ Die Angesprochenen nickten. Gwaine allerdings zog die Stirn kraus. „Und was machst du, während wir die ganze Arbeit machen?“ Das war wieder der alte, vorlaute Gwaine. Arthur atmete tief durch. Er wandte sich bereits ab und schritt zur Tür.  „Ich habe noch etwas zu erledigen.“ Sofort wusste der Ritter, was sein König meinte und niemand fragte mehr nach. Jeder ging den Befehlen des Königs nach und auch Arthur selbst konnte sich um etwas kümmern. Das Wichtigste von allen. Alle Anwesenden wussten natürlich, was Arthur vorhatte. Wenn er Rat brauchte oder sich aufmachte, andere Reiche zu besuchen, dann gab es einen Ort, wo er hinging. Einen Ort, wo er innere Ruhe nach einem langen, nervenaufreibenden Tag finden konnte. Und diesen Ort wollte Arthur nun aufsuchen. Er musste es tun.       Kurze Zeit später stand Arthur vor Merlins Grab. Es war eine symbolische Geste. Ebenso wie die Beerdigung. Es gab keinen Körper, den man vergraben konnte. Zuerst hatte Arthur Bedenken gehabt. Merlins letzte Ruhestätte sollte in seinem Heimatdorf Ealdor nahe seiner Mutter liegen. Arthur erinnerte sich mit Schaudern daran, wie Hunith ihm das letzte Mal gegenüber stand. Ein von Tränen aufgeweichtes Gesicht. Zusammen gepresste Lippen. Das Haar stumpf und beinahe grau. Und doch lächelte sie. Hunith lächelte Arthur so liebevoll an, wie es nur eine Mutter konnte. „Ihr braucht ihn. Egal, ob er bei Euch ist oder bereits fort. Und ich will ihn nicht von Euch reißen.“ Es klang so falsch. Und doch hatte Arthur nicht den Willen, Merlin an einem anderen Ort als in Camelot zu beerdigen. So weit weg, wie er von seinen Freunden und Arthur war, so wollte der König wenigstens dieses Symbol bei sich haben. Das Grab von Merlin war auf dem Friedhof angelegt worden, auf denen die tapferen Ritter begraben waren, die im Kampf ihr Leben gelassen hatten. Und doch ein ganzes Stück von den anderen Gräbern entfernt. Es war Arthurs Wunsch. Merlin sollte die Ehre zuteilwerden, an diesem Ort ein Andenken an ihn zu errichten und ihm dennoch so hervor zu heben, dass jeder erkennen konnte, was für ein großartiger Mensch Merlin war. Und Arthur hatte hier seine Ruhe, wenn er einmal mit Merlin sprechen wollte und ihn seine Gefühle dabei übermannten. Gwen schien vor kurzem am Grab gewesen zu sein. Es lagen frische Blumen vor dem Stein. Arthur brachte nie Blumen ans Grab. Dafür sprach er mit dem Andenken an seinen besten Freund offener, als mit seinen Freunden oder teils mit seiner Frau. Denn an diesem Ort fand er Ruhe und inneren Frieden. Und Arthur hatte Zeit, über die momentane Situation nach zu denken.   Der Weg hierher führte unweigerlich durch die Stadt und Arthur sah, wie glücklich die Bewohner waren und wie freundlich sie ihn grüßten. Sowohl Bewohner als auch die wenigen Zauberer, die zu dieser Zeit in Camelot verweilten. Keine Verachtung, kein Hass gegenüber ihm oder dem Königshaus. Nicht so wie früher, als sein Vater noch herrschte. Die Menschen hassten Uther nicht, doch sie hegten eine gewisse Antisympathie gegen den alten König. Doch das war vergangen. Arthur war selbst erstaunt, wie ruhig und friedlich sein Reich geworden war. Und dieser Frieden verdankten sie alle nur einem Mann.   Arthur lächelte schwach. Seine Augen ruhten auf dem weißen Stein. „Es ist unglaublich. Ich kann es manchmal kaum fassen, wie friedlich alles ist und wie glücklich sich alles gefügt hat. Wie friedlich die Zeiten sind. Doch zu welchem Preis?“ Arthur holte Luft. Es war schwer, über all das nachzudenken und die Schuld zu verspüren, dennoch spürte er die Ruhe, die dieser Ort in ihm auslöste. Beinahe war dem König so, als könnte er Merlins Grinsen vor seinem geistigen Auge sehen. Dieses vorlaute und dennoch wissende Grinsen. „Aber du kannst es dir natürlich vorstellen, du hast es ja schon immer gesehen und gewusst. Nicht wahr?“, lachte er schwermütig. Arthur erinnerte sich, wie oft Merlin von einer goldenen Zukunft gesprochen hatte. Wie er sich immer eine friedliche Zeit erträumt hatte. Und allmählich fing Arthur an zu glauben, dass Merlin diese Entwicklung wirklich vorhergesehen hatte. Er wusste nicht zu was Merlin alles fähig war. Arthur wusste, dass sein bester Freund ein Zauberer war, doch über welche Kräfte er verfügte, dass wusste niemand. Nicht einmal Gaius konnte es ihm sagen. „Es gibt so vieles, für das ich mich bei dir entschuldigen müsste, mein Freund. Es tut mir Leid“, flüsterte er und wischte sich über die Augen. Arthur wollte nicht, dass jemand seine Tränen sah. Normalerweise war es ihm egal, wenn er am Grab alleine war, aber jeden Moment konnte einer seiner Freunde auftauchen und ihn abholen. Das einer von ihnen noch einmal seine Tränen sah, dafür war Arthur zu stolz. Und doch musste er noch etwas loswerden. „Wäre es möglich? Kann Magie wirklich solche Wunder vollbringen? Sollte es wirklich möglich sein… dass ich noch einmal mit dir reden kann? Ein einziges Mal würde mir genügen. Ich will dir noch so vieles sagen. All die Dinge, für die ich sonst zu stolz war.“ Natürlich bekam Arthur keine Antwort. Der warme Wind, der ihm durch das Gesicht fuhr und ihn noch weiter beruhigte und endlich wieder etwas innere Wärme entfachte, waren Antwort genug. Er würde es versuchen. Egal, wie die Reise zum See von Avalon ausgehen würde. Das war er seinem Freund schuldig.   Wenige Augenblicke später wurde er auch schon von Sir Leon gerufen. „Wir wären soweit, Sir.“ Arthur nickte. Er wusste, dass sein oberster Ritter die Geste gesehen hatte und sie verstand, denn seine Schritte entfernten sich wieder. Langsam legte Arthur eine Hand auf den feinen Marmor. Das rote Tuch, welches um sein Handgelenk gebunden war, blitzte hervor. Eines von zwei Gegenständen, welche Merlin ihm hinterlassen hatte. Wie von selbst wanderte seine linke Hand zu dem Beutel an seinem Gürtel und tastete vorsichtig nach der kleinen Figur eines Drachen. Zwei Gegenstände, die Arthur stets bei sich trug. Zwei der vielen Dinge, die Merlin ihm und ihnen allen hinter lassen hatte. Umso größer war der Wunsch in Arthur, dass er seinem Freund endlich etwas zurückgeben könnte.       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~     Mit einem mulmigen Gefühl machte sich Arthur mit seiner Frau und seinen Rittern auf den Weg zum See von Avalon. Eine gewisse Hoffnung regte sich in ihm. Er verstand nicht viel von Magie, eigentlich so gut wie gar nichts. Und der, der ihm alles hätte erklären können, alles hätte erklären sollen, war… Arthur seufzte. Er wusste nicht, was er erwartete. Magie war für ihn noch immer so undurchschaubar, doch die Worte von Aithusa hatten eine Hoffnung in ihm geweckt. Die Hoffnung, dass es vielleicht möglich sein konnte, noch einmal mit Merlin zu sprechen. Ein letztes Mal.   Es war bereits die Nacht hereingebrochen, als sie ihr Ziel erreichten. Einige hundert Meter vom See entfernt schlugen sie ein Lager auf. Alle blieben dort, nur Arthur war ruhelos und ging zum See. Er wollte nicht bis zum nächsten Tag warten. Auch die Einwände seiner Ritter ließen Arthur nicht zögern. Er gab noch einige Anweisungen und seiner Frau einen Kuss, welche ihn mit glitzernden Augen anlächelte. Sie sagte kein Wort und doch verstand Arthur.   Langsam, Schritt für Schritt trat Arthur durch den Wald. Er ließ sich Zeit. Ließ die Ruhe auf sich wirken. Er fühlte sich beinahe so, als wenn er vor Merlins Grab stehen würde. Als würde sein Freund in diesem Wald sein, plötzlich die ganze Welt mit seiner Präsenz erfüllen. Immer heller wurde das Licht, welches durch die Bäume drang, bis er den Rand des Waldes erreichte und das Ufer des Sees erreichte. Der Mond schien in seiner voller Pracht am Himmel und wurde von der Oberfläche des Sees reflektiert. Der Schein ließ das Wasser geheimnisvoll schimmern und tauchte die Umgebung in ein silbriges Licht.   Aithusa wartete nicht am See, wie sie es gesagt hatte. Doch das beunruhigte den König nicht. Sein Gefühl sagte ihm, dass die Abwesenheit der Drachin seinen Grund hatte. Allerdings wusste Arthur nicht, was er nun ohne den Drachen tun sollte. Kurz überlegte er, zum Lager zurück zu kehren, doch schnell wurde ihm klar, dass er sich dort nur verrückt machen würde. Und schließlich wollte er die Reise nicht umsonst gemacht haben. So beschloss er, Merlin seine Aufwartung zu machen. Und dafür kam ihm die Abwesenheit von Aithusa sehr gelegen.   Für einige Zeit blieb Arthur dort stehen, ließ die Umgebung auf sich wirken, welche wunderschön war und doch so viel Schmerz in ihm wachriefen. Schmerzliche Erinnerungen. Und doch erwachte etwas anderes in Arthur. Vorfreude. Spannung. Erwartung. So vieles, was mit einem Mal passieren könnte. Was er sich wünschte, dass passierte. Arthur wusste nichts über Rituale oder Ähnliches, doch wenn er eine Kulisse für irgendeine Art von magischem Ritual in den Sinn kommen würde, dass wäre diese Nacht an diesem See wirklich perfekt. Arthur leckte sich über die Lippen, ballte die Fäuste und entspannte sie wieder. Ballen. Entspannen. Ballen. Entspannen. So viel lag ihm auf der Zunge, so viel gab es zu sagen. Sein Körper bebte leicht, als er sich vorstellte, dass Merlin plötzlich hinter ihm stehen würde. Ebenso silbrig schimmernd wie das Wasser. Oder das er plötzlich auf dem See schwebend auf ihn zukommen würde. Endlos viele Szenarien gingen ihm durch den Kopf, eines magischer als das andere. Doch eines war jedes Mal gleich. Er stand Merlin gegenüber und konnte endlich wieder mit ihm sprechen. Und dessen breites Grinsen sehen. Arthur hätte nie gedacht, dass er so viel Fantasie haben könnte und sich so viele Dinge vorstellen konnte von etwas, was er früher mal gehasst und verabscheut hatte.   Arthur wartete und wartete, seine Anspannung stieg, es lief ihm heiß und kalt den Rücken herunter und es passierte - nichts.   Der König schloss die Augen und seufzte. Sein Körper sackte zusammen, er ließ die Schultern hängen. Alle Freude in seinem Inneren war mit einem Schlag verschwunden. Als hätte sie nie existiert.   Arthur war beinahe enttäuscht. So viel hatte er sich ausgemalt, so viel hatte er sich gewünscht, sich erhofft… doch vielleicht war daran auch einfach nur sein Unwissen über die Magie Schuld. Obwohl Arthur die Magie in seinem Reich wieder willkommen hieß und einige Dinge von Gaius erfahren hatte, wusste Arthur noch so gut wie Nichts über Magie. Vielleicht gab es einfache keine Möglichkeit, mit Merlin zu sprechen, nicht so wie damals mit seiner Mutter. Denn von Gaius hatte er erfahren, dass es wahrlich der Geist seiner Mutter war, welchen Morgause ihm damals gezeigt hatte. Und solch eine Geistererscheinung, als welche sein Vater in dieser Welt wandelte… so etwas wollte er seinem Freund nicht antun. Niemals.   Aber die Möglichkeit, Merlin wieder zu sehen… tief in seinem Herzen hatte er diese Hoffnung gehegt, nach den Worten von Aithusa, doch er hatte sie ebenso schnell wieder begraben. Er wusste kaum etwas über die Magie, doch Arthur wusste aus eigener Erfahrung, wie die Erzählungen von Gaius bewiesen, dass die Magie nur dann ein Leben retten oder wiedergeben konnte, wenn ein anderes geopfert wurde. Arthur hätte es getan. Ohne Frage. Doch Merlin hätte es niemals zugelassen. Außerdem gab es keine Hohepriester der Alten Religion mehr, wenn er Gaius glauben konnte. Also besaß auch niemand mehr die Macht, Leben und Tod umzukehren. So hat Arthur diese Möglichkeit sofort wieder verworfen.   Zudem… wenn er sich an diese Hoffnung geklammert hätte, dann hätte es ihn unwiderruflich zerstört, wenn sie unerfüllt geblieben wäre… so wie es der Fall war… Natürlich, bei dem Anblick dieses Sees hatte Arthur für einen Moment die verrücktesten Vorstellungen und Hoffnungen gehabt. Es war sein größter Wunsch. Doch dieser schien sich nun in Rauch aufzulösen. Es schien keine Möglichkeit zu geben, Merlin wieder zu sehen.   Also… lebte Arthur lieber mit dem Gedanken, nie wieder mit ihm sprechen zu können, als sich weiter so kaputt zu machen, auch wenn es ihm schwer fiel. Er würde nie wieder mit seinem besten Freund reden könne. Jedenfalls nicht von Angesicht zu Angesicht.   „Es ist schwer…“, begann Arthur mit leiser Stimme zu sprechen. Seine Augen waren leer, die kleine Flamme der Hoffnung in seinem Inneren erloschen. „Es ist zwar bereits ein Jahr her und es ist auch ein wenig leichter geworden, aber… ich glaube kaum, dass der Schmerz jemals gänzlich verblassen wird. Der Schmerz, den ich empfinde, seit du gegangen bist. Seit du dein Leben für meines gegeben hast.“ Wieder seufzte Arthur leise. Zum Glück war er alleine hier. Er wusste nicht genau, ob er sich Sorgen machen sollte, weil er zu einem Toten sprach. Vor dem Grab in Camelot war es immer was anderes, da dachte Arthur nach und sagte ab und zu etwas, um darüber besser nachdenken zu können. Arthur hoffte wirklich, von ganzem Herzen, dass er ihn wenigstens hörte. „Es ist zwar leichter, aber nicht einfacher geworden. Vor allem, da du nicht mehr da bist, um mich aufzumuntern und mir Mut zuzusprechen. Das fehlt mir wirklich.“ Leicht ließ Arthur den Kopf hängen, doch nur, um zu verbergen, dass sich Tränen in seinen Augenwinkeln gesammelt hatten. Auch wenn niemand dort war, der sie sehen könnte. „Und nicht nur das fehlt mir. Unsere Streitereien, unsere Geplänkel, unsere Albernheiten. Ich habe es nie gesagt, doch ich liebte die Zeit, welche wir zusammen verbracht haben. In deiner Gegenwart konnte ich ganz Ich selbst sein. Ich musste keine Maske tragen. Ich konnte so sein, wie ich es wollte. Und doch habe ich dir nie wirklich dafür gedankt. Nicht nur für deine Treue, deine Loyalität oder deine Hilfe. Deine Bemühungen, mich zu beschützen. Für nichts davon habe ich dir je aufrichtig gedankt. Und das tut mir leid.“ Kurz zögerte der junge König, bevor er seinen Stolz beiseite schob und seinen Kopf senkte. Seinen Respekt zollte. Ein König verneigte sich für gewöhnlich vor niemandem, doch Arthur fand, dass Merlin diese hohe Geste allemal verdient hatte. „Wenn ich dich noch einmal sehen könnte…“, fuhr Arthur mit leiser Stimme fort, seine Stimme zitterte. Seine Augen schimmerten, als sein Blick über den See schweifte. „Dann würde ich dir alles sagen, wofür ich sonst zu stolz war. Wie froh ich war, dich als meinen besten Freund bezeichnen zu können. Das ich alles tun werde, um deinen Traum wirklich wahr werden zu lassen. Ein gerechtes Königreich, in denen sich Zauberer nicht mehr fürchten und verstecken müssen. Das ist das Mindeste, was ich für dich tun würde. Denn schließlich… verdanke ich dir mein Leben. Und das mit Sicherheit nicht nur die wenigen Male, welche ich selbst bewusst mitbekommen habe.“ Nun konnte sich Arthur nicht mehr beherrschen. Die Tränen liefen über, er konnte und wollte sie auch nicht mehr wirklich zurückhalten. „Auch, wenn du es nicht mehr erleben kannst. Ich habe das Gesetzt geändert. Niemand, der über magische Fähigkeiten verfügt, soll sich mehr verstecken müssen. Der erste Schritt ist getan. Es werden noch viele folgen und ich wünsche mir, dass du das Alles erleben könntest.“ Kurz schloss Arthur schmerzerfüllt seine Augen, bevor er mit glasigem Blick zum Himmel starrte. „Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, damit ich das Königreich zu einem blühenden Paradies machen kann. Für Menschen wie auch für Zauberer. So, wie es in deinem Sinne wäre. Und ich hoffe, dass du das als Gegenleistung für deine jahrelangen Dienste und Treue ansiehst. Auch… wenn ich dir diese Treue niemals wirklich zurückzahlen kann. Doch ich würde alles tun und alles versuchen. Wenn du bei mir wärst.“ Stille herrschte, als Arthur versuchte, sich zu beruhigen. Es tat gut, all diese Dinge auszusprechen, zu wissen, dass sie der Wahrheit entsprachen. Der König stand einen Moment da, bevor er Haltung annahm und sich verbeugte. Es war eine Verbeugung, welche den höchsten Respekt demonstrierte. Eine Träne rann aus seinen Augen, lief über seine Wange und tropfte schließlich von seinem Kinn. Die salzige Flüssigkeit landete mit einem leisen Platsch in dem See von Avalon. Kleine Wellen zogen sich durch das sonst so stille Wasser. Arthur atmete tief durch und richtete sich wieder auf. Er hatte alles gesagt, was ihm auf dem Herzen lag. Noch mehr und er würde selber daran kaputt gehen. Die Wunde, welche Merlins Tod in ihm hinterlassen hatte, heilte nur schwer. Und im Moment schien es Arthur, als würde er innerlich bluten. Doch andererseits… fühlte er sich befreit. Gelöst. Als wäre ihm eine schwere Last von den Schultern genommen worden. Eines allerdings wollte er noch sagen. Er musste es sagen. „Lebe wohl, mein Freund. Und danke. Für alles.“ Der König drehte sich um, nun viel entspannter als zuvor und auf gewisse Weise beruhigt. Kurz schweifte sein Blick erneut zum Himmel, bevor er leicht lächelte. Auch wenn nicht eingetreten war, was sich der Blonde erhofft hatte, so musste er sagen, dass alleine die Möglichkeit, sich alles von der Seele zu reden, vor allem an diesem Ort, seinem Schmerz gelindert hatte. So machte er sich auf den Weg zu seinem Lager, wo seine geliebte Frau und seine treuen Freunde sicher bereits auf seine Rückkehr warteten. Auch sie würden wahrscheinlich gerne zum See kommen und ihren Seelen ein wenig Ruhe und Linderung gönnen. Und dies wollte Arthur ihnen auf keinen Fall verwehren. Langsam ließ er den See von Avalon hinter sich.         Dabei bemerkte Arthur nicht, dass das Wasser noch immer kleine Wellen schlug. Von der Stelle aus, in welcher seine Träne ins Wasser fiel. Sie hörten nicht auf. Die Wellen durchliefen den gesamten See. Das Mondlicht wand sich mit ihnen im Wasser und der See schien plötzlich zu glitzern. Blaue Partikel und glitzernde Lichter stiegen aus dem Wasser empor. Leichter Wind wehte. Die Bäume rauschten leise. Arthur blieb mit einem Mal stehen. Ein seltsames Gefühl beschlich ihn. Wärme schien ihn mit einem Mal zu umgeben und es fühlte sich an, als würde sein Inneres vibrieren. Plötzlich flog das blaue Glitzern um ihn herum. Kurz zuckte der junge Mann zusammen und drehte sich ruckartig in alle Richtungen herum. Er bestaunte das Glitzern mit offenem Mund. Obwohl es eindeutig magischen Ursprungs war, verspürte Arthur keine Angst oder Ähnliches. Ganz im Gegenteil. Wärme erfüllte ihn. Die Zeit schien plötzlich nur noch sehr langsam zu vergehen. Alles bewegte sich wie in Zeitlupe. Nun doch verunsichert und mit großen Augen sah Arthur sich um. Er trat einen Schritt zurück. Weiter weg vom See. „Habt keine Angst, Arthur Pendragon.“ Eine Stimme. Eine weibliche, warme Stimme hallte über den See und dessen Ufer, ohne dass Arthur hätte sagen können, woher sie kam. Außer der Stimme waren alle anderen Geräusche verstummt. „Es wird Euch nichts geschehen. Ich bin nur… eine Beobachterin. Und ich habe Euch beobachtet. Eure Worte waren weise gewählt. Sie waren so voller Wahrheit und Aufrichtigkeit, dass ich keinen Zweifel hege. Ihr seid ein wahrer König. Der Einstige und Zukünftige. Ihr seid der König, auf den so viele Menschen und Wesen gewartet haben. Ihr seid bereit, denen eine Chance zu geben, die Euch vielleicht keine gegeben hätten. Und dafür sollt Ihr belohnt werden.“ Noch immer erfüllte Stille den See, die Wärme, welche Arthur verspürte, blieb. Wie von selbst trat er wieder näher an den See. Es erschien ihm, als würde die Stimme aus dem See kommen. Als würde der See selbst zu ihm sprechen. „Eine Medaille kann nicht ohne ihre zweite Hälfte bestehen. Und damit ihr Euer Schicksal erfüllen könnt, ist es von Nöten, dass Eure zweite Hälfte an Eurer Seite ist.“ Ein Wind wehte über den See und die Lichtung. Ein warmer Wind. Voller Leben. Ein Kribbeln breitete sich auf Arthurs gesamten Körper aus. Er war unfähig, etwas zu erwidern. Arthur hatte das Gefühl, dass jedes Wort, jedes Geräusch von ihm die Magie an diesem Ort mit einem Schlag vernichten würde. „Denkt an Eure Worte und Euer Versprechen, Arthur Pendragon. Dann wird die Welt Euch achten und zu Euch aufsehen.“ Der leichte Wind ließ nach, das Licht verblasste langsam und die Zeit ging wieder ihren gewohnten Gang. Nur Augenblicke später war alles wieder so, wie es sein sollte. Nur der Mond spendete noch Licht. Der Wind wehte durch die Bäume. Und Arthur war sich nicht sicher, ob er es sich eingebildet hatte oder nicht. Verwirrt sah sich der Blonde am See um, doch nichts geschah oder hatte sich verändert. Arthur verstand es nicht. Die Worte eben hatten ihn erreicht und doch war sein Kopf wie leer. Das Einzige, was er war nahm, war die Wärme, welche nicht aus seinem Körper weichen wollte.    Blasen stiegen plötzlich von dem Wasser auf. Vereinzelt. In großen Abständen. Arthur runzelte die Stirn. Doch es wurden mehr. Immer mehr und mehr. Es waren… Luftblasen. Irgendetwas war im See und schien Luft zu brauchen. Arthur trat einen Schritt näher, unsicher, was das zu bedeuten hatte. Das Wasser rauschte und Gischt flog umher, als plötzlich eine Gestalt aus dem Wasser schoss. Erschrocken trat Arthur noch einen Schritt zurück. Ein Kopf tauchte auf, schüttelte sich. Wassertropfen flogen umher. Ein schwarzer Schopf Haar war zu sehen. Es war ein Mensch. Ein Mann, so wie es Arthur von weitem erkennen konnte. Kurz schwamm er noch einige Züge auf der Stelle, bevor er sich seine Umgebung besah. Er schien sich um zu sehen und sich zu orientieren. Schließlich drehte sich der Mann in Richtung Ufer, an welchem Arthur stand. Seine blauen Augen fanden die Gestalt des Königs und suchten dessen Blick. Blaue Augen bohrten sich ineinander.   Arthurs Mund klappte auf, seine Augen weiteten sich vor Entsetzen. Sein Herzschlag setzte aus - nur um gleich darauf noch kräftiger und schneller in seiner Brust zu pochen. Sein Körper begann zu zittern. Er keuchte. Die Gedanken rasten in dem Kopf des Königs und es gelang ihm nicht, auch nur einen zu fassen. Leicht taumelte er zurück. Arthur öffnete und schloss den Mund immer wieder, um etwas zu sagen. Doch kein Laut entfuhr seiner trockenen Kehle. Sie war wie zugeschnürt. Diese Sprachlosigkeit allerdings schien den Mann zu erfreuen, denn es legte sich ein breites Grinsen auf sein Gesicht. Und gerade dieses Grinsen ließ alle Zweifel von Arthur abfallen, wer diese Person war. Es war Merlin. Der Mann, welcher in diesem See aufgetaucht kam,… war Merlin!   Doch das war unmöglich. Merlin konnte nicht vor ihm sein. Er war tot! Arthur selbst hatte das Boot, in welchem Merlin lag, dem See übergeben. Blass und leblos lag Merlin damals vor ihm. Ein Bild, welches Arthur nie los lassen würde, und welches ihn manchmal noch in seine Alpträume heimsuchte. Und egal, wie klein die Hoffnung in Arthur auch war und sich jetzt lautstark in sein Bewusstsein zurück meldete, es war nicht möglich. Selbst Gaius ließ verlauten, dass es schier unmöglich war.   Langsam schwamm der Mann zum Ufer auf Arthur zu. Je näher er kam, desto kälter wurde Arthur. Er wollte das nicht sehen. Er wollte nicht sehen, wie eine Illusion in der Gestalt von Merlin auf ihn zukam, nur um dann zu verschwinden. So sehr er es sich zuvor gewünscht hatte, seinen Freund wieder zu sehen, so sehr verfluchte er sich nun für diesen Gedanken. Er wollte es nicht. Arthur wollte diesen Schmerz nicht noch einmal spüren müssen, wenn sein Freund wieder ging. Er wollte ihn nicht sehen. Doch er konnte die Augen einfach nicht schließen. Stattdessen spürte er eine verräterische Flüssigkeit in seinen Augen, welch überzulaufen drohte. „Ihr wart aber auch schon einmal höflicher, Sir“, tadelte ihn der junge Mann und hatte nun das Ufer erreicht. Langsam watete er durch das Wasser, bis es nur noch kniehoch war. Der Mann selber war natürlich komplett durchnässt. Das Wasser tropfte von seiner Kleidung und seinen Haaren und hinterließ kleine Wellen in dem See. ~ Nicht echt~, dachte sich Arthur und immer mehr Tränen sammelten sich. ~Er ist nicht echt…~ Sein Gegenüber schien die Trauer und den inneren Kampf des Königs mitbekommen zu haben, denn er seufzte leise, bevor er abermals zu grinsen begann. „Es gehört sich selbst für einen König nicht, so lange jemanden anzustarren.“ Das Grinsen wurde noch breiter, obwohl dies kaum möglich schien. Der Schwarzhaarige steckte einen Arm ins Wasser und schleuderte eine Ladung davon genau in Arthurs Richtung. Arthur versuchte reflexartig sich mit einem Arm zu schützen, obwohl es sowieso sinnlos war. Wie konnte er sich vor etwas schützen, das nicht da war? Umso größer war der Schauer, als das kalte Nass ihn traf und seine Haare und Oberkörper durchnässte. Langsam nahm er seinen Arm runter, starrte mit großen Augen den Mann vor sich an. Sein Kopf vor Schock völlig leer gefegt. Sein Atem ging flach. Das Wasser lief seinen Kopf hinab und trübte kurz seine Sicht, bevor er es wegblinzelte. Selbst nach dem Augenschließen und dem Blinzeln war das Bild vor ihm noch immer das Gleiche. Keine silbrig, blasse Gestalt. Kein auf ihn zu schwebender Geist. Der junge Mann, welcher jahrelang an seiner Seite war und ihm treu gedient hatte, welcher sein Leben ließ, um das seines Königs zu retten, stand Arthur gegenüber und grinste ihn auf seine unverschämte und unverwechselbare Art an. Und endlich schien die Wahrheit Arthur zu erreichen.   Es war möglich. Merlin war vor ihm. Er lebte! Merlin lebte!       Er stand vor ihm. Arthur konnte es nicht begreifen. Der Mensch, welcher ihm die Welt bedeutete. Sein Diener, sein bester Freund, sein Seelenverwandter. Er stand wirklich vor ihm.   Diese Tatsache überwältigte Arthur mehr, als er je gedacht hätte. Natürlich, er hatte Merlin vermisst. Sein Tod hatte ein klaffendes Loch in ihm hinterlassen, welches nur schwer zu heilen war. Nun aber ergriff ihn das Ausmaß seiner Sehnsucht nach seinem besten Freund mit aller Kraft. So sehr es sich Arthur gewünscht hatte, er hatte bereits bei seinem Eintreffen am See die Hoffnung aufgegeben, Merlin jemals wieder zu sehen. Arthur war auf einer Weise froh gewesen. Wäre Merlin wieder gegangen, hätte ihn das zerstört. Doch nun, wo sein bester Freund vor ihm stand, merkte Arthur erst, wie falsch er lag. Zuerst dachte er, ohne eine Chance wäre es besser, er müsste die Hoffnung nicht wieder begraben und sich geschlagen zurückziehen. Die Aussicht, keine Chance auf ein Gespräch, ein winziges Wiedersehen zu haben, hatte ihn jedoch innerlich zerfetzt. Erst jetzt bemerkte Arthur mit voller Wucht, wie einsam er sich das letzte Jahr über gefühlt hatte. Wie sehr Merlin gefehlt hatte. Wie sehr er dieses Treffen brauchte. Wie sehr er Merlin brauchte.   Mehr aus einem Impuls heraus als alles andere bewegten sich Arthurs Beine plötzlich wie von selbst. Seine Gedanken waren fort, nun hatte sein Herz die Kontrolle über seinen Körper übernommen. Seine überschäumenden und widersprüchlichen Gefühle konnte der König nicht länger im Zaum halten. Es war ihm nicht möglich. Mit schnellen Schritten lief der junge König durch das flache Wasser, hatte den Abstand zwischen sich und seinem besten Freund überwunden und schloss ihn fest in seine Arme. Schluchzer drangen aus seiner rauen Kehle an die Oberfläche, Tränen liefen über seine Wangen, seine Schultern zuckten leicht, doch es war ihm egal. Es war ihm alles egal. Er schämte sich dessen nicht. Nicht vor ihm. Wichtig war nur, dass es echt war. Das er echt war. Er war wieder da. Merlin war wieder da.   Arthur war seiner überschäumenden Gefühle nicht mehr Herr. Doch zwischen all den Gefühlen mischte sich noch etwas anderes. Eine Sache nahm er wahr. Arthur fühlte sich endlich wieder komplett. Er hatte nie wirklich realisiert, wie stark er durch den Verlust von Merlin zerrissen war, doch nun, wo sich die Lücke füllte, wusste Arthur nicht, wie er mit solch einem großen Loch in seinem Herzen und seiner Seele bisher überleben konnte. Er klammerte sich an Merlin fest wie ein Ertrinkender, als wenn er derjenige gewesen wäre, der gerade aus dem See aufgestiegen war. Der König  weinte und lachte gleichzeitig, seine Schultern bebten, seine Hände krallten sich in die so sehr vermisste braune Jacke. Es war ihm egal. Arthur konnte im Moment nicht denken, sondern nur fühlen. Seinen besten Freund, seine eigene Freude, das Leben selbst. Es schienen Jahre zu vergehen. Jahre, die dieses eine Jahr wieder wettmachen wollten, welches Arthur im Schmerz verbracht hatte. Jahre, die er sein Gegenüber nicht loslassen konnte, nicht wollte. Arthur wollte einfach spüren, dass es kein Traum war, dass sein Freund wirklich vor ihm stand. Er wollte diesen Menschen in seinen Armen nie wieder gehen lassen, nie wieder verlieren, niemals wieder. Seit langer Zeit fühlte Arthur sich wieder vollkommen. Als wenn seine zweite Hälfte zurückgekehrt wäre. Als wenn Arthur wieder ganz wäre.   Etwas überrumpelt starrte Merlin nach links, um den blonden Haarschopf seines Königs zu sehen. Unbeholfen verharrten seine Arme noch in der Luft, bevor er sich besann und sie um Arthur legte. Seinen besten Freund. Eine Weile standen die Beiden am Ufer des Sees, knietief im Wasser und genossen die wieder gefundene Nähe zueinander. Stunden schienen vergangen zu sein, ehe Arthurs Stimme die Stille durchbrach. „Du lebst…“, hauchte Arthur leise. „Du lebst.“ Seine Stimme hörte sich so schwach an, so gebrochen. Als würde er es noch nicht wirklich glauben und als würde er sterben, wenn es wirklich nur eine Illusion oder ein Traum war. Merlin lächelte sanft und drückte Arthur fester an sich. „Keine Angst“, sagte er beruhigend. „Ich bin hier.“ Plötzlich spürte er einen die Hände seines Königs auf den Schultern und er wurde weggedrückt. Verwirrt blickte Merlin auf. Die blauen Augen des Königs bohrten sich in seine. Verwirrung und Erstaunen waren in diesem Blick zu sehen, doch seine Lippen waren fest zusammengepresst. So als wäre er wütend. Merlin schluckte hart. Hatte er etwas falsch gemacht? Oder hatte sich Kilgharrah geirrt und Arthur hasste ihn nun doch? Dafür, dass er ein Zauberer war? Doch als er genauer hinschaute sah er in den Augen Arthurs noch etwas Anderes. Unendliche Erleichterung und Freude. Leben. „Aber wie - warum … ich verstehe nicht…“ Arthurs Stimme überschlug sich beinahe und Merlin hörte die unausgesprochene Frage in diesen Worten. `Wie kann es sein, dass du noch lebst und wieder bei mir bist? Wie ist solch ein Wunder möglich?´   Grinsend schüttelte Merlin den Kopf. Verwirrt wurde er gemustert. „Ich erzähle Euch gerne alles, was Ihr wissen wollt, was ich Euch sagen kann. Doch nicht hier. Dafür gibt es bei weitem bessere und gemütlichere Orte. Und außerdem glaube ich, dass man Euch bereits vermissen könnte.“ Natürlich wusste Merlin, dass Arthur nicht alleine zum See gereist war. Dafür musste er keine Magie einsetzen. Würden Gwen und seine Freunde Arthur zu solch einem schmerzvollen Ort nicht alleine gehen lassen. Mit leuchtenden Augen sah Merlin zu seinem König hoch, welcher tief einatmete und Merlin ansah. Einfach nur ansah. Es war ein durchdringender Blick, doch Merlin war nicht jahrelang der persönliche Diener und beste Freund des Königs, wenn er nicht hinter die Maske blicken könnte. Ein amüsiertes Funkeln war in den blauen Augen Arthurs zu sehen. Und die Freude. Unbändige Freude. Erleichterung. Leben. Einige Minuten atmete Arthur durch und versuchte, sich zu beruhigen. Dieses Wunder zu akzeptieren. Merlin gewährte ihm diese Zeit. Keiner von beiden unterbrach auch nur für einen Moment den Kontakt zwischen ihnen. Den brauchten sie beide. Vor allem Arthur. „Dann sollten wir uns auf den Weg machen, damit du mir alles beichten kannst. Es gibt viel zu besprechen“, sagte Arthur, wischte sich über die Augen und legte eine Hand auf Merlins Unterarm, um ihn aus dem See zu ziehen. Merlin sah kurz verwundert zu der Hand, welche ihm Halt bot und welche sich selbst Halt suchte, bevor er lächelte und den Unterarm Arthurs ergriff. Wärme erfüllte sie beide. Plötzlich wurde sein Lächeln zu einem breiten Grinsen und Arthur befürchtete mit einem Mal das Schlimmste. Und er sollte Recht behalten. Mit aller Kraft zog Merlin an Arthurs Arm und dieser war davon zu überrascht, als seinen Stand halten zu können. Kurz ruderte er mit seinem freien Arm, bevor er doch noch bäuchlings im Wasser landete. Lautes Platschen war zu hören. Merlin lachte, ließ sich von Arthur mitziehen, der noch immer seinen Arm umklammert hielt. Als würde Merlin verschwinden, sobald er ich nicht mehr berührte. Wieder platschte es laut und der Schwarzhaarige ließ sich leicht treiben. Das Wasser war angenehm warm. Ob durch die Magie, welche an diesem See herrschte oder der Jahreszeit, Merlin konnte es nicht sagen. Aber es war ein schönes Gefühl. Arthur kam aus dem Wasser und prustete. Gefährlich langsam wischte er sich das Wasser aus den Augen, was Merlin nur noch mehr zum Grinsen brachte.   Kurz sahen sich die beiden einfach nur an. Ein vor Ärger verzogenes Augenpaar blickte in ein Unschuld Mimendes. Lange konnten sie ihre Blicke jedoch nicht mehr halten. Sie beide prusteten los. Lautes Lachen erfüllte die Umgebung. Befreites, glückliches Lachen. Es kam Arthur wie eine Ewigkeit vor, dass er nicht mehr gelacht hatte. Als sie sich wieder beruhigten blickten sie sich abermals an. Freudiges Funkeln in beiden Blicken. Es tat gut, wieder so unbeschwert Lachen zu können, wie Arthur feststellte. Und auch Merlin, welcher das Lachen seines Freundes viel schöner fand als seine Tränen, lachte herzlich. Als sie sich wieder beruhigt hatten, sahen sie sich an. Wärme und Freude in beiden Blicken. Merlin erhob sich, um den See nun endlich zu verlassen und seinen Freunden wahrscheinlich den Schreck ihres Lebens zu verpassen, als er am Handgelenk zurückgehalten wurde. Arthur, welcher sich ebenfalls erhoben hatte, zog ihn plötzlich an sich und drückte Merlins Kopf mit der Stirn an seine Brust, genau dort, wo sein Herz schlug. Merlin hielt überrascht still, spürte das ruhige Schlagen und es schien, als würde das Herz seines Königs pure Freude ausströmen und auch ihn gefangen nehmen. „Ich bin wirklich froh, dich wieder bei mir zu haben, Merlin“, sagte Arthur mit einer Sanftheit in der Stimme, die Merlin nie zuvor von ihm gehört hatte. Merlin lächelte glücklich. Sein ganzes Selbst bebte vor Freude. „Auch ich bin froh, wieder bei Euch zu sein, Arthur.“   Kapitel 30: Endlich wieder leben --------------------------------     Passende Musik für das Kapitel     "Now We Are Free" - Gladiator theme -    https://www.youtube.com/watch?v=mm-sbOH-nEc       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~         Kapitel 30 – Endlich wieder leben       „Endlich! Da seid Ihr ja wieder, Prinzessin! Wir haben uns schon Sorgen - “ Mitten im Satz hielt Gwaine inne, als er sich umdrehte, um seinen König entgegen zu sehen, als er diesen durch das Unterholz herannahen hörte. Wie sehr hoffte er, dass es Arthur nun etwas besser ging und er ihn wieder necken konnte. Gwaine verstand seinen Freund und König. Wahrscheinlich, abgesehen von Gwen, am besten. Es war nicht leicht, so nah an dem Ort zu sein, an welchem Merlin gestorben war. Merlin war einer seiner besten Freunde. Sein kleiner Bruder. Auch Gwaine selbst hatte dessen Tod in ein tiefes Loch gestürzt, welches er eigentlich mit Alkohol füllen wollte. Er saß auch bereits in der Taverne und hatte einen Krug Met in der Hand, bereit, ihn mit einem Zug zu leeren und weitere folgen zu lassen. Aber der Gedanke an Merlin, welcher sein Leben gab, um sie zu retten und eine strahlende Zukunft einzuläuten, hielt ihn davon ab. Wenn Gwaine sich immer zu betrinken würde und nicht in der Lage, ein Schwert vernünftig zu halten, dann würde er das Königreich, welches Merlin so wichtig war, in Gefahr bringen. Und das war das Letzte, was Gwaine wollte. Er würde Merlins Andenken niemals so beschmutzen. Manchmal fiel es dem sonst so starken Ritter aber unsagbar schwer, diesem Drang zu widerstehen, seine Sorgen und seine Trauer einfach fort zu spülen. Gwaine konnte sich nur durch den Gedanken an Merlin zusammenreißen. Wie gerne der Ritter sich mit Merlin und seinen Freunden an einen Tisch gesetzte hätte, einen Krug Met in der Hand und Merlin ihnen allen erzählen konnte, wer er wirklich war. Was er all die Jahre für Camelot getan hatte. Auch wenn er es ihnen nicht mehr erzählen konnte, so wollte Gwaine doch gerne noch letzte Worte an Merlin richten und ihm danken. Für alles. Arthur hatte allerdings Vorrang und war alleine beim See. Gwaine würde am nächsten Tag die Gelegenheit nutzen und alleine ein paar Worte seinem kleinen Bruder widmen. Als er die nahenden Schritte von Arthur hörte, schlich sich ein Lächeln auf  seine Lippen, während er innerlich angespannt war. Er hoffte stark, dass auch Arthur dazu in der Lage wäre, nachdem er den See von Avalon besucht hatte.   Wie konnte man das am besten herausfinden, als den König ein wenig zu necken? So drehte sich Gwaine, natürlich mit einem lockeren Spruch auf den Lippen, zu seinem König herum. Doch dieser war nicht so alleine zu ihnen zurückgekommen, wie er gegangen war. Er hatte jemanden bei sich. Jemand, den sie alle nur zu gut kannten.     „Mer… Merlin?“, fragte der sonst so kecke Ritter nun völlig sprachlos und starrte einen seiner besten Freunde mit aufgerissenen Augen an. Er wurde blass, als hätte er ein Gespenst gesehen. Was durchaus zuzutreffen schien. Leon, Elyan, welcher sich leise mit seiner Schwester unterhalten hatte, und auch Gwen zuckten zusammen. Sie drehten sich ruckartig zu ihrem König und dem Angesprochenen herum. Die Ritter sprangen auf, als sie Merlin erblickten. Für einen Moment schien die Zeit still zu stehen. Gwen stieß einen lauten Schrei aus, bevor sie sich ihre Hände auf den Mund schlug. Percival, welcher die Umgebung kontrolliert hatte, kam mit einem Schwert in der Hand auf die Lichtung gelaufen. Er hatte die Befürchtung etwas war geschehen. Als er Merlin sah, wurde auch er blass und sein Schwert fiel mit einem Klirren zu Boden. Sie alle starrten ihn an. Voller Unglaube. Merlin erriet ihre Gedanken. „Es tut mir Leid, euch widersprechen zu müssen, doch ihr habt Unrecht“, erklärte er. „Ich bin kein Geist. Ich bin ebenso aus Fleisch und Blut wie auch ihr alle. Und ich bin endlich zurück.“ Breit grinste der Zauberer und breitete seine Arme aus, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. Arthur, welcher neben Merlin stand, lächelte und legte seinem Freund eine Hand auf die Schulter.     Es vergingen einige Momente, bevor sich die Ritter regten. Gwaine stand langsam auf, seine Beine schienen zu zittern. Mit wackeligen Schritten trat er langsam auf Merlin zu. Er war sich sicher. Absolut. Dieses Grinsen gab es nur einmal. Nur eine Sekunde später wurde es auf der Lichtung laut. Gwaine war plötzlich direkt neben Merlin, zog ihn an sich und presste ihm die Luft aus den Lungen. Seine Schultern bebten. Merlin wollte ihm über den Rücken streichen, versuchen ihn zu beruhigen, doch dann war plötzlich Elyan da und riss ihn aus Gwaines Armen, welcher fröhlich und laut lachte, nur um in selber mit seinen Armen zu umfangen. Merlin konnte gar nicht so schnell reagieren, wie er plötzlich in die Luft gehoben wurde, als Percival zu ihnen trat und Merlin samt Elyan an seine breite Brust presste. Dabei hatte Merlin das Gefühl, seine Rippen hätten protestierend geknackt. Als der Zauberer endlich wieder festen Boden unter den Füßen spürte, stand Leon bereits neben ihm. Seine Augen leuchteten und er strahlte, als er ihm freundschaftlich auf die Schulter klopfte. Merlin wusste, Leon war ebenso wie Arthur kein Mann großer Gefühlsregungen, aber diese Geste sagte schon mehr, als sich Merlin je von dem hochrangigen Ritter erhofft hatte. Sein Blick begegnete Arthurs, der lächelte und die Situation beobachtete. Merlin lächelte zurück. Es schien eine Ewigkeit zu vergehen, in der die Umgebung von lautem Lachen erfüllt wurde. Sie alle berührten ihn, sprachen hunderte von Fragen aus, wollten sicher gehen, dass sie nicht träumten. Merlins Aufmerksamkeit wurde jedoch in dem Moment von Gwen beansprucht, welche an den durcheinander redenden Rittern vorbei schlüpfte und auf ihn zu trat. Ihre großen, braunen Augen sahen ihn ununterbrochen an. Tränen liefen über ihre Wangen. Eine Hand hatte sie sich an ihr Herz gepresst. „Merlin…“, hauchte sie leise, ihre Stimme klang gebrochen. Obwohl Merlin Augen schimmerten, lächelte er seiner besten Freundin voller Wärme zu und breitete seine Arme aus. Gwen zögerte keine Sekunde, sondern ließ sich sofort in die Umarmung ihres besten Freundes fallen. Sie klammerte sich an sein Hemd, ihre Schultern bebten und sie schluchzte. Merlin drückte sie an sich und strich ihr beruhigend über den Rücken. Nebenbei bemerkte er, dass Arthur und seine Freunde verstummt waren und sie beide ansahen. „Oh Merlin…“, schluchzte die Königin „Du bist es wirklich… ich habe dich so vermisst…“ Noch fester umarmte die junge Frau ihren Freund, als ob sie nicht glauben könnte, dass er wieder da war. Merlin lächelte. Er wusste, dass Gwen ihn vermisst hatte, ebenso wie Arthur und die Anderen, doch es zu hören, erwärmte sein Innerstes. „Ich habe dich auch vermisst, Gwen“, sagte Merlin leise und drückte Gwen noch einmal fest an sich, bevor er sich leicht von ihr löste. Ihre Augen schwammen in Tränen und doch lächelte sie so glücklich, wie Merlin es selten gesehen hatte. Und dass es ihm galt, erfreute ihn umso mehr. Merlin sah auf und begegnete den Blicken seiner Freunde, welche ihn mit ebenso glücklichen Gesichtern und Wärme in den Augen ansahen. Ein Blick zu Arthur, dessen Freude ihm deutlich anzusehen war und dessen Lächeln, war für Merlin alles, was er brauchte. Merlin war wieder dort, wo er hingehörte. Bei seinen Freunden.         „Es war wie Schlafen“, versuchte Merlin zu erklären. Sie hatten sich um das Lagerfeuer versammelt, welches noch mal ordentlich geschürt wurde. Seine Freunde brannten natürlich darauf zu erfahren, was Merlin passiert war. Es geschah schließlich nicht täglich, dass ein Freund von den Toten zurückkehrte. So sehr sie es sich alle gewünscht hatten, so übertraf es doch ihre wildesten Vorstellungen. „Ich war in Schwärze getaucht. Schwerelosigkeit ließ mich treiben. Ich fühlte nichts und dachte an nichts. Als ich langsam erwachte, schien ich weiterhin zu schweben. Meine Sinne funktionierten nur langsam und nur schwer kam ich wieder richtig zur Besinnung. Als ich bewusst einen Atemzug nehmen wollte, merkte ich, dass ich unter Wasser trieb. Schnell sah ich mich um und schwamm nach oben, wo ich Licht ausmachen konnte. Jetzt, wo ich hier sitze, kann ich es am Ehesten mit Schlafen vergleichen. Ein langer, traumloser Schlaf.“ Seine Freunde sahen ihn an und nickten als Zeichen, dass sie verstanden hatten. Noch immer schien es für sie unglaublich, dass Merlin nach einem Jahr wieder neben ihnen saß. Lebendig. Umso mehr waren sie bereit seinen Geschichten zu lauschen und zu versuchen, dieses Wunder zu verstehen. Und es war faszinierend, dass mussten sie zugeben.   Doch einen Teil der Geschehnisse verschwieg Merlin. Die Worte von vertrauten und geliebten Menschen, welche zu ihm sprachen. Die neckische Stimme von Will, welcher ihm keine Schuld an seinem eigenen Tod gab und sagte, dass er froh war, dass es Merlin in Camelot so gut ging. Die tiefe Stimme seines Vaters, der ihm sagte, dass er über alle Maßen stolz auf ihn war und ihm gratulierte, ein solch mächtiger Zauberer und Drachenmeister geworden zu sein. Die freundliche Stimme von Lancelot, der ihm für seine Taten dankte und ihn bat, Arthur und ganz besonders Gwen zu beschützen. Und vor allem verschwieg Merlin etwas, was nur für ihn selbst bestimmt war. Die sanfte Stimme, welche ihn aufforderte, aufzuwachen. Die Wärme einer Hand, welche über seine Wange strich. Die verschwommene Gestalt, welche er sah, bevor er völlig aus dem Nichts auftauchte. Merlin wusste, dass es nur eine Person gewesen sein konnte. Sein Herz klopfte.   Vielleicht würde Merlin es seinen Freunden eines Tages erzählen. Eigentlich wollte er keine Geheimnisse mehr vor seinen Freunden haben, aber es erschien ihm im Moment richtig. Dieses Erlebnis war etwas, was Merlin erst mal selber in seinem Herzen bewahren wollte, bevor er es mit anderen teilte. „Na ja“, ließ Arthur verlauten, worauf sich seine Begleiter zu ihm drehten und Merlin aus seinen Gedanken riss. „Es wundert mich nicht, dass du geschlafen hast. Selbst in Camelot warst du morgens kaum aus dem Bett zu bekommen. Es wundert mich, dass du überhaupt etwas anderes kannst als Schlafen.“   Laut lachten Gwen und die Ritter auf. Es erschien ihnen allen wie eine Ewigkeit, als sie das letzte Mal so befreit und ehrlich lachen konnten. Merlin hingegen zog eine Schnute, bevor er ebenfalls grinste. „Wenn Ihr wüsstet, was ich alles kann, dann würden Euch wahrscheinlich die Augen raus fallen!“ Es dauerte nicht lange nach diesem Satz, bis das Lachen verstummten. Denn jeder von ihnen wusste, dass dieser Satz mehr als nur der Wahrheit entsprach. Sie alle hatten gesehen, wozu Merlin in der Lage war. Sie alle konnten nur vermuten, zu was er noch fähig war. Und jeder von ihnen brannte darauf, mehr zu sehen. „Würdest du es uns zeigen?“   Überrascht schaute Merlin auf, wusste nicht, ob er es richtig verstanden hatte, direkt in die Augen seines besten Freundes. Und darin sah er etwas, was er sich all die Jahre erhofft hatte. Akzeptanz. Neugier. Erwartung. Es kam Merlin wie ein Traum vor. Der Traum, den Merlin schon seit Jahren hegte. Und der allem Anschein nach endlich in Erfüllung gehen konnte. Leicht schluckte er. „Dann seht her“, sagte Merlin und wandte den Blick von Arthur ab, bevor er seine Hand ausstreckte und in Richtung Feuer hielt. Die neugierigen Augen seiner Freunde verfolgten jede Bewegung.   Arthur beobachtete den Schwarzhaarigen bei seinem Tun. Der König horchte in sein Herz. Nicht ein Funken Wut oder das Gefühl von Verrat konnte er noch spüren. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Nein, nur noch Neugierde und tausende von Fragen waren übrig geblieben, doch das war nur natürlich. Doch so wie es aussah, hatten sie nun alle Zeit der Welt, jegliche Fragen zu beantworten. Denn Merlin war wieder bei ihnen. Er lebte. Und noch etwas anderes fand Arthur in seinem Herzen. Freude. Unendliche Freude darüber, diesen verrückten Kerl wieder bei sich zu haben.   Merlin konzentrierte sich. Seine Augen glühten, während er seine Hand in Richtung Feuer hielt. „Styla Dracan!“ Aus den Flammen stieg ein Drache hervor, bestehend aus Glut und Funken. Er schlug mit den Flügeln und tanzte ums Feuer, spendete ihnen allen noch mehr Wärme. Und egal, wie nahe der Drache bestehend aus Glut ihnen kam, er verbrannte sie nicht. Er kletterte sogar einmal auf Gwaines Schulter, um sich von dort abzustoßen. Ein weiteres Glühen seiner Augen und einmal durch die Erde zu seinen Füßen gestrichen und vor Merlins Füßen saß ein kleiner Hase aus Erde und Staub. Fröhlich hoppelte er um die verwunderten Anwesenden herum, bis er bei Gwen verharrte. Er stellte sich auf seine Hinterläufe und seine Nase zuckte. Mit erstauntem Blick senkte Gwen die Hand, um den Hasen zu berühren. Dessen Ohren zuckten und leicht stupste er ihre Hand an, bevor er zurück zu Merlin sprang. Dort wurde er auch schon von dem Drachen erwartet. Der Drache und der Hase spielten scheinbar vergnügt miteinander, stupsten sich gegenseitig an und schienen umeinander her zu laufen.   Arthur stand der Mund leicht offen, ebenso allen anderen. Solch eine warme, unschuldige Art der Magie hatte keiner von ihnen je gesehen. Nie hätten sie gedacht, dass man mit solcher Macht solch ein schönes Schauspiel zustande bringen konnte. Völlige Stille herrschte während diesem Schauspiel. Zu gebannt waren alle, um es mit Worten zu zerstören.   Tief holte Merlin Luft, ehe sich seine Augen nochmals golden verfärbten und er eine Kugel in der Hand hielt. Eine Kugel aus blauem Licht. Sie schwebte über das Feuer, wo sie vom Drachen und dem Hasen bemerkt wurde. Die Kugel zog ihre Kreise und wurde von beiden Wesen verfolgt. Wie ein helles Licht, welches die Tiere zu führen schien, zog sie ihre Kreise.   Seine Freunde sahen fasziniert und voller Ehrfurcht zu, doch Arthur starrte das blaue Licht mit großen Augen an. Er erinnerte sich. Es war das gleiche Licht, welches ihn damals aus dieser Höhle rettete. Aus der Höhle, um das Gegengift für Merlin zu holen. „Du warst es…“, hauchte Arthur ehrfürchtig. Die Anderen sahen ihn verwirrt an, Merlin lächelte leicht. Wusste er immerhin, wovon sein König sprach. Schließlich hatte er nur deswegen das gleiche Licht wie damals beschworen. „Ich weiß selbst nicht, wie es möglich war, doch unsere Verbindung schien bereits damals so stark gewesen zu sein, dass selbst mein nahender Tod und mein Delirium meine Magie und mein Unterbewusstsein nicht davon abhalten konnten, Euch zu beschützen. Ja, ich habe Euch dieses Licht geschickt, welches Euch aus der Höhle herausführte.“   Arthur sah sprachlos zu seinem Freund. Damals hatte Arthur sich aufgemacht, um Merlin zu retten. Ihm etwas zurück zu geben, da auch er sein Leben riskiert hatte, um Arthur zu schützen. Nun musste Arthur sich eingestehen, dass er ohne dieses Licht damals wohl in dieser Höhle gestorben wäre. Und wieder war es Merlin, welcher ihn aus dieser schier ausweglosen Situation rettete. Der Mann, den Arthur eigentlich retten wollte. Er hatte ihm aus dieser Höhle geholfen. Und dabei riskierte Merlin sein Leben. Denn es war sehr knapp, als er endlich die Medizin bekommen hatte. Immer und immer wieder riskierte Merlin sein Leben für ihn. Und hatte es einmal auch wirklich verloren. Wie konnte Arthur auch nur einen Moment glauben, dass Merlin, sein verrückter, liebenswürdiger Freund ihnen je etwas Böses wollen würde?     Irgendwann siegten die Erschöpfung und die überwältigende Mischung an Gefühlen, welche die Freunde die letzten Tage durchmachen mussten. Nach und nach schliefen sie alle ein. Natürlich nicht, ohne immer wieder Blicke zu Merlin zu werfen oder ihn zu berühren. Nicht, ohne ihm immer wieder zu zeigen, wie froh sie sind, dass er wieder da war. Dieses Wunder zu akzeptieren.     ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~       Merlin schürte das Feuer, welches leise in der Nacht knisterte. Immer wieder warf er verstohlene Blicke zu seinen Freunden. Arthur und Gwen, welche eng umschlungen zusammen lagen. Arthur schien einen Arm um sie gelegt zu haben. Als wolle er sie vor allem beschützen. Elyan lag in der Nähe der beiden, ebenso Leon. Sie sahen es als ihre Pflicht an, nahe des Königspaares zu bleiben und sie im Ernstfall beschützen zu können. Percival lag an einen Baum gelehnt. Sein Umhang über ihm ausgebreitet. Gwaine lag Arme und Beine von sich gestreckt auf dem Rücken und schnarchte so laut, als wolle er den ganzen Wald abholzen. Merlin lachte leise. Er war froh, dass seine Freunde sich ein wenig Ruhe gönnen konnten.   Ein wenig hatte Merlin allerdings nachhelfen müssen. Natürlich freute er sich ungemein, wieder seine Freunde um sich zu haben, doch er sah jedem von ihnen die Erschöpfung an. Also hatte er sich für die Nachtwache angeboten. Und mit einem Schlenker seiner Hand und einem leichten Aufglühen seiner Augen hatten sich dann doch endlich alle zur Ruhe begeben. Ein wenig schlecht fühlte sich Merlin diesbezüglich. Einen Zauber auf seine Freunde zu wirken, ohne, dass sie davon etwas mitbekamen, erschien ihm nicht ganz richtig. Doch sie waren alle zu aufgewühlt, als dass sie es einfach so akzeptiert hätten. Morgen, wenn sie alle ausgeruht waren, würde Merlin es ihnen erklären. Dann konnten auch sie erzählen, was er in dem letzten Jahr alles so verpasst hatte.   Merlin sah hinab auf seine Hände. Ein Jahr. Ein ganzes Jahr war vergangen, seit er in der entscheidenden Schlacht gegen Morgana gestorben war. War es ein friedliches Jahr? Wurde die Magie endlich in Camelot akzeptiert? Hatte sein Tod den erhofften Wandel ausgelöst? Unendliche Fragen, die Merlin auf der Seele brannten, die allerdings bis zum nächsten Tag warten mussten. Für Merlin selbst bestand dieses Jahr nur aus Schwärze. Schwerelosigkeit und Nichts. Es war so, wie er es seinen Freunden geschildert hatte. Als er langsam erwachte, schien er zu schweben. Seine Sinne funktionierten nur langsam. Als er einen Atemzug tätigen wollte, merkte er, dass er unter Wasser trieb. Schnell schwamm er nach oben, wo er Licht ausmachen konnte. Und als er endlich an der Oberfläche trieb konnte Merlin sich kaum Gedanken über irgendetwas machen. Denn er spürte, dass er nicht alleine am See war. Im Kreis drehte er sich umher und sah sich um, bevor er endlich wieder in die strahlenden Augen von Arthur sehen konnte. Und da begriff auch Merlin etwas. Er war zurück. Lebend.     Einem Gefühl folgend stand Merlin auf. Er war nicht müde. Nicht wirklich. Ein Jahr lang war er tot. Merlin selbst kam es so vor, als wenn er nur für eine sehr lange Nacht geschlafen hätte. Dementsprechend war er auch nicht müde. Und zudem war er viel zu glücklich und aufgewühlt, um jetzt zu schlafen.   Seine Augen glühten auf, als er die Umgebung ins Auge nahm. Seine Magie tastete alles im näheren Umfeld ab, doch er konnte nichts Ungewöhnliches oder Beunruhigendes entdecken. Nein, seinen Freunden drohte keine Gefahr. Er konnte sie für einen Augenblick alleine lassen.   Schließlich… wollte er noch etwas erledigen.         Merlin machte sich auf den Weg zurück zum See. Dieser lag nun wieder ruhig vor ihm. Nichts zeichnete noch davon, dass vor wenigen Stunden hier noch ein Wunder widerfahren war. Ein Wunder, von dem er ein Teil war. Merlin wusste nicht, wie es möglich war. Aber vielleicht kannte er jemanden, der eine Antwort dafür hatte.   Merlin reckte den Kopf über den Himmel und rief leise „Oh drakon…“ Es war ein gutes Gefühl, die Macht, welche ihn mit einem anderen Wesen verband, wieder spüren zu können. Die Magie, welche ihn als Drachenmeister und die Drachen miteinander verband, war ein Gefühl, welches kaum zu beschreiben war. Es gehörte zu ihm wie seine Magie oder die Luft zum Atmen. Jahrelang hatte er dieses Gefühl in sich getragen, doch vor dem Tod seines Vaters nie wirklich greifen können. Anfangs war es wie eine Kette, welche Kilgarrah an ihn fesselte. Doch mit der Zeit hatte es sich verändert, wurde immer stärker und immer mehr zu einem festen Band, welche sich um sie schlang. Kilgarrah und ihn zu einer Einheit machte. Zu Freunden. Zu Brüdern. Doch jetzt war es anders. Es dauerte auch nur wenige Momente, bis er die bekannten Flügelschläge hörte, auch wenn sie definitiv leiser und irgendwie geschmeidiger wirkten, als er es kannte. Wie ein Stern am schwarzen Nachthimmel sah er sie kommen. Langsam landete ein schneeweißer Drache vor dem jungen Zauberer. Eine kurze Zeit sahen sich die beiden einfach nur an, blau traf auf blau, bis sich der weiße Drache vor seinem Meister verneigte. Merlin lächelte glücklich. „Aithusa…“, sagte Merlin sanft. Das Band, welches er zwischen sich und Aithusa spürte, war noch dünn und schwach, doch der Zauberer war sich sicher, dass es wachsen und stärker werden würde. So wie es einst zwischen ihm und Kilgarrah geschah.   Als sich der Drache aufrichtete, konnte Merlin es sehen. Ein glückliches und erfreutes Lächeln lag auf Aithusas Schnauze. Nichts erinnerte mehr an die einsame, verkrüppelte Gestalt mit den gebrochenen Augen. So strahlend hatte Merlin die Drachendame seid ihrer Geburt nicht mehr gesehen. „Ich bin froh, dich endlich wieder sehen zu können, Merlin.“ Eine wunderschöne klare Stimme erklang und ließ Merlin warm ums Herz werden. In ihrem letzten Leben konnte Aithusa nicht sprechen, sich kaum verständigen. Nun hatte sie diese Gabe gefunden. „Es ist viel zu lange her.“ Merlin nickte. „Es freut mich, dass es dir nun so gut zu gehen scheint, Aithusa.“ Der Drache nickte. „Ja. Es geht mir sehr gut. Das habe ich dir zu verdanken.“ Merlin ließ seinen Blick langsam über seine Gegenüber gleiten. Ein wunderschöner Drache, der nichts mehr mit dem Wesen gemein hatte, welches damals an Morganas Seite verweilte. „Du bist wirklich wunderschön.“   Aithusa lächelte und ihre Augen funkelten. Ja, das war sie wirklich. Wunderschön. Und nicht nur das. Kräftig, wendig, stark. Alle Eigenschaften eines Drachen vereinten sich in ihr. Und das hatte sie nur ihm zu verdanken. Kurz vor ihrem Tod… als Aithusa schon dabei war aufzugeben und an das Licht zu glauben… da spürte sie seine Wärme… die Geborgenheit, welche nur Merlin ihr geben konnte. Und sie hörte seine Worte. Die Worte, welche alles ändern sollte.     Flashback   Und plötzlich hörte Aithusa sie. Merlins Stimme. Er flüsterte ihr leise Dinge ins Ohr, in der alten Sprache der Drachen. Sie hörte zu und ihre Augen weiteten sich.   „Du wirst sterben. Doch nicht ewig. Du wirst wiederkehren. Voller Licht. Voller Macht. Voller Leben. Und ich bitte dich um eines. Bitte beschütze Arthur an meiner Stelle.“   Und langsam begann Aithusa zu begreifen, was Merlin vorhatte.     Flashback Ende     Ja, Aithusa hatte begriffen. Merlin nutzte seine unglaubliche Macht, seine Macht als Drachenmeister, um ihr ein neues Leben zu schenken. Nie hätte die Drachin auch nur geahnt, dass so etwas möglich wäre. Doch Merlin macht das Unmögliche möglich. Durch seine unglaubliche Macht und seine reine Seele. Und trotzdem durchzog ein Stich der Trauer ihr Herz, welchen sie damals nicht verspüren konnte, während sie die letzten Momente ihres Lebens durchlief. Merlin wusste, dass er sterben würde. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Schlachtfeld lebend zu verlassen. Und deshalb bat er sie, dass sie an seiner Stelle Arthur beschützen möge. Es war eine Bitte. Kein Befehl. Merlin hätte es ihr durchaus befehlen können, doch das konnte er nicht. Das wollte er nicht, dass wurde Aithusa mit der Zeit klar. Nach allem, was Merlin für sie getan hatte, erschien es für sie das einzig Richtige. Und so hatte Aithusa in dem letzten Jahr ein Auge auf den König, hätte ihn beschützt, wenn es wirklich nötig gewesen wäre, auch wenn sie nie in Erscheinung getreten war. Denn dies war Merlins Platz. Direkt neben dem König. Als sein Berater. Als sein Beschützer. Als sein Freund.     Eine Stille herrschte zwischen Meister und Drache, wobei beide in ihren Gedanken versunken waren. Doch ein Gedanke huschte durch Merlins Kopf. Etwas, was sein Lächeln verblassen ließ. Er war froh, dass Aithusa zu ihm kam. Das Aithusa seinem Ruf gefolgt war, hatte aber auch einen bitteren Beigeschmack. Schon zuvor hatte er ein bestimmtes Gefühl verloren. Nur noch ein Nachhall der einstigen Verbindung zum ehemaligen letzten seiner Art herrschte in ihm. Das konnte nur eines heißen. „Kilgarrah ist tot, nicht wahr?“ Schmerz huschte über das Gesicht der Drachendame, als sie diese Frage hörte. Ihr Lächeln fiel in sich zusammen und sie seufzte. „Ja. Es dauerte nur wenige Tage, nachdem du von uns gegangen warst. Dann war auch sein Ende gekommen.“ Merlin seufzte. Schuld machte sich in ihm breit. Wäre er nur früher für Kilgarrah da gewesen oder hätte ihn früher befreit, dann hätte der alte Drache noch viel mehr die Welt und seine Freiheit genießen können. Immer wieder hatte er den alten Drachen vertröstet und ihm somit kostbare Zeit in Freiheit genommen.   Aithusa schüttelte ihren schuppigen Kopf. Sie schien zu wissen, was ihr Gegenüber dachte. „Nein, Merlin. Kilgarrah war dir dankbar. Durch deine Hilfe konnte er frei sein und musste nicht in Gefangenschaft sterben. Das wäre für ihn unerträglich gewesen. Mit seinem letzten Worten wollte er, dass ich dir sage, dass er dir dafür mehr als dankbar war. Er hatte nie den Glauben in dich verloren und war sich sicher, dass du die Welt verändern wirst.“   Aithusa selbst konnte kaum beschreiben, wie viel es ihr bedeutet hatte, dass Merlin sie vor ihrem Tod von den Ketten Morganas befreit hatte. Sie konnte nicht in Worte fassen, wie frei sie sich fühlte. Aber sie konnte nach empfinden, wie große die Dankbarkeit von Kilgarrah war. Ihr Artgenosse, den sie in seinen letzten Stunden begleitet hatte.     Flashback   Es dauerte scheinbar nur einen Tag, nachdem Aithusa starb. Da öffnete sie wieder ihre Augen. Zusammen gerollt lag sie auf einer Lichtung. Bedachtsam streckte sie sich. Und es war ein ungewohnt gutes Gefühl. Keine Schmerzen in den Gliedern, kein Knirschen oder Knacken der Knochen. Keine Schiefstellungen oder Missbildungen. Sie konnte ihren gesamten Körper bewegen. Langsam stand sie auf und besah sich ihre Beine. Weiße Schuppen glänzten im Licht der aufgehenden Sonne, welche über die Lichtung schien. Sie bewegte ihre Krallen, Eine nach der Anderen. Sie schwang ihren Schweif umher. Alles war mit weißen Schuppen bedeckt. Ihre Flügel breiteten sich aus. Ohne Schmerzen. Vorsichtig schlug sie mit ihnen. Aithusa spürte den Wind an ihrer Membran. Immer kräftiger wurden die Schläge, bis der Drache tatsächlich abhob. Meter für Meter schwebte Aithusa praktisch über dem Boden. Sie spürte ihre Muskeln, die Sehnen, das Blut durch ihre Adern pumpen, doch eines spürte sie nicht. Schmerzen. Zum ersten Mal, seit sie in Gefangenschaft war, spürte sie keine Schmerzen. Aithusa lächelte.   Aithusa kostete noch ein wenig das Gefühl ihres neuen Lebens aus, bevor sie sich auf den Weg machte. Sie wollte wissen, wie der Kampf ausgegangen war und was aus Merlin und Morgana geworden war. Aithusa konnte keinen der beiden spüren. Verwunderlich war es nicht. Merlin hatte das Band oder vielmehr die Kette zu Morgana zerstört. Sie wurde aus Aithusas Seele entfernt. Und zu Merlin hatte sie keinen Kontakt nach ihrer Geburt. Zwischen ihnen konnte kein richtiges  Band entstehen. Doch irgendetwas störte Aithusa daran. Sie war zu viele Jahre an Morganas Seite, als dass sie so plötzlich völlig verschwinden würde und Aithusa sie nicht mehr spüren würde. Und Merlin war der letzte Drachemeister und der Mann, der sie auf die Welt geholt hatte. Zwei Mal. Eine Verbindung war da, so schwach und klein sie auch sein mochte. Das Aithusa keinen von beiden spürte konnte eigentlich nur eines bedeuten.   Sie überflog die Schlucht, in der die Schlacht stattfand, doch sie konnte niemanden sehen. Nach Camelot wagte sie sich nicht. Dort würde man sie vielleicht töten wollen. Immerhin wusste Aithusa nicht, wie viel Zeit vergangen war und wie die Menschen auf einen der beiden letzten lebenden Drachen reagieren würden. Ohne Anhaltspunkte konnte Aithusa nichts tun und würde auch nichts erfahren. Also tat sie das Einzige, was sie konnte. Sie flog zu Kilgarrah.   Drachen spürten einander. Wenn sie nah genug beieinander waren konnten sie ihre Präsenz spüren. Wenn sie verbunden waren, dann spielte auch die Entfernung keine Rolle. Aithusa konnte keine Verbindung zu Kilgarrah aufbauen, doch er war nah. So nah, dass sie ihn fand. Ihr Weg führte sie in die Berge. Die Berge. Wo sonst könnte ein Drache wie Kilgarrah leben, wenn er von Menschen nicht gefunden werden will? Die Menschen waren noch nicht so weit, dass sie Berge erobern und für sich beanspruchen wollten. Hier konnten Tiere und magische Wesen noch ein friedliches Leben führen. Ein Leben sollte allerdings schon bald enden.   Kilgarrah sah furchtbar aus. Aithusa hatte den Großen Drachen nur wenige Male gesehen. So selten, man konnte es an einer Hand abzählen. Und doch war ihr klar, dass er nicht so aussehen sollte, wie er es tat. Kilgarrah lag am Boden. Die Flügel schlaff neben seinem Körper, bedeckten diesen halb. Seine sonst so goldenen Schuppen wirkten glanzlos. Aithusa trat näher. Langsam, beinahe bedächtig ging sie um den Leib ihres Artgenossen herum und blieb vor seinem Kopf stehen. Diesen hatte Kilgarrah zwischen seinen Vorderbeinen gelegt. Sein Atem war für eine Kreatur seiner Größe leise, zu leise. Und zu flach. Kilgarrahs Augen öffneten sich, als er ihre Anwesenheit spürte. Aithusas Herz schmerzte, als sich ihre Blicke trafen. Das Gold in diesen Augen, dass so viel von der Welt gesehen hatte und so viel Gräueltaten beobachten musste, war verblasst. Matt. Sein Blick müde und leer. Kilgarrah, der Große Drache, vor Aithusa letzter seiner Art, eine der mächtigsten magischen Wesen dieser Welt, lag im Sterben. So wenig sie sich kannten und auch nie kennenlernen würden, so sehr schmerzte es Aithusa doch tief in ihrem Inneren, einen Artgenossen sterben zu sehen. Ihren letzten Artgenossen. Ihr kamen die Tränen. Doch plötzlich blitzte Überraschung in Kilgarrahs Augen auf, gefolgt von Freude. Die gewaltige Schnauze des Drachen verbog sich zu einem Grinsen. Minimal und schwach. Und doch da. „Also hat es Merlin wirklich geschafft“, sagte er mit leiser Stimme. Es war keine Frage, eher eine Feststellung. Kilgarrah schien gewusst zu haben, dass sie wiederkehren würde. Woher dieses Wissen kam, konnte Aithusa nicht sagen. Es gab Vieles, was sie nicht verstand, doch im Moment wollte sie nur Eines wissen.   „Sag mir, Kilgarrah. Was ist geschehen? Was ist mit Merlin passiert?“ Kurz überlegte Aithusa, die nächste Frage einfach herunter zu schlucken, doch das ging nicht. Das konnte sie nicht. „Und mit Morgana?“   Kurz huschte etwas wie Wut über die Mimik des alten Drachen, als er Morganas Namen vernahm. Doch so schnell wie sie kam, war sie auch wieder verschwunden. Tief holte er Luft. „Merlin hat es geschafft, die Hexe zu töten.“ Ein schmerzhafter Stich. Die Präsenz Morganas wurde mit Aithusas neuem Leben aus ihrer Seele verbannt. Doch ein Nachhall existierte noch in ihr und würde es auch immer. Morgana war der erste Mensch, der Aithusa etwas bedeutet hatte. Aithusa schluckte. Kilgarrah seufzte. „Diese Heldentat bezahlte er allerdings mit seinem Leben.“ Ein weiterer Stich. Noch schmerzhafter. Der Mann, der sie auf diese Welt geholt, sie von der Dunkelheit befreit und ihr ein weiteres Leben im Licht geschenkt hatte, war fort. Sie keuchte. Zwei Menschen. Aithusa hatte zwei Menschen verloren, die ihr etwas bedeutet hatten. Und nun sollte auch noch Kilgarrah sie verlassen. Aithusa biss die Zähne zusammen. Was sollte sie noch auf dieser Welt? Warum hatte Merlin sie zurückkehren lassen? Als letzter Drache auf der Welt, verlassen von jedem, der ihr etwas bedeutete. Dazu verdammt, ein Leben in Einsamkeit zu verbringen.  Sie konnte nun ein Leben in Freiheit führen, doch was brachte ihr das? Für das junge und doch zugleich alte Wesen Aithusa war das kein Leben, welches sie führen wollte. Die Tränen, welche sich in ihren Augen gesammelt hatten, liefen über.   Kilgarrah schien zu wissen, was seine Artgenossin dachte. Er wollte trotz der Geschehnisse in der Vergangenheit und seiner eigenen Erfahrung nicht, dass sie solche Gedanken hegte. Man musste das Leben schätzen, ganz gleich, wie schlimm es manchmal aussah. Außerdem... er wollte sie nicht traurig sehen. Aber seine nächsten Worte würden sie wieder aufmuntern und ihr Hoffnung geben. „Merlin wird zurückkehren.“ Aithusa sah überrascht auf, die Tränen liefen ihr über die schuppigen Wangen. „War es Arthurs Bestimmung gewesen, zurück zu kommen, wenn er am Meisten gebraucht wird, so ist es nun Merlin, der ins Leben zurückkommen wird. Nicht nur du trauerst, Aithusa. Auch Merlins Freunde sind gefangen in Trauer und Verzweiflung. Es wird lange dauern, bis sie wieder ihr gewohntes Leben aufnehmen können. Ganz besonders Arthur.“ Kilgarrah atmete tief ein und aus. Das Reden strengte ihn an. „Das Königreich kann nicht in der Form erblühen, wie wir es uns erträumen. Nicht, solange Merlin fort ist.“   Kilgarrah sah sie plötzlich an. Lange. Als könne er nicht glauben, dass Aithusa zurück war. Obwohl er es vorher wusste, schien es auch ihm wie ein Wunder. Er lächelte. „Du bist wirklich ein vollkommen anderes Wesen als zuvor. Reiner und mit Sicherheit mächtiger, als ich es mir bei deiner Geburt hätte vorstellen können.“ Beinahe verlegen zog Aithusa den Kopf ein. Bisher hatte sie kaum Komplimente bekommen. Welche von Morgana, doch diese konnte Aithusa an einer Klaue abzählen. Nach ihrer gemeinsamen Gefangenschaft und ihrer Entstellungen waren auch diese so seltenen Worte ihrer ehemaligen Gefährtin vollkommen verstummt.   „Der junge Zauberer ist wirklich mächtig geworden. Mächtiger, als er wahrscheinlich selber ahnt. Wie gerne würde ich die Zeit erleben, wenn er seine Magie völlig ausschöpfen kann. Doch das wirst du für mich übernehmen müssen, Aithusa.“ Die Drachendame nickte. Etwas anderes konnte sie im Moment nicht tun.   Sie legte sich neben seinen Kopf, schenkte ihm ein wenig Wärme für seinen auskühlenden Körper. Die mächtige Flamme in seinem Inneren schien immer weiter zu erlöschen. So wie das Leben in ihm. Mit leiser Stimme erzählte Kilgarrah ihr Geschichten. Erzählungen aus der Vergangenheit und Erwartungen für die Zukunft. Er wollte dem letzten Drachen noch so viel wie möglich von seinem Wissen vermitteln, bevor es mit ihm zu Ende ging. Aithusa hörte gespannt zu, versuchte alles, was Kilgarrah ihr erzählte, in ihrem Kopf zu verankern, damit sie es niemals vergaß. Eine Sache allerdings widmete sie ihre gesamte Aufmerksamkeit. Wie sie dazu beitragen konnte, dass Merlin zurückkehren könnte.   Es schienen Stunden zu vergehen, während Aithusa den Worten von Kilgarrah lauschte. Doch irgendwann wurde seine Stimme leise und krächzender, die Luft wurde angestrengt in die Lungen gezogen. Bis Kilgarrah verstummte. Angestrengt zog er die Luft ein und krächzte sie fast wieder aus. Immer größere werdende Abstände bemerkte Aithusa zwischen den Atemzügen. Sie beide wussten, dass es soweit war. Aithusa schmiegte sich an seine Schnauze. Ihre Augen schimmerten. Ein letztes Mal tauschten die beiden Drachen einen Blick, bevor Kilgarrah seine Augen langsam schloss. Das Gefühl, welches Aithusa ergriff, als das Leben Kilgarrah verließ, war so mächtig, so gewaltig... Es schien sie fast selbst zu packen und mit sich zu ziehen. Langsam... ganz langsam änderte sich alles. Der Kopf von Kilgarrah sank noch ein wenig tiefer auf den Boden. Sein Körper entspannte sich. Tief und beinahe grollend atmete Kilgarrah aus, sein warmer Atem umschmeichelte Aithusa, die letzten Flammen seiner selbst fanden den Weg durch seine Kehle hinaus, als glühende Funken. Wie Glühwürmchen flogen sie um die Drachen herum, bis sie verglüht waren. Ein Schauspiel, welches Sekunden dauerte, bevor Aithusa sich wieder besann und zu ihrem Artgenossen wendete. Kilgarrah atmete nicht wieder ein. Es sah aus, als ob er schlafen würde. Endlich ruhen würde, um bald wieder die Augen aufzuschlagen und sich wieder in die Lüfte zu erheben. Doch er schlief nicht. Kilgarrah war gegangen. Für immer.   Tränen liefen Aithusa erneut über die Wangen. Sie schluchzte.  Ein weiterer schmerzhafter Stich in ihr Herz, diesmal völlig bewusst und spürbar. Der erste Tod von einer ihr wichtigen Person, den sie selbst mit erlebt hatte. Ihres letzten Artgenossen. Der Einzige, der im Moment für sie da war. Ein grausames Gefühl. Aithusa schmiegte sich an den immer kälter werdenden Leib von Kilgarrah. Noch lange blieb sie an seiner Seite, bevor sie sich auf den Weg machte, um zu lernen und sich zu überlegen, was sie tun konnte. Aithusa wollte Kilgarrah seinen Traum erfüllen. Ein gerechtes Königreich, in dem sich magische Geschöpfe, Druiden und Zauberer nicht verstecken mussten. Ein Ort, der wie ein Zuhause für sie werden konnte. Und dafür... brauchten sie Merlin.   Flashback Ende       Ja. Merlin war der Schlüssel. Ohne Merlin verheilten die Wunden seiner Freunde nur schwer und das Vertrauen zwischen Menschen und Zauberern wuchs nur langsam. Wenn jeder erfahren würde, dass Merlin... das Emrys für Camelot kämpfte und es sich zur Aufgabe gemacht hatte, König Arthur zu beschützen... Und wenn Arthur dann auch selbst die Magie wieder willkommen hieß und keine Zauberer oder Druiden mehr voller Vorurteilen begegnete... Wenn ein mächtiger König und ein mächtiger Zauberer zusammen für den Frieden kämpften... Wer sollte sich dann noch dagegen sträuben und Angst haben müssen? Und endlich war es wahr geworden. Merlin war zurück. Das war alles, was im Augenblick für Aithusa zählte.   „Kilgarrah war froh, dass er dich getroffen hatte. Das du ihn befreit hast. Das du so sehr für dein Schicksal gekämpft hast. Das du es geschafft hast, die Dunkelheit zu besiegen. Er war dir sehr dankbar. Und ich bin es auch. Und für noch so viel mehr.“   Merlin lächelte, wusste er doch genau, was seine Gegenüber meinte. Er nickte Aithusa dankend zu, bevor sein Gesicht wieder ernst wurde. „Auch wenn es dir gut geht. Du vermisst sie, habe ich Recht?“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage. Das Lächeln der Drachin erlosch wieder. Trauer war in ihren Augen zu sehen. Obwohl sie verglichen so wenig Zeit miteinander verbracht hatten, wusste Merlin dennoch, was in ihr vorging. Manchmal war er scharfsinniger, als manch einer ihm zutrauen würde. Sie seufzte. „Ich bin glücklich. Und doch vermisse ich sie, so unglaublich es auch klingen mag“, gab Aithusa zu. „Ich erinnere mich noch genau, wie ich sie getroffen habe. Alleine und verlassen im Wald. Am Ende ihrer Kräfte und dem Tode nah. Ich sah ihr Herz. Ich sah ihr Innerstes. Sie war verletzt. Einsam. Von der Welt im Stich gelassen.“ Hart schluckte Merlin. Natürlich war ihm bewusst, dass er einen großen Teil der Schuld auf sich geladen hatte. Wenn er früher zu Morgana gegangen und ihr gesagt hätte, dass er ebenfalls zaubern konnte, ihr gesagt hätte, wer er war... vielleicht hätte dann alles gut werden können. Aber hätte es wirklich etwas gebracht? Wäre sie nicht trotz allem den Worten ihrer Schwester Morgause verfallen? Hätte Camelot nicht noch schlimmeren Angriffen trotzen müssen, wenn sie gewusst hätten, dass er Emrys war? Vielleicht wären seine Freunde dann in noch größerer Gefahr gewesen. Merlin seufzte. Es brachte nichts, sich darüber Gedanken zu machen, was hätte sein können. Passiert war passiert und er konnte es nicht mehr ändern. So sehr Merlin es sich teils wünschte, so war er doch froh, dass der Kampf endlich vorbei war. „Ich hatte Mitleid mit ihr und beschloss, ihr zu helfen“, fuhr Aithusa fort. „Ein Band fesselte mich an sie. Selbst, wenn ich gewollt hätte, ich hätte sie nicht verlassen können. Auch, als ich es wirklich wollte.“ Traurige Augen blickten zu Merlin hoch. „So schlau ich auch sein mag, ich bin noch immer ein Tier, Merlin. Mein Überlebensinstinkt war stark, ich wollte gehen. Ich wusste, dass sie es zu weit getrieben hatte, als sie eine Kreatur wie den Roch beschworen hatte. Ich wollte gehen und mich in Sicherheit bringen. Gehen, solange ich noch konnte. Doch die Zeit, welche sie und ich zusammen in Gefangenschaft verbringen mussten, hat mich geschwächt, mich noch mehr an sie gekettet und ich wurde dieses… dieses Gebilde, welches du kanntest.“ Ein Schauer rann der jungen Drachin über den Rücken, ebenso wie Merlin. Ihm war, als könne er den Schmerz, welchen Aithusa damals verspürt haben musste, ebenso fühlen. „Sie wird immer eine Lücke in meinem Herzen hinterlassen. Auch wenn ich sie nie vergessen werde, ich bin bereit, diese Lücke zu füllen. Meine Loyalität sollte jemandem gehören, der sie auch wirklich verdient hat.“ Aithusa blickte in die Richtung, in welcher das Lager lag. Und Merlin schien zu wissen, wen die junge Drachin nun im Blick hatte. „Ein großes Herz, Gutmütigkeit und so unglaublich weise. Camelot und auch Arthur hätten keine bessere Königin finden können. Und solch eine großartige Person sollte beschützt werden.“ Aithusa lächelte wieder, ein glückliches Lächeln und Merlin tat es ihr nach. Es freute ihn ungemein, dass Aithusa eine Person gefunden hat, welche sie beschützen wollte. Es gab für ihn keinen Grund, etwas dagegen zu sagen. Natürlich konnte und würde Aithusa weiterhin ihre Freiheit genießen, aber in Camelot, bei Gwen... dort wäre ihr Aufgabe. Ihre Zuflucht. Ihr Zuhause. Eine solche feste Konstante in ihrem Leben zu haben... das wünschte sich Merlin für Aithusa.   Wieder herrschte Stille zwischen den beiden Geschwistern. „Du wusstest es, nicht wahr?“, fragte Merlin und sah seine Schwester erwartungsvoll an. „Du wusstest, dass Arthur die Macht hatte, mich zurückzuholen.“ Aithusa lächelte.     Natürlich wusste sie es. Hatte Kilgarrah es sich doch zur Aufgabe gemacht, ihr gerade dieses Wissen in seinen letzten Stunden zu vermitteln. Merlin würde zurückkommen. Durch Arthurs Hilfe. Aithusa musste nur warten. Auch wenn es schwierig war und sie voller Ungeduld diesen Tag herbei gesehnt hatte, kam ihre Chance schneller, als sie erwartet hatte. Der Tag von Merlins Tod war ein Jahr her. Und Aithusa spürte, dass es an der Zeit war. Sie hatte den Wandel der Welt bemerkt, als Arthur die Magie in seinem Königreich wieder erlaubte und Zauberer wieder ihren Fuß nach Camelot setzten. Es war langsam und noch immer herrschte Vorsicht, aber es war ein Anfang. Doch Aithusa reichte es noch nicht. Sie wollte wie Kilgarrah auch eine Welt, die nicht solch eine Dunkelheit hervorrief, wie sie selbst erfahren musste. Aithusa schauderte. Der Hass zwischen Menschen und Zauberern musste enden und dem Licht Platz machen. Dafür benötigten sie Merlin. Oder eher... dafür benötigte ihn Arthur.   Nur Arthur war dazu in der Lage, seine zweite Hälfte zurück zu fordern. Wenn er zeigte, dass er sich geändert hatte... Das er in der Lage war, die Welt zu verändern und niemanden mehr ausschließen würde... Das er die Chance, diese Welt in Licht erstrahlen zu lassen, annehmen würde... Dann könnte Arthur etwas bewirken, was sonst nicht möglich wäre. Und genau daran glaubte Aithusa, als sie Arthur nach diesem Jahr sah.   Es waren viele Gedanken, die Aithusa im Kopf umher schwirrten. Dinge der Vergangenheit. Sie wollte nicht mehr in der Vergangenheit leben. Im Moment war es so, wie es sein sollte.   „Nur mit dem Beistand seines Beschützers und Freundes kann das Königreich unter der Herrschaft von Arthur Pendragon erblühen und zum Mittelpunkt der jetzigen Welt werden. Obwohl du diese Worte wahrscheinlich schon überdrüssig bist, aber du und Arthur, ihr seid zwei Seiten ein und derselben Medaille. Und ohne die eine Seite kann die Andere nicht bestehen.“ Merlin nickte. Schon unendlich viele Male hatte er die Worte gehört, sie toleriert und mit der Zeit auch akzeptiert, aber niemals hatte er wirklich verstanden, wie weitreichend diese Verbindung zwischen Arthur und ihm wirklich war. Wie mächtig sie war. Ein warmes Gefühl stieg in Merlin auf.   „Außerdem…“, erklang plötzlich eine warme und sanfte Stimme vom See aus. Merlin und Aithusa drehten sich verwundert zu dem See. „Es war nicht dein Schicksal, an diesem Tag zu sterben.“ Merlin erschauderte. Er kannte diese Stimme. Hatte sie ihm doch vor ein paar Stunden noch darum gebeten, aufzuwachen. Langsamen Schrittes begab er sich zum See. Aithusa folgte ihm mit kleinem Abstand. Sie wusste nicht, wem die Stimme gehörte, aber sie wusste, dass von ihr keine Gefahr ausging. Dennoch wollte sie an Merlins Seite sein. Am Ufer angekommen sah Merlin in den See. Erst erkannte er nur sein eigenes Spiegelbild, doch schon im nächsten Moment spiegelte sich das Gesicht einer Frau im Wasser. Seine Augen weiteten sich. Sein Herz raste. Ungläubig blickte er sie an. Ohne den Blick von ihr abzuwenden ließ Merlin sich auf die Knie fallen und stützte sich mit seinen Händen vom Boden ab. Sie sah noch genauso aus wie damals und doch war sie in seinen Augen wunderschön. „Freya…“, hauchte Merlin atemlos.     Freya lächelte. Es war eine Wohltat, Merlin wiederzusehen und mit ihm zu sprechen. Auch, wenn es nur von kurzer Dauer sein sollte. Ihr war immer bewusst, dass es nicht Merlins Schicksal sein konnte, in Avalon zu ruhen. Sein Platz war an Arthurs Seite. In Camelot. Und als Calest und auch Caillach zu ihr sprachen, wusste sie, dass nur eine Person Merlin wieder zurückholen konnte. Sobald sich Arthur als würdig erwies wäre es ihr möglich, Merlin wieder nach Hause zu schicken. Und das hatte er. So schmerzhaft es für Freya auch war, Merlin so nah zu sein und ihn dennoch nicht bei sich haben zu können, so sehr freute es die Herrin vom See, dass Merlin endlich wieder zu seinen Freunden konnte.   „Du hast mit Arthur gesprochen, oder? Durch deine Worte hatte er erkannt, dass er mehr bewirken kann, wenn er nur er selbst ist.“ Es erschien Merlin nur logisch. Nicht Aithusa musste Arthur sich beweisen. Der Alten Religion musste er zeigen, dass er wahrhaftig der König war, auf den sie alle gewartet hatten. Und somit auch Freya, welche als Hüterin des Tores zu Avalon Merlin zurück schicken konnte. Freya schüttelte ihren Kopf. „Ich habe ihm nur das gesagt, was auch du ihm gesagt hättest. Er hat großes Vertrauen in dich, Merlin. Deinen Worten würde er immer Glauben schenken und nach ihnen handeln.“ Merlins Augen glänzten vor Freude, als er ihre Worte hörte und sie ansah. Auch Freya lächelte glücklich.   Einem Impuls folgend streckte Merlin seinen Arm in den See und ergriff ihre Hand, welche sie ihm entgegenstreckte. Sie war kalt, wahrscheinlich vom Wasser, doch es schien ihm, als könne er noch immer die Wärme spüren, welche sie damals bereits in ihm hinterlassen hatte. Es war die gleiche Wärme wie zuvor. „Du hast mich aufgeweckt. Dank dir kam ich wieder ins Leben zurück.“ Freya lächelte nur sanft, sagte jedoch nichts. Für Merlin war es allerdings Antwort genug und auch er lächelte sie an. Freya hatte ihn wieder zurück geschickt. Nur deswegen war er wieder am Leben. Doch mit diesem Gedanken kam auch die Ernüchterung. Merlin war am Leben. Freya nicht. Verzweiflung und Wut begann in ihm aufzusteigen. Er wollte, dass Freya leben konnte. Merlin hatte die letzte Begegnung mit Calest nicht vergessen. Es sollte möglich sein, dass Freya wieder leben konnte. Auch, wenn es seine Unsterblichkeit gekostet hätte, dass wäre Merlin gleich gewesen. Er wollte der Frau, die er liebte, diese Chance nicht verwehren. Irgendwann, da war er sich sicher, hätten sie sich wieder gesehen. Aber so wie es aussah, war es nicht möglich. Freya würde nicht leben. Nicht außerhalb des Sees. Nicht an seiner Seite... Diese Aussicht ließ Merlin das Lächeln verlieren.   Als wenn Freya seine Gefühle gespürt und seine Gedanken erraten hätte strich sie ihm beruhigend über den Handrücken und sagte leise „Nicht…“ Ihre Augen blickten traurig. Auch sie wollte nichts mehr, als ein Leben an Merlins Seite. Doch noch war ihre Zeit im See nicht abgelaufen.   Wie eine Ewigkeit kniete er da und hielt ihre Hand fest. Ihre Augen verließen niemals das Gesicht des Gegenübers. Merlins Knie und sein Rücken protestierten bereits, doch das war ihm gleich. Er wollte sie berühren, sie spüren, solange er es konnte. Langsam jedoch zog sie sich zurück. Nein, wollte Merlin sagen, doch es hätte nichts gebracht. Sie konnte den See nicht verlassen, egal, wie sehr er es sich wünschte. „Wann…?“, Er konnte seine Frage nicht beenden. Seine Kehle schnürte sich zu. Er räusperte sich. Merlin musste es wissen. „Wann werde ich dich wiedersehen?“ Freyas Augen glänzten, als sie ihn ein letztes Mal anlächelte. „An dem Tag, wenn der See mich aus meinen Pflichten entlässt.“ Merlins Augen weiteten sich. Sollte das heißen - ?! „Eines Tages?“ „Eines Tages bestimmt…“, sagte Freya noch, ein seltsames, geheimnisvolles Lächeln auf ihren Lippen, bevor das Bild verblasste und sie ihren Arm zurückzog. Merlin hielt sie fest, solange er konnte. Sein gesamter rechter Arm tauchte in das Wasser ein. Er spürte ihre kalte Hand in seiner. Langsam entglitt sie ihm, sanft fuhren ihre Finger über seine. Solange, bis sie verschwand. Noch immer in derselben Position verharrend kniete Merlin da uns starrte in das Wasser. Ließ das Geschehene nochmal Review passieren. „Eines Tages...“, murmelte er, als er sich wieder aufrichtete und sich auf dem Boden niederließ. Er betrachtete seinen nassen Arm. Eines Tages würde Merlin Freya wieder in den Armen halten und ihre Wärme spüren können. Ein Leben zusammen führen. Da war er sich ganz sicher. Sie hatte nicht gesagt, wenn er zu ihr zurückkehren würde. Nein. Eines Tages würden sie sich wieder sehen. Und Merlin würde Freya endlich das sagen, was er ihr schon vor langer Zeit hätte sagen sollen.   Aithusa kam näher. Die Zeit des Gespräches über hatte sie sich im Hintergrund gehalten, wollte das Wiedersehen nicht stören, doch jetzt merkte sie, dass Merlin Gesellschaft und Nähe brauchte. Langsam trat Aithusa neben Merlin und setzte sich neben ihren Meister. Nein. Ihren Freund. Vorsichtig schmiegte sie ihren Kopf an ihn, bevor sie ihn auf seinen Schoß ablegte. „Es tut mir Leid.“ Kurz war der Schwarzhaarige überrascht. Seine trauernde Miene wandelte sich in eine selig lächelnde. „Schon gut“, sagte Merlin und er schien es auch wirklich so zu meinen. „Eines Tages werde ich sie wieder sehen.“ Merlin setzte er sich in eine bequemere Position auf den Boden, die Beine ausgestreckt. Vorsichtig und sanft streichelte der Drachenmeister seiner Schwester über den Kopf, worauf diese die Augen schloss und leise anfing wohlig zu schnurren. So verbrachten die beiden die Nacht an dem See und genossen den Beginn des Lebens, welches sie nun führen konnten. Ein Leben im Licht. Kapitel 31: Freunde bis zum Ende der Zeit -----------------------------------------       Kapitel 31 – Freunde bis zum Ende der Zeit     Das Zwitschern der Vögel wehte über die Lichtung. Die Sonne nahm langsam ihren Platz am Himmel ein. Die ersten Strahlen schienen durch die Wipfel der Bäume und kündigten den neuen Tag an. Gemächlich erwachten langsam alle auf der Lichtung. Nahmen die friedliche Atmosphäre in sich auf. So eine erholsame Nacht hatte seit langem keiner mehr von ihnen. Es machte keinen Unterschied, dass sie in einem Wald genächtigt hatten. Die Gewissheit, dass sie seit einem Jahr ohne die Bedrohung durch Morgana leben konnten und das Land immer weiter erblühte, ließ in ihnen Freude und Erleichterung herrschen. Das nun auch ihr aller Freund wieder bei ihnen war, ließ Glück in ihnen aufkommen, dass niemand zu beschreiben vermocht hätte. Es war ein wahres Wechselbad der Gefühle, doch der Grund war der Beste, den sie sich je erhoffen konnten.   Umso erfrischter und erholter erwachten Arthur, Gwen und ihre Freunde.   Arthur schlug die Augen auf und blinzelte. Kurz sah er sich um, war ein wenig orientierungslos, doch schnell kamen die Erinnerungen des Abends wieder zurück. Ein breites Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Ein Gewicht, welches auf seinem rechten Arm lag zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Gwen hatte sich an ihn heran gekuschelt und er hatte einen Arm um sie geschlungen. Ein seliges Lächeln war auf ihren Lippen zu sehen. Auch sie schien eine schöne Nacht gehabt zu haben. Sanft küsste Arthur seine Frau auf die Stirn. Nur Sekunden später schlug sie die Augen auf, blinzelte und sah zu ihm auf. Ihr Lächeln wurde noch breiter. Es schien ihr nicht im Geringsten etwas ausgemacht zu haben, auf dem Waldboden zu schlafen. Arthur küsste Gwen kurz auf den Mund, bevor er sich langsam aufsetzte und umsah. Leon war bereits aufgestanden und streckte sich. Auch Elyan saß bereits aufrecht und grinste Arthur an, als er dessen Blick bemerkte. Gwaine schien noch im Traumreich zu sein, als er von Percival einen leichten Tritt in die Seite bekam. Dafür musste sich der große Ritter zwar etwas strecken, doch der Anblick von Gwaine, welcher aufschreckte und sich beim aufschnellen fast in seinem Umhang verfing, war es allemal wert gewesen. Die Lichtung wurde von Lachen erfüllt. Es war wie am vergangenen Abend. Keiner von ihnen hatte seit einem Jahr mehr so ausgelassen gelacht. War so fröhlich. Glücklich. Die Zeit der Trauer war vorbei. Sie konnten alle wieder richtig lachen und leben. Wieder sie selbst sein. Denn das Stück, welches dazu gefehlt hatte, war wieder da. Merlin war wieder -   Mit einem Mal blieb Arthur das Lachen im Halse stecken. Bei seinem Blick über die Lichtung hatte er eine Person nicht gesehen. Eine Stimme hörte er in diesem Moment nicht lachen. Noch einmal sah Arthur sich um, noch genauer als vorher, doch das Ergebnis blieb das Gleiche. Merlin war fort.   Panik kam in Arthur auf. Sein Atem ging schneller. Die Möglichkeit, dass alles nur geträumt zu haben, ließ Übelkeit in ihm aufsteigen. Er schlug seinen Umhang, welcher als Decke fungierte, zurück und erhob sich schnell. Den Blick von Gwen bemerkte er nicht. Auch seine Ritter sahen ihren seltsam König an, doch das alles zählte in diesem Moment nicht. „Merlin?“, fragte Arthur in die Runde, als wäre Merlin nur hinter dem nächsten Baum und würde hervor kommen, sobald er die Stimme seines Königs hörte. Doch er kam nicht. Beinahe erwartete Arthur verwirrte und fassungslose Blicke von seiner Frau und seinen Begleitern, wie er denn nur auf die Idee kommen könnte, dass Merlin da wäre. Sein Herz krampfte. Als auch die Anderen sich umsahen und nach Merlin riefen fiel Arthur solch eine große Last vom Herzen. Er hatte nicht geträumt. Er sandte Danksagungen an die Götter. Der letzte Abend war wirklich passiert. Doch wo war Merlin?   Ein Rascheln zwischen den Bäumen ließ sie alle herumfahren. Bevor auch nur einer von ihnen ein Schwert zücken konnte, trat bereits der Gesuchte aus dem Wald hervor. Merlin blieb kurz stehen, als er merkte, dass die gesamte Aufmerksamkeit seiner Freunde auf ihm lag. Sein Blick zeigte Verwunderung, doch schon grinste er und hielt die Wasserschläuche der Ritter hoch, welche er aufgefüllt hatte. Merlin wurde allerdings nur angestarrt.   Arthur hätte beinahe vor Erleichterung losgelacht. Es war kein Traum. Nicht für ihn und auch nicht für seine Freunde. Es war keine Einbildung. Es war Wirklichkeit. Merlin lebte.   Es wurde kein Wort in diesem Moment gesprochen. Das laute Lachen und die leichten Tränen im Augenwinkel waren genug…     Sie hatten sich schnell wieder beruhigt und dem Schwarzhaarigen durch die Haare gewuschelt. Einfach, um sich noch einmal davon zu überzeugen, dass es wahr war. Das Merlin wirklich zurück war…   „Wir sollten langsam zurück nach Camelot“, entschied Arthur. So ruhig und entspannend die Umgebung auf sie alle wirkte und wie sehr sie die letzten Stunden trotz des Gefühlschaos genossen hatten, so sehr zog es sie alle wieder zurück nach Camelot. Dort gab es noch viel zu erledigen. Und noch mehr zog es sie zurück, jetzt, wo Merlin sie begleiten konnte und und ganz Camelot konnte endlich die ganze Wahrheit erfahren. Es brannte Arthur schon seit einem Jahr auf der Seele, dass das ganze Königreich erfahren sollte, wie viel sie und vor allem er selbst Merlin zu verdanken hatten. Und nun sollte es endlich soweit sein.   „Aber vorher“, warf Merlin ein und erhielt somit die gesamte Aufmerksamkeit „gibt es noch jemanden, den ich euch vorstellen möchte.“ Verwundert wurde der Schwarzhaarige angesehen. Tief holte Merlin Luft. „Aithusa!“ Er hatte gespürt, dass sie in der Nähe war. Sie schien sich nicht selber zu trauen, auf die Lichtung zu treten. Vielleicht wollte sie auch einfach den richtigen Moment abwarten. So mächtig Aithusa als Drache auch war, sie war noch jung und hatte bisher sehr selten Kontakt zu Menschen. Und in ihrem ersten Leben hatten ihr die Menschen auch kaum eine Chance gegeben, zu beweisen, dass sie kein Monster war. Das… sollte sich jetzt ändern.   Langsam kommt Aithusa auf die Lichtung. Majestätisch und mit erhobenem Kopf stellte sie sich vor die Anwesenden. Ihre strahlend blauen Augen blickten umher. Keine Spur von Unsicherheit war zu sehen. Merlin allerdings konnte sie spüren. Ermunternd und mit einem Lächeln nickte er ihr zu, bevor er sich seinen Freunden zuwandte. „Darf ich euch vorstellen? Aithusa, die Letzte ihrer Art.“ Bedauern schwang in Merlins Stimme mit. Er nahm sich vor herauszufinden, ob es nicht doch eine Möglichkeit gab, dass die Drachen fortbestehen konnten. Den zweiten großen Traum von Kilgarrah wahr werden zu lassen. Das war er nicht nur dem Großen Drachen schuldig. Auch seine Ehre als Drachenmeister verlangte es. Kurz blitzte es in den Augen von Aithusa auf. Stumm nickte sie ihm zu und er verstand. Sie würde bei dieser Suche an seiner Seite sein. Aithusa wandte sich nun wieder an die ihr unbekannten Personen, neigte ihren Kopf und verbeugte sich leicht vor den Anwesenden. „Seid mir gegrüßt. Es ist mir eine Ehre, Euch noch einmal zu begegnen, Eure Hoheit. Und ebenso Euch, Mylady. Und auch Euch grüße ich von Herzen, legendäre Ritter von Camelot.“   Merlin lächelte, während seinen Freunden die Verwirrung anzusehen war. So wie Kilgarrah und die Druiden immer von dem Schicksal Arthurs sprachen… der Titel „Einstiger und zukünftiger König“… so war Merlin außerdem klar, dass auch die treuen Ritter von Arthur in die Geschichtsbücher eingehen und zu Legenden werden würden. Die Legende von König Arthur und den Rittern der Tafelrunde. Merlin würde es ihnen erklären. Irgendwann. Nun mussten sie aller aber erst einmal das hier und jetzt bewältigen.   Merlin trat an Aithusa heran und legte ihr eine Hand auf den Kopf. Leicht strich er darüber. Die Drachendame schloss die Augen und schien die Berührung zu genießen.Viel zu selten wurde ihr dieses Privileg zu teil und noch viel länger war es her. Mit Merlin an ihrer Seite konnte Aithusa endlich das Licht sehen. Und es auch spüren. Die Geborgenheit, Wärme und Liebe. Und sie schwor sich, Merlin nie wieder zu verlassen.   „Aithusa ist ab jetzt ein Teil meines Lebens. Deswegen bin ich der Meinung, ihr solltet sie alle kennenlernen.“ Ein schelmisches Grinsen lag plötzlich auf seinem Gesicht. „Zuallererst ist die werte Königin an der Reihe.“ Bedächtig näherte sich Aithusa Gwen, welche die Drachendame erstaunt musterte. Sie war nicht dabei, als sich Aithusa in Camelot zeigte. Nur die Erzählungen im Nachhinein waren ihr geblieben. Umso erstaunter war es nun für sie, diesen Drachen leibhaftig vor sich zu sehen. Kilgharrah war damals um ein vielfaches größer und in gewissem Sinne auch viel beeindruckender. Doch dafür ging von Aithusa eine Wärme aus, die Gwen beinahe vollkommen in ihren Bann zog. Sie fand Aithusa einfach wunderschön. Auch die Männer sahen mit neugierigen Blicken zu der Drachendame. So unschön ihre andere Begegnung mit Drachen und ähnlichen Kreaturen waren, so erstaunlich und beinahe sanft sahen sie nun diesem Schauspiel zu. Von der Drachendame ging einfach eine Ruhe aus, die sie alle vereinnahmte. Aithusa atmete tief ein und aus, stieß einen warmen Atem in ihre Richtung, bei dem Gwen kurz die Augen schloss und seufzte, bevor Aithusa sich vor Gwen verneigte. Überrascht wurde sie gemustert.   Merlin lächelte sanft. „Ich gratuliere Gwen. Nun hast du eine persönliche Beschützerin.“ Gwen keuchte. Die Männer sahen überrascht aus, während Gwen erschrocken zu Merlin sah und sagte „Aber wieso... ich kann doch nicht - !“ Sie schien vollkommen verwirrt und fassungslos. Merlin hob eine Hand, um Gwen zu beruhigen. „Bitte beruhige dich, Gwen. Es ist alles in Ordnung. Es war Aithusas freie Entscheidung. Sie hat sich dafür entschieden, dass sie an deiner Seite bleiben und dich beschützen möchte.“ Kurz sah Merlin seine beste Freundin ernst an, bevor er feixte. „Außerdem wäre es ziemlich unhöflich, diese Entscheidung nicht zu akzeptieren. Drachen können ziemlich nachtragend sein. Vor allem Weibliche.“ Schnell wich er dem Schweif von Aithusa aus, welche nach Merlin geschlagen hatte. Ein leises Fauchen schickte sie in seine Richtung. „Das liegt meist nur an der männlichen Gattung.“ Merlin lachte und hob beschwichtigend die Hände. Verwundert wurde der kleine verbale Austausch zwischen Merlin und Aithusa beobachtet, bevor sich der Drache wieder an Gwen wandte. „Wie auch immer. Was auch geschehen mag. Ich werde an Eurer Seite sein und Euch helfen und beschützen.“ Leicht neigte Aithusa abermals ihren Kopf, was von Gwen nach kurzen Zögern auch erwidert wurde. Die Königin war noch immer verunsichert, doch sie lächelte leicht. Es gab noch einiges diesbezüglich zu klären, dass war der Königin durchaus bewusst. Aber in diesem Moment reichten ihr die Worte ihres besten Freundes und von Aithusa.   Merlin spürte währenddessen einen Blick auf sich. Als er sich umdrehte, begegnete er dem Blick von Arthur. Dieser Blick sagte Merlin, dass es noch viel zwischen ihnen zu besprechen gab. Das nicht nur Gwen einen Beschützer hatte. Und das sich Arthur dieser Tatsache inzwischen bewusst war. Unmerklich nickte Merlin seinem König zu. Sie würden reden. Er würde nicht mehr weglaufen oder Geheimnisse vor ihnen allen haben. Diese Zeiten waren vorbei.   „Arthur hat sie ja bereits kennengelernt.“ Kurz sah Merlin noch zu seinem König, welcher sich nun der Drachin zuwandte. Ein Lächeln bildete sich auf seinen Lippen, als er der Aithusa zunickt, welche sich wieder aufrichtete und ihm nun ihre Aufmerksamkeit schenkte. „Auch mir war und ist es eine Ehre, Aithusa. Und zudem schulde ich Euch großen Dank. Wenn Ihr nicht gewesen wärst… wer weiß, wie lange es noch gedauert hätte.“ Arthur sprach es nicht aus und doch wussten sie alle, was er meinte. Wäre Aithusa nicht gewesen und hätte diese Hoffnung in Arthur geweckt, dann wäre er vielleicht noch nicht in der Lage gewesen, seine zweite Hälfte zurück zu bekommen. Kurz streifte der Blick des Königs erneut den seines Dieners, welcher lächelte. Auch der König lächelte und nickte Merlin kurz zu, bevor er sich wieder an Aithusa wandte, welche ebenfalls zu lächeln schien.   „Wenn es irgendetwas gibt, was ich als Dank für Euch tun kann, dann zögert nicht, mir Euren Wunsch mitzuteilen.“ Leicht nickte Arthur ihr zu. Es war seltsam, diese Worte an einen Drachen… eine Drachendame zu richten. An Aithusa. Arthur musste sich langsam darüber in Klaren werden. Aithusa gehörte zu Merlin. Scheinbar auch zu seiner Frau, wobei er das noch nicht richtig verstand. Und er war ihr wirklich zu Dank verpflichtet. Das Mindeste, was er tun konnte war es, sie als eine normale Person zu behandeln und auch so von ihr zu denken. Und im Grunde nicht nur von ihr. Aithusa neigte abermals ihr Haupt. „Es war mir sowohl eine Ehre, als auch ein Verlangen, Euch zu helfen, mein König. In Euch liegen große Hoffnungen. Und das nicht nur von mir. Eines Tages werdet Ihr verstehen, wie wichtig Ihr für so viele Menschen seid. Mehr, als Ihr wahrscheinlich denken mögt. Im Moment verspüre ich nur den Wunsch, mich frei in Eurem Königreich bewegen zu dürfen. Der Himmel mag mein Zuhause sein, doch ich sehne mich nach einem Ort, den ich Heimat nennen kann. Und nun, wo Merlin wieder zurück ist, als der letzte Drachenmeister, ist es mein Verlangen, in seiner Nähe zu verweilen. Viele Jahre waren wir getrennt. Nun will ich unser bestehendes Band festigen. Und ich möchte meinen Schwur erfüllen, Eure werte Gattin zu beschützen. Deshalb bitte ich Euch, nachdem die Jagd auf Anhänger der Magie ein Ende gefunden hat, dass auch magische Geschöpfe, wie ich eines bin, in Eurem Königreich nicht weiter geächtet oder gejagt werden.“   Kurz schien Arthur aufgrund dieser Bitte überrascht. Es war eine vergleichsweise erstaunlich kleine Bitte. Allerdings hatte er nichts anderes erwartet. Sie schien viel Ähnlichkeit mit Merlin zu haben. Und der Schwarzhaarige hätte auch jede Belohnung verworfen oder etwas möglichst Kleines verlangt. Aus seiner Sicht. Arthur könnte wahrscheinlich niemals sagen, wie es wäre, aus einem ganzen Königreich ausgegrenzt oder gejagt zu werden. Und wie groß die Erleichterung sein muss, wenn jemand der Wunsch nach Ruhe und, vor allem, einer Heimat, wie Aithusa es ausdrückte, gewährt wurde. Für sie musste es quasi die Welt bedeuten. Freiheit schien Aithusa das Wichtigste zu sein und doch fehlte ihr etwas. Die wahre Freiheit eines Zuhauses. Für Arthur konnte es also nur eine Antwort geben.   „Nun, es sollte kein Problem darstellen, Euch in meinem Reich willkommen zu heißen. Ein wenig Zeit wird es vielleicht noch in Anspruch nehmen, bis es in jeden Winkel des Königreiches vorgedrungen sein wird, doch sobald wir in Camelot sind, werde ich Boten losschicken, die Eure Anwesenheit in meinem Reich erläutern werden.“ Nun war es an Aithusa, überrascht zu sein. Rasch hob sie ihren Kopf, um Arthur ins Gesicht zu blicken. Mit solch einer schnellen und auch positiven Antwort hatte sie scheinbar nicht gerechnet. Aber sie sah sofort, dass seine Worte ernst gemeint waren. Umso glücklicher war Aithusa. Und sie lächelte. Voller Freude verbeugte sie sich ein weiteres Mal. „Nun bin ich diejenige, welche Euch zu Dank verpflichtet ist, Mylord. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, was für eine Erleichterung es für mich ist.“ Arthur nickte. Er konnte es sich wirklich nicht vorstellen, wie es für ein magisches Wesen ist, in einem Königreich zu leben, welches sie töten würde, wenn man sie sah. Doch unter seiner Herrschaft, mit all den Ereignissen, die er erlebt hatte, sollte sich nun das endgültig ändern. Arthur lächelte. „Nun, da das aber von vorneherein klar war, müssen wir später noch einmal zusammen kommen, um darüber zu reden, was für einen Wunsch ich Euch als Dank erfüllen kann.“ Aithusa schien verwirrt, als sie den König wieder ansah. „Das ist nicht nötig, Mylord. Wenn ihr mir erlaubt…“ Arhur hob die Hand und Aithusa verstummte. „Ich kann mir nicht vorstellen, wie es für Euch war oder auch wäre, in meinem Königreich zu leben, wo jeder Angst vor Euch hätte. Ohne richtige Heimat oder einen Ort der Zuflucht. Aber ebenso wenig könnt ihr Euch vielleicht das Loch vorstellen, welches der Tod meines besten Freundes in mir hinterlassen hatte. Die Zerrissenheit, die in mir herrschte, als mir mein bester Freund aus den Händen gerissen wurde. Ohne, dass wir jemals die Chance hatten, uns gegenseitig vollkommen ehrlich zu sein. Was auch immer Ihr Euch also wünscht… so lange es in meiner Macht steht, werde ich alles tun, um Euch eure gute Tat zu vergelten.“ Arthur spürte die Blicke seiner Frau auf sich. Die Blicke seiner Ritter. Der von Aithusa. Doch am meisten spürte Arthur den Blick zweier blauer Augen, die genau auf ihn gerichtet waren. Der König schämte sich seiner Worte nicht. Nicht vor diese Menschen, die ihm alles bedeuteten. Nur kurz erwiderte Arthur den gerührten Blick seines besten Freundes, welcher ihn sanft anlächelte. In seinen Augen stand so viel geschrieben. Und in diesem Moment spürte es Arthur. Diese Verbundenheit. Es nun laut auszusprechen, welches Loch in ihn hineingerissen wurde, schien es erst real zu machen. Die Tatsache, dass sich das Loch in seinem Herzen und in seiner Seele nun wieder füllte. Seit einem Jahr war Arthurs Inneres zerrissen. Und nun in die blauen Augen zu sehen, die seinen eigenen so ähnlich waren. Voller Hoffnung, Entschlossenheit und Freundschaft. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sich Arthur gut. Es fühlte sich richtig an. So vollkommen. Als wäre seine zweite Hälfte, die ihm gestohlen worden war, endlich wieder zu ihm zurückgekehrt. Und er wollte sie nie wieder verlieren.         ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~         „Es geht nach Hause“, verkündete Arthur und sah Merlin mit einem sanften Blick an. Auch Gwen, Leon, Gwaine, Elyan und Percival sahen zu dem Schwarzhaarigen und sie lächelten. Sie hatten alle zusammen ihr Lager wieder abgebaut und waren nun froh, endlich wieder in heimischen Gefilde zurückzukehren. Vor allem, da sie nicht alleine waren. Aithusa hatte sich kurz nach dem Gespräch wieder zurück gezogen. Sie würde in der Nähe der Gruppe und auch in der Nähe von Camelot bleiben. Doch Merlin wollte nicht, dass die Bewohner von Camelot sie bereits zu Gesicht bekamen. Das wäre mit Sicherheit ein zu großer Schock und sie würden Angst vor ihr haben. Vielleicht würde Aithusa dabei verletzt. Das konnte Merlin nicht verantworten. Musste auch erst einmal Merlin selbst wieder in Camelot ankommen. Und das würde bereits für genug Verwirrung sorgen. Eine Person schien aber mit der Entscheidung, nach Camelot zurück zu reisen, einige Bedenken zu haben.   Merlin schluckte. Es gab nichts, was er im Moment lieber täte, als zurück nach Camelot zu reisen. Zurück zu Gaius. Wie sehr er seinen Mentor doch vermisste. Seinen Ziehvater. Tyr. Der stets gutgelaunte Stallmeister. Der ihn immer mit irgendwelchen Anekdoten über seine geliebten Pferde zum Lachen brachte. Die Köchin, welche ihm immer mit einem Augenzwinkern einen kleinen Korb frisches Obst oder einen Teller mit Würsten zuschob. Der Wirt der Taverne „Zur goldenen Sonne“. Wie er immer wieder mit einem Lächeln die Augen verdreht hatte, wenn Merlin Gwaine hinaus geschleppt hatte. Die Diener und Dienerinnen, mit denen er stets ein paar Plaudereien hatte. Und so vieles mehr. Merlin wollte wirklich wieder zurück. An der Seite seiner Freunde. An der Seite von Arthur. Aber es war nicht richtig. Nicht so. Nicht, wenn Arthur nicht wusste, was Merlin wirklich alles getan hatte. Manches davon könnte Arthur dazu bringen, erneut umzudenken. Und dann wollte Merlin lieber hier in den Wäldern sein und versuchen, einen neuen Weg für sich zu finden, als erneut aus Camelot verschwinden zu müssen.   „Ihr wisst noch nicht alles“, war Merlins leise Erwiderung. „Einiges wird Euch mit Sicherheit nicht gefallen. Und vielleicht... wird es reichen... damit Ihr Eure Meinung ändert, Arthur.“ Merlin wollte Arthur eigentlich schon viel früher alles erzählen. Doch nie hatte er den Mut aufbringen können ohne die Angst zu haben, Arthurs Hass auf sich zu ziehen und ihn verlassen zu müssen. Seinem Schicksal nicht gerecht werden zu können. Ein Teil ihres Schicksals war bereits erfüllt. Merlin hatte es geschafft, Arthurs Leben zu retten. Es lag jedoch noch ein weiter Weg vor ihnen. Nun aber hatte Merlin Angst, dass er zu lange gezögert hatte und nun deswegen Arthurs Zorn ausgesetzt sein würde. Was aus Merlins Sicht auch berechtigt wäre... „Merlin“, die Stimme von Arthur holte Merlin aus seinen Gedanken. Hände legten sich auf die Schultern des Schwarzhaarigen, worauf dieser den Kopf hob. Blaue Augen sahen ihn voller Verständnis entgegen. „Ich weiß, dass du Angst hattest. Sie noch immer hast. Doch das ist nicht nötig. Gaius hat mir vieles erzählt. Ich gebe zu, einiges hat mir nicht gefallen.“ Der Druck auf seinen Schultern wurde stärker. Merlin schluckte. Natürlich, Gaius war der Einzige, nach Lancelots Tod, den er um Rat fragen oder seine Taten beichten konnte. Und es war sein Wunsch, dass Gaius Arthur alles erzählen würde. Merlins Augen wurden groß. Sollte das etwa heißen - ?   „Ich weiß, was du getan hast, Merlin. Oft hast du dein Leben riskiert, um mein Königreich oder mich zu retten. Oft genug musstest du andere Leben beenden, um unsere zu retten. Ich weiß das. Ich will es allerdings noch einmal aus deinem Mund hören. Jede Tat, jede Geschichte, alles was vor unser aller Augen passiert ist und wofür wir dennoch zu blind waren. Jeden Augenblick, den du alleine bewältigen musstest und nicht ein Wort des Dankes erhalten hast. Ich will von dir jedes Detail wissen, welches dich zu einem Helden von Camelot gemacht hat.“ Merlin spürte, wie seine Ohren anfingen zu glühen. Er wollte widersprechen, sagen, dass er kein Held war, doch Arthur schien seine Absicht zu erkennen und hob die Hand. „Sobald wir Zuhause sind, werden wir uns ausruhen. Es werden bestimmt einige Fragen aufkommen. Was passiert ist oder wo du warst. Doch das werden wir in der nächsten Zeit versuchen zu regeln. Davor möchte ich mit dir sprechen. Und ich bin sicher,“ Arthur breitete seine Arme aus und zeigte auf seine Frau und seine Ritter „Ich bin nicht der Einzige, der so einiges wissen möchte.“ Da war er wieder. Der König von Camelot, welcher Anweisungen gab. Der bestimmte, was als nächstes zu tun war. Die Situation war so gewohnt und so alltäglich für Merlin, dass er nicht anders konnte. Er begann zu grinsen. „Wie Ihr wünscht, Mylord.“ Auch Arthur grinste. Und von den Rittern war Gelächter zu hören.   Wärme und Erleichterung erfüllten Merlin und er atmete tief durch. Nach all den Jahren war es nicht nur seine größte Furcht, dass Arthur und seine Freunde ihn hassen könnten. Auch der Gedanke, nie wieder nach Camelot zurück zu können, hatte Merlins Herz schwer werden lassen. Camelot war sein Zuhause geworden, seine Heimat, welche er mit allen Mitteln beschützen wollte. Es hätte ihm das Herz zerrissen, wenn er nie wieder einen Fuß in das Königreich hätte setzen dürfen. Doch all diese Ängste waren vorbei. Seine Freunde kannten die Wahrheit. Nicht die Ganze, doch sie vertrauten und liebten ihn. Arthur kannte die Wahrheit. Und er wollte Merlin an seiner Seite wissen.   Der Blick von Merlin schweifte zurück zwischen die Bäume, hinter denen der See von Avalon lag. Eine gewisse Melancholie herrschte in ihm. Zurück nach Camelot zu reisen bedeutete, sie zu verlassen. Doch hier konnte er nichts tun. Im Moment waren im die Hände gebunden, doch Merlin wusste eines gewiss. Eines Tages würde er sie wiedersehen.   Tief atmete Merlin durch, bevor er sich seinen Freunden zuwandte. Merlin lächelte glücklich. Es würde alles gut werden, da war er sich sicher. „Reiten wir nach Hause!“ Zuhause…       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~       Die Rückkehr nach Camelot war das komplette Gegenteil der Reise zum See von Avalon. Lautes Gelächter hallte durch die Wälder. Immer wieder erzählte jemand eine Geschichte oder Witze und immer wieder wurde die gute Laune der Gruppe bewiesen. Gwen saß vor Arthur auf dem Pferd und führte die Zügel. Arthur hatte einen Arm um ihre Taille gelegt. Merlin saß auf der Stute von Gwen. Normalerweise war es einem Diener streng untersagt, eines der königlichen Pferde zu reiten, doch Gwen hatte Merlin mit Freuden und einem Lachen Platz gemacht. Daher rührte wohl auch ein Großteil der guten Laune. Merlin auf dem Rücken einer Stute sah man auch nicht alle Tage. Ein wenig zerknirscht hatte Merlin mit einem Seufzen den Kopf gesenkt, doch schnell hatte er darüber geschmunzelt und konnte nun mit seinen Begleitern aus vollem Herzen lachen. Zu ansteckend war die Fröhlichkeit, die unter ihnen herrschte.   Beinahe viel zu schnell kam die Gruppe in Camelot an. Die Menschen strahlten mit der Sonne um die Wette, als sie ihren König und ihre Königin sahen. Auch Leon, Gwaine, Elyan und Percival wurden freudig begrüßt. Die gute Stimmung, die Freude, welche die Ankömmlinge ausstrahlten, schienen für die Bewohner Camelots ein mehr als gutes Zeichen zu sein. Und ein Grund für sie, ebenfalls zu strahlen. Als die Menschen Merlin sahen, schienen sie allerdings erstaunt und auch verwirrt. Nur die wenigsten grüßten den jungen Mann, doch das nahm Merlin ihnen nicht übel. Zu gut konnte er sich denken, wie sein Auftauchen auf die Bürger wirken musste. Ein Jahr war er nicht mehr in Camelot gewesen und mit einem Mal tauchte er an Arthurs Seite wieder auf. Aber sie würden es erklären. Sobald Merlin mit Arthur, Gwen und seinen Freunden gesprochen hatte, würden sie sich darum kümmern. Die Aussicht auf dieses Gespräch bereitete Merlin ein mulmiges Gefühl, doch durch die beruhigenden Worte von Arthur vorhin im Wald war Merlin zuversichtlich.   Arthur stieg bereits aus dem Sattel und er war natürlich der Erste, dessen Pferd entgegen genommen wurde. Von niemandem als dem Stallmeister Tyr persönlich. Der etwas schwerfällig wirkende Mann kam überraschend flink auf sie zu. Tief verbeugte er sich vor seinem König, nachdem er ihn gegrüßt hatte und nahm die Zügel des stolzen Hengstes. Auch vor der Königin und den Rittern verbeugte er sich. Als er Merlin erblickte blieb Tyr ruckartig stehen. Einige Sekunden vergingen, bevor sich ein breites Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete. „Merlin!“ Mit dem königlichen Pferd im Schlepptau ging Tyr auf den Schwarzhaarigen zu. Mit seiner freien Hand zog er den überraschten Merlin in eine Umarmung. „Wie schön, dass du wieder zurück bist! Es war an vielen Tagen wirklich langweilig ohne dich. Kurz nach dem Kampf war die Stimmung in Camelot sowieso angeschlagen und dann ging es auch dem König und der Königin nicht gut. Wo warst du denn die ganze Zeit? Und was hast du gemacht? Geht es dir gut?“ Der Redefluss des Mannes war kaum zu bremsen und ein wenig fühlte sich Merlin davon erschlagen. Er wusste gar nicht, wie er darauf reagieren sollte, doch das musste er auch nicht. Durch ein Räuspern erlangte Arthur die Aufmerksamkeit des Stallmeisters zurück. „Tyr, bitte lasst Merlin ein wenig Luft zum Atmen. Er war ein Jahr nicht in Camelot und muss sich erst einmal wieder einfinden. Über die Geschehnisse seines Fernbleiben werden wir der Bevölkerung bald einiges erzählen können.“ Kurz blinzelte Tyr ein wenig verwirrt, bis sich seine Miene lichtete und er sich mit einem Lächeln abermals vor seinem König verbeugte. „Natürlich Mylord.“ Damit schien die Angelegenheit für den Stallmeister vorerst geklärt zu sein. Als er sich zum Gehen abwandte, drehte er sich allerdings nochmal kurz zu Merlin. „Ich bin auf jeden Fall froh, dass du wieder da bist, Merlin.“ Ein warmes Gefühl breitete sich in Merlin aus. Es freute ihn, dass zumindest für Tyr sich nichts geändert hatte und sie scheinbar immer noch so etwas wie Freunde waren. Mit einer tiefen Verbeugung wandte sich der Stallmeister ab, nicht ohne Merlin noch einmal mit einem Lächeln zu zu nicken, und ging mit dem Pferd davon. Auch die Pferde der Ritter und die Stute von Gwen waren bereits in ihre Ställe gebracht worden. Arthur gab die Anweisung, dass sich alle erst einmal ausruhen sollten, damit sie wieder vernünftig zu Kräften kamen. Mit einem Lächeln wandte er sich an Merlin. „Du hast allerdings noch etwas zu erledigen.“ Merlin legte leicht den Kopf schief, als er nicht auf Anhieb verstand, worauf sein König hinaus wollte. Dass er sich bereits wieder als Diener nützlich machen sollte, schien für Merlin ausgeschlossen. Arthur lächelte aufgrund von Merlins Unwissenheit. „Es gibt eine Person hier in Camelot, die sich ganz besonders freuen wird, dich zu sehen.“ Merlins Augen weiteten sich. Natürlich, wie konnte er denn bitte Gaius vergessen? Seinen Mentor, Freund und Ziehvater. Er musste sofort zu ihm! Der gleichen Meinung schien auch Arthur zu sein. „Geh zu Gaius und kümmere dich ein wenig um ihn. Heute Abend können wir uns zusammen setzen und über alles reden. Und wir werden dir zuhören, was auch immer du uns zu sagen hast.“ Leon, Percival und Elyan schlugen Merlin auf die Schulter und lächelten ihm zu. Gwaine hingegen zog ihn nochmal in eine feste Umarmung, bevor sie sich zusammen auf den Weg machten. So gerne sie sofort mit Merlin sprechen und ihn am liebsten vorerst nicht aus den Augen gelassen hätten, der König hatte Recht. So suchten sie ein wenig Ruhe, um sich auf den Abend vorzubereiten.   Auch Gwen ging. Vor Merlin blieb sie stehen, mit einem mehr als sanften Lächeln im Gesicht, und nahm ihn in den Arm. „Ich bin so froh, dass du wieder da bist“, hauchte sie leise. Merlin ist erst überrascht, erwidert die Umarmung jedoch freudig. Die Wärme, welche Gwen ausstrahlte, war für Merlin Balsam. Als sie sich wieder lösten, stellte sich Gwen an Arthurs Seite Der König nickt Merlin lediglich zu, doch das verstand der Schwarzhaarige. Die Freundschaft, welche sich auf eine körperlichen Basis zeigen wollte, welche sich Arthur im Bezug auf Merlin sicher war und die sich nur weiter festigen würde, musste noch reifen. Es war dem König immer schwer gefallen, seine Gefühle offen zu zeigen. Er würde Merlin wieder umarmen, dass stand für ihn außer Frage. Ein Jahr war jedoch vergangen und es war noch nicht alles ausgesprochen worden. Vor allem nicht im Beisein anderer Menschen oder der Öffentlichkeit. Es mussten noch einige Dinge geregelt werden, bevor sich Arthur Merlin gegenüber so benehmen konnte, wie er es tief im Inneren auch wollte. Doch er wollte nicht, dass sein Volk etwas missverstehen könnte und Merlin in irgendeiner Art in einem schlechten Licht dastehen würde. Wenn das Volk erst einmal erfahren würde, was sie Merlin alles zu verdanken hatten, dann würde niemand etwas dagegen sagen, welche besondere Freundschaft, welch Brüderlichkeit, zwischen König und Diener herrschte. Im Moment mussten sie alle aber erst mal ein wenig Ruhe finden. Heute Abend würden sie reden. Bis dahin konnten sie ihre Gedanken und Gefühle ordnen. Jetzt mussten Arthur und Gwen sich erst um den Rat kümmern. Also ging das Könisgpaar in Richtung des Ratsaals, während sich Merlin schnellen Schritten zu Gaius aufmachte.     Noch nie war es Merlin so schwer gefallen, die Gemächer des Hofarztes zu betreten. Weder, wenn er sich eines Rüffels von Gaius sicher sein konnte oder wenn er seinem Mentor seine Taten beichten musste. Noch nie verspürte Merlin solch ein mulmiges Gefühl, wenn er vor dieser Tür stand. Diese Räume, die ihm Jahre lang ein Zuhause waren. Und es in Zukunft auch sein sollten. Noch einmal tief durchatmend betrat Merlin endlich die so gewohnte Kammer. Es sah noch genauso aus wie vor einem Jahr. Ein Kessel hing über dem Feuer im Kamin und verströmte den wohligen Duft von Kräutern. Auf den Tischen stapelten sich Tränke verschiedenster Sorten und Rollen von Pergament, die Aufzeichnungen von Krankheiten enthielten. Er konnte sogar auf dem Tisch noch das Messer entdecken, mit dem Gaius scheinbar einige Kräuter bearbeitet hatte. Das Bett des Hofarztes war gemacht. Die Tür zur hinteren Kammer war geschlossen. Merlins Blick wanderte zu der Gestalt, welche vor dem Bücherregal stand. Mit dem Rücken zu ihm schien der Hofarzt eines seiner Bücher zu studieren. Er hatte den so unerwarteten Gast scheinbar nicht gehört, doch Merlin konnte sich darüber keine Gedanken mehr machen, denn schon drehte sich Gaius um. Die Augen auf das Buch in seinen Händen gerichtet sah er endlich auf und direkt in das Gesicht von Merlin. Für wenige Sekunden herrschte Stille im Raum. Dann riss der alte Hofarzt die Augen auf und keuchte überrascht, während ihm das Buch aus der Hand fiel und sich die Hände vor die Brust schlug, als fürchtete er, gleich einen Herzanfall zu erleiden. Sofort wanderte Merlins besorgter Blick über seinen Mentor. Gaius erschien ihm älter als noch in seiner Erinnerung. Noch mehr graue Haare waren auf seinem Haupt zu sehen und noch mehr Falten waren in sein Gesicht gemeißelt. Als hätte er eine schwere Zeit hinter sich. Merlin schluckte, als er sich die Freiheit erlaubte anzunehmen, dass er selbst der Grund für Gaius` Kummer war. Und mit seinem plötzlichen Auftauchen machte Merlin die Situation mit Sicherheit nicht besser. Erst langsam schien sich Gaius wieder zu fangen. Langsam und bedächtig machte er fast ängstliche Schritte in Richtung seines Gegenübers. „M-Merlin?“, stotterte Gaius, seine Stimme bebte voller Unglaube. Merlin hatte ihn noch nie stottern gehört. „Bist das wirklich du?“ Merlin schluckte, während er spürte, wie seine Augen begannen zu brennen. Er wusste, dass in seinem Blick ein verräterisches Glitzern zu sehen sein musste. Es beruhigte ihn ungemein, dass er auch in den Augen seines Mentors das gleiche Glänzen bemerkte. „Ja“, sagte Merlin leise, seine Stimme klang rau. „Ich bin es wirklich.“ Gaius Körper erbebte, als ein Schluchzen aus seiner Kehle hervorbrach. Mit schnellen Schritten überwand Gaius den Abstand zu seinem Schützling und zog ihn in eine feste Umarmung, die genauso stark erwidert wurde. „Es ist alles in Ordnung, Gaius“, murmelte Merlin leise und strich dem zitternden Mann beruhigend über den Rücken. „Ich bin zurück.“ „Ich... ich dachte... ich dachte wirklich...“ Gaius war erstaunlich wortkarg, was ziemlich ungewöhnlich war. Unter anderen Umständen wäre es für Merlin wirklich amüsant gewesen. Aber er konnte auch mit Sicherheit sagen, dass er Gaius noch niemals so aufgewühlt erlebt hatte. Also hielt Merlin den Mann, der ihm wie ein Vater geworden war, einfach nur fest. Die Schluchzer, die sie ausstießen und die Tränen, die sie vergossen, banden sie noch enger aneinander, als es ein einfaches Gespräch je gekonnt hätte.         Kurz vor Sonnenuntergang kam ein Diener in die Gemächer des Hofarztes, deutete eine Verbeugung an und bat Merlin, sich in den Gemächern des Königspaares einzufinden. Angesprochener und Gaius saßen am Tisch und sahen sich an. Sie hatten bis zu diesem Zeitpunkt über die Ereignisse gesprochen. Was vor einem Jahr in Camlann passierte war für Gaius nicht gänzlich unbekannt. Einige Begebenheiten waren für den Hofarzt jedoch noch immer unklar gewesen. Dieses Versäumnis hatten sie nun nachgeholt. Und Gaius konnte gar nicht oft genug anmerken, wie stolz er auf seinen Schützling war.   Merlin holte tief Luft und erhob sich. Nun stand er vor einem weiteren großen Schritt. Die gänzliche, unverblümte Wahrheit vor dem König von Camelot und seinen obersten Rittern zugeben und auf ihr Urteil warten. Gaius erhob sich ebenfalls und schritt um den Tisch herum. Er legte Merlin eine Hand auf die Schulter und drückte sie sanft. „Keine Sorge, Merlin. Arthur wird dir zuhören. Und er wird verstehen, das all deine Taten nur dazu gedacht waren, ihn und Camelot zu schützen.“ Merlin lächelte. Die Hoffnung war auch in ihm. „Danke, Gaius. Ich hoffe, du behältst Recht.“       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~       Da saßen sie nun. König Arthur saß mit seiner Gemahlin Guinevere an dem großen Tisch in ihren Gemächern. Gwen hatte sich für ein luftiges, wesentlich weniger pompösen Kleid entschieden.Arthur hatte ebenfalls seine Rüstung abgelegt und sich eine legere Stoffhose und ein Baumwollhemd angezogen. Sie schienen beide diesen Abend so gemütlich wie nur möglich verbringen zu wollen. Genauso sahen auch die restlichen Männer dieser Runde aus. Elyan und Gwaine hatten sich ebenfalls einfache Hemden angezogen, in dunklem Braun und in heller Cremefarbe. Percival trug ein Hemd ohne Ärmel, wodurch seine Muskeln noch mehr zur Geltung kamen. Nur an Leon sah das einfache dunkle Hemd ein wenig ungewohnt aus. Kaum einer wird den hohen Ritter jemals so schlicht gekleidet gesehen haben. Sowohl im Schloss als auch bei fröhlichen Abenden in der Taverne erschien Leon stets in voller Rüstung. Das sie alle sich so schlicht wie möglich angezogen hatten schien für Außenstehende mit Sicherheit seltsam erscheinen, doch für Merlin war es ein mehr als gutes Zeichen. Sie vertrauten ihm und schienen in Merlin keinerlei Gefahr zu sehen. Ein warmes Gefühl stieg in Merlin auf. Nun saßen sie alle an einem Tisch, gleichauf. Jeder einen Kelch mit edlem Wein vor sich, ein gefüllter Krug stand in der Mitte des Tisches, ebenso wie ein gut gefüllter Korb mit Obst. Arthur wollte scheinbar, dass sie sich alle wohl fühlten. Und gespannt waren sie alle auf all die Ereignisse, die ihnen verborgen geblieben waren.   Arthur war weniger auf die Geschehnisse, als auf Merlins Version darauf gespannt. Ihm wurde schon einiges berichtet. Einiges, was auch fast den Glauben an Merlin zerstört hätte. Doch Gaius konnte ihm immer wieder versichern und glaubhaft schildern, dass Merlin alles nur aus einem Grund tat. Arthur und Camelot zu beschützen. Und Gaius hatte auch gesagt, er, Arthur, wäre Merlins Antrieb gewesen, weiter zu machen. Sich all diesen Herausforderungen zu stellen und immer an seiner Seite zu sein. Nun wollte Arthur es von Merlin selbst hören.   Tief holte der Zauberer Luft. Kurz schloss Merlin die Augen, bevor er sie öffnete und einen Blick in die Runde warf. Neugierige, beinahe aufgeregte Gesichter sahen ihm entgegen. Keine Abscheu oder Misstrauen war zu sehen. Merlin blickte in die Gesichter von Freunden. Menschen, die es wert waren, die ganze Wahrheit zu erfahren. „Es begann alles an dem Tag, als ich nach Camelot kam...“       Als Merlin endlich fertig war herrschte Stille. Es hatte ihn einiges an Überwindung gekostet, von all den Vorkommnissen zu berichten, die Camelot geschadet oder einem der Anwesenden eventuell das Leben gekostet hätten. Viel zu viele waren es, wenn er genauer darüber nachdachte. Doch er war auch froh, es endlich ausgesprochen zu haben. Vor Erleichterung atmete Merlin tief ein und aus, bevor er den letzten Schluck aus seinem Kelch nahm. Das lange Reden und die Nervosität hatten seine Kehle völlig ausgedörrt, doch das kümmerte ihn in diesem Moment nicht. Er hatte es getan. Merlin hatte seinen engsten Freunden von seinen Taten berichtet. Was er alles hatte tun müssen, um Camelot zu beschützen. Von seiner Ankunft in Camelot, seiner Begegnung mit Kilgharrah, der Prophezeiung, jedem Angriff seitens eines Zauberers, einer Hexe oder magischen Wesens. Der Beginn von Morganas Verrat, die Geburt von Aithusa, der Tod von Lancelot, der Verrat von Mordred und Kara, sein Sieg über Morgana und den Roch. Und schlussendlich... was er getan hatte, um Arthurs Leben in Camlann zu retten. Auf viele seiner Taten war Merlin nicht stolz, im Gegenteil. Im Nachhinein hätte er manche Dinge auch anders regeln können, doch in den Augenblicken, wo es einer Entscheidung bedurft hatte, schien es wie der einzige Weg. Merlin hoffte wirklich von ganzem Herzen, dass seine Freunde und besonders Arthur das genau so sahen. Vorsichtig sah Merlin auf in die Gesichter seiner Zuhörer.   Gwen liefen Tränen über die Wangen. Immer wieder hörte man sie leise schluchzen. Es tat weh, das zu sehen. Elyan hatte eine Hand auf Gwens Schulter gelegt, um sie ein wenig zu trösten. Doch auch er sah Merlin mit einem Blick voller Mitgefühl an. Das hatten die beiden Geschwister gemeinsam. Leon sah ihn mit beinahe grimmigem Blick an. Als ob er es fast nicht wahrhaben wollte, das ihm so vieles entgangen war. Und doch meinte Merlin, Stolz in seinen Augen zu sehen. Percival nickte immer wieder mit ernster Miene. Es schien, als würden die Worte, die Lancelot ihm einst über Merlin sagte, nun endlich Sinn für ihn ergeben. Das er der loyalste und mutigste Mann war, der je in Camelot verweilte. Gwaine sah aus wie vor den Kopf gestoßen. In diesem Moment taten ihm wahrscheinlich sämtliche Sticheleien gegenüber Merlin und seinen mangelnden Kampfkünsten leid. Es war vieles, was sie erst einmal verarbeiten mussten. Vieles, was sie nie vermutet hätten. Jeder von ihnen sah Merlin nun in einem ganz anderen Licht. Und Merlin hoffte sehr, dass sie jetzt nicht anfingen, Angst vor ihm zu haben. Merlins letzter Blick galt Arthur. Der König sah ihn einfach nur an. Merlin konnte seine Mimik nicht entschlüsseln. Und das machte ihm Angst. Merlin hatte geglaubt, Arthur würde sich schon während der Erzählungen nicht zurück halten konnte. Es gab einige Geschehnisse, die ihn wütend hätten machen können. Als er Agravaine getötet hatte zum Beispiel oder... Merlin schluckte. Als er Morgana vergiftet hatte. Eine Tat, die ihm immer noch Leid tat. Bei beiden Geschichten dachte Merlin, Arthur würde sich auf ihn stürzen, ihn anbrüllen, ihn auffordern Camelot zu verlassen - Leise seufzte Merlin. Er konnte seinen König im Moment nicht einschätzen. Außer, dass er an manchen Passagen seine Hände zu Fäusten geballt hatte und sein Gesichtsausdruck immer düsterer wurde hatte Arthur keine Reaktionen gezeigt. Doch nun schien ihm eine Frage auf der Seele zu liegen, von der er nicht wusste, ob er sie stellen sollte.   „Bist du... wirklich so mächtig, wie der Drache Kilgharrah behauptet hat?“   Arthur hatte die Worte von Kilgharrah damals nur am Rande wahrgenommen, sie kaum verstanden, so sehr, wie er in seiner Trauer gefangen war. Doch im Nachhinein… mit der Zeit, als es ein wenig… leichter wurde, hatte Arthur über diese Worte nachgedacht.   Merlin atmete tief ein. Er war nahe den Tränen. Es erschien ihm beinahe wie ein Traum. So lange musste Merlin sein wahres Ich verstecken und seine Freunde belügen. Diese Zeiten waren nun endlich vorbei. Soviel Verständnis und ehrliche Neugier hatte er nicht erwartet. Auf der anderen Seite war Arthurs Interesse und die neugierigen Blicke seiner Freunde wie Balsam für seine Seele. Merlin blickte Arthur aufrichtig an. „Ich bin Emrys. Ich bin kein gewöhnlicher Zauberer. Ich habe die Kunst der Zauberei nicht erlernt. Ich bin damit geboren worden. Ich vermochte zu zaubern, bevor ich überhaupt sprechen konnte. Was der Grund dafür war, dass ich in späteren Jahren aus meinen Dorf nach Camelot kam. Ich sollte ein paar Dinge bei Gaius lernen, um meine Magie zu kontrollieren. Denn meine Macht ist größer, als ich selbst wahrscheinlich je gänzlich begreifen könnte. Ich habe sie noch nie völlig ausgeschöpft und habe es auch nicht vor. Abgesehen davon, mir in manchen Situationen das Leben oder die Arbeit ein wenig leichter zu machen,“ Merlin grinste Arthur an, welcher eine Augenbraue hob „habe ich meine Magie stets nur dafür eingesetzt, euch alle und Camelot zu schützen.“   Die Worte waren voller Ehrlichkeit und Ernsthaftigkeit über Merlins Lippen gekommen und keiner im Raum zweifelte sie an. Arthur nickte. Er schien beinahe erleichtert und doch ein wenig ärgerlich. „Ich kannte die meisten Begebenheiten bereits. Gaius hat mir wie gesagt einiges erzählt. Er war nur nicht so... zurückhaltend, was deine Verfassungen oder Verletzungen angingen.“ Ein düsterer Blick traf Merlin, worauf dieser leicht die Schultern hob. Er wollte nicht, dass sich seine Freunde noch mehr Gedanken machten. Merlin hatte alles überstanden und es herrschte Frieden in Camelot. Mehr wollte der junge Zauberer nicht. Arthur schien es wohl genauso zu sehen, ganz besonders, nachdem er einen Blick zu seiner Frau geworfen hat. Gwen war noch etwas aufgelöst und jeder, sowohl Arthur als auch Merlin, wollten ihr in dem Moment nicht zu viel zumuten. Waren die letzten Tage seid ihrer Reise zum See doch bereits aufregend genug. Und all diese Aufregung... weil Merlin stets bereit war, sein Leben zu geben, um sie alle zu beschützen.   Leicht seufzte Arthur, was ihm die ungeteilte Aufmerksamkeit bescherte. Sorgenvolle Blicke wanderten zu ihm. Und natürlich war es Merlin, der zuerst fragte. „Geht es Euch gut, Sir?“, fragte Merlin und Arthur verzog sein Gesicht. Alles in ihm sträubte sich und zog sich zusammen. In diesem Moment hatte er eine Einsicht. Arthur war es leid, von Merlin mit Sir, Mylord oder anderen Ehrentiteln angesprochen zu werden. Das er ihn siezte. Früher mochte Arthur wie jeder andere darauf bestanden haben, doch mittlerweile hatte er seine Meinung geändert. Dieser junge Mann an seiner Seite hatte mehr für Arthur und sein Königreich getan, als er ihm jemals vergelten könnte. Dabei fragte sich der König, wie oft Merlin schon miterleben musste, wie jemand Anderes die Lorbeeren und die Anerkennung kassierten, die ihm zustanden - und wie oft dieser Andere schon Arthur selbst gewesen war. Und noch etwas kam dem König in den Sinn. Arthur erinnerte sich. In der Schlacht um Camelot hatte er Merlin gefragt, ob er wüsste, wie es ist, die Zukunft des Königreiches auf seinen Schultern lasten zu haben. Nun kannte Arthur die Antwort. Ja. Ja, Merlin wusste sehr wohl wie es ist, solch eine Last zu tragen. Und das zu jeder Zeit. Jede Stunde, jede Minute, jeden Augenblick, seitdem er Camelot betreten und Arthur begegnet ist. Er musste nicht nur die Zukunft von Camelot gewährleisten, er musste auch das Leben von Arthur beschützen und dafür sorgen, dass dieser ein guter König wurde. Ihn auf den richtigen Weg führen. Auf Merlins Schultern lastete nicht nur die Zukunft von Camelot, sondern noch so viel mehr. Wie viel mehr, vermag sich Arthur nicht vorzustellen. Es gab einiges, wofür Arthur sich bei Merlin bedanken oder sogar entschuldigen musste. Und noch viel mehr, was sich ändern sollte. Da war eine so simple Angelegenheit wie die Ansprache reine Formsache.   „Es würde mir auf jeden Fall besser gehen, wenn du damit aufhören würdest.“ Merlin sah seinen König verwirrt an. Er wusste nicht, was er falsch gemacht haben sollte. Auch von seiner Frau und seinen Rittern erntete Arthur verwunderte Blicke. Er schnaubte. Dann erhob sich Arthur von seinem Stuhl und streckte Merlin die Hand aus. „Ich bin Arthur. Freut mich sehr.“ Noch verwirrter wurden die Blicke, welche den König trafen, doch es war ihm egal. Wie Arthur so auf Merlin herunter schaute. Der König von Camelot blickte zu seinem Diener hinab und Arthur hatte noch nie in seinem Leben so sehr das Gefühl gehabt, dass es angebracht gewesen wäre, hinauf zuschauen. Diesem Mann vor ihm für seine unerschütterliche Treue und seinen Einsatz endlich seine so wohlverdiente Anerkennung zu zollen. Und Arthurs ganzes Selbst war überzeugt davon, dass dies ein richtiger Schritt war.   Nun vollends verwirrt stand Merlin auf und griff die ihm dargebotene Hand. „Merlin“, sagte der Schwarzhaarige automatisch, nachdem sich Arthur vorgestellt hatte. Der König rollte amüsiert mit den Augen, während die anderen lachten. Sie scheinen bereits begriffen zu haben, worauf Arthur hinaus wollte. „Ich hoffe dir ist klar, was ich meine.“ Der verwirrte Blick von Merlin sagte etwas anderes. Arthur seufzte. „Mein Name ist Arthur. Das ist dir bekannt. Und ich hoffe, dass DU in Zukunft weißt, wie DU mit mir zu sprechen hast.“ Da noch immer Ratlosigkeit in Merlins Gesicht geschrieben stand, wollte Arthur nun deutlicher werden. „Um eines klar zu stellen: Wenn du mich noch einmal mit `Ihr´, `Euch´ oder irgendwelchen Adelstiteln ansprichst, stelle ich dich persönlich an den Pranger. Ist das klar?“ Er hob eine Augenbraue, um seiner Drohung Wirkung zu geben. Langsam schlich sich so etwas wie Erkenntnis in Merlins Mimik. Seine Augen wurden immer größer, während sein Mund immer weiter aufklappte. „Das heißt,...?“ Arthur lachte leise. Manchmal war sein Diener und gleichzeitig bester Freund aber auch begriffsstutzig. „Solange wir unter uns sind oder unter Freunden, dann möchte ich, dass du die Etikette fallen lässt und wir uns wie das benehmen, was wir sind. Freunde.“ Kurz schien Merlin noch fassungslos, bevor er endgültig verstand. Seine Augen leuchteten. Er grinste und erwiderte den Druck von Arthurs Hand. „Es wäre mir auf jeden Fall eine Ehre, Arthur. Ich danke dir.“ „Nein, Merlin.“ Nun traf den Zauberer ein ernster Blick seitens seines Königs, in dem aber unendlich viel Dankbarkeit lag. „Ich danke dir. Und es könnte keine größere Ehre für mich und ganz Camelot geben, als das du ein Teil davon bist. Du warst immer an meiner Seite, in ruhigen Zeiten oder in einer Schlacht. Hast mich beschützt. Offensichtlich und im Verborgenen. Du hast mir immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden, egal wie andere dazu standen. Du warst mir stets loyal ergeben. Dir konnte ich mich jederzeit anvertrauen. Für all das und noch so viel mehr danke ich dir.“   Arthur neigte seinen Kopf vor Merlin. Eine Geste, die nur wenige Menschen vor ihm von Arthur sahen und die dennoch absolut verdient war. Ebenso wie Gwen, Elyan, Gwaine, Percival und Leon, welche sich erhoben hatten, neigten sie ihre Häupter in Richtung ihres Retters. Sie alle zeugten Merlin ihren Respekt. Merlin lief knallrot an, als er das sah. „Bitte lasst das! Ihr könnt doch nicht - !“ Es war Merlin unglaublich peinlich. So viele Jahre hatte er alles in seiner Macht stehende getan, um Camelot zu verteidigen und hatte den Ruhm dafür anderen überlassen. Ein Dank an ihn war wirklich selten und er freute sich jedes Mal, wenn ihm jemand mit einem Lächeln seinen Dank aussprach. Doch das war für ihn zu viel. „Bitte Merlin,“ sagte der König leise, als er näher trat und seine freie Hand nun auf Merlins Schulter legte. Ein sanfter Druck folgte. Merlin wollte den Mund öffnen und noch mal etwas sagen, doch Arthur brachte ihn mit einem Kopfschütteln zum Schweigen. „Sag einfach nichts, Merlin“ bat der König leise. Sein Lächeln erwärmte Merlins Seele. „Es passiert genau das, was richtig ist.“         Kapitel 32: Eine zweite Chance ------------------------------     Kapitel 32 - Eine zweite Chance     „Die Sicherheitsvorkehrungen sind abgeschlossen, Mylord“, verkündete Sir Leon, woraufhin der König nickte. Leon und die restlichen obersten Ritter, Elyan, Gwaine und Percival, standen vor den Thronen von König Arthur und Königin Gwen und erstattete ihnen Bericht. Außer ihnen standen noch zwei Wachen an der Tür. Ansonsten war der vom Licht der Morgensonne durchflutete Raum leer. Bis auf eine Person, welche direkt neben dem Thron des Königs stand und somit beinahe die gleiche Gewichtung hatte wie das Königspaar.   Merlin hatte endlich seinen Platz im Königreich gefunden. Er war zwar noch immer der persönliche Diener von König Arthur, doch keiner von beiden würde diese Tatsache ändern wollen. Zu sehr genossen die Beiden die Nähe des Anderen und ihre unkomplizierte Art, miteinander umzugehen. Von den Sticheleien und Rumalbereien der beiden ganz zu schweigen. Bei manchen Angelegenheiten wie Feiern, Festen oder Treffen mit anderen Herrschern sprang jedoch George als Diener ein. Bei solchen Anliegen sollte Merlin ganz als Arthurs Berater fungieren. Denn vor allem das war Merlin nun. Er war der persönliche Berater von Arthur. Immer, wenn der Blonde einmal nicht weiter wusste oder einen Rat brauchte, kam er zu Merlin. Nicht nur, dass der Schwarzhaarige für den König seit vielen Jahren ein treuer Freund und Wegbegleiter war. Nein. Seit Arthur wusste, dass Merlin ein Zauberer war, dieser ihm unter Einsatz seines eigenen Lebens das Seinige gerettet und Merlin ihnen alles berichtet hatte, was er in den letzten Jahren alles geleistet hatte, vertraute Arthur dem jungen Mann mehr als jemals zuvor. Besonders in Fällen von Fragen über magische Vorkommnisse war Arthur mehr als froh, an Merlin herantreten zu können. Auch Druiden oder Zauberer, die auf der Durchreise waren, baten ihn gerne einmal um Rat. So war ein weiterer Titel, den Merlin verliehen wurde, der des Obersten Hofzauberers in Camelot.   Es war unglaublich viel passiert. Ein weiteres Jahr war vergangen, seid Merlin wieder in Camelot verweilte. Und an diesem Abend sollte ein Fest stattfinden. Um an die gewonnene Schlacht in Camlann und den endgültigen Sieg über Morgana zu feiern. Und indirekt war das Fest auch zu Ehren von Merlin. Merlin lauschte ebenfalls den Worten von Leon, doch da ihm die Einzelheiten größtenteils bereits bekannt waren, schweiften seine Gedanken langsam ab. Wie er da stand, zur rechten Seite des Thrones seines Herrn, da erinnerte sich Merlin noch gut daran, wie Arthur ihn in diesen Stand erhoben hatte.       Flashback     Ein paar Tage nach ihrer Rückkehr stand eine wichtige Ratsversammlung an. Arthur hatte sie einberufen, um endlich alle ungeklärten Fragen zu beantworten. Und er hatte noch eine Überraschung für seinen Freund. Deswegen rief Arthur Merlin zuerst in seine Gemächer.   Merlin schien nervös zu sein. Es war immer noch ein höchst befreiendes Gefühl, dass seine Freunde endlich die Wahrheit kannten und ihn nicht verstießen. Ihn noch immer als ihren Freund ansahen und ihn in Camelot wissen wollten. Ein Gefühl, von dem Merlin so viele Jahre nur träumen konnte. Und es nun zu erleben, ließ seine Freude beinahe ins Unermessliche steigern. Es war Merlin nicht wichtig, dass seine Taten vor dem Volk präsentiert wurden. Das er ein Zauberer war, dass sollten sie erfahren, genauso wie der Rat. Und es hoffentlich akzeptieren. Alles andere war für Merlin nicht wichtig. Doch Arthur bestand darauf.   Merlin straffte die Schultern und wollte sich mit Arthur auf den Weg zu dem Ratssaal machen, als er aufgehalten wurde. Warm lag eine Hand auf seiner Schulter. Verwirrt sah Merlin seinen König an. Arthur lächelte. Er drückte Merlin wortlos etwas in die Hand. Verblüfft sah Merlin hinunter und seine Augen weiteten sich. Einen Moment brauchte der Zauberer, um die Situation zu verstehen. Er hielt erneut das Siegel von Arthurs Mutter in der Hand. Mit großen Augen betrachtete Merlin das Siegel, als er wieder Arthurs Blick begegnete. Er hätte nie gedacht, dass Arthur es ihm je wieder anvertrauen würde. „Arthur, ich…“ Er wusste nicht, was er sagen sollte. Seid langer Zeit war der Zauberer einmal sprachlos. Arthur lächelte nachsichtig. „Es war seinerzeit eine Art Botschaft. Für den Fall, dass ich unseren Einsatz damals nicht überlebt hätte. Nun ist es ein Geschenk. An den tapfersten und loyalsten Freund, den ich mir hätte wünschen können. Ein Symbol für unsere Freundschaft. Es gehört dir, Merlin.“ Merlin war noch immer stumm. Sein Kopf war wie leergefegt. Diese Geste bedeutete ihm mehr, als er jemals in der Lage wäre, auszusprechen. Arthur holte unterdessen noch etwas anderes aus einem kleinen Lederbeutel an seiner Seite heraus und Merlin erkannte es sofort. Es war die kleine Drachenfigur, welche ihm sein Vater einst geschenkt hatte und welche er an Arthur weitergegeben hatte. Kurz bevor Merlin selbst in die Schlacht zog. Und für ihn waren es damals die gleichen Beweggründe wie die von Arthur. Merlin wollte seinem König und besten Freund damals ebenfalls ein Geschenk machen, welches zeigte, wie wichtig er ihm war. Innerlich grinste Merlin. Sie waren sich beide wirklich ähnlicher, als sie selbst manchmal glauben konnten. „Der hier gehört wohl auch dir.“ Arthur hielt Merlin die Figur in seiner flachen Hand hin. Merlin streckte seine Hand aus, doch nur, um Arthurs Finger zu umschlingen und sanft seine Hand um die Figur zu schließen. Verwundert sah Arthur seinen Diener an, welcher lächelte. „Nicht nur du kannst Geschenke machen, Arthur. Dieser Drache war ein Geschenk von mir an dich. Er sollte dir zeigen, wie wichtig du mir wichtig bist und das sich nichts an unserer Freundschaft ändern würde. Und es würde mich freuen, wenn du ihn annehmen und behalten würdest.“ Arthur schien gerührt zu sein, denn auch er lächelte und schloss seine Faust nun fest um die kleine Figur. Sie sahen sich beide in die Augen und keiner sagte etwas, aber das war in Ordnung. Sie brauchten in diesem Moment keine Worte.   „Dann komm. Stellen wir dem Rat und dem Volk endlich unseren Retter und meinen neuen Berater vor.“     Flashback Ende       Erst hatte Merlin den letzten Satz seitens Arthur gar nicht richtig realisiert, bis sie vor dem Rat standen und Arthur verkündete, dass Merlin ab diesem Zeitpunkt sein persönlicher Berater war. Während sich in Merlins Kopf die Gedanken überschlugen, waren Proteste zu hören. Der Rat war zuerst empört, wie Arthur nur einen einfachen Diener, einen Bauern, wie sie ihn teils nannte, zu seinem Berater ernennen konnte. Allerdings waren nicht alle Anwesenden dieser Meinung. Die Hochrangigen Ritter nahmen es lächelnd und mit einem Kopfnicken zur Kenntnis, ebenso Gaius und der Hofbibliothekar Geoffrey. Arthur berichtete ihnen allen, was auch ihm so viele Jahre verborgen geblieben war und was sie Merlin alles zu verdanken hatten. Es gab noch einige im Rat, die lieber dem Weg von Uther folgen wollten und schon gegen die Gesetzesänderung bezüglich Zauberei protestiert hatten, doch der überwiegende Teil war mit dieser Idee im Nachhinein einverstanden. Sowohl Arthur als auch Merlin, der sich langsam wieder gefangen hatte, wussten, dass sie die anderen Männer nur mit der Zeit überzeugen konnten. Merlin würde seinen Job mehr als gut machen, da war sich Arthur sicher.   Das Volk hingegen feierte Merlin. Arthur erzählte ihnen endlich, was genau in der Schlacht in Camlann passiert war und was Merlin alles für Camelot getan hatte. Es war für den König eine ungeheure Erleichterung, endlich allen mitteilen zu können, wer Merlin wirklich war und wie wichtig er ihm war. Für seinen Geschmack viel zu lange tappten sie bereits alle im Dunkeln. Arthur ließ es natürlich auch nicht aus, viele Heldentaten auch mit Merlin in Einklang zu bringen. Merlin bat ihn allerdings darum, es möglichst klein zu halten. Das Volk von Camelot sollte nicht denken, dass ihr König unnütz war und alleine keine Herausforderung meistern konnte. Arthur hatte widerwillig zugestimmt. Er verstand den Einwand seines Freundes. Doch Arthur würde niemals zulassen, dass nicht jeder in Camelot wusste, dass sie alle schon längst verloren gewesen wären, wenn es Merlin nicht gegeben hätte. Erst waren die meisten Menschen verwirrt oder auch verblüfft, aber als das erste Klatschen zu hören war, stimmten immer mehr Leute mit ein, bis alle Menschen auf dem Hof in Jubel ausgebrochen waren. Arthur schien die richtige Entscheidung getroffen zu haben, die Wahrheit zuvor noch nicht offen gelegt zu haben. Sie alle gewöhnten sich an den Gedanken, Zauberei in ihrer Nähe zu zulassen. So schien es keinen zu stören, dass auch ein jahrelanger Bekannter wie Merlin sich als Zauberer entpuppte. Niemand verlor ein schlechtes Wort gegen Merlin. Sie alle feierten ihren Helden, der so lange im Verborgenen war und nun endlich sagen und zeigen konnte, wer er war. Der Dank, der Merlin dadurch zuteil wurde, war überwältigend. Als Arthur die Ernennung Merlins zu seinem persönlichen Berater ansprach, hatte das Volk nur noch lauter gejubelt. Arthur hatte seine Hand auf Merlins Schulter gelegt und ihm zugenickt, während er dem Volk winkte. Auch Merlin winkte, noch immer leicht überfordert mit der puren Freude, die ihm entgegenschlug, doch das verhinderte nicht, dass sich ein breites Lächeln auf seinem Gesicht zeigte.   Es änderte sich mit einem Mal so viel für Merlin und doch blieb es gleich. Er bekam nun einen festen Platz an der Tafelrunde, an der Seite von Arthur. Er bezog andere Gemächer, die, nach Arthurs Aussage, zu seinem Stand passen sollten. Sie waren nicht so groß wie die des Königs, doch schon größer als die Kammer des Arztes und Merlins ehemaliger Kammer zusammen und sehr schön eingerichtet. Allerdings verzichtete Merlin vehement auf einen Diener. Egal, welches Argument Arthur ihm diesbezüglich entgegenbringen wollte, er stieß bei Merlin auf taube Ohren. Und da der König wusste, wie engstirnig und stur sein Diner sein konnte, ließ er ihn in diesem Punkt seinen Willen. In Camelot verlief alles wieder normal. Nach einiger Zeit verhielten sich die Leute und vor allem Merlin selbst so, als wenn das Jahr ohne Merlin ohne Bedeutung gewesen und nie passiert wäre. Als hätten alle schon lange von seiner Gabe der Zauberei gewusst. Merlin wurde nun nur behandelt wie ein Adliger. Die Menschen grüßten ihn freundlich und zeigten ihm ihre Anerkennung.   Natürlich, es freute Merlin und ehrte ihn ungemein, dass er endlich Anerkennung für seine Taten erhielt und die Menschen wussten, dass er ihnen stets nur helfen wollte. Manchmal behagte es Merlin allerdings nicht, dass nun viele so taten, als wäre er ein anderer Mensch. Diener und Mägde, mit denen er früher völlig zwanglos gesprochen hatte, weil sie alle auf einer Stufe standen, behandelten ihn nun beinahe so, als wäre er der König persönlich. Oft genug hatte Merlin versucht, ihnen zu erklären, sie müssten sich ihm gegenüber nicht anders benehmen. Manche hatten es verstanden und versuchten es zumindest, andere waren einfach hoffnungslose Fälle. An eines dieser Gespräch konnte sich Merlin ziemlich gut erinnern.       Flashback     Merlin schlenderte gerade ein wenig durch die Stadt. Er hatte Arthur um ein wenig freie Zeit gebeten, um sich in der Stadt ein wenig umzusehen und sich die Fortschritte, welche Camelot gegenüber Zauberern machte, selber ansehen zu können. Merlin wollte ein wenig den Frieden genießen, der endlich in Camelot Einzug hielt. Arthur gewährte ihm diesen Wunsch natürlich ohne jeglichen Widerspruch und wünschte ihm viel Spaß.   Es war anders als früher. Früher war Merlin beinahe wie ein Schatten, der zwar wahrgenommen wurde, dem man allerdings kaum Beachtung schenkte. Wenn er durch die Stadt zog war Merlin nur ein Mensch unter vielen. Manche Leute, die ihn als Arthurs Diener kannten, grüßten ihn freundlich, oder Menschen, die Merlin als Gaius Gehilfe medizinisch behandelt hatte, unterhielten sich kurz mit ihm Nach seiner Ernennung zu Arthurs persönlichen Berater waren die Menschen von Camelot ihm gegenüber jedoch beinahe unterwürfig. Sie verbeugten sich, wenn sie ihn sahen. Sprachen ihn mit `Sir´ oder `Mylord´ an. Oft musste Merlin bekannten Gesichtern sagen, dass das nicht nötig war. Auch, wenn es zur Etikette gehörte, Merlin mochte es nicht. Etwas in Merlin sträubte sich immer noch gegen all das. Vielleicht war es die Angst, dass die Menschen in Camelot nicht mehr Merlin selbst sahen, sondern nur seine Macht. Seinen Einfluss. Nicht einmal seine sogenannten Heldentaten, sondern was er mit seinem Rang alles tun könnte. Vielleicht reagierten die Menschen von Camelot nur so auf ihn, weil sie Angst hatten, ein falsches Wort oder eine falsche Geste könnte ihnen den Pranger einbringen. Oder Schlimmeres. Natürlich würde Merlin so etwas niemals tun (nicht ohne einen besonders triftigen Grund, den sich Merlin jedoch nicht einmal vorstellen konnte), doch wussten die Leute das auch? Jahrzehntelang unter Uther zu leben musste dieses Denken in den Köpfen der Menschen gefestigt haben, auch wenn es unter der Herrschaft von Arthur schon lange anders war. Das es auch bei Merlin so war, mussten die Menschen vielleicht erst noch verinnerlichen. Jedenfalls hoffte Merlin darauf.   So in Gedanken bemerkte Merlin nicht, wohin ihn seine Beine getragen hatten. Als er aufblickte stand er doch tatsächlich vor den Stallungen. Innerlich musste Merlin über sich selber lachen. Es ist einiges passiert und es hatte sich vieles verändert, aber dass er manche Pflichten nicht mehr erledigen musste, so weit war sein Unterbewusstsein scheinbar noch nicht. Andererseits waren die Stallungen früher auch immer ein guter Ort zum Nachdenken. Während Merlin arbeitete waren nur die Pferde anwesend. Und mit Tieren konnte Merlin als Zauberer schon immer sehr gut umgehen und diese Ruhe wirkte sich auch immer auf Merlin selbst aus. So ungern er die Arbeiten in den Stallungen erledigt hatte, so sehr genoss er die Ruhe und den Frieden dabei.   Aus dem Augenwinkel bemerkte Merlin eine Bewegung und er drehte den Kopf. Da sah Merlin den Stallmeister Tyr, welcher gerade das Fell eines Pferdes bürstete. Es war Gwens Stute. Merlin grinste. Ein kleines Gespräch mit dem guten Tyr würde seine Laune mit Sicherheit heben. „Meister Merlin“, sagte Tyr, als er Merlin bemerkte und verbeugte sich leicht vor dem Schwarzhaarigen, welcher daraufhin die Augen verdrehte. Das war wieder das, was Merlin überhaupt nicht mochte. So viel also dazu, seine Laune zu verbessern. Er konnte schon nicht mehr zählen, wie oft er es Tyr bereits gesagt hatte. „Komm schon Tyr, wer bin ich? Ich bin weder ein Adliger, noch ein Heiliger. Wir kannten uns schon vor dieser Schlacht und haben uns dementsprechend auch angesprochen. Also hör schon auf mit diesem Unsinn.“ Vor anderen wäre Merlin niemals so offen und würde dieses gewisse Thema so rüde ansprechen, doch Tyr war ein guter Kerl. Er würde niemals mit etwas hausieren gehen oder angeben. Und er stand treu zu Arthur und Gwen und kümmerte sich liebevoll um alle Pferde von Camelot. Wenn jemand das Recht hatte, Merlin wie gewohnt anzusprechen, dann war es der Stallmeister. Kurz schien Tyr noch unsicher. Er drehte die Bürste nervös in seinen Händen, doch die strenge Miene von Merlin ließ ihn schlucken. „Wie Ihr - ich meine, wie du meinst, Merlin.“ Der Schwarzhaarige schaute noch kurz finster, bevor er grinste. „So ist das schon besser.“ Tyr lächelte ebenfalls, auf seine eigene freundliche und etwas dümmliche Art. „Ich habe schon immer gewusst, dass du anders bist, Merlin.“ Kurz schien der Schwarzhaarige verwirrt, doch schnell lächelte er wieder. Es gefiel ihm sehr, dass Tyr ihm scheinbar wieder offener wurde. „Du wusstest also, dass ich ein Zauberer bin?“, riet Merlin jetzt einfach mal, obwohl es Unsinn war. Er traute einigen Leuten zu, dass sie hätten herausfinden können, dass er ein Zauberer war, wenn sie genau hingesehen hätten. Tyr gehörte allerdings ganz sicher nicht dazu. Lächelnd schüttelte Tyr den Kopf. „Nein. Ich glaube, darauf wäre ich nie gekommen.“ Merlin lachte. Das glaubte er ihm aufs Wort. „Und ich meine eigentlich etwas anderes.“ Merlins Lachen endete und er sah Tyr erstaunt an. „Was meinst du dann?“, wollte er wissen. „Ich meine dich.“ Nun war Merlin gänzlich verwirrt und da sah man ihm auch an. Nun war es an Tyr zu lachen. „Du sprichst mit dem König, wie es kein Anderer wagen würde. Du beleidigst ihn und bietest ihm die Stirn. Du ziehst ihn ebenso auf, wie er es mit dir tut. Ich stehe schon mein ganzes Leben lang direkt in den Diensten von Arthur, doch nie habe ich ihn so ausgelassen und fröhlich wie mit dir erlebt. Mit deiner eigenen besonderen Art hast du ihm schon als Prinz gezeigt, dass er auch von seinem Volk anerkannt wird, wenn er sich nicht immer mit seinen Heldentaten brüstet. Vielleicht sogar besonders dann, wenn er es nicht tut.“ Sanft tätschelte der Stallmeister der Stute über den Hals. Es wieherte leise und schloss die Augen. Die Streicheleinheiten schienen ihr zu gefallen. Merlin beobachtete ihn und lauschte fasziniert seinen Worten. „Früher, als du noch nicht am Hof warst, war er ganz anders. Nicht so edelmütig und aufopferungsbereit seinem Volk und seinen Freunden gegenüber. Er dachte, er könnte es mit jedem aufnehmen. Er könnte jeden so behandeln, wie es ihm passte. Bis du dich ihm entgegen gestellt hast. Ein junger Mann, welcher ihn nicht so verehrte, wie er es gewohnt war, sondern ihm zeigte, dass auch er nur ein Mensch ist. Und dafür ist dir das Volk von Camelot auch ziemlich dankbar." Tyr blickte nun wieder zu Merlin und lächelte noch immer. Merlin hingegen war völlig sprachlos, doch ein warmes Gefühl machte sich in ihm breit. Plötzlich wurde Tyr Gesichtsausdruck ängstlich. „Du erzählst dem König doch nicht etwa, was ich alles über ihn erzählt habe, oder?“ Kurz blinzelte Merlin, er wusste im ersten Moment gar nicht zu erwidern, doch dann fing er an zu lachen. Arthur verdiente diese Worte genauso sehr wie Merlin selbst, doch er wollte mal nicht so sein. „Keine Sorge, meine Lippen sind versiegelt!“, schwor der junge Zauberer. Merlin würde Arthur auf seine eigene Art sagen, was Tyr ihm gerade mitgeteilt hatte. Auch, wenn Arthur es bereits wusste. Konnte der König es mit Sicherheit jeden erneuten Tag spüren, wie sehr das Volk ihn verehrte. Die Mimik des Stallmeisters entspannte sich sichtlich, was Merlin ein breites Grinsen entlockte. Es gab keinen Grund Angst zu haben oder sich zu fürchten. Nicht vor Arthur. Nicht vor ihm. „Ich bin wirklich froh, dass es dich hierher verschlagen hat, Merlin. Durch dich wurde Arthur zu einem Herrscher, welcher gerecht über sein Volk und sein Königreich herrscht. Und durch eure gemeinsamen Taten herrscht nun Frieden in Camelot, wie es sich jeder immer gewünscht hat.“   Kurz stutzte der junge Zauberer, bevor sich seine Mundwinkel abermals nach oben zogen. Er hatte sich geirrt. Vielleicht wäre es Tyr doch gelungen, ihn als Zauberer zu erkennen. Denn so wie es aussah, bemerkte der Stallmeister doch mehr, als man ihm zutrauen würde. Und er sprach offen aus, was die Menschen von Camelot dachten. Und auch, wenn er ängstlich schien, dass Merlin Arthur verraten könnte, dass Tyr zuerst ein wenig schlecht über Arthur gesprochen hatte, es war die Wahrheit. Und dafür würde Arthur niemanden bestrafen. So wenig man früher an Arthur glauben konnte, dass er einmal ein vernünftiger Herrscher werden würde, so wussten nun alle, dass Arthur ein großer König geworden war. Und das ein großer Anteil dafür bei Merlin lag.   Und ohne es zu wissen hatte Tyr mit seinen Worten genau das erreicht, was sich Merlin gewünscht hatte.       Flashback Ende       Die Worte von Tyr zeigten Merlin, was die Menschen wirklich dachten. Sie hatten ihn wahrgenommen, als Diener an der Seite des damaligen Prinzen und jetzigen König. Sie hatten gesehen und erlebt, wie Arthur sich verändert hatte, wie er von einem schnöseligen Prinzen zu einem wahren König wurde. Die Unsicherheit in Merlin war verschwunden. Wo er immer dachte, die Menschen würden ihn aus Angst nun anders behandeln, so hatte er durch Tyr erkannt, dass sie ihn respektierten und ihm auf ihre Art dankten. Zu ihm aufsahen, seine Taten schätzen und sich wünschten, dass er immer an Arthurs Seite bleiben und ihn leiten würde. Denn unter der Regenschaft von Arthur erwachte in Camelot wieder das blühende Leben, welches viele Jahre eine Tortur war und Camelot zu einem Hort der Angst machten. Dank Merlin wurde Arthur zu einem angesehenen und gerechten König, den das Volk liebte. Auch die tiefe, freundschaftliche Beziehung zwischen Arthur und Merlin selbst, welche Arthur nach und nach auch in der Öffentlichkeit zeigen wollte, war nur noch stärker geworden. Sie kabbelten sich, beleidigten sich, knufften dem anderen auch mal in die Seite. Nicht bei wichtigen Gesprächen oder Ratsversammlungen. Doch wenn sie mit Gwen oder ihren Freunden oder auch nur sie beide alleine in der Stadt unterwegs waren, dann konnte es jeder sehen. Von außen betrachtet hatte sich an der Freundschaft zwischen Arthur und Merlin nichts geändert, doch jeder in Camelot und dem ganzen Königreich wusste nun, die beiden würden für den anderen sterben. Also benahmen sich König und Berater wie das, was sie waren. Arthur und Merlin waren beste Freunde. Wie zwei Brüder. Wie... zwei Seiten einer Medaille.     „Wir bekommen zu unserem Fest heute Abend übrigens einen Gast“, verkündete der König mit einem Lächeln und holte Merlin damit aus seinen Gedanken. Leon schien seinen Bericht bereits abgeschlossen zu haben, wenn der König nun sein Wort erhob. Verwirrt sah Merlin auf. „Einen Gast?“, hackte der Dunkelhaarige nach. Davon hatte Arthur ihm bisher noch kein Wort gesagt. Auch Gwen wandte sich neugierig zu ihrem Mann. „Und wer ist es?“ Arthur zuckte mit den Schultern. Vor dem Rat und seinen Rittern würde er solch eine Geste niemals wagen, drückte sie doch mehr Unwissenheit aus, als sonst etwas. Und das ziemte sich nach der Meinung vieler für einen König nicht. Doch vor seinen Vertrauten konnte Arthur er selbst sein. Vor seiner Frau Gwen, vor seinen Freunden, den vier Rittern Leon, Percival, Gwaine und Elyan, genauso vor Gaius und vor allem vor Merlin, dem Mann, welchem er am meisten vertraute. Vor diesen Menschen musste Arthur sich nicht verstellen oder so tun, als wüsste und könnte er als König alles. Denn sie wussten es besser. Viel besser. Und sie standen ihm deswegen mit noch mehr Rat und Tat zur Seite.   „Ich weiß es nicht genau“, gab Arthur zu. „Ich weiß nur, dass es sich um eine Frau handelt. Eine Angehörige des Druidenstammes, der sich vor Kurzem in den westlichen Wäldern niedergelassen hat. Vor Kurzem hat sie sich dem Stamm wohl angeschlossen und würde sich nun gerne Camelot ansehen. Die Anführerin, Altyssa, ließ mir ein Schreiben zukommen und hat höflich ihre Einladung für heute Abend abgesagt. Allerdings bat sie mich um die Erlaubnis, das ihr Neuzugang nach Camelot kommen und ein paar Tage hier verbringen darf. Soweit sie mir mitteilte, beherrscht auch sie die Zauberei. Daher habe ich sie eingeladen, heute Abend den Festlichkeiten beizuwohnen.“ Die Ritter nickten, als Zeichen, dass sie ihren König verstanden hatten. Auch wenn sie ein wenig verwirrt waren. Einfach eine völlig Fremde zu ihren Festlichkeiten einzuladen war nicht gewöhnlich, doch sie vertrauten den Entscheidungen ihres Königs. „Und wie ist der Name dieser werten Lady?“, wollte Merlin wissen. Es schien ihn nicht im Geringsten zu stören, dass Arthur jemanden eingeladen hatte, den keiner von ihnen kannte. Doch Merlin wusste auch so, dass Arthur solche Sachen gerne auch nach seinen Gefühlen entschied. Und wenn der König das Gefühl hatte, diese Dame soll bei dem Fest dabei sein, dann hätte Merlin keinerlei Einwände. Er war nur neugierig, welche Zauberin es scheinbar für ein paar Tage nach Camelot verschlagen würde. Natürlich, das Verbot gegen die Zauberei war aufgehoben und es gab auch keine Angriffe mehr von Zauberern gegen Camelot und Ritter rotteten auch keine magisch begabten Menschen mehr aus. Und die öffentliche Bekanntgabe, dass Merlin oder eher Emrys in Camelot verweilte und dort hoch geachtet wurde, hatte die Umstände noch viel mehr begünstigt. Immer wieder wurden Verhandlungen und Abkommen mit verschiedenen Völkern und Druiden geführt. Sie alle wollten an der Seite des legendären König Arthurs und den mächtigen Zauberer Emrys stehen und ihnen helfen. Dadurch war es viel friedlicher geworden und das Misstrauen und die Angst waren beinahe vollständig verschwunden. Auch der angesprochene Druidenclan hatte sich vor einigen Wochen in die Wälder von Camelot begeben, nachdem sie bei dem Königspaar um Erlaubnis gebeten hatten. Anscheinend gab es in den Wäldern herum um Camelot einige Kräuter, die ihr Interesse geweckt hatten. Sie sammelten für sich selbst Heilkräuter und brachten welche ins Schloss. Somit musste Gaius dieser Tätigkeit im Moment nicht nachkommen. Merlin war nur erstaunt, dass Altyssa ihm nichts davon erzählt hatte. Schließlich trafen sie bereits ein paar Mal aufeinander. „Nun, ihr Name ist - “   Plötzlich öffnete sich die große Flügeltür des Thronsaals und eine der Wachen, welche vor der Tür standen, trat ein. „Bitte entschuldigt die Störung, Sir“, sagte der junge Mann, Sir Hendrik, und verbeugte sich leicht. „Aber vor dem Schloss bittet eine junge Dame um eine Audienz bei Euch.“ „Und wer verlangt danach?“, wollte Arthur wissen. Seine Ritter hatten sich bereits seitlich des roten Teppichs platziert, um ihrem König die Sicht zu erleichtern. „Nun, sie hat sich als eine gewisse `Herrin vom See´ vorgestellt.“ Wie ein Blitz durchzuckte es Merlin plötzlich und seine Muskeln spannten sich an. Mit offenem Mund und geweiteten Augen starrte er die Wache an. „Ah ja, natürlich!“, freute sich der König und nickte der Wache zu. „Ich erwarte sie bereits. Geleitet sie herein.“ „Jawohl, Mylord.“ Noch einmal verbeugte sich Sir Hendrik und schloss hinter sich die Tür. „Nun, wie es scheint, lernen wir unseren geheimnisvollen Gast früher kennen, als ich dachte“, sagte Arthur und lächelte seiner Königin zu, welche diese Geste gerne erwiderte, bevor er sich an seinen Berater wandte. „Nun Merlin. Da es sich ebenfalls um eine Zauberin handelt, würde ich dich bitten, - alles in Ordnung, Merlin?“, fragte Arthur plötzlich besorgt. Eigentlich wollte er seinen besten Freund darum bitten, sich während des Aufenthalts der Lady etwas um sie zu kümmern. Schließlich waren sie beide von magischer Natur. Und davon gab es bisher nur eine handvoll Leute in Camelot. Viel zu sehr schienen manche Druidenclans das Herumreisen zu bevorzugen. Da würde es die Dame mit Sicherheit noch zusätzlich beruhigen, wenn sie jemanden an ihrer Seite hätte. Doch irgendetwas schien mit Merlin nicht zu stimmen. Der Angesprochene drehte leicht seinen Kopf zu seinem König. Noch immer waren seine Augen groß und sein Mund leicht geöffnet. Ein seltsames Funkeln war in seinen Augen zu sehen. Es erinnerte den König an Schmerz und Trauer. Und… Bildete sich Arthur das nur ein oder war Merlin plötzlich blasser als sonst?   „Merlin? Was ist denn los?“, wollte der König wissen. Merlin blinzelte, doch noch immer antwortete er nicht. Der besorgte Ausdruck in den blauen Augen des Königs verstärkte sich. „Machst du dir Sorgen um diese `Herrin vom See´? Vielleicht - “ „Schon gut“, unterbrach Merlin seinen Herrn. Es tat ihm weh, so zu reagieren, doch alles in ihm bebte. Zwar machte er sich wirklich Gedanken, doch in eine ganz andere Richtung, als der König oder sonst einer der Anwesenden auch nur ahnen konnte. „Es geht mir gut. Das ist wahrscheinlich nur… die Anspannung. Und die Vorfreude.“ Schnell verschränkte Merlin seine Hände hinter seinem Rücken, damit niemand sehen konnte, wie sie sich zu Fäusten ballten. In ihm brodelte es. Wie konnte es sich jemand nur anmaßen, den Titel seiner geliebten Freya zu stehlen? Sie war die Herrin vom See und sie würde es wohl auch immer bleiben. Schließlich… gab es keinen Weg, dass sie den See verlassen konnte. Jedenfalls keiner, der Merlin bekannt wäre. So sehr er auch auf ihre Worte vertraute, dass sie sich wiedersehen würden. Eines Tages...   Merlin schloss die Augen und holte tief Luft. Er musste sich beruhigen, bevor die Dame eintrat, sonst könnte es ein schlechtes Licht auf Camelot werfen. Kurz war der Dunkelhaarige in trübseligen Gedanken gefangen und bemerkte so auch nicht die besorgten und verwirrten Blicke seiner Freunde. Leon und Elyan hatten sich nahe Gwens Thron positioniert, Percival und Gwaine rückten ein Stück weiter weg. Somit hatten der König und die Königin einen freien Blick auf den Gast. Doch nun konnte auch ein jeder von ihnen Merlin anschauen. Keiner von ihnen konnte die Besorgnis verleumden. Aber weiter konnte sich niemand darüber Gedanken machen, denn schon öffnete sich die Tür erneut und Sir Hendrick trat abermals ein und verkündete mit lauter Stimme „Es gibt sich die Ehre: Lady Freya, die Herrin vom See!“   Die Tür wurde nun gänzlich geöffnet und die Wachen verbeugten sich leicht vor der eintretenden Person. Es war wie angekündigt eine Frau. Als Merlin leicht den Kopf drehte um sie anzusehen, schien es, als würde sein Herz einfach aufhören zu schlagen - nur um im nächsten Moment zu rasen. Seine Augen weiteten sich, seine Körper erstarrte, seine Hände wurden schwitzig. Sie war schön, keine Frage. Wunderschön. Sie trug ein schlichtes, rotes Kleid. Darüber trug sie ein braunes Fell über den Schultern. Die Frau hatte lange dunkle Haar, die in leichten Wellen ihren Rücken herabflossen und ebenso dunkle Augen. Ihre Haut schien blass, doch dass ließ sie nicht schlecht oder kränklich aussehen, im Gegenteil. Es war ein Teil von ihr und ließ sie noch schöner aussehen. Geradezu strahlend. Sie trat wenige Schritte in den Saal hinein. Jeder Schritt schien vor Selbstsicherheit nur so zu hallen. Es erschien Merlin unglaublich. Sie hatte sich so verändert. Nichts war von dem ängstlichen und schüchternen Mädchen, welches er damals aus dem Käfig befreit hatte, übrig geblieben. Nun stand eine erwachsene und selbstsichere Frau vor ihm. Und doch war es unverkennbar klar. Es war Freya. Seine Freya.   Sein Gehirn schien seinen Dienst langsam zu verweigern, als es diese Information erfasste. Vor ihm stand Freya! Wirklich und wahrhaftig! Doch wie war das möglich? Sie war an den See gebunden, sie konnte den See von Avalon nicht verlassen. Sie war dessen Herrin und die Hüterin, es war schlichtweg unmöglich, dass er sie vor seinem Tod wieder sah. So sehr er auch auf ihre Worte damals gehofft hatte, es war nicht möglich. Und doch… sie war hier. Und das es wirklich Freya war, daran hatte der Zauberer nicht einen Moment Zweifel.   Dieses süße Lächeln, welches sich auf ihre Lippen zauberte, als sie ihn ansah. Die Funkeln in ihren unendlich schönen dunkelbraunen Augen. Ihre Ausstrahlung. Alles an ihr schien ihn anzuziehen. Aber was Merlin am meisten faszinierte und anziehend für ihn war, war ihre Magie. Deutlich spürte Merlin sie in ihr pulsieren, konnte spüren, wie Freya sie fließen ließ. Ihre Magie sang für ihn. Und nur für ihn. Keine andere Frau konnte diese Gefühle in Merlin wachrufen. Über all die Jahre nicht. Ganz gleich, wie viele Damen versuchten, um ihn werben. In diesem Moment wurde es Merlin nur umso deutlicher klar. Sie gehörten zusammen.   Wenn Freya bei ihm war, ja wenn er nur an sie dachte, dann war Merlin kein mächtiger Zauberer, kein königlicher Berater, ja noch nicht einmal ein Diener am Hofe. Er war einfach Merlin - ein junger Mann, der sich Hals über Kopf und unwiderruflich verliebt hatte. Manchmal machte sich Merlin darüber Gedanken, ob die Liebe, welcher er für Freya empfand, wirklich echt war. Schließlich waren es damals gefährliche Umstände, für sie beide. Jedes falsche Wort hätte das Letzte sein können und jeden Tag ihrer gemeinsamen Zeit mussten sie mit der Befürchtung leben, dass man sie entdecken könnte. Das es ihr Tod wäre. Was es in Freyas Fall auch war... Merlin schluckte hart. In Wirklichkeit hatten er und Freya so wenig Zeit miteinander gehabt. Aber nun, wo er sie wieder vor sich sah und ihre Magie spüren konnte, da fragte sich Merlin, wie er überhaupt jemals hätte zweifeln können. Sie war für ihn bestimmt. So wie er zu ihr gehörte.   Wie auch die Magie von Freya durch ihren Körper pulsierte, da konnte sich auch Merlin nicht mehr beherrschen. Seine Magie und seine Gefühle durchströmten ihn und drangen nach außen. Der gesamte Thronsaal füllte sich mit seiner Wärme und durchströmte die Anwesenden. Alle seufzten wohlig auf, auch wenn niemand die Ursache kannte. Doch konnte sich auch niemand gegen dieses Gefühl wehren. Arthur seufzte leise. Er konnte sich nicht beherrschen und ergriff Gwens Hand. Lächelnd erwiderte die Königin den Druck an ihrer Hand.   Freya hingegen schloss genießerisch die Augen und atmete tief durch. Sie war nahe den Türen stehen geblieben. Offenbar genoss sie das Gefühl von Merlins Magie ebenso. Denn auch seine Magie sang für sie, nahm sie gefangen und ließ die Schwarzhaarige nicht mehr los.   Freya öffnete wieder ihre Augen und ging noch weitere Schritte vor. Sie stand nun zwei Meter vor den Thronen. Voller Anmut verbeugte sie sich. „Es ist mir eine Freude, Euch endlich begegnen zu dürfen, König Arthur. Und auch Euch grüße ich, Königin Guinevere. Es ist mir eine Ehre, von Euch empfangen zu werden.“ „Die Freude ist ganz meinerseits, Mylady“, sagte Arthur. Mit einer Handbewegung bedeutete er ihr, sich wieder zu erheben. Als sich Freya wieder erhoben hatte grüßte sie auch höflich die anwesenden Ritter, welche davon überrascht waren. Zur Etikette gehörte es jedenfalls nicht.   „Es freut mich, dass magisch begabte Menschen dieses Königreich nicht mehr meiden.“ Freya nickte und lächelte den König dankbar an. „Auch für unsereins ist es eine Wohltat, uns endlich gefahrlos in Eurem Reich bewegen und in Ruhe leben zu können, Majestät. Dafür gebührt Euch der Dank der gesamten magischen Gemeinschaft.“ Arthur nickte erfreut. „Ein außergewöhnlicher Name. `Herrin vom See´. Darf ich fragen, wie Ihr zu diesem Titel kamt?“ „Natürlich. Doch ich muss gestehen, dass die Reise hierher mich doch mehr aufgewühlt hat, als ich glaubte. Wärt Ihr damit einverstanden, wenn wir diesen Gespräch auf heute Abend verlegen? Dann könnten alle Fragen geklärt werden. Und sehr gerne würde ich mir die Stadt ein wenig genauer ansehen.“ Kurz schien Arthur überrascht zu sein. Andere hätten es mit Sicherheit als unhöflich gefunden, seine Frage einfach so herunter zu spielen, doch Arthur machte es nichts aus. Er selbst hatte die Dame eingeladen. Er wusste nicht warum, aber tief in Arthur war es ein Gefühl, als wäre es richtig, die Dame zu ihrem Fest einzuladen. Erklären konnte es sich Arthur nicht, doch das machte nichts. Er hatte schon oft auf sein Bauchgefühl gehört und es hatte ihn nur selten im Stich gelassen. Schnell fing er sich wieder und nickte höflich. „Ich freue mich schon darauf. Du nicht auch?“, fragte er an seine Gemahlin gewandt. Glücklich lächelte Gwen ihren Mann an. Wie lange war es her, dass sich die Königin mit einer anderen Dame ohne Fänge unterhalten konnte? „Ich kann es kaum erwarten“, antwortet sie, worauf Arthur nickte. „Sehr gut. Ich habe bereits Gemächer für Euch vorbereiten lassen“, sagte der Blonde an seinen Gast gewandt. Bevor Freya etwas erwidern konnte sprach Arthur schon weiter. „So kurz vor dem Fest noch eine Unterkunft in der Unterstadt zu finden halte ich für ziemlich ausgeschlossen. Deswegen werdet ihr hier im Schloss bleiben. Seht es als kleines Dankeschön für die Hilfe an, die der Clan von Altyssa bisher geleistet hat.“ Der König machte eine Handbewegung in Richtung der Tür. „Sir Hendrik wird Euch hinführen. Und es freut mich wirklich sehr, dass ihr uns heute Abend beim Fest die Ehre gebt.“ Lächelnd vollführte Freya einen Knicks vor dem Königspaar. „Ich freue mich schon jetzt darauf. Und ich danke Euch für Eure Gastfreundschaft. Mylord. Mylady.“ Nach diesen Worten erhob sich die Schwarzhaarige, blieb mit ihrem Blick aber noch einmal bei Merlin hängen, bevor sie sich abwandte und in Richtung der Tür ging, an der Sir Hendrik wartete, als Merlin es nicht mehr aushielt. „Wartet!“, rief er laut. Als Freya vor der Tür stehen blieb und sich umdrehte hatte auch Merlin seinen Platz an der Seite des Königs verlassen. Als einfacher Diener wäre es ein Eklat gewesen, sich aus dem Schatten heraus zu begeben und sich dann auch noch von der Seite seines Herrn zu entfernen. So sehr Merlin manchmal die Veränderungen ihm gegenüber verabscheute, so sehr dankte er gerade allen Göttern, dass er sich so etwas erlauben durfte ohne am Pranger zu landen. Seine Augen schienen sich undurchschaubar und undurchdringlich in ihre eigenen zu bohren. Ein heißer Schauer rann langsam Freyas Rücken herab. Es fiel Merlin schwer, sich von ihrem Anblick loszureißen, schließlich war es für ihn gefühlt schon eine Ewigkeit her. Doch er musste es tun, damit er sich seinem König zuwenden konnte.   „Mein König, was haltet Ihr davon, wenn ich die werte Lady ein wenig in Camelot herumführe? Es wird schwierig für sie werden, sich hier alleine überall zurechtzufinden.“ Mit einem breiten Lächeln hatte Merlin diese Worte hervorgebracht, was für einige Verwirrung beim Königspaar und den anwesenden Rittern sorgte. Woher kam wohl dieser plötzliche Sinneswandel? „Nun…“ Kurz haderte Arthur. Er hatte bereits selbst mit dem Gedanken gespielt, der Lady Freya seinen treuen Freund an die Seite zu stellen. Aufgrund seines merkwürdigen Verhaltens von vorhin hatte der König diesen Gedanken allerdings wieder verworfen. Da Merlin nun jedoch selbst diesen Vorschlag machte, was sollte er da noch groß einzuwenden haben? „Nun, wenn Lady Freya nichts dagegen hat, dann wäre es mir Recht. Was meint Ihr, Mylady?“, wandte sich Arthur an seinen Gast. Freya hatte sich nun wieder vollends umgedreht und sah wieder zu dem König. Ein seltsames Funkeln war in ihren Augen zu sehen. „Es würde mich freuen, wenn mich der junge Mann begleiten könnte“, gab die Schwarzhaarige zu und lächelte lieblich.   Plötzlich glitzerte es auch in den Augen von Merlin merkwürdig auf, wie Arthur und Gwen bemerkten. „Merlin?“, erkundigte sich nun Gwen besorgt. Sie fand das Verhalten von ihrem besten Freund recht seltsam. Er war den Morgen über recht gut gelaunt und machte seine Witze. Als Arthur über ihren Gast sprach, war Merlin plötzlich wie aus gewechselt. Es schien ihm nicht gut zu gehen oder irgendetwas belastete ihn. Und jetzt? Sie konnte es nicht ganz zuordnen. Ein breites Grinsen erschien auf seinem Gesicht, als Merlin der Königin auf ihre ungestellte Frage antwortete „Es könnte nicht besser sein, Mylady.“ Kurz schien Gwen noch besorgt, doch sie sah selbst, dass es Merlin gut ging. Anscheinend sehr gut, so wie sie sein Strahlen einschätzte. „Braucht Ihr mich heute noch?“, erkundigte sich der junge Zauberer nun wieder an seinen König gewandt. „Oder reicht Euch meine Anwesenheit heute Abend beim Fest?“   Kurz war Arthur erstaunt über diese indirekte Bitte. Er kannte Merlin schon lange genug um heraushören zu können, dass es ihm wirklich wichtig war. „Nein Merlin, ich denke, im Moment kannst du dich anderen Dingen zuwenden. Wir sehen uns dann heute Abend beim Fest.“ Dankbar verneigte sich der Schwarzhaarige. „Danke“ sagte Merlin voller Inbrunst und unbändige Freude erschien auf seinem Gesicht. Ein breites Grinsen schlich sich auf seine Lippen. „Vielen Dank, Sir. Mylady. Bitte verzeiht mir mein ungebührliches Verhalten, welches ich gleich zeigen werde, doch ich kann einfach nicht anders!“ Noch einmal verbeugte sich Merlin rasch vor dem Königspaar, bevor er sich abrupt umdrehte und den Teppich entlang lief, die verwirrten und leicht besorgten Blicke seiner Freunde ignorierend. Freya lächelte ihm zu und streckte bereits ihre Hände nach ihm aus. Der junge Zauberer kam der Frau seiner Träume immer näher. Vor ihr wurde er immer langsamer, bis er genau vor ihr zum Stehen kam. Vorsichtig nahm er ihre Hände in seine. Ihre Hände waren kleiner als seine. Schmal und zart. Und doch perfekt für seine Hände gemacht. Kaum, dass sie sich berührten schien ein Blitz durch Merlins Körper zu jagen und in ihren Augen las er, dass es Freya nicht anders erging. Ein sanftes Lächeln erschien auf seinen Lippen. Wärme erfüllte ihn. Ebenso liebevoll lächelte Freya den Dunkelhaarigen an. Sie hob ihre Hand und strich Merlin über die Wange. Genussvoll schloss Merlin die Augen.   Verwundert und teilweise auch erstarrt blickten das Königspaar, die Ritter und die Wachen Merlin und Freya an.   Keiner konnte ahnen, wie sehr Merlin die Berührung ihrer Haut genoss. Sie war warm und weich. Liebevoll strich Freya über seine Wange, wovon er nicht genug bekommen konnte. So lange hatte er dieses Gefühl, sie endlich wahrhaftig berühren zu können, vermisst. Merlin konnte ihr so lange nicht nah sein. Außer... Vor einem Jahr, als sie noch eine Gefangene im See von Avalon war. Eine unumstößliche Tatsache. Merlins Gesichtsausdruck veränderte sich plötzlich. Von der ruhigen und genießenden Gesichtszügen zu einem gequälten Verziehen der Augenbrauen und einem Sinken der Mundwinkel. Seine Wange schmiegte er an ihre Hand. Verwirrt legte Freya den Kopf schief. Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen. „Wenn ich meine Augen öffne…“, begann er mit leiser, trauriger Stimme zu sprechen, ein Ton, der Freya beinahe das Herz brach „…könnte es keinen grausameren Tod durch irgendein Gift oder irgendeine Wunde geben, als die Tatsache, dass du nicht wirklich hier bist.“ Über die Ernsthaftigkeit seiner Worte und deren Inhalt war Freya traurig, doch die Gefühle, welche dadurch unterschwellig ausgedrückt wurde, entlockten ihr ein sanftes Lächeln. „Glaub es ruhig“, sagte die junge Frau leise und strich sanft über seine Wange. „Ich bin hier.“ Blitzschnell schoss Merlins Hand vor und umschlang vorsichtig die ihre. Verwirrt sah die Dunkelhaarige ihn an. Merlin öffnete die Augen und ihr Atem stockte. Seine blauen Augen schimmerten leicht, als wollten sie die Tränen verstecken, welche dort lauerten und jeden Moment überzulaufen drohten. Und doch sah sie darin ein Glitzern. Eines, welches sie so sehr begehrte und so sehr vermisst hatte. „Du bist wirklich hier…“, hauchte der Schwarzhaarige leise und drückte mit seiner Hand leicht die ihre und schloss langsam wieder die Augen.   „Merlin“, murmelte sie dann. Ihre Stimme klang weich und zart, so als wolle sie ihn nicht verschrecken, ihm die Wahrheit aufzeigen. Sie war wirklich da. Zum ersten Mal nach so langer Zeit. Endlich konnte Merlin ihre Stimme wieder hören. Es fühlte sich so gut an. So richtig. So vollkommen. Als würde seine fehlende Hälfte zu ihm zurückkehren. Es war ein ähnliches Gefühl wie damals, als Merlin zurückkehrte. Das gleiche Gefühl, als er am See von Avalon Arthur wieder gegenüberstand. Jetzt wusste Merlin, wie Arthur sich gefühlt hatte. Damals als er aus dem See wieder aufgetaucht war und sein Freund es nicht glauben konnte. Merlin konnte in diesem Augenblick auch nicht glauben, dass es Wirklichkeit sein sollte. Das seine Freya endlich wieder bei ihm war. Doch es war so. Merlin fühlte ihre Wärme, spürte ihre Magie, er hörte ihre Stimme, er roch ihren Duft. Wildblumen.   Merlin drückte ihre Hand an seine Wange. Wie lange war es her, dass er sie sehen, ihre Hand in seine nehmen, ihre seidige Haut berühren konnte? Es kam dem jungen Zauberer wie Ewigkeiten vor. Umso mehr genoss er nun diese Berührung. Und er wünschte sich, dass sie nie wieder aufhören müsste. Vorsichtig nahm er ihre Hand in seine und führte sie zu seinem Mund. Sanft küsste er ihre Fingerknöchel. „Ich bin so froh, dich zu sehen… du weißt nicht, wie sehr ich dich vermisst habe…“, sagte Merlin. Freya nickte. „Ich habe dich auch vermisst“, antwortete sie. Eine unmessbare Zeit lang blieben sie so stehen, genossen die Nähe zueinander, versanken in den Augen des Anderen, versuchten sich alleine mit ihren Blicken zu sagen, wie sie füreinander empfanden. Die anderen Anwesenden hatten sie beide völlig aus ihrer Wahrnehmung verbannt. Im Moment waren nur sie beide wichtig. Doch wagte auch niemand ein Wort zu sagen. Viel zu magisch schien dieser Moment zu sein.   „Damals hatte ich nicht die Gelegenheit dazu…“, unterbrach Merlin die Stille zwischen ihnen. Verdutzt blickte Freya auf und sah den Schwarzhaarigen fragend an. Dieser lächelte nur breit und seine Augen waren voll von diesem einen Gefühl, wonach sie sich so sehr sehnte. „Ich liebe dich“, sagte er leise und doch so voller Hingabe, dass Freyas Herz beinahe stehen blieb. Die Wahrhaftigkeit und die Gefühle in seiner Stimme waren nicht zu überhören. „Ich liebe dich. So sehr.“ Auch ihre Lippen verwandelten sich in ein breites Lächeln. In ihren Augen schwammen glitzernde Tränen. „Ebenso, wie ich dich liebe“ erwiderte sie und entzog ihm ihre Hand, nur um abermals sanft über seine Wange zu streichen. „Mehr als alles andere.“   Bei diesen Worten, ihrer warmen Hand an seiner Wange und den unendlich schönen Gefühlen, welche in seinem Inneren tobten und er in ihren Augen sah… da konnte Merlin sich nicht mehr zurückhalten. Merlin legte seine Hände an ihr Gesicht, beugte sich zu ihr herunter, spürte ihren Atem auf seinem Gesicht und drückte sanft seine Lippen auf ihre. Ein heißer Schauer durchlief ihn. Wie eine gefühlte Ewigkeit erschien es dem Dunkelhaarigen, das sich ihre Lippen das erste Mal trafen. Umso mehr genoss er es, sie nun endlich wieder spüren und küssen zu dürfen. Ihre sinnlichen Lippen zu schmecken. So warm und weich. Ihre Lippen passten perfekt auf seine. Wie schon damals konnte sich Merlin gegen den Sturm an Gefühlen, welche in ihm tobten, kaum wehren. Die Sehnsucht nach ihr ließ in innerlich beinahe verbrennen. Seine Gefühle für Freya waren nicht abgeschwächt, ganz im Gegenteil. All die Zeit, in der sie getrennt waren, hatten sie nur verstärkt. Freya gab sich vollends diesem Kuss hin. Ihre Hände legten sich sanft um Merlins Hals und sie drückte sich näher an ihn.   Reihenweise klappten die Münder der Anwesenden auf, als sie sahen, wie ihr sonst so trottelig erscheinender Freund diese bildhübsche Frau küsste.   Merlin und Freya trennten sich nach wenigen Augenblicken wieder voneinander. Sie sahen sich mit glänzenden Augen an. Freyas Wangen waren leicht gerötet. Sie wollten sich in diesem Kuss verlieren, aber das Wissen, dass es an diesem Ort ungeeignet war, kämpfte sich durch die tiefen Gefühle, welche wieder an die Oberfläche getreten waren. Zudem... es gab einiges, was sie besprechen mussten.   Merlin zog Freya mit sich in Richtung Tür. Sie brauchten ein ruhiges Plätzchen. „Komm mit mir.“ Lachend ließ sich die Dunkelhaarige mitziehen. „Zeigst du mir Camelot?“, fragte Freya. Breit grinsend legte Merlin seine Hände an die Hüfte seiner Geliebten und wirbelte sie herum. Freya lachte. Hell und heiter. Voller Freude. Noch nie hatte Merlin so ein schönes Geräusch gehört. „Alles“, sagte er ebenfalls lachend und seine Augen funkelten sie wie die hellsten Sterne in einer dunklen wolkenlosen Nacht an. Die grenzenlose Liebe darin war kaum zu übersehen. Freyas Herz hüpfte. Sachte ließ er sie wieder runter. „Ich zeige dir alles was du willst und noch mehr.“ Kurz hielt er inne. Sanft legte er seine Stirn an ihre. „Diese Zeit… dieses Leben gehört uns. Und keiner kann es uns noch nehmen.“ Sanft küsste sie ihren Liebsten. Merlin erwiderte mit größter Freude. „Und das haben wir dir zu verdanken. Ich danke dir, Liebster.“ Breit grinste Merlin. Er nahm erneut ihre Hand, hauchte einen Kuss darauf. Freya kicherte. Dann endlich öffneten sich die Türen und das Paar verschwand lachend aus dem Thronsaal.     Zurück blieben einige sehr verwirrte Freunde Merlins, die dem Schwarzhaarigen mit großen Augen und offenen Mündern hinterher sahen und noch nicht recht verstanden, was genau vor ihnen passiert war.       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~       Wenn Merlin jemals geglaubt hatte, in der Vergangenheit eine schöne Zeit erlebt zu haben, dann wurde er an diesem Tag eines besseren belehrt.   Es war sowohl ihm als auch Freya völlig bewusst, das die Zeit, ihr Camelot zu zeigen, bis zum Abend nicht ausreichen würde. Merlin wollte Freya zu nichts drängen, wenn sie sich die Stadt ansehen wollte, dann würde Merlin sie herumführen. Er wollte ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen. Das Leuchten in ihren Augen, die sanfte Röte auf ihren Wangen, das süße Kichern, welches sie manchmal ausstieß, die Wärme ihrer Hand, welche er unentwegt in seiner hielt... Noch immer kam es ihm so unwirklich vor.   Merlin und Freya waren ein wenig durch die Stadt geschlendert, bis Freya ihn gebeten hatte, sich ein wenig Zeit zu zweit zu gönnen und außerhalb des Schlosses Ruhe zu finden. Merlin konnte ihr diesen Wunsch nicht abschlagen. Auch er sehnte sich danach. Die Stadt war für sie im Moment nicht wichtig. Jetzt wollten sie beide erst einmal die Zeit genießen und die Tatsache verarbeiten, dass sie wieder zueinander gefunden hatten. Sie begaben sich durch das Tor vor die Stadt. Merlin kannte die Wälder von Camelot besser als jeder andere und ihm schwebte der perfekte Ort vor. Ein kleiner Teich war nicht weit vom Schloss entfernt zu finden. Dort kamen so gut wie nie Menschen hin. Dieser Ort strahlte Ruhe aus und genau das brauchten Merlin und Freya. Galant breitete Merlin seine Jacke vor einem Baum aus, damit sie sich setzen konnten. Mit einem dankbaren Lächeln setzte sich Freya und bedeutete Merlin, sich zu ihr zu gesellen. Sie genossen die Atmosphäre und den Frieden des Waldes. Das Plätschern des Wassers, das Vogelgezwitscher über ihnen. Sie spürten, wie ihre aufgewühlten Gefühle zur Ruhe kamen, wie die Anwesenheit des Anderen sie einhüllte. Für diesem Augenblick war es perfekt.   „Bist du alleine hierher gekommen?“ Merlin war besorgt. Die Tatsache, dass Freya wieder bei ihm war, war noch nicht vollständig in seinem Gehirn angelangt. Sein Körper und sein Herz hatten diese Tatsache längst akzeptiert, wenn er nach der pulsierenden, wohltuenden Wärme ging, die sich in ihm ausgebreitet hatte. Nur langsam kam auch sein Verstand nach und somit formten sich die ersten Fragen.   Freya lächelte beruhigend. „Keine Sorge. Als ich dem See entsteigen konnte, erwartete mich bereits eine Gruppe von Druiden. Sie sagten, dass sie auf mich gewartet hätten und das sie mich zu dir bringen wollten. Es wurde sich rührend um mich gekümmert, sie gaben mir Kleidung und Essen und erzählten mir, was alles passiert war. Ich konnte es erst selber nicht glauben, dass ich mich wirklich wieder in der Welt bewegen konnte.“ Leicht strich Merlin über Freyas Hand. Er konnte sich vorstellen, wie seltsam und unmöglich es ihr erschienen war. Ihm selbst kam es damals merkwürdig vor, als er wieder im Diesseits war. Hätte sie ihm nicht den Weg gewiesen, wäre seine Verwirrung wahrscheinlich größer gewesen. „Nach zwei Tagen machten wir uns dann auf nach Camelot. Die Anführerin der Druiden, Altyssa, eine etwas ältere, zauberhafte Dame, hatte wohl bereits ein Schreiben aufgesetzt, um den König zu informieren und eine Einladung zu den Festlichkeiten heute Abend von ihm erhalten. Ich war zuerst ein wenig skeptisch, doch andererseits konnte ich es kaum erwarten, dich endlich zu sehen.“ Ein breites Lächeln erschien auf Freyas Lippen, was Merlin nur erwidern konnte. „Auf einer großen Lichtung unweit des Schlosses trafen wir einen weißen Drachen, Aithusa.“ Merlin nickte verwundert. Er wusste sofort, welche Lichtung seine Geliebte meinte. Die Lichtung auf der er früher immer Kilgharrah getroffen hatte und die jetzt der Treffpunkt für Merlin und Aithusa war. Allerdings überraschte es ihn, dass seine Schwester ihm nichts davon gesagt hatte. Ebenso wenig wie Arthur, wie Merlin auffiel. Er hatte mit keinem Wort erwähnt, dass er Freya zu dem Fest am Abend eingeladen hatte. Doch der König konnte auch keine Verbindung zwischen seinem Berater und die Herrin vom See herstellen. Bisher jedenfalls noch nicht. Altyssa hingegen schien genau gewusst zu haben, wer Freya war und wie viel sie Merlin bedeutete. Merlin vermutete, dass es eine Überraschung für ihn werden sollte. Er wusste, nicht ob er auf Altyssa wütend sein sollte oder ob er sich bei ihr bedanken sollte, dass sie sich um Freya gekümmert hatte. Das war im Moment allerdings auch nicht wichtig. „Erst war ich ziemlich erschrocken, doch dann verbeugte sie sich vor uns und sagte, sie wolle uns nichts tun. Aithusa erzählte, welche Verbindung zwischen ihr und dir bestehen würde und das sie mich selbst gerne kennenlernen wollte. Sie fragte, ob sie mich weiter bis zu den Stadttoren begleiten dürfte. Altyssa war damit einverstanden und sie und ihr Gefolge verabschiedetes sich. Doch sie versprach, dass wir uns wiedersehen würden. Und sie wünschte uns viel Glück.“ Ein kleines Lachen entfuhr Freya. „Du kannst dir kaum vorstellen, wie seltsam mir das alles erschien. In meinem alten Leben hat sich niemand wirklich für mich interessiert. Nur um mich zu benutzen oder mir zu schaden. Bis du kamst.“ Mit einem liebevollen Lächeln sah Freya Merlin an und er spürte, wie sein Herz schneller schlug. Automatisch wurde der Griff ihrer verschränkten Hände fester. „Und dann plötzlich wurde ich von einer Gruppe Druiden begleitet und von einer Drachendame eskortiert. Und der König von Camelot persönlich hat mich auf eines seiner Feste eingeladen. Es war so befremdlich, aber angesichts deiner Position beinahe selbstverständlich. Ich glaube, sie alle haben gehandelt, um dir eine Freude zu machen. Und dir einen Herzinfarkt zu ersparen.“ Laut lachte Freya auf. Merlin überging die Spitze und seufzte erleichtert. Gedanklich schickte er ein großes Dankeschön zu seiner Schwester und dem Druidenclan. Er wäre mit großer Sicherheit völlig aufgelöst und außer sich gewesen, hätte Freya ihm nun gesagt, sie sei vollkommen alleine vom See nach Camelot gekommen. Er hätte sich sonst was für Sorgen und Vorwürfe gemacht. In Gedanken überlegte Merlin bereits, wie er sich erkenntlich zeigen konnte. Doch noch immer fragte sich Merlin, wie es möglich war. Wie konnte es sein, dass Freya wieder bei ihm war? So sehr er diese Tatsache genoss und allen Göttern von ganzem Herzen dankte, die Befürchtung, dass ihre Zeit begrenzt war, lähmte sein Inneres beinahe vor Angst.   Freya, welche seine Sorge scheinbar spüren konnte, drückte ihn leicht gegen den Baum, wodurch er sie verwundert ansah. Mit einem Lächeln legte sie ihren Kopf auf seine Brust, genau über seinem Herzen. Sie musste das schnelle Klopfen also sowohl hören, als auch spüren. „Mach dir bitte nicht so viele Gedanken. Irgendwann werden wir vielleicht erfahren, wie es möglich ist. Doch im Moment zählen nur du und ich. Du bist wieder zurück und ich konnte dir endlich folgen. Wir sind beide Wirklichkeit. Keine Erscheinungen, keine Einbildungen oder Geister. Wir sind beide aus Fleisch und Blut. Und wir sind endlich wieder zusammen.“ Freya seufzte. Vollkommen ruhig schloss sie den Augen und lauschte dem Klang seines Herzens, welches ihr gehörte. „Das ist alles, was ich je wollte. Einfach nur ein ruhiges Leben. Mit dir an meiner Seite. Mehr brauche ich nicht.“ Merlin, welcher gerührt über ihre Worte war, lächelte selig. Er schlang seine Arme um sie, drückte ihr einen Kuss auf ihr Haar und murmelte „Genauso geht es mir. Mehr als dich brauche ich nicht, um glücklich zu werden.“ Merlin spürte, wie Freya sich noch enger an ihn drückte. Während sie dort sitzen, in vollkommenem Einklang zueinander, die Ruhe des Waldes und erfüllt mit Wärme, schloss Merlin langsam die Augen und widmet sich völlig dem Gefühl, Freya wieder bei sich zu haben.       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~       Er war eingeschlafen und `träumte´. So viel war Merlin sofort klar, als er seine Augen wieder öffnete. Mit diesem Wissen blieb die Panik aus, welche sich in ihm breit machen wollte, als er erwachte und Freya nicht in seinen Armen lag. Wobei Merlin selber auch nicht mehr lag. Er stand auf einer Lichtung. Ebenjener Lichtung, auf der sich scheinbar so viel abgespielt hatte und immer abspielen wird. Die Bäume am Rand der Lichtung konnte er nur mit Mühe sehen, denn sie wurden von einem dichten Nebel eingehüllt. Die Situation war so surreal und ihm dennoch völlig vertraut. Auch wenn es bisher erst drei Mal passiert war.   Merlin lächelt, als er eine vertraute vermummte Gestalt vor sich erblickte. „Ich danke Euch. Ich habe Euch damals verflucht, als ihr mir einerseits die Hoffnung machtet, dass Freya wieder leben konnte und ich sie dennoch nur in dem See gesehen habe. Ich wollte ihr nahe sein, doch sie war weit weg und ich war tot. Nun lebte ich wieder, worüber ich äußerst froh war, doch es war leer mit dem Wissen, dass ich Freya nicht sehen konnte, wo auch immer sie war. Egal wie man es betrachtete oder wie die Situation war, Freya und ich konnten nicht zusammen sein.“ Erst jetzt erinnerte sich Merlin wieder an das letzte Gespräch mit seinem Gegenüber. An die Hoffnung, die ihm einst gegeben wurde. Die unbändige Freude Freya endlich wieder zu sehen, hatte sein ganzes Denken eingenommen. Merlin schämte sich nicht für diese Tatsache.   Calest verschränkte die Arme vor der Brust. Unter der Kapuze meinte Merlin, ein Lächeln auszumachen. „Es gab viele Möglichkeiten, wie man mit Eurem außergewöhnlichem Fall verfahren sollte“, gestand der Wächter ein. Seine Stimme trug einen Hauch von Ehrfurcht mit sich. „Und es war einstimmig, dass Ihr nicht in das Reich der Toten gehört. Und auch nicht nach Avalon. Jedenfalls jetzt noch nicht. Wenn es nach dem Verlauf der Magie gehen würde, dann würdet Ihr wahrlich niemals sterben. Doch ich kann verstehen, wenn Ihr das nicht wollt.“ Und wie Merlin das nicht wollte. Es war eine grauenhafte Vorstellung, seine Freunde nach und nach zu verlieren, sie sterben zu sehen, während er selbst sich am Leben ergötzen konnte. Sein Herz und seine Seele würden zerreißen, wenn er Freya ein weiteres Mal zu Grabe tragen musste. Kälte erfüllte Merlin. Er schüttelte sich. Nein. Unsterblichkeit war wirklich nichts, was er wollte. Er konnte nur Unverständnis für die Menschen aufbringen, die danach strebten.   „Ihr habt viel für die Magie und die alte Religion getan, Emrys. Selbst Euer Leben gabt Ihr für Euer Schicksal. Auch wenn Eure Gedanken nur das Überleben Eures Freundes erfüllten. Daher waren wir der Meinung, dass es nur gerecht wäre, wenn Ihr die Zukunft miterleben könntet, welche Ihr im Beginn wart, zu formen.“ Merlin nickte überrascht. Es war einer seiner größten Wünsche, die friedliche Welt, die Arthur und er erschaffen wollten, selbst erleben zu können. Merlins größter Wunsch war es, in dieser friedlichen Welt ein Leben mit Freya zu führen. Aber es war Merlin nie in den Sinn gekommen, dass seine Mühen noch von anderen Leuten oder Mächten so wahrgenommen wurden, dass sie fanden, es müsste Gerechtigkeit herrschen. So viel Machenschaften von dunklen Mächten aufzuhalten und nie ein Wort des Dankes zu erhalten, war für Merlin irgendwann zur Gewohnheit geworden, doch tief in seinem Inneren tat es doch weh.   Kurz zuckte Calest mit den Schultern. „Und was die Herrin vom See betrifft… ich fragte Euch einst, ob Ihr eure Unsterblichkeit für ihr Leben eintauschen würdest. Und da Ihr damals zugestimmt habt, soll nun auch sie das Leben genießen. Ebenso wie Ihr. Ihr könnt dieses Leben nun Seite an Seite verbringen.“ Merlins Herzschlag beschleunigte sich. Hoffnung breitete sich in ihm aus, an die er kaum geglaubt hatte. „Freya... sie... also sie... kann bei mir... bleiben?“ Er wagte es kaum, diese Worte auszusprechen. Ein breites, beinahe sanftes Lächeln erschien auf Calest Lippen. Calest hatte seinen Kopf soweit gehoben, das Merlin es nun ganz deutlich sehen konnte. „Ein solch großes Opfer zu bringen… seine Unsterblichkeit für ein einziges menschliches Leben zu opfern…“ Calest seufzte, als wäre es für ihn nur schwer begreiflich. Als wäre es etwas vollkommen Neues für ihn und er hätte es niemals erwartet. „Die alte Religion ist nicht ohne Dankbarkeit, Merlin. Sie weiß, welch große Opfer du stets brachtest, um ihr den Weg zu ebnen. Und dafür solltest auch du belohnt werden. Und wenn dein größter Wunsch es ist, dass die Herrin vom See an deiner Seite sein soll, so sei es.“ Mit jedem weiteren schnellen Herzschlag wurde pure Wärme durch Merlins Körper gepumpt. Erfüllte jede einzelne Zelle in seinem Körper und ließ seine Seele glühen. Da hatten sie ihre Antwort. Freya konnte bei ihm bleiben. Alles andere, wieso, wie, wer, war ihm völlig gleich. Wichtig war nur eines. Merlin musste seine Freya nicht mehr gehen lassen. Sie konnte bleiben. Sie würden endlich zusammen bleiben können. Ein strahlendes Lächeln zeigte sich plötzlich auf Merlins Lächeln. Und er war sich sicher, dass es nie wieder verblassen würde.   Nur am Rande bekam Merlin mit, das Calest ihn nun wieder bei seinem normalen Namen ansprach. Vorher schien er bedacht darauf gewesen zu sein, mit ihm als Emrys zu sprechen. Es war merkwürdig. Die Caillach hingegen war ganz anders. Sie scherte sich nicht um seine Identität oder seine Macht. Sie sprach ihn an, wie es ihr beliebte. Da fiel Merlin noch etwas anderes ein. Eine Frage bahnte sich ihren Weg durch seine Gedanken, welche von Glück und Freude erfüllt waren. Eine Frage wollte er Calest noch stellen.   „Ihr konntet den Roch nicht besiegen oder aufhalten. Weder Ihr noch Eure Schwester. Wieso nicht?“ Es war ein harter Kampf gegen den Roch gewesen. Ohne die Hilfe von Kilgharrah wäre Merlin mit Sicherheit verloren gewesen. Nicht nur die Gefühle, welche seine Offenbarung vor Arthur und den anderen in ihm ausgelöst hatten, machten ihn zu diesem Zeitpunkt angreifbarer, auch die Macht dieser Bestie war wirklich groß gewesen. Doch dank Kilgharrah konnte sich Merlin auf das Wesentliche konzentrieren und den Roch vernichten. Auch wenn es im Nachhinein ihrer beide Ende war.   Calest riss ihn aus seinen Gedanken, als er ihm eine Erklärung gab. „Wir sind nur Beobachter. Keinem von uns, weder meiner Schwester noch mir, ist es erlaubt einzugreifen und zu wirken, solange wir nicht gerufen werde. So wie es bei meiner Schwester der Fall war, als der Schleier zerstört wurde. Oder bei mir, sobald sich der Tod einer Person nähert.“ Merlin zog verwundert eine Augenbraue hoch. Er war sich ziemlich sicher, dass er sich nicht am Rande des Todes befand. Doch Calest grinste nur geheimnisvoll und schien ihm keine Antwort auf diese offensichtliche Frage geben zu wollen. „Nur ein reines, selbstloses Herz konnte der hinterhältigen Macht des Rochs standhalten. Nur ein Herz, welches so stark und mutig ist wie seine Macht bösartig ist, hatte die Kraft, ihn zu vernichten. Er hatte seine volle Stärke zu unserem Glück noch nicht erreicht. Und mit Kilgharrah, die Alte Religion sei seiner Seele gnädig, und dir waren zwei Wesen gegen ihn, denen er mit seiner verseuchten Macht nichts anhaben konnte. Er konnte euch nicht beeinflussen.“ Merlin atmete tief durch und seufzte leise. Er vermisste seinen alten Freund wirklich. Manchmal wünschte sich Merlin, er könnte noch immer mit diesem alten, sturen Drachen reden. Mehr erfahren, als er sich jemals die Mühe gemacht hatte, zu fragen. Alleine, als er erfahren hatte, dass er ein Drachenmeister war hätte er sich mehr mit der Lebensgeschichte von Kilgharrah befassen müssen. Er war dem Großen Drachen wirklich kein guter Freund gewesen. Das tat ihm sehr Leid. Alles was Merlin tun konnte, war zusammen mit Aithusa zu wachsen und alles in seiner Macht stehende zu versuchen, dass die Drachen nicht ausstarben. Merlin würde alles tun, um Kilgharrahs Vermächtnis zu schützen.   „Denk immer daran, Merlin. Enttäuschung, Verrat und Hass mögen schnell kommen und viel zerstören, doch sie werden niemals so mächtig und stark sein, wie die Gefühle, die wir tief in unseren Herzen tragen. Dein selbstloses Herz in Verbindung mit der Macht und Loyalität von Kilgharrah konnte der Roch nichts entgegenbringen.“ Die Worte, die Calest über Kilgharrah verlor waren voller Lob und Gedenken. Auch er würde diesen mächtigen Drachen mit Sicherheit niemals vergessen. „Zudem… du bist die reine Magie, Merlin. Kein Wesen, mag es noch so stark und mächtig sein, kann es schaffen, dich auf diese Weise zu kontrollieren, wie es der Roch versuchte. Und wenn du eines Tages das volle Potenzial deiner Magie ausschöpfen kannst, dann wird dir niemand, sei es aus dieser Welt oder dem Reich der Toten, je wieder etwas anhaben können.“   Die Worte von Calest beruhigten Merlin auf eine seltsame Art und Weise. Sie zeugten davon, dass selbst er, als solch altes und mächtiges Wesen, Merlin Respekt zollte. Und das bedeutete, seine Macht musste wirklich sehr groß sein. Es würde allerdings mit Sicherheit ziemlich lange dauern, seine Kräfte auf dieses Niveau zu heben. Auch wenn es nicht wirklich Merlins Wunsch war. Wenn diese Macht ihm allerdings helfen konnte, Camelot und seine Freunde zu beschützen, dann würde Merlin alles geben. Doch damit drängte sich dem Zauberer gleichzeitig noch eine andere Frage auf. Eine Frage, deren mögliche Antwort ihm in gewissen Sinne Angst machte.   „Bin ich denn nun noch immer… unsterblich?“ Ein Teil von Merlin wollte die Antwort darauf wirklich nicht wissen. Der Gedanke, mit dem Wissen zu leben, seine Freunde und seine Liebste zu überleben... dabei drehte sich ihm beinahe der Magen um. Doch Merlin hätte all die Jahre nicht überlebt und seine Freunde schützen können, wenn er nicht jede nützliche Information gekannt hätte. Und lieber wusste er Bescheid, als das er sich überraschen ließ. Calest jedoch lächelte nur geheimnisvoll. Diese Antwort wollte er ihm scheinbar nicht geben. „Wer weiß? Nur die Zeit wird es dir zeigen können, Emrys. Bis dahin… genieße das Leben, welches du nun endlich mit deinen Freunden und deiner Liebe in Frieden führen kannst.“   Der Nebel, welche um sie herum lag, wurde immer dichter. Calest verschwand langsam. Merlin seufzte. Jetzt war er nicht wirklich schlauer. Allerdings vertraute er auf die Worte von Calest. Das die Alte Religion ihm Gerechtigkeit widerfahren lassen würde, wenn er sie sich verdient hatte. Und das Calest es verstehen würde, wenn er die Unsterblichkeit ablehnen würde. Merlin ließ die Schultern hängen. Hoffentlich würde Calest ein gutes Wort für ihn einlegen. Als hätte der Wächter seine Gedanken gehört, schallte ein Lachen durch den Nebel und Merlin hörte nochmal ein letztes Mal seine Stimme, bevor er die Augen schloss. „Tu mir nur einen Gefallen, ja? Grüß doch bitte ganz lieb die Herrin des Sees von mir. Sie mag dem See entstiegen sein, doch die Verbindung wird auf ewig bestehen. Und das sollte sie als Geschenk ansehen, nicht als Strafe.“   Bevor Merlin über diese Worte weiter nachdenken konnte legte sich bereits Dunkelheit über sein Bewusstsein.       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~       „Merlin?“ Nur langsam kam Merlin wieder zu sich. Der Nebel, welcher auf der Lichtung herrschte, auf der Calest ihn getroffen hatte, schien sich auch in seinen Kopf geschlichen zu haben. Sein Unterbewusstsein, seine Magie, war jedoch durchgehend aktiv und daher wusste Merlin, dass keine Gefahr herrschte. „Merlin.“ Langsam konnte Merlin sich wieder besinnen. Er wusste, wo er war. Er wusste, wer ihn da rief. Diese Stimme würde er überall erkennen. Sein Herz klopfte schneller. Merlin hörte die Stimme seiner Liebsten. Träge öffnete er seine Augen und blinzelte schwach. Nur verschwommen nahm er die Gestalt vor sich wahr. Freya hatte sich vor ihn gesetzt und sich zu ihm gebeugt. Sie schien leicht besorgt zu sein, doch kaum, dass er sie leicht anlächelte, erwiderte Freya sein Lächeln erleichtert. „Langweile ich dich mit meiner Anwesenheit etwa so sehr, dass dir nur die Flucht in das Traumreich bleibt?“, fragte Freya amüsiert und funkelte ihn mit deutlichem Schalk in den Augen an. Merlins Augen funkelten nicht minder, als er sich vorbeugte und sie sanft küsste. Freya legte ihre Arme um Merlins Nacken und drückte sich an ihn. „Es ist für mich noch immer so, als würde ich schlafen und du wärst nur ein wunderschöner Traum. Doch...“ Mit einer Hand strich er ihr sanft über ihre Wange und hauchte einen weiteren sanften Kuss auf ihre Lippen. „Sollte das wirklich ein Traum sein… dann will ich nie wieder erwachen.“         Kapitel 33: Wie es sein sollte ------------------------------ Kapitel 33 - Wie es sein sollte Der Beginn des Festes sollte zum Sonnenuntergang stattfinden. Alle Lords und hohen Herrschaften aus Camelot würden anwesend sein. ebenso Herrscher der umliegenden Länder. Feine Damen in teuren Kleidern wären in den Hallen versammelt. Ebenso einige Anführer von Druidenclans, welche sich mit Camelot verbündet hatten. Sie alle wollten diesem Fest beiwohnen. Viele von ihnen hatten unter Morgana oder ihren Anhängern gelitten, umliegende Dörfer wurden von den Sachsen überfallen und geplündert und sie alle waren froh, dass die Gefahr durch Camelot gebannt wurde. Viele Gäste waren schon eingetroffen und hatten großzügige Geschenke mitgebracht. Sie hatten sich in vorbereitete Gemächer begeben, um sich von der Reise zu erholen und sich für das Fest zurechtzumachen. Eigentlich dachte Arthur, auch Merlin und die Herrin vom See würden sich in ihren Gemächern aufhalten, doch scheinbar hatte Merlin seine Worte wahrgemacht und führte die Dame durch Camelot. Der König wollte eigentlich mit seinem besten Freund reden, denn die seltsame Szene vorhin im Thronsaal wirbelte noch lange in Arthurs Kopf herum, doch schon bald traten andere Personen an ihn heran, die Fragen bezüglich des Festes hatten. Letzte Kleinigkeiten mussten noch geklärt werden und Gäste wollten vom König und der Königin begrüßt sein, wenn sie in Camelot ankamen. Seine Verwirrung abschüttelnd versuchte Arthur seinen Pflichten als König nach zu kommen. Am Abend hatte er noch genug Zeit, sich von Merlin alles haarklein berichten zu lassen. Er hatte ihm schließlich freie Zeit bis zum Beginn des Festes eingeräumt und diese sollte Merlin nun auch nutzen können. Doch der Gedanke, an Merlins Gesicht, strahlend vor Freude und Glück, ließ auch Arthur lächeln. Er war sich sicher, egal, was Merlin ihm erzählen würde, Arthur konnte sich nur für seinen besten Freund freuen. Er hoffte, dass diese Freude ihn nun begleiten würde. Nur... es gab für Arthur kaum etwas zu tun. Alle waren eifrig beschäftigt, noch letzte Handgriffe zu tätigen, aber sonst waren die Vorbereitungen für das Fest abgeschlossen. Die letzten Fragen und Kleinigkeiten waren nach einer knappen halben Stunde geklärt. Die meisten Gäste waren bereits am Vortag eingetroffen und nur vereinzelte Herrschaften wurden noch erwartet und das auch erst in knapp einer Stunde. Den Festsaal würde Gwen in Augenschein nehmen und letzte mögliche Änderungen vornehmen lassen. Seine Frau hatte dafür ein besseres Auge, fand Arthur. So weit war alles zu Arthurs Zufriedenheit. Und auch, wenn es unnötig war, es kam dem König noch eine Idee. Einen kleinen Kontrollgang in die Küche konnte sich Arthur nicht verkneifen. Arthur bedachte die vorbereiteten Speisen mit einem leichten Lächeln. Verschiedene Sorten von Fleisch waren auf silbernen Platten angerichtet. Ebenso Gemüse, Brot, Wurst und Käse. Schüsseln mit Obst würden als Nachtisch nachgereicht werden. Dazu standen verschiedene Weine in Krügen bereit. Seine Küchenchefin hatte mit ihren Leuten ganze Arbeit geleistet. Vor allem über ihre direkte Gehilfin und rechte Hand hörte Arthur nur Lob von der sonst so resoluten und strengen Küchenchefin. Es war wirklich ein Segen, dass sich Hunith in der Schlossküche so gut eingelebt hatte. Ja, die Mutter von Merlin arbeitete seit einiger Zeit in der Küche von Camelot. Das Jahr, in welchem Merlin fort war und seine Mutter ihn für verloren glaubte, waren das Schwerste ihres Lebens. Sie hatte beinahe ihren Lebenswillen verloren, bis Merlin mit zwei Rittern (eine Forderung von Arthur) persönlich nach Ealdor gereist war und seine Mutter wieder in die Arme schließen konnte. Die Freude, welche Hunith darüber empfunden hatte, konnte wahrlich nur eine Mutter verstehen. Mehrere Minuten hielt sie sich an Merlin einfach nur fest, um sich wirklich davon zu überzeugen, dass er wieder da war. Merlin wollte seine Mutter nicht mehr sich selbst überlassen und bat sie, mit ihm nach Camelot zu kommen. Durch seine höhere Stellung verdiente er jetzt mehr als zu seiner Zeit als einfacher Diener und er würde alles tun, damit es seiner Mutter an nichts mehr fehlte. Nach einigen Diskussionen sah auch Hunith ein, dass sie als alleinstehende Frau nur schwer noch über die Runden kommen würde. Schließlich war sie auch nicht mehr die Jüngste und könnte die Feldarbeit irgendwann nicht mehr ausführen. Die Zeit und der Gedanke, ihr einzigen Sohn verloren zu haben, ging auch an der sonst so resolut wirkenden Frau nicht spurlos vorbei. Wenn auch widerwillig stimmte sie Merlins Vorschlag zu, bestand allerdings darauf, sich in Camelot eine Arbeit zu suchen. In Camelot angekommen ging Merlin mit seiner Mutter sofort zu Arthur und Gwen und teilte ihnen mit, dass Hunith von nun an bei ihm hier in Camelot bleiben würde. Es war eine der wenigen Entscheidungen, die Merlin völlig alleine und ohne eine vorherige Absprache mit dem Königspaar getroffen hatte. Und dafür würde er auch ohne Wenn und Aber einstehen. Sofort, nachdem Arthur dies gehört hatte, sandte er einen Trupp nach Ealdor, um das Hab und Gut von Hunith nach Camelot zu holen, während Gwen Hunith zu einem Tee bat. Weiterhin gab Arthur die Anweisungen, für Hunith ein Gemach im Schloss herzurichten, worauf die Dame blass wurde. Sie wollte sich niemanden aufdrängen und würde in der Unterstadt schon eine Unterkunft finden. Für eine Nacht würde schon eine kleine Kammer reichen, doch der König schüttelte den Kopf. Er konnte sich noch gut daran erinnern, wie herzlich die Mutter seines besten Freundes (obwohl sie seinerzeit bei weitem noch nicht so vertraut miteinander waren) ihn damals bei sich aufgenommen hatte. Und auch, als sie aus Camelot fliehen mussten hatte Hunith ihnen Unterschlupf gewährt. Diese Güte wollte Arthur ihr nun vergelten. Und das teilte er Hunith auch mit. Auch Merlin wollte für seine Mutter sorgen und ihr ein ruhiges Leben ermöglichen, doch schnell hatte diese ihm klar gemacht, dass sie nur den Verstand verlieren würde, wenn sie keine Beschäftigung hätte. Nur kurz war ein Schweigen entstanden, als Arthur den Vorschlag machte, ob sie nicht in der Schlossküche aushelfen wollte. Schließlich konnte er sich noch lebhaft an ihr Essen erinnern und er musste zugeben, er hatte selten etwas so Leckeres wie bei ihr gegessen. Noch immer ein wenig blass im Gesicht, aber trotzdem freudig stimmte Hunith zu. Und Hunith war eine wahre Bereicherung für Camelots Küche. Die erfahrene Küchenchefin war erst nicht begeistert über diese mögliche Ablöse, doch schnell freundeten sich die beiden Damen an und wurden in der Küche ein Herz und eine Seele. An gewöhnlichen Tagen nahm sie sogar einige Gewohnheiten von Huniths Zubereitungsarten an. Manche ihrer Speisen waren gewöhnlicher, als die Adligen es gewöhnt waren, doch dafür schmeckten sie vorzüglich. Apropos vorzüglich. Arthur hatte seid dem Morgen nichts mehr gegessen und selbst das war nicht viel, war er doch sehr von den Plänen und der Vorbereitungen für das Fest eingenommen. Ein leises Grummeln verließ seinen Magen und er konnte nicht widerstehen. Mit festem Blick auf das herrlich aussehende Essen streckte Arthur seine Hand aus. Nur ein Stück... „Finger weg!“ Ein Holzlöffel wurde dem König auf die Finger gehauen. Mit einem Zischen zog er die Hand zurück und rieb sich die schmerzende Stelle. Mit einem bösen Blick bedachte Arthur die Mutter seines besten Freundes, welche ihn grimmig ansah. „Dieses Festmahl ist für Eure Gäste. Es dauert lange, es so herzurichten, wie es aussieht. Ihr wollt doch keine bösen Zungen darüber reden hören, dass irgendwelche Lausebengel sich mit ungewaschenen Fingern an ihren Abendessen vergriffen haben?“ Arthur schnaubte, doch gleichzeitig spürte er eine schwache Röte auf seinen Wangen. Er fühlte sich wie ein kleines Kind, wenn Hunith ihn so ermahnte. So behandelte ihn früher sonst nur die Küchenchefin selbst. Je älter er wurde umso mehr legte es sich und als er zum König ernannt wurde, ließ sie ihre spitzen Bemerkungen gänzlich fallen. So als hätte sie Angst, nun ein falsches Wort zu sagen, was sie ihre Arbeit kosten könnte. Wie es vielleicht bei Uther als König der Fall gewesen wäre. Diesen Gedankengang hatte Arthur noch nie gemocht. Hunith aber schien sich von seinem Rang nicht mehr sonderlich beeindrucken zu lassen. Sie verbeugte sich höflich, wenn er in die Küche kam oder sie sich trafen und sie siezte ihn auch durchgehend, doch meist, wenn sie unter sich waren oder wie in diesem Moment in der Küche selbst, wo sie in der Hektik kaum auffielen, dann war Hunith ganz anders. Bis zu einem gewissen Grad schien sie ihn wirklich wie ein Kind zu behandeln. So manch einer mochte vielleicht auch denken, Hunith nutze es aus, dass der König von Camelot ihrem Sohn so einiges zu verdanken hatte, doch dem war nicht so. „Hier.“ Hunith riss Arthur aus seinen Gedanken, als sie ihm eine Schüssel mit kleingeschnittenen Äpfeln in die Hand drückte. Verdutzt sah der König das Obst in seiner Hand an. „Ihr müsst mehr Obst essen. Die letzten Tage habt ihr wieder nur sehr unregelmäßig Eure Mahlzeiten zu Euch genommen und mit Sicherheit noch weniger Obst und Gemüse. Ihr müsst mehr auf Euch achten, Arthur, sonst werdet Ihr noch krank. Ihr wollt Gwen und uns allen doch keine Sorgen bereiten, nicht wahr?“ Verwundert sah Arthur wieder zu Hunith. Ihm war es selbst kaum aufgefallen, die letzten Tage waren er und Gwen mit den letzten Vorbereitungen des Festes beschäftigt. Ebenso Merlin, der sonst immer ein wachsames Auge auf solche Dinge hatte. Scheinbar war das aber nicht nötig, denn Hunith schien noch besser Bescheid zu wissen. Und das ihre Sorge nicht überzogen oder gespielt war, wusste Arthur sofort. Sie sorgte sich wirklich sehr. „Der Königin habe ich vorhin auch eine Schüssel zukommen lassen. Darüber muss ich nochmal ein ernstes Wörtchen mit Merlin reden. Wenigstens auf die Königin könntet Ihr und auch mein Sohn ein besseres Auge haben, was solche Dinge angeht.“ Hunith funkelte ihn beinahe wütend an. Ihre Sorge konnte sie allerdings nicht verstecken. Arthur lächelte sacht. Das war etwas, was er an Hunith so bewunderte. Egal, wie viel sie zu tun hatte, sie hatte immer ein wachsames Auge auf die Ernährung des Königspaares und von Merlin. Und sie erinnerte sie auch gerne daran, mehr auf sich zu achten. Manchmal auf etwas andere Weise wie dieses Mal, aber Arthur wusste, wie es gemeint war. Hunith benahm sich dem Königspaar gegenüber meist wie eine einfache Dienerin, wenn andere Adlige anwesend waren, doch Arthur gegenüber wie eine Mutter, die ihren Sohn rügte. Dieses Verhalten hatte Merlin eindeutig von ihr geerbt. Doch gleichzeitig behandelte Hunith Arthur so fürsorglich wie ihren eigenen Sohn. Und das Gwen für sie wie eine Tochter war, war auch für jeden von ihren Freunden ersichtlich. Schließlich sprach die Königin mit der ehemaligen Bäuerin, als würden sie sich schon immer sehr nahe stehen. Und sicher auch über Dinge, die eine Frau nur mit einer Frau besprechen konnte. Hunith wurde für das Königspaar die Mutter, die sie beide verloren hatten. Sein Lächeln wurde breiter. Dieser Gedanke gefiel ihm sehr. „Ich danke Euch, Hunith. Nach dem Fest wird es wieder ein wenig ruhiger werden und dann sollten wir selbst wieder auf solche Dinge achten können.“ Nun lächelte auch Hunith. Wärme breitete sich in Arthur aus. „Das würde mich freuen. Ansonsten muss ich noch einmal den Löffel sprechen lassen.“ Während sie das sagte, ließ Hunith den Holzlöffel in ihrer Hand rotieren. Arthur lachte. Ja. Es war absolut richtig, Hunith in Camelot aufzunehmen. Für sie alle. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Es gab ein Problem. Nicht so groß wie ein möglicher Angriff irgendeiner dunklen Macht oder eines feindlichen Königreiches, das auf einen Angriff aus war, aber es war dennoch ein Problem. Freya trug nicht viel Hab und Gut bei sich, als sie in Camelot angekommen war. Ein paar wenige Stücke, die sie von den Druiden bekommen hatte. So zum Beispiel ein einfaches Kleid, welches für das Fest gedacht war. In dunklen Grüntönen gehalten, welches Merlin an die Wälder von Camelot erinnerten. Merlin selbst trug meist weiterhin seine einfachen Sachen. Auf Arthurs Anweisung wurde ähnliche Kleidung angefertigt, wie solche, die Merlin immer trug. Nun wirkten seine Sachen jedoch edler und waren doch immer noch so funktionell, wie Merlin es gewohnt war. Er konnte mit diesen ganzen Schichten aus Stoff und alles nichts anfangen. Manchmal fragte er sich, wie Arthur sich in all diesen Lagen überhaupt vernünftig bewegen konnte. Zum Fest beschloss Merlin allerdings, sich ebenfalls ein wenig in Schale zu werfen. Es war ein Fest über ihren gemeinsamen, so hart erkämpften Sieg und Merlin konnte nicht ausschließen, dass Artuhr ihn ein wenig vor den anderen Gästen ins Rampenlicht rücken würde, so sehr Merlin es auch verabscheute. Auch, wenn es ihm gegen den Strich ging, aber wenn es wirklich so kam, dann wollte Merlin seinem Freund und König die Peinlichkeit ersparen, dort sozusagen in Lumpen zu erscheinen. Er wollte schließlich nicht, dass es irgendwelche böse Gerüchte oder indirekte Beleidigungen gab. Und da lag das Problem. Merlin liebte Freya. Mehr als er sagen konnte und mehr, als wahrscheinlich irgendwer verstehen könnte. Ihm war es gleich, in was für einem Kleid sie ihn begleitete. Selbst wenn es wieder die Lumpen wären, in welchen er sie damals kennengelernt hatte. Sie wäre für ihn noch immer wunderschön. Doch Merlin wusste auch, wie die Damen am Hof sein konnten. Frauen, die ihr Leben lang bekamen, was sie wollten und nie hungern mussten. Für sie wäre das Kleid seiner Liebsten mit Sicherheit zu schlicht und eine wahre Beleidigung. Sie konnten richtige Biester sein. Sie würden vielleicht nichts sagen, jedenfalls nicht laut und für alle verständlich, doch ihre giftigen Blicke konnten manchmal schon reichen. Und denen wollte Merlin Freya nicht aussetzen. Nicht an ihrem ersten Tag in Camelot. Und eigentlich niemals. Das Kleid, welches mit Sicherheit ein paar Frauen unter den Druiden angefertigt hatten, zur Seite legend, fasste Merlin einen Entschluss. Für diesen Abend sollte es ein anderes Kleid sein, doch er nahm sich fest vor, Freya in den nächsten Tagen, in genau diesem Kleid auszuführen. Sollten die feinen Damen bei Freyas ersten Abend in Camelot völlig verdutzt sein, welche Schönheit nun hier verweilen würde. Seine Gedanken waren nicht ganz eigennützig, dass gab Merlin zu. Ein wenig musste auch er seine Einstellung am Hofe ändern. Das Tragen von schönen und teuren Gewändern bei gewissen Anlässen gehörte nun einmal leider dazu. Und dieses Fest war ein solcher Anlass. Er würde Freya zu nichts davon zwingen. Er hoffte allerdings, dass sie einverstanden wäre. Denn heute Abend wollte Merlin sie als Sein präsentieren. Sie war erst wieder in seinem Leben erschienen, doch Merlin wollte keine Zeit mehr verlieren. Und er würde jedem Mann in Camelot klar machen, dass er sich von Freya fernzuhalten hatte, wenn er nicht Merlins Zorn spüren wollte. Schon oft war Merlin selbst dem Werben von manchen Damen ausgesetzt und er hatte immer und immer wieder höflichst abgelehnt. Sein Herz gehörte schließlich nur einer Frau. Und Freya wollte er heute so strahlend wie noch nie vorstellen. Und da sollten den hohen Herrschaften ruhig die Augen heraus fallen. Merlin grinste breit. Verwundert darüber, dass er das Kleid zur Seite legte, sah Freya ihn an. Merlin lächelte nur nachsichtig, nahm ihre Hand in seine und küsste ihre Handfläche. „Ich erkläre es dir auf dem Weg.“ Er nahm ihre Hand in seine und zog sie leicht mit zur Tür. Ein wenig Widerstand war zu spüren. Merlin blickte zu Freya, welche ihn verwundert ansah, und lächelte. „Vertrau mir.“ Der Widerstand verschwand völlig, worauf Merlin grinsen musste. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Er wusste, Freya würde ihm folgen. Egal wohin. Merlin lächelte sanft. So, wie er auch ihr folgen würde. Denn endlich schien alles in ihm verstanden und akzeptiert zu haben, dass Freya wieder bei ihm war. Das sie nicht wieder gehen musste. Das Merlin diese Situation so gefasst meistern konnte, lag mit Sicherheit an der Tatsache, dass er all die Jahre seine Gefühle verstecken oder unterdrücken musste, um in Schlachten oder ähnliches einen kühlen Kopf behalten zu können. Um sein Schicksal zu erfüllen und Arthur zu beschützen. Ansonsten hätte sich Merlin niemals mit so einer Angelegenheit wie einem Kleid auseinandersetzen können. Seid Jahren war Merlin ein Meister darin, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und viele Dinge schnellstmöglich zu akzeptieren oder sie ändern zu wollen. Es lag aber mit Sicherheit auch an dem Gespräch mit Calest. Die Bestätigung zu erhalten, dass sein größter Wunsche endlich Wirklichkeit wurde. Merlin konnte seine Zukunft mit Freya gestalten. All das hatte in Merlin eine Wärme und den Wunsch entfacht, Freya zu der seinen zu machen. Sie als die Frau an seiner Seite zu präsentieren und das auf die wirkungsvollste Art und Weise, die ihm einfiel. Und dafür brauchten sie Gwens Hilfe. Merlin lächelte, als er den Druck auf Freyas Hand erhöhte, während er sie durch die Gänge des Schlosses führte, während dieser Gedanke immer wieder durch seinen Kopf wirbelte. Und Merlin würde mit aller Macht dafür sorgen, dass sie bei ihm blieb und glücklich wurde. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Merlin war wirklich überaus froh, eine so gute Freundin wie Gwen zu haben. Früher hätte er sich jede Bitte, die er ihr stellen wollte, mindestens noch drei mal durch den Kopf gehen lassen. Ob er sie wirklich um etwas bitten musste oder er ihr ihre Ruhe lassen konnte. Doch heute kam Merlin nicht mit einer Bitte für sich selbst zur Königin. Jedenfalls nicht direkt. Gwen schien überaus erfreut, als sie Merlin und Freya zusammen bei sich in den Gemächern stehen sah. Beide Seite an Seite, Hand in Hand. Ein breites Lächeln war auf ihren Lippen zu sehen und doch sagte sie kein Wort. Sie bedrängte Merlin nicht mit Fragen, wer Freya eigentlich war oder sonstiges. Doch das Glitzern in ihren Augen sprach Bände. Nur schwer schien sie ihre Neugier zügeln zu können, aber Gwen wartete geduldig ab, bis Merlin seine Bitte vorgetragen hatte. Freya schien sich jedoch unwohl dabei zu fühlen, von der Königin ein Kleid zu verlangen. Ihre Augen schlug sie nieder und wenn Gwen sich nicht täuschte, war die junge Frau auch ziemlich blass. Noch blasser als zuvor. Es waren nur wenige Stunden vergangen, seid sie vor dem Königspaar im Thronsaal stand, doch Freya schien für Gwen verändert. Weniger selbstsicher wie zuvor, doch dafür strahlender. Glücklicher. Als könnte sie jetzt sein, wie sie wirklich war. Dieses Verhalten erinnerte Gwen sehr an ihren Mann. Wenn Arthur unter Freunden war oder sich in ihren Gemächern aufhielt schien er viel gelöster und friedlicher, als wenn er sein Amt als König wahrnimmt oder dem Rat gegenüber trat. Dann wirkte er ernst und konzentriert. Und auch an sich selbst konnte Gwen es manchmal ausmachen. Quasi die Maske, die sie in manchen Situationen aufsetzen musste. Wenn sie die Königin war. Nur wenn sie bei Arthur war, bei Merlin, Elyan, ihren Freunden... dann war sie frei davon, eine Königin zu sein. Dann war sie ganz sie selbst. Gwen Herz blühte auf, als ihr klar wurde, dass Merlin der Grund war, warum Freya so glücklich aussah. So gelöst. Beinahe friedlich. Genauso umgekehrt. Merlin betrachtete die junge Frau mit einem Glanz in den Augen, der der Königin selbst die Tränen der Freude in die Augen trieb. Noch nie hatte sie ihren besten Freund so strahlend erlebt. Gwen schüttelte nur milde lächelnd den Kopf. Sie würde alles tun, damit Freya, die Frau an Merlins Seite, diese Maske Arthur und ihr gegenüber niemals wieder tragen musste. „Bitte“, sagte Gwen leise und deutete Freya an, zu ihr zu kommen. Zuerst sah Freya wirklich verunsichert aus, doch ein Blick zu Merlin, welcher sie sanft anlächelte und nickte, reichte ihr scheinbar aus, um zur Königin zu gehen. Es herrschte absolutes Vertrauen zwischen ihnen. Gwen könnte vor Freude weinen. Direkt vor Gwen blieb Freya stehen. Gerade, als diese dazu ansetzte, einen Knicks vor der Königin zu machen, nahm Gwen Freya an den Händen. „Ich weiß nicht, wer du bist“ Mit Absicht wählte Gwen die persönliche Anrede. „Ich weiß nicht, woher du kommst oder warum du nach Camelot gekommen bist.“ Ein kurzer Blick auf Merlin, welcher Gwen ebenso verwundert ansah, strafte ihrer Worte Lüge, doch in diesem Moment zählte etwas anderes. Fest sah Gwen Freya wieder in die Augen. „Doch eines weiß ich. Merlin liebt dich.“ Die Augen Freyas weiteten sich bei diesen Worten und Gwen konnte einen leichten Rotschimmer auf ihren Wangen erblicken, doch das störte sie nicht. Im Gegenteil. Es beflügelte Gwen nur noch mehr. „Irgendwann möchte ich eure Geschichte erfahren. Was euch widerfahren ist und warum ihr scheinbar so lange getrennt wart.“ Gwen war nicht dumm. Sie hatte stets die Veränderung an Merlin gesehen, wenn dieser auf eine mögliche Frau angesprochen wurde oder bei den Neckereien Arthurs bezüglich diesem Thema. Merlin versuchte es stets zu verstecken, doch der Schmerz tief in seinen Augen konnte er nicht verbergen. Nicht vor seinen Freunden. Merlin hatte zwar zugegeben, dass er einmal wirklich verliebt gewesen war, doch er hatte daraufhin nur erwähnt, dass er sie verloren hatte. Nie hatte er mehr erzählt und keiner von ihnen wollte ihn dazu drängen. Gwen wusste also nur, das etwas geschehen sein musste. Etwas Schreckliches. Nun endlich die Frau an Merlins Seite zu sehen, die offensichtlich für ihn bestimmt war, ließ in ihr eine Freude aufkommen, die sie nicht beschreiben konnte. Wenn jemand sein Glück verdient hatte, dann Merlin. „Merlin hat dir sein Herz geschenkt. Und so wie es aussieht, du ihm das Deine. Ihr liebt euch. Und dem werde ich niemals im Wege stehen. Merlin ist mein bester Freund und wenn er dich an seiner Seite haben will, dann soll es so sein. Dann gehörst auch du zu meinen Freunden. Und als Freunde kann man sich seine Bitten vortragen. Wenn ihr also eine Bitte habt, dann zögert nicht, sie zu stellen. Vor allem, wenn es um etwas so Banales wie ein Kleid geht.“ Gwen lächelte Freya voller Wärme an, drückte sanft ihre Hände. Zeigte ihr, dass ihre Worte völlig ernst gemeint waren. Sollten sich Merlin und Freya zusammen ein Leben aufbauen wollen, wovon Gwen ohne wenn und aber ausging, dann sollten sie bekommen, was sie verdienten. Wenn es in ihrer Macht stand, würde Gwen den beiden jederzeit zur Seite stehen. Freya war verwundert und gerührt. Auf dem Weg zu den Gemächern der Königin hatte Merlin ihr erzählt, was er vorhabe. Natürlich wollte Freya nichts mehr, als das jeder wusste, dass Merlin zu ihr gehörte und sie zu ihm. Sie wollte an seiner Seite bleiben. Und wenn er der Meinung war, dass müsste man in dieser Art und Weise noch unterstreichen, dann würde sie ihm den Gefallen tun. Doch Freya war unbehaglich dabei, von einer Frau, einer Königin wohlgemerkt, ein Kleid zu fordern. Von einer Königin, die sie gar nicht kannte. Die einander nicht kannten. Das konnte einfach nicht gut gehen. Doch Merlin versuchte alles, um Freya ihre Sorgen zu nehmen. Er erzählte ihr, dass es keine gütigere Person in Camelot gab als Gwen. Dass es ihr sogar großes Vergnügen bereiten würde, Freya ein passendes Kleid zu überlassen. Alleine schon, um das Strahlen auf seinem Gesicht zu sehen. Doch später würden sich die beiden Damen mit Sicherheit anfreunden und unzertrennlich werden. Davon ging Merlin aus. Das wünschte er sich für Freya. Freya war erst verunsichert, doch sie vertraute Merlin. Mehr als jedem anderen. Und ein weiteres Mal war das Vertrauen in Merlin absolut berechtigt gewesen. Ohne seinen Zuspruch hätte Freya sich niemals dazu getraut. Dann wäre ihr vorerst entgangen, wie groß die Güte von Camelots Königin war. Gwen, wie Freya sie ansprechen sollte, zog sie zu einem Nebenraum, wo besondere Kleider für allerlei Anlässe aufbewahrt wurden. Sie schien es kaum abwarten zu können, Freya für das bevorstehende Fest einzukleiden. Gwens Freude war regelrecht ansteckend, denn auch Freya begann zu lächeln. Einen Blick zurückwerfend sah Freya zu Merlin, welcher die Hände hinter dem Rücken verschränkt hatte und grinste. Es schien ihn höchst zu erfreuen, dass seine Einschätzung Gold richtig war. Mit einem Lächeln ging Freya durch die Tür und folgte der Königin. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Wie lange Gwen und sie nun im Nebenzimmer waren und sich die verschiedensten Kleider angesehen und auch welche anprobiert hatten, wusste Freya im Nachhinein nicht genau, aber eines konnte sie mit Sicherheit sagen: Es hatte ihr sehr viel Spaß gemacht. Es dauert ein wenig, aber ziemlich schnell war die Unsicherheit von Freya verschwunden und sie unterhielt sich mit Gwen, als wären sie richtige Freundinnen. Die Königin und sie hatten sich über die große Auswahl an Kleidern hergemacht und beinahe fachmännisch über alles diskutiert. Zwischenzeitlich war eine Dienerin aufgetaucht. Sie schien Gwen beim Anlegen eines Kleides helfen zu wollen, doch Gwen winkte ab und bat die junge Frau, sie möge noch einmal die vorbereiteten Gemächer der noch nicht eingetroffenen Gäste überprüfen. Sie hätte bereits eine Dame bei sich, die ihr half und deutete auf Freya, welche lächelte. Diese Tätigkeit wollte sie mit Freuden übernehmen. Schlussendlich wählten sie für Freya ein prachtvolles, rotes Kleid. Der Farbton passte perfekt zu der Jacke, welche Merlin tragen würde, das war Gwen durchaus bewusst. Und nicht nur die Kleider wurden ausgewählt. Auch die Frisuren wurden bereits hergerichtet und Schmuck wurde angelegt. Die beiden Frauen lachten viel und hatten sichtlich Freude an ihrem Tun. Sie unterhielten sich, auch wenn Gwen ihr keine Fragen über Merlin stellte. Dieses Thema sollten sie gemeinsam besprechen. Merlin stand noch immer an derselben Stelle wie zuvor und hatte die Arme hinter sich verschränkt. Sein Blick war in die Ferne aus dem Fenster gerichtet, doch als er ihr Kommen hörte, wandte er sich an die beiden Damen. Gwen trat zuerst wieder in ihre Gemächer. Sie trug ein lavendelfarbenes Kleid, welches perfekt mit den Blüten in ihrem Haar harmonierte. Ihre Haare waren zusammengebunden und fielen in langen, gelockten Wellen über ihren Rücken. Auf ihrem Haupt trug sie ihre Krone. Gwen lächelte Merlin glücklich an, was dieser erwiderte. Mit einer eleganten Verbeugung zollte er der Königin seinen Respekt. „Ihr seht fantastisch aus, meine Königin.“ Gwen strahlte regelrecht. Sie freute sich sichtlich über dieses Kompliment von ihrem besten Freund. Langsam trat sie zur Seite und bedeutete Freya, hervor zu kommen. Sie hielt sich noch hinter der Mauer zum Nebenraum auf, schien sich zu zieren. Auf ein aufmunterndes Zeichen von Gwen kam die Druiden hervor. Merlin erhob sich langsam aus seiner Verbeugung und blickte zu Freya. Seine Bewegungen stoppten. Seine Augen weiteten sich. Sein Herzschlag beschleunigte sich zusehends. Wärme bereitete sich in dem jungen Zauberer aus. Er spürte etwas durch seine Venen rauschen, doch es war nicht seine Magie. Es war Faszination. Es war Entzücken. Es war Liebe. Merlins Blick wanderten an Freyas Gestalt auf und ab. Sie trug ein dunkelrotes Kleid aus samtenen Stoff, das einer wahren Lady würdig war. Es war ebenso einfach wie das Kleid, welches in ihren Gemächern lag, ohne mehrere Schichten, doch der Stoff wirkte viel edler und einige goldene Verzierungen waren an mehreren Stellen im Stoff angebracht und goldene Schlieren durchzogen ihn. An ihrem schmalen Handgelenk befand sich ein goldener Armreif. Um ihren schlanken Hals baumelte eine ebenso goldene Kette mit einem roten Rubin als Anhänger. Ihre Haare waren ein wenig hochgesteckt, doch noch immer umrahmten die braunen Wellen ihr Gesicht wie ein Vorhang, ihr Gesicht glich dadurch einem wunderschönen Gemälde. Das Berauschendste für Merlin waren allerdings ihre Augen. In den dunklen, braunen Augen von Freya war ein Leuchten zu sehen, dass Merlin nur äußerst selten darin gesehen hatte. Ihr Gesicht schien vor Freude zu glühen. Es war verglichen nur wenig Zeit, aber wie es schien, hatten Gwen und Freya sich gefunden und würden mehr als nur gute Freundinnen werden. Merlin trat näher. Wie zuvor bei seiner Königin verbeugte sich Merlin vor der wunderschönen Frau, welche leicht kicherte. Er nahm Freyas Hand in seine und führte sie zu seinem Mund. Federleicht hauchte er ihr einen Kuss auf den Handrücken. „Du bist wunderschön“, hauchte Merlin ihr entgegen, gerade so laut, dass es auch Gwen hören konnte, welche ein paar Schritte zur Seite gegangen war, als ihr bester Freund seine Geliebte in Augenschein nahm. Abermals hatte sich Tränen in den Augen der Königin gesammelt, aufgrund dieser wunderschönen Szene vor ihr, doch sie wischte sie beiseite. Würde sie nun anfangen zu weinen, könnte sie sich nur schwer wieder beruhigen. Lieber besah sie sich Merlin und Freya und freute sich von ganzem Herzen, dass die beiden zusammen gefunden hatten. Eine Aura der Verbundenheit umgab Merlin und Freya und Gwen war sich sicher, noch niemals etwas Schöneres gesehen zu haben. Freya errötete leicht und schlug beinahe beschämt die Augen nieder. Komplimente zu hören war für sie völlig ungewohnt. Außer von Merlin, den Druiden, die sie hergeführt hatten und Aithusa, hatte Freya noch niemals so schöne Worte gehört. Doch so, wie sie Merlin kannte, würde er es nicht unterlassen, ihr immer und immer wieder Komplimente zu machen. Gwen trat wieder zu den beiden. So gerne sie mehr erfahren wollte, die Königin wusste, dass sie sich langsam alle zurecht machen sollten. Merlin war noch nicht umgezogen. Das Fest würde bald beginnen und Gwen wollte noch zu Arthur. „Ich störe euch beide nur sehr ungern.“ Das war die pure Wahrheit. Nur zu gerne würde Gwen die beiden noch weiter betrachten, all die Fragen stellen, die ihr auf der Zunge und auf der Seele lagen, doch sie musste sich noch weiter gedulden, ganz gleich, wie schwer es ihr fiel. Nicht nur sie verdiente Antworten. Zudem war es der falsche Zeitpunkt. Es war mit Sicherheit eine rührende Geschichte, doch ebenso würde viel Schmerz darin vorkommen und diese Erzählungen sollten sie auf einen anderen Abend verschieben. Wenn alle Freunde wieder beisammen sitzen konnten. „Wir sollten uns nun langsam trennen. Merlin, du musst dich noch umziehen. Heute Abend beim Fest können wir ein wenig reden und uns besser kennenlernen, Freya. Und später“, sie warf einen Blick auf Freya und lächelte. Die Druidin erwiderte es. „Später... oder in einigen Tagen... dann könnt ihr uns erzählen, was euch widerfahren ist.“ Es war kein Befehl. Eher eine stumme Aufforderung, eine Bitte, Merlins Freunde an dieser Geschichte teilhaben zu lassen. So sehr Merlin immer für Camelot und seine Freunde gekämpft hatte, so oft sein Leben riskiert hatte, so wollten sie nun auch sein Glück mit ihm teilen und helfen, so gut es ging. Merlin lächelte und nickte seiner besten Freundin zu. „Das sollten wir die nächsten Tage in Angriff nehme, da gebe ich dir Recht.“ Kurz schweifte sein Blick zu Freya, schien sie stumm um ihr Einverständnis zu bitten. Freya lächelte ihrem Liebsten zu, sie brauchten keine Worte, um sich darüber einig zu sein, bevor sie ebenfalls zur Königin blickte. Ihre Augen glänzend, ihre Lippen zu einem dankbaren Lächeln verzogen, machte Freya einen Knicks. „Ich danke Euch, meine Königin.“ Gwen lächelte ebenfalls, nickte Freya zu. Die Formalitäten würden sie für diesen Abend noch beibehalten, doch das würde die Königin so schnell es ging ändern. „Es war mir eine große Freude.“ Merlin nickte Gwen noch einmal dankend zu, als er Freya an der Hand nahm, aus den Gemächern führte und die Tür hinter sich schloss. Kapitel 34: Eine Nacht voller Wahrheit --------------------------------------       Kapitel 34 - Eine Nacht voller Wahrheit         Lautes Lachen erfüllte den prächtig geschmückten Festsaal. Überall wurden Gespräche geführt, seien es Kampfstrategien, Geschichten über andere Ereignisse oder einfach nur ein bisschen Angeberei. Jeder in diesem Saal hatte fantastische Laune und nichts konnte daran etwas ändern. Ein paar Künstler waren im Saal verteilt. Einige jonglierten, einige vollführten kleine Zaubertricks, ein Feuerspucker war zu sehen und wieder andere gaben ihre Musik zum Besten. Arthur hatte jede Form der Unterhaltung gewählt, um ihren Sieg zu präsentieren und den Weg zu zeigen, den sein Königreich eingeschlagen hatte. Gewöhnliche Musiker, begabte Akteure oder zauberhafte Unterhalter. Sie alle waren Menschen mit verschiedenen Talenten. Gleich und doch voller Unterschiede.     Arthur unterhielt sich gerade mit Gaius, welche eine neue Robe aus feinen braunen Stoff trug (ein Geschenk von Merlin), als die Tür aufging und neue Gäste eintraten. Es war nicht laut in dem Saal, doch es herrschte eine gute Geräuschkulisse. Daher verwunderte es Arthur nicht, dass nur wenige ihren Blick zur Tür schweifen ließen. Arthur allerdings sah es als seine Pflicht als Gastgeber an, seine Aufmerksamkeit auf die eingetroffenen Gäste zu lenken. Als Arthur allerdings sah, wer da den Saal betrat, blieb ihm beinahe der Mund offen stehen.   Merlin trat mit Freya an seiner Seite durch die Tür. Er hatte ihr galant einen Arm angeboten und sie hatte ihre Hände darum gelegt. Die Wachen, welche sie einließen, verbeugten sich höflich, ebenso wie einige Diener, welche gerade an der Tür vorbeigingen. Als er seinen besten Freund und seine Begleitung sah erschien es Arthur, als würde für einen Augenblick die Zeit still stehen.   Dort stand Merlin, sein bester Freund und an seiner Seite Freya, die Herrin vom See, welche so selbstverständlich zu ihm zu gehören schien wie die Sonne an den Himmel.   Die beiden strahlten eine Vertrautheit aus, eine Verbundenheit, die Arthur in den Bann zog. Und nicht nur ihn, wie er an manchen Blicken bemerkte. Es lag nicht an der farblich passenden Kleidung, die sie seiner Frau zu verdanken hatten. Freya trug ein wirklich schönes Kleid, als wäre es extra für sie angefertigt worden. Und auch der angelegte Schmuck passte hervorragend. Gwen schien sich dieses Mal wirklich selbst übertroffen zu haben. Noch gut erinnerte sich Arthur an das kurze Gespräch, welches er mit Gwen geführt hatte, kurz bevor das Fest beginnen sollte. Sie hatte ihm von Merlin und Freya erzählt und das sie ihr ein passendes Kleid herausgesucht hatten. Wie viel Spaß es gemacht hatte und das sich Gwen nichts mehr wünschte, als Merlin und Freya glücklich zu sehen. Beinahe hatte seine Frau Tränen in den Augen. Tränen der Rührung, der Freude, des Glücks. Nur selten hatte Arthur Gwen mit solch einer Hingabe von einem ihrer Erlebnisse berichten sehen.   Ein wenig Unsicherheit verspürte Arthur, als er genauer über die Szene im Thronsaal nachdachte. Woher das Gefühl gekommen war, Freya auf dieses Fest einzuladen wäre richtig, wusste Arthur nicht, aber das Gefühl war da und sein Bauchgefühl hatte ihn nur selten im Stich gelassen. Als er sah, wie Merlin auf den Namen der jungen Frau reagiert hatte, verunsicherte es den König jedoch. Nur selten hatte er eine solch eine seltsame Reaktion seines besten Freundes erlebt. Er konnte allerdings die junge Frau schlecht vor der Tür einfach stehen lassen. Also begrüßte Artuhr Freya im Thronsaal und hoffte, dass nichts Unvorhergesehenes passieren würde. Wie sehr er sich geirrt hatte. Denn das Merlin und Freya sich scheinbar kannten und sich auch noch liebten, damit wusste Arthur beim besten Willen nicht umzugehen. Er war wie vor den Kopf gestoßen. Zwar hatte Merlin zugegeben, einmal verliebt gewesen zu sein, aber nie, was aus der Dame geworden war. Dazu hatte er sich bisher nie durchringen können. Und jetzt sollte Merlins Geliebte einfach so auftauchen? War das wirklich so? Waren Merlin und Freya wirklich... Geliebte? Oder steckte etwas anderes dahinter? Eine böse Macht vielleicht, die Merlin und ganz Camelot versuchte zu täuschen? Doch seit Arthur Merlin kannte, hatte dieser sich noch niemals von irgendwelchen Personen, die Dunkles im Schilde führten, einwickeln lassen. Er hatte einen wachen Verstand und scheinbar einen sechsten Sinn für Leute, die ihm oder dem Königreich Böses wollten. Merlin würde sich nicht so einfach täuschen lassen. Und wenn er ehrlich war, kam ihm irgendetwas an Freya vertraut vor. Ihr Aussehen, ihre Ausstrahlung, ihre Augen... Vielleicht hatte er sie schon einmal gesehen, in Camelot oder in Merlins Heimatdorf und konnte sich nur nicht mehr daran erinnern. Arthur konnte es nicht zuordnen und wischte diesen Gedanken beiseite.   Denn nun, wo Arthur Merlin und Freya zusammen sah, wusste er nicht, warum er unsicher war. Keine dunkle Macht der Welt konnte das hervorbringen. Dieses Leuchten in den Augen, die Wärme, diese Verbundenheit... diese Liebe... All das strahlten Merlin und Freya aus. Sie waren getrennt, hatten endlich wieder zusammengefunden und wären sicher nicht gewillt, den Anderen jemals wieder zu verlieren. Arthur wusste, dass sie erfahren würden, was genau passiert war. Gwen, Gaius, Gwaine, Leon, Percival, Elyan und er. Ihnen würde Merlin mit Sicherheit berichten, was vorgefallen war, da war sich Arthur sicher. Und er würde darauf warten. Wenn Merlin eine Geste seitens Arthur erwarten konnte, dann war es Geduld, auch wenn das nicht gerade die Stärke des Königs war. Für seinen besten Freund allerdings würde Arthur sich gedulden.   Mit einem breiten Lächeln machte sich der König von Camelot nun auf den Weg zur Tür, um die Beiden traditionsgemäß zu begrüßen.             Es war ein typisches Fest. Reden wurden gehalten, die Ritter von Camelot wurden geehrt und zu dem speziellen Anlass wurde auch Merlin von Arthur in den Vordergrund gerückt, was dieser mit einem beinahe zerknirschten Gesicht zur Kenntnis nahm. Nicht selten trat einer der oberen Ritter befreundeter Königreiche an Merlin heran, um ihn zu beglückwünschen oder einer der Druidenanführer, um sich mit dem Großen Emrys auszutauschen. Merlin wollte sich gerade wieder Freya zuwenden. Sie hatte sich bisher prächtig mit Gwen unterhalten, doch ihr Bruder Elyan wollte scheinbar auch ein wenig Zeit mit seiner Schwester verbringen und hatte sie zum Tanz aufgefordert. Also wollte Merlin ebenfalls die Chance nutzen und Freya um dieses Vergnügen bitten, als bereits die nächste Gruppe auf ihn zukam. Dieses Mal waren es allerdings bekannte Gesichter. Leon, Gwaine und Percival standen mit einem Mal vor Merlin.   Höflich verneigte sich Leon vor Freya, während Gwaine ihr zuzwinkerte und Percival ihr mit einem breiten Grinsen zunickte. „Bitte verzeiht uns unsere Aufdringlichkeit, Mylady, doch wir würden gerne eine kleine Unterhaltung mit Merlin führen, wenn es Euch genehm ist.“ Leon hatte das Wort erhoben. Er hatte in diesem Gespann mit Abstand auch die meisten Manieren und Merlin war froh, dass er nicht hören musste, wie Gwaine anfing, Freya anzuschmachten. Merlin warf einen schnellen, entschuldigenden Blick zu Freya, welche nur lächelte. Ihr schien es nichts auszumachen, dass ihre Begleitung ein wenig in die Mangel genommen wurde. Eher zu belustigen. Es schien Merlin hingegen beinahe unangenehm zu sein, auf dem Fest so von seinen Freunden belagert zu werden. Und das vor oder gerade wegen Freya. Wollte er wohl seine Zeit lieber mit ihr verbringen und sie nicht alleine stehen lassen, doch es nahte bereits Rettung. Arthur, welche von dem Plan der Ritter Wind bekommen hatte, gesellte sich zu der Gruppe und lächelte. Merlin brauchte eigentlich nur den Befehl zu geben, dass die Ritter sich zurückziehen sollten und sie hatten zu gehorchen. Er war nach dem König und der Königin der zweitmächtigste Mann im ganzen Königreich, doch das vergaß Merlin sehr schnell immer wieder. Andererseits war dieser Ort und der Grund für dieses Fest ganz sicher kein Anlass, seine Freunde auf diese Art von sich zu stoßen, auch wenn Merlin ein wenig Ruhe für diesen Abend verdient hätte. Ganz besonders, wo er endlich sein Glück gefunden zu haben schien. Arthur allerdings würde diesen Befehl auch nicht geben. Nicht, weil er sich an der Bedroullie seines Freundes ergötzte (na gut, ein wenig), sondern, weil er die Chance nutzen und mit Freya sprechen wollte. Und so belustigt, wie die junge Frau wirkte, würde sie ihm sein Verhalten gewiss nicht übel nehmen. „Keine Sorge, Merlin. Freya wird nicht alleine bleiben. Ich werde mich so lange ein wenig mit ihr unterhalten, bis unsere treuen Freunde erfahren haben, was sie wissen wollen.“ Leon, Percival und Gwaine schienen von der Schützenhilfe ihres Königs mehr als angetan zu sein, so wie sie grinsten. Nur Merlin funkelte ihn an, als würde Arthur gerade Hochverrat begehen, was den König kein bisschen störte. Der Vierte im Bunde fehlte allerdings, wie Arthur feststellte. Ein schneller Blick durch den Saal klärte seine Verwirrung. Elyan hatte sich seine Schwester geschnappt und tanzte mit ihr über die davor vorgesehene freie Fläche. Scheinbar hatte Elyan eine bessere Beschäftigung für den Moment gefunden. Vielleicht war es aber auch eine geplante Ablenkung. Jedenfalls vertraute Elyan wohl darauf, dass er trotz allem auf dem Laufenden gehalten wurde. Als Merlin dann von den Rittern endgültig an die Seite genommen wurde, wahrscheinlich damit er ihnen haarklein erzählen konnte, wer Freya war, nutzte Arthur seine Chance. „Ich würde gerne einen Augenblick an die frische Luft gehen. Würdet Ihr mir die Ehre erweisen und mich auf den Balkon begleiten?“ Freya, welche noch immer lächelnd Merlin nachblickte, sah nun den König an, welcher sie fragend ansah.   Von diesen Worten oder eher dieser Bitte war Freya überrascht. Natürlich hatte sie erwartet, dass der König von Camelot mit ihr reden würde, allerdings hatte sie gedacht, Merlin wäre dann an ihrer Seite. Nun mit ihm zu sprechen, sich seinen Fragen zu stellen, ganz alleine... Ein wenig beklommen war Freya schon zumute. Immerhin war er ein König und mit Adligen wusste Freya nicht umzugehen. Obwohl sie seid einigen Jahren kaum mit Menschen auskam, seid sie verflucht wurde. Aber das war der Mann, für den Merlin sterben würde. Für den Merlin sein Leben riskiert hatte, immer und immer wieder und es einmal wirklich verloren hatte. Dieser Mann, Arthur Pendragon, war das Schicksal von Merlin. Und sein bester Freund. Ansonsten wäre es Freya niemals möglich gewesen, Merlin zu Arthur zurückzuschicken. Egal, vor wem oder was Freya noch immer Angst hatte,... vor dem König von Camelot brauchte sie sich ganz sicher nicht fürchten. Und sie müsste sich nicht mehr wegen ihres Fluches verstecken oder hassen. Seid ihrem Tod war der Fluch gebrochen und der Bastet existierte nicht mehr. Und wenn sie nun mit ihm sprechen würde, alleine und in Ruhe... konnte Freya die Möglichkeit nutzen und absolut ehrlich zu ihrem Gastgeber sein. Wäre Merlin dabei, würde er die Ereignisse so schonend wie möglich erzählen und sicher einige Dinge auslassen. Also verneigte sie sich höflich und antwortete „Aber gerne, Eure Hoheit.“ Die beiden gingen auf den Balkon, die ihnen folgenden Blicke ignorierend. Arthur hielt Freya die verzierte, hölzerne Tür auf und ließ sie geöffnet. Ein wenig frische Luft würde dem Saal nicht schaden. Es war angenehm kühl und dort draußen drang der Lärm und die Gespräche nur dumpf zu ihnen.   Es herrschte Stille zwischen Arthur und Freya. Sie hatte sich an die Balustrade gestellt und sah hinauf zum Himmel. Arthur fiel wieder auf, wie schön Freya war. Sie sah schön aus, wunderschön. Und irgendwie rein. Als wäre ihre Seele ebenso hell und wunderschön wie Freya selbst. Und genau so etwas Schönes wünschte sich Arthur für seinen besten Freund. Das er eine ebenso weise, rein herzige und gütige Frau fand wie er selbst. Der König gesellte sich zu seinem Gast. Sie schien angespannt, dass spürte Arthur, doch ihm erging es nicht anders. „Ein schöner Abend“, brach Arthur das Schweigen und blickte hinauf zu dem Vollmond, welcher in seiner ganzen Pracht am Nachthimmel zu sehen war. Ebenso wie die Sterne, die in der Dunkelheit funkelten. Die Gefährten der Nacht schienen dieses freudige Ereignis ebenfalls zu feiern, denn sie strahlten an diesem Abend besonders hell. „In der Tat.“ Arthur bemerkte den abwesenden Tonfall seitens Freya und sah sie an. Sie blickte nicht mehr hinauf, sondern in den Saal hinein, direkt zu Merlin, welcher breit grinste. Noch immer war er von Leon, Percival und Gwaine umzingelt, wobei Letzterer einen Arm um die Schultern Merlins gelegt hatte. Scheinbar verlief das Gespräch unter Männern ziemlich gut.   „Er scheint Euch viel zu bedeuten“, sagte Arthur und seine Stimme ließ keinen Zweifel daran, wie sehr er sich für seinen besten Freund freute. Auch Freya lächelte und blickte nun Arthur direkt an. „Mehr als Ihr vielleicht begreifen könntet. Aber wenn ich mir das Band, welches sich um Eure Gemahlin und Euch gelegt hat, anschaue, dann glaube ich, dass Ihr dieses Gefühl sehr gut kennt.“ Nun wanderte Arthurs Blick in den Saal zu seiner geliebten Frau, welche ausgelassen lachte und gerade von Elyan umhergewirbelt wurde. Selten hatte er seine Königin in den vergangenen Jahren so freudig und ausgelassen erlebt. Und dafür reichte an diesem Abend ein einfacher Tanz. Ein Vergnügen, dass Arthur später auch noch mit Gwen teilen wollte. „Da habt Ihr vermutlich Recht“, gab Arthur voller Glück zu. Gwen an seiner Seite zu haben war ein Glück und Privileg, welches nicht selbstverständlich war. Viele Hürden mussten sie überwinden, bis Gwen endlich seine Königin werden konnte. Und ein großer Anteil an diesem Glück lag bei Merlin. Kurze Zeit schwiegen die Beiden, genossen die kühle Abendluft und den Anblick ihrer Lieben. „Ihr habt viele Fragen, ist es nicht so, Mylord?“, holte Freya Arthur aus seinen Gedanken. Arthur räusperte und sammelte sich kurz. Noch immer herrschte ein Hauch Unsicherheit in ihm, doch eine Sache konnte er nicht abstreiten. Freya war ein Teil von Merlin. Seinem besten Freund. Das konnte Arthur nicht verleugnen, ganz gleich, ob er die Begebenheiten zwischen den beiden kannte oder nicht. Und das ließ seine Anspannung zum größten Teil verfliegen. Denn er vertraute Merlin. Und er wünschte ihm alles Glück dieser Welt. Denn wenn es jemand verdient hatte, dann Merlin. „Bitte, nennt mich Arthur. Für die Frau, welche meinem besten Freund sein Herz gestohlen hat, wäre dies nur gerecht.“ Freya lächelte glücklich und auch ein wenig erleichtert. Sie schien ebenfalls langsam ihre Anspannung zu verlieren, worüber Arthur froh war. „Ich danke Euch, Arthur. Dann habt auch Ihr bitte die Güte und nennt mich bei meinem Namen.“ Arthur erwiderte ihr Lächeln. „Das tue ich mit Freuden, Freya.“ Wieder herrschte kurze Stille, eine Stille der Verbundenheit, bevor sich der König abermals räusperte. „Um zu Eurer vorherigen Frage zurückzukommen. Es stimmt, es beschäftigen mich viele Fragen. Meine erste Frage wäre die nach Eurem Titel. Ihr erinnert Euch?“ Wenn Arthur ehrlich war, es lagen ihm noch etliche andere Fragen auf der Seele, doch beginnen wollte er mit Etwas einfachem. Die Frage über ihre Verbindung mit Merlin interessierte ihn natürlich auch, doch Arthur wollte nicht aufdringlich sein. Er würde Merlin und Freya zuhören, wenn sie davon erzählen wollten. Ein wenig mehr über diese Frau wollte der König dann allerdings schon wissen.   Natürlich. Das war neben ihrer Beziehung zu Merlin mit Sicherheit das Interessanteste für den König. Das konnte Freya ihm nicht verübeln. Und ein wenig rührte sie seine Rücksicht. Auch wenn sie in diesem Moment ein wenig fehl am Platz für sie war. Denn so wie Freya die Sache einschätzte... hatte Merlin niemanden von ihr erzählt. Nicht wirklich jedenfalls. Und der Grund dafür war ihr mehr als bewusst. Wollte er in seinem Freund keine Schuldgefühle wecken. Aber der König verdiente die Wahrheit. Und die wollte Freya ihm mitteilen. Gerade an diesem Tag, an dem mitunter die Heldentaten Merlins gefeiert wurden, sollte Arthur erfahren, wie loyal Merlin ihm wirklich all die Jahre war. Und das war eine Entscheidung, die Freya zu treffen hatte. Denn es war ihr Leben, welches der damalige Prinz von Camelot genommen hatte. Und auch, wenn sie zurück und endlich wieder an Merlins Seite sein durfte und es Freya fern lag, Schuldgefühle zu wecken. Wenn sie ihm seine Frage ehrlich beantworten wollte, dann sollte es so sein. Arthur sollte erfahren, was vor all diesen Jahren wirklich passiert war. Freya lächelte leicht, doch dieses Lächeln hatte auch etwas Trauriges. „Eigentlich habe ich diesen Titel abgelegt, seit ich den See wieder verlassen kann.“ Was nicht ganz der Wahrheit entsprach, wie Freya sich eingestehen musste. Merlin hatte ihr von seinem Gespräch mit Calest erzählt. Das sie noch immer ein Teil des Sees war und auch immer sein würde. Und es war wahr. Freya konnte noch immer die Macht des Sees von Avalon in sich spüren. Diese uralte Magie, die nun durch ihren Körper floss. Was das genau bedeutete... darüber konnten Merlin und sie sich später noch immer Gedanken machen.   Verwirrt legte Arthur leicht den Kopf schief. Mit dieser Äußerung wusste er beim besten Willen nichts anzufangen. „Den See verlassen? Wie meint Ihr das?“ Nun schien Freya abermals befangen. Trotz ihrer Überzeugung, das Richtige zu tun, schienen die nächsten Worte ihr nur schwer über die Lippen zu kommen. Sie wandte sich von Arthur ab und blickte wieder in den Himmel. „Es ist schon einige Jahre her. Wie Ihr wisst, beherrsche auch ich ein wenig Magie. Aufgrund einer... Besonderheit wollte man meinen Tod. Ein Schwert wurde auf mich gerichtet, welches mein Todesurteil sein sollte.“   Arthur schluckte hart, als er ihre Worte verarbeitete. Es war lange vorbei, doch noch gut konnte er sich an die Zeiten erinnern, als Menschen auf den bloßen Verdacht hin, dass sie Zauberer seien, in Camelot hingerichtet wurden. Wie viel Hass und Wut sich auf das Königshaus gerichtet hatte, nur weil sie engstirnig an dieser Meinung festhielten. Weil Eltern ihre Kinder genommen wurden oder Kindern die Eltern. So viel Ungerechtigkeit, das Arthur manchmal das Gefühl hatte, er könnte die vergangenen Gräueltaten niemals wieder gut machen. War auch Freya so etwas passiert? Sollte sie sterben, weil sie zaubern konnte? Arthur wurde unwohl bei dem Gedanken daran. Früher hatte er selbst Zauberer gejagt, nur weil sein Vater es so wollte. Weil sie böse waren. Ausnahmslos. Weil Magie schlecht war und die Menschen verdarb. Noch niemals hatte Uther so falsch gelegen. Mittlerweile kannte Arthur die Wahrheit. Merlin und Gaius hatten ihm erzählt, was wirklich geschehen war, was wirklich mit seiner Mutter passiert war und wie es zu den Hass auf die Zauberer und die Magie kam. Einzig und alleine aus dem Grund, weil Uther seinen Willen durchsetzen wollte und ihm die Konsequenzen einerlei waren. So sehr Arthur seinen Vater als Kind bewundert und verehrt hatte, so sehr er ihn als sein Nachfolger stolz machen wollte... so sehr verabscheute er ihn, gerade an solch fröhlichen und festlichen Tagen. Dieser Frieden war nicht entstanden, weil Arthur Camelot wie sein Vater regierte. Nein, Camelot wurde zu einem friedlichen Ort mit aller Art von Verbündeten, weil Arthur seinen eigenen Weg ging und Camelot nach seinem Herzen regierte. Weil er Menschen zuhörte und ihnen Chancen gab, weil er nicht mit Hass und starker Faust regierte, sondern mit Gerechtigkeit und Güte. Und Arthur würde niemals zulassen, dass jemals wieder jemand Unschuldiges in Camelot Schaden zugefügt wurde.   „Das Schwert traf mich und verletzte mich schwer.“ Freya holte Arthur erneut aus seinen Gedanken. Beinahe beschämt sah Arthur zu ihr, doch noch immer blickte Freya in den Himmel. Er sollte sich nicht über die Verfehlungen seines Vaters Gedanken machen, sondern seine Aufmerksamkeit auf seinen Gast lenken. Schließlich wollte er mehr über diese Frau wissen. „Diese Verletzung war zu schwer, als das ich hätte überleben können. Merlin wollte mich zum See von Avalon bringen, weil es dort magische Geschöpfe geben sollte, welche mich hätten heilen können. Merlin trug mich dorthin. Doch mein Schicksal sah anders aus. Ich starb am Ufer des Sees in seinen Armen.“   Arthurs Herz setzte aus. Freya war was? Die Frau, welche vor ihm stand, lebendig und voller Freude... die Frau, die Merlin liebte war... gestorben? In Merlins Armen? Wie hatte Merlin diesen Verlust überstehen können? Allumfassendes Mitleid stieg in Arthur auf und er ballte die Fäuste. Sein bester Freund hatte seine Liebe verloren und keiner von ihnen wusste davon! Denn jedes Wort von Merlin hätte unter der damaligen Herrschaft mit Sicherheit auch seinen Tod bedeutet. Merlin musste sich diesem Schmerz ganz alleine stellen, keiner seiner Freunde konnte ihm helfen, diesen überwältigenden Verlust zu ertragen. Arthurs Inneres verkrampfte. Aber etwas störte ihn. „Aber... wie...?“ Arthur wusste seine Frage nicht zu formulieren. Noch immer herrschte Fassungslosigkeit in ihm aufgrund dieser Offenbarung. Aufgrund von diesem Schmerz, den sein bester Freund scheinbar so lange ertragen musste und von dem Arthur nichts wusste. Leicht blickte Freya nun wieder zu Arthur. In ihren Augen lag ein Glänzen, welches Arthur berührte. „Es war nicht mein endgültiges Ende, wie Ihr Euch denken könnt. Ich starb, dass ist wahr. Merlin bettete mich in einem Boot voller Blumen und übergab mich dem See von Avalon. Durch seine Magie, seine Liebe... seinen verzweifelten Wunsch, mich nicht zu verlieren, wurde ich jedoch gerettet. Die Alte Religion hatte Nachsicht mit mir und gewährte Merlin diesen innigsten Wunsch. Mein Körper wurde geheilt, meine Seele kehrte zurück. Mir wurden Aufgaben gegeben, die ich erfüllen sollte und die ich mit besten Gewissen erfüllen wollte. So wurde ich ein Teil des Sees von Avalon. So... wurde ich zur Herrin vom See.“   Arthur sah Freya verblüfft an, ein wenig mitleidig, aber vor allem wie erschlagen. Es erschien dem König beinahe unmöglich, dass so etwas möglich war, doch Arthur hatte dieses unfassbare Wunder selbst erlebt. Arthur hatte mit eigenen Augen gesehen, wie jemand Totes aus dem See von Avalon wieder auferstanden war. Ein Mensch, den er verloren hatte und für immer verloren glaubte. Arthur schluckte hart, seine Kehle fühlte sich trocken an. Noch immer tat es ihm weh an den Tod von Merlin zu denken. An das eine Jahr ohne ihn, welches sich beinahe wie ein ganzes Leben angefühlt hatte. Doch als er sich an dieses Ereignis erinnerte kam er zu einer Erkenntnis. Er stockte. „Ihr wart es“, hauchte Arthur ehrfürchtig. „Ihr habt damals zu mir gesprochen, als ich am See war.“ Diese warme, sanfte Stimme, die Arthur damals gehört hatte, als er auf Aithusas Rat hin den See von Avalon aufgesucht hatte. Die Stimme, die ihm sagte, sein Weg wäre der Richtige. Die Stimme, die ihm versichert hatte, er wäre ein wahrer König. Die Stimme, die ihm seinen besten Freund zurückgebracht hatte. Das alles... war Freya.   Freya lächelte leicht. „Das ist wahr. Ich habe damals zu Euch gesprochen, Arthur. Merlin ruhte im See, der ihn heilte, während er schlief. Es war meine Aufgabe, Euch Merlin zurückzugeben, wenn Ihr Euch als würdig erweist. Und das habt Ihr. In meinen Augen... kann es keinen besseren König als Euch geben.“   Arthur war geehrt. Verblüfft. Und gerührt. Er konnte nicht in Worte fassen, wie dankbar er Freya war. Sie war es, die sie alle aus der Schwärze des Verlustes gezogen hatte. Sie war es, die ihnen Merlin zurückgegeben hatte. Zu seiner Dankbarkeit schlich sich allerdings auch ein wenig Wehmut. Es musste schwer für Freya gewesen sein, Merlin so nah und doch so fern gewesen zu sein. Merlin schien nicht bei Bewusstsein oder eher... am Leben gewesen zu sein, als er bei ihr war. Merlin war bei ihr, doch er war nicht am Leben. Sie musste ihn gehen lassen, um ihn sein Leben weiterleben zu lassen, während sie im See blieb. Es hörte sich grausam an und Arthur vermochte sich nicht vorzustellen, wie sich Freya dabei gefühlt haben musste. Den Mann, den sie liebte, einfach ziehen zu lassen. Ohne das Wissen, ob sie ihn je wirklich wiedersehen konnte. Doch es war Wirklichkeit geworden. Freya konnte dem See entsteigen und weilte wieder unter den Lebenden. Genauso, wie es einst mit Merlin geschah. Und sie hatten endlich wieder zueinander gefunden. Es hörte sich ganz so an, als ob die Beiden das Gleiche durchgemacht hätten. Beide waren gestorben und aus dem See von Avalon wieder auferstanden. Das war ein weiteres Stück, was die Verbindung zwischen Merlin und Freya so einzigartig machte.   Arthur wollte etwas sagen, etwas, was seine Dankbarkeit nicht im Entferntesten ausdrücken konnte doch zumindest ein Anfang wäre, doch das schien nicht nötig. Freay bedachte ihn mit einem gütigen Lächeln. Es erinnerte Arthur sehr an seine Frau. „Ihr müsst nichts sagen, Arthur. Es schmerzte, dass ist wahr, doch ich bin stolz darauf, dass ich es sein durfte, die Euch Merlin wieder zurückgeben konnte. Mein irdisches Leben war verwirkt, doch ich konnte dennoch Gutes vollbringen und Merlin und Euch auf meine Art zur Seite stehen und helfen. Und nur dank der Tapferkeit und Güte von Merlin, welcher stets sein Leben für andere einsetzte und mutig seinem Schicksal folgte, wurde mir diese zweite Chance geschenkt.“   Freya blickte abermals in den Himmel und schien damit Arthur die Zeit geben zu wollen, ihre Worte zu verarbeiten. Es war viel, was sie ihm erzählt hatte, viel, was der König noch nicht wusste. Doch eine Sache musste Freya Arthur noch erzählen. Eine Sache musste er noch wissen. Und es wäre mit Sicherheit der größte Schlag für den König. Es vergingen einige Momente, bis sie abermals das Wort ergriff. Den Mut zusammen genommen hatte, Arthur die letzte Wahrheit zu offenbaren. „Merlin ist Euch wirklich loyal ergeben, nicht wahr?“ Kurz war Arthur erstaunt über diesen plötzlichen Themenwechsel, doch er beantwortete ihre Frage wahrheitsgemäß. Es war eine rein rhetorische Frage, schließlich kannte jeder in Camelot und wahrscheinlich auch sie selbst die Antwort darauf ganz genau. Und selbst, wenn Arthur zu seiner Schande gestehen musste, dass es Momente gab, an denen er selbst an Merlin gezweifelt hatte, so wusste der König nun mit absoluter Sicherheit, dass sein bester Freund sein Vertrauen niemals enttäuschen würde. „Ja. Ich kann mir niemanden vorstellen, der mein Vertrauen mehr verdient als Merlin.“ Die nächsten Worte schienen Freya schwer zu fallen. „Ich bin überaus froh, dass er nicht angefangen hat Euch zu hassen.“ Arthur erstarrte. Es war eine so unsinnige Aussage, dass er sich das nicht einmal vorstellen konnte. „Warum hätte er das tun sollen?“ Arthur konnte sich nicht vorstellen, dass Merlin überhaupt in der Lage wäre, jemanden von ganzem Herzen zu hassen. Und er konnte beim besten Willen nicht verstehen, wie Freya zu der Vermutung kam, dass Merlin ausgerechnet Arthur hassen könnte. Hatte er doch früher immer hingegen die Angst gehabt, von Arthur aufgrund seiner magischen Begabung gehasst zu werden. Freya seufzte. Nun war also der Augenblick der Wahrheit gekommen. „Er hätte es vielleicht getan, nachdem Ihr mich getötet habt.“   Stille. Es war wie in einem Kampf, bemerkte Arthur. Wenn etwas geschah, was man überhaupt nicht vermutete oder wenn man einsah, dass man verloren hatte. Wenn die letzten Sekunden des Lebens an einem vorbeiziehen, während die Klinge des Gegner auf einen hinab sauste. Alles war plötzlich so langsam, das Blut rauschte in den Ohren, man wusste gar nicht, was wirklich passiert war - „Was?!“ - bis der erste Schock überwunden war und man sich der harten, grausamen Realität stellen musste. Freya schloss die Augen. Sie wagte es nicht, Arthur anzusehen. „Euer Schwert war es, welches mich so schwer verletzte, dass ich nicht überleben konnte.“   Arthur hatte das Gefühl den Boden unter den Füßen zu verlieren. Er stolperte zwei Schritte von Freya weg. Die Augen weit aufgerissen, der Mund vor Schreck weit offen. Sein Herz raste und eiskalte Schauer jagten seinen Rücken hinab. Arthurs Entsetzen war immens. „Ihr hattet keine Wahl“, beeilte sich Freya zu sagen, als sie sah, wie sehr diese Nachricht den König aufzuwühlen schien. Sie sah ihn an, den Mann, der ihr damals das Leben nahm. Blaue Augen voller Schrecken blickten ihr entgegen. „Damals lastete ein Fluch auf mir. Jede Nacht war ich gezwungen, mich in ein Monster zu verwandeln und zu morden. Nur Merlin konnte ich nichts anhaben. Selbst als der Fluch seine Wirkung entfaltete, waren meine Gefühle für ihn so stark, dass ich ihm nie etwas antat. Egal, ob als junge Frau oder als Monster. Merlin blieb. So sehr er mich eigentlich verabscheuen sollte, so groß waren auch Merlins Gefühle und er blieb an meiner Seite. Bis zu meinem Tod.“ Arthur konnte ihre Worte kaum verstehen, fand darin keinen Sinn, außer... er hatte sie getötet. Er hatte Freya, die Geliebte von Merlin... Der Gedanke schnürte Arthur die Kehle zu. „Ihr musstet Camelot und Euer Volk retten“, versuchte Freya Arthur zu erklären. „Durch den Fluch verwandelte ich mich in eine Bestie, den Bastet. Eine geflügelte Kreatur mit dem Aussehen einer Raubkatze. Skrupellos und ohne Verstand oder Reue. Hättet Ihr mich nicht aufgehalten, dann hätte ich noch mehr unschuldige Menschen getötet. Und das hätte auch meine Seele irgendwann zerstört.“   Eine geflügelte Bestie. In Arthurs Kopf arbeitete es und irgendwo ganz tief vergraben, war die Erinnerung an dieses Wesen. Den Namen hatte er vergessen, doch er erinnerte sich noch an den Schrecken, der dadurch in Camelot Einzug gehalten hatte. Tagelang hatten sie das Mädchen gesucht, welches nach Aussage des Kopfgeldjägers, dem sie entkommen war, für dieses Chaos verantwortlich war. Ein Mensch, der sich in ein Monster verwandelte. Ein Mädchen... Das war also Freya? Sie war damals diese Bestie, die Menschen fast in der Luft zerriss? Damals hatte Arthur voller Überzeugung gehandelt, dass dieses Monster getötet gehörte. Diese Bestie, welche so vielen braven Bürgern das Leben genommen hatte, sollte sterben. Schließlich war die Magie böse und schlecht, genauso wie jeder Mann und jede Frau, die sie beherrschte. Arthur hatte nicht einen Gedanken daran verschwendet, dass es nicht so war, dass diese junge Frau das alles gar nicht wollte. Wenn Arthur es gewusst hätte... wenn er auch nur geahnt hätte, dass ein unschuldiger Mensch sich hinter dieser Bestie verbarg... hätte er dann versucht, dieses Leben zu retten? Arthur wusste es nicht. Heute würde er auf jeden Fall anders handeln, er würde andere Lösungen suchen, versuchen, das Leben dieses Menschen zu verschonen. Doch damals... in dem Glauben, das Magie böse sei, unter der Fuchtel seines Vaters mit den Bemühungen, ihn stolz zu machen... dann hätte Arthur wohl nicht anders gehandelt, auch wenn es ihm schwer gefallen wäre. Doch ganz gleich, was Arthur damals für richtig hielt und wie er in der jetzigen Zeit handeln würde, eine Sache stand fest. Ganz egal, wie sehr Freya es zu beschönigen versuchte oder wie sehr sie ihn mit ihren Worten beruhigen wollte... das alles änderte nichts an der Tatsache, dass er, Arthur, Merlins Geliebte getötet hatte. Er hatte sie attackiert, er hatte das Schwert geschwungen, sie damit verletzt und letztendlich auch getötet. Wie hatte Merlin ihm danach nur weiter in die Augen sehen können? Wie konnte er all die Jahre weiter an seiner Seite bleiben und ihn beraten? Ihn zum Lachen bringen? Ihn beschützen? Wie konnte er ihn nicht hassen? Arthur verstand es nicht! Wenn Arthur sich vorstellte, irgendjemand würde Hand an seine geliebte Gwen legen… nein, das konnte sich Arthur nicht einmal ausmalen. Er würde jeden Mann und jede Frau erbarmungslos niederstrecken, der seiner Frau Leid zufügen wollte. Jetzt verstand Arthur auch endlich, was Gaius damals mit seiner Andeutung meinte. Das Merlin neben seinem Vater einen weiteren geliebten Menschen verloren hatte. Merlin hatte nicht nur seinen Vater zu betrauern, den er nur wenige Stunden kennengelernt hatte. Nein, er musste auch noch die Frau zu Grabe tragen, die er geliebt hatte. Und plötzlich kamen ihm auch die Worte des Großen Drachen Kilgharrah wieder in den Sinn. „Versetzt Euch in Merlin hinein. Was er für euch aufgegeben hat.“ Arthur hatte Merlin die Chance genommen, vielleicht irgendwo anders mit Freya ein gemeinsames Leben zu beginnen. Ein glückliches Leben mit der Frau, die er liebte. Merlin musste diesen Traum aufgeben, weil Arthur... Der König schüttelte sich. So viele Gedanken schossen Arthur plötzlich durch den Kopf, so viele Sachen und Worte machten mit einem Mal Sinn. Merlin hatte so viel mehr für Arthur und Camelot geopfert, als der König jemals wirklich begreifen konnte. Er fragte sich willkürlich, wie stark Merlin wirklich war. Nicht aufgrund seiner Magie, sondern von ihm selbst, seinem ganzen Sein. Denn Arthur gestand sich ein... hätte er neben seinem Vater damals auch noch Gwen oder Merlin verloren… dann wäre er wahrscheinlich freiwillig in den Tod gegangen. Arthur vermochte sich nicht vorzustellen, wie schmerzhaft das alles für Merlin gewesen ist. Wie sehr er gelitten hatte und niemand wusste davon und konnte ihm helfen, ihm zur Seite stehen. Die einzige Konstante, die Merlin damals wahrscheinlich am Leben hielt, war er. Arthur. So oft wurde es gesagt. Von Gaius, Kilgharrah, Merlin... Arthur war der Strang, der Merlin nach all diesen Schlägen immer wieder am Leben hielt. Ohne Arthur… ohne das Schicksal, was sie verband, ohne die Bestimmung, die Merlin zu erfüllen hatte, das goldene Zeitalter, welches er erschaffen wollte… Ohne all das… wäre wohl auch Merlin damals gestorben. Übelkeit stieg in Arthur auf. Sein Körper verkrampfte sich, seine Hände zitterten. Sein Herz schmerzte. Wenn er bedachte, dass er Merlin schon damals hätte verlieren können, auf die eine oder andere Art... das hätte auch ihn zerstört. Vielleicht nicht so stark, wie durch seinen Tod, nachdem er wusste, was Merlin alles für ihn getan hatte (wobei er nicht alles wusste, wie er nun erfuhr), nach all den Jahren, in denen sich ihre Freundschaft gefestigt hatte, aber dennoch... es hätte ihn zerstört. Es war für Arthur beinahe unbegreiflich, welche Stärke Merlin zu haben schien. Solche Kämpfe zu bestreiten und Verluste zu ertragen, nur um das Wohl anderer zu sichern. Und das war wohl auch der Grund, warum der König nie davon erfahren hatte. Merlin wollte nicht, dass Arthur davon wusste. Er hatte ihm damals die Geschichte von der geflügelten Bestie erzählt. Noch einmal aus seiner Sicht, er brauchte Arthur bei diesem Kampf wohl nicht viel helfen, doch den Teil, dass seine Geliebte dabei umkam, hatte er völlig ausgelassen. Weil er nicht wollte, dass Arthur sich die Schuld gab.   Ein Teil von Arthur war wütend. Wütend darüber, dass Merlin diese so wichtige Detail in seinen Erzählungen ausgelassen hatte. Das er ihm nie die Wahrheit erzählt hatte. Das Merlin trotz allem dieses Geheimnis vor ihm hatte. Doch der größte Teil von Arthur war beinahe fassungslos vor Mitgefühl. Arthur wusste schon lange, dass Merlin einmal verliebt gewesen war. Merlin hatte es erzählt, einmal, doch was genau aus seiner Geliebten geworden war, hatte er sich nie entlocken lassen. Arthur hatte immer die Befürchtung, dass ihr etwas Schreckliches passiert war, doch Arthur hatte immer zu viel Angst, um genau nachzufragen. Auch auf seine Sticheleien diesem Thema gegenüber war Merlin irgendwann nicht mehr eingegangen, obwohl er wusste, dass dies Arthurs Art war, ihm seine Hilfe anzubieten. Merlin konnte mit ihm reden. Über alles. Arthur würde seinen Schmerz mit ihm zusammen ertragen, doch er wollte Merlin nicht bedrängen. Merlin sollte mit ihm sprechen, wenn er bereit dafür war.   Als Arthur der Begegnung von Merlin und Freya im Thronsaal beiwohnte dachte er erst, es war ein Missverständnis. Das Merlin Freya für tot hielt oder sie ihn und das keiner von beiden die Wahrheit kannte. Das die beiden wegen einem Irrglauben so lange getrennt waren. Aber das die Geschichte zwischen seinem besten Freund und der Herrin vom See solche Ausmaße besaß... das hätte Arthur niemals gedacht und er war sich sicher, er würde es nie wieder vergessen. Nun selbst die Wahrheit zu kennen, zu erfahren, dass er die Schuld daran trug, dass sein Freund all die Jahre alleine war, ließ Arthur erschaudern. Sein Herz schmerzte, sein Körper fühlte sich eiskalt an. Und jetzt, wo er es wusste… konnte Arthur zum ersten Mal wirklich verstehen, wie viel sein bester Freund alles für ihn aufgegeben und riskiert hatte. Wie viel alles, was geschehen war, wahrlich bedeutete. Und dieses Wissen nahm ihm den Atem und ihm wollte einfach nicht einfallen, was er dazu sagen sollte. Arthur fielen keine Worte ein, doch dafür wirbelten Unmengen an Gefühlen in ihm herum. Dankbarkeit, Schuld, Wiedergutmachung... all das fühlte er gegenüber Freya. Gegenüber Merlin. So viel hatte er zerstört, ohne es zu wissen. Das Leben dieser beiden Menschen, die sich nichts mehr als ein friedliches Leben miteinander wünschten. Und er hatte Merlin seine Liebe genommen. Arthur hatte seinem besten Freund so etwas angetan. Die Wahrheit fraß ihn auf. Arthur keuchte.   Freya sah Arthur besorgt an. Er war ungewöhnlich blass geworden, sein Körper zitterte beinahe vor Anspannung, seine Fäuste waren so stark geballt, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Seine Augen glitzerten, als würden jeden Moment die Tränen überlaufen. Der König von Camelot sah aus, als wäre er kurz davor zu zerbrechen. „Bitte Arthur“, sprach Freya den König an, welcher aufsah. Beinahe schämte sich Arthur, aufzublicken. Nach allem, was er getan hatte. Was er zu verschulden hatte. Er, ein König, fühlte sich nicht dazu berechtigt, Freya auch nur anzusehen. „Wir können die Vergangenheit nicht ändern. Ich gebe Euch keine Schuld für das, was geschehen ist und ich zürne Euch auch ganz gewiss nicht! Jeder von uns hat Dinge getan, die ihm im Moment der Tat als richtig erschienen. Keiner von uns kann jemals alle Konsequenzen seines Handels vorhersehen. Doch ab jetzt zählt es nur, das alles, was wir tun, aus unserer tiefsten Überzeugung entsteht.“ Ihre warme und sanfte Ausstrahlung beruhigten Arthur ein wenig und ihre Worte erwärmten seine Seele ein bisschen. Noch immer wirbelte die Schuld in seinem Inneren, doch ihre Worte waren ernstgemeint. Freya gab ihm nicht die Schuld. Freya vergab ihm. Arthur schloss die Augen. „Wir alle haben einen Platz in dieser Welt. Uns wurden scheinbar größere Rollen zugeteilt, die wir bewältigen mussten. Und das haben wir getan. Alles, was geschehen ist, alles, was uns widerfahren ist, was wir erlebt und erdulden mussten... All das hat uns geformt, hat uns weiser und stärker gemacht. All das hat uns an diesen Punkt geführt. Wir leben. Wir sind glücklich vereint mit den Menschen, die wir lieben. Nun ist nur noch ein Schritt vonnöten. Ein Ziel gilt es noch zu erreichen. Mit Euch als König werden wir etwas schaffen, was niemand für möglich gehalten hat. Und das wir uns alle wünschen.“   Arthur wusste, was Freya meinte, noch bevor sie es aussprach. Durch den Schwall an Gefühlen, welche Arthur beinahe lähmten, drang die Erkenntnis dennoch zu ihm durch. Ein einziges Wort verließ gleichzeitig den Mund des Königs und der Herrin vom See, schuf in diesem Moment eine Verbindung zwischen ihnen. Zwischen einem normalen Mann und einer magiebegabten Druiden, zwischen einem mächtigen König und einer normalen Bürgerin. Zwischen zwei Menschen, die sich das Gleiche wünschten.   „Frieden.“           ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~           Als Arthur und Freya ein wenig später den Saal wieder betraten, seufzte Arthur. Er war erschlagen von all dem, was er soeben erfahren hatte. Müde. Ausgelaugt. Noch immer tobte es in ihm. Zuletzt hatte Arthur auf dem Balkon zwar versucht, sich wieder zu fangen, schließlich erwarteten ihn noch Gäste, aber trotzdem. Arthur fühlte sich, als wäre er in den paar Minuten, die er mit Freya auf dem Balkon verbrachte, um Jahre gealtert. Freya wollte ihm die Wahrheit nicht böswillig an den Kopf werfen oder ihm seine Schuld vorwerfen, dass war ihm klar. Klar war Arthur allerdings auch, dass es sein Recht war, die Wahrheit zu kennen. Und das er mit diesem Wissen Merlin jedes Recht einräumen sollte, das er verdiente.   Gwen kam auf ihn zu. Ihrer Miene nach zu urteilen merkte sie sehr wohl etwas von seinem Zustand. Als Gwen vor ihm stand bedachte sie Arthur mit einem besorgten Blick. Sie legte ihm eine Hand an die Wange. Er versuchte zu grinsen, setzte wie seid vielen Jahren eine Maske auf, um seine wahren Gefühle zu verstecken. Arthur verabscheute es, sich vor seiner Frau zu verstellen (ihr konnte er sowieso nichts vormachen), doch sie waren nicht alleine. „Später.“ Mehr sagte Arthur nicht. Gwen allerdings würde ihn auch so verstehen. Später, wenn sich alle zu Bett begaben, konnte er in Ruhe mit ihr reden und ihr alles erzählen, was er soeben erfahren hatte. Arthur nahm Gwens Hand in seine und hauchte ihr einen Kuss darauf.   Nur am Rande nahm Arthur wahr, dass Freya an ihnen vorbeiging. Arthurs Blick folgte dem Weg, den sie eingeschlagen hatte und erblickte seinen besten Freund, der ebenso besorgt aussah wie Gwen. Blaue Augen sahen dem König entgegen und Arthur sah darin Besorgnis, Fragen und eine gewisse Unsicherheit. Auch er schien die Veränderung an dem König zu bemerken. Merlins Augen wanderten allerdings schnell von Arthur zu Freya. Seine Miene änderte sich jedoch nicht. Arthur konnte seinem besten Freund ansehen, dass er in Sorge war. Wahrscheinlich hatte er befürchtet, seine Liebste wäre unglücklich darüber, dass er sie bei diesem Fest alleingelassen hatte. Zwar war Arthur an ihrer Seite, doch das alles war noch neu und unbekannt für sie. Sie in der Gegenwart eines fremden Mannes zu lassen, auch wenn es der König war - oder gerade deshalb - könnte sie verschreckt sein. Doch davon war keine Spur zu sehen. Arthur kannte Freya nicht gut genug, um es beurteilen zu können, doch auch sie sah erschöpft aus, setzte aber tapfer ein Lächeln auf, als Merlin sie fragte, ob alles in Ordnung sei. Arthur konnte es nur vermuten, doch er war sich sicher, dass Freya Merlin damit ebenso wenig täuschen konnte wie er Gwen. Dafür waren sie jeweils zu sehr verbunden. „Es geht mir gut.“ Es war mit Sicherheit die Wahrheit, auch wenn die letzten Minuten Freya gewiss ebenfalls aufgewühlt hatten. Merlin schien nicht wirklich überzeugt, aber er ließ es für den Moment auf sich beruhen. Er seufzte erleichtert und schloss kurz die Augen. Als er sie wieder öffnete sah Merlin Freya mit einem Ausdruck an, den Arthur nie vergessen würde. Solch eine Liebe in den Augen, ein sanftes Lächeln, sein gesamtes Wesen schien den Raum mit Wärme zu erfüllen. Als könne er noch immer nicht glauben, dass sie wieder da war. Bei ihm. Freya lächelte Merlin an, ebenso strahlend vor Glück wie er, und haucht ihm einen Kuss auf die Lippen, den er zu gerne erwiderte.   Und wenn Arthur die beiden so ansah, dann verflogen die Zweifel und die Unsicherheit, welche noch tief in ihm geherrscht hatten, mit einem Schlag völlig. Die Verbindung, die Arthur zwischen Merlin und Freya spüren konnte, war tiefer als alles, was er jemals gesehen hatte. Sie verband so vieles. Eine gemeinsame Geschichte. Eine gemeinsame Tragödie. Ein gemeinsames Wunder. Weil Merlin halt Merlin war. Weil er so aufrichtig, mutig, loyal und noch so viel mehr war, wurde Merlin und Freya eine zweite Chance geschenkt. Die Chance auf ein gemeinsames Leben. Etwas, was Arthur beinahe zerstört hatte. Der König erschauderte.   Arthurs Beine setzten sich in Bewegung. Er ließ Gwens Hand los, die verwundert stehen blieb und ihrem Mann nachsah. Arthur bemerkte, dass sich einige kleine Gruppen Schaulustige um Gwen, Merlin, Freya und ihn gebildet hatten. Auch Leon, Gwaine, Percival und Elyan konnte er in der Nähe ausmachen, doch es war ihm gleich. Die ihm folgenden Augenpaare ignorierte er. Dieses Mal hatte nicht sein Herz die Kontrolle über seinen Körper erlangt. Es waren keine überschäumenden Emotionen, welche Arthur steuerten. Arthur war sich im vollen Bewusstsein darüber im Klaren, was er im Begriff war zu tun und trotzdem sagte alles in ihm, dass es richtig war. Arthur ging zu Merlin und nahm ihn vor allen Anwesenden, seien es Adlige, Anführer oder Diener fest in den Arm. Geschocktes Luftholen einige Gäste war die Folge. Doch Arthur war noch nicht fertig. „Es tut mir Leid, Merlin.“ Niemals zuvor hatte sich Arthur bei jemanden in aller Öffentlichkeit so entschuldigt. Dieses Verhalten verstieß mit Sicherheit gegen unzählige Etiketten, die Meinungen der Adligen und sonst etwas, doch das war Arthur in diesem Moment gleich. Seid dem Moment, in dem Arthur klar geworden war, wie sehr Merlin ihm all die Jahre zur Seite gestanden hatte, was er wegen ihm alles verloren hatte, zählten keine Unterschiede, keine Titel, keine Krone mehr. Und heute noch so viel mehr zu erfahren, ließ diesen Entschluss nur noch fester werden. Arthur wollte nun, dass die Leute nicht den Herrn und den Untergebenen sahen, nicht den König und den Berater. In diesem wundervollen, so kostbaren Moment wollte Arthur, dass sie alle nur eines in Merlin und ihm sahen. Zwei beste Freunde, die füreinander sterben würden.   Merlin blinzelte ein paar Mal verwundert, scheinbar überfordert von der Aktion seines Königs. Wärme erfüllte ihn, als er die starken Arme von Arthur um sich spürte. Nur selten hatte sich Arthur zu solch einer emotionalen Geste hinreißen lassen. Gerade vor anderen achtete Arthur immer auf einen angemessenen Umgang. Umso kostbarer waren für Merlin diese Momente, wenn Arthur ihm seine Freundschaft auf diese Weise zeigte, auch wenn er nicht wusste, was in diesem Moment in Arthur gefahren war. Die Worte des Königs durchbrachen allerdings seine Überlegungen. Merlin musste nicht fragen, was Arthur damit meinte. Es war ihm scheinbar klar. Sein Blick wanderte sofort zu Freya, welche neben ihnen stand. „Du hast es ihm erzählt?“ Sein Ton war nicht vorwurfsvoll. Es schwang ein wenig Panik darin, als hätte er Angst, Arthur könnte nun anders von ihm denken. Und das war auch so, doch nicht in die Richtung, in die Merlin befürchtete. Freya sah ihn offen an. Ohne Reue, ohne Sorge. Weil sie so gehandelt hatte, wie sie es für richtig hielt. Und weil sie sich sicher war, dass Arthur mit diesem Wissen richtig umgehen würde. „Er hatte ein Recht, es zu erfahren, Merlin. Er hatte ein Recht darauf, zu erfahren, wie loyal du ihm all die vielen Jahre wirklich warst.“ Merlin seufzte. Natürlich wollte er Arthur davon erzählen. Wer Freya war und was damals wirklich passiert war, doch das wollte er nicht heute tun. Nicht an diesem Abend, der für sie alle Freude und Zusammenhalt bedeuten sollte. Es bedeutete, den Schmerz von damals wider hervor zu holen und Arthur seine Tat vor Augen zu führen. Eine Tat, die Merlin seinem Freund so angenehm und schmerzfrei wie möglich erläutern wollte. Doch das wurde ihm nun scheinbar abgenommen.   Arthur drückt Merlin etwas von sich weg und blickte ihm nun direkt ins Gesicht. Seine Hände lagen noch immer auf Merlins Schultern. Blaue Augen bohrten sich ineinander. Die umstehenden Leute wurden von ihnen ausgeblendet. In diesem Moment zählten nur sie beide. Ein leichtes Lächeln erschien auf Arthurs Gesicht. „Umso dankbarer bin ich dir heute.“ Arthur wollte mit Merlin darüber reden. Ihm all die Dinge sagen, die ihm auf der Seele lagen. Dem Schwarzhaarigen danken, so oft, bis Merlin dieser Worte müde wurde. Arthur wollte mit ihm reden, offen und ehrlich, aber nicht an diesem Ort. Nicht jeden gingen die vergangenen Geschehnisse etwas an. In diesem Raum war nur eine handvoll Leute anwesend, die die Wahrheit verdienten, aber nicht zu diesem Zeitpunkt. In den nächsten Tagen, da war sich der König sicher, würden sie, gemeinsam mit ihren Freunden, die Zeit und die Ruhe finden, das alles zu besprechen und zu verarbeiten. Die letzten Geheimnisse offen legen, die Merlin noch hegte. Die Schuld tragen, die sie sich Merlin gegenüber aufgebürdet haben, mit Worten oder Taten oder der Tatsache, dass er so viel Schmerz alleine tragen musste. Und sie alle würden Merlin auf jede erdenkliche Weise um Verzeihung bitten und die Schuld versuchen zu tilgen. Diese wenigen Worte mussten für den Moment reichen, aber Merlin würde wissen, wie ernst Arthur sie meinte und wie dankbar er ihm wirklich war.   Merlin erwiderte Arthurs Lächeln. Erleichterung erfüllte ihn. „Wie ich immer sage: Es ist mir eine Ehre und wird es auch immer sein, Mylord.“ Arthurs Gesicht verzog sich. So sehr ihn die Worte abermals ehrten, er hatte vor langem eine Entscheidung getroffen. Mit gewissen Bedingungen. Doch nach diesem Abend wurden alle Bedingungen nichtig. „Was habe ich dir zum Thema `Sir´ und `Mylord´ gesagt, Merlin?“ Verwirrt musterte der Schwarzhaarige seinen König. Es schien ihm langsam zu dämmern, worauf Arthur hinaus wollte, doch ganz wollte Merlin es scheinbar noch nicht akzeptieren. War alles an Arthurs Worten und Gesten entgegen jeglicher Etikette. „Aber wir sind nicht alleine.“ Arthur schnaubte. Das leise Gemurmel, welches auf ihre Unterhaltung folgte, blendete Arthur aus. Diesen Moment wollte er nutzen, um endlich die Worte zu sagen, die Merlin mehr als jeder andere verdient hatte. Es herrschte Frieden zwischen den Reichen und einige Herrscher waren bei diesem Fest anwesend. Sie würden seine Worte verstehen, jedoch nicht den wirklichen Grund dafür. Sie würden es verstehen, ihnen jedoch nicht zürnen, da war sich der König von Camelot sicher. Sie alle hatten ebenfalls Respekt vor Merlin und seinen Taten, wie Arthur schon oft gehört hatte. Wie nahe sich Arthur und Merlin standen war ein offenes Geheimnis in Camelot. Und nun konnten die Herrscher es mit eigenen Augen sehen und seinen Worten lauschen. „Nachdem, was ich heute Abend noch alles erfahren habe… Natürlich will ich, dass mein Volk glücklich ist. Doch am Wichtigsten seid ihr. Es kann mir gleich sein, was die Leute denken, Merlin. Was meine Frau denkt, dass ist mir wichtig. Was meine vier engsten Freunde denken. Und Gaius. Was meine Ritter denken. Doch vor allem was du denkst, dass sollte mir wichtig sein. Du, als der Mutigste und Loyalste von allen. Du... mein engster Vertrauter, mein bester Freund... mein Bruder.“   Merlins Augen weiteten sich. Sein Herz setzte für einen Moment aus, nur um dann doppelt so schnell weiter zu schlagen. Nie hätte er es für möglich gehalten, dass Arthur in dem Beisein von Anderen seine Gefühle so offen legen würde wie in diesem Moment. Und Arthur meinte seine Worte absolut ehrlich und sie kamen aus der Tiefe seines Herzens. Merlin konnte regelrecht spüren, wie ernst Arthur es meinte. Und es beruhigte Merlin mehr, als er sagen konnte. Hatte er die Befürchtung gehabt, Arthur würde es ihm nachsehen, dass er so etwas Wichtiges vor ihm verschwiegen hatte. Doch dem war nicht so. Ganz im Gegenteil. Arthur war bereit, die Freundschaft zwischen ihnen auf eine völlig neue Stufe zu stellen, sie vor der ganzen Welt zu präsentieren. Wärme erfüllte Merlin. Das Arthur ihn so vor anderen, beinahe fremden Menschen betitelte, glich beinahe einem Wunder. Obwohl Merlin immer einen lockeren Spruch auf den Lippen hatte wusste er in diesem Moment ebenso nichts zu sagen. Doch das musste er auch nicht. Denn Merlin hatte absolut kein Problem damit, den Worten seines besten Freundes und Königs Folge zu leisten. Und das wäre für sie beide in diesem Moment mehr als genug. Ein Lächeln schlich sich auf Merlins Gesicht. Ein Lächeln voller Freude, Schalk und Dankbarkeit. Die Augen glänzend. Auch Arthurs Lächeln vertiefte sich. „Du weißt hoffentlich, was du dir damit antust, oder?“, fragte Merlin und sein breites Lächeln wurde zu einem Grinsen. Sowohl Arthur als auch Merlin ignorierten das erschrockene Luftholen der anwesenden Adeligen und Ritter. Noch nie war es vorgekommen, dass jemand außerhalb der Königsfamilie ein Mitglied eben jener duzen durfte. Das es unter der Herrschaft von Arthur bereits seid langem anders lief, mussten die hohen Herrschaften nicht wissen. Es reichte, wenn es die wichtigsten Personen in Arthurs Leben wussten. Auch Arthur grinste. „Es kann nicht schlimmer werden, als es schon ist.“   Merlin und Arthur lachten beide, einen Arm um die Schulter des jeweils anderen gelegt, die verwunderten Blicke der Anwesenden störten sie nicht. Denn nun hatten sie es endlich vollkommen verinnerlicht, es voreinander und vor der Welt zugegeben. Sie waren Freunde. Beste Freunde. Brüder. Sollte es die ganze Welt erfahren… …und an ihrem Glück und ihrer Freude teilhaben.           ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~           Das Fest dauerte noch lange bis in die Nacht hinein. Es kamen keine offenen Fragen über das seltsame Verhalten von Arthur und Merlin auf, obwohl die Blicke der Gäste weiterhin fragend blieben. Arthur war nach seinen Worten an Merlin noch glücklicher, noch vergnügter als zu Beginn des Festes. Natürlich hatten ihn die Worte von Freya noch beschäftigt und die Schuld war nicht verflogen, doch Merlin war ihm nicht böse und scheinbar nie gewesen. Das Grinsen von Merlin und seine Worte zeigten Arthur, dass er ihm noch immer mehr vertraute als sonst jemanden und das Merlin weiterhin für Arthur kämpfen und sogar sterben würde. Genauso, wie Arthur es tun würde. Die Verbundenheit, welche sich zwischen Arthur und Merlin über all die Jahre gebildet hatte, war nicht nur aufgrund ihres gemeinsamen Schicksals entstanden. Sie hatten Seite an Seite gekämpft, gelacht, geweint. Sie waren verbundener, als sonst ein Mensch verstehen könnte. Sie waren zwei Seiten derselben Medaille, doch da war noch mehr. Es war, wie Arthur gesagt hatte. Sie waren Brüder. Es war ein großer Schritt für Arthur, vor anderen Leuten seine Gefühle so offenzulegen, aber es war das Mindeste, was er für Merlin tun konnte. In den nächsten Tagen würden sie zusammen mit Gwen, Freya und den Anderen reden, doch zu diesem Zeitpunkt wollten sie nur die Tatsache feiern, dass sie es alle gemeinsam geschafft hatten und lebten. Zusammen wollten sie den nächsten großen Schritt in Angriff nehmen und das Ziel erreichen, welches scheinbar ihr Schicksal war. Doch das würden sie in Zukunft angehen.   Viel mehr wollte Arthur den restlichen Abend genießen und hatte mit Gwen getanzt. Seine Frau hatte ihn erst noch skeptisch beäugt, aber es dauerte nicht lange und auch Gwen lachte wieder aus vollem Herzen. Ebenso Freya, welche ebenso von Merlin durch den Saal gewirbelt wurde, wie Arthur es mit Gwen tat. Gwaine ließ es sich nicht nehmen und löste Merlin einmal ab, der es mit einem breiten Grinsen zuließ. Denn er wusste, Freya würde sich gegen Gwaine behaupten können, wenn er mit seinen Sprüchen wieder einmal über die Strenge schlug. Merlin selbst hatte danach eine Unterhaltung mit Leon geführt, während Percival mit einem Ritter Armdrücken veranstaltete und Eyan ihn anfeuerte. Den restlichen Abend verbrachten die Freunde mit den Gästen in Heiterkeit, Freude und Spaß.   Jedes Fest endete jedoch irgendwann einmal und irgendwann, als die Kerzen beinahe völlig heruntergebrannt waren, begaben sich die letzten Feiernden in ihre Gemächer.       Merlin, der sich nicht so einfach von Freya trennen wollte, begleite sie in ihre Gemächer. Es waren ähnlich große Gemächer wie die der Adligen, welche im Schloss nächtigten, denn Arthur wollte sich auf diese Art und Weise für die Hilfe bedanken, die Altyssa und ihr Stamm Camelot zuteil werden ließ. Schließlich hatte Altyssa selbst um eine Unterbringung für Freya gebeten. Ein Feuer prasselte im Kamin. Eine Dienerin schien kurz vor ihrer Ankunft im Zimmer gewesen zu sein, um es zu entzünden. Im Zimmer war es wohlig warm. Die Wachen hatten am Morgen bereits all ihr Hab und Gut hierher gebracht. Das Kleid, welches Freya ursprünglich tragen wollte, lag zusammengefaltet auf einer Truhe, die vor dem Bett stand.   Merlin öffnete seine Jacke, während Freya ihren Mantel ablegte. Sie sahen sich an und beide wussten, sie wollten sich nicht trennen. Nach all der Zeit wollten sie einfach nur noch zusammen sein. Freya setzte sich auf das große Bett und seufzte. So viel Spaß sie auch gehabt hatte, sie war dennoch erschöpft. In diesem Moment wollte Freya nur ein wenig die Ruhe genießen. Aber das ganz gewiss nicht alleine. Freya deutete Merlin an, sich neben sie zu setzen. Merlin schluckte leicht, doch er kam ihrer Aufforderung nach. Ein wenig befangen fühlte er sich schon. Völlig alleine in einem Zimmer, in der Nacht. Mit der Frau, der er liebte... Merlins Ohren schienen zu glühen und sein Herz klopfte schneller. Als er neben ihr saß verging ein Moment, bis sich Merlin zusammenriss. Er drehte sich zu seiner Liebsten um und nahm Freyas Hände in seine. „Ich wünschte, dieser Abend würde niemals enden.“ So war es wirklich. Der Abend war wunderschön, voller Glück und Freude, Spaß und Liebe. Niemals zuvor hatte Merlin auf einem Fest so eine Hochgefühl verspürt. Und das nur wegen ihr. Freya lächelte sanft. Sanft erwiderte sie den Druck seiner Hände. „Ebenso wie ich.“ Sie hatten beide das Fest genossen. Merlin hatte Freya und seine Freunde um sich und Freya konnte sie kennenlernen. Sie hatte sich angeregt mit Gwen unterhalten und sie verstanden sich prächtig. Freya wusste nicht, wann sie das letzte Mal so viel Spaß hatte. Kurze Zeit herrscht Stille. Merlin schluckte leicht. Er wusste nicht, ob es richtig war, das Thema nun anzusprechen, doch er konnte nicht anders. Die Tatsache, dass Freya mit Arthur über die damaligen Geschehnisse gesprochen hatte, führte ihm noch etwas anderes vor Augen. Und er wollte seine Liebste nicht länger im Ungewissen lassen. „Freya“, beginnt Merlin unsicher, worauf Freya ihn verwundert ansah. „Ich weiß, es war immer dein Wunsch, nahe der Natur zu leben, so wie in deiner Kindheit. Nur wir beide. In einem kleinen Haus. An einem See. Umgeben von Wildblumen. Und es gibt nichts, was ich mir mehr wünschen würde. Aber…“ Merlin schlägt seinen Blick nieder. Er konnte Freya in diesem Moment nicht ansehen. „Ich weiß nicht, ob ich das kann.“ Merlin schämte sich beinahe. Er hätte damals ohne wenn und aber seine Sachen gepackt und war bereit, sich mit Freya irgendwo ein neues Leben aufzubauen. Weit weg von Camelot. Nur sie beide. Merlin war bereit, sein angebliches Schicksal einfach so wegzuwerfen, weil er die eine Frau gefunden hatte, die er mehr als alles andere liebte und mit ihr glücklich werden wollte. Doch es waren Jahre vergangen. Jahre, in denen Merlin sich seiner Pflicht, seinem Schicksal, noch mehr bewusst wurde, in denen die Freundschaft von Arthur und ihm sich vertiefte und zu einem festen Band wurde. Ebenso wie zu Gwen und den Anderen. Noch immer wünschte sich Merlin nichts sehnlicher, als ein Leben mit Freya zu führen, doch das war nicht mehr so einfach. Vielleicht war auch das ein Grund für Merlin gewesen, Arthur von all dem nichts zu erzählen. Merlin hätte seinem besten Freund diese Schwäche gestehen müssen, ihm beichten müssen, dass er ihn verlassen wollte, dass ihm Arthurs Schicksal und damit vielleicht auch sein Leben nicht wichtig genug war. Nicht so wichtig wie Freya jedenfalls. Etwas, was Merlin sauer aufstieß. Natürlich, Merlin liebte Freya. Mehr, als er in Worte fassen konnte. Und ein Leben mit ihr war alles, was er sich wünschte. Doch Merlin konnte nicht gehen. Nicht mehr.   „Mein Platz ist hier, an Arthurs Seite. Es herrscht zwar Frieden und das Gleichgewicht zwischen den Menschen und den Zauberern gedeiht immer mehr. Nur… er braucht mich. Sie alle brauchen mich. So wie ich sie brauche. Aber du - !“ Freya legte ihm einen Finger auf die Lippen. Sie unterbrach damit Merlins Redeschwall, seine Versuche, sich zu rechtfertigen. Denn das war nicht nötig. Ganz und gar nicht. Mit großen Augen sah Merlin Freya an. Sie lächelte. „Merlin.“ Freya sprach seinen Namen so sanft aus, so voller Gefühl. Es sandte angenehme Schauer über Merlins Rücken. Sie nahm ihren Finger von seinen Lippen und legte ihre Hand auf seine Wange. „Du bist hier Zuhause. Ich würde dich nie aus deiner Heimat zerren wollen, wenn du hier so glücklich bist. Und wenn du glücklich bist, dann bin ich es auch.“ Freya küsst ihn zärtlich auf die Lippen. Merlin seufzte und erwiderte den Kuss nur zu gerne. Als sie sich trennten, blitzten Freya Augen neckisch auf. „Wenn der König es erlaubt, dann würde ich gerne hier bleiben. Bei dir.“ Merlins Augen glänzten. Freya wusste es nicht, doch das Glück in ihm schäumte beinahe über. Freya akzeptierte seine Entscheidung und wollte trotzdem an seiner Seite bleiben. In Camelot. Merlin wusste, er würde ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen und für dieses wunderbare Geschenk danken. So lange er lebte. Merlin grinst breit. Sein ganzes Wesen glühte vor Freude und Glück. „Ich denke, dass wird kein Problem sein. Das bekomme ich hin.“ Ihm kam wieder die Idee in den Sinn, welche ihm am Nachmittag bereits in Gwens Gemächern durch den Kopf geschossen war. Und so viel Freude und Spaß wie die beiden Damen hatten, würde keine von beiden diesen Vorschlag ablehnen.   Nun war es Merlin, der sich vorbeugte, um Freya zu küssen. Sie all seine Dankbarkeit spüren zu lassen. Sie erwiderte sofort und schlang ihre Arme um seinen Nacken. Ihre Lippen auf seinen zu spüren, war jedes einzelne Mal ein mehr als berauschendes Gefühl, welches niemals an Kraft verlor. Es wurde nur noch stärker. Hitze stieg in Merlin auf und seine Gedanken verschleierten sich. Das Spiel ihrer Lippen wurde leidenschaftlicher, sein Körper kribbelte. Die Empfindungen in Merlin nahmen langsam Überhand. Er legte seine Hände auf ihren Rücken und drückte sie näher an sich. Er wollte Freya nahe sein. Noch viel, viel näher. „Doch… im Moment… will ich… nur dich…“, brachte Merlin zwischen den Küssen keuchend hervor. Kaum hatte Merlin diese Worte ausgesprochen, waren sie ihm schon wieder peinlich. Seine Gedanken klärten sich langsam und beschämt riss er die Augen auf. Röte brannte auf seinen Wangen, seine Ohren glühten. Wie konnte er so etwas nur sagen? Merlin hörte doch selbst, wonach sich diese Worte anhörten. Auch… wenn er nicht abgeneigt war. Merlin kniff die Augen zusammen. Er schämte sich maßlos und wollte sich bereits abwenden. Erst eine federleichte Berührung an seiner Wange ließ Merlin aufblicken. Verliebte, warme Augen sahen ihn an. Begierde war darin zu sehen, die Merlin den Atem raubte. „Ich bin dein…“, sagte Freya leise. Ein zarter Rotton hatte sich auf ihre Wangen gelegt, ihre Augen glänzten und ein kleines Lächeln zierte ihre Lippen. Noch niemals hatte Merlin etwas so Schönes gesehen. „Und du bist mein.“ Merlin sah ihr verträumt ins Gesicht. Die Hitze strömte noch stärker durch seinen Körper, ließ ihn vor Leidenschaft fast verbrennen. Sein Denken schien sich langsam abermals zu verabschieden und Merlin kümmerte es nicht. Freya wollte ihn genauso sehr, wie er sie wollte. Das war alles, was im Moment zählte. „Keine Einwände…“, murmelte Merlin noch leise, bevor er sich abermals vorbeugte, um sie zu küssen. Sie weckte Gefühle in ihm, die er nie zuvor gespürt hatte. So neu und aufregend. Und Merlin hoffte, dass er auch in Freya diese Gefühle auslöste. Langsam ließ Merlin sich mit Freya in die weichen Kissen sinken, während sie sich küssten. Als sie schwer atmend trennten, brauchten sie einen Moment. Sie sahen einander nur an, einen unmessbaren langen Moment, bis Merlin aufblickte. Ein goldenes Leuchten erschien in seinen Augen. Mit einem Klicken schob sich der Riegel vor die Tür. Merlin sah wieder runter zu Freya und grinste spitzbübisch. „Damit wir ungestört sind.“ Auch Freya lächelte. Sanft fing Merlin an sie zu küssen. Seine Lippen strichen vorsichtig ihre Wangen entlang und ihren Hals herunter. Seine Hände wanderten vorsichtig unter den Stoff ihres Kleides. Auch Freya war nicht untätig und streifte ihm seine Jacke ab. Als sein Hemd folgte strich sie über seinen Bauch, worauf Merlin zusammenzuckte. Es war eine ungewohnte und seltsame Berührung und doch genoss er sie sehr. Sanft fuhren ihre Finger über einige Narben, die seinen Körper zierten, worauf er leicht stöhnte. „Ich liebe dich… ich liebe dich so sehr…“ Immer leidenschaftlicher wurde ihr Spiel, bis sie sich einander völlig hingaben. Der Schein des Feuers tanzte auf ihrer Haut, während Merlin ihren Hals küsste und sich Freya voller Lust in seinen Rücken krallte.   Es war ihre erste gemeinsame Nacht. Und sie beide wussten, dass sie diese niemals vergessen würden.         Epilog: Eine neue Ära --------------------- Zwei Lieder zum Hören Ein bisschen mit mystischen Flair https://www.youtube.com/watch?v=aL8kZ-iVk90 Für ein wenig Romantik https://www.youtube.com/watch?v=9RbcR_KSRB8 Epilog - Eine neue Ära Die Strahlen der Sonne tauchten Camelot in helles, goldenes Licht. In den Straßen tummelten sich die Menschen, die die Kunststücke von Zauberern bestaunten, welche ihr Können zum Besten gaben. Lachende und jubelnde Kinder liefen umher, um sich jedes mögliche Kunststück anzusehen. Manchmal zeigten die Kinder auch zum Himmel, sobald ein Schatten über sie hinwegflog, und winkten. Die weißen Schuppen von Aithusa glitzerten in der Sonne, wenn sie über die Stadt flog, um mit eigenen Augen den Frieden zu sehen, den sie alle gemeinsam in ihrem Land erschaffen hatten. Heute allerdings wollte Aithusa noch etwas anderes sehen. Etwas überaus Wichtiges und ausgesprochen Erfreuliches. Geschäftiges Treiben war auf den Straßen zu sehen. Händler lieferten ihre Ware ins Schloss, Diener und Mägde liefen umher und überprüften letzte Details oder richteten die Dekoration. Eine Feier wurde veranstaltet, die ganz Camelot beinahe sehnsüchtig erwartet hatte. Ritter patrouillierten durch die Straßen, obwohl es kaum nötig war. Niemand hatte an diesem Tag vor, Ärger zu machen, viel zu sehr freuten sich alle auf dieses Ereignis. Zu lange hatte ihr Held im Dunkeln gestanden, hatte so viele Jahre alleine verbracht, hatte nur selten einen Dank erhalten. Heute würde er endlich den Höhepunkt seines Glücks finden, endlich den Preis für seine Taten erhalten und das hatte er mehr als verdient. Es war daher ein ganz besonderer Tag in Camelot und sie alle wollten, dass es ein perfekter Tag wurde. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ So sehr Arthur es immer wieder bestritten und verleumdet hatte (was er auch immer noch tun würde), Merlin war kein schlechter Diener. Er wusste sich meistens zu benehmen und stand still hinter seinem Herrn, bis dieser etwas brauchte oder nach seinem Diener verlangte. Auch heute stand Merlin stramm da, die Arme hinter dem Rücken verschränkt und wartend, auch wenn er seid langem kein richtiger Diener mehr war. Merlin stand Arthur und Gwen gegenüber, welche vor ihren Thronen standen. Noch immer kümmerte Merlin sich teils um den König, auch wenn die meisten seiner Pflichten von George übernommen wurden. Schließlich galt seine Aufmerksamkeit als Berater des Königs vielen Dingen, da konnte er nicht gleichzeitig noch ein Diener sein. Und die Aufgabe als Arthurs Berater hatte Merlin, nach anfänglichen Schwierigkeiten, zur vollsten Zufriedenheit des Königspaares angenommen und verinnerlicht. Es schien nichts zu geben, mit dem dieser junge Mann nicht fertig zu werden schien. Doch heute sah man Merlin seine Aufregung deutlich an. Hibbelig wie selten wippte er auf und ab, knetete seine Hände und sah immer wieder an sich herunter, fummelte an seiner Kleidung und stricht sich durch die Haare. Merlin schien keine Sekunde still halten zu können. Ein Anblick, den wahrscheinlich noch niemand je gesehen hatte. Der Mann, der Camelot so oft gerettet, sich gegen bösartige Zauberer und Hexen gestellt und wilde Bestien bezwungen hatte, der nicht einmal den Tod fürchtete... In diesem Moment sah es so aus, als würde genau dieser Mann vor Anspannung und Nervosität gleich in Ohnmacht fallen. Arthur grinste. Der König musste zugeben, dass er Merlin sehr gut verstehen konnte. Man konnte es ihm zwar damals nicht ansehen, doch Arthur war ebenfalls ein nervliches Wrack gewesen. Unendlich viele Zweifel wirbeln in einem umher, ebenso unzählige Fragen. In einem solchen Moment kam jede Unsicherheit hervor und jede noch so absurde Vorstellung, was Schlimmes passieren könnte, schien Realität werden zu können. Sein Blick wanderte wie von selbst zu seiner Frau. Gwan stand neben ihrem Mann und auch ihr sah man deutlich die Freude an. Ihre Augen schimmerten und sie strahlte, als sie in diesem Moment zu ihrem Gemahl sah. Arthur und Gwen hatten in der Vergangenheit mehr als eine Hürde meistern zu müssen, hatten ihre gesamte Zukunft zusammen beinahe verloren. Es gab Zweifel, Unsicherheiten, Fragen und Streit. Doch sie haben letztendlich alles Schlechte hinter sich gelassen, die bösen Mächte vertrieben, die sie auseinanderreißen wollten und Arthur und Gwen haben sich zusammen ein Leben voller Liebe aufbauen können. Im Nachhinein betrachtet gab nie wirklich einen Grund für die beiden, an diesem einen Schritt zu zweifeln. Ebenso wenig, wie es nun der Fall sein würde. Merlin und Freya würde keine Macht der Welt auseinanderbringen. Und nichts und niemand konnte sie an diesem Tag davon abhalten, sich endlich zu vermählen. Denn endlich war dieser für ganz Camelot freudig erwartete Tag gekommen. Merlin und Freya würden heiraten. Arthur blickte zu Hunith, welche neben Gaius stand und sich gerade mit einem Stofftuch die Tränen aus den Augen wischte. Unglaubliche Freude war in ihrem Gesicht zu sehen, die Tränen des Glücks wollten einfach nicht aufhören zu fließen. Gaius, welcher neben Hunith stand, tätschelte ihr mit einem gütigen Lächeln die Schulter. Arthur erinnerte sich noch genau an die Geschichte von dem ersten Aufeinandertreffen von Hunith und Freya. Gleich am nächsten Morgen nach dem Fest hatte Merlin Freya seiner Mutter vorgestellt. Er hatte ihr die komplette Geschichte erzählt, wie Merlin Freya kennengelernt hatte, was alles geschehen war und dass er die Absicht hatte, mit Freya sein restliches Leben zu verbringen und er sie eines Tages heiraten würde. Während Freya bei den letzten Worten leicht rote Wangen bekam, hielt Hunith ihrem Sohn erst einmal eine Strafpredigt darüber, wie er es wagen konnte, seiner eigenen Mutter Freya nicht bereits am Tag des Festes vorgestellt zu haben. Hunith schien die ganze Geschichte besser verkraftet zu haben als Arthur, denn sie hatte zwar Tränen in den Augen, doch die Freude, ihren Sohn und Freya so glücklich zu sehen und es scheinbar ein glückliches Ende für sie beide gab, überwog alles andere. Ebenso allerdings auch der Ärger, dass sie scheinbar als letzte Person davon erfahren hatte. Merlins Ohren färbten sich rot und er schämte sich zutiefst. Hatte er am Vortag daran überhaupt nicht gedacht. Er entschuldigte sich unzählige Male bei seiner Mutter, doch diese blieb stur. Als Hunith ihm daraufhin zur Strafe mit einem Holzlöffel auf den Kopf schlug und Merlin sich mit zerknirschter Miene den Kopf rieb, begann Freya zu lachen. Hunith und Merlin sahen verwundert zu ihr, bevor auch Hunith begann zu lachen. Schwupp, das Eis war gebrochen und Mutter und zukünftige Schwiegertochter verstanden sich blendend. Arthur grinste aufgrund dieser Erinnerung. Merlin, welcher das Grinsen seines besten Freundes sah, zog fragen eine Augenbraue hoch, vergaß dabei völlig, weiter zu wippen. Arthur grinste jedoch nur breiter und nickte mit seinem Kopf in eine bestimmte Richtung. Als Merlins Blick dem Zeig folgte und seine Mutter erblickte, seufzte er geschlagen und ließ die Schultern sinken. Noch lange hatte seine Mutter ihm vorgehalten, dass er ihr Freya als Letztes vorgestellt hatte Merlin hoffte inständig, dass seine Mutter nach dem heutigen Tag weniger nachtragend ihm gegenüber sein würde. Auch Gwen, welche die Blicke zwischen ihrem Mann und Merlin beobachtet hatte, lächelte. Sie erinnerte sich an ihre eigene Hochzeit mit Arthur und wie sehr sie sich gefreut hatte, wie glücklich sie war, obwohl die Anspannung ihr damals beinahe den Atem nahm. Damals hatte Merlin ihr so gut es ging Mut gemacht und stand ihr zur Seite. Ihr und Arthur. Merlin half ihnen, zueinander zu finden, Zeit zu zweit zu genießen und als ihre Beziehung noch ein Geheimnis war, tat er alles, um sie zu decken. Merlin gönnte ihnen ihr Glück von Herzen und tat alles, damit sie endlich ein gemeinsames Leben führen konnten. Nun waren sie an der Reihe. Arthur versuchte Merlin gut zuzureden, was schon ein komisches Bild war, wenn man bedachte, dass es sonst genau andersherum war. Arthut war nie ein Mann großer Worte, doch mit den Jahren hatten er und Merlin gelernt, auch ohne viele Worte genau zu wissen, was ihr Freund meinte. Und Merlin war dankbar für seine wenigen, doch mehr als wahren und ernstgemeinten Worte. Währenddessen sprach Gwen mit Freya. Versuchte ihr jeden Zweifel zu nehmen, den die junge Frau vielleicht in sich trug. Denn auch, wenn man jemanden von ganzem Herzen liebte, die Furcht vor dem Ungewissen und der im Dunkeln liegenden Zukunft verunsicherte dennoch. Und bei allem, was die beiden durchgemacht hatten, war mit Sicherheit die Angst vorhanden, jemals wieder getrennt zu werden. Ein leichter Schauer überkam Gwen, als sie an die Geschehnisse dachte, die Merlin und Freya verband. An ihre tragische Liebesgeschichte. Gwen hatte geweint, so sehr geweint, als sie die Wahrheit erfuhr. Der Schock war groß unter den Freunden. Umso dankbarer waren sie für die Tatsache, dass Merlin und Freya nun endlich zusammen ihr Leben leben konnten. Und umso mehr wollten die Freunde von Merlin, die nach und nach auch die Freunde von Freya wurden, die beiden unterstützen. Für viele mag es beinahe ein Untat sein, dass die Königin höchstselbst jemandem in dieser Angelegenheit zur Seite stand, aber das interessierte Gwen nicht. Sie wollte für Merlin und Freya da sein, so wie sie es einst versprochen hatte und das war nur eine Kleinigkeit im Gegenzug zu all dem, was Merlin alles für sie getan hatte. Und auch Freya, wie sie erfahren hatte. Schließlich war es mitunter der jungen Frau zu verdanken, dass Merlin wieder unter ihnen weilte. Und außerdem... was wäre Gwen für eine Freundin, wenn sie ihrer Zofe und bester Freundin Freya nicht helfen würde? Das Lächeln von Gwen vertiefte sich. Als Merlin damals diesen Vorschlag machte, war Gwen überglücklich. Schon lange hatte sie keine richtige Zofe mehr. Viel zu sehr war Gwen noch in ihrem alten Verhalten geblieben, alles selber zu machen. Ab und an wurde ihr geholfen oder Dinge für sie erledigt, doch vieles hatte Gwen selber gemacht. Mit Freya kam nun eine weitere Frau in Gwens Leben, der sie bedingungslos vertrauen konnte. Sie konnte mit Hunith reden, ihren Rat einholen, sicher. Mit Freya waren die Möglichkeiten nochmal andere. Mit einer jungen, beinahe gleichaltrigen Frau reden zu können, ohne Gewissensbisse, Vorurteile oder Geheimnisse hatte Gwen vermisst. Umso dankbarer war sie, dass ihr mit Freya diese Möglichkeit gegeben wurde. Die beiden Frauen verstanden sich prächtig, wurden vertraut miteinander, wurden zu besten Freundinnen. Als Merlin dann schlussendlich verkündete, dass er Freya irgendwann heiraten würde, hatte Gwen nichts mehr halten können. Sie war ihrem besten Freund und Freya um den Hals gefallen. Tränen der Freude in den Augen und das Herz überschäumend vor Glück. Natürlich, auch Gwen hatten die vergangenen Ereignisse bezüglich Merlin und Freya schockiert, sie war voller Trauer, Schmerz und Mitleid, doch dass gehörte alles der Vergangenheit an. Sie wollten alle gemeinsam in die Zukunft blicken. Gwen versprach Merlin und Freya eine Hochzeit, die sie verdienten. Arthur, welcher Merlin nach dieser Verkündung umarmt hatte, grinste breit und nickte. Gwen Augen wanderten zu Merlin, welcher abermals an seinem Kragen herumfummelte. Diese so ungewohnte Nervosität seitens Merlin belustigte die Königin. Es war nur natürlich, dass man vor diesem Schritt aufgeregt war, doch dafür gab es keinen Grund. Merlin und Freya gehörten zusammen. Und das würde niemand jemals ändern können. Da öffnet sich plötzlich die große Flügeltür des Saals und alle Blicke richteten sich auf die Tür. Merlin hingegen zuckte zusammen. Sein Herz raste, seine Hände waren schwitzig und die Anspannung haute ihn beinahe von den Füßen. Er atmete tief durch und versuchte sich zu beruhigen. Mit wild klopfendem Herzen blickte Merlin zur Tür und alles war mit einem Mal vergessen. Dort war Freya. Sie trug ein langes roten Kleid aus fließender Seide mit goldenen gestickten Ornamenten und einem mit silbernen Fäden durchzogenen Saum. Ihr schwarzes Haar fiel in langen, weichen Locken herunter, durchzogen von einigen feinen Zöpfen. Auf ihrem Haupt trug sie ein goldenes Diadem mit einem kleinen Rubin. Ihre komplette Ausstrahlung bedeutete pure Freude. Ihr Lächeln war sanft und ihre Augen leuchteten. In diesem Moment sah Merlin die schönste Frau der ganzen Welt. Freya schritt wie eine Königin durch den Saal, in denen ihre Freunde versammelt waren, um diesem freudigen Ereignis beizuwohnen. Arthur und Gwen, welches als Königspaar dieses Paar den Segen von ganz Camelot geben wollte und als bester Freund und beste Freundin quasi als Trauzeugen fungierten. Hunith, welche weinte und doch so unglaublich glücklich aussah und sich über alle Maßen für ihren Sohn freute. Gaius neben ihr, der voller Stolz auf seinen Schützling blickte, der so viel in seinem Leben durchmachen musste und verloren hatte, nur um nun endlich sein Glück zu finden. Leon, Gwaine, Percival und Elyan in ihrer vollen Rüstung, um somit gleichzeitig das Versprechen zu geben, Merlin und Freya zu beschützen, koste es, was es wolle. Aithusa, welche in der Nähe von Gwen saß, reckte stolz die Brust. Noch niemals zuvor war es vorgekommen, dass ein magisches Wesen sich in diesem Schloss aufhalten durfte, doch Aithusa war kein gewöhnlicher Drache mehr. Sie war dem Volk vorgestellt worden, als Beschützerin von Camelot und ganz besonders der Königin. Sie konnte sich im Schloss frei bewegen, so lange es ihr noch möglich war. Aithusa liebte ihre Freiheit und kam nur selten ins Schloss, doch diesen besonderen Tag und diesen Anlass, die Hochzeit ihres Bruders und der Herrin vom See, würde sie um nichts in der Welt verpassen wollen. Es waren nur wenige Leute, dich wichtigsten Personen in Merlins Leben, doch die Freude, die sie alle empfanden, die den Raum füllte... sie war so viel größer als das gesamte Königreich. Freya stellte sich neben Merlin. Ihr Lächeln brachte seinen Körper zum Beben. Merlin hob die Hände, um ihre zu umfassen. Seine Augen verließen nicht eine Sekunde die ihren. Keiner von beiden sagte ein Wort, doch das war in diesem Moment nicht nötig. Geoffrey trat vor. Er würde die Trauung übernehmen. Es war bereits mehr als eine Ehre, dass der König und die Königin selbst dabei waren, doch das die Trauung auch im Thronsaal stattfand, so wie eine königliche Krönung oder ähnlich wichtige Ereignisse... das war ein Privileg, was niemandem zuvor vergönnt gewesen war. Angesichts der Heldentaten und ihrer Freundschaft zu Merlin eine Geste, die in den Augen Arthurs und Gwens beinahe eine Nichtigkeit war. Geoffrey dankte den Gästen für ihr Kommen, hob nochmal die Tapferkeit und die Selbstlosigkeit von Merlin hervor. Er sprach einige Worte, doch davon bekamen sowohl Merlin als auch Freya kaum etwas mit. Viel zu sehr war er damit beschäftigt Freya anzusehen. Merlin war sich sicher, wenn sein Herz ihr nicht schon lange unwiderruflich gehören würde, dann würde er sich spätestens jetzt endgültig in sie verlieben. Alle Zweifel, alle Fragen, alles, was in Merlin zuvor umhergewirbelt war, war nun völlig verschwunden. Wenn Merlin Freya ansah, die Liebe in ihren Augen, die Reinheit ihrer Seele, ihre Magie, welche zusammen mit seiner Magie sang und harmonierte... dann wusste Merlin ganz sicher, dass er sie gefunden hatte. Freya. Sie war seine Freude, seine Seelenverwandte, sein Leben. Freya war die Frau, welche Merlin für immer an seiner Seite wissen wollte und der er gehörte. Auch Arthur und Gwen bemerkten, dass weder Merlin noch Freya großes Interesse für die Worte von Geoffrey zeigten, doch es war ihnen gleich. Arthur und Gwen waren selbst von der ganzen Szene gerührt und vollkommen eingenommen. Gwen weinte, ein seliges Lächeln auf den Lippen. Selbst Arthur spürte das Brennen in seinen Augen. Er griff nach Gwens Hand, welche den sanften Druck erwiderte, doch sie sahen sich nicht an. In diesem Moment wollten sowohl König und Königin nur das Glück ihrer besten Freunde vor Augen haben. Merlin sah Freya an, als wäre sie das einzig Wichtige auf der Welt und Freya erwiderte seinen Blick, als würde sie ihn über allem anderen wählen. Als Geoffrey endete, herrschte kurz Stille. Merlin und Freya sagten nur Eines. „Ja, ich will.“ Geoffrey lächelte, als er stolz verkündete „Dann erkläre ich Euch hiermit zu Mann und Frau.“ Arthur besah sich den jungen Mann, seinen besten Freund, seinen Bruder, welcher strahlend vor Glück seine Frau in den Armen hielt und sie küsste. Jubel erschallte in dem Saal, viel lauter, als es bei den wenigen Menschen möglich sein sollte. Klatschen war zu hören. Gwaine pfiff anerkennend, Aithusa fauchte fröhlich und schlug freudig mit den Flügeln. Auch Arthur klatschte, seine Freude kaum zu beschreiben, während Gwen schluchzte und ebenfalls applaudierte. Das Licht strahlte hell durch die Fenster und verlieh dem gesamten Raum einen mystischen Glanz. Und als Arthur Merlin sah, so freudig und glücklich wie noch niemals zuvor, ein breites Grinsen im Gesicht, mit der Sonne um die Wette leuchtend, da wurde es ihm klar. In diesem Moment, wo er den Menschen ansah, der das alles ermöglicht hatte und ihn nun voller Glück anstrahlte, wusste Arthur das alles richtig war. Arthur konnte bis heute nicht erklären, was genau es war. Diese Selbstlosigkeit, die aufmüpfige Art, der meist fehlende Respekt, das freundliche Zuvorkommen, das unerschütterliche Vertrauen. Es gab so viele Möglichkeiten und vielleicht war auch alles an Merlin ein Grund. Arthut wusste nur, dass er sich durch Merlin verändert hatte. Er war anders als sein Vater, regierte anders. Wo sein Vater eiskalt war, begegnete Arthur Problemen mit Gefühl und Logik. Sicher, Arthur musste in seiner kurzen Amtszeit als König viele Hürden überwinden und Katastrophen gegenüberstehen. Mehr, als er je als Prinz sah. Doch den Weg den er eingeschlagen hatte, war der Richtige. Nicht nur sein Gefühl sagte ihm das. Auch Gwen, die er nach so vielen Hürden endlich seine Frau nennen durfte und seine Freunde, die ihm näher standen als es sein Vater jemals konnte, sagten ihm das. Wenn nicht mit Worten, dann mit ihren Blicken. Und auch das Volk sah zu ihrem König auf wie nie zuvor. Sie liebten ihren König und ihre Königin. Es herrschte Frieden, wie sie ihn nie für möglich gehalten hatten. Ein Gefühl der Wärme stieg in Arthur auf. Das alles... Das Schicksal von Camelot war dabei, sich zu erfüllen. Es war ein friedliches Königreich geworden, ein Ort, der Licht bedeutete und auch Licht hervorbrachte. Sie waren alle auf dem besten Weg in eine goldene Zukunft. Und das sie den Frieden erreichen konnten, den die Alte Religion scheinbar anstrebte, und dessen König Arthur sein sollte... Daran glaubten sie alle. Sie würden dieses Ziel erreichen, wenn sie weiter auf diesem Weg blieben. Auf dem Weg, den Merlin ihnen gezeigt hatte. Merlin selbst war ein Geheimnis, das wohl niemand jemals gänzlich würde lösen können, doch Arthur wusste genug über Merlin, um ihm mehr als jedem anderen Menschen zu vertrauen. Arthur wusste nicht, wer Merlin sein sollte, aber er wusste ganz genau, wer Merlin war. Der Held von Camelot. Der mächtigste aller Zauberer. Der letzte Drachenmeister. Der Beschützer des Königs. Ihr aller Freund. Und, was immer noch am Wichtigsten war... Merlin war Arthurs bester Freund. Sein Bruder. Sein Seelenverwandter. Sie waren zwei Seiten derselben Medaille. Und daran würde sich auch nichts ändern. Niemals. Egal, wie sehr der Schwarzhaarige dem König auf die Nerven gehen würde, egal, was dieser für eine große Klappe haben würde. Egal, was Merlin ausfressen würde. Merlin war an seiner Seite. Immer. Merlin war für Arthur da. Egal wann oder wo. Wann immer Arthur ihn brauchte, stand Merlin ihm bei. Obwohl zu seiner Ankunft in Camelot jeder Moment Merlins Tod hätte bedeuten können, weil er ein Zauberer war, so hatte Merlin niemals seine Aufgabe aus den Augen gelassen und Arthur beschützt. Und noch mehr als das. Er wurde der beste Freund von Arthur, stand ihm zur Seite und fing ihn auf, wann immer der auserwählte König zu fallen drohte. Sie waren füreinander da. Bis zum Tod. Das alles, weil es diesen verrückten, Magiebegabten Kerl namens Merlin nach Camelot getrieben hatte und das Schicksal ihn in Arthurs Arme laufen ließ. Sie waren Freunde und würden Freunde bleiben. Bis zum Ende der Zeit. Der König lächelte breit. Und Arthur würde es sich nie anders wünschen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)