Merlin von LenaVanTionas (Das Schicksal von Camelot) ================================================================================ Kapitel 7: Eine wichtige Bitte ------------------------------ Hey Leute! Und schon steht ein neues Kapi an! Ich konnte mich mit dem Schreiben einfach nicht zusammenreißen! XD Viel Spaß! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kapitel 7 - Eine wichtige Bitte Die Nacht war längst hereingebrochen. Es war ruhig und nur die nächtlichen Geräusche des Waldes waren zu hören. Guinevere und die Ritter hatten sich bereits zur Ruhe begeben und schliefen. Leise schnarchten Percival und Gwaine um die Wette. Gwen hatte sich an die Seite ihres Mannes gekuschelt und atmete ruhig und gleichmäßig. Nur Arthur fand keinen Schlaf. Er war der Meinung, wenn sie bereits am Tag angegriffen wurden, dann sollte er erst Recht in der Nacht ein wachsames Auge auf alle haben. Zudem… plagten ihn noch immer Schuldgefühle. Es machte ihn wütend, dass er nichts tun konnte, um den Angriff auf seine Frau, welcher dann seinen Diener traf, zu verhindern. Ja, er hatte ihn ja noch nicht einmal kommen sehen! Immer wieder liefen diese Bilder vor seinem inneren Auge ab. Wie er und die Anderen zu Merlin sahen, als dieser seinen Blick senkte und sie allesamt den Pfeil anstarrten, welcher sich in den schlaksigen Körper des Schwarzhaarigen gegraben hatte. Die Schmerzen, welche Merlin gehabt haben musste und dann sein Zusammensacken… Arthur erschauderte. Er fand einfach keine Ruhe. Also beschloss er, sich wieder zu erheben. Vorsichtig, um Gwen nicht zu wecken, wand er sich aus ihren Armen, welche sie im Schlaf um ihn geschlungen hatte und stand auf. Sie erwachte glücklicherweise auch nicht, sondern kuschelte sich selbst noch weiter zusammen und schlief seelenruhig weiter. Der König bewunderte sie für ihre Ruhe. Er wusste, dass sie sich ebenfalls Vorwürfe machte und die Schuld gab, was mit Merlin passiert war. Schließlich war sie das eigentliche Ziel dieses Pfeils. Arthur seufzte. Egal was geschah, keiner von ihnen konnte es wieder rückgängig machen. Sie konnten alle von Glück sagen, dass nichts schlimmeres passiert war. Mit gemächlichen Schritten ging der Blonde leise durch das Lager und setzte sich an einen Baum. Genau an den Baum, unter welchem sich sein bester Freund befand. Und so hielt er Wache. An der Seite von Merlin. Der Mond schien hell an diesem Abend, keine Wolke verdeckte sein Licht und so war es für Arthur kein Problem in dem Wald etwas zu sehen. Es war ruhig und so konnte sich Arthur seine Gedanken machen. In dem Moment seufzte Merlin leise im Schlaf und versuchte, sich auf die Seite zu drehen. Die Bewegung war schwerfällig und er brach sie mittendrin mit einem leisen Zischen ab und legte sich wieder auf den Rücken. Anscheinend war es ihm zu anstrengend und zu schmerzhaft. Arthur biss die Zähne zusammen und ballte seine Fäuste. Er sah in das schlafende Gesicht seines Dieners. Es war blass und fahl, so wie es auf dem roten Umhang von Gwaine lag, welcher als Kissen fungierte. Merlin sah so erschöpft und schwach aus, dass Arthur gar nicht anders konnte, als sich schuldig zu fühlen. Sein Kiefer mahlte. Der Atem des Dieners war ruhig und doch machte es den König wütend. Sein Freund war so wehrlos in seiner Erschöpfung. „Es tut mir Leid“, sagte Arthur leise und seine Stimme klang ebenso ernst wie aufrichtig. „Hätte ich besser aufgepasst, dann wären weder du noch Guinevere oder die Anderen in Gefahr geraten.“ Er war sich im Klaren darüber, dass sein Freund ihn nicht hören konnte, doch es erleichterte ihn um einiges, diese Worte zu sagen und sich zu entschuldigen. Auch wenn er sie wiederholen sollte, wenn Merlin ihm wieder antworten konnte. Merlin konnte die Worte seines Herrn und Freundes an dem Ort, an welchem er war, tatsächlich nicht hören. Er hörte gar nichts. Doch dafür sah er etwas. „Wer seid Ihr?“, wollte er wissen und starrte die vermummte Gestalt an, welche  ein paar Meter entfernt von ihm stand. Als die Müdigkeit ihn übermannt hatte, nachdem Gwen seine Verletzung behandelt hatte, driftete er in einen traumlosen Schlaf ab. Doch dieser währte nur für wenige Sekunden, so wie es ihm vorkam. Denn nur Augenblicke schienen vergangen zu sein, als er seine Augen wieder öffnete. Er lag nicht mehr an einen Baum gelehnt auf einer Lichtung. Es war auch nicht Abend. Nein, es schien Tag zu sein, jedenfalls wenn man der Helligkeit, welche durch den dichten Nebel drang, welcher um ihn lag, Glauben schenken konnte. Der Diener konnte nur ein paar Meter weit sehen. Er sah sich um. Niemand war zu sehen. Weder Arthur, noch Gwen. Auch von den Rittern fehlte jede Spur. Nur diese vermummte Gestalt vor ihm war zu sehen. Sorge stieg in Merlin auf. Wo waren die Anderen? Waren sie fort? Oder war er gar an einem anderen Ort? Doch wie er feststellte war es dieselbe Lichtung, auf welcher er stand. Die, auf welcher er und seine Freunde Rast gemacht hatten, nachdem er verletzt wurde. Wie von selbst legte Merlin eine Hand auf seine Seite, in welcher der Pfeil zuvor steckte. Doch der Zauberer spürte nichts. Keinen Schmerz. Alles was er unter seinen Fingern spürte, war der Stoff seines Hemdes und darunter verborgen der Verband. Kurz ließ er seinen Blick schweifen, bevor Merlin ihn auf den Fremden richtete. „Wer seid Ihr?“, wiederholte er seine Frage. Er hatte keine Ahnung, wer dort vor ihm stehen könnte. Es war ein Mensch und augenscheinlich ein Mann, soweit er sagen konnte. Er trug einen schwarzen Umhang, welcher bereits alt und zerfleddert aussah. Er hatte Löcher, war an den Enden ausgefranst, Risse zogen sich durch den schwarzen Stoff. Seine Kapuze hing ihm tief ins Gesicht, sodass Merlin gerade einmal den Mund des Mannes sehen konnte. Merlin wusste nicht warum, doch ein seltsames beklemmendes Gefühl ergriff ihn bei dem Anblick dieses Mannes. Oder eher dieses Wesens. Nur zu deutlich spürte er die Macht, welche von dem Mann auszugehen schien. Stark, mächtig und… alt. Die Magie, welche seinem Gegenüber inne wohnte, war alt und Merlin spürte nur zu deutlich, wie sich seine Magie an dieses Gefühl, welches in ihm ausgelöst wurde, erinnerte. Irgendwo hatte er bereits eine ähnliche Macht und Ausstrahlung gespürt. Doch er wusste nicht genau, woher dieses Gefühl kam. Mit zusammengezogenen Augenbrauen betrachtete Merlin den Mann und wartete auf eine Antwort. Der Fremde hatte seinen Kopf gesenkt, während Merlin sich seine Umgebung näher besehen hatte. Als er zum wiederholten Male angesprochen wurde hob er seinen Kopf und schaute zu seinem Gegenüber. Noch immer war der größte Teil seines Gesichtes im Schatten verborgen. Nur die Partie des Mundes blieb Merlin nicht verborgen und er sah, dass die Haut kränklich blass war, dennoch glatt und ohne Falten. Unter der Kapuze schien sich ein junges Gesicht zu verstecken. Leicht neigte der Mann seinen Kopf, als er mit einer Stimme zu sprechen begann, welche so alt klang wie er scheinbar selbst war, auch wenn er nicht danach aussah. Eine tiefe, rauchige Stimme voller Weisheit, Autorität und Macht. „Man nennt mich Calest, den Wächter über die Sterbenden.“ Merlin runzelte die Stirn und sah die vermummte Gestalt fragend an. „Ihr kümmert Euch um die Sterbenden?“ Calest nickte, doch dann legte er leicht den Kopf schief. „Ich erscheine nur den auserwählten Wesen, vom Schicksal gezeichnet und bereits mit einem Fuß in der Welt der Toten, ohne Chance, wieder aus dem Schleier hinauszutreten.“ Er klang erklärend und schien seine Worte sehr genau zu wählen. Vermutlich, weil es nicht oft vorkam, dass jemand mit ihm sprach. „Wie ich weiß, seit Ihr bereits meinem Gegenpart, meiner Schwester, wenn Ihr so wollt, begegnet. Die Cailleach.“ Merlin nickte daraufhin. Deswegen kam ihm diese Macht also so bekannt vor. Er erinnerte sich. Die Cailleach. Die Wächterin über die Toten. Die alte Frau, welche er damals traf, als er den Schleier zur Geisterwelt, aus denen die Dorocha strömten, wieder schließen wollte. Nun stand er also ihrem `Bruder´ gegenüber. Calest. Der - Plötzlich schienen die Worte gänzlich zu Merlin durchgedrungen zu sein, denn er zog scharf die Luft ein und riss seine Augen auf. Er taumelte einen Schritt zurück. „Wächter über die Sterbenden?!“, wiederholte er krächzend und seine Hand legte sich ruckartig an seine Seite, in welche der Pfeil eingeschlagen war. Diese Verletzung konnte doch nicht wirklich seinen Tod bedeuten. Oder doch? Verzweiflung machte sich in ihm breit. Er konnte nicht sterben! Er musste Arthur und Camelot beschützen! Besonders jetzt, wo Morgana solch eine mächtige Kreatur an ihrer Seite hatte. Er hatte ein Schicksal zu erfüllen! Über die wachsende Verzweiflung des Schwarzhaarigen konnte der Wächter nur lauthals lachen. Obgleich seine Stimme rauchig klang, war sie doch in Gewisserweise hell und ehrlich erfreut, als er lachte. „Bitte beruhige dich, Emrys“, sagte er und lächelte noch immer. Er schien sich wirklich über Merlins Reaktion zu erfreuen. Dies blieb natürlich auch dem Schwarzhaarigen nicht verborgen. Wütend blitzten seine blauen Augen auf. „Warum seid Ihr hier?!“, fauchte er beinahe. Natürlich war ihm bewusst, wem er sich gegenübersah und das er seine Situation mit seiner Unbeherrschtheit nur noch schlimmer machen könnte, doch er hasste es einfach, wenn man sich über die Verzweiflung anderer lustig machte. Was ihm im Moment aber wirklich wütend machte und auch verzweifeln ließ war die Tatsache, dass er dem Wächter der Sterbenden gegenüberstand. Was sollte er tun, wenn er wirklich bereits dem Tode geweiht war? Wer sollte Morgana aufhalten und Camelot beschützen? Und Arthur? In Gedanken berichtete er sich. Was KONNTE er tun, sollte er wirklich jetzt oder in absehbarer Zeit sterben? Er kannte die Antwort nur zu gut. Nichts. Absolut gar nicht. Beschwichtigend hob Calest die Hände. „Ich bin nicht hier, um zu tun, was du denkst“, versuchte er ihn zu beruhigen. „Ich wollte dich lediglich mit dir reden.“ Nun war Merlin völlig verwirrt. Er schob seine aufgewühlten Gefühle beiseite, was ziemlich schwierig für ihn war. Der Wächter wollte also nur mit ihm reden? „Ich muss… also nicht sterben…?“, wollte der Zauberer wissen, auch wenn er Angst vor der Antwort hatte. Nachsichtig lächelte der Wächter und schüttelte den Kopf. „Eines Tages wird es vielleicht soweit sein. Doch im Moment kannst du dich noch an deinem Leben erfreuen.“ Pure Erleichterung durchflutete Merlin und er konnte nicht anders, als einmal erleichtert aufzuseufzen. Was für schlimme Folgen sein Tod für Camelot hätte haben können, wollte er sich lieber gar nicht genau vorstellen. Jedenfalls im Moment noch nicht. Arthur und die Ritter waren stark, ohne Frage, doch gegen Morgana und diese Kreatur, den Roch… gegen keinen von beiden würden sie ankommen. Das musste er übernehmen. Merlin musste sich diesen Feinden entgegenstellen und sie besiegen. Zum Wohle Camelots. Wieder lächelte Calest, nun allerdings über die sichtliche Erleichterung seines Gegenübers. Und diese war auch verständlich. Wer würde sich nicht freuen, wenn man mitgeteilt bekam, dass man noch nicht sterben muss? Doch schnell wurde der Wächter wieder ernst. Seine Zeit, um mit Emrys zu sprechen, war nicht unbegrenzt und sein Anliegen war äußerst wichtig. Merlin bemerkte die plötzliche Ernsthaftigkeit des Wächters. Sein Lächeln erstarb und machte ebenso einem ernsten Gesichtsaudruck Platz. „Ich bin hier, um dich um etwas zu bitten“, gestand der Vermummte. Verwirrt wanderte eine Augenbraue Merlins nach oben. Was könnte es geben, um das ihn der Wächter der Sterbenden bitten müsste? „Wie du vielleicht schon bemerkt hast, bin ich dir in deinem Schlaf erschienen. Zu einem Zeitpunkt, an dem du dem Totenreich näher bist, als in einem Zustand völliger körperlicher Unversehrtheit. Und keine Angst, dein Tod ist wahrlich noch weit entfernt“, wiederholte er noch einmal, um jegliche mögliche Unterbrechung Merlins diesbezüglich zu unterbinden. „Doch wie du auch weißt wurde der Schleier zur Totenwelt ein weiteres Mal beschädigt, wodurch es möglich ist, dass ich dir erscheinen kann“, erklärte er weiter und Merlin konnte nur nicken. Langsam dämmerte ihm, worauf der Wächter hinauswollte. „Der Schaden ist zwar nicht so gravierend wie das letzte Mal, als es geschah, doch trotzdem könnten die Folgen nicht schlimmer sein. Das Gleichgewicht ist gestört und die Seelen der Toten unruhig, doch das ist noch nicht einmal das Schlimmste.“ Calest verschränkte die Arme vor der Brust und sah direkt zu Merlin. Jedenfalls nahm dieser es an, denn der Zauberer konnte nur den Mund seines Gegenübers sehen, der zu einer schmalen Linie zusammengekniffen war. Der Wächter schien wirklich nicht erfreut über diese Situation zu sein. „Du hast von der Kreatur gehört.“ Es war keine Frage, eher eine Feststellung. Merlin nickte. „Der Roch.“ Dieses Mal war es an Calest zu nicken. „Der große Drache erzählte mir von ihm“, erklärte Merlin. „Er soll vor langer Zeit bereits Angst und Schrecken verbreitet haben. Erschaffen aus den Seelen der Toten, welche damals durch den Schleier traten, als dieser zum ersten Mal zerrissen wurde.“ Calest wartete, bis Merlin zu Ende gesprochen hatte, bevor er begann zu sprechen. „Ah, ja. Kilgharrah.“ Leicht lächelte der Mann. Es schien, als würde er sich an etwas angenehmes erinnern. „Der große Drache. Ja, er war schon immer größer als seine Artgenossen. So kam er selbst unter seinesgleichen zu diesem Beinamen. Er war wirklich groß. Und mächtig. Seine Kräfte ließen sich nicht mit denen der anderen Drachen vergleichen.“ Die Stimme des Wächters war ruhig und erinnerungsselig, ein Hauch von Ehrfurcht und Respekt schwangen in seiner Stimme mit. Er schien Kilgharrah bereits lange zu kennen, wie Merlin verblüfft feststellte. „Es scheint mir, als wären nur wenige Tage vergangen, seit er den finalen Schlag gegen den Roch unternahm und ihm seinen Körper stahl.“ „Er ist eine Bedrohung“, mutmaßte Merlin. „Doch im Moment kann er nichts ausrichten.“ Wieder wurde Calest ernst. „Der Roch ist eine Kreatur, welche seine Macht aus der Verzweiflung der Menschen und der Toten erhält.“ Seine Hände strichen durch den Nebel, schienen ihn vor sich zusammenzutragen, bis er sich verdichtete. Calest trat einige Schritte zurück. Langsam bildete sich aus dem Dunst eine Kreatur, mannesgroß und stark. Ein kräftig gefiederter Körper, endend in zwei muskulösen Beinen, an welchen sich je eine messerscharfe Klaue mit drei Zehen befand. Wer einmal in diese Fänge geraten würde, den würde die Bestie zerfetzen. Drei Schlangen, welche leise zischten, wanden sich an der Kehrseite der Kreatur. Selbst, wenn man ihm von hinten zu nahe kam, wäre er nicht schutzlos. Eine gefährlich aussehende Halskrause aus spitzen, scharfen und gehärteten Federn verhinderte einen festen Griff oder einen tödlichen Schwertstoß in den Hals. Zwei Flügel ersetzten die Arme, doch sie waren kräftig. Kräftig genug, den massigen Körper in die Lüfte zu erheben und ihn dort für lange Zeit zu halten. Der Kopf ein einziges Gebilde aus Eisen. Zwei lange spitze Hörner bogen sich aus dem Metall hervor. Der unsichtbare Blick schien sich direkt in den seinen zu bohren. Merlin schluckte hart. Dieses Wesen war wirklich beängstigend. Obgleich seines Aussehens oder seiner Ausstrahlung, welche selbst diese Nachbildung der Kreatur hatte. Der Roch. „Wo er wandelt sät er Misstrauen, Angst und Hass“, erklärte Calest weiter. „Diese Gefühle stärken ihn. Seine Macht wird nie vergehen. Aber…“ Es schien, dass sich der Wächter plötzlich an etwas erinnerte, was er ihm noch mitteilen wollte. „Als sich die Seele des Rochs in die Totenwelt zurückziehen musste, konnten meine Schwester und ich seine Macht noch weiter eindämmen. Er war wieder in das Reich der Cailleach zurückgekehrt und er war schwer verletzt, dem Tode nah. So konnten meine Schwester und ich unsere Kräfte zusammentun und dem Roch eine Art Siegel auferlegen, welches ihn beinahe vollkommen wehrlos machte.“ Er deutete auf den Kopf der Bestie. Dieser wurde komplett durch eine eiserne Maske verhüllt. Lediglich eine Kerbung für das Maul zum Atmen und zwei Sehschlitze waren in der Maske zu sehen. „Doch all die Zeit, welche er in der Totenwelt gefangen war, hat seine Gestalt noch weiter verändert und ihn noch gefährlicher und trotz unsere Anstrengungen mächtiger gemacht.“ Leise seufzte Calest und es klang bedauernd. „Wir hätten vorsichtiger sein sollen“, sagte er leise und senkte den Kopf. Es sah aus, als schäme er sich. „Wenn meine Schwester und ich nicht diesen Bann auf den Roch ausgeübt hätten, dann wäre die Bestie vielleicht wieder in die Seelen zerfallen, aus denen sie entstand.“ Der Wächter senkte die Schultern, als würde eine schwere Bürde darauf lasten. Merlin verstand ihn. Im Bestreben, den Roch aufzuhalten und ihn unschädlich zu machen, haben er und die Cailleach dafür gesorgt, dass die Kreatur in der Totenwelt weiterexistierte. Die Eisenmaske, welche seine Macht im Zaum halten sollte diente ebenfalls dazu, ihn selbst zusammenzuhalten. Es war eine gute Absicht der beiden gewesen. Doch die Folgen konnte keiner von ihnen bedenken. Merlin seufzte. Auch ihm passierte dies mehr als einmal. Wie oft tat er etwas, das er für richtig hielt und dennoch richtete er manchmal mehr Schaden als nutzen an. Es war wirklich schwierig, das Richtige zu tun, vor allem, wenn es einem falsch vorkommt. „Nun, es kam, wie es kam“, sagte er laut und machte eine unwirsche Bewegung mit der Hand. Die Nachbildung des Rochs löste sich wieder zu dem auf, was es letztendlich war. Nebel. „Weder meine Schwester noch ich haben die Macht, Vergangenes rückgängig zu machen. Ebenso wenig wie du oder sonst irgendein Zauberer.“ Die Augen des Wächters schienen direkt in Merlins Seele sehen zu können, dass konnte der junge Mann ganz deutlich spüren. Auch wenn er es nicht sehen konnte. „Doch es gibt etwas, dass du tun kannst“, ließ Calest plötzlich verlauten. Seine Arme hingen an seinem Körper herunter, angespannt, die Hände zu Fäusten geballt. Trotz seiner vorhergegangenen Worte schien er viel von Merlin zu halten und an ihn zu glauben. „Deine Magie ist groß, Emrys, auch, wenn sie noch nicht ihre volle Macht entfaltet hat.“ Wieder verschränkte der Wächter die Arme vor der Brust und starrte Merlin an. Jedenfalls glaubte Merlin, dass sein Gegenüber dies tat. „Irgendwann ist es soweit“, sagte Calest und klang absolut überzeugt. „Deine Macht wird ihre wahren Ausmaße noch finden. Eines Tages bestimmt.“ Es herrschte eine Zeit lang Stille zwischen den beiden magischen Wesen. Merlin war erstaunt, wie viel man ihm zutraute und wer alles Vertrauen in und Ehrfurcht vor seiner Macht zeigte. Irgendwie gefiel Merlin dieses Gefühl. Es machte ihn wohl wirklich zu etwas besonderem. Er war stolz auf sich. Andererseits… fühlte er sich unwohl und von der Last, welche auf seinen Schultern lag, der Bürde und der Aufgabe, welche alle magischen Wesen und die alte Religion selbst ihm auferlegt haben, beinahe erschlagen… „Ich bin sicher, dass es dir und Kilgharrah gelingen wird, den Roch ein für alle Mal zu vernichten, sodass er nie wieder Unheil über die Welt wird bringen können.“ Calest sprach in ruhigem Ton, doch Merlin spürte, dass er wirklich hoffte, seine Worte mögen der Wahrheit entsprechen. Er und seine Schwester konnten die Macht dieser Kreatur damals nur eindämmen und sie nicht töten. Nun musste jemand anderes diese Aufgabe übernehmen. Und es tat ihm Leid. Er, Merlin, musste nun etwas wieder in Ordnung bringen, was Anhänger der Alten Religion, Calest und die Cailleach auf die Welt losgelassen hatten. Der Wächter seufzte. „Noch ist er schwach und die Maske hält ihn auch schwach. Doch sollte genug Zeit vergehen und er kann genug Macht ansammeln, dann wird die Maske und somit der Bann, den meine Schwester und ich ihm auferlegt haben, brechen. Und nur die Göttin alleine weiß, wie sehr die Welt leiden muss, sollte dies geschehen.“ Ein leichter Schauer durchlief den alten Körper des Wächters und Merlin erging es nicht anders. Er wollte sich lieber nicht vorstellen, was alles passieren würde, wenn der Roch wirklich diesen Bann brechen konnte. Er war sich sicher, noch nicht einmal Morgana selbst könnte mit ihren Methoden an die Grausamkeiten und die Pein, welche die Bestie über die Welt bringen würde, heranreichen. Um jeden Preis musste Merlin das verhindern. Der Nebel um sie herum wurde plötzlich dichter, Merlin konnte mit einem Mal Calest kaum noch sehen. „Was - ?“ Der Wächter seufzte leise. „Unsere Zeit ist abgelaufen, Emrys“, sagte er, wobei seine Gestalt langsam gänzlich im Nebel verschwand. Seine Stimme hallte verzerrt durch den weißen Dunst. „Die einzige Bitte, welche ich und auch jedes Wesen der Alten Religion an dich äußern, ist folgende.“ Nur noch leise reichte die Stimme des Wächters zu Merlin, welcher sich mit einem Mal entsetzlich schwach fühlte und kaum noch die Augen offen halten konnte. Er verlor beinahe jedes Gefühl für seinen Körper und fühlte sich schwerelos. So leicht… „Bitte tue alles in deiner Macht stehende, um den Roch zu vernichten…“ Nach diesen Worten verstummte Calest, der Wächter über die Sterbenden, und ließ Merlin wieder alleine. Diesem wurde schwummrig und er schloss die Augen, ließ sich treiben. „Ich versuche es…“, konnte er noch nuscheln, bevor er sich wieder völlig der Dunkelheit und der Müdigkeit hingab, welche ihn abermals heimsuchten und in ihre wohltuenden Umarmungen zogen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)