Merlin von LenaVanTionas (Das Schicksal von Camelot) ================================================================================ Kapitel 29: Zwei Seiten einer Medaille --------------------------------------     Kapitel 29 - Zwei Seiten einer Medaille       Bärenbrüder - Transformation https://www.youtube.com/watch?v=tv30esjRHiI     17 Knights of the Round Table https://www.youtube.com/watch?v=b2PcvHmAy38         „Jetzt noch einmal langsam“, verlangte Gwaine und starrte seinen König an, als wäre ihm gerade ein zweiter Kopf gewachsen. Arthur hatte nach dem Aufbruch von Aithusa Gwen und seine Freunde in seine Gemächer getroffen, um ihnen von dem Gespräch zu erzählen. Er verbrachte ein paar Minuten länger auf dem Dach, um sich zu beruhigen, die Tränen trocknen zu lassen und wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Als es ihm größtenteils gelungen war, machte er sich auf den Weg in seine Gemächer, wo ihn bereits seine Frau und seine Freunde erwartet haben. Sie schienen sich keine Sorgen gemacht zu haben Doch trotzdem waren sie mehr als gespannt, was ihr König zu berichten hatte. Arthur rieb sich beinahe genervt die Stirn. „Gwaine, ich kann dir nicht mehr sagen, als ich es gerade getan habe.“ Die erwartungsvollen Augen des Ritters durchbohrten ihn beinahe. Arthur seufzte. „Aithusa sagte, dass ich mich auf den Weg nach Avalon machen soll. Sie würde dort auf uns warten. Ich schätze mal, es würde sie und auch sonst niemanden stören, wenn ihr mitkommt.“ Diese Worte besagten, dass Arthur nicht alleine reiten wollte. Wenn es sein musste, würde er es tun, aber der Gedanke, alleine diese emotionsvolle Reise zu unternehmen, ließ ihn erschaudern. Auch, wenn er es niemals zugeben würde. Arthur wollte nicht alleine losziehen. Er brauchte seine Frau und seine Freunde bei dieser Reise an seiner Seite. „Sie sagte, es wäre vielleicht eine Chance. Meine Chance. Sie sprach… sie sprach von den zwei Seiten einer Medaille.“ Arthurs Stimme versagte. Ein Schaudern ging durch sie alle. „Merlin…?“, fragte Gwen leise, ihre Stimme ein Hauch. Ihre Hände hatte sie vor der Brust verschränkt. Ihre Augen schimmerten. Jeder von ihnen wusste natürlich, dass Kilgharrah Arthur und Merlin als solche beschrieben hatte. Ebenso Gaius, der dazu allerdings keine genauere Erklärung abgegeben hatte. Sie waren zwei Seiten derselben Medaille. Keiner von ihnen kannte die wahre Bedeutung dieser Worte, doch sie alle wussten, dass es nur etwas mit ihrem verstorbenen Freund zu tun haben konnte. Arthur nickte, sein Hals war rau. „Allerdings weiß ich nicht, was uns erwarten wird. Er…“ Der König stoppte, sammelte sich kurz, bevor er mit belegter Stimme fortfuhr. „Es wäre nicht möglich.“   Eine kleine Hoffnung war in ihnen erschienen, aber sofort wieder verbannt worden. Keiner konnte glauben, dass Merlin tatsächlich zurückkehren könnte. Das war unmöglich. Aber… ein letztes Wiedersehen… jeder von ihnen hoffte es und wünschte es sich von ganzem Herzen. Ein letztes Wiedersehen sollte ihnen und vor allem Merlin vergönnt sein. Sie wollten ihm danken. Für alles, was er für sie getan hatte und was sie nie erfahren würden. Sie wollten es Merlin sagen. Er war ihr Freund. Und nichts würde an dieser Tatsache etwas ändern können. Weder, dass er ein Zauberer ist, noch dass er so große Geheimnisse vor ihnen hatte. Merlin war ihr Freund. Im Leben und auch im Tode.   Gwaine stemmte die Arme in die Hüfte. „Worauf warten wir dann noch? Auf geht’s!“ Der sonst so lebensfrohe Ritter war in dem letzten Jahr mehr und mehr in sich gekehrt. Sein Erscheinungsbild war ihm immer unwichtiger geworden. Es schien, als gebe sich Gwaine die Schuld an den Geschehnissen und den Tod seines besten Freundes. Nun schien all das unwichtig. Die Stimme von Gwaine hatte eine Festigkeit angenommen, die seit einem Jahr nicht mehr zu hören war. Seine Augen glänzten. Sie alle hatten den einen oder anderen Punkt, in welchem sie sich schuldig fühlten. Nun diese Aussicht zu haben… diese leisen Stimmen im Kopf, Merlin noch einmal sehen zu können… All das schien die Trauer und den Schmerz fortzuspülen. Dem Leben selbst wieder Platz zu machen.   Arthur schloss die Augen, atmete ein paar Mal ein und aus, sammelte sich. Er musste nun einen klaren Kopf behalten und Befehle erteilen. Sie mussten sich zum Aufbruch bereit machen. Denn der König wusste nicht, wie lange Aithusa am See warten würde. Oder ob ihn selbst gar der Mut verlassen würde…   „Leon, gib Befehle an die Ritter. Sie sollen in den geplanten Gruppen patrouillieren und eine neue Einteilung der Wachen vornehmen.“ Der ranghöchste Ritter nickte und stellte sich bereits an die Tür. Allerdings trat er noch nicht hinaus, um noch weitere Befehle seines Königs abzuwarten. „Gwaine, gib George Bescheid. Er soll Gwens und meine Gemächer heute aufräumen. Danach kann er sich bis zu unserer Rückkehr frei nehmen.“ Gwaine machte große Augen, ebenso wie Gwen und der Rest. Es kam mehr als selten vor, dass Arthur jemanden freie Tage einräumte. Doch Arthur beachtete die Blicke nicht. Im Moment war er wieder vollends König und gab Anweisungen. „Elyan, du besorgst Proviant. Und Percival, lass die Pferde satteln. Wir sollten uns so schnell es geht auf den Weg machen.“ Die Angesprochenen nickten. Gwaine allerdings zog die Stirn kraus. „Und was machst du, während wir die ganze Arbeit machen?“ Das war wieder der alte, vorlaute Gwaine. Arthur atmete tief durch. Er wandte sich bereits ab und schritt zur Tür.  „Ich habe noch etwas zu erledigen.“ Sofort wusste der Ritter, was sein König meinte und niemand fragte mehr nach. Jeder ging den Befehlen des Königs nach und auch Arthur selbst konnte sich um etwas kümmern. Das Wichtigste von allen. Alle Anwesenden wussten natürlich, was Arthur vorhatte. Wenn er Rat brauchte oder sich aufmachte, andere Reiche zu besuchen, dann gab es einen Ort, wo er hinging. Einen Ort, wo er innere Ruhe nach einem langen, nervenaufreibenden Tag finden konnte. Und diesen Ort wollte Arthur nun aufsuchen. Er musste es tun.       Kurze Zeit später stand Arthur vor Merlins Grab. Es war eine symbolische Geste. Ebenso wie die Beerdigung. Es gab keinen Körper, den man vergraben konnte. Zuerst hatte Arthur Bedenken gehabt. Merlins letzte Ruhestätte sollte in seinem Heimatdorf Ealdor nahe seiner Mutter liegen. Arthur erinnerte sich mit Schaudern daran, wie Hunith ihm das letzte Mal gegenüber stand. Ein von Tränen aufgeweichtes Gesicht. Zusammen gepresste Lippen. Das Haar stumpf und beinahe grau. Und doch lächelte sie. Hunith lächelte Arthur so liebevoll an, wie es nur eine Mutter konnte. „Ihr braucht ihn. Egal, ob er bei Euch ist oder bereits fort. Und ich will ihn nicht von Euch reißen.“ Es klang so falsch. Und doch hatte Arthur nicht den Willen, Merlin an einem anderen Ort als in Camelot zu beerdigen. So weit weg, wie er von seinen Freunden und Arthur war, so wollte der König wenigstens dieses Symbol bei sich haben. Das Grab von Merlin war auf dem Friedhof angelegt worden, auf denen die tapferen Ritter begraben waren, die im Kampf ihr Leben gelassen hatten. Und doch ein ganzes Stück von den anderen Gräbern entfernt. Es war Arthurs Wunsch. Merlin sollte die Ehre zuteilwerden, an diesem Ort ein Andenken an ihn zu errichten und ihm dennoch so hervor zu heben, dass jeder erkennen konnte, was für ein großartiger Mensch Merlin war. Und Arthur hatte hier seine Ruhe, wenn er einmal mit Merlin sprechen wollte und ihn seine Gefühle dabei übermannten. Gwen schien vor kurzem am Grab gewesen zu sein. Es lagen frische Blumen vor dem Stein. Arthur brachte nie Blumen ans Grab. Dafür sprach er mit dem Andenken an seinen besten Freund offener, als mit seinen Freunden oder teils mit seiner Frau. Denn an diesem Ort fand er Ruhe und inneren Frieden. Und Arthur hatte Zeit, über die momentane Situation nach zu denken.   Der Weg hierher führte unweigerlich durch die Stadt und Arthur sah, wie glücklich die Bewohner waren und wie freundlich sie ihn grüßten. Sowohl Bewohner als auch die wenigen Zauberer, die zu dieser Zeit in Camelot verweilten. Keine Verachtung, kein Hass gegenüber ihm oder dem Königshaus. Nicht so wie früher, als sein Vater noch herrschte. Die Menschen hassten Uther nicht, doch sie hegten eine gewisse Antisympathie gegen den alten König. Doch das war vergangen. Arthur war selbst erstaunt, wie ruhig und friedlich sein Reich geworden war. Und dieser Frieden verdankten sie alle nur einem Mann.   Arthur lächelte schwach. Seine Augen ruhten auf dem weißen Stein. „Es ist unglaublich. Ich kann es manchmal kaum fassen, wie friedlich alles ist und wie glücklich sich alles gefügt hat. Wie friedlich die Zeiten sind. Doch zu welchem Preis?“ Arthur holte Luft. Es war schwer, über all das nachzudenken und die Schuld zu verspüren, dennoch spürte er die Ruhe, die dieser Ort in ihm auslöste. Beinahe war dem König so, als könnte er Merlins Grinsen vor seinem geistigen Auge sehen. Dieses vorlaute und dennoch wissende Grinsen. „Aber du kannst es dir natürlich vorstellen, du hast es ja schon immer gesehen und gewusst. Nicht wahr?“, lachte er schwermütig. Arthur erinnerte sich, wie oft Merlin von einer goldenen Zukunft gesprochen hatte. Wie er sich immer eine friedliche Zeit erträumt hatte. Und allmählich fing Arthur an zu glauben, dass Merlin diese Entwicklung wirklich vorhergesehen hatte. Er wusste nicht zu was Merlin alles fähig war. Arthur wusste, dass sein bester Freund ein Zauberer war, doch über welche Kräfte er verfügte, dass wusste niemand. Nicht einmal Gaius konnte es ihm sagen. „Es gibt so vieles, für das ich mich bei dir entschuldigen müsste, mein Freund. Es tut mir Leid“, flüsterte er und wischte sich über die Augen. Arthur wollte nicht, dass jemand seine Tränen sah. Normalerweise war es ihm egal, wenn er am Grab alleine war, aber jeden Moment konnte einer seiner Freunde auftauchen und ihn abholen. Das einer von ihnen noch einmal seine Tränen sah, dafür war Arthur zu stolz. Und doch musste er noch etwas loswerden. „Wäre es möglich? Kann Magie wirklich solche Wunder vollbringen? Sollte es wirklich möglich sein… dass ich noch einmal mit dir reden kann? Ein einziges Mal würde mir genügen. Ich will dir noch so vieles sagen. All die Dinge, für die ich sonst zu stolz war.“ Natürlich bekam Arthur keine Antwort. Der warme Wind, der ihm durch das Gesicht fuhr und ihn noch weiter beruhigte und endlich wieder etwas innere Wärme entfachte, waren Antwort genug. Er würde es versuchen. Egal, wie die Reise zum See von Avalon ausgehen würde. Das war er seinem Freund schuldig.   Wenige Augenblicke später wurde er auch schon von Sir Leon gerufen. „Wir wären soweit, Sir.“ Arthur nickte. Er wusste, dass sein oberster Ritter die Geste gesehen hatte und sie verstand, denn seine Schritte entfernten sich wieder. Langsam legte Arthur eine Hand auf den feinen Marmor. Das rote Tuch, welches um sein Handgelenk gebunden war, blitzte hervor. Eines von zwei Gegenständen, welche Merlin ihm hinterlassen hatte. Wie von selbst wanderte seine linke Hand zu dem Beutel an seinem Gürtel und tastete vorsichtig nach der kleinen Figur eines Drachen. Zwei Gegenstände, die Arthur stets bei sich trug. Zwei der vielen Dinge, die Merlin ihm und ihnen allen hinter lassen hatte. Umso größer war der Wunsch in Arthur, dass er seinem Freund endlich etwas zurückgeben könnte.       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~     Mit einem mulmigen Gefühl machte sich Arthur mit seiner Frau und seinen Rittern auf den Weg zum See von Avalon. Eine gewisse Hoffnung regte sich in ihm. Er verstand nicht viel von Magie, eigentlich so gut wie gar nichts. Und der, der ihm alles hätte erklären können, alles hätte erklären sollen, war… Arthur seufzte. Er wusste nicht, was er erwartete. Magie war für ihn noch immer so undurchschaubar, doch die Worte von Aithusa hatten eine Hoffnung in ihm geweckt. Die Hoffnung, dass es vielleicht möglich sein konnte, noch einmal mit Merlin zu sprechen. Ein letztes Mal.   Es war bereits die Nacht hereingebrochen, als sie ihr Ziel erreichten. Einige hundert Meter vom See entfernt schlugen sie ein Lager auf. Alle blieben dort, nur Arthur war ruhelos und ging zum See. Er wollte nicht bis zum nächsten Tag warten. Auch die Einwände seiner Ritter ließen Arthur nicht zögern. Er gab noch einige Anweisungen und seiner Frau einen Kuss, welche ihn mit glitzernden Augen anlächelte. Sie sagte kein Wort und doch verstand Arthur.   Langsam, Schritt für Schritt trat Arthur durch den Wald. Er ließ sich Zeit. Ließ die Ruhe auf sich wirken. Er fühlte sich beinahe so, als wenn er vor Merlins Grab stehen würde. Als würde sein Freund in diesem Wald sein, plötzlich die ganze Welt mit seiner Präsenz erfüllen. Immer heller wurde das Licht, welches durch die Bäume drang, bis er den Rand des Waldes erreichte und das Ufer des Sees erreichte. Der Mond schien in seiner voller Pracht am Himmel und wurde von der Oberfläche des Sees reflektiert. Der Schein ließ das Wasser geheimnisvoll schimmern und tauchte die Umgebung in ein silbriges Licht.   Aithusa wartete nicht am See, wie sie es gesagt hatte. Doch das beunruhigte den König nicht. Sein Gefühl sagte ihm, dass die Abwesenheit der Drachin seinen Grund hatte. Allerdings wusste Arthur nicht, was er nun ohne den Drachen tun sollte. Kurz überlegte er, zum Lager zurück zu kehren, doch schnell wurde ihm klar, dass er sich dort nur verrückt machen würde. Und schließlich wollte er die Reise nicht umsonst gemacht haben. So beschloss er, Merlin seine Aufwartung zu machen. Und dafür kam ihm die Abwesenheit von Aithusa sehr gelegen.   Für einige Zeit blieb Arthur dort stehen, ließ die Umgebung auf sich wirken, welche wunderschön war und doch so viel Schmerz in ihm wachriefen. Schmerzliche Erinnerungen. Und doch erwachte etwas anderes in Arthur. Vorfreude. Spannung. Erwartung. So vieles, was mit einem Mal passieren könnte. Was er sich wünschte, dass passierte. Arthur wusste nichts über Rituale oder Ähnliches, doch wenn er eine Kulisse für irgendeine Art von magischem Ritual in den Sinn kommen würde, dass wäre diese Nacht an diesem See wirklich perfekt. Arthur leckte sich über die Lippen, ballte die Fäuste und entspannte sie wieder. Ballen. Entspannen. Ballen. Entspannen. So viel lag ihm auf der Zunge, so viel gab es zu sagen. Sein Körper bebte leicht, als er sich vorstellte, dass Merlin plötzlich hinter ihm stehen würde. Ebenso silbrig schimmernd wie das Wasser. Oder das er plötzlich auf dem See schwebend auf ihn zukommen würde. Endlos viele Szenarien gingen ihm durch den Kopf, eines magischer als das andere. Doch eines war jedes Mal gleich. Er stand Merlin gegenüber und konnte endlich wieder mit ihm sprechen. Und dessen breites Grinsen sehen. Arthur hätte nie gedacht, dass er so viel Fantasie haben könnte und sich so viele Dinge vorstellen konnte von etwas, was er früher mal gehasst und verabscheut hatte.   Arthur wartete und wartete, seine Anspannung stieg, es lief ihm heiß und kalt den Rücken herunter und es passierte - nichts.   Der König schloss die Augen und seufzte. Sein Körper sackte zusammen, er ließ die Schultern hängen. Alle Freude in seinem Inneren war mit einem Schlag verschwunden. Als hätte sie nie existiert.   Arthur war beinahe enttäuscht. So viel hatte er sich ausgemalt, so viel hatte er sich gewünscht, sich erhofft… doch vielleicht war daran auch einfach nur sein Unwissen über die Magie Schuld. Obwohl Arthur die Magie in seinem Reich wieder willkommen hieß und einige Dinge von Gaius erfahren hatte, wusste Arthur noch so gut wie Nichts über Magie. Vielleicht gab es einfache keine Möglichkeit, mit Merlin zu sprechen, nicht so wie damals mit seiner Mutter. Denn von Gaius hatte er erfahren, dass es wahrlich der Geist seiner Mutter war, welchen Morgause ihm damals gezeigt hatte. Und solch eine Geistererscheinung, als welche sein Vater in dieser Welt wandelte… so etwas wollte er seinem Freund nicht antun. Niemals.   Aber die Möglichkeit, Merlin wieder zu sehen… tief in seinem Herzen hatte er diese Hoffnung gehegt, nach den Worten von Aithusa, doch er hatte sie ebenso schnell wieder begraben. Er wusste kaum etwas über die Magie, doch Arthur wusste aus eigener Erfahrung, wie die Erzählungen von Gaius bewiesen, dass die Magie nur dann ein Leben retten oder wiedergeben konnte, wenn ein anderes geopfert wurde. Arthur hätte es getan. Ohne Frage. Doch Merlin hätte es niemals zugelassen. Außerdem gab es keine Hohepriester der Alten Religion mehr, wenn er Gaius glauben konnte. Also besaß auch niemand mehr die Macht, Leben und Tod umzukehren. So hat Arthur diese Möglichkeit sofort wieder verworfen.   Zudem… wenn er sich an diese Hoffnung geklammert hätte, dann hätte es ihn unwiderruflich zerstört, wenn sie unerfüllt geblieben wäre… so wie es der Fall war… Natürlich, bei dem Anblick dieses Sees hatte Arthur für einen Moment die verrücktesten Vorstellungen und Hoffnungen gehabt. Es war sein größter Wunsch. Doch dieser schien sich nun in Rauch aufzulösen. Es schien keine Möglichkeit zu geben, Merlin wieder zu sehen.   Also… lebte Arthur lieber mit dem Gedanken, nie wieder mit ihm sprechen zu können, als sich weiter so kaputt zu machen, auch wenn es ihm schwer fiel. Er würde nie wieder mit seinem besten Freund reden könne. Jedenfalls nicht von Angesicht zu Angesicht.   „Es ist schwer…“, begann Arthur mit leiser Stimme zu sprechen. Seine Augen waren leer, die kleine Flamme der Hoffnung in seinem Inneren erloschen. „Es ist zwar bereits ein Jahr her und es ist auch ein wenig leichter geworden, aber… ich glaube kaum, dass der Schmerz jemals gänzlich verblassen wird. Der Schmerz, den ich empfinde, seit du gegangen bist. Seit du dein Leben für meines gegeben hast.“ Wieder seufzte Arthur leise. Zum Glück war er alleine hier. Er wusste nicht genau, ob er sich Sorgen machen sollte, weil er zu einem Toten sprach. Vor dem Grab in Camelot war es immer was anderes, da dachte Arthur nach und sagte ab und zu etwas, um darüber besser nachdenken zu können. Arthur hoffte wirklich, von ganzem Herzen, dass er ihn wenigstens hörte. „Es ist zwar leichter, aber nicht einfacher geworden. Vor allem, da du nicht mehr da bist, um mich aufzumuntern und mir Mut zuzusprechen. Das fehlt mir wirklich.“ Leicht ließ Arthur den Kopf hängen, doch nur, um zu verbergen, dass sich Tränen in seinen Augenwinkeln gesammelt hatten. Auch wenn niemand dort war, der sie sehen könnte. „Und nicht nur das fehlt mir. Unsere Streitereien, unsere Geplänkel, unsere Albernheiten. Ich habe es nie gesagt, doch ich liebte die Zeit, welche wir zusammen verbracht haben. In deiner Gegenwart konnte ich ganz Ich selbst sein. Ich musste keine Maske tragen. Ich konnte so sein, wie ich es wollte. Und doch habe ich dir nie wirklich dafür gedankt. Nicht nur für deine Treue, deine Loyalität oder deine Hilfe. Deine Bemühungen, mich zu beschützen. Für nichts davon habe ich dir je aufrichtig gedankt. Und das tut mir leid.“ Kurz zögerte der junge König, bevor er seinen Stolz beiseite schob und seinen Kopf senkte. Seinen Respekt zollte. Ein König verneigte sich für gewöhnlich vor niemandem, doch Arthur fand, dass Merlin diese hohe Geste allemal verdient hatte. „Wenn ich dich noch einmal sehen könnte…“, fuhr Arthur mit leiser Stimme fort, seine Stimme zitterte. Seine Augen schimmerten, als sein Blick über den See schweifte. „Dann würde ich dir alles sagen, wofür ich sonst zu stolz war. Wie froh ich war, dich als meinen besten Freund bezeichnen zu können. Das ich alles tun werde, um deinen Traum wirklich wahr werden zu lassen. Ein gerechtes Königreich, in denen sich Zauberer nicht mehr fürchten und verstecken müssen. Das ist das Mindeste, was ich für dich tun würde. Denn schließlich… verdanke ich dir mein Leben. Und das mit Sicherheit nicht nur die wenigen Male, welche ich selbst bewusst mitbekommen habe.“ Nun konnte sich Arthur nicht mehr beherrschen. Die Tränen liefen über, er konnte und wollte sie auch nicht mehr wirklich zurückhalten. „Auch, wenn du es nicht mehr erleben kannst. Ich habe das Gesetzt geändert. Niemand, der über magische Fähigkeiten verfügt, soll sich mehr verstecken müssen. Der erste Schritt ist getan. Es werden noch viele folgen und ich wünsche mir, dass du das Alles erleben könntest.“ Kurz schloss Arthur schmerzerfüllt seine Augen, bevor er mit glasigem Blick zum Himmel starrte. „Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, damit ich das Königreich zu einem blühenden Paradies machen kann. Für Menschen wie auch für Zauberer. So, wie es in deinem Sinne wäre. Und ich hoffe, dass du das als Gegenleistung für deine jahrelangen Dienste und Treue ansiehst. Auch… wenn ich dir diese Treue niemals wirklich zurückzahlen kann. Doch ich würde alles tun und alles versuchen. Wenn du bei mir wärst.“ Stille herrschte, als Arthur versuchte, sich zu beruhigen. Es tat gut, all diese Dinge auszusprechen, zu wissen, dass sie der Wahrheit entsprachen. Der König stand einen Moment da, bevor er Haltung annahm und sich verbeugte. Es war eine Verbeugung, welche den höchsten Respekt demonstrierte. Eine Träne rann aus seinen Augen, lief über seine Wange und tropfte schließlich von seinem Kinn. Die salzige Flüssigkeit landete mit einem leisen Platsch in dem See von Avalon. Kleine Wellen zogen sich durch das sonst so stille Wasser. Arthur atmete tief durch und richtete sich wieder auf. Er hatte alles gesagt, was ihm auf dem Herzen lag. Noch mehr und er würde selber daran kaputt gehen. Die Wunde, welche Merlins Tod in ihm hinterlassen hatte, heilte nur schwer. Und im Moment schien es Arthur, als würde er innerlich bluten. Doch andererseits… fühlte er sich befreit. Gelöst. Als wäre ihm eine schwere Last von den Schultern genommen worden. Eines allerdings wollte er noch sagen. Er musste es sagen. „Lebe wohl, mein Freund. Und danke. Für alles.“ Der König drehte sich um, nun viel entspannter als zuvor und auf gewisse Weise beruhigt. Kurz schweifte sein Blick erneut zum Himmel, bevor er leicht lächelte. Auch wenn nicht eingetreten war, was sich der Blonde erhofft hatte, so musste er sagen, dass alleine die Möglichkeit, sich alles von der Seele zu reden, vor allem an diesem Ort, seinem Schmerz gelindert hatte. So machte er sich auf den Weg zu seinem Lager, wo seine geliebte Frau und seine treuen Freunde sicher bereits auf seine Rückkehr warteten. Auch sie würden wahrscheinlich gerne zum See kommen und ihren Seelen ein wenig Ruhe und Linderung gönnen. Und dies wollte Arthur ihnen auf keinen Fall verwehren. Langsam ließ er den See von Avalon hinter sich.         Dabei bemerkte Arthur nicht, dass das Wasser noch immer kleine Wellen schlug. Von der Stelle aus, in welcher seine Träne ins Wasser fiel. Sie hörten nicht auf. Die Wellen durchliefen den gesamten See. Das Mondlicht wand sich mit ihnen im Wasser und der See schien plötzlich zu glitzern. Blaue Partikel und glitzernde Lichter stiegen aus dem Wasser empor. Leichter Wind wehte. Die Bäume rauschten leise. Arthur blieb mit einem Mal stehen. Ein seltsames Gefühl beschlich ihn. Wärme schien ihn mit einem Mal zu umgeben und es fühlte sich an, als würde sein Inneres vibrieren. Plötzlich flog das blaue Glitzern um ihn herum. Kurz zuckte der junge Mann zusammen und drehte sich ruckartig in alle Richtungen herum. Er bestaunte das Glitzern mit offenem Mund. Obwohl es eindeutig magischen Ursprungs war, verspürte Arthur keine Angst oder Ähnliches. Ganz im Gegenteil. Wärme erfüllte ihn. Die Zeit schien plötzlich nur noch sehr langsam zu vergehen. Alles bewegte sich wie in Zeitlupe. Nun doch verunsichert und mit großen Augen sah Arthur sich um. Er trat einen Schritt zurück. Weiter weg vom See. „Habt keine Angst, Arthur Pendragon.“ Eine Stimme. Eine weibliche, warme Stimme hallte über den See und dessen Ufer, ohne dass Arthur hätte sagen können, woher sie kam. Außer der Stimme waren alle anderen Geräusche verstummt. „Es wird Euch nichts geschehen. Ich bin nur… eine Beobachterin. Und ich habe Euch beobachtet. Eure Worte waren weise gewählt. Sie waren so voller Wahrheit und Aufrichtigkeit, dass ich keinen Zweifel hege. Ihr seid ein wahrer König. Der Einstige und Zukünftige. Ihr seid der König, auf den so viele Menschen und Wesen gewartet haben. Ihr seid bereit, denen eine Chance zu geben, die Euch vielleicht keine gegeben hätten. Und dafür sollt Ihr belohnt werden.“ Noch immer erfüllte Stille den See, die Wärme, welche Arthur verspürte, blieb. Wie von selbst trat er wieder näher an den See. Es erschien ihm, als würde die Stimme aus dem See kommen. Als würde der See selbst zu ihm sprechen. „Eine Medaille kann nicht ohne ihre zweite Hälfte bestehen. Und damit ihr Euer Schicksal erfüllen könnt, ist es von Nöten, dass Eure zweite Hälfte an Eurer Seite ist.“ Ein Wind wehte über den See und die Lichtung. Ein warmer Wind. Voller Leben. Ein Kribbeln breitete sich auf Arthurs gesamten Körper aus. Er war unfähig, etwas zu erwidern. Arthur hatte das Gefühl, dass jedes Wort, jedes Geräusch von ihm die Magie an diesem Ort mit einem Schlag vernichten würde. „Denkt an Eure Worte und Euer Versprechen, Arthur Pendragon. Dann wird die Welt Euch achten und zu Euch aufsehen.“ Der leichte Wind ließ nach, das Licht verblasste langsam und die Zeit ging wieder ihren gewohnten Gang. Nur Augenblicke später war alles wieder so, wie es sein sollte. Nur der Mond spendete noch Licht. Der Wind wehte durch die Bäume. Und Arthur war sich nicht sicher, ob er es sich eingebildet hatte oder nicht. Verwirrt sah sich der Blonde am See um, doch nichts geschah oder hatte sich verändert. Arthur verstand es nicht. Die Worte eben hatten ihn erreicht und doch war sein Kopf wie leer. Das Einzige, was er war nahm, war die Wärme, welche nicht aus seinem Körper weichen wollte.    Blasen stiegen plötzlich von dem Wasser auf. Vereinzelt. In großen Abständen. Arthur runzelte die Stirn. Doch es wurden mehr. Immer mehr und mehr. Es waren… Luftblasen. Irgendetwas war im See und schien Luft zu brauchen. Arthur trat einen Schritt näher, unsicher, was das zu bedeuten hatte. Das Wasser rauschte und Gischt flog umher, als plötzlich eine Gestalt aus dem Wasser schoss. Erschrocken trat Arthur noch einen Schritt zurück. Ein Kopf tauchte auf, schüttelte sich. Wassertropfen flogen umher. Ein schwarzer Schopf Haar war zu sehen. Es war ein Mensch. Ein Mann, so wie es Arthur von weitem erkennen konnte. Kurz schwamm er noch einige Züge auf der Stelle, bevor er sich seine Umgebung besah. Er schien sich um zu sehen und sich zu orientieren. Schließlich drehte sich der Mann in Richtung Ufer, an welchem Arthur stand. Seine blauen Augen fanden die Gestalt des Königs und suchten dessen Blick. Blaue Augen bohrten sich ineinander.   Arthurs Mund klappte auf, seine Augen weiteten sich vor Entsetzen. Sein Herzschlag setzte aus - nur um gleich darauf noch kräftiger und schneller in seiner Brust zu pochen. Sein Körper begann zu zittern. Er keuchte. Die Gedanken rasten in dem Kopf des Königs und es gelang ihm nicht, auch nur einen zu fassen. Leicht taumelte er zurück. Arthur öffnete und schloss den Mund immer wieder, um etwas zu sagen. Doch kein Laut entfuhr seiner trockenen Kehle. Sie war wie zugeschnürt. Diese Sprachlosigkeit allerdings schien den Mann zu erfreuen, denn es legte sich ein breites Grinsen auf sein Gesicht. Und gerade dieses Grinsen ließ alle Zweifel von Arthur abfallen, wer diese Person war. Es war Merlin. Der Mann, welcher in diesem See aufgetaucht kam,… war Merlin!   Doch das war unmöglich. Merlin konnte nicht vor ihm sein. Er war tot! Arthur selbst hatte das Boot, in welchem Merlin lag, dem See übergeben. Blass und leblos lag Merlin damals vor ihm. Ein Bild, welches Arthur nie los lassen würde, und welches ihn manchmal noch in seine Alpträume heimsuchte. Und egal, wie klein die Hoffnung in Arthur auch war und sich jetzt lautstark in sein Bewusstsein zurück meldete, es war nicht möglich. Selbst Gaius ließ verlauten, dass es schier unmöglich war.   Langsam schwamm der Mann zum Ufer auf Arthur zu. Je näher er kam, desto kälter wurde Arthur. Er wollte das nicht sehen. Er wollte nicht sehen, wie eine Illusion in der Gestalt von Merlin auf ihn zukam, nur um dann zu verschwinden. So sehr er es sich zuvor gewünscht hatte, seinen Freund wieder zu sehen, so sehr verfluchte er sich nun für diesen Gedanken. Er wollte es nicht. Arthur wollte diesen Schmerz nicht noch einmal spüren müssen, wenn sein Freund wieder ging. Er wollte ihn nicht sehen. Doch er konnte die Augen einfach nicht schließen. Stattdessen spürte er eine verräterische Flüssigkeit in seinen Augen, welch überzulaufen drohte. „Ihr wart aber auch schon einmal höflicher, Sir“, tadelte ihn der junge Mann und hatte nun das Ufer erreicht. Langsam watete er durch das Wasser, bis es nur noch kniehoch war. Der Mann selber war natürlich komplett durchnässt. Das Wasser tropfte von seiner Kleidung und seinen Haaren und hinterließ kleine Wellen in dem See. ~ Nicht echt~, dachte sich Arthur und immer mehr Tränen sammelten sich. ~Er ist nicht echt…~ Sein Gegenüber schien die Trauer und den inneren Kampf des Königs mitbekommen zu haben, denn er seufzte leise, bevor er abermals zu grinsen begann. „Es gehört sich selbst für einen König nicht, so lange jemanden anzustarren.“ Das Grinsen wurde noch breiter, obwohl dies kaum möglich schien. Der Schwarzhaarige steckte einen Arm ins Wasser und schleuderte eine Ladung davon genau in Arthurs Richtung. Arthur versuchte reflexartig sich mit einem Arm zu schützen, obwohl es sowieso sinnlos war. Wie konnte er sich vor etwas schützen, das nicht da war? Umso größer war der Schauer, als das kalte Nass ihn traf und seine Haare und Oberkörper durchnässte. Langsam nahm er seinen Arm runter, starrte mit großen Augen den Mann vor sich an. Sein Kopf vor Schock völlig leer gefegt. Sein Atem ging flach. Das Wasser lief seinen Kopf hinab und trübte kurz seine Sicht, bevor er es wegblinzelte. Selbst nach dem Augenschließen und dem Blinzeln war das Bild vor ihm noch immer das Gleiche. Keine silbrig, blasse Gestalt. Kein auf ihn zu schwebender Geist. Der junge Mann, welcher jahrelang an seiner Seite war und ihm treu gedient hatte, welcher sein Leben ließ, um das seines Königs zu retten, stand Arthur gegenüber und grinste ihn auf seine unverschämte und unverwechselbare Art an. Und endlich schien die Wahrheit Arthur zu erreichen.   Es war möglich. Merlin war vor ihm. Er lebte! Merlin lebte!       Er stand vor ihm. Arthur konnte es nicht begreifen. Der Mensch, welcher ihm die Welt bedeutete. Sein Diener, sein bester Freund, sein Seelenverwandter. Er stand wirklich vor ihm.   Diese Tatsache überwältigte Arthur mehr, als er je gedacht hätte. Natürlich, er hatte Merlin vermisst. Sein Tod hatte ein klaffendes Loch in ihm hinterlassen, welches nur schwer zu heilen war. Nun aber ergriff ihn das Ausmaß seiner Sehnsucht nach seinem besten Freund mit aller Kraft. So sehr es sich Arthur gewünscht hatte, er hatte bereits bei seinem Eintreffen am See die Hoffnung aufgegeben, Merlin jemals wieder zu sehen. Arthur war auf einer Weise froh gewesen. Wäre Merlin wieder gegangen, hätte ihn das zerstört. Doch nun, wo sein bester Freund vor ihm stand, merkte Arthur erst, wie falsch er lag. Zuerst dachte er, ohne eine Chance wäre es besser, er müsste die Hoffnung nicht wieder begraben und sich geschlagen zurückziehen. Die Aussicht, keine Chance auf ein Gespräch, ein winziges Wiedersehen zu haben, hatte ihn jedoch innerlich zerfetzt. Erst jetzt bemerkte Arthur mit voller Wucht, wie einsam er sich das letzte Jahr über gefühlt hatte. Wie sehr Merlin gefehlt hatte. Wie sehr er dieses Treffen brauchte. Wie sehr er Merlin brauchte.   Mehr aus einem Impuls heraus als alles andere bewegten sich Arthurs Beine plötzlich wie von selbst. Seine Gedanken waren fort, nun hatte sein Herz die Kontrolle über seinen Körper übernommen. Seine überschäumenden und widersprüchlichen Gefühle konnte der König nicht länger im Zaum halten. Es war ihm nicht möglich. Mit schnellen Schritten lief der junge König durch das flache Wasser, hatte den Abstand zwischen sich und seinem besten Freund überwunden und schloss ihn fest in seine Arme. Schluchzer drangen aus seiner rauen Kehle an die Oberfläche, Tränen liefen über seine Wangen, seine Schultern zuckten leicht, doch es war ihm egal. Es war ihm alles egal. Er schämte sich dessen nicht. Nicht vor ihm. Wichtig war nur, dass es echt war. Das er echt war. Er war wieder da. Merlin war wieder da.   Arthur war seiner überschäumenden Gefühle nicht mehr Herr. Doch zwischen all den Gefühlen mischte sich noch etwas anderes. Eine Sache nahm er wahr. Arthur fühlte sich endlich wieder komplett. Er hatte nie wirklich realisiert, wie stark er durch den Verlust von Merlin zerrissen war, doch nun, wo sich die Lücke füllte, wusste Arthur nicht, wie er mit solch einem großen Loch in seinem Herzen und seiner Seele bisher überleben konnte. Er klammerte sich an Merlin fest wie ein Ertrinkender, als wenn er derjenige gewesen wäre, der gerade aus dem See aufgestiegen war. Der König  weinte und lachte gleichzeitig, seine Schultern bebten, seine Hände krallten sich in die so sehr vermisste braune Jacke. Es war ihm egal. Arthur konnte im Moment nicht denken, sondern nur fühlen. Seinen besten Freund, seine eigene Freude, das Leben selbst. Es schienen Jahre zu vergehen. Jahre, die dieses eine Jahr wieder wettmachen wollten, welches Arthur im Schmerz verbracht hatte. Jahre, die er sein Gegenüber nicht loslassen konnte, nicht wollte. Arthur wollte einfach spüren, dass es kein Traum war, dass sein Freund wirklich vor ihm stand. Er wollte diesen Menschen in seinen Armen nie wieder gehen lassen, nie wieder verlieren, niemals wieder. Seit langer Zeit fühlte Arthur sich wieder vollkommen. Als wenn seine zweite Hälfte zurückgekehrt wäre. Als wenn Arthur wieder ganz wäre.   Etwas überrumpelt starrte Merlin nach links, um den blonden Haarschopf seines Königs zu sehen. Unbeholfen verharrten seine Arme noch in der Luft, bevor er sich besann und sie um Arthur legte. Seinen besten Freund. Eine Weile standen die Beiden am Ufer des Sees, knietief im Wasser und genossen die wieder gefundene Nähe zueinander. Stunden schienen vergangen zu sein, ehe Arthurs Stimme die Stille durchbrach. „Du lebst…“, hauchte Arthur leise. „Du lebst.“ Seine Stimme hörte sich so schwach an, so gebrochen. Als würde er es noch nicht wirklich glauben und als würde er sterben, wenn es wirklich nur eine Illusion oder ein Traum war. Merlin lächelte sanft und drückte Arthur fester an sich. „Keine Angst“, sagte er beruhigend. „Ich bin hier.“ Plötzlich spürte er einen die Hände seines Königs auf den Schultern und er wurde weggedrückt. Verwirrt blickte Merlin auf. Die blauen Augen des Königs bohrten sich in seine. Verwirrung und Erstaunen waren in diesem Blick zu sehen, doch seine Lippen waren fest zusammengepresst. So als wäre er wütend. Merlin schluckte hart. Hatte er etwas falsch gemacht? Oder hatte sich Kilgharrah geirrt und Arthur hasste ihn nun doch? Dafür, dass er ein Zauberer war? Doch als er genauer hinschaute sah er in den Augen Arthurs noch etwas Anderes. Unendliche Erleichterung und Freude. Leben. „Aber wie - warum … ich verstehe nicht…“ Arthurs Stimme überschlug sich beinahe und Merlin hörte die unausgesprochene Frage in diesen Worten. `Wie kann es sein, dass du noch lebst und wieder bei mir bist? Wie ist solch ein Wunder möglich?´   Grinsend schüttelte Merlin den Kopf. Verwirrt wurde er gemustert. „Ich erzähle Euch gerne alles, was Ihr wissen wollt, was ich Euch sagen kann. Doch nicht hier. Dafür gibt es bei weitem bessere und gemütlichere Orte. Und außerdem glaube ich, dass man Euch bereits vermissen könnte.“ Natürlich wusste Merlin, dass Arthur nicht alleine zum See gereist war. Dafür musste er keine Magie einsetzen. Würden Gwen und seine Freunde Arthur zu solch einem schmerzvollen Ort nicht alleine gehen lassen. Mit leuchtenden Augen sah Merlin zu seinem König hoch, welcher tief einatmete und Merlin ansah. Einfach nur ansah. Es war ein durchdringender Blick, doch Merlin war nicht jahrelang der persönliche Diener und beste Freund des Königs, wenn er nicht hinter die Maske blicken könnte. Ein amüsiertes Funkeln war in den blauen Augen Arthurs zu sehen. Und die Freude. Unbändige Freude. Erleichterung. Leben. Einige Minuten atmete Arthur durch und versuchte, sich zu beruhigen. Dieses Wunder zu akzeptieren. Merlin gewährte ihm diese Zeit. Keiner von beiden unterbrach auch nur für einen Moment den Kontakt zwischen ihnen. Den brauchten sie beide. Vor allem Arthur. „Dann sollten wir uns auf den Weg machen, damit du mir alles beichten kannst. Es gibt viel zu besprechen“, sagte Arthur, wischte sich über die Augen und legte eine Hand auf Merlins Unterarm, um ihn aus dem See zu ziehen. Merlin sah kurz verwundert zu der Hand, welche ihm Halt bot und welche sich selbst Halt suchte, bevor er lächelte und den Unterarm Arthurs ergriff. Wärme erfüllte sie beide. Plötzlich wurde sein Lächeln zu einem breiten Grinsen und Arthur befürchtete mit einem Mal das Schlimmste. Und er sollte Recht behalten. Mit aller Kraft zog Merlin an Arthurs Arm und dieser war davon zu überrascht, als seinen Stand halten zu können. Kurz ruderte er mit seinem freien Arm, bevor er doch noch bäuchlings im Wasser landete. Lautes Platschen war zu hören. Merlin lachte, ließ sich von Arthur mitziehen, der noch immer seinen Arm umklammert hielt. Als würde Merlin verschwinden, sobald er ich nicht mehr berührte. Wieder platschte es laut und der Schwarzhaarige ließ sich leicht treiben. Das Wasser war angenehm warm. Ob durch die Magie, welche an diesem See herrschte oder der Jahreszeit, Merlin konnte es nicht sagen. Aber es war ein schönes Gefühl. Arthur kam aus dem Wasser und prustete. Gefährlich langsam wischte er sich das Wasser aus den Augen, was Merlin nur noch mehr zum Grinsen brachte.   Kurz sahen sich die beiden einfach nur an. Ein vor Ärger verzogenes Augenpaar blickte in ein Unschuld Mimendes. Lange konnten sie ihre Blicke jedoch nicht mehr halten. Sie beide prusteten los. Lautes Lachen erfüllte die Umgebung. Befreites, glückliches Lachen. Es kam Arthur wie eine Ewigkeit vor, dass er nicht mehr gelacht hatte. Als sie sich wieder beruhigten blickten sie sich abermals an. Freudiges Funkeln in beiden Blicken. Es tat gut, wieder so unbeschwert Lachen zu können, wie Arthur feststellte. Und auch Merlin, welcher das Lachen seines Freundes viel schöner fand als seine Tränen, lachte herzlich. Als sie sich wieder beruhigt hatten, sahen sie sich an. Wärme und Freude in beiden Blicken. Merlin erhob sich, um den See nun endlich zu verlassen und seinen Freunden wahrscheinlich den Schreck ihres Lebens zu verpassen, als er am Handgelenk zurückgehalten wurde. Arthur, welcher sich ebenfalls erhoben hatte, zog ihn plötzlich an sich und drückte Merlins Kopf mit der Stirn an seine Brust, genau dort, wo sein Herz schlug. Merlin hielt überrascht still, spürte das ruhige Schlagen und es schien, als würde das Herz seines Königs pure Freude ausströmen und auch ihn gefangen nehmen. „Ich bin wirklich froh, dich wieder bei mir zu haben, Merlin“, sagte Arthur mit einer Sanftheit in der Stimme, die Merlin nie zuvor von ihm gehört hatte. Merlin lächelte glücklich. Sein ganzes Selbst bebte vor Freude. „Auch ich bin froh, wieder bei Euch zu sein, Arthur.“   Hosted by Animexx e.V. 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