Merlin von LenaVanTionas (Das Schicksal von Camelot) ================================================================================ Kapitel 22: Das Ende von Vielen (Teil 2) ---------------------------------------- Kapitel 22 - Das Ende von Vielen (Teil 2)     Arthur stand mit erhobenem Schwert da und sah mit Entsetzen, wie Merlin am Boden kniete, nachdem er den Drachen von Morgana getötet hatte. Der Drache, welcher in einem Schauer aus Licht im Nichts verschwunden war. Nie hätte Arthur gedacht, dass er einmal Zeuge eines solchen Schauspiels werden würde. So traurig und entsetzlich die vorhergegangene Situation auch war, es war trotzdem ein Phänomen, welches er in seinem ganzen Leben niemals wieder vergessen würde.  Doch die Reaktion seitens Merlin… Sie erfüllte den sonst so stolzen und starken König mit schierer Fassungslosigkeit.   Tränen schimmerten auf den blassen Wangen seines Dieners, welche noch blasser als gewöhnlich schienen. Seine rechte Hand, welche blutverschmiert war und den Dolch hatte fallen lassen, hatte sich über seinem Herzen verkrampft und es schüttelte seinen Körper immer und immer wieder vor unterdrückten Schluchzern. Ob vor Schmerzen oder Trauer konnte Arthur unmöglich sagen. Wahrscheinlich beides. Und nur schwer konnte Arthur die Kämpfe wieder aufnehmen, denn noch waren nicht alle Sachsen besiegt.   Es herrschte zwar kurze Zeit Ruhe, nachdem der Roch in der flammenden Explosion verschwunden war, doch die Sachsen waren umso entschlossener, das Königspaar und die Ritter aus Camelot endlich zu töten. Es war wie verhext. Denn egal, was Arthur und seine Ritter taten, die Anzahl der Gegner wurde nur langsam weniger. Und irgendwie schien Morgana dabei ihre Hände im Spiel zu haben. Denn egal, wie tief die Wunden waren, welche die Ritter den Sachsen zufügten, solange diese nicht absolut tödlich waren, standen sie wieder auf. Arthur verstand nichts von Magie, er wusste aber trotzdem, dass Morgana mächtig war und für ihr Ziel über Leichen gehen würde. Und ihr schien es egal zu sein, wie viel Schmerzen sie den Sachsen mit dieser Aktion antat. Und sie hatten Schmerzen, dass war ihnen deutlich anzusehen. Doch sie schienen wie Berserker, jede Wunde verstärkte ihren Blutdurst scheinbar nur noch.   Und so konnte Arthur sich nicht weiter auf Merlin konzentrieren, obwohl sein Herz zerreißen wollte bei dem Anblick, welcher sein Diener da bot… Voller Trauer. Geschlagen. Beinahe… zerstört.   Aber eines wurde Arthur in diesem Moment bewusst.   Merlin hatte den Roch vernichtet. Merlin hatte Morgana vertrieben. Merlin hatte einen Drachen getötet. Er hatte sich so vielen Gefahren gestellt und sein Leben riskiert und das wahrscheinlich öfter, als Arthur oder sonst jemand in Camelot auch nur ahnen konnte. Und das alles nur, um ihn, Arthur, und seine Freunde zu beschützen.   Merlin. Zauberer. …Verräter…? Nein. Merlin war kein Verräter. Das konnte Arthur einfach nicht glauben.       Merlin hingegen konnte kaum klar denken. Der Schmerz, welchen er verspürte, war überwältigend. Kaum, dass der Schauer aus kleinen Lichtern, zu welchem Aithusa geworden war, nicht mehr zu sehen war, brach auch Merlin beinahe zusammen. Tränen rannen über seine Wangen. Seine Hand hatte er über seinem schmerzenden Herzen zusammengekrampft, sein Körper erbebte in unregelmäßigen Abständen. Er hatte bei eigenem Leibe den Schmerz von Aithusas Tod verspürt. Ihre Verzweiflung. Ihre Enttäuschung. Ihr Leid. Es war, als wäre Merlin selbst gestorben. Merlin keuchte, sein Atem ging schwer, Schweiß stand ihm auf der Stirn. So sehr er sich auch zusammenreißen wollte, gegen diese Übermacht an Gefühlen konnte sich niemand wehren. Schon gar nicht er. Egal, wie mächtig Merlin sein sollte, wie stark seine Magie war oder was er dem Roch gesagt hatte… er war noch immer ein menschliches Wesen, welches Gefühle hatte. Und seine Gefühle waren in dieser Situation schon schwer zu ertragen gewesen. Nun auch noch diesen Schritt zu gehen und Aithusas Schmerz zu ertragen, ihren Tod zu spüren… Merlin wusste, er hatte es verdient, doch es zwang in die Knie. Und wie schleichend der Tod kam. So wohl sich Aithusa dann in ihren letzten Atemzügen gefühlt hatte… den Tod konnte Merlin nicht aufhalten. Und es riss ihm das Herz aus der Brust, es ausgerechnet Aithusa angetan haben zu müssen. Er, der für all ihr Leid verantwortlich war. Seine Schuldgefühle drohten den jungen Zauberer zu zerreißen.   Doch lange konnte Merlin sich dem Schmerz nicht hingeben. Denn schon drang der Lärm der Schlacht wieder zu ihm herüber. Merlin hob unter großer Anstrengung den Kopf und sein gehetzter und schmerzhafter Blick richtete sich auf die Feinde, welche seine Freunde bedrohten. Und er sah es. Die Magie, welche Morgana an ihnen gewirkt hatte, diese seltsame Langlebigkeit, welche er zuvor nicht bemerkt hatte. Egal, wie oft die Schwerter der Ritter sie trafen, die Sachsen standen wieder auf, solange sie nicht absolut tödlich getroffen zu Boden gingen.   Die Sachsen kämpften weiter, obwohl Morgana verschwunden war. Ob es aus Blutdurst, Morganas Einfluss oder einfach nur Verzweiflung war, konnte Merlin nicht sagen. Doch es war ihm gleich. Sie hatten seine Heimat bedroht. Seine Freunde. Seine Familie. Chaos herrschte in seinem Kopf, ausgelöst von Schmerz, Trauer und Verzweiflung. Doch der Zauberer war noch so klar im Kopf, dass ihm bewusst war, was er nun zu tun hatte. Sein Beschützerinstinkt war in diesem Moment übermächtig. Er durfte sich dem Schmerz, den er mehr als verdient hatte, nicht einfach hingeben. Er musste kämpfen. Für seine Freunde!   Ein tiefes Grollen entfuhr seiner Kehle und Merlin schlug mit der Hand auf den Boden, ein goldenes Glühen erschien in seinen Augen. Ein Beben erfüllte das Areal und nur schwer konnten sich die Sachsen sowie die Ritter auf den Beinen halten. Es dauerte nicht lange, nur wenige Augenblicke, doch das gab Merlin Zeit. Die Zeit, welche er brauchte, um seine Freunde zu retten. Und das konnte er nur,… wenn er die Feinde vernichtete. Merlin sammelte seine Magie und ließ ihr und seinen unterdrückten Gefühlen freien Lauf, eine mehr als gefährliche Kombination. Merlin keuchte auf, sein Körper bebte. Noch immer kniete er am Boden. Seine Verzweiflung, sein Schmerz und seine Qual, all die negativen Gefühle, welche sich in ihm angestaut hatten und jene, welche er zu unterdrücken versucht hatte, all jene, welche er durch Aithusa gespürt hatte, brachen an die Oberfläche, ließen sich nicht mehr verschließen. Sein Körper, sein Geist und sein Herz schienen unter all dem Druck und den Gefühlen zerreißen zu wollen, doch er hörte nicht auf. Merlin musste alle Macht, die er in diesem Moment aufbringen konnte, bündeln und sie seinen Feinden entgegenbringen. Seine Gefühle und seine Magie. All das entließ Merlin in einem urgewaltigen Schrei aus seinem Mund, welcher von den Wänden widerhallte, Steine bersten ließ und sie zu Staub zermahlte. Und mit diesem Schrei entkam Magie, stark und schnell. Sie raste wie eine Welle über die Reihen der Gegner, absolut tödlich, schleuderte die Sachsen in hohen Bögen von seinen Freunden fort, ließ sie brachial auf dem Boden aufkommen oder gegen die steinernen Wände krachen, das Brechen ihrer Knochen echote in dem Areal wider, ihr dunkles Blut färbte den Boden. Jeder einzelne dieser Sachsen fand den Tod durch seine Magie.   Niemand blieb übrig. Niemand entging Merlins Macht.       Es herrschte Stille. Absolute Stille. Die Magie war noch deutlich zu spüren, doch die tödliche Macht war bereits verflogen, nachdem jeder Feind vernichtet wurde. Schwer atmend stand Merlin da, er hatte sich bereits wieder schwerfällig erhoben, seine Beine zitterten, er hatte den Kopf gesenkt. Nur er stand noch. Er und seine Freunde.   Verwirrt, was überhaupt geschehen war, was mit den Feinden passiert war, richteten sich Arthur und die Anderen wieder vollends auf. Als sie die Welle der Magie spürten, welche über das Areal zog, hielten sie sich geduckt, da sie glaubten, nicht davon verschont zu werden. Aber das wurden sie. Wie durch ein Wunder blieben Arthur und seine Freunde unverletzt. Doch nein, das war kein Wunder. Niemals hätte Merlin einem von ihnen ein Leid zugefügt. Jedenfalls körperlich… Nie würde er seine Magie gegen sie einsetzen, ihnen Schaden zufügen. Merlin hatte seine Magie gezielt gegen die Sachsen gerichtet. Und er hatte sie alle getötet. Langsam schienen Arthur, Gwen und die Ritter zu begreifen, was passiert war, als sie sich umsahen und die toten Sachsen sahen, welche nun wirklich den Tod gefunden hatten. Sie begriffen, was ihr schwarzhaariger Freund getan hatte, doch sie wollten es nicht glauben. Die Ritter und das Königspaar war über die Gnadenlosigkeit Merlins schockiert, aber innerlich begriffen sie, dass Merlin das alles nur getan hatte, um sie zu beschützen.   Sie besahen sich selbst, ihre Freunde, fragten sich stumm, ob auch jeder in Ordnung war, bevor sie sich umwandten und ihre Blicke nun endlich Merlin zuwandten.     Merlin war restlos erschöpft. Durch seinen Kampf gegen Morgana, den Widerstand gegen den Roch, den Mord an Aithusa (Merlin weigerte sich, seine Tat als etwas anderes anzusehen, auch, wenn es ihm das Herz aus der Brust riss) und dem Rückschlag gegen die Angreifer war er schwach. Noch nie in seinem Leben hatte er sich je so schwach gefühlt. Doch das war auch kein Wunder. Er hatte an diesem Tag mehr Magie verbraucht, als er je bewusst wahrgenommen hatte. Doch Merlin spürte, dass Morgana nicht verschwunden war. Sie war ebenfalls schwach, aber sie war noch immer in der Nähe von ihnen. Sie schien auf eine günstige Gelegenheit zu warten, um ihr Ziel zu erreichen. Oder vielleicht wollte sie sich auch bereit halten, um Aithusa zu retten… Der Gedanke an die junge Drachin ließ den Zauberer schmerzhaft aufkeuchen. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Doch daran durfte es jetzt nicht scheitern. Und deswegen wollte Merlin seine letzten Kräfte dazu benutzen, um seinen Herrn zu beschützen und diese Hexe endgültig zu vernichten.   Die Reste seiner Magie pulsierten in ihm, Adrenalin wurde durch seine Adern gepumpt. Diese beiden Dinge hielten ihn aufrecht, bewahrten Merlin davor, dass seine zittrigen Beine einknickten. Diese beiden Dinge… und ein Gedanke, welcher in seinem Kopf herrschte. Ein einziger Gedanke, welcher sich immer und immer wiederholte und für den Merlin lebte. Ein Seufzen entfuhr dem Schwarzhaarigen. Er musste es tun. Wenn er die Hexe wirklich töten wollte… Wenn er sie wirklich für immer vernichten und seinen Herrn beschützen wollte… dann musste er es tun. Es war so still. Es wunderte Merlin, dass selbst seine… Freunde bisher noch kein Ton gesagt oder einen Schritt getan haben. Jedes Geräusch, jeder Atemzug schien die Situation zur Eskalation zu bringen. Aber das war zweitrangig. Nun… musste er es tun.   Merlin hob den Kopf. Seine blauen Augen sahen über das Areal, über die Leichen der Sachsen, welche er zu verschulden hatte, hinüber zu seinen Freunden, welche alle in seine Richtung blickten. Genau in diesem Moment… als wenn es Schicksal war… blickte Arthur zu ihm… zwei blaue Augenpaare trafen sich. War Arthur sonst wie ein offenes Buch für Merlin… so konnte er in genau diesem Moment, wo es ihre Zukunft bedeuten könnte, nicht sagen, was sein Herr, sein König,… sein Freund dachte… Er wusste nicht, ob es an seiner eigenen Erschöpfung lag, an der Tatsache, dass Arthur seine Gefühle vor ihm verbarg oder sich Merlins Geist vor der Wahrheit verschloss… Merlin konnte nicht sagen, was Arthur dachte. Und vielleicht wollte Merlin das auch gar nicht… Denn hätte er in diesen blauen Augen den Schmerz gesehen, die Verachtung, den Hass… dann hätte Merlin vielleicht nicht mehr die Kraft für seine nächste Tat gehabt… die Wichtigste von allen…   Merlin streckte seine Hand in Richtung seines besten Freundes aus. Er konnte sehen, wie Arthurs Augen sich weiteten, wie sein Körper erstarrte, ebenso wie die seiner Freunde. Der Schwarzhaarige wusste nicht, ob sie alle in diesem Moment erwartete, dass er seinen König mit einem Zauberspruch töten würde… Ein schmerzhafter Stich durchfuhr sein Herz, als er über diese Möglichkeit nachdachte und keuchte gepeinigt auf, seine Hand verkrampfte sich leicht. Ob sie es ihm wirklich zutrauten… Nein, Merlin durfte jetzt nicht denken, er musste handeln. Handeln, um seinen besten Freund zu beschützen.   Mordred war tot. Und die Zukunft beinhaltete, dass es der junge Druide war, welcher den König töten würde. Doch dazu würde es nun nicht mehr kommen können. Diese Prophezeiung wurde verhindert, aber es gab einen Knackpunkt. Denn die Propheten hatten von Arthurs Tod gesprochen. Während einer Schlacht. In Camlann. Durch Mordred. Eine Vorraussetzung wurde beseitigt. Aber Merlin würde kein Risiko eingehen. Nie wieder.   „Mìn lìf Ïfter þin!“   Und so hallte seine Stimme laut von den Wänden wider, als sein immer zuversichtliches Blau von Gold überflutet wurde, seine Magie so stark wie noch nie in ihm pulsierte und er den Zauberspruch rief, welcher das vorherbestimmte Schicksal endgültig zerschlagen sollte.   Denn er war die Magie. Er war Emrys. Merlin selbst… war das Schicksal!       Arthur erschauderte, als er Merlin mit diesen goldenen Augen sah, welche in der dunklen Schlucht wie zwei Sterne wirkten, die Hand nach ihm ausgestreckt und die Worte hallten in seinen Ohren wider. Eine fremde Sprache, welche der König nicht verstand, welche ihm beinahe schon Angst machte. Ein Zauberspruch, welcher ihm galt.   Für einen Moment… für einen winzigen Augenblick hatte Arthur die Erwartung, dass er sterben würde. So wie schon die Sachsen. Durch einen Zauberspruch. Durch Merlins Hand. Später würde er sich für solch einen Gedanken einen Idioten schimpfen, sich schämen, dass er jemals so sehr an seinem Diener gezweifelt hatte, doch für einen einzigen Moment war der Gedanke da.   Doch der wahre Schock ereilte ihn, als sich eine Wärme in ihm ausbreitete, welche er sich nicht erklären konnte. Ein erschrockenes Aufkeuchen konnte Arthur nicht verhindern. Sofort spürte er die Hände von Gwen und seinen Rittern auf seinem Körper und hörte ihre erschrockenen Stimmen, doch er konnte nicht antworten. Gwens Gesicht schob sich in sein Blickfeld, die Augen vor Sorge und Angst aufgerissen, aber auch darauf konnte er nicht reagieren. Denn das Gefühl, welches seinen gesamten Körper erfüllt hatte, war bereits wieder verschwunden, so als wäre es nie da gewesen, doch Arthur spürte noch immer dieses Echo davon, welches in seinem Körper verweilte. Der König wusste aus purem Instinkt, was ihn so erwärmte.   Es war Magie. Pure Magie. Sie hatte ihn durchströmt, jede einzelne Zelle durchwandert, von den Zehen bis in seine Haarspitzen. Arthur hatte schon öfter mit Magie zu tun, er war bereits verzaubert worden, konnte sich allerdings kaum daran erinnern. Verletzungen durch Magie taten weh, hätten ihn des Öfteren beinahe das Leben gekostet. Es war nie angenehm gewesen. Aber jetzt! Merlin hatte irgendetwas mit ihm gemacht, doch es war nicht schlecht oder böse, wenn Arthur es beurteilen sollte. Denn diese Magie, Merlins… Magie, welche ihn durchströmt hatte, war nicht dunkel oder schmerzhaft. Sie war… warm. Rein. Und irgendwie… Alt. Mächtig. Arthur konnte beim besten Willen nicht erklären, was Merlin getan hatte. Er wollte Antworten. Er brauchte Antworten. Dringend. Ihm spuckten so viele Fragen im Kopf umher, dass sein Schädel zu platzen drohte. Nun hatte sein Diener seine Magie auch noch gegen ihn gewandt. Aber warum? Nicht um ihm zu schaden, so viel war Arthur klar. Aber weswegen dann?   Er trat einen Schritt vor, bedeutete seiner Frau und seinen Freunden, dass alles in Ordnung wäre. Seine aufgerissenen blauen Augen starrten direkt zu seinem Diener, welcher ihm so weit entfernt wie nie zuvor vorkam. Und er wusste noch nicht einmal, ob diese Entfernung je wieder zu überwinden wäre…     Unendlich erleichtert atmete Merlin aus, pure Freude und Glück durchströmten ihn. Er hatte es getan. Und es hatte funktioniert. Er hatte es wirklich geschafft. Merlin konnte es kaum fassen. Wie viele Zweifel hatte er doch gehegt, dass er es wirklich vollbringen könnte. Die ganze Situation selbst kam ihm nicht halb so schwierig vor wie dieser eine Schritt. Doch es hatte funktioniert. Vor Freude hätte er beinahe laut aufgelacht. Nun musste Merlin es nur noch beenden…   Und er wollte es beenden, jetzt! Also wandte er sich an Morgana und sprach sie zum ersten und letzten Mal in Gedanken an. Er wusste, dass sie es hören konnte, war sie nahe genug, doch er kam nicht umhin, die Worte aus seiner Seele und auch aus seinem Mund zu entlassen. Sie alle, Arthur, Gwen, Gwaine, Elyan, Leon, Percival und Morgana… Sie alle sollten hören, wie ernst er diese Worte meinte. „`Sieh es ein, Morgana!´“ Laut hallte seine Stimme über das zerklüftete Areal wider, ebenso wie in den Gehörgängen der Anwesenden. Wieder haftete der Stimme von Merlin eine Ernsthaftigkeit an, welche das normale Maß weit überstieg. „`Du kannst nicht gewinnen! Auch, wenn du jetzt weißt, wer ich bin, wird das nichts ändern! Du bist nicht mächtig genug, um mich zu besiegen! Und solange ich lebe, werde ich Arthur, Gwen, meine Freunde und das Königreich beschützen! Arthur wird auf ewig über Camelot herrschen, mit Gwen an seiner Seite! Durch sie beide wird Camelot eine goldene Zukunft haben und im Licht erstrahlen! Der Thron wird niemals dir gehören!´“   Die Zukunft von Camelot… Es war Merlins Traum und sein Lebensziel, dass Camelot in Frieden leben und auf ewig bestehen würde. Mit Arthur und Gwen als Königspaar. All das… und noch so viel mehr konnte man in den Worten hören, welche er Morgana entgegenbrachte. Keiner von ihnen wusste, ob er mit dem Wind sprach oder ob die Hexe ihn wirklich noch hören konnte. Keiner von ihnen wusste, dass Merlin Zugang zu ihr hatte… die Worte sie wirklich erreichten… und der Hass neue Wellen schlug…   Merlin hoffte wirklich, dass sie darauf ansprang. Er war sehr geschwächt, doch er wollte sie nicht entkommen lassen und in Zukunft mit der Furcht leben, dass sie jederzeit wieder zuschlagen könnte. Wenn er nach all den Erlebnissen am heutigen Tag noch ein Leben haben würde. Er konnte nicht sagen, was Arthur mit ihm machen würde… Sollte der Roch wirklich Recht behalten und Arthur würde ihn töten… dann wollte er in dem Wissen sterben, dass sein Herr, seine Freunde und ganz Albion in Sicherheit waren…         ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~         Morgana war am Ende ihrer Kräfte. Sie war vollkommen ausgezerrt. Und trotzdem wuchs ihr Hass. Beinahe ihre gesamte Magie löste sich mit der Vernichtung des Rochs ins Nichts auf. Nur noch ein kleiner Rest war ihr geblieben. Dabei war sich Morgana dieses Mal so sicher, dass sie Arthur und seine Freunde endlich würde töten können. Und nun zwang sie dieser närrische Diener auch noch zur Flucht. Doch er zwang nicht nur sie zu etwas, was sie nicht wollte. Aithusa. Das Zittern ihres Körpers… Ihr Taumeln… Dieser gebrochene Blick… Und Morgana begriff. Sie wusste nicht, was Merlin Aithusa befohlen hatte, verstand sie die alte Sprache nicht, welche er benutzte. Doch die Hexe wusste, dass Aithusa Merlin gehorchen musste. Gegen ihren Willen. Morgana konnte gerade noch ihre Hand ausstrecken, doch sie bekam Aithusa nicht zu fassen, welche mit Tränen in den Augen von ihr zurückgewichen war. So, wie es ihr anscheinend befohlen wurde… Morganas Zorn und ihr Hass auf Merlin wuchs. Wie konnte dieser jämmerliche Diener es wagen, Aithusa zu etwas zwingen zu wollen, was sie nicht wollte?! Das würde Morgana nicht zulassen, niemals! Vielleicht konnte sie noch warten, sie würde Aithusa nicht im Stich lassen, nicht noch einmal! Doch sie brauchte Kraft dafür, denn es waren Arthur, die Ritter und Emrys, welche dort auf sie warten würden, von diesem riesigen Drachen ganz zu schweigen. Wenn sie einen Moment warten würde, nur für einen kurzen Moment ausruhen und Kräfte sammeln könnte. Die Überraschung wäre auf ihrer Seite, sie könnte mit Aithusa fliehen und - Morganas Gedanken stoppten, als ein stechender Schmerz durch ihr Herz zog. Keuchend ging Morgana in die Knie, hielt sich mit einer Hand die Stelle, an welchem ihr Herz schmerzhaft und verkrampft in ihrer Brust schlug.   Morgana wusste nicht woher, doch sie spürte sofort, was geschehen war. Sie hatte in diesem Moment das einzige Wesen verloren, welches an ihrer Seite war und ihr immer Hoffnung gespendet hatte, welches noch einen Platz in ihrem vom Hass zerfressenen Herzen hatte.   Aithusa… Sie war tot. Getötet… von Emrys. Gepeinigt keuchte die Hexe auf, Tränen rannen ihr über die blassen Wangen, das von ihrer Flucht zerzauste Haar hing ihr schlaff ins Gesicht. Morgana spürte den Schmerz in ihrem Herzen. Sie war nicht so stark mit Aithusa verbunden, wie es Merlin als Drachenmeister war, doch die Verbundenheit reichte soweit, dass Morgana es spürte, wenn etwas mit der Drachendame passierte. Und dies war nun das letzte Mal, dass sie Aithusa spürte… Die Erkenntnis ließ den Schmerz und die Verzweiflung aufflammen und Morgana aufkeuchen, doch gleichzeitig erreichte der Hass in ihr neue Dimensionen. Merlin… er hatte es gewagt… er hatte es gewagt, Morgana das Einzige in ihrem Leben zu nehmen, was ihr noch Freude bereitete. Das einzige Wesen, welches immer zu ihr gehalten hätte und für sie da war… Umso mehr bereute die Hexe ihr Verhalten gegenüber Aithusa. Wie konnte sie sich nur so von dem Roch und seiner Macht einwickeln lassen? Wie sehr sie es bereute… Aber umso fester wurde ihr Entschluss, Merlin zu zerstören. Sie wollte ihn nicht nur töten… Nein. Nach dieser Tat, nach dieser unverzeihlichen Tat, wollte Morgana die Seele von Merlin zerreißen, so wie er die ihre zerrissen hatte. Wenn sie den Worten der Cailleach allerdings Glauben schenkte… dann würde Emrys ihr Verderben sein. Doch es war ihr gleich. Nun war es ihr gleich. Egal, was mit ihr geschah, sie wollte Rache und Merlin gnadenlos zerstören. Sie wollte ihn sehen, wenn er zerbricht. Morgana wollte Emrys zerstören, seelisch und körperlich. Wenn sie das schaffte,… dann wäre er keine Bedrohung mehr für sie. Nie wieder.   Sie würde ihn zerstören. Ebenso seinen Traum. Seine Worte hallten ihr noch in den Ohren wider.   „Durch sie beide wird Camelot eine goldene Zukunft haben und im Licht erstrahlen!“   Nein. Das würde sie nicht zulassen. Camelot würde untergehen. Entweder würde das Königspaar und somit Emrys sterben oder es würde durch ihren Hass in ewige Dunkelheit getaucht. Wie auch immer die Zukunft aussah… nie wieder sollte in Camelot das Licht herrschen.   Und um das zu erreichen… da gab es nur einen Weg. Und diesen würde sie einschlagen. Jetzt!       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~       Merlin atmete schwer, die Erschöpfung griff nach ihm. Er wusste nicht, wie lange er seine Magie noch so gezielt einsetzen konnte, doch er musste durchhalten. Er spürte die Präsenz von Morgana. Jetzt musste er nur noch ihren Gegenschlag erwarten. Aber einen kurzen Moment würde er brauchen. Erschöpft schloss er die Augen…   Ein riesiger Wirbel aus Staub und Dreck entstand plötzlich. Merlin zischte, riss die Augen auf und wollte dagegen halten, doch plötzlich wurde er von einer unsichtbaren Welle an Magie getroffen und zurückgeschleudert. Hart kam er auf dem steinernen Boden auf und ihm wurde schmerzhaft die Luft aus der Lunge gepresst.   Die Ritter und Gwen erschraken, wollten sich verteidigen, doch gegen die Magie der Hexe hatten sie keine Chance. Mit einem gewaltigen Stoß wurden sie allesamt zurückgeschlagen und ihnen erging es ebenso wie Merlin.   Stöhnend richtete sich Arthur auf, der Schlag war nicht stark genug, um ihn in die Schwärze zu schicken, doch sein Kopf dröhnte. Seine Hand taste nach seinem Schwert, doch als er es mit den Fingerspitzen ertastete, flog es durch einen weiteren Zauber seiner Schwester davon. Fluchend sprang Arthur schwankend auf die Füße, da sein Kopf noch immer von dem Aufprall dröhnte und sah sich Morgana gegenüber, welche ihn mit einem finsteren Lächeln bedachte. Für einen Moment schien die Zeit still zu stehen, bevor Stahl im Mondlicht aufblitzte, als Morgana ihren Arm hob. Arthur hatte gerade noch Zeit, die Augen aufzureißen, bevor er einen Ruck spürte. Als er wie in Zeitlupe den Kopf senkte, sah er die Klinge eines Schwertes, welches sich in seinen Bauch gegraben hatte. Kurz betrachtete er, wie Blut an dem Stahl der hellen Klinge, welche seiner so ähnlich war, entlang lief, bevor er seinen Kopf wieder anhob und in die freudigen und vom Wahnsinn erfüllten Augen Morganas blickte.   Mit einem Ruck zog Morgana das Schwert wieder aus seinem Körper und ließ ihre Augen kurz golden aufleuchten, wodurch Arthur zurückgestoßen wurde. Zurücktaumelnd prallte er mit dem Rücken gegen einen großen Felsen. Stöhnend versagten seine Beine den Dienst und Arthur ließ sich daran herabsinken. Sein Körper wurde schwer.   Die Ritter und Gwen, welche sich wieder aufgerappelt hatten, sahen mit Schrecken, was Morgana getan hatte, wie ihr König schwer verletzt wurde und sie schrieen geschockt auf. Gwen wollte zu ihrem Mann laufen, doch Elyan hielt sie fest. Sie wehrte sich, doch der Ritter ließ sie nicht gehen, auch wenn er selbst sich nur mit Mühe zurückhalten konnte. Seine Aufgabe bestand im Moment darin, seine Schwester zu schützen. Die Königin fing an zu weinen und schrie immer wieder nach Arthur. Bevor die Ritter auf Morgana losgehen konnten, schleuderte sie diese mit einem weiteren Spruch davon. Hart kamen Leon, Gwaine, Percival, Elyan und Gwen auf dem Boden auf und blieben stöhnend liegen. Die Hoffnungslosigkeit und die Verzweiflung nagten an ihnen. Sie konnten Morgana nicht das Wasser reichen, konnten nicht gegen sie bestehen… und nun… nahm sie ihnen das Wichtigste in ihrem Leben…   Morgana keuchte, sie war mehr als erschöpft, ihre Magie so gut wie aufgebraucht, doch ein finsteres Grinsen schlich sich auf ihre Lippen. Genau so musste es sein. Wenn Arthur sterben würde, wenn all seine Bemühungen vergebens wären, dann würde es Merlins Herz und Seele zerreißen. Es würde ihn vollkommen zerstören. Und er wäre nie wieder in der Lage, sich ihr zu widersetzen. Und mit dem Schwert, welches Aithusa mit ihrem Drachenfeuer angehaucht hatte, würde Merlin keine Chance haben, Arthur zu retten. Der König würde sterben. Unwiderruflich. Und mit dem Tod von Arthur würde auch endlich ihr eigener Traum in Erfüllung gehen. Und nicht nur Merlin würde sie auf diese Weise zerstören können, auch Gwen und die Ritter wäre sie endlich los, denn schon jetzt setzte die Verzweiflung bei ihnen ein und ließ sie völlig kopflos werden. Es war einfach herrlich.   Morgana schritt langsam und so hoheitsvoll wie es ihr in ihrem erschöpften Zustand möglich war, auf den noch amtierenden König von Camelot zu. Voller wahnsinniger Freude lächelt sie auf ihn herab. „So endet es also mit dem ach so großen König von Camelot“, sagte sie und ihre Stimme triefte nur so vor Hohn. Langsam kniete sich die Hohepriesterin vor den Blonden und sah ihm direkt in die Augen. Ihr Schwert, welches sie noch immer in der Hand hielt und von dem das Blut tropfte, legte sie neben sich. Es schien, als würde sie diesen Anblick genießen wollen. Arthur saß Morgana gegenüber und sah sie mit großen Augen an. Sein Atem ging schwer. „Weit ab von Zuhause und deiner größten Feindin schutzlos ausgeliefert wirst du sterben, Arthur Pendragon“, sagte Morgana und es schien ihr die größte Freude zu bereiten, ihm das vor Augen zu führen.   Unbemerkt kam Merlin auf sie zu. Der Schlag von Morgana war zu schwach gewesen, um ihn lange außer Gefecht zu setzen, doch seine Schritte waren schleppend und langsam. Mit zitternden Fingern und einer gewissen Anstrengung hob er lautlos das Schwert von Arthur auf, welches sein Herr fallen gelassen hatte. Die einzige Waffe, welche ihm jetzt noch gegen Morgana helfen konnte. In ihrem Wahn bemerkte die Schwarzhaarige nicht, wie Merlin näher trat. Er gab den Anderen, welche sich wieder aufgerappelt hatten, ein Zeichen, sich fernzuhalten. Er würde sich um Morgana kümmern. Merlin würde die Hexe endgültig töten.   „Doch keine Sorge. Du wirst nicht einsam sterben. Ich werde hier bleiben und dir dabei zusehen. Oder…“ Morgana schien ein Gedanke gekommen zu sein. Ihr Gesicht hellte sich in freudigem Wahnsinn auf, worauf Arthur keuchte und die Augen aufriss. „Ich nehme dich mit. In den Wald. Dort können sich die Wölfe an deinem Fleisch laben und in deinem Blut baden. So hättest du bis zu deinem Tod noch einen Zweck gehabt. Wäre das nicht herrlich?“   „Nicht, wenn du vorher stirbst“, sagte plötzlich Merlin, welcher nun direkt hinter Morgana stand und mit dunklen Augen auf sie hinab sah. Erschrocken sprang Morgana taumelnd auf und sah mit großen Augen auf die Klinge, welche sich in seiner Hand befand. Ein spöttisches Lachen entfuhr ihr. „Wie konnte ich es bloß all die Jahre nicht bemerken?“, fragte sie laut und schien sich die Frage selbst zu stellen. Merlin spannte die Muskeln an, seine Fingerknöchel der Hand, mit welcher er das Schwert umklammert hielt, traten weiß hervor. „Kann es sein, dass ich wirklich so blind war? Einen anderen Grund kann es nicht geben, wie hättest du sonst immer wieder siegreich sein können? Immerhin warst du es, der meine Schwester getötet und all meine Pläne vereitelt hast. Oder nicht? Aber zu meiner Freude sehe ich, dass du nicht nur mich getäuscht hast, sondern auch all jene, die du `Freunde´ genannt hast“, sagte Morgana und lachte kalt. Ohne, dass es die Hexe bemerkte, wanderte der Blick von Merlin zu seinem Herrn, welcher noch immer schwer atmend am Boden saß und sich kaum rührte. In den Augen des Königs spiegelten sich hunderte von Fragen und auch die unterschiedlichsten Gefühle, welche Merlin in seinem Zustand gar nicht alle erfassen oder gar deuten konnte und wollte. Doch Arthurs Augen weiteten sich voller Schrecken, als er die sich langsam ausbreitende Leere in den Augen seines Dieners bemerkte. Gepaart mit der Bitte um Vergebung.   Morganas Blick wanderte wieder zu der Klinge. Das spöttische Lächeln kehrte auf ihre Lippen zurück. „Ich bin eine Hohepriesterin der alten Religion. Keine sterbliche Klinge kann mich töten.“ Merlins leerer Blick traf ihren. Morganas Augen weiteten sich. „Ich weiß.“ Und schon stach Merlin zu. Geschockt schnappte Morgana nach Luft, als die Klinge einfach ihren Bauch durchdrang und der unerträgliche Schmerz durch ihren Körper zog. Wie auch alle anderen Anwesenden. Arthur stockte der Atem, als er sah, was sich genau vor seinen Augen abspielte. Als er sah, wie Merlin Morgana einfach tötete. „Wie deines… ist auch dieses Schwert im Atem eines Drache geschmiedet worden“, sagte Merlin mit einer tiefen und doch kraftlosen Stimme. Er ignorierte den geschockten und schmerzhaften Ausdruck, welchen ihre Augen inne hatten, als sie zu ihm hochsah. Mit einem Ruck zog Merlin das Schwert hinaus und Morgana fiel zu Boden, ihre Hände auf die tödliche Wunde gedrückt. Sie keuchte und wand sich unter den Schmerzen. Merlin blickte einfach emotionslos auf sie herab und beobachtete ihre letzten Augenblicke auf dieser Welt.   Und in ihren letzten Sekunden übermannte Morgana Pendragon die endgültige Erkenntnis. Das Schicksal konnte nicht beeinflusst werden. Nicht von ihr. Dazu war sie bei weitem nicht mächtig genug. Nicht so mächtig… wie er. `Merlin… Emrys…´ Gedanklich zischte sie voller Hass und Verachtung seine Namen, bis diese endeten und die Hexe ihr Leben aushauchte.       Dies war das Ende von Morgana Pendragon.       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~       Arthur wusste gar nicht wie ihm geschah. Schockiert saß er an dem Felsen und konnte sich auf nichts anderes als das Bild vor sich konzentrieren.   War Morgana jetzt wirklich tot? Wirklich und wahrhaftig nicht mehr am Leben und außerstande, irgendjemanden Schaden zuzufügen? Nach allem, was sie Camelot und seinem Volk angetan hatte, sollte es jetzt endlich vorbei sein? Arthur konnte es kaum glauben. Ein kleiner Stich des Bedauerns und der Trauer stach in sein Herz, doch die Erleichterung und der Unglaube überwogen. Noch weniger konnte er allerdings glauben, dass das Gefühl der Schwere, welches seinen Körper befallen hatte, seit Morgana ihn mit ihrem Schwert durchbohrt hatte, mit einem Mal verschwand. Arthur fiel auf, dass er keine Schmerzen verspürte, doch er hatte gedacht, dass es der magischen Klinge von Morgana zu verdanken wäre. Aber was war jetzt los? Wieso ging es ihm mit einem Mal wieder so gut? Arthur wunderte sich, betastete und besah sich seinen Körper, die Stelle, welche vom Schwert durchbohrt wurde. Keine Wunde. Kein Blut. Er war nicht verletzt. Seine Augen weiteten sich. Gwen kam mit Tränenverschmierten Gesicht auf ihn zu gerannt. Kurz blieb sie wie erstarrt stehen, als sie die Leiche von Morgana sah, welche unweit neben ihrem Gemahl lag, doch diese interessierte sie in diesem Moment nicht. Auch Merlin warf der Königin einen ungläubigen Blick zu, bevor sie zu Arthur rannte. Ihre Sorge und ihre Angst brachte sie beinahe um den Verstand. Sie untersuchte ihn, ihre Hände wanderten panisch über seinen Körper und versuchten, ihm irgendwie zu helfen. Doch auch sie fand nichts. Absolut nichts! Nicht einmal sein Kettenhemd war beschädigt. Ungläubig starrte sie ihren Mann an, welcher mit großen Augen zurückstarrte. Keiner von beiden konnte auch nur im Ansatz begreifen, wie so etwas möglich war. Morgana hatte die Absicht ihn zu töten. Selbst wenn sie eine Klinge verzaubern sollte, aus welchen Grund auch immer, dann würde sie vorher sichergehen, dass sie damit auch hundertprozentig würde töten können. Doch Arthur lebte und war unverletzt. Also wie…?   Das Scheppern eines Schwertes, welches auf den steinernen Boden prallte, holte sie beide aus ihren verworrenen und sich überschlagenen Gedanken. Sie sahen zu der Quelle des Geräusches und entdeckten Merlin. Das Schwert von Arthur, an welchem noch Morganas Blut klebte, war Merlins kraftlosen Fingern entglitten. Blasser als sonst sah er zu ihnen herüber, sein Gesicht vor Schmerzen verzehrt. Er war einige Meter zurückgetorkelt und schwankte mehr als das er stand. Als der Mond in seiner vollen Pracht das Geschehen beleuchtete sahen sie auch den Grund dafür. Merlins Hemd hatte sich vorne in Höhe seines Bauches dunkelrot verfärbt. Und der Fleck breitete sich immer weiter aus. Aber wieso - ? Ein erschreckender Gedanke kam sowohl Arthur als auch Gwen, doch sie kamen damit nicht bis zum Ende, denn Merlin begann mit leiser und kraftloser Stimme zu sprechen. „Mìn lìf… Ïfter… þin…“ Er sprach die Worte aus, ohne Macht, ohne Zauberkraft, sodass sie das blieben, was sie waren. Worte. Und doch hatten diese eine unglaubliche Wirkung. Arthurs Atem stockte. Es erkannte die Worte wieder. Es war der… Zauberspruch, welchen… Merlin zuvor bereits ausgesprochen hatte. Arthur schluckte hart. Merlin… ein Zauberer… `Verrat´, pochte es leise in Arthurs Kopf, doch nach all seinen Taten und Worten konnte es der König kaum glauben. Er wollte es nicht glauben, denn Merlin hatte ihnen allen offenbar unter Aufbietung aller Kräfte das Leben gerettet. Und anscheinend… war dadurch nun sein eigenes Leben in Gefahr…   Nur schwer brachte Merlin den Satz heraus, welcher alles erklären sollte. Schwach blinzelte der Zauberer auf seine Freunde hinab. „Mein Leben… für deines…“ Während sich die Augen von Arthur und Gwen ungläubig und schockiert weiteten schloss Merlin die Seinen. Seine vor Schmerz vernebelten Gedanken schweiften ab.   Zurück zu jenem Abend, an welchem er seine Entscheidung traf.       Flashback     „Vielleicht gibt es einen Weg“, sagte Kilgharrah und hatte somit sofort die volle Aufmerksamkeit des Zauberers. „Und welchen?“ „Du besitzt eine Macht, größer als alles, das es sonst auf dieser Welt gab, gibt und je geben wird“, sagte Kilgharrah und in seinen Augen spiegelte sich eine Ehrfurcht wider, welche Merlin bei seinem alten Freund noch nie zu sehen bekam. „Deine Magie ist groß. Die Luft, die Erde, das Wasser, das Feuer“, erklärte der Drache weiter und ein kleines Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. „Die Elemente gehorchen dir. Du besitzt die Magie nicht nur. Du BIST die Magie.“ Merlin sah kurz erstaunt auf, doch er unterbrach seinen Bruder nicht. „Wenn du dein Schicksal wirklich angenommen hast und sich deine Magie zu ihrer vollen Stärke entfalten kann, dann kannst du vielleicht Dinge bewirken, die sonst niemand kann.“ Seine bernsteinfarbenen Augen betrachteten den Schwarzhaarigen, intensiv und mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen, den Merlin nicht deuten konnte. „Vielleicht kannst du etwas bewirken, um Arthur zu retten, sollte sich die Prophezeiung wirklich erfüllen… doch ich fürchte, der Preis dafür wäre fatal.“ Merlin kniff die Lippen zusammen. Er musste nicht lange überlegen, was genau der Preis für Arthurs Leben sein könnte. „Mein Leben?“, wollte er wissen, obwohl sich Merlin schon sehr sicher war. Kilgharrah nickte. „Wenn man ein Leben mit Magie retten will, dann ist der Preis dafür stets ein anderes Leben.“ Diese Tatsache hatte der Zauberer schon begriffen, als er sich der Hohepriesterin Nimueh gestellt hatte, damit sie das Leben von Arthur rettete, nachdem dieser von dem Glatisant gebissen wurde. Auch damals war jedes Mal ein Leben in Gefahr, wenn er bereit war, ein anderes zu retten. „Kann ich solch einen Zauberspruch denn wirklich wirken?“ Merlin war sich unsicher. Seine Macht war groß, das spürte er selbst, doch diese Art von Magie war stets den Hohepriestern der Alten Religion vorbehalten. Kilgharrah schien sich sehr sicher zu sein, als er sagte „Nie zuvor wurde ein mächtigeres Wesen als du geboren. Du entstammst der Alten Religion selbst. Du bist ein Teil der Alten Religion, Merlin. Ich glaube nicht, dass sie dir etwas verwehren könnte, wenn du es wirklich mit aller Macht versuchen würdest. Doch du solltest wissen, was dich diese Entscheidung kosten würde.“ „Und du solltest wissen, dass es mir egal ist“, war Merlins prompte Antwort. Er hatte schon oft sein Leben auf die Waagschale geworfen, um sie zu Arthurs Gunsten zu beeinflussen. Wenn es also dieses Mal wirklich sein Leben fordern sollte, um Arthur zu retten,… dann würde Merlin diesen Preis bezahlen. Trauer verdunkelte plötzlich die Zuversicht des Großen Drachen. Leise seufzte er. Der Junge war bereit, alles für sein Schicksal und der Erfüllung eben jenes zu geben. Selbst sein Leben würde er dafür geben, um Arthur zu beschützen und Camelot zu retten. Und genau das bescherte Kilgharrah Kummer. Es war natürlich lobenswert, dass Merlin mit solch einer Hingabe sein Ziel verfolgte. Er musste sein Schicksal erfüllen, egal zu welchem Preis. Doch so dachte nur das magische Wesen. Der Freund, der Bruder von Merlin war der Ansicht, dass es falsch war. Merlin hatte noch sein ganzes Leben vor sich, er sollte es genießen können. Er sollte nicht an ein Schicksal gebunden sein, welches ihn das Leben kosten könnte. Er war noch jung… Wieder seufzte Kilgharrah. „Ich weiß, dass du so denkst. Und genau das macht mir Sorgen“, gestand der Drache. Kurz war Merlin erstaunt über die Worte seines Bruders, bevor er anfing zu lächeln. „Keine Sorge, alter Freund“, versuchte er ihn zu beruhigen. Sein Lächeln erreichte allerdings nie seine Augen. „Ich bin sicher,… es wird das geschehen, was geschehen soll!“     Flashback Ende       ~ Ja ~, dachte Merlin träge. Seine Gedankengänge wurden immer langsamer. Der Schmerz war tosend und pulsierte durch seinen Körper, doch breitete sich in diesem langsam Taubheit aus. ~ Ja, so sollte es sein. Morgana und Mordred sind tot. Arthur, Gwen und die Anderen leben. Und nur das ist wichtig… ~ Ihnen ging es gut. Sie hatten Kratzer und Schürfwunden, doch die würden heilen. Sie lebten. Alles andere hatte für Merlin in diesem Moment keine Bedeutung.   Da erinnerte er sich an den Augenblick, als er das Schicksal veränderte, als der tödliche Schwertstoß ihn traf und nicht seinen König.   Dieser Zauberspruch… „Mein Leben für deines.“ Alle Verletzungen, welche Arthur noch erlitten hätte, wären auf Merlins Körper übergegangen, ohne dass Arthur selbst Schaden genommen hätte. Schwere hätte sich über dessen Körper gelegt, doch diese wäre nur vorübergehend gewesen. Und Merlin war noch nie in seinem Leben so froh über eine von seinen getroffenen Entscheidungen. Was hätte alles passieren können, wenn Merlin diesen Zauber nicht benutzt hätte? Morganas Schwert wurde in Aithusas Drachenatem geschmiedet, dass hatte er deutlich gespürt. Merlin hätte Arthur nicht mehr retten können. Nicht aus eigener Kraft. Doch so… Arthur war gerettet. Er lebte. Ebenso die Anderen. Merlin hatte es geschafft. Er hatte sein Schicksal erfüllt.   Was kümmerte es Merlin also, dass sein Körper nach Erholung schrie und sein Geist langsam in die Dunkelheit abdriftete? Der Schmerz war überwältigend, vor allem, als er völlig überraschend spürte, wie der kalte, von uralter Magie durchtränkte Stahl seinen Körper durchbohrte und sein Inneres zerfetzte. Merlin biss die Zähne zusammen und konnte in diesem Moment einen schmerzhaften Aufschrei nur mühevoll unterdrücken und nur schwer konnte er seinen Körper zum Weitermachen bewegen. Doch Merlin blendete all den Schmerz und all die Erschöpfung aus. Denn seine Aufgabe… sein letzter Gegner war genau vor ihm. Und endlich war Morgana tot und konnte niemandem mehr Schaden zufügen. Und egal wie hoch der Preis für diesen Sieg sein sollte… solange es ihn selbst betraf war Merlin mehr als bereit ihn zu bezahlen…     Die blauen Augen öffneten sich, als Merlin ein Scheppern hörte. Das Scheppern von Metall. Das Scheppern von Rüstungen. Die Ritter waren, nachdem sie sich persönlich davon überzeugt hatten, dass Morgana tot war, zu ihrem König und ihrer Königin gelaufen und hatten Arthur ebenfalls untersucht. Doch wie auch schon Gwen und er selbst konnten sie nichts finden. Stattdessen blickten sie zu Merlin. Noch immer war der Unglaube in ihren Augen zu sehen, gemischt mit der Verwirrung, was überhaupt geschehen war. Nun allerdings blickte Merlin in sechs erschrockene und bleiche Gesichter. „Merlin!“ Gwaines Stimme ertönte. Er erkannte sie kaum, so sehr, wie sie vor Fassungslosigkeit bebte. Als wäre sein Name alleine ein Zauberwort, durchlief ein Schauer den Körper des Zauberers. Das Adrenalin ließ nach und seine Magie war zu geschwächt und aufgebraucht, als dass sie ihn noch weiter hätte halten können. Mit einem schmerzerfüllten Aufkeuchen sank Merlin auf die Knie, eine Hand auf die Wunde gepresst, was den Blutfluss allerdings kaum stoppte.   Leere breitete sich langsam in ihm aus. Durch den steigenden Blutverlust verließen Merlin auch nach und nach seine Sinne. Er konnte nur noch verschwommen seine Umgebung sehen… seine Freunde wurden immer mehr zu schemenhaften Gestalten. Sein Atem wurde schwerer und er spürte durch seine taub werdende Hand das Blut, welches weiterhin aus seiner Wunde sickerte. Sein Geist wurde schwächer und ihm fiel das Denken immer schwerer. Doch es durfte so nicht zu Ende gehen. Nicht so. Merlin wollte Arthur noch etwas sagen. Er musste ihm noch etwas sagen! `Es wird Zeit´, hörte er plötzlich Kilgharrah in seinen Gedanken und Merlin konnte nur nicken. Er wusste, was sein Bruder meinte. Er selber spürte es bereits mehr als deutlich. Die uralte Magie, welche sich wie Säure durch seinen Körper und Geist fraß… die Taubheit, welche sich durch sein bereits schwindendes Bewusstsein grub… der Blutverlust, welcher seinen Tribut forderte… Merlin wusste es selbst. Es war Zeit. Zeit, zu gehen.   Merlin hob seinen Kopf, welcher Tonnen zu wiegen schien und sah zu seinen Freunden, welche noch immer um Arthur standen, welcher sich langsam erhob. Es war ein seltsames und doch so vollkommenes Bild, wie sie da standen. Leon, Gwaine, Percival und Elyan, die vier treuesten Ritter, welche jemals in Camelot verweilen würden, waren um Arthur versammelt und Gwen, die strahlende Königin, stand neben ihrem Gemahl. Dort, wo seit Anbeginn der Zeit ihr Platz war. Alle standen sie da mit der gleichen Furcht in den Augen. Sie hatten Angst. Doch nicht vor ihm. Sie hatten Angst um ihn. Wärme erfüllte Merlins vor Schmerz bebenden Körper und seine vor Verzweiflung und Angst zerschundene Seele. Sie wussten, was er war und doch hatten sie Angst um ihn. Sie hatten nur Kratzer und er war so schwer verletzt worden, weil er sie beschützen wollte. Wie sehr wünschte sich Merlin, dass auch Arthur zu dieser Erkenntnis kam. Wie sehr wünschte sich Merlin, dass Arthur ihn nicht hassen würde… Merlin musste es Arthur einfach sagen.   „Arthur, es... es tut mir leid“, begann Merlin zu sprechen und seine Stimme war leise und kraftlos, der Schmerz, welchen er zu unterdrücken versuchte, war deutlich darin auszumachen. „Verzeiht mir,… dass ich Euch getäuscht habe... die ganze Zeit… all die… Jahre lang. Aber... ich konnte Euch… die Wahrheit… einfach nicht sagen.“ Ein Seufzen entfuhr Merlin. Es hätte so viele mögliche Zeitpunkte gegeben, Arthur die Wahrheit zu sagen, doch nie erschien er wirklich richtig. Nie schien es eine Zeit zu geben, in der Arthur Merlins wahres Wesen akzeptiert hätte. Und nun… rann Merlin die Zeit wie Sand durch die Finger. Welch Ironie. „Alles,… was ich wollte, war,… Euch… zu beschützen.“ Er dachte an die vielen Male, wo Arthur etwas zugestoßen ist oder in denen Merlin seine Magie benutzt hatte, um seinem Herrn vor Schaden zu bewahren. Oder ihm eins auszuwischen. Innerlich lachte der Zauberer. „Ich habe es… versucht. Ich... habe mein Bestes gegeben,… Camelot den Mann… zu erhalten, der es… eines Tages als großer König... nein,… als größter aller Könige regieren wird." Nun schlich sich ein Lächeln auf Merlins Gesicht. „Und… ich kann… mit Stolz behaupten… es ist mir… gelungen…“   Ein warmes Kribbeln stieg in Merlin auf, ließ ihn die Schmerzen für einen Moment vergessen, als er seine Freunde betrachtete. Arthur war nicht mehr allein. Nicht wie zu der Zeit, als Merlin seinen Herrn damals kennen gelernt hatte. Er hatte seine Ritter, die stets zu ihm halten würden. Der König hatte Gwen, welche ihn mehr als jeden anderen liebte und für immer an seiner Seite bleiben würde. Merlin hatte es geschafft. Er hatte sein Schicksal erfüllt. All seine Bemühungen hatten sich gelohnt. Arthur wurde zu dem König, den die Welt brauchte. Den Rest des Weges konnte Arthur ohne ihn bewältigen. Und der junge Zauberer war sich sicher, dass er es mit der Hilfe seiner Freunde schaffen würde.   Merlins verschleierter Blick wanderte über die Reihe seiner Freunde, welche ihn voller Schrecken und Angst ansahen. Sie wollte nicht wahrhaben, was ihr Freund ihnen sagte und was seine Worte zu bedeuten hatte. Er würde sie verlassen. Merlin… würde gehen. Diese Befürchtung war so grausam und surreal, dass sie die Körper der Ritter lähmten, obwohl sie am Liebsten zu dem Schwarzhaarigen gelaufen und ihm geholfen hätten. Gwen hatte sich die Hände vor den Mund geschlagen und die Augen weit aufgerissen. Von neuem liefen ihr die Tränen über die Wangen, als der Gedanke durch ihren Kopf schoss, dass sie ihren besten Freund verlieren sollte.   Doch nun wollte Merlin nur noch einen sehen. Die Blicke beider Freunde trafen sich und Arthurs Augen weiteten sich, als er direkt in das  blasse und beinahe schon ausgemergelte Gesicht Merlins blickte. Die Erschöpfung und der Schmerz waren dem jungen Mann deutlich anzusehen und er schien mit jeder Sekunde schwächer zu werden, je mehr Blut aus dem schlaksigen Körper hinaussickerte. Und seine Worte… nur schwer konnte Arthur sie verstehen, verstand den Sinn dahinter kaum, wurde zu sehr von der Angst gelähmt, welche sich in seinem Körper ausbreitete. Denn Merlins Worte klangen… als würde er sich verabschieden… „Nein…“, hauchte Arthur lautlos. Sein gesamter Körper, jeglicher Muskel war angespannt und jedes Organ schien sich in Arthur zu verkrampfen, als er den Blick von Merlin erwiderte und er den unsagbaren Schmerz sah, mit welchem die blauen Augen des Zauberers gefüllt waren.   `Merlin!´ Drängender wurde die Stimme in seinem Kopf. Merlin hatte gesagt, was er sagen wollte, sagen musste. Zu mehr… fehlte dem Zauber ironischerweise wirklich die Zeit. Merlin holte tief Luft, legte den Kopf in den Nacken und seine Stimme donnerte über den Stein, als er sich ein letztes Mal der alten Sprache der Drachen bediente und seinen Bruder zu sich rief. Seine Freunde erzitterten.   Merlin keuchte. Nun vollkommen am Ende konnte er sich nicht mehr aufrecht halten. Mit einem Stöhnen fiel er zur Seite, nach rechts, eine Hand noch immer auf seine Wunde gepresst. Während seines gesamten Falls verließen seine trüben, vor Schmerz und Erschöpfung verschleierten Augen nicht einmal die Schockgeweiteten und Angsterfüllten Augen Arthurs. Den harten Aufprall auf den steinernen Boden, welchen er bereits so oft in seinem Leben spüren musste, nahm er kaum wahr. Schwach drehte sich Merlin auf den Rücken, verteilte sein eigenes Blut und das von Aithusa, welches noch immer an seiner Hand klebte, auf dem Boden.   Der Schock saß tief in ihren Knochen, als Merlins Freunde sahen, wie der Zauberer zusammenklappte und auf dem Boden lag. Sie wollten zu ihm laufen, als sie plötzlich das Schlagen von großen Flügeln hörten, ein Schatten über ihnen hinweg flog und sich vor ihnen hinabsenkte. Kilgharrah humpelte mehr, als das er ging. Der Kampf mit dem Roch hatte ihm mehr abverlangt als er sich erhofft hatte. Zudem hatte auch die Bestie manche Wunden mit ihren Klauen schlagen können. Zwar konnte sich der Drache eine kurze Zeit zurückziehen und Kräfte sammeln, doch er wollte Merlin nicht alleine lassen. Sein Geist war immer bei dem jungen Zauberer. Also hatte er es gespürt. Aithusas Tod. Merlins Schmerz und Verzweiflung. Und nun… Merlins nahendes Ende. Kilgharrah erschauderte.   Mit wackeligen Beinen, welche er allerdings niemals den Menschen offenbaren würde, ging er auf Merlin zu und Arthur und die Anderen wichen zurück. Allerdings mehr aus Furcht, als alles andere. Die Ritter zogen ihre Schwerter, doch Arthur hielt sie zurück. Er glaubte nicht, dass der Drache ihnen etwas antun würde, so wie in der Vergangenheit. Dafür standen sein Verhalten und seine Worte zu sehr im Kontrast mit damals. Er war auf ihrer Seite, er hatte für sie gekämpft. Zudem… Merlin befehligte den Drachen. Und niemals würde der Schwarzhaarige zulassen, dass ihnen etwas geschah. Das hatte er nun eindeutig bewiesen.   Direkt vor Merlin blieb Kilgharrah stehen und beugte seinen Kopf zu ihm herunter. Der warme Atem des magischen Wesens wehte über den verletzten Körper des Schwarzhaarigen und ließen ihn aufseufzen. Qualvoll öffnete Merlin die Augen, nur einen spaltbreit. Es fiel ihm schwer, bei Bewusstsein zu bleiben, doch umso erleichterter war er, als er in die goldenen Augen seines Bruders sehen konnte. Als er an seine Verbindung zu Kilgharrah dachte stach ihn ein Gedanke im Kopf, eine Frage im Herzen, auf welche er unbedingt eine Antwort haben wollte. Und nur der Drache konnte sie ihm geben. „Glaubst… du,… er wäre… stolz…?“, wollte der Zauberer wissen. „Wer? Balinor?“ Kilgharrah wusste, wovon oder besser, von wem er sprach. Natürlich. Sie waren Drachenmeister und Drache. Sie waren Freunde. Sie waren Brüder. Enger verbunden, als sonst irgendwelche Wesen auf dieser Welt. Die einzige Ausnahme bildeten nur Arthur und Merlin selbst.   Schwach nickte Merlin. Kilgharrah nickte lächelnd, doch es war eine Mischung von Trauer und Stolz. Der Drache wusste, wie sehr Merlin seinen Vater vermisste, die Geborgenheit und die Möglichkeit, ihn stolz zu machen. Viel zu kurz war die Zeit, welche die Beiden miteinander verbringen konnten und wie groß die Schuldgefühle von Merlin waren, dass Balinor gestorben war, um seinen Sohn zu beschützen. Wie gerne hätte er von seinem Vater die Worte gehört, welche Kilgharrah ihm nun voller Überzeugung sagte. „Da bin ich sicher. Er hätte sich keinen besseren Sohn als dich wünschen können. Er wäre so stolz,… wie er als dein Vater nur sein könnte.“ Ein mehr als glückliches und stolzes Lächeln breitete sich auf Merlins Gesicht aus. Mehr wollte er nicht wissen. Mehr musste er nicht wissen. Langsam schloss er die Augen. Mit Kilgharrah neben sich ließ Merlin es zu, dass die erlösende Dunkelheit ihn endlich umfing und der Schmerz verblasste.   Langsam senkte Kilgharrah seine Pranke über Merlin und legte sie sanft um ihn, damit er ihm nicht noch mehr Schmerzen zufügte. Das hatte der junge Zauberer gewiss nicht verdient. Die Ritter wollten auf ihn zukommen, wollten sich Merlin nehmen, um ihn in Sicherheit zu bringen und ihm helfen zu lassen, doch das ließ der Drache nicht zu. Er knurrte die Männer an, worauf sie erstarrte. Der Blick von Kilgharrah wanderte über das Areal und blieben an dem Schwert von Morgana hängen. Mit einem Knurren entsandte er ein Flammenmeer und ließ die verfluchte Klinge in seinem Atem verbrennen, worauf die Anwesenden ruckartig erschrocken zurückwichen. Er war im Moment der Einzige, welcher diese Klinge zerstören konnte. Und Kilgharrah würde niemals zulassen, dass es ein zweites Schwert gab. Arthur allein sollte derjenige sein, welcher ein Schwert, welches im Atem eines Drachen geschmiedet wurde und die damit verbundene Macht sein eigen nennen durfte. Sein goldenen Augen wanderte über die Rittern, bis er schließlich bei Arthur hängen blieb, welcher erschauderte. Diese Augen… Ebenso golden wie Merlins Augen… Für einen unmessbaren Moment sahen sich die beiden einfach nur an, bis der Drache zu sprechen begann. Seine Worte richtete Kilgharrah ausschließlich an den König von Camelot. „Niemand, der von einem Schwert, welches im Atem eines Drachen geschmiedet wurde und so schwer damit verwundet wird, überlebt. Gaius wird ihm nicht helfen können. Ich werde versuchen, ihn zu retten. Doch ich kann es niemandem versprechen. Wenn Ihr ihn noch einmal sehen wollt,… wenn Ihr ihm verzeihen könnt und mit ihm sprechen wollt, dann reist zum See von Avalon. Dort gibt es Wesen, welche ihm helfen können. Dort werde ich Euch erwarten.“ Diese Worte sprach der Drache mit solcher Überzeugung aus, mit solch einer Inbrunst, als ob es undenkbar wäre, wenn Arthur nicht am See erscheinen würde. Darum wartete er auch keine Antwort ab. Kilgharrah breitete seine Flügel aus, welche bisher beinahe schlaff neben seinem Körper hingen und schlug damit, um sich hinauf in die Luft zu befördern, seine Pranke zog Merlin mit sich. Der Kopf des jungen Mannes fiel in den Nacken. Die Ritter und Gwen beobachteten fassungslos und erstarrt das Schauspiel und waren mehr als in Sorge um ihren Freund. Kilgharrah schaute noch einmal zurück betrachtete die Menschen dort unten am Boden, ganz besonders Arthur. Er schaute ihm lange in die Augen, welcher seinen Blick erwiderte. Dann flog er davon.       Und dies war das Ende von Merlin.       Oder?         Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)