Tuned ordern leicht gemacht von Ishtmi ================================================================================ 1.04 Memory ----------- In einem hell von Leuchtstofflampen beleuchteten Raum saß ein älterer Herr, gekleidet in einem weißen Laborkittel und einer ebenso weißen Stoffhose, an einem Schreibtisch und tippte Befehle in seinen Computer ein. Auf dem Tisch lagen Hefte und Blätter, die viele Eintragungen, chemische und biologische Formeln, sowie Notizen zum menschlichen Gehirn enthielten. Der Monitor bildete ein Gehirn ab, an welchem viele Stellen mit Punkten markiert wurden. Diese Punkte wurden mit Linien zu Flächen verbunden, welche Diagramme zu verschiedenen Signalen darstellten. Diese Diagramme wiederum enthielten die Daten die später in Narims Gehirn als Erinnerungen eingebracht werden sollten. Obwohl Herr Farrell in der vorherigen Zeit bereits ein brauchbares Basismuster erstellt hatte, kam vor einer Woche die Order ganz oben, vom Institutsleiter, dass ein anderes Muster verwendet werden solle. Erbost über die offensichtliche Verschwendung seiner Zeit, die er auch in seine Praxis investieren können hätte, gab er einige Verwünschungen von sich. Es war durchaus besser eine bereits existierende Persönlichkeit zu digitalisieren und anzupassen, machte es aber umso schwieriger es von Grund auf nach eigenen Wünschen zu formen. Ihm blieb nur die Möglichkeit mittels Signalphasenverschiebungen umstrukturieren. Dennoch war die Zeit zu knapp bemessen um eine komplizierte Abschlussprüfung durchzuführen. Farrell schaute kurz nach hinten in den Behandlungsraum. Der Raum war komplett mit weißen Fliesen bestückt. Neben der üblichen Neonbeleuchtung war über der Behandlungsliege eine Speziallampe zur punktgenauen Beleuchtung angebracht worden. Diverse Geräte und Gegenstände auf fahrbaren Ablagen waren griffbereit im Raum. Seine Aufmerksamkeit galt dem Inkubator, in welchem sich das Gehirn von Narim befand. Bis die Zeit gekommen war, in der sie ihr Gehirn eingesetzt bekommen würde, blieb es auch im Inkubator. Eine große Schiebetür trennte den Behandlungsraum durch den Schleusenraum vom restlichen Komplex. In Kürze müsste sein Helfer mit dem Prototypen die Schleuse passieren. Bis dahin muss er fertig sein, damit die Codierung während der Verschmelzung vorgenommen werden konnte. Wieder begann Farrell mit den Befehlseingaben. Er musste nun die Datenmuster in ein Wellenformat wandeln, damit diese dann in Narims Gedächtnis eingepflanzt werden konnte. Nachdem er dies auch erledigt hatte, schaute er wieder zur Schleusentür. Immer noch keine Spur von seinem Helfer. Da die Zeit knapp war, bereitete er erst sich, danach den Platz vor. Als eine Meldeleuchte aufleuchtete, hatte Farrell seine Vorbereitungen schon abgeschlossen. „Endlich.“, grummelte er. Er konnte es nicht leiden wenn man wie eine Schlaftablette arbeitete. Mit einem Drücker öffnete er die Schleuse und sah wie sein Helfer bereits recht abgehetzt dreinschaute. „Warum hat das so lange gedauert?“ „Tut mir leid, Herr Farrell. Aber die Steuerung funktioniert nicht richtig.“ Farrell schaute auf die Steuerkonsole der Schleuse, wo die Kontrollleuchten hin und wieder flackerten. Ein altbekanntes Problem, welches diese Modellserie hatte. Mit einem gezielten Schlag gegen das Gehäuse war das Problem auch wieder behoben. Jetzt konnte der Körper mithilfe der Vorrichtung von der Transportliege zur Behandlungsliege in den Operationsraum geschleust werden. „Während ich die Liege hole, machen Sie sich fertig zum assistieren. Dann schleusen wir das Ding ein.“ Mit „Ding“ war Narims Körper gemeint. Farrell konnte sich nicht wirklich mit dem Ziel von Neuroseed anfreunden. James Farrell holte die Liege zur Schleuse, wo sich sein Assistent Logan Collister zur OP bereitmachte. Gemeinsam verfrachteten sie den Körper auf die Liege zur Behandlung. Bevor sie aber mit der Arbeit beginnen konnten, musste der Körper auf die Behandlung vorbereitet werden. Dazu zählten zum einen das Abdecken unwichtiger Körperpartien mit sterilen Tüchern und zum anderen das Sterilisieren des Hirnraumes im Kopf. Als Farrell die Tuchdecke entfernte, stellte er fest, dass wieder Erwarten keine Thermobänder angelegt wurden. Zwar war es keine Pflicht des Bodyteams gewesen, hätte ihm aber Zeit erspart. So ließ Farrell den Körper von Assistent Collister mit sterilen Tüchern bis zur Brust abdecken. Die Sterilisierung des Schädelinnenraumes wurde mit einem speziellen Desinfektionsmittel vorgenommen. Ohne die Sterilisierung könnte eine Hirninfektion entstehen. Dies würde womöglich noch das Ende des Prototypen bedeuten. Farrell trug in der Zeit Desinfektionslösung in der Hirnschale auf. So hatte es Zeit, bis zur Verschmelzung einwirken zu können. Als nächstes kam das Gehirn dran. Es musste auch auf die Verschmelzung vorbereitet werden. Herr Farrell holte den Inkubator, worin sich das Gehirn befand und stellte ihn vor Narims Kopf ab. Per Hand stellte er die Höhe so ein, bis es auf Kopfhöhe war. Eine weitere Einheit, das zwischen Kopf und Inkubator angebracht wurde, stellte die Verbindung her. Dieses Teilstück nahm computergesteuert die Verschmelzung vor. Die Vorbereitungen waren nun abgeschlossen. Nun konnten sie zur Phase der Verschmelzung übergehen. "Collister! Sie übernehmen die B-Side Konsole, ich übernehme die A-Side Konsole." "Verstanden." "Und denken Sie an die ABS Regel." Die Einhaltung dieser Regel war von hoher Bedeutung. Sie fordert die Abschaltung der Energiezufuhr, die Blockierung des betreffenden Gliedmaßes und dessen Sicherung. Bei Narim war der „Wandler“ das Ziel. Über die B-Side Konsole sicherte Collister den Körper ab. Jetzt konnte die Verschmelzung vorgenommen werden. "Absicherung abgeschlossen. Sie können beginnen, Herr Farrell", wandte sich Collister an seinen Chef. "Ich werde jetzt die Verschmelzung einleiten. Überwachen Sie die Werte. Das Gehirn darf auf keinen Fall traumatisiert werden." Collister beobachtete genau, wie das Gehirn durch den bereits mit der Flüssigkeit des Inkubators gefüllten Verbinders schwebte. Korrekturen oder anderweitige Eingriffe in den Prozess musste er nicht vornehmen. Nur in dem Moment, wo das Gehirn in den Hirnraum des Kopfes eingefügt wurde, musste er kurz assistieren. "Ich verbinde den Konverter nun mit dem Nervenstrang des Gehirns." Herr Farrell gab die Schritte zum Protokoll an, damit auch Herr Collister im Problemfall die gewissenhafte Durchführung angeben konnte. Kleine und dünne Roboterarme, die mit mikroskopischen Werkzeugen ausgerüstet waren, werkelten durch eine Öffnung am Hinterkopf. Sie verbanden nun den Nervenstrang mit dem Konverter, der die Nervenimpulse des Gehirns in Steuersignale für den Maschinenkörper übersetzte. Abschließend wurde die Öffnung mit einer Dichtungsschraube versiegelt. "Verschmelzung beendet. Es werden jetzt die Daten ins Gehirn eingespeist. Diese Aufgabe dürfen Sie übernehmen, Collister." "Ich? Sind Sie sicher, dass ich übernehmen soll?" Collister war sichtlich überrascht. Er hatte nicht erwartet bei diesem bedeutsamen Projekt eine solch gravierende Änderung vornehmen zu dürfen. Theoriewissen hatte er sich genügend aneignen können, praktisch aber wenig. "Ja. Ich werde es Schritt für Schritt mit Ihnen durchgehen. Halten Sie sich an die Anweisungen und Sie werden nichts falsch machen können." Die Worte Farrells stärkten sein Selbstvertrauen. Bei ihm konnte er sich sicher sein, das er ihn nicht ins Messer springen ließ. "Bringen Sie die Elektroden an. Ich markiere Ihnen die Stellen am Monitor." Wie am Monitor angezeigt, wurden die Elektroden an den entsprechenden Hirnregionen angebracht. Etwa 100 an der Zahl. Weitere Anweisungen folgten. Kurz darauf war Collister so weit, dass er mit der Übertragung beginnen konnte. "Jetzt starten Sie die neuronale Programmierung." Mit Hilfe der Eingabemaske vernetzte Collister den Computer mit der Konsole. Er startete die Übertragung des Datenmusters, welches nun vom Computer fertig aufbereitet wurde. Die kleine Anzeige zeigte nun einen Infotext über den Beginn der Übertragung an. "Kommen Sie zu mir herüber und schauen Sie sich das an." "Stimmt was nicht?" Collister ging um die Liege herum und schaute auf den Bildschirm, auf den Dr. Farrell deutete. Dort gab es zwar mehr zu sehen als bei ihm, dennoch blickte er nicht durch. Es war eine Darstellung des Gehirns und dessen Areale, an denen sich die Elektroden befanden. Doch die vielen Punkte, die um die Areale wuselten, verstand Collister nicht. "Welche Informationen werden gerade dargestellt?" "Das hier ist der Prozess der neuronalen Manipulation. Profis können den Verlauf des Prozesses daran erkennen und wie es um den Zustand des Zieles bestellt ist. Jeder Punkt stellt eine Gruppe befeuerter Neuronen dar." So begann einer der vielen langatmigen Vorträge über die neuronale Manipulation, die Möglichkeiten von Gedächtnisänderungen, bis hin zu der Funktionsweise des Gehirnes auf Neuronenebene. Collister suchte nach einer Möglichkeit, um dem Vortrag zu entgehen. Die Konsole machte ihm aber deutlich, dass der Prozess eine halbe Stunde andauern würde und somit seinen Plan beerdigte. So ergab er sich der Lehre. Hin und wieder schaute Farrell auf den Bildschirm um zu sehen, ob alles nach Plan lief. Auch Collister ließ dabei seinen Blick über die Anzeige schweifen. Zu seinem Leidwesen war bisher nur eine Viertelstunde vergangen, welche genauso zäh verging wie die erste. Nach einer gefühlten Ewigkeit meldete die Konsole den Abschluss des Prozesses. Er wusste, das Farrell sich nur darum bemühte, ihm eine ordentliche Ausbildung zu bieten. Dennoch machten ihn solche Vorträge fast verrückt. Den weiteren Anweisungen befolgend wurden die Elektroden wieder entfernt, vorher genau auf Erfolg kontrolliert, für die Versiegelung vorbereitet und die Schädeldecke in den Verbinder eingesetzt. Per Konsolensteuerung brachte Farrell einen Sicherheitsbügel an. Dieser Bügel diente im Gefahrenfall als Erste Hilfe Werkzeug für das Gehirn - ein Präzisionsinstrument. Auf demselben Wege wurde der Kopf verschlossen. Schrauben sorgten für festen Sitz. Da das Gehirn nun geschützt war, konnte man nun den Inkubator samt Verbinder gefahrlos entfernen. Jetzt blieben nur noch wenige Aufgaben. "Folgendes muss noch erledigt werden, dann ist es geschafft. Kopf versiegeln, Thermobänder anlegen und die Dokumente. Die Dokumente mache ich, Sie machen die Maschine fertig." Der Löwenanteil blieb also an Collister hängen. Was ihm ebenfalls auffiel war, dass Farrell wohl nicht gut auf den Prototypen zu sprechen war. Der Grund war ihm jedoch nicht bekannt. Farrell verschwand in den Vorraum zum Schreibtisch. Während die Unterlagen fertig gemacht wurden, verblieb Collister mit Handarbeit. Zum anbringen der Kunsthaut und dem Gesicht kam dieselbe Methode zum Einsatz wie beim Körper. Die vielen Konturen des Gesichtes erforderten eine hohe Geschicklichkeit. Für Collister kein Problem. Nach Vollendung betrachtete er das Ergebnis. Die dünnen Augenbrauen hatten eine leichte Rundung, die kleine Stupsnase passte zum Mund, welcher sich aus schmalen Lippen formte. Technisch war Narim fertig gestellt. Ab jetzt begann die Phase der Formung. Dazu gehörten auch Thermobänder, die Narims Temperaturempfinden unterstützen sollten. Auch diese musste Collister anlegen. Zwischenzeitlich kam Farrell wieder aus dem Vorraum. "Es kam gerade ein Anruf rein. Oben muss ein Patient behandelt werden. Schließen Sie den Auftrag ab, danach können Sie nach Hause gehen. Für den Raum ordern sie die Cleaner." Schon war Farrell wieder weg. Collister frohlockte, denn so konnte er den Abend noch retten. Die Thermobänder mussten noch angelegt werden. Dank dem Hakenverschluss überlappten sie nicht störend wie bei einem Klettverschluss. Die Thermobänder für Arme und Beine ließen sich schnell anbringen. Aufwändiger wurde der Torso. Für Hals, Brust, Schultern, Bauch und dem Unterleib fertigte man ein Komplettset an. Somit deckte es auch die Seiten und den Rücken ab. Collister begann mit dem Hals, wo er auch gleich die Thermobänder für Brust und Bauch anlegen konnte. Für den Unterleib war ein Dreipunkt-Band vorgesehen. Dieses führte er um die Hüfte, sowie dessen Mittelband durch den schritt hindurch. Die Arretierung erfolgte vorne. Jetzt noch die abschließende Übergabe, dann war er fertig. Das beenden seiner Arbeit bestand aus dem Aktivieren und dem Umquartieren in den Narkoseraum nebenan. So stellte er die Energieversorgung her und die Lebenserhaltungssysteme nahmen ihren Betrieb auf. Diese sicherten Narims Überleben. Als letztes schob er die Liege in den benachbarten Raum. Darin sollte Narim sich in Ruhe erholen können. Gerade als Collister Narim zudeckte, bemerkte er wie die Atmung eingesetzt hatte. Ein großer Schritt im Projekt geschafft, doch viele standen noch bevor. Narim musste nun lernen, sie zu gehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)