Amantes amentes von _Delacroix_ (Eine One-Shot-Sammlung) ================================================================================ Aktenberg --------- Stolz hielt Narcissa einen kleinen weißen Karton in Händen, den sie unbedingt übergeben wollte. Gut, sie hatte die vier kleinen, weißen Schokoladenherzen mit Sahnecanache und Blaubeeren nicht selbst gemacht, aber das war wahrscheinlich auch besser so. Als sie das letzte mal versucht hatte Pfannkuchen zu machen, war der Hauself schließlich auch fast in Ohnmacht gefallen. Dabei hatte sie die Pfanne nur ein paar Minütchen länger auf dem Herd gelassen um sich in der Zwischenzeit umzuziehen. Hätte ihr ja auch Jemand sagen können, dass das Essen davon schwarz statt braun werden würde, dann hätte sie es nicht aus den Augen gelassen. So aber hatte sie es geschafft, die ganze Küche mit schwarzem Qualm zu verpesten und die Vorhänge zum stinken zu bringen. Aber vermasselt war vermasselt und nicht mehr zu ändern. Immerhin, ihre Pralinen stanken nicht und sie hatte sie höchst selbst in Belgien in Auftrag gegeben, damit sie auch richtig schön wurden. Und sie waren richtig schön geworden. Schön und hoffentlich auch lecker. Ein weiteres mal ließ sie ihren Blick über den weißen Karton gleiten, zupfte vorsichtig an dem goldenen Dekobändchen und bekam so erst mit, dass sich Rufus Scrimgeour an ihr vorbei in den Fahrstuhl drängelte, als dieser auch schon hinter dem sich schließenden Gitter verschwunden war. Narcissa schürzte die Lippen. Eigentlich hätte er auch ruhig mal „Guten Abend“ sagen können, aber sie wollte sich ihre gute Laune nicht von einem kleinen Fauxpas verderben lassen. Sie schlängelte sich um ein paar leere Schreibtische herum, genoss den Blick, den ihr ein alter, pummeliger Auror zuwarf und steuerte dann ihr Ziel an. Es war ein kleiner Schreibtisch, den sie unter all den Aktenbergen kaum erkennen konnte, aber sie hätte ihn in dem Großraumbüro doch immer wieder gefunden. „Hallo Cissy“, grüßte sie der Aktenberg als sie vor ihm zum stehen kam und die Blondine kämpfte für einen Moment mit dem Bedürfnis ihn anzulächeln, „Hattest du wieder Ärger mit den Elfen?“ Sie schüttelte den Kopf. „Dieses Mal nicht. Ich bin wegen dir gekommen.“ Die Stimme hinter den Akten hielt kurz inne. „Das ist nett, aber ich habe heute Nachtschicht“, teilte sie ihr mit und auch wenn Narcissa nicht sehen konnte, was sich hinter dem Sichtschutz tat, was sie hörte, verriet ihr zwei Dinge auf einmal. Erstens, die Schicht würde noch eine ganze Weile dauern und zweitens die Tagesschicht hatte wohl jede Menge Arbeit hinterlassen. Unzufrieden verzog sie das Gesicht. Sie hatte halb gehofft ihn zu einer Pause überreden zu können, aber das konnte sie bei all der Arbeit auf dem Tisch wohl getrost vergessen. „Ich hab dir Nervennahrung mitgebracht“, erklärte sie und drapierte ihren Karton wie ein kleines Krönchen auf einem besonders hohen Stapel. „Ich fürchte das ist zu wenig für all meine Nerven“, maulte es auf der anderen Seite. Trotzdem legte sich eine Hand um den Karton und zog ihn hinab. „Hmm, lecker“, folgte kurz darauf ein erstes Urteil und Narcissa konnte einfach nur den Kopf schütteln. Es war so klar gewesen, dass ihre teuren Pralinen ein derart unrühmliches Ende nehmen würden und doch, hätte man ihr die Chance gegeben noch einmal ein Geschenk zu wählen, sie hätte sich wieder für sie entschieden. Nicht weil sie die Schokoladenherzen so mochte, sondern weil sein Urteil „lecker“ gewesen war und das bedeutete, er mochte sie. Sie hatte also gut gewählt und ihn so für einen Augenblick von all den grässlichen Akten abgelenkt, die er noch zu bearbeiten hatte. Dumm nur, dass sie davon nicht verschwanden. Vorsichtig musterte sie einen Stapel nach dem anderen. Es würde ihn bestimmt Stunden kosten, die alle durchzusehen. Stunden, die sie viel lieber in einem hübschen, kleinen Café verbracht hätte, so wie alle anderen Frauen an diesem Tag. Naja, alle Frauen außer Bella, aber die war ja eh komisch, was die Wahl ihrer Aufenthaltsorte anging. Fast so komisch wie sie, wenn man bedachte, dass sie höchst freiwillig am Valentinstag in die Aurorenzentrale marschiert war, fast so als wäre dies ein Ort, an dem sie wirklich sein wollte. Und noch schlimmer, mit jeder Sekunde die sie hier verbrachte, mit jedem Blick auf die dicken Stapel, wuchs in ihr ein Bedürfnis. Ein Bedürfnis, das sie am liebsten einfach ignoriert hätte, weil es sie um ihre schöne, warme Badewanne, ihr Lieblingsbuch und schlimmer noch, ihr weiches Bett bringen würde, wenn sie wirklich auf es hörte. Wenn sie wirklich auf es hörte und - „Kann ich dir mit den Akten helfen“, hörte sie sich fragen, während sie bereits nach der Ersten griff. Klar, sie wusste, dass sie sie nicht für ihn bearbeiten konnte, aber vielleicht konnte sie die Teile für ihn sortieren, oder Sachen darin suchen, oder - „Willst du mir echt mit dem Kram zur Hand gehen?“, fragte er, die Überraschung deutlich hörbar. Sie konnte es ihm nicht einmal übel nehmen. Sie war selber überrascht. Überrascht, dass sie tatsächlich gefragt hatte, dass sie nicht einfach gegangen war, dass sie wirklich helfen wollte und das sie wirklich bereit war, diese langweiligen, grauen Akten anzufassen. Und das alles nur wegen ihm. „Ja, Frank“, hörte sie sich sagen, „das möchte ich wirklich gern.“ Hosted by Animexx e.V. 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