Memories Erased von StillScreaming ================================================================================ Kapitel 12: Sleeping Beauty. ---------------------------- Als er das nächste Mal kurz das Auge aufschlug, konnte Zorro sich nur noch spärlich an die Ereignisse nach seiner Rettung erinnern. Sofort schloss er es wieder, ging in sich und versuchte, die kürzlichen Geschehnisse zu rekonstruieren. Bruchstückhaft fuhren ihm schemenhafte Bilder seiner Mannschaftskameraden durch den Kopf. Ruffy, der einen riesigen Tumult in einem Gebäude verursachte, das der Grünhaarige nicht kannte. Das Gesicht wutverzerrt. Seinen Freund, den Cyborg, der wie unter Aufputschmitteln Laser auf die Handlanger von der Numbers Piratenbande feuerte und dabei lachte. Für Franky war vermutlich sowieso alles immer ein großer Spaß, und manchmal, im Geheimen natürlich, ertappte sich Zorro dabei, dass er diese Eigenschaft bewunderte. Auch meinte er, sich schwach an den Klang von Brooks kampflustigen Liedern zu erinnern, der seine Gegner schließlich auf diese Weise verwirrte und kampfunfähig machte. Schwarze Haare und sprießende Hände, die einigen Menschen das Genick brachen. Robin. Dann wieder Schwärze. Und schlussendlich ein Bild von Nami, wie sie bewusstlos in Sanjis Armen hing und ihn die Eifersucht durchzuckte. Die Erinnerung an das letzte Ereignis versetzte dem jungen Mann einen Stich in die Magengrube und er stöhnte gequält auf. Eifersüchtig, auf diesen Kochlöffel, er! Unfassbar und eigentlich unbegreiflich für jemanden wie ihn, der solchen Stimmungsschwankungen, wie er es nannte, eigentlich so weit wie möglich aus dem Weg ging. Und nun lag er hier und statt sich um sich selbst zu kümmern, war er neidisch auf den blonden Koch. Statt sich um sich selbst zu kümmern, dachte er nur an... Oh nein! Nami! Was war aus ihr geworden? Als er die Explosion gehört hatte, war Zorro sofort aufgesprungen und hatte sie in dem kleinen Schlafraum zurückgelassen. Er hatte nicht mehr wirklich auf sie geachtet und sich lieber auf den bevorstehenden Kampf konzentriert, den er eigentlich erwartet hatte. Mühsam griff er sich in die grüne Mähne und blinzelte. Dieser Raum kam ihm bekannt vor. Er blickte einer hölzernen Decke entgegen, drehte sich und blickte an eine ebenfalls aus Brettern bestehende Wand. Vorsichtig bewegte der junge Mann seinen Kopf in die andere Richtung, nur, um den kleinen Schiffsarzt der Strohhüte an seinem Schreibtisch sitzen zu sehen. „Chopper...“ Kaum mehr als ein Röcheln brachte Zorro zu Stande. Seine Lungen schmerzten, als würden sie jede Sekunde bersten und gleichzeitig implodieren wollen. Resigniert, schmerzerfüllt stieß er die eben eingeatmete Luft wieder aus, um den Druck zu verringern. Obwohl der Grünhaarige geflüstert hatte, wurde er sofort bemerkt, wie als hätte der Angesprochene nur auf ein Lebenszeichen seinerseits gewartet. „Zorro, du bist wach!“, jubelte der kleine Elch aufgeregt und stürmte sofort an das Krankenbett, um den Patienten noch einmal unter die Lupe zu nehmen. Dafür verwandelte er sich in seine menschliche Form, was ihn in kürzester Zeit und ein Vielfaches wachsen ließ. Die Stärke, die ihm diese Gestalt zusätzlich gewährte, würde Chopper benötigen, um die Untersuchung anständig durchführen zu können. Wenn es um seinen Beruf ging, wurde er sofort wieder ernst. „Ich check dich noch einmal kurz durch, Vorsicht.“ Er wusste genau, dass es nicht unbedingt angenehm war, ständig angefasst, abgehört und herumgeschoben zu werden, doch es war nun einmal notwendig. Er war hier immerhin der Arzt und es war seine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass alle wohlauf waren und schnell wieder auf die Beine kamen, wenn sie verletzt waren. Doch hier war seine Sorge schnell verschwunden. Bis auf den ein wenig rasselnden Atem hatte sich der Körper des Schwertkämpfers wieder so weit regeneriert, dass man sich keine Sorgen machen musste. Und andererseits hatte er auch schon weitgehend schlimmere Verletzungen weggesteckt, als wären sie nur ein Kratzer. Erleichtert seufzte der Blaunasige auf und lächelte leicht. „Wo ist Nami?“ Es war zu erwarten gewesen, dass sein grünhaariger Patient ihm diese Frage stellen würde. Die letzten Stunden hatte er damit verbracht, sich eine Antwort zurecht zu legen, passende Worte zu finden, die ihn am wenigsten aufregen würden. Denn auch wenn das Narkosegas bei Weitem keine gesundheitsschädliche oder gar tödliche Wirkung hatte, so schwächte es den Körper doch enorm. Und damit auch die Reizung der Lungen endlich abklang, musste so viel Ruhe wie möglich gewährleistet sein. „Naja...“ „Chopper, sag’s mir einfach.“ „Nun, sie ist in einem Koma und ich weiß nicht genau, wann sie wieder aufwacht.“, flüsterte der Elch und schrumpfte schluckend auf seine normale Form zurück. Langsam holte er tief Luft und bereitete sich auf das vor, was er gleich sagen würde. Und versuchte sich mental darauf einzustellen, den Schwertkämpfer niederzuringen, wenn es vonnöten sein würde, ihn zu fesseln, wenn nötig. „Oder ob sie jemals wieder aufwacht.“ Ein Luftstoß. Ein Augenblick verging, ein Moment, in dem keiner der beiden Anwesenden auch nur zu atmen gewagt hätte. Dann merkte Zorro, wie ihm wieder die Sicht schwand. Kaum zwei Wochen waren vergangen, nachdem die Strohhüte ihre beiden Nakama aus den Fängen der Numbers Piratenbande geholt hatten. Kaum vierzehn Tage seit Ruffy in blinder Wut das komplette Hauptquartier inklusive Käptain dem Erdboden gleichgemacht hatte. Und doch kam es ihnen allen vor, als wären es schon Monate, seit ihre Navigatorin die Augen nicht mehr geöffnet hatte. Trotz Choppers Versuchen das Geheimnis der Flüssigkeit herauszufinden, die Nami gespritzt worden war und die er für die Ursache ihres Zustandes hielt, war er zu keiner Lösung gekommen. Das Einzige, das sich der kleine Elch nun noch vorstellen könnte, dass eine noch unbekannte Teufelskraft hinter dem Mittel steckte. Er meinte, sich daran erinnern zu können, dass Robin etwas in der Richtung erwähnt hatte. Es war ein ziemlicher Schock für die Crew gewesen, als sie beim Angriff auf das Hauptgebäude der feindlichen Piraten festgestellt hatten, dass diese gefährliche Experimente an lebendigen Menschen durchführten. Chopper konnte sich noch genau an das Gefühl erinnern, das ihn überkommen hatte, als es ihm klar geworden war. Die Magensäure war ihm hochgekocht und er hatte sich augenblicklich übergeben, vor lauter Ekel. Während er Rest der Strohhutbande sich angewidert abgewandt hatte, hatte Ruffy versucht, etwas aus deren Kapitän herauszuquetschen, doch es war zwecklos. In seiner blinden Wut hatte Ruffy einfach so lange auf die seltsame Anführerin eingeprügelt, bis klar war, dass sie sich nicht wieder von ihren Wunden erholen würde. Einzig Frankys verzweifeltes Rufen hatte ihn wieder zur Besinnung bringen können, dass es vorbei war. Dass es einfach genug war. Die Einzige, die versucht – und es geschafft - hatte, ihre Gefühle und ihre Abscheu in Zaum zu behalten, war die schwarzhaarige Archäologin gewesen, die in Eile sämtliche Schränke und Bücher durchwühlt hatte, atemlos, gehetzt, um etwas zu finden, das einen Anhaltspunkt auf Namis Zustand geben könnte. Das ihr helfen könnte, schnell wieder auf die Beine zu kommen. Dabei fanden sie heraus, dass Null anscheinend über die Fähigkeit verfügte, Flüssigkeiten herzustellen, die den menschlichen Körper beeinflussten, wie sie es wollte. Doch genau das war das Problem. In keinem der Bücher und sonstigen Aufschriebe war festgehalten, welches Mittel gegen die Auswirkungen half. Vermutlich hatte es diese schäbigen, gewissenlosen Piraten nicht einmal interessiert, ob ihre Opfer jemals wieder in Ordnung kamen oder einfach starben. Doch ohne ein Gegenmittel, geschweige denn die Zusammensetzung des Giftes, war es schier unmöglich, Nami medizinisch weiterzuhelfen. Zwar würde der kleine Elch es nicht laut aussprechen, aber der Umstand, dass er Nami nicht helfen konnte, nagte stark an dem Selbstwertgefühl des Blaunasigen. Wäre er bereits der Arzt, der er sich vorgenommen hatte zu werden, dann hätte er sie bestimmt schon längst aus ihrem komatösen Zustand holen können. Und die Laune der ganzen Crew wieder um ein Vielfaches heben können. Sanji versuchte zwar, sich nichts anmerken zu lassen, doch wenn man ihn kannte, merkte man schnell, dass er nicht mehr dieselbe Freude daran hatte, für seine Freunde zu kochen, wie es sonst der Fall war. Noch immer schwänzelte er liebestrunken um Robin herum, doch es schien, als wären die Herzchen in seinen Augen blasser geworden. Insgeheim war ihm schon längere Zeit bewusst gewesen, dass er die Orangehaarige vermutlich immer ein wenig mehr mögen würde, als die Archäologin. Schon so viele Abenteuer hatten sie alle gemeinsam durchgestanden, so viele Kopfnüsse hatte der Koch einstecken müssen, dass er sie jetzt fast vermisste. In der vergleichsweise kurzen Zeit, die Nami nicht bei Bewusstsein war, war Stille auf der Thousand Sunny eingekehrt. Nicht nur, dass niemand Befehle herumschrie oder Mannschaftskameraden zusammenstauchte, die wieder einmal die Blödheit mit Löffeln gefressen haben zu schienen. Auch nicht, weil Brook es aufgegeben hatte, Lieder zur Aufmunterung zu spielen. Oder weil der Scharfschütze und der blauhaarige Cyborg aufgehört hatten, waghalsige Experimente und Erfindungen zu basteln, die am Ende doch nur in die Luft flogen und Chaos verursachten. Nicht, weil Ruffy energielos und Trübsal blasend auf der Gallionsfigur herumlag, statt im fünf Minuten Takt lauthals nach etwas Essbarem zu verlangen. Nein, vielmehr war es eine Art Bedrückung, die man fast greifen konnte. Die Luft war so dick, dass man sie mit einem Messer hätte zertrennen können, wäre sie nur materiell gewesen. Doch ohne Zweifel war derjenige, den diese Situation am Allermeisten belastete Zorro. Nicht, dass er normalerweise besonders redselig gewesen wäre, aber seit er vom Zustand seiner Navigatorin erfahren hatte, hatte er kein einziges Wort mit den Anderen mehr gewechselt. Sein Tagesablauf beschränkte sich darauf, an Namis Krankenbett zu schlafen, neben ihrer Schlafstätte zu trainieren und ab und an mal etwas zu Essen in seinen Magen zu würgen, in der Hoffnung, es würde dort bleiben. Er hatte nicht einmal gemerkt, wie sich der Rest um ihn sorgte. Seine Gedanken kreisten nur um die orangehaarige Frau auf der Matratze vor ihm, als wäre alles, was er bisher erreicht hatte wertlos, wenn sie es nicht sehen könnte. Seufzend erhob der Grünhaarige sich von seinem Stuhl. Er wusste, dass es nichts brachte, ständig bei ihr zu sein und dass es ihre Heilung auch nicht beschleunigen würde. Aber er war schlichtweg zu egoistisch, um zu gehen. Er wollte nun einmal bei ihr sein. Inzwischen hatte es sich für ihn zur Gewohnheit entwickelt, mit ihr zu sprechen, wenn sie alleine waren. Er wusste nicht, ob die junge Frau ihn hören konnte, aber für Zorro war es einfach eine Erleichterung seiner Seele. Eine Erinnerung an die Zeiten, als sie noch miteinander reden konnten und sie geantwortet hatte. „Wir vermissen dich alle. Ich hoffe, du merkst das irgendwie. Da drin.“ Worte waren nicht seine Stärke. Er beschränkte sich auf seine gut trainierte Muskelkraft und darauf, das, was er ausdrücken musste, in Handlungen zu kleiden. Vorsichtig beugte sich der Schwertkämpfer nach vorne über das Gesicht der Orangehaarigen, betrachtete den fast entspannt wirkenden Ausdruck darauf. Sie wirkte zwar etwas blasser als sonst, doch das tat ihrer Schönheit keinen Abbruch. Die langen Wimpern lagen ruhig auf ihrer Haut, sie zuckten nicht einmal. Ihre gerade Nase. Ihre Lippen... Vorsichtig erinnerte sich der Lorenor daran zurück, wie sie sich geküsst hatten. Ob sie sich noch daran erinnern würde, wenn sie aufwachte? Würde sie sich überhaupt an etwas erinnern? Bis jetzt wusste immer noch nur er, dass sie ihr Gedächtnis verloren hatte. Er hatte sich mit keinem der Anderen wirklich unterhalten, seit er wieder auf dem Schiff war. Das Bedürfnis hatte einfach gefehlt und die Stimmung war so oder so schon am Tiefpunkt. Wieder lenkte sich die Aufmerksamkeit des Grünhaarigen von seinen eigenen Gedanken weg auf die Frau unter ihm zurück. Ohne, dass er es wirklich bemerkte, hatte er sich ihrem Mund bis auf einen winzigen Abstand genähert, sodass er ihren kühlen Atem auf seiner Oberlippe spüren konnte. Langsam, seltsam beruhigt, schloss er sein Auge, flüsterte leise ein paar Worte und überbrückte letztendlich den übrig gebliebenen kleinen Abstand zwischen ihrer beider Lippen. „Ich liebe dich.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)