Die Legende von Flora und Fauna von Papierkriegerin ================================================================================ Kapitel 3: Wozu soll das gut sein? ---------------------------------- Kapitel 3 – Wozu soll das gut sein? Er wurde immer besser. Den Wirbelwind beherrschte er perfekt und Dymar sagte ihm immer wieder, dass er ein Naturtalent sei. Auch wenn er ein strenger Lehrer war, so lernte Raphael doch so einiges über seine magischen Kräfte. Es machte ihm ungeheuren Spaß, die Naturgewalten heraufzubeschwören und einen Orkan zu entfachen. Einfaches Gleiten brachte er auch schon zustande, auch wenn er niemals fliegen würde können. Manchmal war er am Abend so erschöpft, dass er sich fragte, ob diese Welt ihm seine Energie entzog, aber gleichzeitig war er überglücklich. Sein Schlaf kam immer überraschend und plötzlich. Er wachte stets ausgeruht am Morgen auf, egal wie anstrengend der vorherige Tag gewesen war. Doch irgendwas fehlte ihm. Er wusste immer noch nicht, warum er eigentlich hier war. Was war Sinn und Zweck seiner Ausbildung? Immer wenn er Dymar fragte, hüllte sich dieser in Schweigen oder speiste ihn mit einem „Das wirst du noch früh genug erfahren“ ab. Es war zum Verzweifeln. Der Feenprinz war sein ständiger Begleiter geworden, zugegeben ein schweigsamer, aber nach Dymars Vorträgen war das sehr angenehm. Jeden Abend versuchte er von Neuem, ihm seinen Namen zu entlocken, doch der Prinz blieb standhaft. Mittlerweile hatte er fast Angst zu fragen, denn jedes Mal saugte sich dieses kleine freche Biest wieder an ihm fest und war wesentlich mutiger geworden. Momentan war sein liebstes Ziel Raphaels Bauchnabel und das sorgte dafür, dass er jedes Mal Gänsehaut bekam. „Mensch, Kleiner, lass das! Das kitzelt.“ Er wand sich, doch der schwarzhaarige Schopf unter seinem Shirt schüttelte vehement den Kopf. Er arbeitete sich noch weiter nach unten und Raphael keuchte auf. „Schluss jetzt! Vergiss es!“ Er rutschte auf seinem Bett hin und her und griff dann entschlossen unter sein Hemd. Daraufhin hielt er einen wütenden und zappelnden Prinzen in der Hand, der ihn mörderisch anfunkelte. „Lass das sein, oder ich sperre dich auch in ein Glas und du verbringst den Rest deines Lebens als Lampe!“ Empörung flammte in dem schönen Gesicht auf, aber das würde Raphael nicht von seinem Entschluss abbringen. Wenn der Kleine sich nicht benehmen konnte, musste er mit den Konsequenzen leben. „Benimmst du dich jetzt!“ Rote Augen starrten ihn an und wieder herrschte Schweigen. „Ich meine ernst. Ich kann mich nicht konzentrieren, wenn du das machst.“ Widerwillig erntete er ein Nicken. Na endlich. Auch wenn er weiterhin aus großen Kulleraugen angesehen wurde. Der Feenprinz verzog sich schmollend auf das Ende des Kopfkissens und Raphael hatte seine Ruhe. Vorerst. „Streng dich noch mehr an. Meinst du, wir machen das hier zum Spaß?“, genervt zog sich Dymar auf seinen Platz am Ende der Arena zurück. „So wird das nie was.“ „Hör auf zu meckern! Das macht es auch nicht besser.“ Raphael mühte sich damit ab, den Sand in der Arena durch den Wind so zu manipulieren, dass er sich um seinen Körper drehte. Einen Sandsturm zu entfachen, war wirklich schwer. Er zog mit aller Kraft, aber die feinen Staubteilchen wollten ihm einfach nicht gehorchen. Anstatt sich in einer Schraube aufzuschwingen, fegte der Wind nur über den Boden und es hatte sich schon ein beachtlicher Sandhaufen gebildet. Diesen fixierte er nun wütend. Wenn es mit dem normalen Boden nicht funktionierte, musste eine andere Lösung her. „Wir wollen noch mal wohin?“ Raphael hatte eine Idee, möglicherweise würde das ja reichen. „In die Wüste. Aber die ist wirklich gefährlich und ich war schon lange nicht mehr dort. Wir müssen also dafür sorgen, dass du deine Kräfte so gut wie möglich beherrschst. Versteh mich nicht falsch. Du bist sehr gut. Aber der Sandsturm gehört zu den Königsdisziplinen, da er die verschiedenen Elemente vereint, auch wenn man nur eines beherrschen muss. Nur wahre Könner schaffen das und es ist für unser Ziel unerlässlich, dass du ihn nutzen kannst.“ Dymar sah ihn ernst an und warf seinen langen schwarzen Zopf elegant über die Schulter. „Wofür? Warum ist es so wichtig, dass ich so schnell zum Meister des Windes werde? Gibt es niemand anderen? Was ist das Ziel dieser Plackerei? Ich will endlich eine Antwort, ansonsten kannst du mich vergessen. Ich habe es satt, als Spielball deiner Launen zu dienen!“ Blitzschnell war Dymar bei ihm. Die Nähe machte ihn schwindelig und sein Herz fing ungewohnt schnell an zu schlagen. Ein Arm umschlang seine Taille und ehe er es sich versah, wurde ihm ein brutaler Kuss aufgezwungen. Kein Mitleid, kein Sehnen lagen darin. Nur pure Verzweiflung. Was konnte ihn nur so aufgewühlt haben, dass er sich derart vergaß? Dymar war sonst immer Herr seiner Sinne gewesen, doch nun war es, als ob die Kraft, die in ihm tobte, die Herrschaft übernommen hatte. „Es wird einen Krieg geben.“ Leise kamen die Worte. Der brutale Kuss hatte ein Ende gefunden und Raphael seufzte erleichtert auf. Wenn das seine Form war, Luft abzulassen, wollte er nicht wissen, wie es war Dymar wirklich wütend zu machen. „Warum? Was hat das mit mir zu tun?“, fragend sah er in die blauvioletten Augen. Sie schimmerten und Raphael hätte sich darin verlieren können, wenn ihm eine Antwort nicht so wichtig gewesen wäre. Dymar drückte sich an ihn. Die Stärke, die er ausstrahlte war fesselnd und er konnte kaum glauben, dass so ein Mensch, sich vor irgendetwas fürchtete. Aber genau das war es. Dymar hatte Angst vor diesem Krieg. „Warum wird es einen Krieg geben? Wie kannst du dir da so sicher sein?“ „Weil die Herrscherin der Flora - Kammi - ein durchgeknalltes Weibsbild ist. Sie wird nichts unversucht lassen, diese Welt an sich zu reißen. Doch es stehen ihr ein paar Mauern im Weg, dafür werde ich sorgen. Sie will sich ihren Bruder Fauna unterwerfen, doch er ist untergetaucht. Niemand außer mir weiß, wo er sich aufhält und wir müssen dafür sorgen, dass seine Armee zum Angriff bereit ist. Auch ich bin in diesem Fall ein einfacher Soldat, auch wenn ich über dieses Land herrsche. Stell dir eine Welt vor, in der Flora und Fauna nicht mehr gleichberechtigt sind. Kammis oberstes Ziel ist die absolute Kontrolle. Doch allein habe ich keine Macht. Sie ist stark. Deswegen müssen wir die Elemente mobilisieren. Deshalb bist du wichtig und unersetzlich. Keiner, den ich kenne unter den Windmagier hat dieselbe Macht wie du.“ Sein Lob rührte Raphael, aber er spürte, dass noch mehr dahinter steckte. „Aber eine einzelne Person kann doch nicht so mächtig sein.“ Dymar nickte. „Sie hat die Jahreszeiten auf ihre Seite gezogen, sehr zu meinem Ärger. Firo, Herr des Sommers ist nicht gefährlich, aber vor Luva, dem Winterkönig sollten wir uns wirklich in Acht nehmen. Herbst oder auch Bernette und Frühling, sie heißt Tuchim, lassen sich nicht oft blicken. Aber ich habe einige gruselige Geschichte über sie gehört. Aus diesem Grund müssen wir gut vorbereitet sein. Wir können uns nicht einfach so in den Kampf stürzen. Seitdem Fauna verschwunden ist, scheint auch das Tierreich verrückt zu spielen. Es wird Zeit, dass er seinen rechtmäßigen Platz einnimmt. Als mein Nachfolger und meine rechte Hand.“ Dem Jungen schwirrte der Kopf vor so vielen neuen Namen und Erkenntnissen. „Aber wie sollen wir gegen solch übermächtige Gegner siegen?“ Dymar grinste böse. „Wir holen uns Verstärkung. Wenn alle vier Elemente zusammen mit Fauna kämpfen, dann sollte es ein Leichtes werden. Schließlich hat jeder seine Schwächen. Wir müssen sie nur geschickt ausnutzen. Der Feenprinz könnte uns von Nutzem sein. Vielleicht.“ Raphael nickte, bis dahin kam er mit. „Du hast gesagt, dein Reich wäre riesig. Wie sollen wir die anderen finden?“ „Kluge Frage. Tamor wird uns den Weg weisen. Unsere erste Station ist Vikaria, die Stadt der Vikaren. In deiner Welt nennt man sie Amazonen. Rochiel ist zwar nicht meine liebste Reisebegleitung, aber wir werden miteinander auskommen.“ Seine Miene sagte etwas anderes. „In Ordnung. Dann lass uns weitertrainieren.“ Rapahel war wieder voller Energie, das Wissen um das Ziel trieb ihn an. „Ein Sandsturm.“ Im Stillen munterte er sich auf. Auch wenn es sicherlich niemals perfekt werden würde, er würde sich Mühe geben und Dymar unterstützen. Er fühlte die Kraft in sich pulsieren und fixierte den Sandhaufen. Er stellte sich eine drehende Mühle vor. Die großen Mühlenflügel, die im Kreis rotierten und der Wind, der auffrischte. Eine Wüste, in der die flirrende Hitze aufstieg und dafür sorgte, dass jeder sich unwillkommen fühlte, der hier eindrang. Eine seichte Bewegung mit dem Handgelenk, mehr ein Schwung, denn eine Drehung brachte den Sand dazu, sich in kleinen Kreisen zu bewegen. In gekonnten Abständen sorgte Raphael dafür, dass er sich immer weiter aufschwang. Es war ähnlich wie der Wirbelsturm, aber ein ganz anderes Gefühl. Dies hier bedeutete Macht. Einen leblosen Gegenstand dazu zu bringen, sich zu bewegen und dabei so zu nutzen, dass er verheerende Ausmaße annehmen konnte oder als schützende Barriere diente. Ehe er es sich versah, umtoste ihn der Sand. „Das ist es. Ich hab doch gesagt, dass du es kannst.“ Die beiden standen sich immer noch nah gegenüber und wurden von dem Sand umhüllt. „Perfekt. Du bist soweit, auch wenn du ein wenig geschummelt hast.“ Schuldbewusst zuckte Raphael zusammen. Der Sandhaufen hatte sich einfach angeboten, er hatte nur noch einen Schubs mit Magie gebraucht, um sich seinem Willen zu unterwerfen. „Morgen brechen wir auf.“ Damit verließ Dymar mit Schwung die Arena und Raphael blieb verwirrt zurück. Diese Nähe zu dem Hexer bekam ihm eindeutig nicht, denn nachdem er gegangen war, verpuffte sein Sandsturm genauso plötzlich wie er gekommen war und er spürte nur noch die Erschöpfung. Der Kuss brannte auf seinen Lippen. Ob das nötig gewesen war? Den ganzen Weg über zu seinem Zimmer grübelte er darüber und das Kribbeln auf seinem Mund ließ nicht nach. Es war, als ob er das bereits kannte. Wirklich eigenartig. Auf seinem Bett hatten es sich Tamor und der Feenprinz bequem gemacht. Friedlich kuschelte sich die Fee in Tamors Fell und Raphael hatte beinahe Mitleid, dass er das schöne Bild stören musste, aber er wollte auch in seinem Bett schlafen. Tamor rückte nur unwillig zur Seite und kugelte sich, sobald Raphael lag, sofort an seinem Bauch zusammen. Der Feenprinz hatte einen neuen Schlafplatz gefunden und lag seicht gebettet in den braunen Haaren. Kaum berührte Raphael das Kissen, war er auch schon eingeschlafen. Er hörte nicht, wie sich leise die Tür öffnete. „Hier steckst du also.“ Tamor blinzelte mit wachen grünen Augen. Sein Schwanz zuckte hin und her und Dymar sah ihn drohend an. „Er gehört mir.“ Damit verschwand er wieder. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)