SoulBlade von ExeonAureas ================================================================================ Kapitel 16: Auf und davon ------------------------- Ein zufriedenes Stöhnen drang aus Yuëns Kehle. Er genoss die Stille die im Thronsaal herrschte, wenn Lloyd nicht da war und nutzte diese ruhigen Momente immer zur Entspannung. Ein Lächeln zeichnete sich unter seiner Maske ab, während er den Roman, welchen er gerade beendet hatte, zuklappte und auf den Tisch legte. Doch kaum hatte es sich der Blondschopf auf seinem Stuhl gemütlich gemacht und die Augen für ein Nickerchen geschlossen, bildete sich ein Schattenportal aus dem erst Kurix und dann der Rotschopf selbst traten. Sofort hörte Yuën, wie der Jugendliche ununterbrochen Flüche in seinen nicht vorhanden Bart murmelte. Im Wissen, es sofort zu bereuen, wandte er sich an Lloyd und fragte: „Was ist passiert?“ Als Antwort warf der Rotschopf seine halbleere Popcorn-Tüte ins Gesicht des Assassinen, bevor er sich seufzend auf seinen Thron fallen ließ und brüllte: „Alles lief genau nach Plan, aber natürlich musste Käpt'n Blaubär aufkreuzen.“ Yuën, der verwirrt das Popcorn neben seinem Buch abstellte, drehte sich mit hochgezogener Augenbraue zum zeternden Rotschopf. „Dein älterer Bruder? Seit unserem letzten Zusammentreffen war er verdächtig ruhig. Glaubst du, er will Exeon helfen?“ „Was weiß ich?“, keifte Lloyd zurück, bevor er tief durchatmete und etwas ruhiger fort fuhr: „Aber das ist auch egal. Aquarius ist erledigt und ich hab' gesehen, wie der Mooskopf seine negative Energie in sich aufgenommen hat. Und solange wir den haben...“, er deutete auf Kurix, der sich seit ihrer Ankunft keinen Millimeter gerührt hat, „... wird er uns schon in die Arme laufen.“ Die Arme hinterm Kopf verschränkend, lehnte sich Lloyd zurück. „Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis mein ach so geliebter Bruder endlich weiß, was es heißt zu leiden!“ Ein diabolisches Grinsen stahl sich auf die Lippen des Jugendlichen, gefolgt von einem bösen Lachen, dass die gesamte Halle erfüllte. Auf Zehenspitzen schlich sich Exeon durch den dunklen Flur. In seiner Hand hielt er eine schwache Flamme, die ihm als Lichtquelle diente, in der anderen seine Waffe, sowie einen Rucksack voll mit Kleidung und Proviant. An der Haustür angekommen löschte er das Feuer mit einer schüttelnden Handbewegung, bevor er in seine Stiefel stieg und sich elegant seinen Mantel überstreifte. „Huh, die Löcher an meinen Ärmeln sind weg“, stellte der Jugendliche flüsternd fest, als das Leder sanft über seine Arme glitt. Vorsichtig und langsam griff er nach dem Türknauf, den er so leise wie möglich drehte und katzenartig aus der Tür huschte. Er wollte gerade die Tür hinter sich schließen, als ein lautes Räuspern ertönte. Vor Schreck zusammenzuckend, blickte der Grünschopf nach oben und entdeckte Tetsu, der vom Rand des Daches aus auf ihn herabschaute. Mit einem Satz landete der Blauhaarige neben Exeon und fragte in einem sarkastischen Unterton: „Du willst schon gehen?“ „J-ja, ich wollte eure Gastfreundschaft nicht länger ausreizen“, erwiderte sein Gegenüber stotternd und blickte dabei verlegen hin und her. „Und Kurix hat damit sicher nichts zu tun?“ Ein schiefes Grinsen breitete sich auf Exeons Gesicht aus, bevor er seufzte und antwortete: „Ich muss ihm helfen.“ „In deiner momentanen Verfassung hilfst du niemanden. Sogar ich merke an deiner Aura wie es dir geht und das solltest du auch.“ „Ich kann auf mich aufpassen!“ Kopfschüttelnd griff sich Tetsu an die Stirn. „Das dachte ich damals auch...“ Ruckartig zog der Blauhaarige sein Oberteil aus und entblößte seinen muskulösen, vernarbten Oberkörper. Geschockt musterte Exeon das Antlitz seines Bruders und je länger er hinschaute, desto mehr Narben konnte er ausmachen. Unzählige Schnitte, verteilt über Brust, Bauch, Schultern, Rücken und Armen, verewigt in der Haut des Mannes. Der Anblick ließ den Grünschopf schlucken, während er vollkommen sprachlos Tetsu anstarrte. „Jede dieser Narben ist ein Beweis für meine Leichtsinnigkeit und meinen Hochmut und ich würde sowohl dir, als auch Lloyd gerne dieses Schicksal ersparen.“ Tetsus Worte waren voller Bedauern und nachdem er seinen Pullover wieder angezogen hatte, wandte er sich erneut an Exeon: „Ich werde dir helfen deinen Freund zu retten, aber das war's. Wir gehen, schnappen ihn und verschwinden. Ich werde euren kleinen Disput nicht unterstützen.“ „Klei-kleiner Disput? Er will mich umbringen!“, fauchte der Jugendliche erzürnt. „Das werde ich ihm schon noch ausreden.“ Nach einem genervten Seufzer gab Exeon klein bei. „Meinetwegen. Aber wenn es er oder ich heißt, werde ic--“ Der Grünschopf stockte mitten im Satz, als er das starke Leuchten in seiner Hosentasche bemerkte. Panisch rief er: „Verdammt, nicht jetzt!“ Völlig perplex sah Tetsu mit an, wie das Leuchten immer stärker wurde und Exeon mit einem Ruck in die Luft katapultierte und irgendwo am Firmament verschwand. Gebannt blickte ein Junge in den nächtlichen Sternenhimmel und beobachtete das Schauspiel das sich ihm bot. Unzählige Sternschnuppen stürzten vom Himmel hinab in das strahlend blaue Meer unter ihm und schlugen Wellen, die sich in den bernsteinfarbenen Augen des Jungen spiegelten. Seufzend fuhr er sich durch sein wildes, nussbraunes Haar. „Diese Welt ist einfach zu klein...“ Mit einem Ruck hievte sich der Braunschopf hoch und wollte gerade gehen, als eine gewaltige Sternschnuppe seine Aufmerksamkeit auf sich zog. „Hm?“ Neugierig folgte sein Blick dem herabfallenden Stern, bis dieser schließlich auf einer der umliegenden Inseln aufprallte und eine riesige Staubwolke aufwirbelte. „Das seh ich mir genauer an!“ Mit einem breiten Grinsen im Gesicht hastete der Junge los Richtung Einschlagstelle. Jammernd richtete sich Exeon auf und klopfte sich den Staub von der Kleidung. Er ignorierte den Hustenreiz in seinem Hals und blickte sich um, während sich langsam der Staub legte. Die Aussicht, die ihm nun bot, raubte ihm regelrecht den Atem. Wohin das Auge auch reichte, sah er nichts als das funkelnde Meer und den klaren Nachthimmel. Über dem Meer schwebten ein dutzend Inseln, mindestens vierzig Meter über dem Meeresspiegel. Doch am meisten verschlug es ihm die Sprache, als er sich umdrehte und in das Antlitz einer riesigen, futuristisch wirkenden Stadt blickte, die gut hundert Meter in der Luft verharrte, umgeben von einem andauernden Meteoritenschauer. „Wooow...“, stammelte der Grünschopf, doch riss er sich von dem wundervollen Panorama ab und murmelte: „Verdammt, keine Zeit für sowas, ich muss zurück zu Kurix!“ Genervt zog er den Sternensplitter hervor und brüllte diesen an: „Bring mich zurück!“ Aus einem Gebüsch, nicht weit von Exeon entfernt, beobachtete der Braunschopf gespannt das Schauspiel, wobei sein Blick vorallem auf dem glitzernden Kristall in der Hand des Schwertkämpfers verharrte. „Hm?“ Plötzlich sah Exeon direkt zu dem Busch, in dem sich der Junge versteckte und panisch flüsterte dieser: „Seh' mich nicht, seh' mich nicht, seh' mich nicht!“ „Ich seh dich.“ Verdammt, brüllte der Braunschopf innerlich, bevor er aus dem Gebüsch hüpfte und vorsichtig auf Exeon zu trottete. „Hey, ich , äh... hab gesehen, wie du aus dem Himmel gefallen bist. Dachte mir, vielleicht brauchst du Hilfe, falls du den Fall überhaupt überlebst.“ „Danke, mir geht’s gut...“, erwiderte der Grünschopf ein wenig perplex. „Tut mir leid, aber ich hab keine Zeit, ich muss dieses verdammte Teil zum Laufen bringen!“ „Ah, bist du damit hergekommen?“ Inzwischen hatte der Braunschopf den Jugendlichen erreicht und begutachtete den Sternensplitter interessiert. „Ja, das Wegkommen ist eher das Problem...“ Nachdenklich legte er eine Hand ans Kinn und fragte: „Wegkommen, im Sinne von, in eine andere Welt fliegen?“ Exeon nickte genervt. „Kannst du eigentlich schwimmen?“ Verwirrt blickte Exeon hoch und schenkte seinem Gegenüber einen fragenden Blick. „J-ja, warum fra--“ „'Tschuldige.“ Aus einer Drehung heraus verpasste er dem Grünschopf einen Tritt in die Magengrube, der diesen aus dem Gleichgewicht brachte und an die Kante der Insel schob. Blitzschnell riss der Braunschopf ihm den Sternensplitter aus der Hand und rief ihm winkend zu: „Ist nichts Persönliches!“, bevor er davon rannte. Indes verlor Exeon nun vollends den Halt und stürzte die Klippe hinunter in die Tiefe. Nur sein wütender Schrei, gefolgt von einem lauten Plätschern war zu hören. Klitschnass und völlig außer Atem erreichte Exeon endlich den Strand. „Dieses verdammte Arschloch!“, brüllte er und schlug mit der Faust in den Sand. Zähneknirschend rappelte er sich auf und durchsuchte die Gegend nach der Aura des Diebes. Und tatsächlich, nicht weit von sich konnte er die Aura des Jungen erkennen und raste sofort los. „Ich bring dich sowas von um!“, fluchte Exeon, während er mühsam über den weichen Sand rannte, der Aura immer näher. Es dauerte auch nicht lange, als er ihn endlich sehen konnte und laut schrie: „Bleib stehen, Mistkerl!“ „Uh oh...“, murmelte der Junge verschwitzt und sprintete zur Küste. „Denk nicht mal dran!“ Wutentbrannt formte der Grünschopf einen Eiskristall in seiner Hand, den er direkt nach ihm schleuderte. Bedrohlich zischte das Eis durch die Luft und formte beim Aufprall eine gewaltige Frostsäule, deren Umfang selbst Exeon beeindruckte. Im letzten Moment sprang der Braunschopf panisch ins Wasser und tauchte unter, kurz bevor die Kälte die Stelle über ihm einfror. „Seit wann ist meine Magie so stark?“, murmelte Exeon erstaunt, schüttelte aber schnell seine Bewunderung aus seinem Kopf und eilte dem Dieb hinterher. Hastig durchsuchte er das Wasser nach diesem, fand jedoch nur seine immer mehr verschwimmende Aura. „Komm schon, du kannst nicht ewig unter Wasser bleiben.“ Nervös tippte der Schwertkämpfer mit seinem Fuß auf und ab, während er darauf wartete, dass der Langfinger wieder auftauchte. Vergeblich. „Komm schon...“ Aus Exeons Wut und Ungeduld wurde langsam eine Ungewissheit und Verzweiflung, mit jedem Zentimeter, die sich die Aura von ihm entfernte. Schließlich verschwand die Silhouette gänzlich, sehr zum Unmut des Grünschopf. „Verdammte Scheiße!“, brüllte er, den Tränen nahe und feuerte einen enormen Blitz ins Wasser, der dieses im Bruchteil einer Sekunde durchquerte und den ganzen See unter Strom stellte. Niedergeschlagen sank der Jugendliche zu Knie. „Wie komm ich jetzt bloß hier weg?“ „Hey Kleiner, will'se die gesamte Fischflora hier grillen, oder wat?“ Deprimiert schaute Exeon zu einem etwas dicklichen Fischer, der gerade mit Korb und Angelrute bewaffnet an den Strand kam. Seufzend richtete er den Blick wieder nach vorn, bevor er das Gesicht in seiner Armbeuge verkroch und einen genervten Seufzer ausstieß. „Net der gesprächige Typ, wat?“ Leicht außer Atem setzte sich der Mann neben den Grünschopf und legte seine Ausrüstung neben sich in den Sand. Sein Blick war auf das Meer gerichtet, als er tief einatmete und dem Jungen einen kräftigen Klaps auf den Rücken gab. „Dat war aber auch ein gewaltiger Blitzschlag, mein Lieber. Bist wohl net die hohe Äthermenge hier oben gewohnt, huh?“ „Äther... menge?“, wiederholte Exeon leise. „Haste in 'ner Schule net aufgepasst? Der Äther umgibt diese Welt, er fließt durch alles und versorgt uns mit der nötigen Energie.“ „Hm, klingt eigentlich wie Mysth.“ Verwirrt sah ihn der Angler an: „Wat für 'en Mist?“ „Nicht so wichtig. Ich... hören Sie, jemand hat mir etwas sehr wichtiges gestohlen und ist einfach da abgetaucht.“ Exeon deutete auf die ungefähre Stelle, an der er Kohaku verloren hat. „Irgend'ne Möglichkeit, dass der Dieb woanders auftaucht oder außergewöhnlich lang die Luft anhalten kann?“ Etwas erstaunt zupfte der Mann an seinem Hut und meinte: „Du fragst Sachen, Kleiner. Wie biste bitte hierhergekommen, wenn du net mal sowas weißt?“ „Können Sie bitte einfach meine Frage beantworten?“, erwiderte Exeon sichtlich genervt. „Scho' gut, scho' gut. Wenne einfach da unten weitertauchst, landeste im Wald von Makna. Dort ist wahrscheinlich auch dein Dieb hin.“ „Danke!“ Ohne zu zögern sprang der Grünschopf, mit neuer Hoffnung in den Augen ins Meer. Kopfschüttelnd beobachtete der Mann, wie der Jugendliche abtauchte und in den Tiefen des Meeres verschwand. „Komischer Bengel...“ Unterdessen schwamm Exeon gegen die leichte Strömung, die sich ihm entgegenstellte an und näherte sich immer weiter etwas, das wie eine riesige Baumkrone aussah. Puh, langsam wird die Luft knapp... Mit einer Handbewegung erzeugte er eine Windsphäre um seinen Kopf, die die umliegenden Wassermengen verdrängte und dem Schwertkämpfer einen kleinen Sauerstoffbonus gab. Wenn dieser Äther sich wirklich gleich verhält wie Mysth, bedeutet das, dass ich in dieser Welt über deutlich stärkere Magie verfüge. Das sollte ich auf jeden Fall zu meinen Vorteil nutzen. Inzwischen trennten nur noch wenige Meter Exeon von dem Meeresgrund, allerdings überkam ihm schleichend ein mulmiges Gefühl im Bauch. Statt einem festen Erdboden erblickte er vor sich einen großräumigen Wald, deren Bäume von oben wie ein grüner Ozean erschienen. Plötzlich wurde Exeon von einer starken Strömung erfasst, die ihn hilflos in die Tiefen zog und unkontrolliert umherwirbelte. Panisch wedelte er mit den Armen, unterdrückte den Drang auszuatmen, als ihm der Druck regelrecht in den Bauch hämmerte. Für eine Sekunde dachte der Grünschopf, seinen letzten Atemzug zu nehmen, als er aus dem Meer über sich fiel und rücklings in einen kleinen See unter sich stürzte. Endlich wieder Kontrolle über seinen Körper, stieß sich Exeon vom Grund des Teichs ab und kaum hatte er die Oberfläche erreicht, schnappte er hastig nach Luft. Er kämpfte sich gerade so zum Ufer, wo er sich tief Luft holend hinlegte und einiges an Wasser aushustete. „Was zum tollwütigen Behemoth ist gerade passiert?“, stammelte er keuchend. Noch immer nach Luft ringend setzte sich der Jugendliche auf und versuchte sich zu beruhigen. „Ganz ruhig, ich darf den Kerl nicht entwischen lassen.“ Er schüttelte sein nasses Haar und fasste sich nachdenklich an die Schläfe. „Der musste sicher auch diese Tortur mitmachen, also kann er nicht weit sein.“ Hastig drehte sich der Grünschopf um, nur um erneut in das Antlitz eines Fremden zu blicken,bloß dass er dieses Mal nicht erkennen konnte, was es darstellen soll. „Hallo kleiner Hom-Hom. Bist du auch auf Flucht vor bösem Hom-Hom?“ „W-was?“ Ungläubig musterte Exeon das kleine, eiförmige Wesen vor sich. Ein kuschelig weiches Fell schützte es vor Kälte und seine großen Ohren dienten ihm als Ersatz für seine winzig kleinen Gliedmaßen, wie man an diesem Exemplar gut erkennen konnte. Dieses trug nämlich einen Weidenkorb, beinahe so groß wie es selbst, mit den diesen und bestaunte Exeon neugierig mit seinen schwarzen Knopfaugen. Nur für sich selbst hörbar murmelte der Grünschopf: „Ich vermute mal, mit Hom-Hom sind Menschen gemeint...“, bevor er sich an das pelzige Wesen vor sich wandte. „Also ist hier ein weiterer... Hom-Hom durchgekommen?“ „Ganz recht!“, antwortete es nickend, wobei sein gesamter Körper mit wippte und es beinahe den Inhalt seines Korbes ausschüttete. „Ist noch gar nicht lange her. Ist großen Baum runter gerannt. Faselte was von Makna-Fällen.“ „V-vielen Dank, äh.., entschuldige die Frage, aber was bist du?“ „Rasha sein Nopon.“ „Hm, ein Nopon also... Egal, ich muss los, nochmals danke, Rasha!“ Hastig eilte Exeon davon, während der kleine Nopon ihm mit seinem großen Ohr hinterherwinkte. Sein Weg führte ihn entlang eines schmalen Pfades nebst des gewaltigen Baumes, der inmitten des Waldes thronte. Ein Blick über das spärlich angebrachte, kniehohe Geländer offenbarte die schwindelerregende Höhe des hölzernen Pfeilers. Nach einigen Metern führte der Weg durch einen großen Bogen, der in die Baumrinde geschnitzt wurde ins Innere, wo Exeon kurz inne hielt und sich mit geweiteten Augen umsah. „Woah!“ Fasziniert blickte er den hohlen Baum hinab, vorbei an mehreren Ebenen, die gefüllt mit winzigen Häusern, leuchtenden Kugeln und geschäftigen Nopon waren. Wie auch außen, gab es hier einen Weg, der am Rand des Stammes entlang führte, jedoch auch einige, schmale Hängebrücken, die sich wie feine Faden durch das System zogen und zusätzliche Verbindungen schufen. Im Zentrum, über einer kleinen Plattform, konnte Exeon den See, in dem er vorhin landete erkennen. Auch wenn etliche Äste den Grund des Sees umgaben, gab es für den Grünschopf keinen ersichtlichen Grund, warum das Wasser nicht einfach davon floss, sondern an Ort und Stelle verharrte. „Diese Welt ist der Wahnsinn...“, murmelte er voller Begeisterung, doch besann sich wieder auf sein eigentliches Ziel. Er schloss die Augen um sich besser zu konzentrieren und erfasste alle Auren innerhalb des Dorfes, auf der Suche nach dem Sternensplitterdieb. Angestrengt überprüfte er jede Aura, die auch nur ansatzweise Ähnlichkeiten aufwies, bevor er zur nächsten sprang. „Hab ich dich!“ Weiter unten fand er die Aura seines Diebes und bei genauerem Hinsehen konnte Exeon ihn auch ausmachen. Dieser schien sich angeregt mit einem der Nopon zu unterhalten und hatte seinen Verfolger allem Anschein nach noch nicht bemerkt. „Diesmal entwischst du mir nicht!“ Flink machte er sich auf den Weg, vorbei an aufgeregten Bewohnern, die den Fremden interessiert hinterherschauten und gesellig miteinander tuschelten. Schnellen Schrittes überquerte der Schwertkämpfer eine Brücke nach der nächsten auf seinem Weg nach unten, wobei sein Blick immer wieder an den verschiedensten Dingen hängen blieb, wie beispielsweise eine altmodisch wirkende Fabrik, in dem ein Schaufelrad, groß genug um in jeden Becken einen Nopon zu tragen, munter seine Runden drehte oder die leuchtenden Sphären die überall verteilt waren und sich bei genauerem Hinsehen als zusammengepresste Blütenpollen entpuppten. Allerdings verweilte er nie zu lange an einer Stelle und eilte weiter hinunter, bis er schließlich auf der richtigen Ebene ankam und ihn nur noch wenige Meter von seinem Ziel trennten. Doch plötzlich wurde Exeon von einem der Nopon lauthals mit: „Hallo, Hom-Hom!“ begrüßt. Unter seinem Atem fluchte Exeon: „Verdammter Mist“ und hechtete sofort auf den Dieb zu, der durch das Geschrei auf ihn aufmerksam wurde und die Beine in die Hand nahm. „Bleib stehen!“, brüllte der Grünschopf im Laufen und formte eine Auraflamme in seiner Hand, bereit zum Abwurf. Jedoch ließ er das Feuer mit einer lockeren Handbewegung erlöschen, beim Gedanken an die ganzen unschuldigen Bewohner. „Baum und Feuer, keine gute Idee.“ Genervt sprintete er, dem Dieb dicht auf den Fersen, runter auf die letzte Ebene, vorbei an einem kleinen, azurblauen Teich und unter einem meterhohen Torbogen, der geradewegs auf eine breite Holzbrücke führte. So, hier gefährde ich aber niemanden mehr! Ohne zu stoppen, zog Exeon sein Schwert und mit einer weit ausholenden Bewegung lud er die Klinge mit Aura und Windmagie auf. Daraufhin erfolgten drei geschickte Schwerthiebe, mit denen er rasend schnelle Windklingen erzeugte, die gnadenlos auf den Braunschopf zurasten. Allerdings wich dieser mit schnellen Seitwärtssprüngen aus und erreichte das Ende der Brücke – einen kleinen Turm, der geradewegs ins Herz des Waldes führte. Wutentbrannt feuerte der Grünschopf mit Aurablitzen um sich, die jedoch alle ihr Ziel verfehlten. Der Langfinger kam in der Zwischenzeit auch am Ende der Turmplattform an, von der er sich mit einem gewagten Sprung in die Tiefe warf. Ohne mit der Wimper zu zucken stürzte sich Exeon hinterher und indem er seine eigene Aura hinunterzog, landete er noch vor dem Jugendlichen am Boden. Seinen kleinen Vorsprung nutzend zückte er seine Klinge und schlug horizontal nach dem Braunschopf, der jedoch im selben Moment am Boden eintraf und um Haaresbreite unter dem schneidenden Stahl vorbei rollte. Einen lauten Wutschrei ausstoßend ging der Schwertkämpfer zum nächsten Angriff über, doch verfehlte erneut sein Ziel. Beinahe panisch hechtete der Dieb in den dicht bewachsenen Wald und huschte zwischen den vielen Bäumen hindurch. „Hör auf wegzurennen, du ele--“ Im letzten Moment wich Exeon nach hinten aus und entging so den Klauen eines mannshohen Reptil, das den Jugendlichen mit seinen zwei Köpfen hungrig anstarrte und bedrohlich seine Zähne bleckte. Verstört musterte er den kleinen Kopf, der in der Halsbeuge des großen Schädels lag und die lodernde Flamme auf dem Rücken der Echse, doch wich dem Entsetzen schnell wieder blanke Wut. „Ich hab keine Zeit für Missgeburten wie dich!“ Mit einem Schwertschlag wehrte er den Schnappangriff des raptorartigen Ungetüms ab und zog mit aller Kraft die Klinge mitten durch dessen Schnauze. Während die obere Gesichtshälfte zu Boden klatschte, setzte Exeon mit einem vertikalen Hieb nach und trennte sauber den Hals vom Körper. Leblos sackte der kopflose Körper zusammen. Keuchend murmelte Exeon: „Okay, wo bist du hin?“ Konzentriert suchte er die Gegend nach der Diebesaura ab, ohne Ergebnis. „Scheiße!“ Zornig rammte er seine Waffe in den Boden, bevor er verzweifelt neben dieser auf die Knie sank. Mit den Tränen kämpfend starrte der Jugendliche hoffnungslos in den unendlich weiten Wald vor sich. Mit zitternder Stimme hauchte er: „Ich sitz' hier fest...“ „Warte mal!“ Hastig wischte sich Exeon sein verheultes Gesicht am Ärmel ab und rappelte sich mühsam auf. „Der hat doch mit diesem Nopon geredet. Vielleicht weiß der ja weiter.“ Er machte auf der Stelle kehrt und eilte auf dem schnellsten Weg zurück ins Dorf. Dort angekommen schaute er sich sofort nach dem potenziellen Informanten um. Zu seinem Glück musste der Grünschopf nicht lange suchen, bis er fündig wurde. Umringt von aufeinandergestapelten Kisten, sowie Schalen voller Obst und Früchte saß der Nopon gemütlich hinter seinem Tresen und winkte eventuellen Kunden zu. Auch Exeon winkte er zu sich heran, als er diesen erblickte und begrüßte ihn mit einem herzhaften: „Guten Tag, Hom-Hom. Möchtest du bei Pelupelu einkaufen? Pelupelu hat ganz leckere Früchte, sein alle Mjam-Mjam!“ „N-nein, danke. Allerdings könnt Ihr mir hoffentlich anders helfen.“ Der Grünschopf bemühte sich, möglichst freundlich zu klingen. „Oh, wie kann Pelupelu denn helfen?“ „Ähm, ich bin auf der Suche nach dem Men--, ich meine Hom-Hom, mit dem Ihr vorhin geredet hat. Irgendeine Ahnung, wo er hin wollte?“ Nachdenklich verschränkte der Nopon seine Ohren und summte ein lautes: „Hmmmmm...“ Plötzlich schnippte er mit seinem linken Ohr und meinte: „Ja, Junge wollte Proviant kaufen für Weg zu Makna-Fälle.“ „Stimmt, der Nopon oben hat auch etwas in der Richtung gesagt...“, murmelte Exeon vor sich hin, bevor er fragte: „Und wie komm ich am schnellsten zu den Makna-Fällen?“ „Ganz einfach, müssen nur Weg auf Karte folgen. Pelupelu hat Karte übrig für Hom-Hom, einen Moment.“ Mit einem Hopps verschwand der Händler hinter seinem Tresen und wühlte wie wild in einer Kiste herum, bevor er rief: „Gefunden!“ und wieder auf seinen Platz hüpfte. Mit seinem Ohr überreichte das kleine Wesen dem Jugendlichen eine vergilbte Karte. Dankend nahm Exeon sie an und faltete sie direkt auf. „Da, Hom-Hom sehen? Makna-Fälle auf Karte markiert sein.“ „Stimmt, ich seh's. Vielen Dank, Pelupelu!“ Mit einem Lächeln auf den Lippen verabschiedete sich Exeon von dem Nopon, bevor er sich abermals auf den Weg machte. „So, wie komm ich jetzt am besten dahin?“ Sorgfältig studierte der Grünschopf die Karte in seinen Händen, ehe er sie zusammenrollte und unter seinen Gürtel schob. „Dann mal los...“ Seufzend setzte er sich in Bewegung und schritt schnellen Schrittes durch den schier unendlich wirkenden Wald, wobei er fasziniert den Blick umherschweifen ließ. Sein Weg führte ihn auf einem schmalen Trampelpfad zwischen den unzähligen Bäumen vorbei und ein Schwenk zum Himmel offenbarte meterlange Hängebrücken, die über das Blättermeer hinweg führten und damit eine sichere Alternative zum Bodenweg bildete. Denn wie Exeon bemerkte, war der Wald voller wilder Geschöpfe, die mit den meisten Reisenden kurzen Prozess machen würden und dem Grünschopf leichtes Unbehagen bereiteten. Plötzliches Stampfen riss den Jugendlichen aus seiner Bewunderung und angespannt, die Hand am Schaft seiner Waffe, sah er in das Dickicht der Bäume. In rasender Geschwindigkeit galoppierte eine silberhäutige Kreatur mit langen Beinen und einem enormen, klingenartigen Horn auf dem Kopf hervor. Seine mächtigen Hufen trommelten über den Boden und sein Blick wirkte beinahe panisch, als es geradewegs an Exeon vorbei rannte. Nur Sekunden später stürmte ein löwenartiges Biest, dessen verfilztes Fell an Herbstlaub erinnerte hinterher, gefolgt von zwei weiteren Artgenossen. Eine der Bestien warf dem Grünschopf einen Respekt einflößenden Blick zu, sowie ein hungriges Knurren, bevor sie weiter ihrer Beute nachjagte. Exeon, der bisher wie versteinert da stand, schaute den Kreaturen einen Moment noch hinterher, ehe er erleichtert seinen Griff löste und aufmerksam weiter schritt. „Zum Glück waren die nicht hinter mir her...“ Die nächsten Stunden vergingen vergleichsweise ereignislos, bis sich die Sonne langsam senkte und Exeon in der Ferne eine gewaltige Baumwurzel entdeckte, die sich von einem Hügel hinüber zum nächsten schlängelte. Auf dieser von Natur erschaffenen Brücke nistete eine Horde, menschengroßer Vögel, deren Aussehen dem von Eulen nicht unähnlich war. Das sanfte Heben und Senken der Brust eines jeden Vogels deutete darauf, dass sie schliefen, woran der Grünschopf auch nichts ändern wollte, weshalb er sich höchst bedacht und auf Zehenspitzen fortbewegte. Schön weiterschlafen. Ich will hier nur kurz durch und dann seid ihr mich für immer los. Nur noch ein paar Meter un-- Wie aus dem Nichts ertönte aus der Ferne ein ohrenbetäubender Schrei, der wie ein metallisches Wiehern klang. „War ja klar...“ Beinahe zeitgleich rissen die monströsen Eulen die Augen auf und starrten auf Exeon, welcher nur wenige Schritte von ihnen entfernt war. Bedrohlich breitete jede ihre vier Flügel aus und kreischten im Chor, bevor sie sich mit einigen Flügelschlägen von der Wurzel erhoben und aggressiv auf den genervten Grünschopf stürzten. Hastig zog er seine Waffe und wehrte den ersten Angreifer geschickt ab, ehe er dem aufsteigenden Gegner nachsprang und mit hell erleuchteter Klinge zustach. Mühelos bohrte sich der Stahl durch die hohlen Knochen des Brustkorbs und hinterließ eine klaffende Wunde, nachdem Exeon sein Schwert wieder hinauszog. „Einer hin, drei im Sinn.“ Die Leiche als Sprungbrett nutzend, segelte der Schwertkämpfer durch die Luft, dem nächsten Monster entgegen. Dieses schlug mit seinen mächtigen Klauen nach dem Jugendlichen und fing dessen Schwerthieb damit gerade so ab. Blitzschnell reagierte Exeon jedoch darauf und schwang sich an seiner Waffe hoch, wodurch er hoch in die Luft flog. Nun über seinem Gegner schwebend, schleuderte Exeon einen Aurablitz auf diesen, ehe er hinunter sauste, sein Schwert packte und im Sturzflug einen Drehschlag vollführte, der die geschockte Eule in zwei Hälften teilte. Hastig richtete er sich auf und erwartete die verbliebenen Gegner, die sich nun gleichzeitig auf ihre Beute stürzten. Ein siegessicheres Grinsen stahl sich auf das Gesicht des Jungen, während er seine Klinge mit Windmagie füllte und vier rapide, vertikale Schläge ausführte, die alle in jeweils einer rasend schnellen Windklinge mündeten. Panisch flatterten die Gegner umher bei ihrem verzweifelten Versuch auszuweichen, doch vergebens. Schmerzensschreie erfüllten die Luft, als die Klingen ihr Ziel trafen und die Flügel ihrer Opfer abschnitten, sodass diese hilflos zu Boden fielen. „Zeit, das hier zu beenden.“ Mit einem kraftvollen Sprung hastete Exeon auf seine Gegner zu und hauchte ihnen mit zwei gezielten Schlägen das Leben aus, noch bevor sie den Boden erreichten. Zufrieden schob der Grünschopf sein Schwert zurück in dessen Scheide und atmete tief durch, den Blick dabei auf den feuerroten Horizont gerichtet. „Ich sollte mich beeilen...“ Die letzten Strahlen der Abendsonne kündeten die hereinbrechende Nacht an und erschöpft hockte Exeon auf einem umgestürzten Baumstamm. Im schwachen Licht suchte er auf der Karte nach einem geeigneten Platz zum Rasten. „Ich bin gerade am Mahr-Wasserloch...“ Seine Worte wurden vom sanften Plätschern des Wassers zusätzlich untermalt. „Ah, da hinten ist ein abgelegener Platz.“ Mit einem Ruck hievte er sich hoch, packte die Karte wieder weg und marschierte entlang eines kleinen, versteckten Weges zu einem verborgenen, grünlich leuchtenden Weiher. Staunend betrachtete Exeon das kristallklare Wasser und den hellen Schein, der von dessen Grund ausging und unzählige Glühwürmchen anlockte, die zum Pulsieren des Lichts tanzten. „Sieht doch ganz gemütlich aus.“ Seufzend ließ sich der Grünschopf auf dem weichen, vom Moos bedeckten Boden nieder, streckte sich ausgiebig und sah hinauf zum sternenbedeckten Firmament. Nachdenklich schloss Exeon die Augen und dachte an seine Heimat. An den letzten Abend vor seiner Prüfung, in der er von der Schulmauer aus den Sternenhimmel beobachtete. Und vor allem an seine Freunde. Wie es ihnen wohl geht? Ob sie überhaupt an mich denken? Er stieß einen tiefen Seufzer aus und schüttelte den Kopf. Was red' ich mir da bloß ein, wenn sie so wären, wären sie wohl kaum meine Freunde. Verdammt, was ist nur los? In letzter Zeit werden meine Gedanken immer negativer... Die Augen öffnend streckte er seine rechte Hand empor und erschuf eine grüne Aurasphäre in seiner Hand, doch irgendetwas war anders. Seine sonst so sanft pulsierende Aura wirbelte wild und ohne festes Muster umher. Kleine Energieströme peitschten aus der Sphäre, nur um wieder von der Aura selbst hineingezogen zu werden. Und inmitten des satten Grüns erkannte Exeon statt dem üblichen hellblauen Schimmer, einen schwarzen, unheilvollen Fleck, der unkontrolliert in alle Richtungen schwankte. Es wirkte beinahe so, als wolle die Schwärze aus ihrem grünen Gefängnis ausbrechen und alles um sich herum verschlingen. Schluckend und den Blick voller Angst ballte der Jugendliche die Hand zur Faust und erstickte damit die Aurasphäre im Keim. Hastig wischte er sich den Schweiß von der Stirn und atmete einmal tief durch. Ganz ruhig, das hat sicher nichts zu bedeuten... hoffe ich. Plötzlich ertönte ein lautes Magenknurren und riss den Jugendlichen aus seinen Gedanken. „Stimmt, ich könnte etwas zu essen vertragen.“ Stöhnend setzte er sich auf und schaute sich suchend um, fand jedoch nichts außer gähnenden Leere um sich herum. „Verdammt, wo ist meine Tasche.“ Er überlegte fieberhaft, wo er seinen Rucksack das letzte Mal gesehen hatte und je weiter er gedanklich zurückging, desto panischer wurde sein Blick. „Ich muss ihn wohl oben am Meer verloren haben...“ Genervt schlug er mit der Faust auf den Boden. „Alles nur wegen diesem scheiß Dieb! Wenn ich den erwische...“ Niedergeschlagen ließ er sich nach hinten auf das zarte Moos fallen und richtete abermals sein Blickfeld auf den Sternenhimmel. Schreiend, sowie schweißgebadet schreckte Exeon hoch. Er keuchte und rang nach Luft, während er sich mit beiden Händen durchs Gesicht fuhr, ehe diese durch sein verschwitztes Haar und schlussendlich in seinem Nacken ineinander griffen. „Nur... ein Traum...“, hauchte er mit zitternder Stimme. Nachdem er sich einigermaßen beruhigt hatte, kroch er zum Weiher hinüber, wo er an der Reflektion seiner selbst hängen blieb. Geschockt musterte er seine tiefen Augenringe und seinen abgekämpftes Äußeres, schüttelte jedoch hastig den Kopf, warf sich eine handvoll Wasser ins Gesicht und wusch sich anschließend gründlich ab. Kaum war er damit fertig, erinnerte ihn sein grummelnder Bauch daran, was für einen unvorstellbaren Hunger er hatte. Seufzend schnallte sich Exeon sein Schwert um und machte sich auf, raus aus den kleinen Hain und hinaus in den Wald. „Zeit, was jagen zu gehen.“ Zu seinem Glück musste er nicht weit laufen, der Grünschopf am Wasserloch eines der gestrigen Geschöpfe, ein pferdeartiges Kreatur mit großem Klingenhorn, erblickte. Dieses näherte sich zaghaft und aufmerksam dem Ufer, um seinen Durst zu stillen. „Hm, was diese Löwen fressen können, kann ich sicher auch...“ Mucksmäuschenstill schlich er sich im Schutze des Waldes an seine Beute heran, weiterhin auf die Auren der Umgebung bedacht, um nicht erneut durch höhere Gewalt aufzufliegen. Nur noch wenige Meter trennten Exeon von der anmutigen Kreatur. Jetzt oder nie! Schlagartig sprang der Grünschopf aus dem Gebüsch hervor und feuerte einen Eiskristall direkt auf die Beine seines Opfers. Nicht in der Lage zu flüchten, schlug dieses wild mit seinem großen Horn um sich. Nur knapp konnte Exeon die herab sausende Klinge mit der eigenen abwehren, ehe er seine Waffe an der scharfen Kante des Horns hinauf zog und mit einem kraftvollen Stich die Halsschlagader durchbrach. Sofort lehnte sich der Jugendliche zur Seite um nicht vom herausschießenden Blut erwischt zu werden und löschte das Eis zu Füßen des Leichnams mit einem schwachen Feuerzauber, sodass dieser problemlos umfallen und ausbluten konnte. „Ich sollte nicht zu lange warten, bevor ich noch was weiß ich was anlocke.“ Von einem der naheliegenden Bäume zupfte sich der Grünschopf ein riesiges Blatt ab, das er sorgfältig im Wasser wusch und dann neben den Kadaver legte. Das Gesicht verziehend meinte Exeon: „Jetzt zum unangenehmen Part...“ Er zückte erneut seine Klinge und trennte mit wenigen, geschickten Handgriffen genug Fleisch für sich ab, welches er auf das Blatt neben sich legte. „Das sollte reichen. Hm...“ Interessiert beäugte er das Horn, der Bestie und nach kurzer Überlegung schnitt er auch dieses kurzerhand ab. Aus dem Blatt faltete er ein kleines Bündel, dass er in die Hand nahm, das Horn hingegen verstaute er unter seinem Gurt. Seufzend sah Exeon noch einmal in die leeren Augen seines Opfers, ehe er zu seinem Nachtlager zurückging, allerdings nicht ohne zuvor eine halbwegs starke Windböe zu erzeugen. Ein gequältes Lächeln zierte seine Lippen, während er murmelte: „Der Geruch sollte irgendwas anlocken, so ist der Rest wenigstens nicht verschwendet.“ Genüsslich biss Exeon vom Fleischsspieß in seiner Hand ab. „Wenn ich diesem Weg folge, lande ich am Wandererrastplatz“, kaute er vor sich hin. „Eventuell ist dort auch gerade der Dieb, zuviel Vorsprung sollte er jedenfalls nicht haben.“ Nachdem er den letzten Bissen herunter geschlungen hat, stand der Grünschopf auf und löschte das Lagerfeuer vor sich. Marschbereit sah er gen Himmel, der grellen Mittagssonne entgegen. „Ich sollte mich beeilen.“ Nach einem letzten prüfenden Blick, um sich zu vergewissern, dass er nichts vergessen hatte, ging er hastig los. Trotz seines Tempos erreichte der Grünschopf sein Ziel jedoch erst gegen späten Abend. Kurz verschnaufend lehnte er sich an die große Säule, die am Rastplatz aufgestellt war und schaute sich suchend um. Er entdeckte ein ausgebranntes Lagerfeuer, doch aufgrund der noch glimmernden Holzkohle schlussfolgerte er, dass es noch vor kurzem brannte. „Weit kann er nicht sein...“ Nachdenklich legte er die Hand ans Kinn und durchkämmte die Gegend nach der Aura des Braunschopfs. Erschrocken riss er die Augen auf und sah sich hektisch um, als er die Aura nur wenige Meter von sich entfernt spürte. Plötzlich ertönte das ratschende Geräusch eines Reißverschlusses und aus einem Busch heraus trat der gesuchte Dieb, der Exeon genervt anschaute und jammerte: „Kann man nicht mal mehr in Ruhe aufs Klo?“ Kochend vor Wut zischte der Grünschopf: „Du kannst meinetwegen in aller Seelenruhe dein Geschäft erledigen, wenn du mir einfach wiedergibst, was mir gehört!“ „Oh, wenn du so fragst, werde ich dir natürlich dein Kristallding wieder geben.“ Misstrauisch legte Exeon den Kopf schief, ehe der Braunschopf zu einem Überraschungsangriff ausholte und mit voller Wucht nach seinem Gegenüber trat. Doch wider Erwartens, packte der Schwertkämpfer kurzerhand den Fuß des Langfingers und warf diesem einen wütenden Blick zu. „Ist es zu spät um sich zu entschuldigen?“, fragte der Jugendliche mit leichter Panik in seiner Stimme. „Jetzt ja.“ Nun griff Exeon auch mit der anderen Hand nach dem Bein des Diebes und riss diesen regelrecht vom Boden. Er drehte sich mehrmals um die eigene Achse, bevor er seinen Kontrahenten kraftvoll davon schleuderte und im direkten Anschluss eine Aurasphäre hinterherschickte. Schreiend wirbelte der Braunschopf durch die Luft, schaffte es jedoch, Halt an einem dicken Ast zu finden und sich gefahrlos abzufangen. Jedoch bemerkte er nicht die Aurasphäre, die direkt auf ihn zusteuerte. „Oh oh....“ Von der Wucht der Explosion davongerissen, flog er abermals durch die Luft und prallte unsanft am Boden auf, wo er sich mehrfach überschlug. „Jetzt bekommst du's auf keinen Fall wieder...“ Stöhnend rappelte sich der Braunschopf auf. Während Exeon sein Schwert zog und brüllend auf ihn zuraste, blickte er panisch zu einer meterlangen Hängebrücke, die über eine tiefe Schlucht führte. Mit einem Rückwärtssalto wich der Dieb dem wütenden Angriff des Grünschopfs aus und brachte diesen mit einem Kick gegen die Schläfe zu Boden. Bevor sich sein Gegner aufgerichtet hat, sprintete er los zur Brücke, so schnell er konnte und ohne zurückzublicken. „Bleib stehen!“, brüllte Exeon und nahm die Verfolgung auf. „Kämpf doch mal, anstatt immer nur wegzurennen!“ Der Braunschopf schüttelte im Laufen den Kopf und erwiderte lediglich: „Sorry, aber ich hab besseres zu tun.“ Kurz vorm Ende der Brücke, zog der Dieb ein Messer aus seiner Hosenbeintasche, hechtete mit einer Sprungrolle nach vorne und kappte mit einer eleganten Drehung die Seile, die das wacklige Holzkonstrukt oben hielt. Doch statt Angst oder Panik erblickte er diesmal wilde Entschlossenheit in den Augen des Grünschopfs. „Nicht noch einmal, du verdammtes Arschloch!“ Geistesgegenwärtig bildete Exeon eine Auraplattform unter seinen Füßen und ignorierte die herabstürzende Brücke unter sich. Mit einem kräftigen Sprung segelte er auf die Klippe zu, wo sein Gegner erstaunt zuschaute und seinen Augen nicht trauen konnte. „Verdammt, hartnäckig ist er ja...“ Hastig drehte er sich um und rannte davon, bevor Exeon nach der Kante griff und sich so schnell er konnte hochzog. „Er... darf nicht... nochmal entwischen...“, keuchte er und raste hinterher. Immer mehr verlor der Schwertkämpfer seinen Gegner aus den Augen, bis er vor einem kleinen Höhleneingang zum Stehen kam und sich erschöpft an der Wand anlehnte. Nach Luft schnappend drohte er: „Wenn ich dich erwische...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)