Written Pages von Jessa_ ================================================================================ Kapitel 18: Pouting in the Ball Pit ----------------------------------- Kapitel 18: Pouting in the Ball Pit In der Nacht von Montag auf Dienstag, machte Sasuke wieder ins Bett. Itachi wurde wach, weil er eine ungewöhnliche Wärme am Bein spürte. Er blinzelte und fuhr seinem kleinen Bruder über den Schopf. „Sasuke“, sagte er leise. Er knipste die Lampe an, die auf dem kleinen Tischchen neben der Schlafcouch stand. Das Licht, dass durch den Spalt der geöffneten Zimmertür drang, war nicht genug. „Bist du wach, Sasuke?“ Er hörte das Schniefen seines kleinen Bruders und umarmte ihn. „Alles gut“, flüsterte er. „Ist nicht schlimm, Sasu.“ Er würde sich schon darum kümmern. Itachi zog die Decke zurück, kletterte aus dem Bett und brachte seinen kleinen Bruder dazu, es ihm gleich zu tun. Er nahm die Decke von seiner Seite des Bettes, fühlte ob sie trocken war und gab sie Sasuke, der sich bereits die unangenehm nasse und klebende Pyjamahose ausgezogen hatte und dabei war, dasselbe mit der kleinen Boxershorts zu machen. Itachi nahm die nassen Sachen an sich, wickelte den kleinen Bruder in die Decke ein und sagte: „Setz dich auf den Schreibtischstuhl.“ Itachi legte ein Kissen auf den Stuhl, half Sasuke hoch und machte sich daran, das nasse Laken vom Sofa zu ziehen, als sein kleiner Bruder sich auf den Stuhl gekuschelt hatte und die Augen schloss. Er warf das Laken auf den Boden, wickelte die nasse Kleidung darin ein und schlich in den Fluch. Das Knarren der Badezimmertür störte ihn und er wusste nicht, was er mit den Stoffen tun sollte? Zu der dreckigen Wäsche? Oder vielleicht sollte er es lieber selber waschen? Aber er konnte noch nicht mit Waschmaschine und Trockner umgehen und wenn er die Sachen in der Wanne wuchs und bloß zum Trocknen aufhängte, waren sie morgen früh immer noch nass und Rin vielleicht wütend, dass sie ihr nicht Bescheid gesagt hatten. Deswegen legte der Neunjährige das zusammengeknüllte, nasse Laken auf die Fliesen neben der Badewanne und ging zurück in den Flur, um an Kakashis Schlafzimmertür zu klopfen. Er hörte das Rascheln von Bettwäsche, leise Fußschritte und dann das Knarren der Tür, als Rin ihm öffnete. „Oh, Itachi“, hörte er sie sagen. „Ist alles in Ordnung?“ „Ich… uh, nein. Mein kleiner Bruder hat“, er schwieg einen Moment, „Sasuke hat ins Bett gemacht und ich weiß nicht, was ich mit den Sachen machen soll – mit dem Laken und so.“ „Na, das haben wir gleich.“ Sie trat in den Flur, schloss die Türe leise hinter sich und ging mit Itachis ins Bad. Sie nahm das Bettlaken und die nassen Klamotten, um sie in die Waschmaschine zu tun. Dann schaute sie auf den dunklen Fleck seiner Schlafanzughose und fragte: „Hast du auch etwas abbekommen?“ Itachi nickte von seinem Platz nahe der Tür und zog auf ihrer Bitte ihn die Schlafanzughose aus. Rin warf sie zu den anderen Sachen in die Waschmaschine, gab Waschmittel dazu und drückte ein paar Knöpfe, ehe sie Itachi anlächelte. „Alles in Ordnung“, sagte sie, bat ihn zurück ins Gästezimmer zu gehen und versprach mit frischen Sachen für ihn und seinen Bruder zurück zu kommen. Sie ging leise in Narutos Schlafzimmer, um den kleinen Blondschopf und ihre Tochter nicht zu wecken, nahm einen frischen Pyjama aus dem Schränkchen und holte eine neue Schlafanzughose aus der Schublade in Kakashis Schlafzimmer. Mit einem frischen Bettlaken aus dem Wandschrank im Flur machte sie sich auf ins Gästezimmer. Sie bezog das Bett, während Itachi die Hose anzog und seinem kleinen Bruder mit Unterwäsche und Pyjamaunterteil half. „So, fertig“, sagte Rin und grinste den Brüdern zu. „Jetzt könnt ihr zurück ins Bett.“ „Ich mag nicht“, jammerte Sasuke und hob die Arme, damit sie ihn hochhob. „Warum nicht?“, fragte sie und als er schwieg, fuhr sie ihm tröstend über den bedeckten Rücken. „Hast du Angst wieder ins Bett zu machen, Süßer?“ Sie setzte sich auf den Bettrand, bedeutete Itachi unter die Decke zu schlüpfen und schaukelte den kleinen Jungen auf ihrem Schoß. Als er unter ihrem gesummten Schlaflied endlich eingeschlafen war, legte sie ihn zurück ins Bett, zog die dünne Decke hoch und schaute in Itachis Gesicht. Er war wach geblieben, während sie sich um seinen kleinen Bruder kümmerte. „Bist du nicht müde?“, fragte sie, doch er zuckte bloß mit den Schultern. „Tut mir Leid, dass ich dich geweckt habe.“ „Kein Problem, Süßer. Für so was bin ich da. Ich kümmere mich um euch.“ Itachi nickte. Er vergrub das Gesicht ins Kissen und lächelte versteckt, als sie seine Decke zurecht zupfte und ihm einen Kuss auf die Schläfe drückte. Er würde es nicht laut sagen, aber er mochte es sehr, von ihr bemuttert zu werden. Niemand würde je seine Mutter ersetzen können, aber Rin gab ihm ein Gefühl der Sicherheit. Er erinnerte sich an die sieben Monate, die sein Vater mit seiner Mannschaft auf See stationiert war. Itachi war Fünf gewesen – und es hatte nur seine Mutter, seinen Baby-Bruder und ihn gegeben. Er erinnerte sich, dass seine Mutter lieber Gemüse, süße Früchte und Eis für sie kaufte, statt des Fleischs, das ihr Ehemann so gerne aß. Sie hatten häufig zusammen gekocht, waren in den Park gegangen und sogar ins Schwimmbad. Itachi erinnerte sich an Mamas rothaarige Freundin und ihr blondes Baby – es war fast so blond gewesen wie Naruto. Aber als Papa heim kam, hatte seine Mutter ihre Freundin nur noch selten treffen können, zum gemeinsamen Lebensmitteleinkauf und im Park, wenn Papa arbeiten war. Itachi erinnerte sich an ihre Salz-Cracker, aber nicht an ihren Namen. Irgendwann war sie nicht mehr in den Park gekommen, aber Mama hatte nie erzählt warum. Itachi fragte sich, ob Mamas Freundin sie hatte retten wollen. Zugetraut hätte er es ihr und manchmal hatte sie so geschaut … – fast so wie Rin an Thanksgiving. Seine Mutter hatte diesen Blick nicht gehabt. Sie hatte tausend andere Blicke. Noch erinnerte er sich an sie. Vielleicht verankerten sich einige fest in seinem Gedächtnis. Womöglich würde er die meisten vergessen. Er hatte Fotos von ihr als junges Mädchen gesehen. Fotos mit ihrem Vater. Sie war hübsch gewesen, klein und zierlich – aber irgendwie viel jünger. Sie war Auto gefahren, hatte Ball gespielt, war mit Opa angeln gefahren. Itachi kannte Opa, aber Opa war krank und wusste oft nicht was er sagte. Aber wenn er von Mama erzählte, von ihren Autos, ihren Bällen und den Fischen, die sie fing und zurückwarf, wusste er es vielleicht ein bisschen besser. Itachi wollte Kakashi fragen, ob sie Opa besuchen konnten. Er musste doch wissen, was mit Mama passiert war, sonst wunderte er sich, warum sie gar nicht mehr kam. Papa hatte es ihnen zwar selten erlaubt, weil Mama einen anderen Blick hatte, wenn sie heimkehrten, aber alle paar Wochen ließ er sie gehen und Opa besuchen. Aber er kam nie mit – Opa mochte ihn nicht. Itachi erinnerte sich an Sasuke erste Worte, an seine ersten Schritte und an Mamas Gesicht, das vor Stolz strahlte. Er erinnerte sich an die Liebe in ihren Augen, wenn sie Sasuke oder ihn hielt, aber auch an die Blicke, die sie trug, wenn Papa einen von ihnen schlug. Noch kannte er all ihre Blicke. Itachi schloss seine Lider und kuschelte sich in die Decke. Was er nicht wusste, war dass seine Mutter eigentlich nur in Sasuke und seinen Augen eine Heilige war. In Wirklichkeit hätte sie sie retten müssen, schon bevor ihr Vater sie zum erstem Mal schlug oder spätestens nach dem ersten Mal. Er wusste nicht, dass die Frau, die sie als Mutter gebraucht hätten, bereits lange vor ihrer Geburt zum Schweigen gebracht wurde, weil sein Vater ihr sagte, wie sehr er sie liebte. Und er hatte sie geliebt. Bedingungslos. Vielleicht hatte er sie so sehr geliebt, wie seine Söhne es taten. Vielleicht hatte auch er in ihr eine Heilige gesehen. Aber das wusste Itachi nicht. Er spürte bloß die Liebe, die von Anfang an da gewesen war – vom allerersten Moment. Wo er von ihr abhängig war, von einem Hunger nach Nahrung, Wärme und Fürsorge getrieben. Und er würde sie den Rest seines Lebens lieben. Weil er nie wieder so sehr zu jemandem gehören würde, wie er zu ihr gehört hatte. ~~ Am nächsten Morgen küsste Kakashi Rin wach. Als sie Anstalten machte, aufzustehen, flüsterte er: „Bleib liegen. Ich wollte dir nur Tschüß sagen.“ Er drückte ihr einen weiten Kuss auf den Mundwinkel. „Tschüß“, sagte er. Sie lachte müde. „Soll ich nicht mit aufstehen, um die Kleinen fertig zu machen?“ „Ach quatsch. Das krieg ich schon hin.“ Er drückte ihr einen weiteren Kuss auf den Mundwinkel, ehe er sich aus dem Bett rollte, um seinen Sohn und ihre kleine Tochter zu wecken. Sie kümmerte sich so aufopferungsvoll um die Kinder, blieb sogar Zuhause, um auf seine Schützlinge aufzupassen, da wollte er ihr ein wenig Ruhe gönnen. Er würde es schon schaffen, sich selbst und die Kinder fertig zu machen. Rin rollte sich auf den Bauch, vergrub den Kopf im Kissen und seufzte. Es war schön mal wieder auszuschlafen. Die Möglichkeit hatte sie sonst nur in den Ferien, wenn Dan mit Sakura im Hotel übernachtete – doch dann kamen ihr am Abend so viele Sachen in den Sinn, die sie am nächsten Morgen tun konnte, wo sie endlich mal Zeit für sich hatte – ohne Arbeit und ohne Kind – und sie schlief doch nicht aus. Blinzelnd öffnete Rin die Augen. Sie wusste nicht genau, was sie geweckt hatte – vielleicht das Knarren der Tür, Sasuke, wie er vorsichtig auf Kakashis Seite des Bettes kletterte, oder seinen warmen Atem, bevor er ihr einen nassen Kuss auf die Wange drückte. „Guten Morgen, Rin“, sagte er und tätschelte ihre Schulter. „Guten Morgen, Süßer. Wie spät ist es?“ Sie legte locker einen Arm um seine Hüfte, als er begann mit dem Träger ihres Spaghettitops zu spielen. „Muss ich Itachi fragen“, nuschelte er. „Ich kann die Uhr noch nicht.“ „Was hältst du davon, wenn wir zusammen nachgucken, anstatt Itachi zu fragen? – Wo ist er überhaupt? Schläft dein großer Bruder noch, Süßer?“ „Eh eh“, machte der Kleine verneinend. „Itachi ist Pipi machen.“ Rin kicherte – Sasuke wusste gar nicht, wie süß er war – und zeigte auf die Uhr über Kakashis Tür, woraufhin Sasuke sich in ihrer halben Umarmung drehte. „Siehst du den kurzen Zeiger?“ Sasuke nickte. „Der zeigt die Stunden an. Kannst du mir sagen auf welcher Zahl er steht?“ „Uhm… auf der Neun.“ „Richtig.“ Rin lächelte. „Und der lange Zeiger, der zeigt uns die Minuten. Dafür sind auch die kleinen Striche zwischen den Zahlen da – auf welcher Zahl steht der kleine Zeiger?“ „Auf der … Zwei!“, meinte Sasuke. „Dann haben wir zehn Minuten nach Neun“, erklärte Rin. „Weil zehn kleine Striche zwischen der Zwölf ganz oben und der Zwei liegen.“ „Oh!“, machte Sasuke und grinste breit. Er löste sich aus ihrer halben Umarmung, kletterte vom Bett und tapste in den Flur. „Itachi“, hörte sie ihn rufen. Sie setzte sich im Bett auf, schnappte nach ihrem Zopfband, das auf dem Nachttisch lag, und band sich ihre Haare hoch, ehe sie aufstand. Es war Zeit den Brüdern Frühstück zu machen. „Rin schläft, Sasuke. Sei nicht so laut“, schimpfte Itachi leise. Rin, die es trotzdem hörte, öffnete die Schlafzimmertür, die Sasuke hinter sich zugezogen hatte und hockte sich zu dem Kleinen hin. Sie wollte ihn gerade verteidigen, da sagte Sasuke: „Ich brauch gar nicht leise zu sein. Ich hab Rin vorher ganz lieb geweckt, stimmt’s Rin?“ „Ganz recht, Süßer. Er war wirklich ganz lieb, Itachi. Seid ihr schon lange wach?“ „Ein bisschen“, antwortete der Neunjährige, doch sein kleiner Bruder zog eine Fluppe. „Stimmt gar nicht“, sagte er. „Wir sind schon ewig wach, aber Itachi hat gesagt ich darf dich nicht wecken gehen.“ „Sasuke!“ „Er hat gesagt, ich soll dich schlafen lassen – und dass wir dich nicht nerven dürfen.“ „Ich nervt nicht, ihr Süßen. Komm mal her, Itachi.“ Sie legte eine Hand um Sasukes Mitte und die andere um Itachi, als er näher kam. Sie mochte es nicht, wenn er so traurig schaute. Sie fuhr über den Rücken des Großen, als Sasuke sich aus ihrer Umarmung löste und ankündigte: „Ich muss auch mal Pipi!“, ehe er ins Badezimmer trabte. Rin schüttelte lächelnd den Kopf. Der Kleine erschien ihr heute sehr glücklich und aufgeweckter als sonst. Sie mochte das. „Er wollte dir eigentlich nur sagen, dass wir zusammen die Uhr gelesen haben“, sagte sie zu Itachi. „Er war richtig stolz.“ Sie sah Itachi grinsen. „Meiner Brüderchen ist klug“, sagte er leise, klang fast . „Oh ja.“ Rin knuffte ihn in die Seite, aber sofort tat es ihr Leid. Hoffentlich hatte er dort keine alten Wunden. „Aber nicht nur er. Du auch, Itachi. Ihr seid beide wirklich tolle Jungen.“ ~~ Naruto und Sakura waren heute die ersten im Kindergarten gewesen. Das wäre vorher fast noch nie passiert, erzählte Naruto seinem Papa und stürmte sofort zu der Ballkiste, in der es sich so schön toben ließ. Sakura begrüßte wenigstens noch die Kindergärtnerinnen und drückte Kakashi zum Abschied einen Kuss auf die Wange, ehe sie ihrem besten Freund hinterherlief. Die Ballkiste war cool! – Und sonst saß da immer Gaara drin, der nie mit anderen spielte. Nicht mal mit seinem großen Bruder! Gegen Neun wurde es voller im Kindergarten. Ein paar Jungen spielten gemeinsam mit den Legosteinen. Da entschied Naruto genug im Kugelbad gesessen zu haben, kletterte raus und ging zu seinen Freunden, um sich zu ihnen auf den Spielteppich zu setzten. Sakura schaute zu Naruto, Kiba und Shino und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie mochte es nicht, wenn ihr bester Freund einfach abhaute und sie sitzen ließ um mit den Jungs zu spielen. Kiba und Shino waren sowieso blöd! Die redeten bloß über Hunde und fiese Insekten. Sie wusste gar nicht, warum Naruto die so toll fand. Schmollend merkte Sakura gar nicht, wie ein anderes Kind vorsichtig in das Kugelbad kletterte und sich in die andere Ecke setzte. Sakura schaute zu Gaara und beobachtete, wie er einfach bloß da saß, seinen Teddy an die Brust drückte und an die Wand starrte. Gaara war mindestens genauso komisch wie Kiba und Shino, aber sie wollte sich niemand anderem zum spielen suchen. Lieber blieb sie hier sitzen. Gaara schmollte auch immer in der Ballkiste. Vielleicht war das ein guter Ort zum Schmollen, eine Schmollkiste vielleicht, dachte Sakura. „Bist du auch böse weil dein großer Bruder immer mit den anderen spielt und nicht mit dir?“, fragte Sakura. „Ich find das richtig blöd, dass Naruto immer zu Kiba läuft! Dabei bin ich Narutos bester Freund und nicht der blöde Kiba!“ Das kleine Mädchen spürte den Blick des gleichaltrigen Jungen auf sich und wartete auf eine Antwort, die nicht kam. Sie zog die Beine an die Brust und beobachtete ihrerseits Gaara, der auch blöd war, weil er nicht mit ihr sprach. Ihre Stirn zog sich kraus, als er wieder von ihr weg zur Wand blickte und sie nahm einen der kleinen Plastikbälle in die Hand, die sie gegen seinen Kopf schmiss. Es war unhöflich nicht zu antworten! „Sakura!“, hörte sie ihren Namen von einer herannahenden Erzieherin und drehte sich zu ihr um. Sie war ganz perplex als sie die irritierte Miene der jungen Frau wahrnahm, mit der sie sonst so gerne spielte. „Das ist so nicht in Ordnung, Sakura. Du darfst nicht einfach einem anderen Kind einen Ball an den Kopf werfen.“ Die Kleine presste die Lippen fest zusammen. „Aber…“, sagte sie und verstummte. Gaara war es doch selber Schuld, wenn er nicht mit ihr reden wollte! Sie hatte doch nur gewollt, dass er sie wieder anguckte. „Nein, Sakura. Ich möchte, dass du dich bei Gaara entschuldigst und danach kannst du dich erstmal zu mir an den Tisch setzten. Die Ballkiste ist heute für dich tabu!“ Sakura spürte ihre Wangen warm werden. Sie wischte sich über die feuchten Augen und kletterte aus der Ballkiste, nachdem sie ein „Entschuldigung“, in Gaaras Richtung gemurmelt hatte. Sie folgte der Kindergärtnerin zum kleinen Holztisch und setzte sich neben sie auf einen der Stühle. Dann verschränkte sie erneut die Arme vor der Brust und kümmerte sich gar nicht mehr um die Tränen, die vor Wut über ihre Wangen rollten. Sie wollte weinen, bis ihre Mama sie abholen kam. Dann durfte sie vielleicht auch morgen Zuhause bleiben, wie Itachi und Sasuke und konnte mit ihnen und Mama spielen. Den Kindergarten fand sie heute doof! ~~ Nach einem ausgedehnten Frühstück mit getoastetem Weißbrot, Nutella und Orangensaft und zwei langen Runden Memory, nahm Rin die Jungen, die wie sie, die Klamotten vom Vortag übergeworfen hatten, mit rüber in ihr Haus. Sie ließ die beiden mit Sakuras buntem Dominospiel spielen, während sie staubsaugte und über Tische und Regale wischte. Selbst wenn sie in den letzten Tagen kaum Zuhause gewesen war, hatte sich Staub angesammelt und sie wollte ihr Haus in Ordnung halten. Sie spülte noch gleich eine Tasse und zwei Becher, die noch am Beckenrand gestanden hatten, ehe sie nach den Brüdern schaute und sie dafür lobte, dass sie alle Steine richtig aneinander gelegt hatten. „Wollt ihr eben aufräumen und mir bei der Wäsche helfen? Danach fahren wir einkaufen, einverstanden Jungs?“ Itachi nickte, zog den Spielkarton unterm Wohnzimmertisch hervor und räumte die Steine zurück, ehe er, mit seinem kleinen Bruder an der Hand, Rin ins Badezimmer folgte, wo sie einen leeren Wäschekorb nahm. Mit diesem in der Hand und den Jungen im Schlepptau, ging sie in den Garten. Sie hatte zwar einen Trockner, aber bei dem Klima in San Diego trocknete ihre Wäsche häufig schneller draußen in der Sonne als dort. Sie stellte den Korb im Gras ab und ließ sich von den Jungen Kleidungsstücke, Handtücher und Küchentücher reichen, die sie zusammenlegte und in den Korb räumte. Die Klamotten hatten jetzt ein paar Tage draußen gehangen, da machte es nichts, wenn sie sie noch eine Weile im Korb ließ und später in die Schränke räumte. Sie hob den Korb hoch und brachte ihn in den Flur, schob ihn unter die Treppe. Rin griff nach ihren Autoschlüsseln und ihrer Handtasche, während Itachi seinem kleinen Bruder die Schleife neu band. Kakashi wollte heute, nach seinem Termin mit dem örtlichen Jugendamt gegen Mittag, versuchen einige Sachen der Jungen aus ihrem alten Zuhause zu holen, aber trotzdem hatten sie ausgemacht, dass sie mit ihnen ein paar Kleidungsstücke kaufen ging. Zwei paar Hosen und nicht mehr Oberteile reichten nicht für lange und auch Pyjamas wurden knapp, wenn Sasuke weiterhin nachts Probleme mit dem Bettnässen hatte. Rin half Sasuke beim Anschnallen, mehr weil sie es gerne tat, als dass er noch ihre Hilfe bräuchte – er hatte sich in den letzten Tagen auch gut alleine angeschnallt – und nahm die Hauptstraße nach National City. Sie parkte auf dem Parkplatz des South Bay Plaza Shopping Center und ging mit den Jungen hinein. Sie hatte zwei Läden im Kopf, in die sie auch gerne mit ihrer Tochter ging, da sie schöne Kinderkleidung zu fairen Preisen und guter Qualität anboten. Im ersten Laden Gap packte Rin sofort eine ganze Menge bunter Kinderschalfanzüge in Sasukes Größte in den Shoppingbag, den sie am Eingang in die Hand genommen hatte. Sie achtete darauf, dass sie nett aussahen, mit Mustern oder Prints, damit Sasuke sie mochte und sich nicht schlecht fühlte, wenn sie so viele davon kaufte, weil sie nicht glaubte, dass viele davon in nächster Zeit länger als eine Nacht getragen werden konnten. Sie nahm auch ein paar für Itachi, aber er brauchte nicht so viele, solange er nicht das Pech hatte, dass Sasuke ihn in der Nacht gleich mit anpieselte. Sie ließ die Jungen nach hübschen T-Shirts schauen, während sie für jeden eine weitere Jeanshose und ein paar kurze Shorts einpackte. Besonders mochte sie die navyblaue für Itachi und die graue für Sasuke, die mehr wie eine knielange Jogginghose aussah und deren Stoff sich weich und wollig anfühlte. „Habt ihr was gefunden, Jungs?“, fragte sie, während sie die Hosen in den Shoppingbag legte. Itachi zeigte auf ein Regal mit einfarbigen Poloshirts und sie verzog das Gesicht. Die Oberteile erinnerten sie an die, mit denen die Kinder zu Kakashi gekommen waren. Einfarbig, simpel, langweilig… – sie wollte kindliche Sachen für Sasuke und nette, stilische für Itachi, der schon älter war. Rin hatte Mode immer sehr gemocht. Sie hockte sich zu den Jungen runter und zog Sasuke an ihre Seite. Er lehnte sich gegen ihr Knie und schaute zu ihr, als sie fragte: „Möchtet ihr wirklich diese Shirts haben? Nicht lieber welche mit Mustern oder … das da mit den Dinos, Sasuke?“ Er folgte ihrem Finger mit seinem Blick und schaute auf das hellblaue T-Shirt mit den drei am Feuer sitzenden, grinsenden Dinos. „Au ja!“, machte er und grinste fast genauso breit. „Na dann, geh es holen.“ Rin gab ihm einen ermunternden Schups und er lief los um eines zu nehmen. Sie linste auf die Größe, entschied dass es passen musste und packte es zu dem anderen Zeug. „Und was ist mit dir, Itachi?“, fragte sie. „Magst du wirklich diese einfarbigen Polos oder möchtest du was anderes?“ „Ist mir egal“, sagte er und eigentlich stimmte das auch. Doch dann erinnerte er sich an den Schlafanzug mit dem Elch auf der Brust und hätte doch gerne ein paar Sachen die nicht bloß einfach blau oder grau waren. Deswegen nickte er, als sie ihm ein T-Shirt mit dem Aufdruck eines Oldtimers zeigte. „Ich hab was Tolles gefunden!“, hörte er seinen Bruder rufen. „Was denn, Schätzchen?“, fragte Rin und der Kleine kam zu ihnen und zeigte auf ein blaues T-Shirt mit Kapuze am Kragen und Stern auf der Brust. „Das ist aber hübsch. Möchtest du es haben, Süßer?“ Sasuke nickte und ließ Rin die passende Größe auswählen. Gemeinsam suchten sie für Itachi noch ein T-Shirt mit dem Aufdruck eines Hais und ein hübsches Jeanshemd aus. Sasuke mochte keine Hemden, nicht mal dasselbe wie sein Bruder, aber Rin entdeckte ein süßes, gestreiftes Shirt mit V-Ausschnitt und ein Tanktop mit Meister Yoda auf der Brust. Kakashi würde ihm bestimmt irgendwann Star Wars zeigen. Sogar Naruto hatte den Film schon zu Teilen gesehen, das wusste sie, auch wenn Kakashi behauptete er hätte den DVD Player immer auf Stop gestellt, wenn sein kleiner Sohn nachts zu ihm auf die Couch kam, weil er nicht schlafen konnte und lieber mit seinem Papa kuschelte. Sie packte das gleiche, bloß in einer anderen Farbe, für Naruto ein. Er wäre sonst sicherlich traurig. Um ihre Tochter nicht zu benachteiligen, und weil sie beinahe aus ihrem Lieblingskleid rausgewachsen war, entschied sie ihrer Kleinen ein hübsches Kleid mit Hawaiiblumen mitzunehmen. Sie packte noch Unterwäsche und Socken für die Jungs dazu und ging mit vollem Shoppingbag zur Kasse. Es war gut alles in einem Laden bekommen zu haben, so mussten sie nicht noch zum anderen Ende der Mall nach H&M. ~~ Sakura hatte bis zu Beginn der Lernstunden um halb neun bei der Erzieherin am Tisch sitzen müssen und nach einer ganzen Stunde lernen tat ihr Popo so dolle weh, dass sie sich kaum mehr auf die Knöpfe konzentrieren konnte, die sie zusammenrechnen sollte. 1 Knopf, 2 Knöpfe, 3 Knöpfe, 4 Knöpfe, 7 Knöpfe – nein! Das war falsch. Sakura schob die kleinen, runden Plastikteile mit ihrem Arm beiseite und schnaubte. Ihr Popo tat weh! Sie hatte keine Lust mehr zu sitzen. Deswegen stand sie auf, ignorierte ihre Freundin Ino, die heute sowieso nicht richtig mit ihr zusammengerechnet hatte, weil sie viel lieber das Bild für ihre Oma malte. „Was ist los, Sakura? Musst du mal auf die Toilette?“, hörte sie die Kindergärtnerin fragen, die immer mit ihnen Lernstunde machte. „Nein. Ich mag nicht mehr“, jammerte Sakura. „Aw, magst du mir erzählen, warum nicht?“ „Nein.“ Sakura wischte sich die wütenden Tränen aus dem Gesicht. Sie hatte solange geweint, bis sie müde geworden war und jetzt weinte sie schon wieder. „Ich will dass meine Mama kommt.“ „Schätzchen, dass dauert noch ein bisschen. Kakashi hat heute Morgen gesagt, deine Mama kommt nach dem Mittagessen.“ „Dann ist jetzt Lernstunde vorbei und wir essen und dann kommt meine Mama“, bestimmte die Kleine und schniefte. „Na komm. Ich bring dich rüber, dann kannst du Rika dabei helfen den Kleinen eine Geschichte vorzulesen. Einverstanden?“ Sakura mhhte und ließ sich von ihrer Lieblingskindergärtnerin in den anderen Raum bringen, wo Rika, eine junge Auszubildene, den Kindern die zu klein für die Lernstunden waren, eine Geschichte vorlas. Sakura setzte sich zu ihr in den Schneidesitz und hörte zu, bis sie einen Finger an ihrer Schulter spürte und nach hinten blickte, wo sich Gaara, mit seinem Teddybären im Arm, auf den Teppich gehockt hatte. „Mein Bruder ist genauso blöd wie Naruto“, hörte sie ihn sagen und war für einen Moment böse, dass er ihren besten Freund beschimpfte, aber dann erinnerte sie sich daran, dass sie es vor der Lernstunde selbst getan hatte. Und sie erinnerte sich daran, dass sie ihm einen Plastikball gegen den Kopf geworden hatte. Das tat ihr Leid. Deswegen fuhr sie ihm vorsichtig über die Schläfe, da wo sie ihn getroffen hatten, und entschuldigte sich. „Möchtest du mit die Geschichte anhören?“, flüsterte sie und sah ihn nicken. Vielleicht konnte sie einen neuen Freund finden, solange Naruto im Kindergarten lieber mit Kiba spielte, Ino lieber für ihre Oma malte und Sasuke Zuhause bei ihrer Mama blieb. Mit Gaara konnte sie jedenfalls gut zusammen in der Schmollkiste sitzen und schmollen. Als die Geschichte zu Ende war, klappte Rika das Buch zu und grinste die Kleinen an. „Jetzt gehen wir Mittagessen. Wer hat Hunger?“ Sakura linste zu den Zwei- und Dreijährigen, die alle ihre Hände hoben und laut „Ich!“, riefen und auf die Auszubildende, die mit ihnen zusammen zum Tisch ging, nachdem sie Sakura und Gaara zu ihrer Gruppe zurückgeschickt hatte. Die beiden trollten zu den Anderen und anstatt sich auf ihren üblichen Platz zwischen Ino und Naruto zu setzten, wählte sie den leeren neben Gaara, der seinen Bären unter den Stuhl schob. Es war unfair, fand Sakura, dass er immer alleine saß. Vorher war ihr das gar nicht so richtig aufgefallen. Sie hatte nie auf Gaara geachtet. Aber, dachte die Kleine dann, als ihr rothaariger Platznachbar ihr ein Glas Saft eingoss, er war gar nicht so komisch, wie ihre Freunde immer sagten. Eigentlich war Gaara gar nicht so übel. „Danke!“ Sakura grinste breit, obwohl ihr vor einigen Minuten noch überhaupt nicht nach fröhlich-sein Zumute gewesen war. Sie nahm einen großen Schluck Saft und linste zu Naruto, der mit seinen Kumpel Faxen machten und zu Ino, die einer Kindergärtnerin ihr gemaltes Bild zeigte. Sie wurde gelobt, bevor die Kindergärtnerin sie bat, es wegzuräumen, als ihre Kollegin mit dem Servierwagen den Speiseraum betrat. Sie verteile die Schüsseln mit Gemüse, Kartoffeln und Soße auf die Tische und half einigen ungeschickten Kindern dabei, sich etwas aufzutun. Sakura konnte das schon ganz alleine, sogar ohne den Tisch mit Soße zu bekleckern! Sie half Gaara, weil er ihr Saft eingegossen hatte und wartete darauf, dass sein Teller gefüllt war, ehe sie zu essen begann. „Guten Appetit!“, wünschte sie ihm, das erste Möhrchen schon fast im Mund. Gaara lächelte. ~~ Rin und die Jungs aßen Burritos bei Taco Bell. Er wunderte sie nicht, dass Sasuke den mit Chicken, frischen Tomaten, und tonnenweise roter Soße essen wollte. Es wunderte sie auch nicht, dass hinterher mehr Tomatensoße auf seinen Wangen war, als in seinem Bäuchlein. Wenigstens hatte es ihm geschmeckt. Was Rin wirklich verwunderte war Itachis Wahl. Er hatte in den vergangenen Tagen brav jegliches Fleisch gegessen, dass Kakashi und sie auftischten. Die Bratwurst gestern, den Bacon zum Frühstück vor ein paar Tagen, den Truthahn an Thanksgiving– dennoch wählte er ohne Zögern den einzigen vegetarischen Burrito, den Taco Bell anbot. Sie ließ ihn machen – vielleicht interpretierte sie zu viel darein und wenn nicht, würde sie das Thema Fleisch später einmal anschneiden. Itachi musste nichts essen, was er nicht essen mochte, bloß weil sie es auftischten. Rin bestellte einen Burrito mit Guacamole, Chicken und Pintobohnen und einen großen Becher eisgekühlte Limonade mit drei Strohhalmen. Sie ließen sich Zeit, Sasuke und Rin sprachen über sein Lieblingsbuch. Der Kleine Prinz hatte schon ihrer Mutter als Kind gehört und sie hatte es geliebt ihnen in Nächten, in denen ihr Vater arbeitete, daraus vorzulesen. Die wichtigsten Szenen kannten sein kleiner Bruder und er auswendig, aber trotzdem hatten sie die Worte gerne immer und immer wieder aus dem Mund ihrer Mutter gehört. „Können wir das Buch holen, Rin? Und meinem Dino?“, fragte Sasuke. Itachi fuhr ihm mit den Fingern über den bedeckten Rücken und schüttelte den Kopf, obwohl sein Bruder nicht ihn, sondern Rin gefragt hatte. „Das geht leider nicht, Schätzchen“, sagte sie. „Ich bin keine Polizistin, deswegen darf ich gar nicht in euer Haus, aber ich kann Kakashi fragen. Vielleicht kann er es holen. Einverstanden, Süßer?“ „Ja“, machte der Kleine und schniefte. Er hoffte, dass Kakashi seinen Dino und sein Lieblingsbuch holen ging. Er konnte dann bestimmt auch besser schlafen und machte nicht mehr ins Bett. Zuhause hatte er das auch schon seit Ewigkeiten nicht mehr gemacht. Papa war immer böse gewesen, wenn er mitten in der Nacht in ihr Zimmer tapste, weil seine Matratze und sein Schlafanzug nass waren. Papa sagte, er sei selber Schuld und solle besser aufpassen. Er verbot Mama ihm einen neuen Schlafanzug zu geben und schickte ihn zurück in sein Zimmer. Am nächsten Morgen war die Matratze wieder trocken, aber Sasuke fror erbärmlich, weil der nächtliche Wind durch sein gekipptes Fenster den feuchten Stoff an Popo und Oberschenkeln klamm machte. Sasuke fürchtete, dass sich Kakashi und Rin, wenn er heute Nacht wieder Pipi ins Bett machte, nicht mehr kümmerten. Er war schon groß. Nur Babys konnten nachts nicht zur Toilette gehen, sagte Papa, und Sasuke war schließlich kein Baby mehr. „Aber wir haben Zuhause auch ganz tolle Bücher und wenn Kakashi es heute nicht schafft, dein Buch zu holen, dann können wir zusammen ein anderes aussuchen, dass ich euch vor dem Schlafen vorlese. Klingt das nach einer Idee, Süßer?“ Sasuke nickte, steckte sich den letzten Bissen Burrito in den Mund, kaute und spülte mit kalter Limonade nach. Rin und Itachi waren schon lange fertig, aber das war nicht schlimm. Hier durfte er so langsam essen, wie er mochte. Kakashi und Rin hatten ihm seinen Teller noch nie weggenommen oder ihn wie Papa, dafür gescholten, wenn er nicht eilig genug aß und nicht rechtzeitig mit ihm zusammen fertig wurde. Papa hatte es nie gemocht, für seine Söhne länger am Tisch zu sitzen. Rin und die Jungen legten die Verpackungen ihrer Burritos auf das Tablett, brachten es zusammen weg und verließen das Taco-Restaurant, um Naruto und Sakura aus ihrem Kindergarten abzuholen. Rin parkte in einer Parknische nicht weit vom Eingang der Dino Day Care entfernt und bat die Jungen im Auto zu warten. Itachi war schon groß und sie wollte sich beeilen. Rin schob ein Hörspiel in den CD-Schlitz ihres Autoradios, drehte die Lautstärke ein wenig auf und ging eiligen Schrittes zum Kindergarten. Sie grüßte Erzieherinnen im Vorbeigehen und bahnte sich den Weg zum Speiseraum. Die Kinder waren gerade fertig mit Essen und räumten ihr Geschirr auf die Servierwägen. Sakura, die neben einem Jungen stand, den Rin nur vom Sehen kannte, blickte auf, als ihre Mama den Raum betrat. „Mama!“, rief die Kleine und lief auf sie zu. Rin ging in die Hocke, öffnete ihre Arme und schloss ihr Mädchen in eine feste Umarmung. Sie setzte Sakura auf ihre Hüfte, als sie sich erhob und einer der Kindergärtnerinnen aus Sakuras Gruppe einen: „Guten Tag“, wünschte. „Sakura konnte es heute gar nicht abwarten, abgeholt zu werden“, informierte die und fuhr dem Mädchen über den hellen Schopf. Sakura lehnte den Kopf gegen die Schulter ihrer Mutter und schloss die Augen. Sie war froh, dass Mama sie jetzt endlich abholte! Rin nickte verwundert. Sakura ging eigentlich gerne in den Kindergarten. Sie mochte die Lernstunden und besonders die Mathematikaufgaben, mit denen sie sich manchmal ewig beschäftigen konnte, ohne Langeweile zu empfinden. „Hattest du keinen Spaß, Mäuschen?“; fragte die junge Mutter. Sakura zuckte mit den Schultern. „Doch“, sagte sie. „Aber heute wollte ich nicht lernen.“ Rin drückte ihr einen Kuss auf den Schopf. Das war schon in Ordnung so. Es war gar nicht so lange her, da war sie zur Abendschule gegangen, um ihr Spanisch aufzubessern und obwohl sie es freiwillig tat und wusste wie wertvoll es war, hier in San Diego, so nah an der mexikanischen Grenze, spanisch zu sprechen, hatte es Tage gegeben, an denen sie nicht lernen wollte und lieber Dan traf, um mit ihm auszugehen. Ihren ILR Level 2 Test hatte sie dennoch ohne Probleme bestanden. „Halloooo Rin!“ Sie lächelte ob Narutos Grölen und fuhr ihm mit der Hand über den blonden Schopf, als er ihr Bein tackelte. „Und ihr kleiner Wildfang“, lachte die Erzieherin. Sie alle mochten Naruto, obwohl er so ein aufgewecktes, lautes Kerlchen war und einer der Spitzenreiter im Time Out-Erhalten. „Ich und Kiba haben heute ein ganzes Wörterpuzzle gemacht, Rin!“, strahlte Naruto. Es war selten, dass er in den Lernstunden etwas zu Ende machte, dass sich um Buchstaben und Zahlen drehte. Er mochte lieber basteln und werken und wenn sie etwas über Tiere und die Natur lernten. Am liebsten ging er zum lernen nach draußen und sammelte Blätter und Insekten, über die sie sich nachher mit den Erzieherinnen in Büchern informierten. „Das ist ja toll!“, lobte Rin. Säßen Itachi und Sasuke nicht alleine im Auto hätte sie ihn gebeten, es ihr zu zeigen. Das mochte sie so an der Dino Day Care: Die Erzieherinnen und Eltern standen im engen Austausch miteinander. Es gab keine Zeugnisse oder Bewertungen, aber man konnte, wann immer man wollte oder es für nötig erhielt, eine Rückmeldung zu den eigenen Kindern, ihrem Lernfortschritt und ihrem Sozialverhalten in der Gruppe erhalten. „Da möchte dir wohl jemand Tschüss sagen“, hörte Rin die Stimme der jungen Auszubildenden der Day Care. Sie hielt den kleinen, rothaarigen Jungen an der Hand, der eben noch neben Sakura gestanden hatte. Rin hockte sich herunter, um ihre Tochter auf den Boden abzusetzen. Die Kleine lehnte ihren Rücken gegen den Oberkörper ihre Mutter, aber fuhr Gaara mit einer Hand über den Arm, der den Teddy hielt. „Tschüss, Gaara. Bis morgen – dann spielen wir richtig zusammen, okay? Mit dem Puppenhaus!“ Der Rotschopf nickte, drückte den Teddybären an seine Brust und entschlüpfte der jungen Auszubildenden, um zur Ballkiste zu laufen. „Der ist soooo komisch!“, sagte Naruto und verschränkte die Arme vor der Brust. „Gar nicht“, protestierte Sakura und blickte hoch zu ihrer Mutter. Sie hatte keine Lust mit Naruto zu streiten. „Sag Naruto, dass Gaara nicht komisch ist, Mama!“ Rin blickte dem Jungen nach. Sie erinnerte sich, ihn schön öfter alleine in der Ballkiste sitzen gesehen zu haben. Mit dem Bären in der Hand und der Art wie er da alleine zwischen den vielen, bunten Plastikbällen saß, wirkte er auch auf sie komisch. Aber Kakashi und sie legten großen Wert auf Toleranz. Es gab sicherlich einen Grund für die Eigenarten dieses Jungen. Sein Verhalten erinnerte sie an die autistischen Zwillinge mit denen sie in einer gemeinsamen Nachbarschaft aufgewachsen war – und Rin wusste, dass die Dino Day Care eine integrative Einrichtung war, die sowohl Kinder mit Migrationshintergrund, als auch Kinder mit geistigen und körperlichen Behinderungen beherbergte. Vielleicht war er Autist, vielleicht auch nicht, aber im Grunde war es egal – sie wollte nicht, dass Naruto und Sakura sich anmaßten darüber zu urteilen, ob er richtig oder falsch war. „Jeder ist manchmal komisch, Naruto – und Gaara scheint doch ein ganz netter Kerl zu sein“, sagte Rin und lächelte. Menschen waren verschieden und sie alle waren gleich: Sie waren gleich viel wert. Rin wollte, dass diese Erkenntnis eine war, die Naruto und Sakura mitnahmen. Es war gut Unterschiede zu bemerken und sie zu hinterfragen, aber was auch immer man von den Antworten hielt, man hatte nie das Recht über sie den Menschen, den sie betrafen, als richtig oder falsch einzuordnen. Rin dachte an Fugaku Uchiha und an all die Dinge, die sie von ihm hielt. In ihren Augen war er ein von Grund auf böser Mensch. Er war falsch. Aber selbst bei ihm hatte sie im Grunde, rational gesehen, nicht das Recht zu einem Urteil. Sie konnte nur nichts dagegen tun. Manchmal dachte sie nicht rational. Fugaku Uchiha war einer der wenigen Menschen, die sie nicht tolerieren konnte, egal wie man den Begriff der Toleranz definieren mochte. Sie konnte ihn weder Erdulden noch Akzeptieren – wäre er noch am Leben – sie hätte es nie gekonnt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)