Endosymbiontentheorie von Katta (RuffyxNami) ================================================================================ Kapitel 11: Affentheater ------------------------ Langsam öffnete ich die Augen, als ich ein sanftes Ruckeln an meiner Schulter spürte. „Ruffy?“, drang Namis Stimme gedämpft an mein Ohr, brachte mich dazu, mich aufzurichten und zu gähnen. „Oh Mann, wie spät ist es?“, fragte ich, während ich mir einen Überblick über die Lage verschaffte. Ich war noch immer völlig nackt, jedoch bis zum Bauchnabel zugedeckt, anscheinend musste Nami das getan haben, als ich geschlafen hab. Fast ein wenig verlegen schnappte ich meine Shorts, streifte sie über und suchte mein Shirt. Nami, die währenddessen auf dem Couchtisch hockte und die das Ganze sichtlich amüsierte, hielt es mir entgegen. „Na, du hast es ja eilig wieder zu verschwinden.“ „Hm?“ Ich musterte sie mit geneigtem Kopf, woraufhin sie sich erhob und im Vorbeigehen meine Wange streichelte. „Es ist erst neun. Komm trink noch einen Kaffee mit mir.“ „Fuck!“, rutschte es mir heraus, was mit einem Mal die Freundlichkeit aus Namis Gesicht wischte und sie stattdessen die Stirn in Falten legen ließ. „Was soll denn das bitte schon wieder heißen?!“ Mit gerunzelter Stirn sah ich zu ihr herüber, während ich meine Hose zu knöpfte. „Was meinst du?“ „Wolltest du dich gleich nach dem Spaß verziehen oder was?“ „Was? Äh nein! Aber ich muss um zehn beim Praktikum sein.“ Nami kräuselte die Stirn und ließ die Schultern sinken. „Ach so...“ Ich drückte ihr einen flüchtigen Kuss auf und verschwand in ihrem Bad, um mich in Rekordzeit fertigzumachen. „Ruffy“, begann sie, als ich meine Schuhe anzog. „Was ist denn jetzt...mit uns?“ Seufzend erhob ich mich und vergrub die Hände in den Taschen. War doch so klar gewesen, dass da noch was kommen musste. Einerseits konnte ich es ja verstehen, ich hatte auch lieber klare Verhältnisse, aber es war doch gerade so schön gewesen, dass Worte dies irgendwie bloß zu zerstören vermochten. „Lass uns da heute Abend drüber sprechen, okay? Jetzt fehlt mir dafür die Zeit.“ Sie gab sich mit der Antwort fürs Erste zufrieden, rang sich ein Lächeln ab und versprach nach der Arbeit anzurufen. Das sorgte zwar für ein mulmiges Gefühl bei mir, aber bis dahin hatte ich noch genug Zeit, mir etwas zu überlegen. Wobei mein Standpunkt zu der Sache so weit feststand. Mit einem Affenzahn rannte ich nach Hause, um meine Unterlagen zu besorgen, schlängelte mich durch die entgegen kommenden Menschen und war wieder ein Mal dankbar dafür, dass ich mich wie Gummi verbiegen konnte. Ansonsten wäre ich nicht ansatzweise so schnell vorangekommen. Nicht um diese Uhrzeit. Japsend hastete ich die Treppe hinauf, auf der ich Vivi, Ace und Titi, die auf seinen Schultern saß, sich an seinen Haaren festhielt und lachte, als sie mich erkannte, antraf. Dadan hatte sie echt früh zurückgebracht, das kannte man gar nicht von ihr. Sonst konnte sie bloß ein Brecheisen von der Kleinen trennen. Mehr aber wunderte mich, dass Vivi und vor allem Ace schon auf den Beinen waren und putzmunter aussahen. Nachdem was sie gestern alles in sich hinein geschüttet hatten. Die hatten mir ja gerade noch gefehlt, allein dieser schelmische Ausdruck in Aces Augen sagte alles und auch Vivi wirkte wie Miss Marple, die gerade einen Fall gelöst hatte. Ich stöhnte in mich hinein und begrüßte sie. „Hey, ihr drei. Wo wollt ihr denn hin?“ „Ja ja, die Frage lautet eher: Wo kommen wir denn her?“, fragte Ace und zog die Wörter unerträglich in die Länge, während er den Blick nicht von mir abließ. „Ich wüsste nicht, was dich das angeht“, kam es umgehend von mir zurück, was ihn die Nase rümpfen ließ. „Ach? Siehst du das so?“, sagte er gespielt empört und bohrte mir den Finger in die Brust. „Solange du unter meinem Dach lebst, hast du dich gefälligst an meine Regeln zu halten - und mir Bericht zu erstatten.“ Ich kräuselte die Stirn und zog die Oberlippe hoch. „Ace, du bist schon so ein richtiger Vater“, sagte ich Kopf schüttelnd, schob seine Hand beiseite und brachte ihn damit zum Lachen. „Tja, es gibt nun einmal gewisse Erwartungen an diese Rolle. Und ich gebe jeden Tag mein Bestes.“ „Ace, lass gut sein“, schmunzelte Vivi, hakte sich bei ihm unter und schmiegte den Kopf an seinen Oberarm. „Wenn Ruffy nicht reden will, dann können wir ihn auch nicht zwingen. Außerdem muss er doch zur Uni!“ Vivi bewahrte mich wie so oft vor einer unangenehmen Auseinandersetzung. Sie war stets diejenige, die Ace stoppte und ihn somit vergessen ließ, worum es überhaupt ging. Und wie immer war ich ihr verdammt dankbar dafür. „Papa, in den Zoooo~“, quietschte Titi, streckte den Arm aus und machte Anstalten loszugehen. „Luffi, Affen gucken.“ „Dafür müssen wir doch nicht in den Zoo. Ruffy sieht doch haargenau wie ein Affe aus. Wie ein Totenkopfäffchen“, lachte Ace gehässig und streckte mir die Zunge heraus. „Wir gehen jetzt in den Zoo und du musst lernen!“ „Wenn ich wie ein Affe aussehe, dann siehst du aber aus wie eine Hyäne und so lachen tust du auch noch!“, schoss ich zurück, zog mein Augenlid herunter und zeigte ihm ebenfalls die Zunge. „Na, wer ist denn hier das Kind? Also manchmal kommt es mir so vor, als hätte ich drei“, sagte Vivi leicht genervt, seufzte und ergriff Titis Händchen. „Erzähl Ruffy doch mal, was es im Zoo gibt.“ „Affen!“ „Und was noch? Papa-?“ „Papagei“, begann Titi vorsichtig und fügte auf Vivis Nicken hinzu, „Mamagei, Titigei.“ „Ja, genau!“, jubelte sie, während Ace um ein Grinsen nicht herumkam. Ich verabschiedete mich von ihnen und wünschte ihnen viel Spaß. Komisch, hatte Ace nicht Hausverbot im Zoo? Nur zu gerne erinnerte ich mich daran, als wir vor einem Jahr das erste Mal mit Titi dort gewesen waren, obwohl Vivi Todesängste durchlitten hatte, dass sich das Kind dort irgendwas einfangen könnte. Damals hatte dort gerade ein frei begehbares Affengehege geöffnet, auf dem man Lemuren und kleine Affenarten beobachten konnte. Natürlich hatte Ace den Warnhinweis am Eingang dezent ignoriert und seine offene Nusstüte mit hinein genommen – mit verheerenden Folgen. Nicht nur dass einer der Totenkopfäffchen sich die Tüte gekrallt hatte, nein, es hatte auch noch seine Sonnenbrille aus dem Haar gemopst und war mit beiden in der Krone eines Baumes verschwunden. Das hatte er sich nicht bieten lassen und war trotz Vivis Zurechtweisungen, die währenddessen noch damit beschäftigt gewesen war, die Affen vom Kinderwagen fernzuhalten, dem Übeltäter sogleich gefolgt. Nur knapp war er dem Affen entkommen, als er zubeißen wollte, hatte dadurch aber seine Habseligkeiten wiederbekommen und eine Verwarnung mitsamt Rausschmiss von der aufgebrachten Tierpflegerin, die einer der anderen Besucher gerufen haben musste. Mein Bauch hatte noch nie so vom Lachen geschmerzt wie an diesem Tag. Ich schnappte mir meine Sachen und atmete tief aus. Schade, ich wäre wirklich gerne mitgegangen. Mein Blick wanderte zu meiner Wanduhr und ließ mich vor Schreck fast erstarren. Bereits Viertel vor zehn! Kopfüber stürmte ich aus der Wohnung, knallte die Tür hinter mir ins Schloss und raste regelrecht zur Uni. Völlig aus der Puste und den Schweiß auf der Stirn stehend kam ich vor dem Praktikumsraum an, wo Lysop wie ein aufgescheuchtes Huhn umherging und die Arme in die Luft riss, als er mich sah. „Da bist du ja endlich! Ich dachte schon, du kämst gar nicht mehr. Die anderen haben schon mit dem ersten Versuch angefangen.“ „Sorry, Lysop“, japste ich, warf im Gang meinen Kittel über und balancierte dabei meine Tasche in den Händen. „Ich hab verschlafen.“ Ich konnte ihm ja schlecht sagen, was wirklich Sache war. Nicht bis ich das mit Nami geklärt hatte. Ein Kribbeln lief mir den Rücken herunter, irgendwie fühlte es sich alles so verboten und aufregend an. Ein richtiges Geheimnis! An diesem Tag hatten wir den letzten Tag des Moduls „Mikrobiologie“, ein letztes Mal werteten wir unsere Platten der vorhergehenden Tage aus, schrieben Protokolle und bekamen die alten wieder. Es sah sogar ganz gut aus, hier und da mal ein Punkt Abzug, aber insgesamt durchgängig 95%, das war doch schon mal eine gute Vorarbeit für die Klausur. Kein Vergleich zu den Ergebnissen der Anfangsmodule, wo gerade Zuhause die Hütte gebrannt hatte. Lysop beschwerte sich mal wieder lauthals, schimpfte wie ein Rohrspatz und rechnete wie verbissen Punkte nach, bis er tatsächlich etwas fand und der Assistentin gleich sein Protokoll unter die Nase rieb. Sichtlich genervt hatte sie das Ergebnis geändert und ihm damit den Tag versüßt. „Yay 98%!“, feierte er und beobachtete die Hefezellen unter dem Mikroskop. „Das Modul wird gerockt, was?“ „Wenn du meinst“, lachte ich, wechselte mich mit ihm ab und fertigte die letzte Zeichnung an, bevor wir abgaben und vor dem Raum unsere Kittel auszogen. „Und was machst du heute noch?“, fragte er mich, nachdem er seine Sachen im Rucksack verstaut hatte. „Du fängst doch wohl Freitagabend nicht mit Lernen an, oder?“ „Spinnst du? Wir haben doch eine Woche Zeit dafür“, erwiderte ich. „Aber wahrscheinlich spiele ich heute Abend noch mal Babysitter. Und du?“ „Hm, schade“, sagte Lysop und begann zu grinsen. „Chopper und ich wollten eigentlich noch weggehen. Vielleicht kommt Kaya noch mit.“ Ich wurde hellhörig. „Wer ist Kaya?“ „Kaya ist Choppers Kommilitonin. Er hat sie mir letztens in der Mensa vorgestellt.“ Lysop hielt inne und wirkte so angetan. So hatte ich ihn bisher kaum erlebt und konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Sie ist echt toll, total nett und sie hat über jede meiner Geschichten gelacht.“ „Bestimmt hast du ihr auch von dem Chemieunfall erzählt, was?“ „Davon kannst du aber ausgehen“, lachte er, drückte den Knopf des Aufzugs und wir quetschten uns mit ein paar Kommilitonen hinein. Unsere Stunde Mittagspause verbrachten wir in der Mensa beim Mittagessen, bei dem Lysop wie ein einarmiger Knasti auf seinen Teller aufpasste, bloß damit ich nichts abbekam. „Sei nicht so geizig, Lysop. Die Kantinenfrau gibt mir immer soooo kleine Portionen.“ „Mann, Ruffy, ich kann nie in Ruhe essen, wenn du dabei bist. Deine Hände sind überall.“ Er beobachtete mich misstrauisch und schob sich eine Ladung in den Mund. Zumindest schaffte ich es, ihm seinen Müsliriegel zu klauen. Zwar bloß was für den hohlen Zahn, aber immerhin. Nachmittags erwarteten uns noch eine Vorlesung sowie eine abschließende Übung mit klausurrelevanten Themen und der Nachbesprechung sämtlicher alten Versuche. Obwohl ich Probleme hatte, mich wachzuhalten, hielt ich durch, nicht zuletzt dank Lysops grandioser Imitationen des Professors und den kleinen Manga, die er auf seinen Block kritzelte. Ohne ihn hätte ich wohl eine ganze Menge weniger zu lachen. Klar hatte ich auch andere Freunde, die mir sehr am Herzen lagen und die ich nie wieder hergeben würde. Aber jeder war schon etwas Besonderes und mit jedem war es anders. Mit Lysop hatte ich eine Menge Spaß und konnte herrlich herumalbern, was mit Zorro nie der Fall war, dafür war dieser in ernsten Belangen meine erste Anlaufstelle. Das hatte sich zwar auch erst in den letzten Jahren so entwickelt, weil Ace immer weniger Zeit für mich gehabt hatte, aber seitdem verband uns eine tiefe Freundschaft. Selbst wenn wir uns oft und gerne einen rein würgten. Ein Lachen unterdrückend dachte ich an den gestrigen Abend, als ich ihn mit Tashigi im Schnellrestaurant gesehen hatte. Zorro hatte so fröhlich und locker ausgesehen, wie es nur selten der Fall war. Er musste ja schwer in sie verliebt sein. Überhaupt schien derzeit Liebe in der Luft zu liegen. Wobei ich mir in meinem Fall ziemlich unsicher war. Mein Herz schlug einen Salto, wenn ich bloß an Nami dachte, jedoch blieb da noch immer diese fürchterliche Unsicherheit. Diese beißenden Zweifel, die nicht an das Wunder glauben wollten. Über meine Grübelei verpasste ich beinahe das Ende der Vorlesung, hätte Lysop nicht neben mir Druck gemacht, dass er schnell raus wollte. „Na, dann wünsche ich dir viel Erfolg bei deiner Kaya, Lysop“, verabschiedete ich mich von ihm, nachdem wir den Hörsaal verlassen hatten, und gab ihm die Hand. „Und grüß Chopper von mir.“ „Werde ich tun und dir viel Spaß beim Babysitten.“ Er eilte wie ein geölter Blitz davon. Eines musste man Lysop lassen, er mochte zwar kein starker Boxer sein, aber Rennen konnte er! Nachdem ich noch einmal kontrolliert hatte, ob alle Prüfungsanmeldungen korrekt eingegangen waren, machte ich mich auf den Heimweg. Irritiert blieb ich stehen, nachdem ich den Campus verlassen hatte. Moment hatte ich gerade Lysop, den Lysop Lügenbaron, der seit ich ihn kannte die tollsten Geschichten, die selbst Münchhausen alt aussehen ließen, erzählte, angelogen? Wobei so gelogen war es andererseits gar nicht, ich würde den Abend gewiss mit Titi verbringen. Immerhin war Freitag und am Freitagabend brummte das Geschäft im Kazaguruma da würde Vivi mit Sicherheit arbeiten müssen und bestimmt wollte sie das auch, denn es gab oft eine Menge Trinkgeld für sie. Auch wenn Ace es ganz und gar nicht passte, dass sie es von den meisten nur bekam, weil sie Vivi mit ihren Blicken beinahe auszogen. „Das sind doch alles Perverse“, hatte er einmal beim Abendessen genölt. „Ich an deiner Stelle würde von denen doch nicht mal ein Staubkorn bekommen.“ Vivi hatte gekichert und erwidert: „Ach komm, die Omis vom Kegelclub einmal haben dir doch Geld gegeben, obwohl du mir nur was vorbeigebracht hast.“ Ich weiß noch genau, was meine Reaktion auf die Geschichte gewesen war: ein langes Gesicht. Mir kniffen Omis bloß in die Wange und fragten, ob ich genug zu essen bekäme und Ace kriegte Scheine zu gesteckt. Na ja, dafür musste ich nicht ein Jahr lang Opas dumme Sprüche bezüglich Sex und Verhütung ertragen. Allein die Tatsache, dass Opa über so was geredet und Ace auch noch Tipps gegeben hatte, war verstörend genug, aber wenn er mir gegenüber immer betont hätte, dass Rausziehen alleine keine Verhütung wäre, hätte ich nach einer Therapie verlangt. Ich grinste bei dem Gedanken an Opa, selbst wenn mein Kopf plötzlich zu schmerzen begann. Vielleicht sollte ich ihn demnächst mal anrufen oder ich wartete einfach, bis er mal wieder unangemeldet morgens um sechs auf der Matte steht, denn nur der frühe Vogel fängt den Wurm! Dass er mit der Einstellung bei keinem von uns auf große Gegenliebe traf, war ihm entweder total egal oder er merkte es nicht. Aber das war damals, als wir noch bei Dadan wohnten, nicht anders, nur hat sie ihm eine ordentliche Ansage diesbezüglich gemacht, bevor sie einfach nicht mehr aufgemacht hat, wenn er Sturm geklingelt hat. Doch keine Tür der Welt vermag meinen Opa aufzuhalten, er hat kurzerhand versucht über das Fenster im Garten einzusteigen, immerhin kannte er von seiner Arbeit als Polizist noch alle Tricks. Dadan ist ausgerastet und wollte ihn mit dem Besen rausschubsen, während Ace und ich heulend vor Lachen danebenstanden. Das sind irgendwie auch so Sachen, die man sonst keinem erzählen sollte, klingt ja fast als sei man in der Geschlossenen groß geworden. Als ich zu Hause ankam, fand ich Ace und Titi schlafend auf der Couch vor, während Vivi die Küche aufräumte und mich regelrecht anstrahlte, nachdem ich sie begrüßt hatte. „Hallo Ruffy! Da bist du ja“, flüsterte sie, ging zum Kühlschrank und holte eine Plastikschüssel hervor. „Ich hab dir was zu Essen mitgebracht: Chop Suey mit Rind.“ Sonst leuchteten meine Augen nur so, wenn es Geschenke gab, aber das war ja eines. Zumindest für mich. Ich musste mich echt zusammenreißen, ihr nicht vor Freude um den Hals zu fallen. „Aww, vielen Dank, Vivi“, murmelte ich, nahm die Schüssel entgegen, während sie Stäbchen und Teller aus den Schränken kramte und es zum Aufwärmen in die Mikrowelle stellte. „Wart ihr eben noch essen?“ „Nein, das habe ich vorhin gekocht. Ich hoffe, es schmeckt dir.“ Allein der Geruch war umwerfend und auch der Anblick war kein Vergleich zu dem Fraß der letzten Tage, der bloß seinen Zweck erfüllt hatte. Sie stellte den Teller vor mir auf den Tisch und setzte sich zu mir, nachdem sie einen flüchtigen Blick zum Sofa geworfen hatte. „Und wie lief dein Tag heute? Was habt ihr so gemacht?“ Gierig schlag ich runter und fühlte mich fast ein wenig schlecht, dass ich was so Gutes nicht entsprechend würdigte. Eine Mahlzeit mit Rindfleisch war eh schon ein Grund zu feiern, aber das hier war eine neue Meisterleistung ihrerseits. Vielleicht schaute sie sich ja heimlich was bei der Arbeit ab. „Wir haben Versuche ausgewertet und Hefezellen beobachtet.“ Vivi neigte leicht den Kopf, den sie auf den Händen gebettet hatte. „Wie beobachtet? Wobei?“ Sie klang wirklich interessiert, was mich ungemein freute. Oft hatte ich den Eindruck, dass sich die beiden nicht für das interessierten, was ich machte. Vor allem Ace machte des Öfteren den Eindruck, als hätte er keine Lust sich näher mit der Materie zu beschäftigen. Es sei denn, ich hatte ein paar Ekelbilder parat. Interessiert hörte mir Vivi zu, als ich ihr alles über Hefezellen erzählte, was ich in den letzten beiden Tagen gelernt hatte. Sie wirkte fasziniert und staunte bei manchen Aussagen, wie ein kleines Kind. Als ich fertig war, holte Vivi zwei Gläser aus dem Schrank und schenkte uns Wasser ein. „Und was macht ihr als Nächstes? Euren eigenen Bakterienstamm züchten?“ „Nein, leider nicht“, lachte ich und leerte den Teller. „Das kommt wohl erst in der Vertiefung später. Das war heute leider der letzte Tag. Nächste Woche habe ich frei, bis auf Freitag, da schreib ich dann die Abschlussklausur.“ „Gut, dann hast du ja noch ein wenig Zeit zum Lernen“, sagte Vivi, räumte den Teller weg und setzte sich zurück an den Tisch, wobei ich dieses Mal einen ganz anderen Ausdruck in ihren Augen sah, und der gefiel mir ganz und gar nicht. „So und jetzt Butter bei die Fische: Wo warst du letzte Nacht?“ Ich schluckte und fühlte mich wie ein Kaninchen in die Enge getrieben. Vivi zu belügen war ein Ding der Unmöglichkeit, die Frau merkte es sogar, wenn ein Reiskorn aus dem Sack genommen wurde. Es blieb mir bloß die Flucht nach vorne und die Sache abzuwiegeln. „Na ja, weißt du“, fing ich an, wich ihren Pupillen, die in dem Moment Harpunen glichen, konsequent aus und spielte mit meinen Fingern, „ich bin ja gestern mit Nami noch weggegangen...“ „Ja, das hab ich gesehen“, schmunzelte sie, strich sich die Haare hinters Ohr und stützte sich auf den Ellbogen ab. „Und? Hast du endlich mit ihr gesprochen?“ Ich zog die Schultern hoch. Das auch. „Joa, wie man es nimmt. Ich hab ihr klar gemacht, wie sehr sie mich verletzt hat und so. Wenn du das meinst.“ Vivi nickte verständnisvoll, scheinbar ließ sie es damit auf sich beruhen, denn sie wechselte auch so gleich das Thema. Trotzdem war ich mir sicher, dass sie sich ihren Teil dazu dachte und vielleicht sogar ahnte, was tatsächlich geschehen war. „Zorro habe ich gestern auch noch getroffen. Zwar nur kurz, weil Ace die beiden gleich verschreckt hat, aber lange genug, um einen Blick auf seine Freundin werfen zu können.“ Ich hob eine Augenbraue an. „Ach, das musste sein, Vivi?“ Ein Grinsen zog sich über ihr Gesicht. „Tut mir leid, aber ich war einfach so schrecklich neugierig. Immerhin kannte sie ja keiner von uns vorher.“ „Ich find' sie nett, habe sie und Zorro noch in dieser Fresshütte da getroffen“, erzählte ich. „Und sag mal, was hat Ace eigentlich gemacht, Zorro schien ja mordmäßig angepisst von ihm.“ Vivi fasste sich an die Stirn und kicherte. „Ich hätte nie zulassen sollen, dass er dieses bescheuerte Megaphone kauft. Kaum hatten Zorro und sie das Restaurant betreten, hatte Ace ihn mit 'Hey Zorro, wie heißt denn dein viertes Katana?' begrüßt.“ Ich zwinkerte ungläubig und musste mich ernsthaft zusammenreißen, um nicht vor Lachen zu explodieren. Eine typische Ace-Aktion, die ihre Wirkung nicht verfehlt hatte. Aber das Megaphone war eindeutig ein Garant für Spaß, ich sollte es mir auch mal ausleihen. „Kein Wunder, dass er so gute Laune hatte“, merkte ich an, sah mich im Raum um und dann wieder zu Vivi. „Wo ist das Ding eigentlich?“ „Sanji hat es gestern Nacht noch einkassiert und gesagt, dass ich es erst heute nach Feierabend wieder ausgehändigt bekäme.“ „Und Ace ist nicht explodiert?“ „Hehe, zum Glück nicht, gab dann doch wohl wichtigeres als das“, kicherte sie und ich konnte mir schon lebhaft ausmalen, was sie meinte. Zum Glück hatte ich auswärts geschlafen. Nicht so wie letztes Mal, als ich mitten in der Nacht wach wurde, weil mir total schlecht war, und ich die beiden zusammen unter der Dusche erwischt hatte. Ich kann mich bis heute nicht entscheiden, für wen das peinlicher gewesen sein musste. Für Ace und Vivi, die mich wie einen Geist anstarrten, oder für mich, der wie immer bei solchen Dingen die Augen nicht abwenden konnte. Jedenfalls war es die folgenden Tage so still wie noch nie bei uns gewesen. Vivi erhob sich vom Tisch, räumte die leeren Gläser weg und fing an, das dreckige Geschirr zu spülen. Ich bedankte mich für das Essen, indem ich die Sachen abtrocknete und wegräumte. „Ich muss dann jetzt gleich auch los zu meiner Schicht“, verabschiedete sie sich von mir und verschwand ins Schlafzimmer, um ihren Kimono für die Arbeit anzulegen. Keine fünf Minuten, nachdem ich meine Sachen ausgeräumt und meinen Schreibtisch für den Lernmarathon hergerichtet hatte, vibrierte mein Handy. Das konnte doch noch nicht Nami sein. Mit nervös schlagendem Herzen schaute ich auf das Display und runzelte die Stirn: Unterdrückte Nummer? „Hallo?“, meldete ich mich vorsichtig, als sich eine mir nur zu gut bekannte Stimme zu erkennen gab. „Käpt'n, alles klar bei dir?“ „Zorro?“, fragte ich verwirrt und starrte das Handy an, als könne er mein Gesicht sehen. „Was soll das denn?“ „Hm?“ „Wie kommst du denn auf den Namen?“, lachte ich und er stimmte sogleich mit ein. „Keine Ahnung, es passt irgendwie zu dir“, antwortete er und kam direkt auf sein eigentliches Anliegen. „Verrat mir doch mal bitte, was ich von gestern halten soll.“ „Meinst du Ace und das Megaphone?“, stellte ich mich bewusst naiv. „Ich hab schon gehört, wie er dich begrüßt hat.“ „Du weißt genau, dass ich was anderes meine“, brummte er. „Du und Nami wirktet ja auf einmal wieder so vertraut.“ „Was bist du denn plötzlich so gesprächig? Und vor allem so neugierig! Das ist man von dir ja gar nicht gewohnt, Zorro.“ „...“ „Hehe, hab ich da etwa einen wunden Punkt getroffen?“ Was für ein Glück für mich, dass Zorro recht schnell abblockte, sobald man Gefühlsregungen bei ihm erkannte. Jedoch konnte ich mich nicht allzu lange darauf ausruhen. Gefasst und fast gleichgültig klingend erfolgte seine Antwort: „Blödsinn...Also kann ich jetzt davon ausgehen, dass ich diese Funzel wieder öfter sehen werde und sie vermutlich auch nicht mehr Funzel nennen darf?“ „Das kann ich dir nicht sagen. Frag Nami da doch am besten selber.“ „Bist du völlig bescheuert? Die lässt mich doch kein Wort sagen und nörgelt mir dann wieder die Ohren mit ihrem scheiß Geld voll!“ Ich presste meine Hand auf den Mund, damit Zorro nicht hörte, wie ich losprustete. Doch es war vergebens. „Hör auf zu lachen!“ „Zorro, ich versteh gar nicht, warum du immer so schnell gereizt bist. Auch gestern Abend. Tashigi ist doch total nett, warum willst du denn nicht, dass wir sie kennenlernen?“ Zugegeben, ein wenig Provokation war in der Frage mitgeschwungen, doch das Letzte hatte ich vollkommen ernst gemeint. Sie hatte auf mich nämlich nicht den Eindruck gemacht, dass es da irgendein aber gäbe, das man vor anderen hätte geheim halten müssen. „Es geht hier auch nicht um Tashigi“, presste Zorro deutlich hörbar zwischen den angespannten Kiefern hervor. „Nami hat gleich so komisch geguckt, als sie mich gesehen hat. Als hätte sie irgendwas ausgeheckt.“ „Ich glaube, du tust ihr Unrecht damit. So hinterlistig ist Nami auch wieder nicht“, versuchte ich ihn zu beschwichtigen. „Du musst es ja wissen“, entgegnete er, ehe wir uns anschwiegen und er das Gespräch für einen Augenblick in andere Bahnen lenkte. Wir tauschten uns über das Physikmodul aus und verabredeten mindestens ein Lerntreffen mit Lysop, der sich die Folien bloß anzusehen brauchte und schon selber die Vorlesungen hätte halten können. Er würde sicherlich seine helle Freude daran haben uns den Stoff zu erklären. Dann legte Zorro auf. Er war verabredet, mit Tashigi, im Dojo. Mehr hatte er mir nicht anvertraut, trotzdem wurde klar, wie hart es ihn erwischt hatte. In gewisser Weise war das typisch für Zorro, wenn er etwas tat, dann ganz oder gar nicht. Ich drückte das Handy aus, ließ mich aufs Bett fallen und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Wie geschickt ich doch durch den Tag gekommen war, ohne dass jemand meinem Geheimnis auf die Schliche gekommen war. Zwar hatte Vivi garantiert Lunte gerochen, aber sie hatte mich wenigstens nicht so weit ausgequetscht, dass mir nichts mehr anderes übrig geblieben wäre, als gleich zu gestehen. Selbst Zorro hatte ich ausweichen können und stattdessen ihn festnageln können. Ich grinste bis über beide Ohren. Dass er sich von seinen Gefühlen aber auch immer so schnell beschämen ließ. Ich rollte mich auf die Seite und schlüpfte unter die Decke. Es war noch gar nicht mal so spät, aber ich fühlte mich erschöpft wie lange nicht mehr. Wahrscheinlich waren die Eindrücke der letzten 24 Stunden zu viel für mich gewesen. War ja beinahe mit dem Ritt auf einer Achterbahn zu vergleichen oder einem freien Fall. Ich gähnte, schloss die Augen und umarmte mein Kopfkissen. Schlaf war in diesem Moment alles, was ich wollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)