Snowflakes von abgemeldet (Adventskalender 2012) ================================================================================ Kapitel 3: Mistelmalheur ------------------------ Murrend warf sich James auf das schäbige alte Sofa in der Hütte, die hinter vorgehaltenen Händen im Dorf längst nur noch heulende Hütte genannt wurde. „Tatze, wieso will Evans nicht mit mir auf die Weihnachtsfeier gehen?“, beschwerte er sich bei seinem Freund und lehnte sich zurück. Es kümmerte ihn nicht, dass der Schwung mit dem er Platz genommen hatte eine ziemliche Staubwolke in die Luft geschleudert hatte, auch wenn Remus jetzt schon leise hustete. Stattdessen legte James seinen Kopf in den Nacken, sodass er auf der Oberkante der Rückenlehne lag und seufzte abgrundtief. „Bei Merlins rasierten Eiern, was mach‘ ich nur immer falsch bei dem Mädel?“, entfuhr es ihm, während die anderen beiden sich nur ansahen und Sirius in Gelächter ausbrach, während Remus still in sich hinein schmunzelte. „Was?“, fuhr er auf, den Kopf abrupt wieder in eine gerade Haltung bringend. Sirius kriegte sich nur langsam wieder ein und hustete um das ausklingende Lachen zu verbergen – als wenn das überhaupt noch nötig war. „Ach Krone, mein lieber, alter Krone.“, begann der junge Black und strich sich seine Haare aus dem Gesicht, während er versuchte Remus‘ belehrenden Tonfall zu imitieren, den dieser immer an den Tag legte, wenn er ihre Hausaufgaben korrigierte. Das hatte natürlich einen gelinde mahnenden Blick des Imitierten zur Folge, der aber geflissentlich ignoriert wurde. „Vielleicht, wenn du mal ganz abwegige Ideen in Betracht ziehst, versteht sie es nicht unter Zuneigung, wenn du sie Pumuckel oder Rotkäppchen nennst-“, an dieser Stelle unterbrach James seinen besten Freund. „Hallo?! Ich gebe aber nur den Leuten Spitznamen, die mir viel bedeuten!“ „Schniefelus?“, warf Remus belustigt ein. James machte eine wegwerfende Bewegung. „Er ist wichtig für meinen Fliegenpilz. Und außerdem ein ziemlich gutes Opfer für Scherze“, fügte er seiner Erklärung mit einem breiten Grinsen hinzu, woraufhin er von Sirius ein High Five kassierte. „Wir sollten zurück.“, unterbrach Peter die fröhliche Runde, als er hereinplatze. „Es fängt gerade an zu schneien und Abdrücke – egal ob Füße oder Pfoten… ihr wisst schon.“ Ja, die anderen wussten – weswegen sie sich alle mit einem unübersehbaren Widerwillen erhoben. Demonstrativ schüttelte James seinen Tarnumhang aus. „Wem soll ich für nachher alles ein frisch gezapftes Butterbier mitbringen?“, feixte er grinsend, immerhin passten sie nicht alle unter den Umhang. Remus schaute ihn vorwurfsvoll an. „Du bringst uns alle in Gefahr aufzufliegen.“, mahnte er den anderen, der nur leichtsinnig lachte. „Ach Moony, mach‘ dir nicht so einen Kopf, sonst wächst dir ein zweiter.“, konterte er nur und schnitt eine Grimasse, bevor er sich den Mantel überwarf. „Also für jeden eins!“, hörte man noch seine schelmische Stimme, bevor er sich auf den Weg gemacht hatte. ♦○♦○♦ „Ich schwöre, irgendwann… irgendwann fluch‘ ich ihm die Haare vom Kopf und lasse Pilze darauf sprießen!“, regte Lily sich lautstark auf. Ihre Augen funkelten und wenn man genauer hinsah, konnte man feststellen, dass dort längst nicht nur Wut und Abneigung leuchteten, sondern auch andere Gefühle, die die junge Gryffindor weder erbeten hatte, noch zulassen wollte. Der neben ihr schlendernde Slytherin zuckte nur matt mit den Schultern. „Mach doch, bin sicher, er fände es toll.“, gab Severus leise zum Besten. Er sprach nie laut, weil kaum jemand etwas auf das gab, was er sagte und weil er wusste, dass das unterschwellige Schnarren in seiner Stimme dann deutlicher wurde. Er verabscheute es selbst schon an sich, wie sollte Lily es dann leiden können? Aber darüber dachte die Rothaarige sicher eh nicht nach, denn wie es schien gab es tagein, tagaus nur ein konstantes Thema in dem Leben der Muggelstämmigen: James Potter. Ein Thema, das Severus so sehr leiden konnte, wie den Gryffindor im Allgemeinen. Es war egal, ob Lily sich täglich über ihn aufregte so wie eben. Natürlich, ihn selbst sollte das beruhigen, vielleicht sogar freuen, aber in der letzten Zeit waren die Schimpftiraden intensiver und lauter geworden. Nicht nur wenn Potter wirklich etwas ausfraß, sondern generell – wie er sich kleidete, wie seine Haare saßen, wie er sie nannte. Obwohl das auch in den Augen des Schwarzhaarigen die unterste aller Schubladen war. Hatte der Kerl nach über sechs gemeinsamen Schuljahren etwa immer noch nicht gelernt, dass die rothaarige Schönheit nicht Evans hieß, sondern Lily? Dabei konnte man sich den Namen doch so gut merken, immerhin war sie genauso rein und wertvoll wie eine edle Lilie und ihre Haut hatte selbst im Sommer die zarte Farbe der Blüten ebenjener Blume. Sie hieß nicht nur Lily, sie war Lily – seine Lilie. „Ich werde mich nicht auf eine Stufe mit ihm stellen.“, verneinte Lily die Möglichkeit und Severus blinzelte für einen Moment verwirrt, als sie sich auf der Treppe vom Erdgeschoss gegen ihn lehnte – worüber hatten sie noch gleich geredet? „So wie er sich aufführt, muss er sich entweder für den größten Clown der Welt halten oder einfach der weltgrößte Idiot sein!“, schimpfte sie weiter und Severus seufzte stumm und schloss resignierend die Augen für einen Moment. Sie würde ihn selbst nie so wahrnehmen wie sie den Gryffindor sah. Wie auch? Er behandelte sie mit Respekt, wie den größten Schatz den er hatte, auch wenn er sich eingestehen musste, dass er schon mal mehr Zeit mit ihr verbracht hatte. Aber Zeiten änderten sich und Zeiten änderten die Menschen. Mit den Jahren hatte Severus tatsächlich Freunde in seinem eigenen Haus gefunden und diese hielten nicht so viel von Lily wie er. Und das obwohl sie teilweise intelligentere Ansichten und schlauere Ideen hatte, aber für viele seiner Freunde zählte nur eines: die Abstammung. Es war oftmals ein Akt sich zu rechtfertigen, wieso er Zeit mit einem Schlammblut verbrachte und was er an ihr fand. Und dann, wenn er bei ihr war, hatte sie nur ein Thema: Potter. Unwillig schüttelte er den Kopf und fragte sich, warum er sich das überhaupt antat. Aber er kannte die Antwort, bevor die Frage komplett im Raum stand. Es war ein Gefühl, herzerwärmend und leuchtend wie ein Feuer, nur verzehrender und ohne die vernichtende Wirkung von richtigen Flammen. Ein Gefühl, das seine innere Kälte vertrieb, sobald sie ihn anlächelte oder ihn zur Begrüßung umarmte. Niemals würde er sich beschweren, dass sie von einem Anderen sprach, besonders nicht, solange sie nur über ihn zu Fluchen wusste. ♦○♦○♦ „Lily.“, leise sprach er und blieb stehen, während er gebannt nach oben starrte. Die junge Evans bekam es anfangs gar nicht mit, sondern schimpfte weiter über den Potter und ging an Severus vorbei, sodass er ihren Namen wiederholte, lauter dieses Mal aber nicht mit weniger Wertschätzung. Für ihn war ihr Name nicht nur die Aneinanderreihung von vier Buchstaben, sondern der Schlüssel in eine bessere Welt. In eine Welt, wo es egal war wo man herkam oder wie man aussah, eine Welt, die der Himmel sein musste, weil es dort nur Wärme gab und ihre liebevollen, klugen Augen. Erst jetzt blieb die Rothaarige stehen und sah mit leicht gerunzelter Stirn zu ihrem Freund zurück, der noch immer an die Decke des Torbogens sah, unter dem sie stand. Kurz folgte sie seinem Blick, erkannte aus ihrem Blickwinkel aber nichts. „Was denn Sev?“, fragte sie ihn ratlos und kam langsam zurück zu ihm. Er hörte nur ihre Schritte und sah, wie sie langsam wieder in sein Blickfeld kam, jedoch wandte er seinen Blick nicht ab, denn der kleine Zweig mit den dunkelgrünen Blätter dran, der dort geschmückt mit einem roten Band hing, war für ihn wie eine Verheißung und der junge Snape brauchte all seine Konzentration um seinen Mut zusammen zu nehmen und die Botschaft des Zweiges zuzulassen. „Schau mal…“, murmelte er leise, als er ihre Körperwärme neben sich spürte und hob einen seiner schlaksigen Finger um nach oben zu zeigen. Er war so gebannt, dass er nicht die anderen Schritte auf dem Gang hörte. ♦○♦○♦ Mit seiner Beute unter dem Arm und dem Tarnumhang um diese Flaschen gewickelt schritt er durch die Gänge. Seine Laune hatte sich auch durch den Schnee nicht verschlechtert, im Gegenteil – in seinen Haaren tauten noch die letzten Tropfen und seine hinterlassenen Fußabdrücke waren nass, sein Grinsen aber breit wie eh und je. Dann auf einmal stockte er als ihm gewahr wurde, was er da sah. Severus Snape, der gute alte Schniefelus, wie er auf einen Mistelzweig sah. James brauchte nicht lange zu überlegen, denn er wusste sicher, dass kein einziges weibliches Wesen diesen Stinkstiefel jemals freiwillig küssen würde und wenn doch, dann wohl nur durch einen Zauber. Wahrscheinlich waren die Lippen des Fetthaarigen sogar tödlich. Als er dann den roten Schopf seiner Evans sah, setzte sein Herz aus. Er würde doch wohl nicht?! Sofort ließ er seine Tasche fallen, auf einmal war es unwichtig, ob seine Jungs ihr Bier bekamen, er sah nur seine einzige Chance Rotkäppchen zu retten. Schnellen Schrittes eilte er auf die beiden zu, gerade als der Slytherin sein Gesicht wieder senkte und nach ihr greifen wollte. Wie aus Reflex streckte James seine Arme aus und während einer davon Schniefelus beiseite stieß, griff der andere nach seinem Mädchen und zog sie an sich. So dass er die Gunst des Mistelzweiges nutzen konnte. Bestimmt und mit einem Lächeln, als wäre dieser Moment weitaus schöner und großartiger als der Weihnachtsmorgen und sein Geburtstag zusammen, senkte er seine Lippen auf ihre und noch bevor sie sich küssten murmelte er ‚Hallo Lily.‘. Denn das war der Moment, in dem er wusste, dass sie keine Evans bleiben würde… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)