Time to remember von seththos ================================================================================ Kapitel 51: Spürsinn a la Niles ------------------------------- An alle Leser ein liebes 'Hallo' und 'Willkommen zum nächsten Kapitel'! ^_^ Viele haben ihre Neugierde zum Ausdruck gebracht, bezüglich dem, was Atemu in Seths Geist gesehen hat. Ich kann euch versichern, dass auch dieses Geheimnis noch gelüftet wird - später. ^.~ Viel Spaß beim Lesen... ___________________________________________________________________________ Dort angekommen wurden sie bereits von Niles begrüßt. „Herr Kaiba.“ „Wir haben einen Gast“, informierte ihn Seto ohne lange Vorrede im Vorrübergehen. „Guten Tag, Herr Wheeler.“ „Hallo Niles. Schön Sie zu sehen.“ „Es freut mich auch ganz besonders, SIE hier zu sehen“, erwiderte Niles augenzwinkernd und schien den Worten 'Sie' und ‚hier‘ eine besondere Bedeutung beizumessen. Dienstfertig nahm er Seto seinen Mantel ab. Als er Joey ebenfalls beim Ausziehen seiner Jacke behilflich sein wollte, wehrte dieser nur freundlich ab. Kommentarlos entfernte Niles sich zur Garderobe. Seto schritt bereits weiter in Richtung Küche. Koffein würde ihm jetzt gut tun. Auch ein Glas Sake wäre in seinem derzeitigen Zustand nicht zu verachten, doch da es mitten am Tag war, musste ein Kaffee reichen. Er hatte nicht vor, in der nächsten Zeit zum Alkoholiker zu werden. Er brauchte einen klaren Kopf. In der Küche angekommen, inspizierte er kurz seinen Vorrat und entschied sich schließlich für eine sehr herbe Kaffeesorte, mit der er weiter zu dem sehr teuren Kaffeevollautomaten ging. Die Maschine war nicht nur in der Lage, den Kaffee frisch aufzukochen, sondern mahlte die Bohnen zunächst und fügte auf Wunsch noch verschiedene Aromen hinzu. Immer schneller schien die Kraft aus ihm herauszufließen. Erschöpft öffnete er fahrig den Einfüllbehälter, als ihm die Bohnen bereits aus der Hand genommen wurden. Kommentarlos schickte Joey ihn zu einem der Stühle und übernahm die Zubereitung für ihn. „Wir müssen deine Wunden versorgen.“ „Später. Das hat Zeit. Sie haben längst aufgehört zu bluten“, ließ Joey ihn wissen. Seto gab einen Laut von sich, den man grob als Einverständnis deuten konnte. Der Blonde fragte sich im Stillen, seit wann Seto seinem Urteil in solchen Angelegenheiten vertraute. Doch er entschied, dass er angesichts des müden Ausdrucks in den Augen des Anderen, nicht weiter nachhaken würde und wandte sich dem Automaten zu. Durch seinen neuen Job kannte er sich bestens mit diesen Maschinen aus, so dass ihm die Handhabung des teuren Gerätes keine Probleme bereitete. Offenbar legte Seto großen Wert auf einen vernünftigen Kaffee, sonst hätte er sich dieses Teil nicht angeschafft. Der Firmenchef war zwar reich, aber er glaubte, ihn gut genug zu kennen, um zu wissen, dass er in seinen Augen sinnlose Anschaffung zu vermeiden suchte. Kurz besah sich Joey die verschiedenen zur Verfügung stehenden Geschmacksrichtungen. Setos blaue Augen in seinem Rücken spürend, entschied er sich dann jedoch für eine andere, als die angebotenen Möglichkeiten und griff in den unteren rechten Schrank. Von seinem letzten Besuch wusste er, dass Niles dort den Kakao aufbewahrte. Zusammen mit der frischen selbstgemachten Sahne, welche der Koch der Kaibas im Kühlschrank immer für Mokuba bereitstellte, zauberte er mit ein paar geschickten Handgriffen ein kleines Bild in die Tasse und bestäubte das kleine Kunstwerk mit dem Kakaopulver. Nachdem er sich selbst ebenfalls einen Kaffee zubereitet hatte, setzte er sich wenig später zu seinem Freund und reichte ihm kommentarlos seine Tasse. „Kitschig“, stellte Kaiba fest, als er auf die zwei weißen, miteinander verbundenen Herzen sah, die sich auf der Oberfläche seines Kaffees ausgebreitet hatten. „Ja. Aber es gefällt dir trotzdem“, war Joey sich sicher. „Möglich“, brummte Seto, ehe er die Tasse ansetzte und zu trinken begann. Wenig später betrat auch Niles die Küche, entschuldigte sich aber sofort, als er sah, dass Kaiba und Joey noch am Tisch saßen. Er hatte keinen Laut aus dem Raum gehört und angenommen, dass er sich eine Kleinigkeit zu essen holen könne. Dass er hier seinen Arbeitgeber gemeinsam mit dem jungen Joey Wheeler in solch einträchtiger Stille sitzen und gemeinsam einen Kaffee trinken sehen würde, hatte er hingegen nicht erwartet. „Verzeihen Sie bitte“, entschuldigte er sich kurz, wurde aber von Seto am Gehen gehindert. „Bleiben Sie ruhig, Niles. Wir sind ohnehin gerade fertig. Außerdem, wenn ich die Tasse dort richtig deute, hast du ihm auch einen Kaffee gemacht, oder?“, erkundigte er sich bei dem Blonden. Dieser bestätigte seine Vermutung und entnahm Seto seine Tasse, um sie gemeinsam mit seiner eigenen in den Geschirrspülautomaten einzusortieren. Aufmerksam stellte er die dritte gefüllte Tasse auf den Tisch. „Setzten Sie sich. Sie haben heute bestimmt noch nichts gegessen, oder? Ich habe vorhin Ihr Mittagessen im Kühlschrank gesehen, als ich die Milch rausgenommen habe.“ Voller Staunen sah Niles auf die Tasse mit frisch gebrühtem Kaffee, in welche jemand eine kleine Blume aus Sahne gezaubert hatte. Zögernd trat er näher, während Seto ebenfalls aufstand und noch die Untertassen und die zwei Löffel in Richtung der Spülmaschine trug. „Aber Herr Kaiba, das kann ich doch…“ „Danke Niles, aber das schaffe ich gerade noch alleine“, ließ Seto ihn wissen. „Bitte bereiten Sie nachher noch eine neue Bettgarnitur für Herrn Wheeler vor. Er wird heute hier nächtigen.“ „Aber Seto, was ist mit…“ Unwirsch wurde der Blonde vom Firmenchef unterbrochen. Joey sah ihm an, dass Tome ihm seit dem heutigen Tag vollkommen egal war. „Lass uns nach oben gehen. Ich will dir etwas zeigen.“ „Guten Appetit, Niles“, verabschiedete sich der Blonde und folgte dem Älteren widerspruchslos in das 1. Stockwerk. Zurück blieben ein Butler und eine heiße Tasse Kaffee, an welcher er sich wenig später die Zunge verbrannte, da er vor lauter Staunen zu pusten vergaß. Es dauerte mehrere Minuten, ehe er seine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle hatte und sich in der Lage fühlte, die Anweisung von Kaiba an das Hausmädchen weiterzuleiten. Nachdenklich rief er sich das Lächeln vom frühen Morgen sowie das Pfeifen vom gestrigen Tag ins Gedächtnis. Sorgfältig analysierte er dieses Verhalten und seine diesbezüglichen Schlussfolgerungen noch einmal in Hinblick auf seine aufgestellte Theorie, dass Seto Kaiba sich womöglich in einem Stadium schwerer Verliebtheit befand. Genüsslich weiter an seinem wohlschmeckenden beruhigenden Kaffee nippend, fügte er dieser Theorie gedanklich das eben durch Zufall erhaschte Bild hinzu. Seto Kaiba, gelassen und scheinbar in sich ruhend neben Joeseph Wheeler sitzend. Ein Kaiba, der einen vormals unwillkommenen Gast seines Bruders nun sogar in der Villa nächtigen lassen wollte. Der Blick, den er zwischendurch in die Richtung des Blonden geworfen hatte, konnte gelinde gesagt als 'sehr eindringlich' bezeichnet werden. Ein ähnlicher Ausdruck lag auch in seinen Augen, wenn er seinen kleinen Bruder betrachtete – nur war dieser in diesem Fall ungleich intensiver. Wenn man bedachte, dass Herr Kaiba vor ein paar Tagen noch bei jeder falschen Bewegung im Dreieck gesprungen war und alles und jeden gemaßregelt hatte, weil Joseph Wheeler ihn über einen längeren Zeitraum hinweg ignoriert hatte, ließ das jetzige Verhalten am Ende nur einen logischen Schluss zu. Völlig versunken holte Niles sein Mittagessen aus dem Kühlschrank und nahm einen großen Bissen von seinem Eier-Gurken-Sandwich. Als Butler war er lediglich ein stiller Beobachter am Rande des Geschehens. Er, als Unbeteiligter, hatte sicher kein Recht, sich eine Meinung zu bilden. Seto Kaiba konnte sich verlieben, in wen er wollte. Egal, ob Mann oder Frau. Doch für ihn stand fest, dass kaum jemand besser zu ihm passte, als der blonde junge Mann, der ihm schon früher so oft die Stirn geboten hatte. Eine starke Persönlichkeit wie die des Firmenchefs brauchte jemanden an seiner Seite, mit dem er auf Augenhöhe sprechen konnte. Egal, wie sehr er sich auch anstrengte, er konnte sich keine zart besaitete Frau in diesem Haushalt ausmalen. Im Gegenteil. Die fröhliche gefestigte Art von Joseph Wheeler, immer gerade heraus und kein Blatt vor den Mund nehmend, passte perfekt zu ihm. Umso besser, wenn auch Herr Kaiba das erkannte. Schon jetzt hatte Joseph Wheeler, wenn er mit seinen Schlussfolgerungen richtig lag, einige Veränderungen in seinem Chef bewirkt. Zum Positiven, wie er bemerken wollte. Er hoffte nur, dass Mokuba Kaiba dies ebenfalls so sah. So sehr, wie der Firmenchef an seinem Bruder hing, konnte dieser womöglich das Zünglein an der Waage bedeuten. Aber da der kleine Kaiba seinen Bruder ebenso sehr liebte, wie dieser ihn, sollte das eigentlich kein Problem darstellen. So oder so kamen in der nächsten Zeit eine Menge Aufgaben auf ihn zu. Es war Teil seines Vertrages, das Eigentum von Seto Kaiba vor Schäden zu schützen. Die zerbrochene Vase des Hausmädchens vom Vortag und das zersplitterte Glas von Mokuba am heutigen Morgen ließ ihn befürchten, dass in näherer Zeit noch mehr hinzukommen könnte. Sicherheitshalber sollte er die teuersten Gegenstände bereits vorab woanders positionieren und in das ein oder andere Zimmer noch eine Kehrschaufel extra stellen. Zufrieden mit seiner Planung ließ er die Reste seines Mittagessens vom Tisch verschwinden und machte sich auf die Suche nach dem Hausmädchen. Immerhin hatte Seto Kaiba nur angeordnet, eine neue Bettgarnitur vorzubereiten – kein Gästezimmer. Er ging daher davon aus, dass Herr Kaiba nicht plante, diese Nacht allein in seinem Zimmer zu schlafen. ***********zur selben Zeit in der ersten Etage des Kaiba Anwesens********** Ein wenig gekräftigt vom Koffein ging Kaiba voran in die erste Etage seiner Villa. Auf der Galerie angekommen, eröffnete sich dem jungen Gast ein großer hell erleuchteter Bereich. Suchend sah Joey sich um und machte die übergroßen Dachfenster über dem Eingangsbereich als Lichtquelle aus. Interessiert betrachtete er die gemütliche Sitzgruppe, welche sich an die rechte Seite schmiegte. Mehrere Palmen sorgten neben dem dunklen braunen Leder für eine gemütliche Atmosphäre. An die Wand gegenüber der Treppe reihten sich einige Regale, angefüllt mit verschiedenen Büchern. /Die perfekte Leseecke/, dachte Joey spontan. Doch er vermutete, dass Kaiba hier eher selten saß. Ein so vielbeschäftigter Mann wie er nahm sich wahrscheinlich kaum die Zeit, solch einen gemütlichen Bereich zu genießen. Erst, als der Größere weiterging, bemerkte er die drei Türen, die von diesem Bereich abzweigten. Zielstrebig öffnete der Besitzer der Villa die erste Tür, welche in einen breiten Raum mündete, welcher abermals fast die Größe seiner Wohnung hatte. Der Raum  war mit allem ausgestattet, was es auch in seiner bescheidenen Unterkunft gab – ausgenommen ein Bett. Ein Schreibtisch stand in der Mitte des Raumes, mehrere Regale flankierten die bodenlangen Bogenfenster und eine lange Flachstrecke aus hölzernen Sideboards stand links und rechts entlang der Tür. In einer anderen Ecke des Raumes befand sich abermals eine große Sitzgruppe, bestehend aus 3 Couchen. Ausgemessen hätte nicht mal eine davon in sein Zimmer gepasst, dessen war Joey sich sicher. Auch dieses Zimmer wurde von mehreren Pflanzen verschönert und verschiedene dekorative Kunstwerke hingen an den Wänden. Den Preis dieser Gemälde, welche wunderbar auf die braunen Farben des Raumes abgestimmt waren, wollte er lieber gar nicht wissen. Doch auch in diesem Raum wollte Kaiba nicht verweilen. Von ihm zunächst unbemerkt, hatte der Architekt der Villa auch hier noch einmal mehrere Türen abzweigen lassen. Diese Übergänge in die anderen Räume waren allerdings offen gehalten. Sich automatisch Seto anschließend, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren, durchquerte er einen der fünf Durchgänge in Form eines Rundbogens. Nacheinander reihten sich mehrere Räume aneinander, in denen er sich jedes Mal aufs Neue bewundernd umsah. In jedem der Räume gab es ein anderes Highlight zu bestaunen. In einem konnte man unter anderem zahlreiche Aquarien sehen, während in dem nächsten ein riesiger Fernseher die Augen auf sich zog. Auch ein Zimmer mit einem großen Kamin, ein Arbeitszimmer mit zahlreichen mit Akten gefüllten Schränken und zwei in unterschiedlichen Farben gehaltene Bäder gab es zu bestaunen. Offenbar hatten entweder der Architekt oder die Besitzer des Hauses ihrer Fantasie bei der Planung der Räumlichkeiten freien Lauf gelassen. Jedes Zimmer war auf ein neues Konzept ausgelegt, rückte ein anderes Highlight als das beherrschende Element in den zentralen Mittelpunkt - und doch wirkte alles auf merkwürdige Weise in sich stimmig.   Erst im neunten oder zehnten Zimmer, Joey hatte nicht wirklich mitzählen können, da ein Raum in den anderen übergegangen war, hielt Seto inne. Abwartend lehnte er sich mit verschränkten Armen an den großen Balken, welcher die Mitte des Raumes dominierte. Dieser war mit sehr hellen Möbeln aus Eiche eingeräumt worden. Auch hier befand sich alles, was man sich wünschen konnte. Neben einem weiteren Schreibtisch gab es außerdem einen kleineren Kamin, mehrere bequem aussehende Sessel, eine große – sehr große – Couch, die breit genug war, damit drei Leute bequem nebeneinander liegen konnten, sowie wieder zahlreiche Regale, ein Raumteiler und zwei aus dem selben alten Holz elegant geformte Tische. Als Seto nur weiter dastand und ihn beobachtete, gelang es Joey nicht mehr, seine Frage noch länger zurückzuhalten. „Was wolltest du mir denn zeigen?“ Mit einer knappen Geste, welche sowohl das derzeitige als auch alle vorangegangenen Zimmer zu umfassen schien, beantwortete Kaiba seine Frage. „Das hier.“ Verständnislos sah Joey sich erneut um, als erwarte er irgendetwas Besonderes zu entdecken, das er bis jetzt übersehen hatte. Doch da war nichts – wenn man mal die ganzen extrem teuren Möbel außer Acht ließ. „Und?“, hakte er im Anschluss an seine Suche noch einmal nach. „Gefällt es dir?“, erkundigte sich Seto abwartend. „Ja schon. Ich meine: wem würde das nicht gefallen?“ Zufrieden nickte der Firmenchef. „Gut. Du wirst nämlich ab heute hier wohnen.“ „Wie bitte?“ Verblüfft starrte der Blonde auf den Firmenchef. „Sagt wer?“ Entschlossen stieß Seto sich von dem Balken ab, an dem er bis dahin mit verschränkten Armen gelehnt hatte. Diese Stütze war ihm notwendig erschienen, da er seinen eigenen Beinen kaum mehr traute, ihn noch lange aufrecht zu halten. Mit jeder Minute, die verstrich, fühlte er sich kraftloser. Das Nutzen von Magie hatte ihn auch früher schon erschöpft, doch damals hatte er sie täglich ausgeübt, so dass sein Körper an die Folgen gewohnt war. Seinem derzeitigen Körper fehlte diese Übung vollkommen. Sich selbst zum Durchhalten zwingend, ging er zu dem Blonden, welcher ihn noch immer zweifelnd ansah. Das hier war zu wichtig, als dass er seinem Körper die dringend benötigte Auszeit zugestehen würde. „Sage ich.“ Sich den Anschein von Selbstsicherheit verleihend, sah Kaiba auf den Jüngeren. „Du ziehst ohnehin bei dir aus. Diese Villa hat 35 Zimmer. Genügend Platz also. Meinetwegen kannst du dir selbst aussuchen, welche Räume du davon nutzen willst. Mir ist es gleich…“, kurz hielt er inne, ehe er anfügte „…außer das Schlafzimmer.“ Es war deutlich zu sehen, dass Joey wusste, worauf er hinaus wollte. Dennoch hakte er, seinem Wesen entsprechend, auch diesmal herausfordernd und in bewusst naivem Tonfall nach. „Warum nicht auch das Schlafzimmer?“ Kaiba konnte den verführerischen Augenaufschlag, der zu dem Tonfall des Kleineren passend gewesen wäre, fast schon bildlich vor sich sehen. Doch was Joey konnte, konnte er allemal. Ihn fixierend und mit den Augen an Ort und Stelle bannend, informierte er ihn mit tiefer Stimme über seine Sicht der Dinge. „Es ist unnötig, dir ein eigenes auszuwählen, da du ohnehin jede Nacht in meinem Bett verbringen wirst.“ Doch der bestimmende Unterton zeigte nicht die erhoffte Wirkung. Wenn überhaupt reizte es den zukünftigen Mitbewohner Kaibas zu neuerlichem Widerspruch. „Und wer sagt dir, dass ich das überhaupt will?“ „Wer sagt, dass du in dieser Angelegenheit irgendein Mitspracherecht hast?“ „Ich habe schon eine Wohnung.“ „Ja. Hier.“ „Vergiss es. Ich habe schon den neuen Mietvertrag unterschrieben.“ „Dann kündigst du ihn wieder.“ „Der Vertrag ist auf mindestens ein Jahr festgeschrieben. Wenn ich vorzeitig kündige, muss ich eine Strafe zahlen.“ „Gut.“ „Gut? Und was meinst du, von welchem Geld ich das bezahlen soll?“, giftete Joey. Ohne auf seinen Einwand zu reagieren, ging Kaiba zu einem der zahlreichen Schränke. Wie Joey kurz darauf erkennen musste, befand sich in diesem ein kleiner Tresor, aus welchem der Firmenchef wenig später mehrere dicke Geldbündel entnahm. Sprachlos sah Joey auf die Scheine, welche Kaiba neben ihn auf den Tisch packte. Für einen winzigen Moment streifte die Frage durch seinen Kopf, ob es solch einen versteckten Tresor wohl in jedem der gesehenem Schränke gäbe. Dem schloss sich der Gedanke an, wie viel Geld Kaiba dann wohl im gesamten Haus verteilt gelagert haben musste, doch schnell konzentrierte er sich sicherheitshalber wieder auf den vor ihm liegenden unanständig hohen Betrag. Abwehrend schob er die Bündel zur Seite – das mussten mindestens 6 Millionen Yen (52.800 Euro) sein. Wenn nicht noch ein oder zwei Millionen mehr. Immerhin war er noch nicht zum nachzählen gekommen. Bei solch vielen Scheinen auf einem Stapel war es durchaus möglich, dass man sich um dreihunderttausend oder vierthunderttausend Yen verschätzte. „Vergiss es. Ich kann für mich allein sorgen. Ich brauche dein Geld nicht.“ „Das ist nicht mein Geld“, ließ Kaiba ihn wissen. „Du hast gute neun Monate als Grafiker, Techniker und Entwickler in meiner Firma gearbeitet. Das, was du hier vor dir siehst, ist lediglich die Summe deines dir rechtmäßig zustehenden Lohnes. Noch nicht eingerechnet sind das Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie eine Prämie für besondere Dienste, wie Entsorgung von Restmüll.“ „Kirian liegt nur im Krankenhaus, die Entsorgung bleibt dir überlassen.“ „Und doch hast du dich auch um dieses Problem gekümmert“, wies Kaiba seinen Einwand ab. „Dieser Betrag“, er deutete auf das Geld, „ ist daher nur eine Anzahlung. Um deinen Vertrag zu kündigen, reicht es allemal.“ Seufzend nahm Joey das Geld auf und drückte es Kaiba in die, wie er erst jetzt nebenbei bemerkte, kalten Hände. „Es ging mir nie ums Geld, Seto.“ „Das weiß ich, Kleiner. Mir auch nicht“, ließ Kaiba ihn wissen und machte damit deutlich, dass er längst mit seiner Reaktion gerechnet hatte. „Deshalb werde auch ich die anfallende Vertragsstrafe zahlen und du ziehst hier ein.“ Aufstöhnend sah Joey zu ihm auf. „Hast du eigentlich je daran gedacht, mich zu fragen?“ „Nein. Wozu? Du hast versprochen, nicht mehr von meiner Seite zu weichen. Und ich gedenke lediglich, auf die Einhaltung dieses Versprechens zu achten.“ Das war ein Argument, dem auch Joey nur schwer beikommen konnte. Nicht, dass er das wirklich gewollt hätte. Bereits als Kaiba ihm eröffnet hatte, dass er ihn auch innerhalb seines Hauses an seiner Seite wissen wollte, hatte sein Herz einen kleinen Freudensprung gemacht. Dennoch wollte er ganz sicher gehen. „Seto… Ich freue mich über dein Angebot – wenn man es denn so nennen kann. Aber du und ich… Das mit uns beiden… Ich meine… Seit wann weißt du wieder, dass du mich liebst? Seit einer Woche? Seit zwei? Du und ich sind wie Feuer und Eis. Wie Sonne und Mond. Wie Ebbe und Flu…" "Komm zum Punkt." "Wir sind zwei absolute Gegensätze. Was ich sagen will… Ich glaube nicht, dass du schon weißt, auf was du dich da mit mir einlässt.“ Kaibas Augen weiteten sich. Dann… ein Lachen… laut… aus vollem Hals… Selten zuvor hatte der Blonde den Größeren so gelöst gesehen. Dennoch…  Joey, der mit dieser Reaktion auf seinen durchaus ernst gemeinten Einwand nicht gerechnet hatte, verschränkte schmollend die Arme vor der Brust. Nachdem Kaiba sich wieder ein wenig beruhigt hatte, wuschelte dieser ihm liebevoll durch die Haare. „Glaubst du nicht, dass mir 5000 Jahre Bedenkzeit genügen? Ich denke, so allmählich weiß ich, worauf ich mich mit dir einlasse… und… eingelas…sen ha….“ Kaibas Augen drehten sich nach oben. Sein Kopf fiel nach vorn und mit ihm der Rest seines Körpers. Der Firmenchef brach zusammen. Ohne Vorwarnung knickten seine Beine weg, wie die einer Holzmarionette, deren Strippen man durchtrennte. Jetzt, da alles geklärt war, war auch das letzte bisschen Kraft verbraucht. Noch während er fiel, schlossen sich seine Augen. Das, was er hatte sagen wollen, blieb unvollendet im Raum hängen. Überrascht von dem Zusammenbruch langten Joeys Arme reflexartig nach dem Oberkörper des Größeren. Kurz Luft holend, als seine Wunden auf Grund des Gewichts, das an seinen Armen zog, wieder aufbrachen, ließ er ihn langsam und umsichtig zu Boden gleiten. „Seto?“ Besorgt beugte er sich über den Anderen. Dieser atmete bereits tief und als Joey eine Hand auf seine Stirn legte, um seine Temperatur zu prüfen, spürte er kalten Schweiß unter seinen Fingern. Erschrocken befühlte er den Puls, konnte aber nur eine geringfügige Beschleunigung feststellen. Unschlüssig, was er tun sollte, sah er auf die zusammengesunkene Gestalt. Das Beste war wohl, einen Arzt zu rufen, doch er scheute sich davor, den Älteren allein hier liegen zu lassen. Ein Klopfen von Seiten des angrenzenden Zimmers nahm ihm die Entscheidung ab. „Herr Kaiba, ich habe wie gewünscht… Herr Kaiba?“ Stockend hielt Niles inne. Unglücklich sah Joey zu ihm auf. „Er ist einfach umgekippt“, informierte er den Älteren hilflos. Dieser überlegte nicht lange und zog das Haustelefon, welches er den Tag über sicherheitshalber bei sich trug, hervor. Bei diesem großen Haus wäre sonst die Gefahr groß, ständig zu spät am Telefon zu sein oder das Klingeln komplett zu überhören. Sekunden später meldete sich bereits eine Stimme, der Niles kurz und bündig erklärte, dass Herr Kaiba zusammengebrochen sei und die Anwesenheit des Gesprächspartners in der Villa dringend erforderlich wäre. „Das war der Hausarzt von Herrn Kaiba. Was diese Familie angeht, hat er ständige Rufbereitschaft. Er wird in ein paar Minuten hier sein“, informierte er den blonden jungen Mann, welcher besorgt zu seinem Arbeitgeber sah. Dieser lag noch immer zusammengesunken auf dem dicken Teppich und atmete schwer. Kurz überlegte er, ehe er beherzt auf Joseph Wheeler zutrat und in Richtung des angrenzenden Raumes deutete. „Das Beste ist wohl, wenn wir ihn ins Bett schaffen.“ Der Blonde stimmte zu und schob seine Hände unter die Arme seines Freundes, während Niles die Beine nahm. Joey konnte spüren, wie frisches Blut aus seiner eigenen Wunde abermals sein Hemd verschönerte, doch er ignorierte es geflissentlich. Er hatte in der Vergangenheit schon mit schlimmeren Verletzungen zu kämpfen gehabt. Zwei Räume weiter öffnete der Butler eine der zahlreichen Türen, hinter welcher ein abgedunkelter großer Raum mit einem breiten Bett in der Mitte zum Vorschein kam. Es war angenehm kühl, da die Vorhänge zugezogen waren. Frische Luft drang durch eines der leicht geöffneten Fenster. Gemeinsam legten die Träger ihre Last in das riesige Bett. Nach einem kurzen Blick auf Niles entschied Joey, dass dieser vermutlich bereits lange genug im Haushalt arbeitete, um Kaiba schon des Öfteren nackt gesehen zu haben. Dieser schien in eine ähnliche Richtung zu denken, was seine Person anging, denn ohne sich abzusprechen, entledigten sie Kaiba wenig später von den meisten Sachen. Noch bevor der Arzt eintraf, hatten sie ihm eines seiner dunkelblauen Hemden angezogen und seinen Kopf auf das Kissen gebettet. Fürsorglich zog Joey die Decke bis zu seinem Kinn. Gerade rechtzeitig, denn im nächsten Moment trat bereits eines der Hausmädchen in Begleitung eines Mannes in mittlerem Alter das Schlafzimmer des Firmenchefs. Seine Haare waren bereits in Ansätzen ergraut, sein Gesicht länglich und schmal doch kleine Falten um Augen und Mund zeugten von einem fröhlichen Gemüt. Ohne lange Vorrede trat er an das Bett, reichte nur Niles und Joey kurz die Hand. „Was ist passiert?“, verlangte er zu wissen, noch während er sein Stethoskop aus einem schwarzen großen Koffer hervorkramte. Ein flüchtiges Nicken in seine Richtung machte deutlich, dass es seine Aufgabe war, eine kurze Erklärung zu liefern. „Wir haben gerade etwas besprochen, als er auf einmal einfach… zusammengeklappt ist. Sein Puls war leicht erhöht, seine Hände kälter als normal. Der Atem ging etwas schwerer. Seit dem kam er noch nicht wieder zu sich. Wir haben ihn gemeinsam in sein Bett gebracht.“ Der Arzt schnaubte zufrieden angesichts dieser kurzen sachlichen Erklärung. Für gewöhnlich schweiften die Leute, zu denen er in solchen Fällen gerufen wurde, weiter ab. Viele tendierten dazu, alles Geschehene und Gesehene zu überdramatisieren und auszuschmücken, um zu verdeutlichen, wie schlimm alles sei. Das kostete Zeit, die manche der Patienten nicht hatten. Sicher hätte ihm jemand sagen können, dass Joey in den vergangenen 5000 Jahren bereits weitaus Schlimmeres gesehen hatte. Doch da einer der drei einzigen, die darüber Bescheid wussten, gerade nicht sprechen konnte, der zweite nicht darüber sprechen wollte und der dritte sich sicherheitshalber weit weg von Person Nummer Eins aufhielt, kam es nicht dazu. Mit geübtem Griff öffnete der Arzt das Hemd von Kaiba. Es war darauf geachtet worden, die Knöpfe gleich geöffnet zu lassen, so dass nicht viel Zeit verging, bis er sich versichern konnte, das Herz und Lunge in Ordnung waren. Auch ein Blick in die Augen und eine Messung des Blutdrucks brachte keine neuen Erkenntnisse. „Wann hat er das letzte Mal etwas gegessen?“, erkundigte er sich daher, während er sein Stethoskop und den Blutdruckmesser wieder in seinem Koffer verschwinden ließ. „Also in der Schule… eigentlich nichts“, überlegte Joey laut. „Dann heute früh. Ein Nutellabrötchen“, ließ Niles den Arzt wissen. Überrascht sah Joey zum Butler, verkniff sich aber in Anwesenheit des anderen Mannes einen Kommentar. „Hm. Am Essen kann es also nicht liegen. War er heute oder in den letzten Tagen eventuell besonderem Stress ausgesetzt? Hat er sich, bevor er zusammengebrochen ist, über irgendwas aufgeregt?“ „Nun, in letzter Zeit fiel viel Arbeit in der Firma an“, erklärte Niles. /Ach ja, und er hat vor einer Stunde versucht einen Pharao, der aussieht wie 25, mit Hilfe von Magie anzugreifen, die er schon seit guten 5000 Jahren nicht mehr ausgeübt hat. Könnte das eventuell auch als Stress bezeichnet werden?/, hätte Joey am liebsten voller Ironie ergänzt. Doch er vermutete, dass der Arzt ihn dann ebenfalls näher untersuchen wollen würde – besonders seinen Geisteszustand - und schwieg. „Nun, ich denke, dann haben wir die Ursache“, stellte der Arzt fest und richtete sich wieder auf. „Körperlich kann ich keine Ursachen feststellen. Mentale Erschöpfung kann durchaus zu solch einem Zusammenbruch führen.“ Die Stirn runzelnd sah er von Joey zu Niles und wieder zu Seto. „Ich empfehle dringende Bettruhe und eine kräftige Suppe. Ich weiß, es wird nicht leicht werden, Seto Kaiba, wenn er wieder aufgewacht ist, in seinem Bett zu halten. Aber wenn nötig, binden Sie ihn einfach an. Ich gebe Ihnen auch gern ein ärztliches Attest als Rechtfertigung, sollte er protestieren wollen. Bis morgen sollte er sich mindestens schonen. Viel länger werden Sie diesen jungen Mann, so wie ich ihn kenne, vermutlich auch nicht von der Arbeit fern halten können.“ Nachdem das geklärt war, wandte er sich endgültig vom Krankenbett ab. Nachdenklich sah Joey auf die blasse Gestalt im Bett und spürte dem pochenden Schmerz nach, welcher noch immer durch seine rechte Seite zog. „Verzeihen Sie“, hielt er den Arzt schließlich kurz entschlossen auf, noch bevor dieser sich von ihnen verabschieden konnte. „Dürfte ich ebenfalls kurz Ihre Dienste beanspruchen?“, erkundigte er sich überaus höflich. Der Arzt hielt inne und sah kurz auf Niles, welcher kaum sichtbar mit den Schultern zuckte und schließlich nickte. Er war sich insgeheim sicher, dass sein Arbeitgeber für etwaige Rechnungen aufkommen würde. Ohne weiteren Kommentar öffnete Joey die von Seto geliehene Jacke und gab den Blick auf das darunter liegende blutige Hemd frei. Der ehemals weiße Stoff klebte inzwischen wieder an den Wunden, so dass kein weiteres Blut austreten konnte. Joey hatte bis eben penibel darauf geachtet, seine rechte Seite nicht noch einmal zu belasten. Ihm selbst war es egal. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er die paar Kratzer erst später versorgt, wenn Niles und der Arzt wieder verschwunden waren. Ein bisschen Wasser zum Auswaschen, Desinfektion und ein fester Verband wären ausreichend gewesen. Doch Niles hätte ohnehin davon erfahren – spätestens, wenn er nach Verbandsmaterial fragen musste. Zudem konnte eine schlechte Wundversorgung zu späteren Narben führen. Dies galt es in jedem Fall zu vermeiden. Er wollte verhindern, dass Seto sich später jedes Mal, wenn er ihn ansah, Vorwürfe machte, ihn verletzt zu haben. Schnellen Schrittes trat der Arzt wieder näher. Besorgt runzelte Niles die Stirn. Warum hatte Herr Wheeler bis eben nichts gesagt? Es dauerte nur wenige Sekunden, bis der Butler sie in das angrenzende Bad geführt hatte. Vorsichtig entfernte der Arzt den Stoff des Hemdes langsam von der Haut des blonden jungen Mannes, welcher alles klaglos über sich ergehen ließ. Auf diese Weise des provisorischen Verbandes beraubt, fingen die Wunden erneut an zu bluten. Mit einem sauberen feuchten Tuch tupfte der ältere Herr nach und nach das Blut ab, bis die rechte Seite schließlich ganz von den roten Tropfen befreit war. Nach einer kurzen Desinfektion aller Striemen wurden die Einschnitte mit fachkundigem Blick untersucht. Fragend sah der Arzt in das Gesicht von Joey. „Eine Auseinandersetzung mit Messern?“ Der Verletzte zucke nur unbestimmt mit den Schultern. Sollte der Mann sich seine eigenen Gedanken machen. Dieser nahm die nichtssagende Geste kommentarlos hin, war er ein ähnliches Verhalten doch bereits durch Kaiba gewohnt. Zu wissen, woher die Wunden stammten, würde nichts daran ändern, wie sie zu versorgen waren. Sobald das But an der Oberfläche zu gerinnen begann, rieb er die rechte Seite des Blonden mit einer schmerzstillenden Heilsalbe ein und legte ihm anschließend einen breiten Verband um den Oberkörper. Stirnrunzelnd nahm er dabei mehrere kleine kreisförmige Narben an mehreren Stellen wahr. Sie schienen sehr alt zu sein, denn sie waren bereits vollständig verheilt. Er fragte sich allerdings im Stillen, was genau solche Narben hinterließ. In Hinblick auf die derzeitige Auskunftsfreudigkeit seines Patienten, hakte der Arzt jedoch nicht weiter nach sondern beendete seine Behandlung. Angelegentlich drückte er ihm die soeben genutzte Salbe in die Hand. „Reiben Sie die Wunden morgen Abend noch einmal ein. Legen Sie den Verband mindestens noch drei Tage an, damit die Wunden sich halbwegs schließen können. Danach sollten Sie den Verband ablassen, damit Luft herankommt. Die Salbe kann danach ruhig noch weiter verwendet werden.“ „Wird es Narben geben?“, erkundigte sich der Blonde. „Wenn Sie mit der Versorgung fortfahren, wie beschrieben, sollten schon bald nur noch ein paar dunkle Streifen zu sehen sein. Aber auch die werden sicher in ein oder zwei Jahren ganz verblassen.“ Zufrieden mit dieser Aussage nickte der junge Mann, ehe sie beide wieder in das Schlafzimmer gingen, in welchem Seto Kaiba noch immer tief und fest schlief. „Nun, ich werde mich dann jetzt verabschieden“, verkündete der Arzt in Richtung Niles und Joey und reichte beiden noch einmal die Hand. „Verzeihen Sie, aber die nächsten Patienten warten bereits auf mich.“ „Sicher. Amaya wird Sie hinausbegleiten“, ließ Niles den Mann wissen und deutete auf das Hausmädchen, welches stumm neben der Tür gewartet hatte und sich nun wieder um ihren kurz angebundenen Gast kümmerte. Kurz nachdem der Arzt verschwunden war, ließ Joey sich bereits neben Kaiba auf dem Rand des Bettes nieder und knöpfte dessen Hemd sorgfältig zu. Es ärgerte ihn, dass Seto ihm nicht gesagt oder zumindest gezeigt hatte, dass er bereits kurz vor einem Zusammenbruch stand. Aber er war vermutlich die letzte Person, die sich darüber beschweren durfte in Anbetracht dessen, dass auch er viele Dinge lieber für sich behielt – besonders vor der Person, die er liebte. Tief ein und ausatmend strich er eben dieser Person, in Gedanken versunken, zwei Haarsträhnen aus dem blassen Gesicht. Inzwischen hatte sich seine Atmung halbwegs normalisiert. Seine Haut fühlte sich wärmer an als noch eine halbe Stunde zuvor. Noch immer konnte er nur staunen, dass es ihm und Seth nach diesen 5000 Jahren der Suche, des Hoffens und Betens und Wartens gelungen war, wieder zueinander zu finden. Ein diskretes Räuspern ließ ihn aufmerken und führte ihm wieder vor Augen, dass er nicht allein im Raum war. Niles trat näher, unter dem Arm eine weitere frisch bezogene Decke und ein Kopfkissen. „Ich denke, Herrn Kaiba in seinem Bett zu halten, wird wohl am besten gelingen, wenn jemand rund um die Uhr bei ihm ist und aufpasst, dass er keinen Fuß nach außen setzt.“ Kurz starrte Joey ihn an, ehe er belustigt den Kopf schüttelte. „Sie erstaunen mich immer wieder, Niles.“ Dieser nahm die Äußerung als Kompliment und breitete Decke und Kissen neben Kaiba aus. „Ich denke, das beruht auf Gegenseitigkeit.“ Ein aufrichtiges Lächeln grub sich in seine Züge, als er wieder um das Bett herumging und Joey die Hand reichte, welche dieser auch annahm. „Ich gratuliere Ihnen.“ Mit einem Blick auf Kaiba ergänzte er „Sie werden es mit ihm nicht leicht haben.“ Joeys Augen wanderten ebenfalls wieder zu dem Braunhaarigen. „Keine Sorge. Er mit mir auch nicht.“ „Dann ist es ja gut.“ Zufrieden wandte Niles sich ab, um das geöffnete Fenster zu schließen. Der Blonde zog sich indessen einen Stuhl an das Bett des Anderen. Noch war ihm nicht nach Schlafen zumute. Er wollte wach sein, wenn der Größere wieder zu sich kam. Im sich anschließenden Raum hatten viele Bücher gestanden. Wahrscheinlich würde er da auch etwas finden, was er noch nicht kannte. „Kann ich Ihnen noch irgendwas bringen?“, erkundigte sich der Butler dienstbeflissen. Joey überlegt kurz. „Noch etwas zu Trinken, wäre gut. Eine Limonade vielleicht. Und etwas Wasser für Seto, wenn er aufwacht. Ansonsten, denke ich, habe ich alles.“ Niles nickte und schickte sich an, das Gewünschte zu holen. „Ach ja“, hielt Joey ihn noch einmal spontan zurück. „Er isst Nutellabrötchen?“, erkundigte er sich grinsend und deutete mit einem Daumen auf den Älteren. Der Butler nickte und teilte ihm seine morgendliche Beobachtung im Hause der Kaibas  mit todernster Miene mit. „Er entwendete es heute früh hinterrücks seinem Bruder. Was zur Folge hat, dass Herr Mokuba Kaiba, kurz bevor er heute früh zur Schule fuhr, zwei Gläser seines nicht unerheblichen Nutellavorrates in seinem Zimmer versteckte. An einem sehr geheimen Ort. Gleich unter einer der Parkettfliesen links neben dem Fernseher." Niles räusperte sich vernehmlich - so, wie wohl nur Butler es konnten, wenn sie ihr Amüsement zu verbergen gedachten. Im Stillen fragte sich Joey, ob es da wohl spezielle Kurse gab, in welchem Butlern diese grundlegende Fähigkeit vermittelt wurde. "Ich befürchte, dass diese Tat die Beziehung zwischen den Brüdern nachhaltig beeinflusst und womöglich auf lange Sicht schwer geschädigt hat“, fuhr er anschließend fort. Mit diesen Worten verabschiedete sich Niles wenig später und ließ den jungen Joey Wheeler mit einem etwas fröhlicherem Gesichtsausdruck zurück, als er ihn vor einer Stunde im anderen Raum vorgefunden hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)