Ours von makotoXXwish (Life makes love look hard.) ================================================================================ Kapitel 1: Ours --------------- „Charlie!“ Sam kümmerte es plötzlich nicht mehr, dass sich nicht nur Charlie umdrehte, sondern auch alle, die sich um ihn herum aufhielten. Und bevor er selbst ganz verstanden hatte, warum er seinen besten Freund so laut und unüberlegt gerufen hatte, drehte sich Charlie um. Irgendjemand musste ihm etwas erzählt haben, was ihm gefällt, denn noch in der Drehbewegung lächelte er. Als Charlie Sam an diesem Abend erkannte, behielt er dieses unglaubliche lächeln auf seinem Gesicht und sah Sam mit seinen regenblauen Augen an. Sam wusste nicht wie es Charlie ging, aber für ihn verschwanden die Leute auf der Party und um ihn herum, einer nach dem anderen. Die Tatsache, dass Charlie auch keine Worte fand und nur Sam ansehen konnte, dessen Atmung immer noch beschleunigt war und dessen pechschwarzen Haare ihm leicht auf seiner Stirn klebten, zeigte dass es ihm ziemlich ähnlich ging. Da keiner von beiden etwas sagte, verloren die anderen das Interesse und wandten sich wieder ihren Gesprächen zu. Für Sam und Charlie und Sam unbedeutend. Sam wollte plötzlich Sachen, an die er davor noch nie gedacht hatte und seine Stimmung ging von Ahnungslosigkeit in etwas Ernsteres über. Er beobachtete, wie Charlie sich als erster aus seiner Starre löste und auf ihn zu kam. Er konnte diese Gedanken unmöglich loswerden und er wusste, dass er diesmal gewaltig etwas riskierte. Was Charlie anging, war er sich noch nie einer Sache so sicher wie dieser. Mit jedem Schritt, den er auf Sam zu tat fielen die Zweifel, hinter denen er sich versteckt hatte, von ihm ab. Mit einem leichten Kopfnicken bedeutete er Sam ihm zu folgen. Der Gedanke, dass Sam hinter ihm lief ließ sein Lächeln erneut aufleben. Sie machten ihren Weg durch aufgestaute warme Luft und fröhliches Gelächter. Sie liefen ein kleines Stück die schmale Straße hinab, bis sie den Strand sehen konnten und das Lachen nur noch als ein summendes Geräusch im Hintergrund zu hören war und sich mit der Musik vermischt hatte. Der Strand war leer und das gleichmäßige geräusch der Wellen, die an das Ufer rollten ersetzte das Summen. Endlich drehte sich Charlie um und musterte Sam mit seinen unglaublichen Augen. Sie hatten in der Abenddämmerung eine tiefere Färbung als sonst. Es war so ruhig und trotzdem tobte in Sam ein Kampf mit seinen eigenen Gedanken. Alles was er jemals wollte stand direkt vor ihm. Er wollte Charlie nicht verletzen. Aber Charlie schien überhaupt nicht mehr zu kämpfen. Er war ruhig, entschlossen und selbstbewusst. Sam gefiel dieser Charlie. Sie sagten kein einziges Wort. Aber nicht, weil sie sich nichts zu sagen hatten. Sondern weil sie es nicht brauchten. Doch dann hörte er Charlies Stimme. Es war mehr ein Hauchen. „Wir sind hoffnungslos zu spät. Aber deshalb können wir uns jetzt alle Zeit der Welt nehmen.“ War es Ironie, dass diese Worte ursprünglich von Sam kamen. Von einem anderen Sam. Einem wütenden, enttäuschten, hoffnungslosen Sam, aus einer anderen Zeit. Das letzte kleine Stückchen Herz, das er bis dahin für sich selbst und seinen Kummer aufgehoben hatte, gehörte nun auch endlich, voll und ganz, Charlie. Er konnte nichts machen, er wollte nichts machen. Seine Lippen berührten Charlies. In diesem Moment dachte er zurück an den Tag, an dem er Charlie das erste Mal begegnet ist und er musste schmunzeln, weil ihm klar wurde, dass es seit jenem Tag wieder Hoffnung gab. Er kannte ihn erst seit sechs Jahren, aber es fühlte sich an wie ewig. Es war ein schlechter Tag. Sein Bruder war nicht einmal sechs Monate unter der Erde, als sein anderer Bruder seinen Platz in dem Unternehmen ihres Vaters einnahm. Die Welt die er kannte gab es nicht mehr und mit vierzehn musste er lernen mit einem Verlust umzugehen, von dem sich der Rest der Welt abgewandt hatte. Er war in Gedanken und würde erneut zu spät zur Schule kommen. Es war ein warmer, regnerischer Sommertag. Er beeilte sich nicht, für ihn gab es nichts mehr zu verlieren. Aber als er an diesem Tag um die Ecke kam, um das Schulgelände zu betreten, sah er einen Jungen mit blonden, lockigen Haaren, einem kräftigen Sonnenbrand und regenblauen Augen vor dem verschlossenen Schultor stehen. Er sah etwas panisch aus und rüttelte halbherzig an den Gitterstäben. Sam konnte nicht wiederstehen. „Hey! Erzähl mir nicht du willst zur Schule!“ Der Junge fuhr herum und musterte Sam erschrocken. „Richtig. Aber das Tor. Wie?“ „Wenn du zu spät bist, musst du klingeln, damit du dann nen riesen Anschiss bekommst.“ Die Augen des Jungen weiteten sich und Sam betrachtete sein Sommersprossengesicht. Dann entschloss er sich den Neuen nicht weiter zu quälen. „Aber weißt du, ich bevorzuge es die Tür so anzuheben und dann drücken und die Tür öffnet sich.“ „Wow danke! Ich bin übrigens Charlie.“ Sam fand es merkwürdig, dass Charlie ihm die Hand geben wollte, aber er ließ sich drauf ein. „Sam“ „Ähm, sollten wir nicht rennen oder so? Wir sind ernsthaft zu spät!“ Sam grinste, er wusste noch nicht wieso, aber ihm gefiel das Ganze. „Du hast absolut Recht. Wir sind hoffnungslos zu spät. Aber deshalb ist es egal. Wir können uns alle Zeit der Welt lassen. Charlie schmunzelte und steckte Sam an. Sam hatte es vielleicht nicht gemerkt, weil er zu stolz auf seine Tür Aktion war, aber es war das erste Mal seit der Beerdigung, dass er ehrlich lachen konnte. Es war übrigens das erste und das letzte Mal, dass Charlie Haywood zu spät zur Schule kam. Und so liefen sie langsam über den nassen Bürgersteig, am Rand des Schulparkplatzes, während sie sich frei und sicher fühlten. Und so taten sie es sechs Jahre später, gänzlich erwachsen geworden, aber frei und sicher. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)